ARichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 10. November.
El Seine Majestät der Kaiser und König empfingen im Neuen Palais gestern Vormittag um 9 Uhr den Chef des ivilkabinets, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus zum ortrag und hörten von 10 ½ Uhr an die Vorträge des kommandierenden Admirals, Admirals von Knorr, des Staats⸗ sekretärs des Reichs⸗Marineamts, Admirals Hollmann und des Chefs des Marine⸗Kabinets, Kontre⸗Admirals Freiherrn von Senden⸗Bibran. Heute Vormittag arbeiteten Seine Maäjestät der Kaiser, dem „W. T. B.“ zufolge, von 9 Uhr ab mit dem Chef des Militärkabinets, General von Hahnke, empfingen um 11 Uhr den österreichisch⸗ungarischen Botschafter von Szögyeny⸗Marich und wohnten um 12 Uhr Mittags im Langen Stall zu Potsdam der Vereidigung der Rekruten der in Potsdam garnisonierenden Gardetruppen bei.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen hielten heute eine Sitzung.
Die eisenbahnfachwissenschaftlichen Vorlesungen finden im Winterhalbjahr 1896/97 in folgender Weise statt: In Berlin werden in den Räumen der Universität Vor⸗ lesungen über preußisches Eisenbahnrecht sowie über die Ver⸗ waltung der preußischen Staatseisenbahnen gehalten. Das Nähere, namentlich auch bezüglich der Anmeldung zu den Vor⸗ lesungen, ist aus dem Anschlage in der Universität ersichtlich. n Breslau erstrecken sich die Vorlesungen auf Eisenbahn⸗ Betriebslehre und auf Elektrotechnik. In Köln werden Vorlesungen über Eisenbahnrecht und Eisenbahn⸗Verwaltungslehre sowie über Elektrotechnik und in Elberfeld Veele negen über Technologie ge
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich Ministerial⸗Rath von Geiger ist hier angekommen.
Der Ober⸗Regierungs⸗Rath von Bremer in Aachen ist an die Königliche Regierung zu Cassel versetzt worden.
1b Der bisher bei der Königlichen Ministerial⸗, Militär⸗ und Baukommission in Berlin beschäftigte Regierungs⸗Assessor Löhlein ist der Königlichen Regierung zu Danzig, der Re⸗ gierungs⸗Assessor Schallehn in Aurich der Königlichen Ministerial⸗, Militär⸗ und Baukommission in Berlin und der Regierungs⸗Assessor Hassel zu Berlin der Königlichen Regie⸗ rung zu Breslau zur weiteren dienstlichen Verwendung über⸗ x woörben. 8 “ 1“
Bayern.
Der General der Infanterie und Ober⸗Hofmeister a. D. Freiherr von Ow ist am Sonnabend in San Remo gestorben.
Mecklenburg⸗Schwerin. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist mit Ihrer Hoheit der Herzogin Cäcilie am 6. d. M. in Cannes ein⸗ getroffen. 8 Schwarzburg⸗Rudolstadt.
Die „Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg⸗ Rudolstadt“ veröffentlicht einen Erlaß Seiner Durchlaucht des 11 worin nach erfolgter Zustimmung der Agnaten der
ondershausener Linie dem Prinzen Sizzo von Leuten⸗ berg der Titel und Rang eines Prinzen von Schwarz⸗ burg verliehen wird.
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Oesterreich⸗Ungarn.
G Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein Handschreiben des
Kaisers an den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. von Stremayr, in dem es heißt: Der Kaiser erinnere
sich dankbar und unter vollster Anerkennung der fünfzig⸗ ährigen hervorragenden, stets patriotischen Thätigkeit des räsidenten.
In einer gestern abgehaltenen Versammlung des Klubs der Linken des österreichischen Abgeordnetenhauses wurde von den 54 anwesenden Mitgliedern einstimmig be⸗ schlossen, den Klub weiter g zu lassen. Auch 13 von
een abwesenden Mitgliedern haben erklärt, in dem Verband bleiben zu wollen. Bei der gestern vorgenommenen Landtagswahl des niederösterreichischen Großgrundbesitzes drang die Kompromißliste durch, nach welcher 12 Mitglieder des ver⸗ een Großgrundbesitzes und 4 Konservative gewählt wurden.
Großbritannien und Irland.
„An dem gestrigen Lordmayors⸗Bankett in der Guidhall zu London nahmen der Premier⸗Minister Lord Salisbury, der Erste Lord der Admiralität Goschen, der Lord⸗Präsident des Geheimen Raths Herzog von ee der Staats⸗ Sekretär für Indien Lord Hamilton, der Parlaments⸗ Sekretär des Auswärtigen Curzon, der Lord Groß⸗Kanzler Lord Halsbury, der Oberbefehlshaber der Armee Viescount Wolseley, Kitchener Pascha, dergroßbritannische Botschafter in Paris Sir E. Mo nson, der Bolschoßter der Vereinigten Staaten 1.. die Gesandten von Dänemark, der Nieder⸗ lande, von Japan, Serbien und Schweden und Nor⸗ wegen ꝛc. theil. Lord Salisbury und Kitchener Pascha wurden mit großem Beifall begrüßt. Der Bossehefthe der Vereinigten Staaten Bayard beantwortete den Toast des Lordmayors auf die Vertreter der fremden Staaten, Lord Salis⸗ bury den Toast auf das Ministerium. In seiner Rede führte, wie „W. T. B.“ berichtet, Lord Salisbury etwa Folgendes aus:
Er glaube, die venezolanische Frage sei infolge der Vorschläge der eee Staaten beigelegt. Das britische Auswärtige Amt habe ernste Stunden durchlebt; jetzt seien aber ruhigere Zeiten eingetreten. Eine Frage bleibe nur noch, die türkische. Er sei der Ansicht, das britische Volk sei jetzt einmüthig gegen ein isoliertes Vorgehen in dieser Frage. Wenn man das Schicksal der Armenier und der anderen unter türkischer Perrschaft stehenden Völkerschaften verbessern wolle, sei es besser, so viele Nationen, wie möglich, auf Seiten Englands zu haben. Wenn England eine Regierung zwingen wolle, ihre Gesetze zu
verbessern, so müsse England das Land besetzen. Dazu sei ein großes Heer erforderlich; mit der Flotte sei das unmöglich, ohne Aushebung aber könne England kein greßes Heer haben. Deshalb schließe Eng⸗ land sich dem europäischen Konzert an in dem Glauben, daß dies das beste Mittel sei, Reformen herbeizuführen. Er könne sich der Idee Morley's und Courtney's nicht anschließen, daß England Territorial⸗ besitz aufgeben müsse, um, die anderen Mächte zu versöhnen. In dem jetzt vorliegenden orientalischen Problem sehe er keinen Grund, die bisher verfolgte Politik zu verlassen oder einen Hektar des Landes aufzugeben, welches England jetzt besetzt halte. Nachdem Lord Salisbury dann Kitchener Pascha's und Lord Cromer's aner⸗ kennend gedacht hatte, kam er wieder auf das europäische Konzert zu sprechen und äußerte, dasselbe scheine ihm sich jetzt in einer günstigeren Lage als jemals zu befinden, um seine Ziele zu erreichen. Er unter⸗ schreibe die Ansichten, die der französische Minister des Auswärtigen Hanotaux über ein europäisches Vorgehen in der Türkei ausgesprochen habe, fast vollständig. England habe immer sympathische Beziehungen zu dem Dreibunde unterhalten; er hoffe, daß der Dreibund auch ferner in herzlichem Einvernehmen mit England zusammen wirken werde. Was Rußland anbetreffe, so müsse er energisch Widerspruch einlegen gegen die in jüngster Zeit aufgestellte Behaup⸗ tung, daß zwischen England und Rußland ein unvermeidlicher und immerwährender Antagonismus bestehe; er sehe in dieser Behauptung einen Aberglauben veralteter Diplomatie. Er habe guten Grund zu glauben, daß Rußland die gleichen Absichten verfolge wie England,“ soweit es sich um die Vorkommnisse im Orient handele. Uebrigens sehe er keine Schwierigkeit, Gewalt anzu⸗ wenden, wofern die übrigen fünf Großmächte damit übereinstimmten. Den Christen und Mohamedanern des türkischen Reichs in gewissen Grenzen die gute Verwaltung der westlichen Staaten zu verschaffen, sei lediglich durch Vermittelung des Sultanats möglich. Die erste Pflicht der britischen Regierung sei die Vertretung der Interessen und Rechte Englands; eine weitere Pflicht der Regierung sei es, die Interessen der Menschlichkeit zu fördern, ohne die Woblthaten des Friedens, welchen England so sehr liebe, in Gefahr zu bringen.
Frankreich.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung der Interpellation über Algier ohne Zwischenfall fort. In Toulouse sind die meisten Mitglieder des früheren radikal⸗sozialistischen Gemeinderaths, welcher wegen Wahlfälschung aufgelöst wurde, wiedergewählt worden.
Italien.
Mijsgr. Macario ist gestern von dem Papst in län Audienz empfangen worden.
Belgien.
In einem am Sonnabend unter dem Vorsitz des Königs abgehaltenen Ministerrath hat das Kabinet, wie „W. T. B.“ aus Brüssel erfährt, die Einbringung des vom Kriegs⸗Minister General Brassine ausgearbeiteten Militärreformentwurfs abgelehnt, worauf der Minister seine Entlassung eingereicht hat, die, wie gestern amtlich bekannt gemacht worden ist, vom König angenommen wurde. Als Nachfolger des Generals Brassine wird in einem Antwerpener Blatt der General Baron Greindl genannt.
Türkei.
Dem Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ zufolge haben die Botschafter nach einer am Sonnabend abge⸗ haltenen Konferenz vorgestern die Pforte darauf hingewiesen, daß die Botschafter von der Ernennung der ottomanischen Delegirten für die Kommissionen zur Reorganisierung der Gendarmerie und zur Einführung von Justiz⸗ reformen auf Kreta noch nicht in offtzieller Weise in Kenntniß gesetzt worden seien. Auch machten die Botschafter Einwendungen gegen den jüngsten Erlaß betreffs der Einzahlung der von dem Handelsgericht erhobenen Taxen in die Staatskassen, da gelegentlich der Erhöhung dieser Taxen die Pforte und die Botschaften sich dahin geeinigt hätten, daß diese Taxen nur zur Bezahlung der Gehälter der Funktionäre des genannten Gerichts verwendet werden sollten, Göhrend durch die gegenwärtige Verfügung die Funktionäre Gefahr liefen, ihre Bezüge in unregelmäßiger Weise zu erhalten.
Die Botschafter haben, wie „W. T. B.“ erfährt, gegen
einen Befehl des Großvezirs an den Vali von Kreta, welcher verfügt, daß die gegenwärtigen Ge⸗ richte bis zur Reorganisation der Gerichtshöfe nach dem neuen Reglement in der bisherigen Fahe fortzu⸗ wirken hätten, Verwahrung eingelegt und seine Rück⸗ nahme verlangt, indem sie darauf hinwiesen, daß es zu den Obliegenheiten des Vali gehöre, im Einvernehmen mit der Nationalversammlung solche Befehle zu erlassen.
Der russische Botschafter von Nelidow ist am Sonnta von dem Sultan in Abschiedsaudienz empfangen worden uns hat sich gestern nach St. Petersburg begeben.
Der „Politischen Correspondenz“ zufolge tritt der öster⸗ reichisch⸗ungarische Botschafter in Konstantinopel Freiherr von Caliee eine zehntägige Erholungsreise nach Kairo an, da während der Abwesenheit des russischen Botschafters von Nelidow in den Konferenzen der Botschafter in Konstantinopel eine Unterbrechung eingetreten ist.
Die „Agence Havas“ erfährt aus Athen, der Trupp Aufständischer, elcher kürzlich in Macedonien einge⸗ drungen sei, habe am Sonnabend drei Stunden von der Grenze entfernt ein Gefecht gehabt. Die Schüsse seien deutlich in einem griechischen Dorfe vernommen worden, dessen Be⸗ wohner sich auf die Höhen begeben hätten, um der Entwicke⸗ hag des Kampfes zu folgen. Die Türken wie die Auf⸗ ständischen hätten ernste Verluste erlitten.
Griechenland.
Die in Athen erscheinenden Blätter „Hestia“ und „Asty“ heben, wie „W. T. B.“ berichtet, die Fegegntine des Kaisers von Oesterreich mit dem König von Griechenland sowie die Besprechung des Königs mit dem österreichisch⸗ ungarischen Minister des Auswärtigen Grafen Goluchowski hervor und treten für intime Beziehungen Griechenlands zu Oesterreich⸗Ungarn ein.
Die Offiziere, welche nach Kreta gegangen waren, sind provisorisch in Inaktivität gesetzt worden. Bulgarien.
Der „Agence Balcanique“ zufolge beläuft sich die Gesammt⸗ zahl der in Bulgarien eingetroffenen armenischen Flücht⸗ linge gegenwärtig auf nr 500. Aus dem Umstande, daß eine
roße bvs dieser Flüchtlinge in den Küstengegenden am chwarzen Meer verbleibe, glaube man schließen zu können, daß diese Leute zum großen Theil nur vorübergehenden Aufenthalt in Bulgarien zu nehmen beabsichtigten. Eine große Zahl der Flüchtlinge finde Verwendung als Last⸗ träger und Schiffslader in den Häfen von Varna und Burgas, wo gegenwärtig die Sna va ag sehr stark sei. Andere lebten von freiwilligen Spenden der bulgarischen Be⸗
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völkerung und solchen, welche von England einträfen.
stätige sich, daß die bulgarische Regierung mit Rücksicht darauf, daß sich unter den Füchtlingen eine beträchtliche Zahl von in der Dobrudscha
Ackerbauern befinde, geneigt sei, ihnen urb 2 d zuertheilen zu lassen.
“““ “ Aus Havanna wird gemeldet, der General Weyler habe sich vorgestern Abend nach der Vuelta Abajo begeben. Sechs Führer der cubanischen Parteien hätten sich als natio⸗ nale Vertheidigungs⸗Junta unter Vorsitz des Generals Weyler konstituiert. Asien. ¹
In Scholapur (Provinz Bombay) haben, dem „W. T. B.“ zufolge, ernste Unruhen stattgefunden. Ein aus etwa 1500 Sack bestehendes Getreidelager sei von einem Volkshaufen von ungefähr 5000 Personen geplündert worden. Die Polizei, welche alsbald herbeigeeilt sei, habe vergeblich versucht, der Plünderung Einhalt zu thun, und sei gezwungen gewesen, Feuer zu geben. Dabei seien 4 Plünderer getödtet und 6 verwundet worden, worauf der Haufe auseinandergegangen sei. Man halte weitere Unruhen in derselben Gegend fie wahrscheinlich.
Aus Manila wird berichtet, es seien 4 Expeditions⸗ Kolonnen in der Provinz Cavite gelandet und hätten die Operationen gegen die Aufständischen begonnen. Der Major Arteaga habe mit 400 Mann 4000 Aufständische bei Montalvan geschlag 60 Aufständische und ein Spani seien getödtet worden.
Parlamentarische Nachrichten.
Die heutige (120.) Sitzung des Reichstags, welcher de Staatssekretär des Innern, Staats⸗ Minister Dr. von Boetticher, der Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten D. Dr. Bosse und der Justiz⸗Minister Schönstedt be wohnten, eröffnete der Präsident Freiherr von Buol um 2 ¼ Uhr mit folgenden Worten: 3
Wieder zur Leitung Ihrer Verhandlungen berufen, habe ich die Ehre, Sie hiermit zu begrüßen; ich hoffe, daß Sie alle gestärkt und gekräftigt zurückgekehrt sind und daß Sie demnächst noch zahlreicher erscheinen werden. Wenn nicht der Schein trügt, so werden auch unsere Kräfte in nachhaltiger Weise in Anspruch genomme
erden.
Nachdem der Eingang mehrerer Vorlagen verkündet war, trat das Haus in die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Straf prozeßordnung, ein. 3
(Schluß des Blattes.)
Bei der Reichstags⸗Stichwahl im 8. Potsdamer Wahlkreise (Westhavelland⸗Brandenburg) wurden nach der amtlichen Fählung insgesammt 19 405 Stimmen abgegeben; davon entsielen auf den Schriftsteller Peus⸗ Dessau (Soz.) (9720 Stimmen und auf den Landrath von Löbell⸗Rathenow (kons.) 9685 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.
Bei der Ersatzwahl zum Reichstag im Wahlkreise Mainz⸗Oppenheim, Großherzogthum Hessen, wurden nach der amtlichen Zählung insgesammt 18 468 Stimmen abgegeben; davon entfielen auf Dr. David⸗Mainz (Soz.) 7358 Stimmen,
auf Dr. Schmitt⸗Mainz (Zentr.) 7118, auf den Ober⸗Schulrath
Soldan⸗Darmstadt (natl.) 3142 und auf den Landwirth Wolf⸗ Stadeken (Antis.) 847 Stimmen. Es ist somit eine Stichwahl zwischen Dr. David und Dr. Schmitt erforderlich.
Statistik und Volkswirthschaft.
Gestern Vormittag fand hier in Berlin im Savoy Hotel eine außerordentliche Versammlung der Seeberufsgenossenschaft statt,
an der zahlreiche Vertreter der einzelnen Sektionen, ferner der Hamburg⸗ Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft, des Norddeutschen Lloyd, des Germanischen Lloyd und vieler Rhedereien theilnahmen. Nach Eröffnung der Versammlung durch den 188 Laeisz⸗Hamburg begrüßte der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath von Jonquidres die Versammlung im Namen des Reichsamts des Innern, versicherte sie des regen Interesses der Regierung und wies, im Hin⸗ blick auf die Wichtigkeit der zur Berathung stehenden Frage über die „wasserdichten Schotten“, auf den Wunsch der Regierung hin, beß man vor Zusammentritt des Reichstages zu einem festen Entschlusse gelangen möge. Die von der Seeberufs⸗ genossenschaft in Verbindung mit dem Germanischen Lloyd ausge⸗ arbeiteten Vorschriften über wasserdichte Schotten für Passagier⸗ dampfer in außereuropäischer Fahrt wurden alsdann mit nur unwesentlichen redaktionellen Aenderungen nach lebhafter Debatte angenommen. Ferner gelangte noch eine Reihe weiterer Abänderungen und Zusätze zu den Unfall⸗Verhütungsvorschriften zur Annahme, we che größtentheils hereits in den Sektionen genehmigt worden waren. — Die nächste Versammlung findet im Frühling des Jahres 1897 in Lübeck statt. 1“
Die badischen Meisterkurse. “
Die diesjährigen Uebungskurse für Meister, welche im Winter in der badischen Landesgewerbehalle zu Karlsruhe stattfinden, sind für Schneider (Zuschneiden), für Schuhmacher, für Schreiner (Einlege⸗ arbeiten), für Maler (Holz- und Marmormalerei), für Schlosser, Installateure, Klempner (Anweisung im Anlegen von elektrischen Leitungen, Blitzableitern ꝛc.), für Tapezierer und für Sattler bestimmt. Für Sattler haben bisher Kurse noch nie stattgefunden, und es wird dieser Kurs speziell Anleitung zur Anfertigung von Kumten darbieten, also nicht nur im Interesse der Sattler, sondern auch der Pferdebesitzer sein. Die Kurse dauern 8— 14 Tage, wenig Bemittelte können Bei⸗ hilfen aus Staatsmitteln erhalten. 8
Britische Ein⸗ und Ausfuhr von Edelmetallen.
(Stat. Korr) Nach dem Statistical Abstract United Kingdom in each of the last flfteen years from 1881 to 1895 wurden in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland an Gold und Silber in rohem und geprägtem Zustande
(Pfund Sterling Werth) im eingeführt ausgeführt
Jahre Gold Silber Gold Silber 1881 9963006 6901402 15498837 7003982— 1885 12576561 9433605 11930818 9852287 + 1890 23568049 10385659 14306688 10863384 + 1891 30275620 9315598 24167925 13060866 + 1892 21583232 10746382 14832122 14078568 + 13589745 + + 88 +— *—
zusammen + Mehreinfuhr 5638411 227061 8783636 2362427 3418924 3656104 10765164 16947868 43819863 3592852 10262228
1893 24834727 11913395 19502273 1894 27572347 11005417 15647551 12165049 1895 38004965 10669662] 21369323 10357436 1881 — 95 277863073 139405959 220890326 152558843 1881 — 85 55416334 44679429 58557663 45130952 1886 — 90 80175848 41076076 66813469 44176227 1891 — 95 142270891 53650454 95519194 63251664
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37150487
Hierbei ist für das letzte Jahr die Goldeinfuhe aus Ceylon mit
1 998 966 Pfd. Sterl. der von der Quelle angesetzten Summe hinzu⸗
net und ein Druckfehler bei der Silbereinfuhr berichtigt worden. Prechnet ne gung des mittels Gepäckpost, deren Ergebnisse beim Waarenverkehr von Mitte 1885 ab eingerechnet wurden, aus den britischen B sitzungen in Süd⸗Afrika verschickten Goldes hat 1893 be⸗ gonnen. Uebrigens handelt es sich in der Statistik des Edelmetall⸗ verkehrs allein um den deklarierten Werth der als Ein⸗ oder Ausfuhr angeschriebenen Sendungen (registered imports and exports), also weder um die vom Reisenden mitgeführten Beträge, welche wohl reichlicher vom Auslande kommen, weil die Engländer sich mit Bank⸗ noten oder Checks zu versehen gewohnt sind, noch um ungemünzte Fabrikate aus Gold und Silber. 1
Mit welchen Beträgen waren an diesem Verkehr nun die ver⸗ schiedenen fremden Länder betheiligt? Die obige Quelle ‚unterscheidet bei der Eintuhr 23, bei der Ausfuhr 30 Staaten oder Ländergruppen und versteht unter Portugal ꝛc. auch die Azoren und Madeira, unter Spanien die Canarischen Inseln, unter Britisch Indien die Insel Ceylon mit. Die Westküste von Afrika, die britischen Besitzungen in
Süd⸗Afrika, Britisch Nord⸗Amerika, West ndien nebst Mexiko und
Süd⸗Amerika (aber ohne Brasilien) sind in je einer Linie zusammen⸗ gefaßt; für alle nicht besonders aufgeführten Länder besteht endlich die Sammelrubrik „andere Länder“.
Es erreichte die angeschriebene Einfuhr von Gold (bullion and specie) in Tausenden Pfund Sterling
während der Jahrfünfte aus 1881 — 85 1886 — 90 1891 — 95
SIc*“ 943 674 1 536 1111“*“] 6 651 2 110 veesö“ 3 178 2 666 2 988 kL11MI111“X“X“”“ 12 898 6 831 1112264* 697 1 752 11 142 111 398 376 1111A“*“ 8 955 5 853 3 992 -“ 8 652 753 873 1111.““ 4 668 27 833 “ 474 1 739 12 243 4“*“ 586 1 927 5 215 11“ “ 893 2 193 2 837 Fee1“ 14 170 13 257 21 863 den Vereinigten Staaten. 11 312 10 260 27 336 WSeeeeee“ 4 560 9 623 7 627 D844“*“ 1 068 3 359 5 051 ankkkeee“ 970 1 503 2 418
Hin und wieder trat eine Ausgleichung im Goldverkehr Eng⸗ lands mit einem anderen Lande schon während desselben Jahres ein, öfter bald nachher, und zuweilen ist ein Land bis auf zufällige Er⸗ scheinungen lediglich Abgeber oder Empfänger von Gold geblieben. Obiger Zusammenstellung muß deshalb die folgende, nach gleicher Art eingerichtete gegenübergestellt werden, welche die Ausfuhr von Gold in Tausenden Pfund Sterling verzeichnet:
h während der Jahrfünfte 889 1881 — 85 1886 — 90 1891 - 95 1“ — 1 301 36 e““ 1 319 284 Deutschland v“ 6 413 24 480 Holland.. 11““ 1 821 3 692 “*“ 237 311 951 Frankreich 166865 3 713 17 906 ortugal. 4 286 9 833 1 797 panien .. 2 068 1 813 1 644
öLbe 191 400 e6*“ʒ 1 161
1 149 4 300 5 855
111X“A“ 1 531
v4*“ 646 5 471 Britisch Indien 1“ 6 272 4 433 bEEbbT11““; 920 191 1 878
ritisch Nord⸗Amerika ... 331 235 229 den Vereinigten Staaten . 12 830 eee““ 4 778 Aegenkirniectes 3 401 anderen Ländern... 5 468
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Zur Arbeiterbewegung.
8 In Stade haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge die Brauer der Bergschlößchen⸗Brauerei die Arbeit eingestellt.
In Hamburg hat die Lohnkommission der Schauerleute (Hafenarbeiter) nach demselben Blatt den Stauern einen Lohntarif mit dem Ersuchen unterbreitet, man möge mit ihr darüber ver⸗ handeln. Die Forderungen sind: für Tagarbeit 5 ℳ, für Nachtarbeit 6 ℳ, für Sonntage 6 ℳ Lohn u. s. w.
In Fürth sind, wie der „Frkf. Ztg.“ aus Nürnberg ge⸗ schrieben wird, die Lithographen, Steindrucker und Arbeiterinnen der Kunstanstalten in eine Lohnbewegung eingetreten. Den Arbeit⸗ gebern wurden Feeeenne Forderungen unterbreitet: Achtstündige Arbeits⸗ zeit für die Lithographen, neunstündige für Drucker und Arbeiterinnen, Bezahlung der Feiertage, Abschaffung der Accordarbeit und 25 % Lohnzuschlag für Ueberstunden.
Aus Berlin wird der „Köln. Zig.“ zum Ausstand der Lithographen und Steindrucker telegraphiert: Die Verurthei⸗ lung ausstäͤndiger Lithographen und Steindrucker (zur Zahlung von Entschädigung für Nichtinnehaltung der Kündigungsfrist) durch das Berliner Gewerbegericht scheint auf die Ausstandslust ungünstig ein⸗ gewirkt zu haben, denn in den letzten Tagen nach der Verurtheilung ist eine größere Anzahl Ausständiger wieder zur Arbeit zurückgekehrt.
Kunst und Wissenschaft.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat in ihrer Gesammtsitzung vom 29. Oktober folgende diie eenge. zur Ausführung wissenschaftlicher Unternehmungen bewilligt. ie physikalisch⸗mathematische Klasse gewährt dem Frofessor Maximilian Curtze zu Thorn zu Vorarbeiten für eine Geschichte der Geometrie des Mittelalters 1000 ℳ; dem Dr. Karl Camillo Schneider zu Heidelberg, z. Zt. in Wermsdorf (Königreich Sachsen) zu Unter⸗ suchungen über Hydroid⸗Polypen auf der Zoologischen Station in Rovigno 900 ℳ Die philosophisch⸗historische Klasse hat zu wissen⸗ schaftlichen Unternehmungen bewilligt: ihrem Mitgliede Professor Schmoller zur Herausgabe der Fridericianischen Korrespondenz“ weitere 1000 ℳ; ihrem Mitgliede Professor Conze zum Zweck einer von dem Ingenieur bei den Berliner Wasserwerken Giebeler auszufüh⸗ renden erneuten Uatersuchung der in Pergamon entreckten Druckwasser⸗ leitung 1000 ℳ; dem Professor Dr. Arthur Milchhoefer in Kiel zu einer topographischen Untersuchung von Attica 1500 ℳ; dem Ober⸗ lehrer Dr. Paul Wendland in Charlottenburg zur Vollendung der von der Akademie angeregten Philo⸗Ausgabe 600 ℳ — Die Akademie verlor durch den Tod die korrespondierenden Mitglieder der physikalisch⸗ mathematischen Klasse: Philipp Ludwig von Seidel, gestorben am 13. August in München, und Armand Hippolyte Louis Fizeau, gestorben am 21. September in Paris.
— Ueber die Neuerwerbungen für das Münzkabinet, die Egyptische Abtheilung und das Kupferstichkabinet der Königlichen Museen im 2. Vierteljahr 1896 (vgl. a. d. gestr. Nr. d. Bl.) ent⸗ nehmen wir den „Amtlichen Berichten“, welche dem 4. Heft XVII. Bandes des „Jahrbuchs der Königlich preußischen Kunstsammlungen“ (Berlin, G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung) beigegeben sind, Folgendes:
„Das Münzkabinet erwarb 2322 Stücke, 38 in Gold, 1453 in Silber, 766 in Kupfer, 1 in Blei, 2 Münzstempel und 62 Siegel⸗ stempel. Die antiken Münzen wurden durch eine große Zahl klein⸗ asiatischer Kupfermünzen, meist aus der Kaiserzeit, bereichert Noch P vertreten waren bisher die Prägestätten Pelagia in Illyrien große Silbermünze) und Oropus in Attika (Kupfer). erner sind hervorzuheben zwei künstlerisch Tetradrachmen von
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Camarina, eine silberne Drachme von klea in Jonien und eine vier⸗ eckige Kupfermünze des Königs Zorlus von Baktrien, bisher Unikum im englischen Privatbesitz. Untr den römischen Münzen verdienen zwei von Trajan restituierte republikanische Denare (Sulla und Gens Rubria), z wei künstlerisch vorzügliche äußerst seltene silberae Denare des Kaisers Postumus, der um 260 n. Chr. in Gallien herrschte, mit merk⸗ würdigen Herkulesdarstellungen, und ein silberner Denar des Carausius, der zu Diokletian's Zeit in Britannien Kaiser war, Erwähnung; von den Mittelaltermünzen: ein Obol von Ludwig dem Frommen, aus Aachen, ein Brakteat von Stendal (um 1200) mit dem stehenden brandenburgischen Markgrafen und der Umschrift MARCHIO STENDALE, ein Fund von Elsasser Denaren des XIII. Jahrhunderts, der ein noch unbe⸗ kanntes und höchst merkwürdiges Beispiel einer Münzkonvention mehrerer Elsasser Prägeherren bietet; seltene italienische Mittelalter⸗ münzen: Salut d'or (Goldstück mit dem englischen Gruß) von Karl II. Anjou von Neapel, Doppvelzecchine von Papst Hadrian VI., Silber⸗ münze der Genuesen in Chios, Silbermünze König Heinrich's VIII. von England, in Tournay geprägt, und eine schöne italienische Medallle des Königs Matthias von Ungarn in vorzüglichem gleichzeitigen Blei⸗ guß. Die Sammlung der orientalischen Münzen wurde durch mehr als 200 mohamedanische Mittelaltermünzen vermehrt. — Die Siegel⸗ stempel⸗Sammlung erhielt durch vorzüglich schöne mittelalterliche Stücke, darunter eine goldene Bulle mit dem Bilde Kaiser Friedrich Barbarossa's, einen erfreulichen Zuwachs. Geschenke erhielt die Samm⸗ lung von Herrn Dr. Dressel und Fräulein Hildegard Lehnert.
Die Vermehrung der Egyptischen Abtheilung betraf be⸗ sonders die Papyrussammlung. Neben einer sehr beträchtlichen Menge demotischer, griechischer, koptischer und arabischer Papyrus wurden einzeln erworben: ein kleiner Fund hieratischer Papyrus, geschäftliche Briefe aus dem Ende des neuen Reiches (etwa 11. oder 12. Jahrhundert v. Chr.); ein griechischer Kaufvertrag, ein Grund⸗ stück betreffend, aus dem Jahre 6 Ptolemäus' X und seiner Mutter Kleopatra (111 v. Chr.); ein koptischer Papyruskodex, der drei bisher unbekannte gnostische Schriften enthält (eine von diesen wird um das Jahr 185 schon von Jrenäus angeführt). — Unter den erworbenen Alter⸗ thümern sind hervorzuheben: ein Bronzespiegel, dessen Griff eine Frau darstellt (Neues Reich); zwei Thonflaschen derselben Zeit von einer bei evyptischen Töpferwaaren seltenen Feinheit (die Henkel der einen werden von einem Neger und einem Asiaten gebildet, die andere trägt einen Frauenkopf als Ausguß); verschiedene Skarabäen und Ketten⸗ glieder, darunter der bisher nur in zwei Exemplaren bekannte Skarabäus des fremden Königs Jabekher; ein Bronzefigürchen des Gottes Set, eine der wenigen bekannten Figuren dieses Gottes. — Herr Assessor von Oppenheim machte den Granitkopf eines äthiopischen Königs und ein von ihm in Mosul erworbenes mittelalterliches Thongefäß zum Geschenk. Andere Geschenke erhielt die Abtheilung von den Herren Professoren Schweinfurth und Stobbe. Das Studienmaterial vermehrte sich um 236 Photographien und um eine größere Anzahl von Abdrücken.
Das Kupferstichkabinet erhielt in allen Abtheilungen werth⸗ vollen Zuwachs. Für die Abtheilung der Zeichnungen wurden er⸗ worben: 64 sehr sorgfältige Röthelzeichnungen (groß Querfolio) von dem Augsburger Schlachtenmaler Philipp G. Rugendas (1666 — 1742), Schlachten⸗ und Soldatenscenen darstellend. — In die Abtheilung der Reproduktionen eingereiht wurde ein Geschenk von Professor Hubert Herkomer in Bushey (Hertshire): 16 Blatt seiner sogenannten „Herkomer⸗Gravüren“ (nach einem von ihm neu eingeführten technischen Verfahren, von einer Kupferplatte Abdrücke zu gewinnen, hergestellt).
— In Stockholm ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern der Seb der Astronomie Hugo Gyldén gestorben. Er war am 29. Mai 1841 zu Helsingfors geboren. Nach vollendetem Studium in seiner Vaterstadt kam er 1862 an die Sternwarte zu Pulkowa, wurde 1863 daselbst Adjunkt und 1865 „älterer Astronom“. 1871 erhielt er einen Ruf als Direktor der Sternwarte und Astronom der Akademie nach Stockholm: eine Stellung, die er bis jetzt inne hatte. Während Gyldén in Pulkowa hauptsächlich als eifriger Beobachter thätig war, betrafen seine neueren Arbeiten besonders das Gebiet der theoretischen Astronomie; speziell war er der Schöpfer einer neuen Methode zur Berechnung der absoluten Störungen der Planeten und Kometen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Dänische Antillen.
Durch Verfügung der Regierung der dänischen Antillen ist die für Herkünfte von der Insel Martinique angeordnete fünf⸗ tägige Quarantäne seit dem 2. v. M. aufgehoben und durch eine ärzt⸗ liche Untersuchung ersetzt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 248 vom 17 St
C
ber d. I.) “
Handel und Gewerbe.
Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 7. November
zeigt der gesammte Kassenbestand mit 862 645 000 (1895 942 851 000) ℳ der Vorwoche gegenüber eine Zunahme von 2 123 000 (1895 Abnahme 1 202 000) ℳ; der Metallbestand allein hat um 3 700 000 ℳ zugenommen (1895 Abnahme 1 973 000) ℳ Der Bestand an Wechseln von 671 115 000 (1895 659 162 000) ℳ hat sich um 40 042 000 (1895 Abnahme 27 690 000) ℳ vermindert, und der Bestand an Lombardforderungen hat bei einem Betrage von 108 737 000 (1895 95 936 000) ℳ um 4 393 000 (1895 um 2 387 000) ℳ abgenommen; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also ein Rückgang um 44 435 000 (1895 um 30 077 000) ℳ eingetreten. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1 104 143 000 (1895 1 161 530 000) ℳ der Vorwoche gegenüber eine Verminderung um 24 999 000 (1895 um 30 563 000) ℳ; die son⸗ stigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) erscheinen mit 429 475 000 (1895 436 674 000) ℳ um 19 112 000 (1895 um 574 000) ℳ verringert.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 13 761, nicht rechtzeitig gestellt 62 Wagen. G Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 5692, nicht recht⸗ zeitig gestellt 183 Wagen. Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 7. und 9. November die nachbezeichneten Grundstücke zur Ver⸗ steigerung: Dunkerstraße 79, dem Maurerpolier Leo Spichalski gehörig, Flächenraum 9,35 a; Nutzungswerth 11 300 ℳ; Ersteherin wurde die Neue Berliner Baugesellschaft, Roonstraße 12, mit dem Gebot von 216 400 ℳ — Rigaerstraße, dem Maurer⸗ polier August Schroeder und dem Maurer Herm. Meier gehörig; Flächenraum 6,77 a; Meistbietende blieb die Berliner Bauterrain⸗Gesellschaft m. b. Hftg., Brandenburg⸗ straße 44, mit dem Gebot von 129 200 ℳ — Aufgehoben wurde das Verfahren der Seeexööö wegen des Grundstücks Zorn⸗ dorferstraße (30), jetzt Nr. 27, dem Zimmermeister Fritz Lan⸗ enhagen gehörig. — Eingestellt wurde das Verfahren der hranabersesgerun wegen des Grundstücks Baltenplatz, Ecke igaerstraße, dem Maurermeister F. Kratzenstein gehörig.
— Die Niedersächsische Bank in Bückeburg, Bremen und Hannover macht die Aktionäre wiederholt durch öffentliche Be⸗ kanntmachung darauf aufmerksam, daß die Präklusivfrist zur Einliefe⸗ rung der Aktien, von welchen von je 5 Stück laut Beschluß der Generalversammlung vom 27. Juni d. J. ein Stück zu vernichten ist, während die übrigen abgestempelt zurückgeliefert werden, am 15. No⸗ vember d. J abläuft. Mit dem gleichen Tage läuft das S. auf die neuen Aktien ab, die an Stelle der vernichteten zum Kurse von 102 ½ % und 4 % Stückzinsen seit 1. Januar d. J. bezogen
kö Ins. der heutigen
Weihnachts⸗Packetsendungen nach den Vereinigten Staaten von Amerika, welche mit der Deutschen Packetpost den Adressaten rechtzeitig zum Fest zugehen sollen, sind zweckmäßig vor Ablauf des Monats Nopember zur Post zu liefern; bei späterer Absendung kann wegen der in New⸗York mit der Verzollung ver⸗ knüpften Umständlichkeiten und Stauungen auf eine rechtzeitige Zu⸗ stellung der Packete nicht mit Sicherheit gerechnet werden. 1“
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Bremen, 10. November. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 7. November Mittags von New⸗York nach Genua abgegan en. Der Postdampfer „Wille⸗ had“ ist am 7. November Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „München“ ist am 7. No⸗ vember Nachmittags in Baltimore angekommen. Der Postdampfer „Crefeld“ ist am 7. November in Galveston angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ ist am 7. November Nachmittags in Hongkong angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ hat am 8. November Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Southampton fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Darmstadt“* hat am 8. November Abends die Reise von Port Said nach Suez fortgesetzt. Der Dampfer „Glengoil“ ist am 8. November Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Schnelldampfer „Saale“ ist am 9. November Abends in Cherbourg angekommen und hat am 9. November Morgens die Reise nach Bremen fort⸗ gesetzt; er überbringt 54 Passagiere und volle Ladung. Der Post⸗ dampfer „H. H. Meier“ hat am 9. November Vormittags Lizard passiert. Der Postdampfer „Bonn“ hat am 9. November Vor⸗ mittags die Reise von Vigo nach dem La Plata fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ ist am 8. No⸗ vember Nachmittags in Aden angekommen. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm 11.“ hat am 8. November Vormittags die Reise von Gibraltar nach New⸗VYork fortgesetzt.
London, 9. November. (W. T B.) Der Union⸗Dampfer „Guelph“ ist auf der Heimreise Sonnabend von Kapstadt ab⸗ gegangen. Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist auf der Ausreise am Sonnabend von Southampton abgegangen und der Union⸗Dampfer „Moor“ auf der Heimreise daselbst angekommen.
Rotterdam, 9. November. (W. C. 28.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Der Dampfer „Veendam“ ist gestern Vormittag in New⸗York angekommen. Der Dampfer „Spaarndam“ ist am Sonnabend von New⸗York abgegangen. 8 82
Theater und Musik.
MANeues Theater.
Ein einaktiges Stück von Otto Erich Hartleben, „Die sittliche Forderung“ betitelt, fand bei seiner gestrigen Erstauf⸗ führung eine beifällige Aufnahme. Der Verfasser nennt seine Arbeit eine „Komödie“, sie ist aber mehr eine literarische Skizze oder Studie aus dem Weltstadtleben, gleichsam der in die kurze Spanne eines Aktes zusammengedrängte Entwurf zu einem größeren Werke. Auf den ersten Blick möchte es fast scheinen, als habe Hartleben nur eine dramatisierte Frivolität geboten, wenn er uns schildert, wie ein junger Kleinstädter das Mädchen seiner ersten Jugendliebe, welches, um einer erzwungenen Heirath mit einem alternden Manne zu entgehen, dem elterlichen Hause entflohen war, als berühmte Chansonnettendiva wiederfindet, die seine „sittliche Forderung“, umzukehren und seine ehr⸗ bare Gattin zu werden, kalt lächelnd von sich weist. Aber die Frivolität ist nur scheinbar, in Wahrbeit steckt in dem Werkchen eine beißende Satire, welche ihre Spitze gegen jene unsittliche Forderang kehrt, welche dereinst das sebenskustige, tief⸗ empfindende Mädchen aus dem Elternhause vertrieben. Die Wandlung, die sie seit ihrer Flucht in der Schule der Noth, des Elends und der Niedrigkeit erfahren läßt eine Rücktehr in den Kreis jener Menschen, an deren Ehrlichkeit sie nicht mehr glaubt und deren sittliche sie verachten lernte, nicht mehr zu. Selbst die wiedererwachende Neigung zu dem Jüngling, dem einst ihre reine Mädchenliebe gehörte, vermag sie dem Sumpfe nicht mehr zu entreißen, dem sie rettungslos verfallen ist; und wie er sich anschickt, sie ein für alle Mal zu verlassen, setzt sie sich an den Flügel und singt ein leichtes Lied, das ihn wie Sirenenlockruf zu ihr hinabzieht. — Der Autor hat seinen Stoff interessant und vpöllig individualistisch behandelt, nicht etwa in einer Form, die eine Verallgemeinerung zuließe, und der knappe Rahmen, den er ihm gegeben, eröffnet, wie schon eingangs erwähnt, einen Rücke blick und Ausblick auf Dinge, die in größerer Ausführlichkeit hätten behandelt werden können. — Gespielt wurde von seiten der Frau Reisenhofer, welche der Gestalt der Chansonnettensängerin eine gera⸗ dezu blendende Schönheit zu verleihen wußte, in jeder Hinsicht meister⸗ haft. Ihr Partner Herr Heinz Senger konnte nur bescheidenen An⸗ sprüchen genügen. Auf den Einakter folgte der lustige Schwank „Bocksprünge“, der das Publikum wieder lebhaft erheiterte.
Konzerte.
Das dritte Philharmonische Konzert, welches gestern unter Leitung des Kapellmeisters Arthur Nikisch stattfand, hatte durch die Mitwirkung der Frau Marcella embrich eine be⸗ sondere Anziehungskraft. Sämmtliche Plätze des Saales und der Logen waren besetzt. Nach Cherubini's Ouvertüre zu „Anakreon“ erschien die gefeierte Sängerin unter lebhaften Begrüßungen von seiten des Publikums und trug die Arie der Donna Anna „Ich grausam? O mein Geliebter“ aus Mozart's „Don Juan“ mit so bestrickendem Wohllaut der Stimme und soviel Wärme des Aus⸗ drucks vor, daß enthusiaftischer Beifall und Hervorruf folgten. Eine gleiche Aufnahme fand auch die große Scene aus „Norma“ von Bellini: „Keusche Göttin“, sowie die freundlich gewährte Zugabe der Arie aus Mozart’s „Figaro“: „O säume länger nicht, geliebte Seele“. Als komponistische Novitäten sind für diesen Abend zwei Orchester⸗ werke zu verzeichnen, von denen ein Bruchstück aus Gustav Mahler's Symphonie „Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen“ solchen Beifall erweckte, daß der anwesende Komponist dem wiederholten Hervorruf Folge leisten mußte. Der zarte poetische Inhalt war durch die Verwendung der Streich⸗ instrumente in Verbindung mit der Harfe und den Holzbläsern höchst wirkungsvoll wiedergegeben. Einen ganz anderen Eindruck machte Dvorät’s „Scherzo capriccioso“, das bei aller Anerkennung der glänzenden, oft originellen Orchestereffekte des einer polnischen Tanzweise gleichenden Werkes doch an musikalischem Werth gegen Mahler’'s Arbeit zurückstand. Das Orchester, welches außer den erwähnten Tonstücken noch Schumann’s vierte Symphonie (D-moll) in vollendeter Ausführung wiedergab, bewährte unter seinem tüchtigen Dirigenten wiederum außerordentliche Leistungs⸗ fähigkeit. — Die Klaviervirtuosin Ella die hier in kurzer Zeit so glänzende Erfolge errungen hat, gab gestern in der Sing⸗Akademie ihren zweiten und letzten Klavier⸗Abend, für welchen sie Werke von Bach⸗Harthan, Beethoven, Schumann, Gluck⸗ Sgambati, Rameau, Liszt, Chaminade, Leschetitzky und Anderen zum Vortrag gewählt hatte. Wiederum konnte die hochbegabte Künstlerin die außerordentliche Kraft ihres Anschlags, der trotzdem von jeder Härte frei ist, und ihre schwungvoll belebte Vortragsweise glänzen lassen. Das zahlreich erschienene Publikum spendete so begeisterten Beifall, daß die Künstlerin durch einige Wiederholungen und Zugaben danken
mußte.
Am Sonnabend gab der Pianist Albert Eibenschütz ein Konzert im Saale der Sing⸗Akademie, Sein Wirken als Lehrer am Stern'schen Konservatorium, wie seine Leistungen in früheren Kon⸗ zerten haben in weiteren Kreisen seinen Ruf als gediegener Pianist gefestigt, und er bewährte diesen Ruf auch neulich wieder voll⸗ kommen durch den verständnißvollen Vortrag des herrlichen Klavierkonzerts mit Orchesterbegleitung in B-dur von Brahms. Später ließ er noch ein Konzertstück von dem in Paris lebenden
Komponisten Cécile Chaminade folgen, das egen den Ge⸗ dankenreichthum des Brahms'schen Konzerts sehr zurückstand. Unter⸗