1896 / 271 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Nov 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das Lust⸗ spiel „Letzte Liebe“ aus dem Ungarischen des Ludwig Doczi gegeben. Die Besetzung ist folgende: Ludwig von Anjou: Herr Nesper; Elisabeth, die Königin: Fräulein Haverland als Gast; Maria von Druget: Fräulein Poppe; Wojwode von Siebenbürgen: Herr Ludwig;

Duchzi: Fräulein Lindner; Francesco Carrara: Herr Kahle; Francesco, sein Sohn: Herr Purschian; Katharina: Frau von Hochenburger; Anselma: Fräulein Hausner. 8 Im Theater des Westens soll „Schiedsmann Hempel“ von JF. Keller und L. Herrmann, das erste Volksstück der neuen Bühne, in der nächsten Woche in Scene gehen. Am Sonntag, Mittags 1 Uhr, findet die bereits angekündigte Matinée des Vereins „Huma⸗ nitas“ zu Gunsten der Kasse des unter dem Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden Vereins „Frauenhilfe“ statt, zu welcher hervorragende Künstler ihre Mitwirkung zugesagt haben. Die Nachmittagsvorstellung am gleichen Tage kann infolgedessen erst um 4 Uhr, die Abendvorstellung erst um 8 Uhr beginnen. Das neue Ballet „Unter den Linden“ von Benno Jacobson, Musik von Paul Linke, geht, wie schon mitgetheilt, im Thea ter Unter den Linden zum ersten Mal morgen in Scene. Die Novität ringt im zweiten Akt das Bild der alten Straße ,Unter den Linden“

ausgesprochene Anerkennung der Noth und der erforder⸗ lichen Abhilfe und ihre Versicherung der Treue und Dankbarkeit gegen Mich dadurch bethätigen möchten, daß sie die sich jetzt darbietende Gelegenheit zu einem großen gemeinsamen Liebes⸗ und Friedens⸗Werke der Kirche, der Stadt und ihrer Bewohner gern benutzen, um die mit gegenseitigem versöhnlichen Entgegenkommen und mit gutem Willen leicht zu beseitigenden Schwierigkeiten und Mißverständnisse heben zu helfen, aus denen durch die Versäumnisse vieler Jahrzehnte die kirch⸗ lichen Nothstände unserer Hauptstadt erwachsen sind. Ich richte des⸗ halb an die Stadtverordneten die Bitte, daß Sie dieses bedeutsame Friedenswerk, diesen Meinen sehnlichsten Wunsch für Berlin fördern und erfüllen, indem Sie aus Ihren reichen Mitteln, durch welche Sie sich um das herrliche äußere Aufblühen unserer Hauptstadt große Ver⸗ dienste erworben haben, sich jetzt auch um die heiligste und wichtigste Lebensaufgabe, um das innere Erblühen des religiösen Lebens verdient machen und die Kirchennoth beseitigen helfen, die Bildung von Ge⸗ meinden und damit die Erweckung des Gemeindelebens ermöglichen und so einen unserer Stadt gefahrdrohenden Streit durch eine wür⸗ dige und schöne That abwenden. Neues Palais, den 4. November 1896. Auguste Pietyoria, I1. R..

Köpenicker Landstraße aus. Auf die öffentliche folgte eine geheime

Sitzung.

Das Comité, welches sich, wie s. Zt. mitgetheilt, gebildet hat,

um am 22. März 1897, dem hundertsten Wilhelm's I.,

Geburtstage Kai in der Reichs⸗Hauptstadt eine der Hepeutler

dieses Tages entsprechenee Gedächtnißfeier unter Theilnahme

der ganzen

Bewohnerschaft zu veranstalten,

wendet, sich, nach⸗

dem aus allen Volkskreisen und Berufsklassen dem Comité bereitwillig Zusagen zur Mitwirkung bei den beabsichtigten festlichen Veranstal⸗ tungen zugegangen sind, nunmehr mit einem Aufruf an die Berliner Bürger. Es wird darin die Bitte ausgesprochen, durch zahlreiche Zu⸗ wendungen von Beiträgen zu einer wahrhast großartigen und würdigen

Feier dieses nationalen Gedenktages mithelfen erbeten

werden

zu wollen. Beiträge Deutschland,

an die Nationalbank für

Depositenkasse, SW., Belle Alliance⸗Platz 3.

Der „Verein für Besserung der Strafgefangenen“

hielt am Monta unter dem Vorsitz Dr. Starke seine Monatspersammlung ab.

us der Fridericianischen Zeit. Außer dem verstärkten Balletkorps

irken fast alle Operettenkräfte mit.

1 Im Thalia⸗Theater (vormals Adolph⸗Ernst⸗Theater) wird eemnächst ein vieraktiger Schwank von Maxime Boucheron „Zwei

Schwiegersöhne“ (Surnuméraire), deutsch von Max Schönau, vor⸗ Voraufgehen soll demselben eine Art Vaudeville in einem Atkt aus dem Englischen von Adrian Roß: „Das Wetterhäuschen“. süernag des zur Zeit wieder auf dem Spielplan

stehenden Zeitbildes „Gebildete Menschen“ von Viktor Léon fand Der Darsteller des Kommerzial⸗Raths, Leopold Deutsch, wurde besonders ausgezeichnet.

bereitet. Die gestrige Au den lebhaften Beifall des gut besuchten Hauses.

Im Zentral⸗Theater geht am Sonntag

3 Uhr das moderne Drama „Wohlthäter“ von Mavx Halpern erst⸗ malig in Scene. Billets zu dieser Vorstellung sind an der Kasse des

Theaters auch im Vorverkauf zu haben.

Im nächsten, IV. Philharmonischen Konzert unter Arthur die Nikisch's Leitung (am 30. November) tritt die Klaviervirtuosin Sophie Menter nach längerem Zwischenraum zum ersten Mal wieder in Berlin auf; die Künstlerin bringt Beethoven’'s Es-dur-Konzert zum Von orchestralen Werken gelangen eine Haydn'sche Sym⸗ phonie (D-dur), Wagnen's Tannhäuser⸗Ouperture zur Aufführung, ferner als Novität des Abends, die symphonische Dichtung „Also sprach Diese Komposition ist unter dem Eindruck des bekannten gleichnamigen Werkes von Friedrich Nietzsche Der Kartenverkauf findet bei Bote u. Bock statt.

In dem am Montag stattfindenden Konzert des Phil⸗ des gelangt das Oratorium 8

Vortrag.

Zarathustra“ von Richard Strauß. entstanden.

harmonischen Chors Carissimi zur Aufführung.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten gelangte zunächst folgendes, an dieselben gerichtete Dankschreiben Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin zur Verlesung:

„Ich habe die Versicherungen der Treue und Ehrfurcht von seiten der Stadtverordneten zu Meinem Geburtstag mit Dank entgegen⸗ Mich freut das Interesse, welches Mir die Staͤdt⸗ verordneten für die Bestrebungen aussprechen, welche Ich zur Linderung von Noth und Elend und zur Hebung des sittlichen und materiellen Wohls der Bewohner unserer Stadt und des Landes gefördert habe. Sollen aber

genommen.

diese Bestrebungen, an welchen sich Tausende von

gern, Frauen und Jungfrauen aller Kreise in opferbereiter Nächsten⸗ liebe wetteifernd betheiligt haben, weiter gedeihen, soll vor allen Dingen, was Mir am meisten am Herzen liegt, das sittlich⸗religiöse Leben unseres Volkes, namentlich in der Reichshauptstadt, weiter gehoben und gefördert werden, so ist es nöthig, ichie heilenden und reicher Dafür müssen Opfer von allen Seiten gebracht Wunsch die von

versöohnenden Kräfte des Christenthums und zu stärken. werden. Es

Hoffnung,

inniger

ist derhalb Mein Stadtverordneten

bestimmte daß die

betreffend die Ausführung von

hauses Nr. 4 an den in dem Kostenanschlage 21 000 zur Verfügung. lung die Beschlußfassung

Nachmittag um

Zahlen der Monate des Stadtverordneten

Herausgabe eines Werks

soldeten Stadtraths.

Apotheker Selberg,

Krüger

mann Hermann Der auf

1“ tadtverordneten „Jephta“ von die Uebernahme der und Baupolizei, sowie der

der Ausstellung benutzten Terra

Berliner Bür⸗

vorzulegen. Mit der

zu entfalten forderlichen Fläche erklärte sich

und Meine leuchtung der Straßenecken

ihnen

Nach Verlesung dieses Dankschreibens erstattete der Stadt⸗ berordnete Liebenow namens des 11“ 1 noch der inneren Ausgestaltung bedürfe und die behälterhauses. Auf seinen Antrag erklärte mit der Ausführung der Vorarbeiten zum der Fichtestraße nachgewiesenen Dagegen über den Gasbehälterhauses davon abhängig, daß der Magistrat zur Zeit der Beschlußfassung über die definitive Vorlage die jetzt dem Ausschuß vorgelegten durch Hinzufügung der entsprechenden 8 ktober d. J ergänze. Ferner erklärte sich die Friedländer

gegen eine Entschädigung von 20 900 der Verlagsbuchhandlung J. Springer übertragen werde, und schritt darauf zur Wahl eines unbe⸗ Von den abgegebenen 112 Stimmzetteln waren 9 unbeschrieben und deshalb ungültig. 61 Stimmen fielen auf den êpe 41 ““ ö“ Ersterer ist somit zum unbesoldeten Stadtrath grwählt. Mit der B ünf Passagiere leicht v F Weiterverpachtung des Markistättengeldes in Berlin an den Kauf⸗ Pür und fünf Passagiere leicht verletzt worden. Der Schaffner erklärte sich die der Tagesordnung stehende Antrag Stadthagen und Sicherheits⸗,

Feuerwehr in die städtische Ver⸗ waltung wurde, da der Antragsteller behindert war, seinen Antrag zu begründen, abgesetzt und bis zur nächsten Sitzung vertagt. WMe Vorlage, betreffend die Veranstaltung von Vorlesun en über Elektro⸗ technik, wurde angenommen. Die Vorlage, betreffend die Ver⸗ miethung des in Treptow ee als Vergnügungspark während eine ns,

ordneten Bracke einem Ausschusse zur Vorberathung überwiesen, ebenso die Vorlage, betreffend die Aufhebung der Bauplatzneuer, Er⸗ weiterung der Umsatzsteuer und Abänderung der Steuerordnungen, und diejenige, betreffend die Errichtung zweier Armenämter. Mittheilung des Magistrats, daß die Große Berliner Pferdebahn⸗ Gesellschaft die Verbreiterung der damer Platz und Lützowstraße auf nahm die Versammlung Kenntniß. Magistrat, ihr vor Ausführung das Projekt zur Beschlußfassung Erwerbung der zur Grunerstraße von dem Grundstücke Neue Friedrichstraße 18/19 er⸗

ebenso sprach sie die nachträgliche Bewilligung der Kosten für Be⸗ von der Wiener⸗Brücke bis zur Loh⸗ mühlenstraße und von dieser durch den Schlesischen Busch nach der

Zentralstelle

sich die Versammlung erfolgen

Bau des Gasbehälter⸗ einverstanden und stellte Kostenbedarf von machte die Versamm⸗ definitiven Bau des

haben sich, dem

bis Januar k. J. einschließlich Leuten erhalten.

Versammlung nach einem Bericht damit einverstanden, daß über die Brücken Berlins

Versammlung ein⸗

betreffend

Genossen, Gesundheits⸗

Markt⸗, Mitschuldige,

liche wurde auf Antrag des Stadtver⸗ senkung

Von der Gefängniß. Potsdamer Straße zwischen Pots⸗ ihre Kosten vorzunehmen habe,

Gleichzeitig ersuchte sie den schaften

Verlängerung der

die Versammlung einverstanden; 7

davon Mittheilung, stelle des gesammten Fürsorgewesens der

vora ussichtlich mit werde. referierte über die Thätigkeit desselben. Seit dem 1. Januar dieses Jahres Bericht zufolge, gemeldet 3274, und 2915 von diesen sind in Arbeitsstellen gebracht worden. gebern auf dem Lande liegen noch vor und konnten bisher nicht be⸗ rücksichtigt werden. entlassene zu verhältnißmäßig gutem Lohn angenommen, ebenso hat der Besitzer einer Kiesgrube auf sein Verlangen einen Transport von

örner⸗Chemnitz wurde getödtet.

Hamburg, 12. November. gann vorgestern der Prozeß gegen den Architekten Foßhag wegen des Hauseinsturzes auf der welchen zehn Personen getödtet und acht verletzt wurden. Der Maurermeister Raßmussen, hat sich der strafgericht⸗ lichen Verfolgung durch die Flucht nach Transvaal entzogen. Sachverständige einig,

sturzes gewesen, stimmig festgestellt, daß die Pfeiler zu schwach und überhaupt durch⸗ aus fehlerhaft ge verurtheilte das Landgericht den

Belgrad, Moravathal ist infolge einer großen Ueberschwemmung gänzlich unterbrochen; die Bahndämme sind an mehreren Stellen zerstört, die Straßen unbrauchbar, an der Drina und Morava stehen unter Wasser. sind die Häuser eingestürzt; der Telegraph ist an mehreren Stellen zerstört, doch sind die Hauptlinien intakt. und Wien konnte heute nicht weiter befördert werden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

9. d. M., im Sitzungssaale des Landgerichts I

des Wirklichen Geheimen Ober⸗Justiz⸗ Raths Der Vorsitzende machte daß die angestrebte Organisation einer Zentral⸗ Provinz Brandenburg Eröffnung der Beginn des nächsten Jahres

Der Vorsteher des Arbeitsnachweise⸗Bureaus

Ca. 350 Gesuche von Arbeit⸗ Eine Kohlengrube hat auf ihr Gesuch 20 Straf⸗

Kaufleute und Industrieller Abends 8 Uhr (im großen rhofs“*) Herr Professor Dr. Lassar den bereits an⸗ Das Thema

Im Verein Berliner wird am Müttmach, den 18. November, Saale des „Kaise gekündigten Vortrag vor Herren und Damen halten. lautet: „Das medizinische Studium der Frauen“.

„Gera, 12. November. Bei einem Eisenbahnzusammenstoß bei Weißenborn sind, wie die

„Geraer Zeitung“ meldet, sechs Der Materialschaden ist bedeutend.

Vor dem hiesigen Landgericht be⸗ Uhlenhorst am 6. März d. J., durch

Sämmt⸗

waren, dem „W. »T. B.“ zufolge, daß die anfangs vermuthete Annahme, des Fundaments sei die Ursache des Ein⸗

ganz ausgeschlossen sei. Als Ursache wurde ein⸗

baut worden waren. Nach dreitägiger Verhandlung Architekten Foßhag zu 2 ½ Jahren

12. November. Der Eisenbahnverkehr im

die Brücken abgerissen, Städte und Ort⸗ In Uhzice

Die Orientpost von Paris

vom 13. November, Morgens.

I Wetter.

Wetterberi

02α

90 SS 8

40°R.

Wind.

Stationen.

Temperatur 0 C.

d. Meeressp.

Bar. auf 0 Gr. red. in Millim.

n. 5

*

Belmullet. . 751 Aberdeen 754 Christiansund 758 Kopenhagen. 766 Stockholm. 765 Haparanda. 762 Moskau 752 Cork, Queens⸗

toww 754 Cherbcurg. 759

. 7653 Hamburg 765 Swinemünde 766 Neufahrwasser 765 Memel 764 Münster. 762 NO Karlsruhe. 762 NO Wiesbaden 763 München 763 O Chemnitz 766 S Berlin 766 OSO Wien 767 NNO Breslau 767 SO 2 Dunst —— Triest 762 ONO 2 Dunst 8

¹) Nachts Regen, Dunst. ²) Reif. ³) Nachts Reif. ⁴) Reif. ³) Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Maximum, welches gestern über Frankreich lag, hat sich ostwärts nach Ostdeutschland verlegt, während nordwestlich von den Hebriden ein tiefes Minimum erschienen ist, welches seinen Ein⸗ sluß bereits über die Britischen Inseln ausgebreitet

hat. In Deutschland, wo seit gestern Regen ge⸗ jallen ist, ist das Wetter ruhig, stellenweise heiter

und kalt; nur in den südlichen Gebtetstheilen liegt

die Temperatur über dem Mittelwerthe. Die Frost⸗ grenze verläuft am Morgen von Neufahrwasser über Münster nach Wien; in Nord⸗ und Mittel⸗ schweden, sowie im nördlichen Rußland herrscht strenge Kälte. Auffrischen der südwestlichen Winde bei trüber Witterung und Erwärmung, zunächst für Nordowestdeutschland, wahrscheinlich.

Deutsche Seewarte.

bedeckt 8 bedeckt hbedeckt wolkig wolkenlos siß Dunst bedeckt

b“ in ° Celsius

Regen heiter Nebel halb bed. Nebel bedeckt ¹) 9 wolkig ²) heiter³)

2 wolkenl. ⁴) 3 wolkenlos bedeckt bedeckt5) wolkenlos bedeckt wolkenlos 1

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ aus. 225. Vorstellung. Hänsel und Gretel.

ärchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humper⸗ dinck. Text von Adelheid Wette. In Scene gesetzt

vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. Zum 200. Male: Ca⸗ valleria rustienna. (Bauern⸗Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von G. Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 254. Vorstellung. Letzte Liebe. Lustspiel in 5 Aufzügen aus dem Ungarischen des Ludwig Dôczi. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Marx Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 226. Vorstellung. Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Akten von Carl Maria von Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung August Apel's). Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 255. Vorstellung. Faust von Wolfgang von Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die zur Handlung gehörende Musik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Joseph von Lind⸗ paintner. Anfang 7 Uhr.

Neues Opern⸗Theater Kroll. Abends 7 ½ Uhr: Wohlthätige Franen. Der Billet⸗Verkauf zu dieser Vorstellung findet heute und morgen von 9—10 Uhr und von 10 ½ 1 Uhr im Königlichen Schauspielhause statt. Preise der Plätze: 3, 2, 1,50 und 75 ₰. Aufgeld wird nicht erhoben.

Deutsches Theater. Sonnabend: Morituri. (Teia. Fritzchen. Das Ewig⸗Männliche.)

Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Hannele’s Himmelfahrt. Vorher: Ohne Liebe. Abends 7 ½ Uhr: Freiwmöd(.

Montag: Freiwild.

Berliner Theater. Sonnabend: Renaissance. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nochmittags 2 ½ Uhr: König Heinrich.

Montag: Renaissance.

Lessing-⸗Theater. Sonnabend: Die goldne Eva. (Georg Engels als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.

Fernäac, Nachmittags 3 Uhr: Vorstellung zu volksthümlichen Preisen Parquet 2 —: Das Einmaleins. Abends 7 ½ Uhr: Die goldne Eva. (Georg Engels als Gast.)

(Jenny Groß.)

Montag: Masken. Untreu.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum ersten Male: Ehefesseln. (Les Tenailles.) Schauspiel in 3 Akten von Paul Hervieu. Für die deutsche Bühne bearbeitet von Dora Laudé. Vorher: Ein delikater Auftrag. Lustspiel in 1 Akt, nach dem Französischen von

A. Ascher. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag : Ehefesseln. Vorher: Ein delikater

Auftrag.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Bock⸗ Schwank in 3 Akten von Paul Hirsch⸗ erger und C. Kraatz. Vorher: Die sittliche Focperans. Komödie in 1 Alt von Otto Frich

artleben. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Bocksprünge. Vorher: Die sitt · liche Forderung.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Der Hüttenbesitzer. Schauspiel in 4 Akten von Georges Ohnet.

Montag: Bocksprünge. Vorher: Die sittliche Forderung.

Schiller⸗Theater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Demetrins.

Theater des Westens. Kanistraße 12. (Bahn⸗ hof Zoologischer (Garten.) Sonnabend: Treue. Schauspiel in 4 Akten von Alexander von Roberts. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, 15. November, Mittags 1 Uhr: Matinée zum Besten des unter dem Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden Wohlthätig⸗ keits⸗Vereins „Frauenhülfe“. Nachmittags 4 Uhr: Bei halben Preisen: Maria Stuart. Abends 8 Uhr: Trene.

In Vorbereitung: Schiedsmann Hempel. Volks⸗ stück mit Gesang in 4 Akten von Julius Keller und Louis Herrmann.

Montag: Maria Stuart.

Theater Unter den Linden. Heirenstr. 5/57. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Re⸗ quisiten: Zum ersten Male: Unter persönlicher Leitung des Komponisten. Unter den Linden. Balletphantasie in 3 Akten von Benno Jacobson. Musik von Paul Lincke. Der choreographische Theil arrangiert und einstudiert von Greco Poggiolesi. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Ermäßigte Preise der Plätze. Die Tageskasse ist täglich von 10—2 Uhr geöffnet. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Die Fledermaus. Operette in 3 Akten von Meilhac und Halévy Musik von Johann Strauß. 7 ½ Ühr: Zum zweiten Male: Unter den

nden.

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernst⸗Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann. Sonnabend: Gebildete Menschen. Wiener Volks⸗ stück in 3 Akten von Viktor Léon. Anfang 7 Uhr:

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Prima Ballerina. Abends 7 ½ Uhr: Gebildete

Menschen. In Vorbereitung: Das Wetterhäuschen. or no.) Zwei Schwiegersöhne!

Surnuméraire.)

Zentral⸗Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Richard Schultz. Sonnabend: Emil Thomas g. G. Eine wilde Sache. Große burleske Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern von Julius Freund und W. Mann⸗ städt. Musik von Jultus Einödshofer 7 ½ Uhr.

Sonntag: Eine wilde Sache.

Konzerte. Konzerthaus. Karl Meyder⸗Konzert.

Sonnabend: 8. Operetten⸗ und Walzer⸗Abend.

Mittwoch, den 18. November, Abends 7 ½ Uhr: Geistliches Konzert, unter gefälliger Mitwirkung der Kornzertsängerinnen Fräulein Fridrichowicz. Fräulein Kühlich, Fräulein Mayer. Billeets à 2 ℳ, 1,50 und 1 im Bureau des Hauses.

V. Klavier⸗Abend von Jos. Sliwinski.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elise von Harder mit Hrn. Rechts⸗ anwalt und Sec. Lieut. d. R. Dr. jur. Paul Langemak (Stralsund). Frl. Marianne Rie⸗ mann mit Hrn. Pastor Dr. Johannes Burckhardt (Magdeburg).

Verehelicht: Hr. Prem⸗Lieut. Fritz Stielow mit Frl. Laura Heye (Hildesheim). Hr. Ge⸗ richts⸗Assessor Dr. Friedrich Milch mit Frl. Lies⸗ beth Freund (Breslau).

Hrn. Major Frhrn.

Geboren: Ein Sohn: von Hanstein (Potsdam).

Gestorben: Verw. Fr. Stadtrath Clara Volckart, geb. Albrecht (Berlin). Emma Freifr. Schenk zu Tautenburg, geb. von Platen (Göͤrbersdorf). 3 Lieut. a. K. Carl Zehe (Adelsdorf i. Schl.)

r. Hauptmann Oscar von Strombeck (Brom⸗ berg). Hr. Kanzlei⸗Rath easuer Spieker⸗ mann (Müncheberg, Mark). Verw. Fr. Ritter⸗ gutsbesitzer Johanna Engel, geb. Viertel (Breslau). Hr. Senats⸗Präsident am Kammerge icht, Ge⸗ heimer Justiz⸗Rath Rudolf Bauck⸗(Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei nnd Verlags⸗

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (einschließlich, Börsen⸗Beilage).

ggagesordnung: Gesetzentwurfs,

8

8 8 Saal Bechstein. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr:

Deutscher Reichstag. 8

122. Sitzung vom 12. November 1896, 1 Uhr.

Fortsetzung der zweiten Berathung des betreffend Abänderung und Er⸗ Gerichtsverfassungsgesetzes und

gänzung des 8 bei § 62 des Gerichts⸗

er Strafprozeßordnung, verfassungsgesetzes. Ueber den Anfang der Sitzung wurde in ummer des Blattes berichtet.

Nach dem Abg. von Strombeck (Zentr.) nimmt zur Begründung seines in Gemeinschaft mit dem Abg. Freiherrn von Manteuffel (d kons.) gestellten Antrages das Wort der

Abg. Dr. von Buchka (d kons.): Unser Antrag hatte auch die Besetzung der Strafkammern mit drei Richtern zur Voraussetzung. Ein ausreichender Grund, gegen die Assessoren in dieser Weise vor⸗ zugehen, liegt durchaus nicht vor; die Vorwürfe, die gegen sie er⸗ hoben wurden, sind durchaus unberechtigt. Die Annahme des Kom⸗ missionsbeschlusses würde die kleinen, schwach besetzten Landgerichte für den Fall einer unvorhergesehenen Behinderung eines Landrichters voll⸗ ständig matt setzen und den Geschäftsbetrieb unterbrechen. Die Scheingründe, die für den Zusatz sprechen, fallen aber bei der Strafkammern mit fünf Richtern vollständig weg. Ich empfehle die Streichung des Zusatzes und, wenn dies nicht beliebt wird, die Annahme des Eventualantrags Günther.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.): Vorwürfe gegen die Assessoren im allgemeinen sind nicht berechtigt; die Richter sind ja alle einmal Assessoren gewesen. Aber die garantierte Unabsetzbarkeit der Richter hat doch auch ihre Bedeutung. Die Annahme des Antrags Munckel würde meinen Antrag überflüssig machen. Aber die Drohung, daß dadurch die Vorlage gefährdet sei, hindert mich jetzt, irgend welche Konzessionen zu machen, weil zwischen der zweiten und dritten Lesung wahrscheinlich mit Hochdruck gearbeitet werden wird. Für das Drei⸗ Männer⸗Kollegium möchte ich heute noch keine Konzessisnen machen. Wird aber in der dritten Lesung das Fünf⸗Männer⸗Kollegium aufrecht erhalten, so bin ich zu dieser und zu anderen Konzessionen bereit. Jetzt trete ich für den Kommissionsbeschluß ein.

Abg. Dr. Pieschel (nl.) kommt auf die Verhandlungen der Kom⸗ mission zurück. In der ersten Lesung sei das Wort „regelmäßig“ hineingekommen, und es habe in der zweiten Lesung ein Mitglied der Kommission den Antrag gestellt, über dieses Wort gesondert abzu⸗ stimmen. Es hätten zehn gegen zehn Stimmen gestanden; der Vor⸗ sitzende habe aber nicht die Ablehnung des Worts erklärt, sondern dessen Aufrechterhaltung. Er, Redner, habe in der Kommission Protest dagegen erhoben und müsse den Protest hier wiederholen. Stimmen⸗ gleichheit gelte als Ablehnung doch nur, soweit es sich um Ab⸗ änderung eines bestehenden Zustandes handele. Das Haus sollte den Fehler der Kommission wieder verbessern und den Antrag Günther oder einen der anderen Anträge annehmen. Die vollständige Aus⸗ schließung der Assessoren würde bei plötzlicher Erkrankung eines Rich⸗ ters und ähnlichen Zufällen zum Ausfall der Sitzung führen und das Publikum schädigen. Mindestens für die dringendsten Fälle müsse die Zulassung der Assessoren ermöglicht werden; er behalte sich vor, eventuell in der dritten Lesung einen besonderen Antrag einzubringen, wenn jetzt eine Aenderung nicht beliebt werden sollte.

Abg. Beckh (fr. Volksp.): Ich halte das in der Kommission beliebte Abstimmungsverfahren für durchaus richtig und trete für die NCT“ Kommissionsbeschlusses ein, daß nur ordentliche, fest angestellte Richter urtheilen dürfen. Dieser Zustand besteht in Bayern, und mit dem anderweitigen Zustand, mit dem System der Hilfsrichter, ist man in Preußen nicht gerade sehr zufrieden gewesen; ein Nothschrei verlangte früher die Beseitigung des Hilfsrichterthums und solche Nothzeiten könnten leicht wiederkehren. 8

Justiz⸗Minister Schönstedt: 8

Meine Herren! Während die ersten Redner des heutigen Tages einschließlich des Herrn Referenten nach dem materiellen Inhalt ihrer Ausführungen wohl den Boden des Kommissionsbeschlusses im wesent⸗ lichen aufgegeben haben, ist es der Herr Abg. Beckh gewesen, welcher die Aufrechthaltung dieses Beschlusses unter allen Umständen bei Ihnen befürwortet hat. Ich sehe mich deshalb genöthigt, vom Standpunkt der verbündeten Regierungen aus gegen diese Ausführungen einige Bemerkungen zu machen. Ich darf zunächst die Erklärung abgeben, daß die verbündeten Regierungen in derselben Stärke, möchte ich sagen, wie wohl dieses Haus den lebhaften Wunsch haben, alle Strafgerichte nur mit ständigen Mitgliedern zu besetzen, und ich kann hinzusetzen, daß das Bestreben der Justizverwaltungen, jedenfalls der preußischen Justizverwaltung, dahin gerichtet ist, diesen Grundsatz auch überall zur praktischen Durchführung zu bringen. Thatsächlich darf ich in dieser Beziehung vielleicht erwähnen, daß es z. B. hier beim Land⸗ gericht I in Berlin, das ja eine sehr große Zahl von Strafkammern hat, gelungen ist, für das laufende Geschäftsjahr die sämmtlichen Strafkammern lediglich mit ständigen Mitgliedern des Landgerichts zu besetzen. Meine Herren, das geht unter normalen, regelmäßigen Verhältnissen; es läßt sich aber eine solche Besetzung nicht während des ganzen Laufes des Jahres aufrecht erhalten im Hinblick auf die zahllosen Störungen, die ganz von selbst überall bei jedem großen Kollegium eintreten. Nun, meine Herren, lediglich auf diesem Gesichtspunkt, auf der praktischen Undurchführbarkeit des Grundsatzes, den der Kommissionsbeschluß zum Gesetz für das ganze Gebiet des Deutschen Reichs erheben will, lediglich darauf beruht der Widerspruch, den die Bundesregierungen diesem Beschluß entgegen⸗ setzen. Es ist ja heute auch von finanziellen, von fiskalischen Gesichts⸗ punkten die Rede gewesen. Sie spielen dabei eine ganz untergeordnete Rolle, es ist das schon in der Kommission erklärt worden, und ich kann meinerseits erklären, daß ich bei dieser Frage auf den fiskalischen Gesichtspunkt überhaupt gar kein Gewicht lege, er tritt für mich vollständig zurück; es sind, wie gesagt, lediglich prak⸗ tische Gründe. In dieser Beziehung darf ich mir ein paar kurze Hinweise gestatten auf das, was bei uns geltendes Recht ist. Ich will Ihnen zunächst einmal praktische Fälle vorführen, für die der hier zur Diskussion stehende Paragraph in Wirksamkeit treten wird. Denken Sie sich einmal ein Landgericht, wie wir deren sehr viele haben, ein kleineres Landgericht an einem Orte, der nur ein Amts⸗ gericht mit 2 oder 3 Richtern hat. Ich glaube, daß beinahe ein Viertel der preußischen Landgerichte an solchen Orten ihren Sitz haben. Gehört nun an einem Landgericht, das vielleicht mit 8, 9 Mitgliedern besetzt ist, eines derselben dem Land⸗

der gestrigen

tag oder Reichstag an, so ist es während des größten Theiles

den 13. November

——

des Jahres abwesend, ein Mitglied ist längere Zeit krank, das pflegt sich auch fast alle Jahre bei einem größeren Kollegium zu ereignen, ein jüngeres Mitglied wird auf 8 Wochen zu einer militärischen Dienstleistung einberufen, vielleicht passiert dasselbe dem einen oder andern Amtsrichter des Orts nun, meine Herren, wie wollen Sie da, wenn nicht ein justitium eintreten soll, helfen? Die preußische Justiz⸗ verwaltung hat in solchen Fällen sich damit geholfen, daß sie den Landgerichten Hilfsrichter beiordnet, die zum größten Theil aus der Zahl der Assessoren genommen werden. Das Bedürfniß ist zu Zeiten ein außerordentlich lebhaftes. Ich kann Ihnen aus der Statistik dieses Sommers mittheilen, daß am 1. Juli bei den preußi⸗ schen Landgerichten 133 etatsmäßige Stellen zu verwalten waren auf Grund der Behinderung oder des Fehlens ihrer etatsmäßigen Inhaber, und daß gleichzeitig 62 Hilfsrichter zur Aushilfe bei den Landgerichten verwendet werden mußten. Der Ersatz für diese fehlenden Kräfte war damals in der Weise den Landgerichten gewährt, daß zur Ver⸗ waltung etatsmäßiger Richterstellen 14 Amtsrichter, zur Aushilfe gleichfalls 14 Amtsrichter einberufen waren, daß dagegen die übrigen Stellen es waren also im Ganzen 167 durch Ge⸗ richts⸗Assessoren verwaltet wurden. Nun denken Sie sich, daß auch diese 167 Stellen nur durch Amtsrichter verwaltet werden sollen, woher wollen Sie die Amtsrichter nehmen? Es ist schon vom Herrn Abg. Günther darauf hingewiesen worden, daß eine Verpflich · tung der Amtsrichter, zu dauernden Vertretungen bei einem Land⸗ gericht sich einberufen zu lassen, nicht besteht. Eine reichsrechtliche Verpflichtung des Amtsrichters, beim Landgericht einzutreten, giebt es überhaupt nicht. Für Preußen ist durch das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz in beschränktem Umfange eine solche Verpflichtung statuiert, und zwar, wie schon vorhin erwähnt wurde, dahin, daß die Amtsrichter verpflichtet sind, zu einzelnen Sitzungen oder einzelnen Geschäften beim Landgericht einzutreten. Nun dürfen Sie nicht etwa annehmen, daß es leicht sein würde, eine so große Zahl von Hilfsrichtern und Stellvertretern an den Landgerichten aus den Kreisen der Amtsrichter zu gewinnen. Meine Herren, die Neigung der Amtsrichter, zu solchen vorübergehenden Beschäftigungen bei den Landgerichten einzutreten, ist keineswegs groß, und noch vor einigen Monaten ist mir von einem Ober⸗Landesgerichts⸗ Präsidenten gesagt worden, daß er die größten Schwierigkeiten habe, einen geeigneten Amtsrichter in seinem Bezirk bereit zu finden zur vorübergehenden Verwendung bei dem Landgericht. Die Erklärung hierfür liegt außerordentlich nahe; die meisten Herren würden genöthigt sein, sich von ihrer Familie zu trennen, der pekuniäre Gewinn, den sie dabei machen, ist ein sehr geringer, vielleicht kommen sie nicht einmal auf ihre Kosten, wenn sie doppelte Wirthschaft, eine für die Familie und eine für sich selbst, halten müssen. Auch die Beschäftigung bei den Landgerichten ist keineswegs eine angenehmere als bei den Amtsgerichten. Sehr viele Amtsrichter haben ferner garnicht den Wunsch, sich von den ihnen liebgewordenen Geschäften ihres Gerichts loszumachen und vorübergehend ihre Geschäfte fremden Händen zu überlassen auf die Gefahr hin, daß sie dann dieselben nicht in dem Zustande wiederfinden, in dem sie sie verlassen haben.

Das sind also praktische Schwierigkeiten, meine Herren, und damit allein haben wir hier zu rechnen.

Nun hat uns der Herr Abg. Beckh gesagt, in Bayern käme man darüber hinweg, und deswegen müsse das in Preußen auch möglich sein. Ja, meine Herren, die Verhältnisse in Bayern liegen doch in vielen Beziehungen anders wie bei uns, und ich glaube kaum, daß dem größeren Staate zugemuthet werden kann, sich nun einfach nach bayerischem Muster einzurichten. Wenn ich die Ausführungen des Herrn Abg. Beckh richtig verstanden habe, so würde man darauf hinauskommen müssen, für jedes Landgericht eine gewisse Zahl von Reserverichtern anzustellen für außerordentliche Bedürfniß⸗ fälle, und das ist doch ein Schritt, zu dem wir überzugehen uns nicht entschließen würden.

Nun hat der Herr Abg. Beckh gesagt: unsere bayerischen Rechts⸗ praktikanten beschäftigen wir ja auch, und der Gesichtspunkt, daß die Assessoren in Preußen ihre Beschäftigung haben müssen, kann deshalb doch nicht durchschlagend sein, er nöthigt nicht dazu, daß man sie als Hilfsrichter bei den Landgerichten nimmt. Meine Herren, die bayerischen Rechtspraktikanten unterscheiden sich wesentlich von unseren preußischen Assessoren. Sie haben überhaupt keine Richterqualität; nach dreijährigem Vorbereitungsdienst haben sie allerdings eine Prüfung bestanden, die ihnen theoretisch die Qualifikation verleiht, später als Richter angestellt zu werden, aber auf Grund dieser Prüfung sind sie noch nicht zur Anstellung be⸗ fähigt, soweit ich die Verhältnisse kenne; sie haben zum Beispiel für das Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch keine Gelegenheit gehabt, sich auszubilden, und auf diesem Gebiet wird ihre Thätigkeit sich lediglich darstellen als Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes. Sie stehen auch garnicht unter dem gesetzlichen Schutz, den unsere Gerichts⸗Assessoren haben. Unsere Assessoren haben volle Richter⸗ qualität in Bezug auf die Frage der Absetzbarkeit. Die Rechts⸗ praktikanten werden, wie aus den Ausführungen des Herrn Abg. Beckh hervorgegangen ist, in einem Dienst beschäftigt, den wir in Preußen wenigstens zum theil einen Subalterndienst nennen wuͤrden. Meine Herren, das widerspricht so sehr unseren preußischen, historisch gewordenen Anschauungen, daß daran garnicht zu denken ist, daß wir je etwas Aehnliches bei uns einführen werden.

Nun besteht in Bayern noch eine andere Einrichtung, die wir nicht kennen. Es werden dort Richter, die voraussichtlich auf längere Zeit erkrankt sind, zeitweise zur Disposition gestellt, ledialich durch die Bestimmung des Ministers; ich glaube dies wenigstens, und bitte mich zu berichtigen, wenn ich etwas Ungenaues anführe. Nach einem Privilegium, was ich unseren Richtern gönnen möchte, was wir aber nicht haben, werden sie zur Disposition gestellt mit vollem Gehalt, ganz gleichgültig, in welchem Dienstalter sie sind; die dadurch frei gewordenen Stellen werden wieder besetzt und müssen wieder besetzt werden.

Wenn der erkrankte Richter wieder gesund wird, dann muß er

eine Wiederanstellung gefallen lassen, aber seine frühere Stelle

und eine feste Anstellung ndlich zu bekommen.

Anzeiger.

1896.

hat er verloren, wenn es nicht der Zufall will, daß sie noch frei ist. Er muß es sich gefallen lassen, daß er bei einem anderen Gerichte zur Anstellung gelangt. Vielleicht mit Rücksicht hierauf hat der bayerische Justiz⸗Minister die Befugniß, überzählige Richter anzustellen, über den Etat, die zur Aushilfe dienen bei den Gerichten, wo solche Hilfe erforderlich ist. Auch diese Richter haben aber nicht die volle Recht⸗ stellung eines preußischen Richters. Wenn die Zeit abgelaufen ist, wenn das Bedürfniß weggefallen ist, zu dessen Deckung sie einem Gerichte beigeordnet waren, scheiden sie aus der Stellung aus; sie bleiben allerdings Richter das sind sie einmal geworden —, müssen es aber erleiden, daß sie einem Gerichte zugewiesen werden, wo wieder ein ähnliches Bedürfniß besteht, und es kann lange dauern, bis sie zur dauernden Anstellung an einem Ort gelangen. Dadurch unterscheiden sich die überetatsmäßigen Richter garnicht wesentlich von den unseren Gerichten als Hilfsrichter zugewiesenen Assessoren. Wir haben die Bestimmung, daß diese Assessoren für die Dauer des Bedürfnisses wider ihren Willen nicht wieder aus ihrer Stellung abberufen werden können. Dieser letztere Gesichtspunkt führt doch dahin, daß wir nicht sagen können, es sei eine große Gefahr damit verbunden, solche Assessoren einem Landgericht als Hilfsrichter auch für den Dienst in Strafkammern zuzuweisen. Ich kann bestätigen, was heute schon wiederholt hervorgehoben worden ist, daß die thatsächliche Erfahrung dagegen spricht, daß diese Hilfsrichter es irgend wie an der⸗ jenigen Selbständigkeit und Sicherheit in der Ausübung ihres Amts fehlen lassen, die von einem ständig ange⸗ stellten Richter als selbstverständlich vorausgesetzt wird, und ich kann auch nur bestätigen, daß diese Hilfsrichter vielfach ihre besondere Ehre und ihren Ruhm darin suchen, sich durch die energische Vertretung ihrer, wenn auch von derjenigen des Vorsitzenden abweichenden An⸗ sichten hervorzuthun und daß sie an denselben nicht selten mit größerer Hartnäckigkeit festhalten als ein in seinem Amt bequem gewordener Richter. Mir ist auch kein Fall bekannt, daß ein solches Festhalten jemals einem Assessor zum Nachtheil gereicht hätte.

Wenn hier wiederum das Wort „Streber“ und „Streberthum“ gefallen ist ich würde nicht darauf kommen, wenn es nicht von anderer Seite geschehen wäre —, so darf ich sagen, es mag ja auch Streber in der Justiz geben Streber giebt es überall —, aber das Eine kann ich behaupten, sie machen nirgends so schlechte Geschäfte, wie in der Justiz; sie werden deshalb, wie ich glaube, auch immer seltener, sie vermeiden es wenigstens, sich als solche erkennen zu lassen, und ein solcher Streber hat nichts davon, daß er das Geschäft in der Stille betreibt.

Das sind die wesentlichen Gründe, die für die preußische Re⸗ gierung es mehr als wünschenswerth, die es ihr als unabweisbares Bedürfniß erscheinen lassen, daß sie sich die Freiheit, deren sie sich bei der Gewährung von Aushilfen bei den Landgerichten erfreut, nicht nehmen lassen, sondern auch für die Zukunft behalten will. Wohin würden wir kommen, wenn diese Vorschrift Gesetz würde? Wir könnten ja nicht vollständig verzichten auf die Beschäftigung von Gerichts⸗Assessoren bei den Landgerichten, aber wir würden sie nur in den Zivilkammern beschäftigen können und es deshalb nach Möglichkeit vermeiden, solche Assessoren einem Landgericht zuzu⸗ weisen; denn ein Mitglied eines Kollegiums, das nicht in allen Beziehungen zur Verwendung gelangen kann, ist immer⸗ hin nur eine halbe Kraft, und es würde dadurch der Dienst ganz wesentlich beeinträchtigt werden. Nun, meine Herren, die praktischen Erschwerungen, die aus einer solchen Bestimmung hervorgehen würden, wie würden sie zurückwirken auf die zunächst Betheiligten, auf die Angeklagten? Denken Sie sich den Fall, den ich vorhin erwähnt habe, daß bei einem Gericht mehrere etatsmäßige Mitglieder plötzlich ver hindert wären, daß auch bei dem Amtsgericht nicht gleich Hilfe zu schaffen ist; denken Sie sich, wie sich die Kollegien in den Ferien gestalten, wo ja der Dienst in Strafsachen im Interesse der Ange⸗ klagten weiter geführt werden muß, wo man nicht langdauernde Unterbrechungen der Sitzungen eintreten lassen kann; denken Sie sich ferner, daß in den Sitzungen plötzlich angezeigt wird, ein Richter ist 8 erkrankt, oder es wird bei Beginn der Sitzung ein Richter mit Er⸗ folg abgelehnt, da wollen Sie die jetzt gegebene Möglichkeit er⸗ schweren, für solche Nothfälle auf die am Ort vorhandenen Assessoren zurückzugreifen? Wer hat den Schaden davon? Die Angeklagten, und dies in einer außerordentlich empfindlichen Weise. Also, meine Herren, unter diesen Gesichtspunkten kann ich Sie nur dringend bitten, dem Antrag zu folgen, den als prinzipalen Antrag der Herr Abg. Günther gestellt hat, und es demnach lediglich bei dem bestehenden Recht zu belassen. 8

Sächsischer stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Rath und General⸗Staatsanwalt Dr. Rüger: Im Königreich Sachsen liegen die Verhältnisse ebenso wie in Preußen. Wir können auch den Bedarf ohne Zubhilfenahme der Assessoren nicht decken. Finanzielle Gesichtspunkte sind nicht maßgebend, aber die Wiedereinführung der belastet die Einzelstaaten schon sehr, und in Bezug auf die Abschätzung der Mehrausgaben hierfür traue ich dem preußischen Finanz⸗Minister mehr als dem Justiz⸗Minister. Durch die feste Anstellung der Per⸗ sonen, welche sich jetzt als unbesoldete Assessoren nützlich machen, würden die Lasten noch bedeutend vermehrt. Nach dem Vorschlage der Kommission müßten die Assessoren überhaupt aus dem Justiz⸗ dienst und Staatsdienst ausscheiden, und wenn das Mißtrauen gegen ihre Beschäftigung begründet wäre, würde man sie schließlich weder in der Staatsanwaltschaft, noch in der Zivilkammer, noch in der eaee; Gerichtsbarkeit beschäftigen können. So würde eine ganze Reihe von Personen einer ungewissen Zukunft ee Die Assessoren würden sich dem Anwaltsstande zuwenden müssen; die Anzahl der Anwalte hat aber schon das Maß des Zweckmäßigen überschritten. Aus diesen Erwägungen sollte das Haus dem Kommissionsbeschluß nicht beitreten. Den Herren, welchen an dem Zustandekommen der Vor⸗ lage gelegen ist, möchte ich ans Herz legen, nicht Beschlüsse zu fassen, welche das Scheitern der Vorlage herbeiführen können.

Abg. Stadthagen (Soz.): Wie bedenklich das Assessorenthum ist, zeigt die Ablehnung des § 8 des Richtergesetzes in LvrE. weil sich dabei herausstellte, daß es bei der Anst⸗llung auf andere Dinge mehr ankommt als auf die wissenschaftliche Bildung. Da das Rechtsstudium meist ein Brotstudium ist, so ist es Sg

daß die Assessoren danach streben, wenigstens das kleine Richtergeha Wenn neben dem