1896 / 272 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Nov 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ludwigshafen, v. Winkler im 14. Inf. Regt. Hartmann, Hauck

Albert von Sachsen, Wölfl im 16. Infanterie⸗Regiment Großherzog Ferdinand von Toskana, Cramer, Niedermeier, Bauer im 18. Infanterie⸗Regiment

rinz Ludwig Ferdinand, zu überzähl. Pr. Lts., befördert.

ie Sec. Lts.: Frhr. v. Redwitz, Graf zu Castell⸗Castell, dieser kommandiert zur Equitationsanstalt, beide im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, Frhr. v. Eyb, Scherf, ersterer kommandiert zur Equitationsanstalt, beide im 2. Ulan. Regt. König, Raila, kommandiert zur Equitationsanstalt, im 1. Feld. Art. Regt. Prinz⸗Regent Luitpold, Föttinger, Dietz im 2. Feld⸗Art. Regt. Horn, Graf von Holnstein aus Bayern, v. Schleich im 3. Feld⸗Art. Regt. Königin⸗Mutter, v. Oel⸗ hafen, Heide mann im 4. Feld⸗Art. Regt. König, Maurer, kommandiert zur Kriegs⸗Akademie, im 5. Feld⸗Art. Regt., Mayer, Schroll im 1. Train⸗Bat., Dieminger im 2. Train⸗Bat., zu überzähl. Pr. Lts., befördert. Daumann, Oberst⸗Lt. u. Kommandeur des Landw. Bezirks Wasserburg, als Oberst; die Majore und Bats. Kommandeure: Ade im 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von

essen, Auracher im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Kraemer im

2. Inf. Regt. Prinz Arnulf, v. Spies, Major und etats⸗ mäßiger Stabsoffizier im 6. Chev. Regt. vakant Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, von Prielmayer Frhr. v. Priel, Major z. D., verwendet im Kriegs⸗Ministerium; die Majore z. D. und Bezirks⸗ Kommandeure: Böck in Ansbach, v. Oelhafen in Bamberg, Ritter Edler v. Willinger in Bayreuth, Hartmann in Landau, als Oberst⸗Lts.; die (Rittmeister) z. D.: Götzl, Bibliothekar bei der Armee⸗Bibliothek, von Fabris auf Mayer⸗ hofen, Bezirks⸗Offizier beim Bezirks⸗Kommando Erlangen, Edler v. Gäßler, als Majore, Adam Müller, Jakob Müller, Pr. Lts. a. D., als Hauptleute, charakterisiert. Nüßler, Major und etatsmäß. Stabsoffizier im 3. Chev. Regt. Herzog Karl Theodor, Menzel, Major à la suite des 2. Fuß⸗Art. Regts., kommandiert zur Insp. der Fuß⸗Art. und zugleich mit Wahrnehmung der Geschäfte des Direktors der ZEbT“ beauftragt; den Haupt⸗ leuten und Komp. Chefs: Graf v. Montgelas des Inf. Leib⸗Regts., Keim, Kollmann des 1. Inf. Regts. König, Pommer, Hüttner des 4. Inf. Regts. König Wilhelm von Württemberg, Burkhardt, Kohler des 6. Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Febbr. v. Reitzenstein, v. Lossow, Kirchgeßner des 7. çJnf.

egts. Prinz Leopold, Riedl, Hauptm. à la suite des 8. Inf.⸗ Regiments Pranckh und Adjutant bei der 10. Infanterie⸗Brigade; den Hauptleuten und Komp. Chefs: Wopperer des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Babinger des 11. Inf. Regts. von der Tann, Wülfert des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, Weichselbaumer, Hertinger, Dürr des 13. Inf. Regts. Kaiser Franz Joseph

im 15. Inf. Regt. Köni

von Oesterreich, Lohmann, Kiefer des 14. Inf. Regts. Hart⸗

mann, Schultz, Parst des 15. Inf. Regts. König Albert von Sachsen, Welsch, Danner des 17. Inf. Regts. Orff, Frhr. v. Junker u. Bigato des 19. Inf. Regts., Usselmann, Hauptm. und Battr. Chef im 1. Feld⸗Art. Regt. Prinz⸗Regent Luitpold; den Pr. Lts.: Schmidt des 5. Inf. Regts. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Lindner des 17. Inf. Regts. Orff, Epp des 19. Inf. Regts., kommandiert zur Kriegs⸗Akademie, Mannert des 1. Fuß⸗ Art. Regts. vakant Bothmer, Patente ihrer Charge verlieben. In der Gendarmerie. 7. November. Daffenreither, Hauptm. und Chef der Gend. Komp. von Nieder⸗Bayern, zum über⸗ zähl. Major, Eberhard, Sec. Lt. bei der Gend. Komp. von der Pfalz, Schröder, Sec. Lt. bei der Gend. Komp. von Schwaben und Neuburg, zu überzähl. Pr. Lts., befördert. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 30. Ok⸗ tober. Loë, Hauptm. und Komp. Chef vom 2. Pion. Bat., unter Verleihung der Aussicht auf Anstellung im Zivildienst, mit der esetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bis⸗ erigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Im Beurlaubtenstande. 26. Oktober. Ott (I r. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Strunz (Bamhberg), Pr. Lt. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, Hellräth (Aschaffen⸗ burg), Bergmann, Will (Hof), Pr. Lts. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

8 Im Sanitäts⸗Korps. 26. Oktober. Dr. Wunderlich (Würzburg), Assist. Arzt 1. Kl. von der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

3. Noyvember. Dr. Kapfer, Unterarzt des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, zum Assist. Arzt 2. Kl. in diesem Regt. befördert. Verfügun des General⸗Stabsarztes der Becker, dnjäͤhrig⸗freiwilliger Arzt des 2. Ulan. Regts. König, zum Unterarzt in diesem Regt. ernannt und mit Wahr⸗ nehmung einer offenen Assist. Arztstelle beauftragt. 1“

Beamte der Militär⸗Verwaltung.

8 1. November. Illinger, Bureaudiätar für den Registratur⸗ dienst der Intend. II. Armee⸗Korps, zum Registratur⸗Assist. dieser

Intend., Lechner, Kanzleifunktionär vom Generalstab, zum Kanz⸗

listen bei der Intend. II. Armee⸗Korps, ernannt. Gruber, Re⸗ süegatur.Afsif. bei derselben Intend., zum Registrator dieser Intend. efördert.

6. November. Porsch, Militäranwärter, Feldw. und Zahl⸗ meister. Aspir. des 14. Inf. Regts. Hartmann, bei der Garn. Ver⸗ walt. Würzburg, Wirsching, Militäranwärter und Zeug⸗Feldw. vom Art. Depot Augsburg, bei der Garn. Verwalt. Neu⸗Ulm, zu

Kasernen⸗Inspektoren ernannt.

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Korps.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere,. 4. November. Gansser, Pr. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, unter Enthebung von dem Kommando zur Dienstleistung bei der trigonometrischen Abtheilung der Landes⸗ aufnahme, bis auf weiteres zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt kommandiert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 9. No⸗ vember. Peeck, Sec. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, der Abschied ertheilt. 1 8

Kaiserliche Marine.

Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ leßungen; Neues Palais, 9. November. Wilde, Kapitän⸗Lt., auf die Dauer von zwei Monaten zur Dienstleistung beim Reichs⸗ Marineamt kommandiert.

Im Sanitäts⸗Korps. Neues Palais, 23. Oktober. Dr. Brunhoff, Marine⸗Ober⸗Stabsarzt 2. Kl., zum Marine⸗Ober⸗ Stabsarzt 1 Kl., Dr. Koch, Marine⸗Stabsart, zum Marine Ober⸗ Stabsarzt 2. Kl., beide unter Vorbehalt der Patentierung, Dr. Metzke, Marine⸗Assist. Arzt 1. Kl., zum überzähligen Marine⸗ Stabsarzt mit einem Patent vom 22. Mai 1826, Dr. Fröse, Marine⸗Assist. Arzt 2. Kl., zum Marine⸗Assist. Arzt 1. Kl., unter Vorbehalt der Patentierung, befördert.

Kaiserliche Schutztruppen. Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika.

Offiziere, anitäts⸗Offiziere ꝛc. Neues Palais, 10. November 1896. Hauptmann a D. und Oberführer v. Natz⸗ mer der Charakter als Major verliehen, Hauptmann a. D. und Kompagnieführer Frhr. v. Eberstein zum Hauptmann und Kompagnie⸗ Chef mit einem Patent vom 19. Oktober 1893, Premier⸗Lieutenants ag. D. und Kompagnieführer Johannes und Herrmann zu Haupt⸗ leuten und Kompagnie⸗Chefs mit einem Patent vom 25. Juli 1894, der Kapitän⸗Lieutenant a. D. und Kompagnieführer Fro mm zum uptmann und Kompagnie⸗Chef mit einem Patent vom 12. September 1895, Premier⸗Lieutenants a. D. und Kompagnieführer Leue, Langheld und Ramsay, Premier⸗Lieutenant a. D. und Kompagnie⸗Offizier v. Kleist zu ““ und Kompagnie⸗Chefs mit einem Patent vom 19. Oktober 1896, Second⸗Lieutenant a. D. und Kompagnie⸗ führer Prince zum Hauptmann und Kompagnie⸗Chef vorläufig ohne

Patent, Premier⸗Lieutenants a. D. und Kompasnie⸗Offiziere Schlobach, v. Wißmann, Brosig, Kielmeyer, Kollmann, v. Beringe, Engelbardt, Glauning, Jany, Charisius, v. Stocki, Fonck (August) Storch und Merker zu Premier⸗Lieutenants mit ihrem isherigen Second⸗Lieutenants a. D. und Kompagnie⸗Offiziere Fonck (Heinrich), v. Grawert, Kuhlmann, Schnorrenpfeil, Stadlbauer, Albinus, v. der Marwitz, von Stuemer, Graf Fugger v. Glött, Passavant, Braun, von Wulffen und v. Trotha zu Second⸗Lieutenants mit ihrem bisherigen Patent, Hauptmann a. D. und Kompagnicführer Fischer unter Stellung à la suite der Schutztruppe sür Deutsch⸗Ostafrika und gleichzeitiger Kommandierung zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt zum öö mit einem Patent vom 15. September 1892 ernannt,

ber.Stabsarzt zweiter Klasse a. D. und Chefarzt Dr. Becker der Charakter als Ober⸗Stabsarzt erster Klasse verliehen, Stabs⸗ arzt a. D. und Oberarzt Gärtner und Stabsarzt a. D. und Arzt Dr. Berg zu Stabsärzten mit ihrem bisherigen Patent, Assistenz⸗Aerzte erster Klasse a. D. und Aerzte Oll wig, Zupitza, Dr. Simon, Hösemann und Dr. Eggel zu Assistenz⸗ Aerzten erster Klasse mit ihrem bisherigen Patent, Assistenz⸗Arzt erster Klasse a. D. und Arzt Dr. Drewes zum Assistent⸗Arzt erster Klasse mit einem Patent vom 21. Januar 1896, Assistenz⸗Aerzte zweiter Klasse a. D. und Aerzte Dr. Meyer, Dr. Reinhard, Uuhl, Dr. Bludau, offt, Dr. tierling und Dr. Schreber zu Assistenz⸗Aerzten mit ihrem bisherigen Patent ernannt. Premier⸗Lieutenants Charisius und Storch auf ihr Gesuch das Kommando zur Schutztruppe nach Ablauf ihres Kom⸗ mandos zu derselben auf weitere drei Jahre verlängert, Hauptmann a. D. und Kompagnie⸗Führer Scherner scheidet mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verak⸗ schiedete vorgeschriebenen Abzeichen mit dem 30. November d. 8. Stabsarzt a. D. und Oberarzt Dr. Schwesinger scheidet mit der gesetzlichen Pension mit dem 30. November d. J. aus der Schutz⸗ truppe aus.

Schutztruppe für Kamerun.

Second⸗Lieutenants a. D. und Kompagnie⸗Offiziere Frhr. von Stein zu Lausnitz und Nolte zu Second ⸗Lieutenants mit ihrem bisberigen Patent, Assistenz⸗Arzt erster Klasse a. D. und Arzt Dr. Lichtenberg zum Assistenz⸗Arzt erster Klasse mit dem bisherigen Patent ernannt.

Schutztruppe für Deutsch⸗Slüdwestafrika.

Premier⸗Lieutenant Bethe, unter Beförderung zum Hauptmann 8 1“ in die Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika versetzt.

Deutscher Reichstag.

123. Sitzung vom 13. November 1896, 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung und Er⸗ des Gerichtsverfassungsgesetzes und der

trafprozeßordnung, und zwar bei § 73 des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes, betreffend die Zuständigkeit der Straf⸗ kammern.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.

Zu § 80 beantragen die Abgg. Beckh und Munckel (fr. Volksp.), die Vergehen, welche durch den Inhalt einer im Inlande erschienenen Druckschrift begangen sind, den Schwur⸗ gerichten zu uberweisen.

Berichterstatter Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) macht darauf aufmerksam, daß der Antrag in der Kommission mit 13 gegen 5 Stimmen abgelehnt sei, weil die Regierungsvertreter ihn als unannehmbar bezeichnet hätten. Unter den 13 Gegnern hätten sich mehrere befunden, die dem Gedanken des Antrags durchaus freundlich gegenüberständen.

Abg. Beckh (fr. Volksp): Die Vertreter des Bundesraths haben verschiedentlich gewarnt, Anträge anzunehmen, welche das Gesetz ge⸗ fährden könnten. Man sollte doch aber erst abwarten, ob die Regierung wirklich diese nothwendige Vorlage an den Beschlüssen des Reichs⸗ tags scheitern lassen will. Der Reichstag hat sich bisher dadurch nicht schrecken lassen. Weshalb soll man nicht bei dieser Gelegenheit endlich die Frage der Zuständigkeit der Schwurgerichte für Preßvergehen regeln und den überall verbreiteten Wunsch des Volkes endlich erfüllen! Es ist bedauerlich, daß gestern die Schwur⸗ gerichte abfällig beurtheilt worden sind, daß man sie als eine Bastard⸗ organisation bezeichnet hat, während sie doch ein Palladium der Freiheit sind.é Ich weise auf die Verhandlungen des Juristentages von 1875 hin, wo ein Assessor sich abfällig über die Thätigkeit der Presse aur ge⸗ sprochen und sie als Skandalproduzent bezeichnet hat; wenn solche Anschauungen über die Presse in den Kreisen der angehenden Richter verbreitet sind, dann müssen Vorsichtsmaßregeln zum Schutze der Presse getroffen werden. Es muß das bayerische Vorbild auf das Reich ausgedehnt und nicht im Reiche alles nach preußischem Muster reglementiert werden, während man für Bayern ein kleines Partikularrecht reserviert. (Redner führt einzelne Fälle von Anklagen und Verurtheilungen wegen Preßvergehen an.) Es sind Aeußerungen der Prefe als Beleidigungen, namentlich als Berufsbeleidigungen der Beamten bestraft worden, die man früher niemals als Iniurie, sondern als Ironie und Spott betrachtet hätte. Ich bitte daher, meinen Antrag anzunehmen.

Geheimer Ob r.Regierungs⸗Rath von Lenthe: In dem Augen⸗ blick, wo durch die Einführung der Berufung ein vermehrter Rechtss utz gewährt wird, liegt keine Veranlassung vor, die alte Streitfrage der Ueberweisung der Preßvergehen an die Schwurgerichte, die schon 1876 entschieden worden ist, wieder aufzunehmen. Bekanntlich kam damals ein Kompromiß zu stande, wonach für die süddeutschen Staaten, in denen die chwurgerichte über Preßvergehen ab⸗ urtheilten, der bisherige Zustand aufrecht erhalten wurde. Die verbündeten Regierungen stehen auch noch heute auf demselben Stand⸗ punkte, daß für politische ebensowenig wie für Preßvergehen eine Ausnahme zulässig ist. Es liegt kein Grund vor, von dem Grund⸗ satze des Gerichtsverfassungsgesetzes, daß die Zuständigkeit der Gerichte durch die Schwere der angedrohten Strafe bestimmt wird, bei den öö abzuweichen. Irrthümliche Urtheile über Preßvergehen ind bei den Schwurgerichten ebensowenig ausgeschlossen wie bei den Strafkammern. Bis zum Beweise des Gegentheils muß ich be⸗ streiten, daß Zeitungen verfolgt worden sind, weil sie das Vorgehen von Behörden getadelt haben, welche Strafantrag gestellt hatten gegen Personen, die in einer antisemitischen Versammlung bei einem

och auf Seine Majestät den Kaiser und König und den Ober⸗ räsidenten sitzen geblieben sind. Auch ist ein Beweis dafür, daß in den Staaten, in welchen die Schwur⸗ gerichte über Preßvergehen nicht aburtheilen, Preßfreiheit nicht denkbar sei, nicht erbracht worden. Ferner stelle ich in Abrede, daß die Geschworenen der Entscheidung von Preßvergehen unbefangener egenüberstehen; im Gegentheil ist zu befürchten, daß bei diesen Ent⸗ de die politischen oder religiösen Ueberzeugungen der Ge⸗ schworenen, wenn auch unbewußt, einen Einfluß ausüben. Ich kann mich dem Eindruck nicht entziehen, daß dem Verlangen, die Preß⸗ prozesse der Zuständigkeit der Schwurgerichte zu unterstellen, doch etwa die Idee zu Grunde liegt, daß die Geschworenen sich leichter mit der Anwendung der Gesetze abfinden und geneigt seien, ihr Er⸗ messen über das, was billiger Weise Recht sein sollte, an die Stelle des Gesetzes zu setzen. Das schien mir auch durch die Rede des Abg. Beckh hindurchzugehen. Damit trägt man aber einen Gedanken in die Schwurgerichte, der in der That nicht darin enthalten sein sollte. Ich bitte Sie, im Interesse des Zustandekommens des Gesetzes,

dringend um Ablehnung des Thrshs⸗ Den deutschen Staaten welche bis jetzt von der Zweckmäßigkeit der Schwurgerichte für Preß⸗ vergehen überzeugt sind, wollen die verbündeten Regierungen dieses Institut weiter lassen, meinen aber entschieden, daß diese Zuständigkeit der Schwurgerichte aus prinzipiellen Gründen nicht gerechtfertigt sei. Abg. Frohme (Soz.): Wenn ich auch die Schwurgeri nicht afs das Palladium der Freiheit betrachte, so bin ich bhe bereit, mit meinen Freunden für ihre Erhaltung einzutreten; ja, wir gehen noch weiter: wir wollen alle politischen Vergehen den Schwurgerichten überweisen. Seitens der Regierung unternimmt man alles Mögliche, um die Schwurgerichte zu diskreditieren und in der öffentlichen Meinung herabzusetzen und in materieller Beziehung dieser Institution den Boden zu entziehen. Je mehr die Abhängigkeit der Richter von der Regierung sich zuspitzt, desto mehr muß die Rechts⸗ unsicherheit wachsen. Hier soll ein Schlag gegen die Schwurgerichte eführt werden: wir müssen das Gegentheil thun und die Institution sögen. * wir befinden uns dabei in der Gemeinschaft der Mehrheit es Volks.

Abg. Günther (nl.): Namens aller deutschen Richter muß ich Widerspruch erheben gegen die Aeußerungen des Vorredners, der den Richtern vorgeworfen hat, daß sie nicht nach Recht und Gesetz urtheilten, sondern abhängig seien. Die Richter werden ihre Unab⸗ hängigkeit stets wahren und werden nicht durch die öffentliche Meinung sich beeinflussen lassen.

Abg. Dr. Conrad (d. Volksp.): Man hat uns zu ver⸗ stehen gegeben, das Volk habe den Verstand nicht, sich gewisse Delikte zu erklären, gewisse Spitzbübereien und Verbrechen zu durchschauen; das sei viel zu verwickelt für das Volk, nur die juristische Geheimwissenschaft mit ihrem formalistischen Abracadabra reiche dazu aus. Gerade durch diese Jurisprudenz und durch ganz furchtbare Haarspaltereien, vor denen sich der gesunde Menschen⸗ verstand bekreuzigen muß, ist dem deutschen Volk sehr oft ins Gesicht geschlagen worden. In Betreff der Preßdelikte hingegen scheint mir nun die politische Tendenz, die man mit der Entlastung der Schwurgerichte verfolgt, so grell heraus, daß man es offen aussprechen muß: Es handelt sich um tiefere Dinge, als die Vertreter der Regierung zu⸗ geben wollen, es handelt sich um die wohlerwogene Absicht, die Schwurgerichte in Verruf zu bringen. Ich hoffe aber, die Vertreter des Volks werden wissen, was sie sollen; in keiner Sache haben wir mehr Grund, den Regierungsjuristen zu mißtrauen, als in allem, was mit dem geistigen Leben der Nation und was mit dem Leben der Presse zusammenhängt. Wir haben hier die schmerzlichsten Er⸗ fahrungen gesammelt, besonders in der Zeit so hefriger Kämpfe, wie wir sie heute haben. Es liegt im Interesse eines ruhigen Ausbaues unserer Volkskultur, daß wir dem Antrage Beckh⸗Munckel in allen

Punkten beistimmen.

Abg. Träger (fr. Volksp.): In diesem Hause ist wohl Niemand, welcher nicht Werth darauf legt, daß gerade dieses Gesetz zu stande komme. Wir wollen etwas Gutes schaffen. Die Re⸗ gierung stellt die Wiedereinführung der Berufung als ein der Opfer werthes Ding hin. Die Berufung kann auch ein Phantom sein, und dafür gebe ich reale, wirkliche Dinge nicht hin; für die Berufung kann man nicht eine Verschlechterung der ersten Instanz geben; denn die Berufung ist etwas so Selbstverständliches, daß ohne sie selbst die beste Strafprozeßordnung nicht brauchbar ist. Ich will mir keine Garantien des Verfahrens rauben lassen, lieber lasse ich die ganze Berufung fallen. Die Aburtheilung der politischen und Preßvergehen ist stets als die Hauptaufgabe der Schwurgerichte bezeichnet worden. Nur durch das Kompromiß unseligen Angedenkens, das unsere Gesetz⸗ sebung um Jahrzehnte zurückgebracht hat, ist eine dahin gehende Be⸗ timmung aus den Justizgesetzen wieder herausgebracht worden. Der Regierungsvertreter hat neue Gründe verlangt. Ja, die Gründe wachsen doch nicht wie die Brombeeren alle Jahre neu; eben für diese Forderung die alten guten Gründe. Ich wüßte nicht, daß die Schwurgerichte zu berechtigten Anlaß gegeben hätten, aber trotzdem hat man sie nach und nach abgetragen und r. bei denen, die als Geschworene fungieren, zu diskreditieren gesucht. Als die Schwurgerichtssessionen noch länger dauerten, war großer Eifer vorhanden, der jetzt bei der Beschränkung der Thätigkeit erkaltet ist. Daß die Schwurgerichte ihre Meinung an die Stelle des geschriebenen Gesetzes stellen, ist ein unberechtigter Vorwurf. Das Schwurgericht soll die Versöhnung des starren Gesetzesbuchstabens mit den An⸗ schauungen des Volkes bedeuten. Die Presse soll das Sprachrohr der öffentlichen Meinung sein und sie fündigt, wenn sie gegen die Strömung der Mehrheit des Volkes sich wendet. Deshalb muß die Presse den Schwurgerichten unterstellt werden, weil der gelehrte

Richter zu abhängig ist von dem Buchstaben des Gesetzes. Der

Abg. Günther hat sich dagegen verwahrt, daß die Richter der öffentlichen Meinung sich fügen sollten. Sie sollten das Urtheil der öffentlichen Meinung über gerichtliche Entscheidungen beachten, denn die öffentliche Meinung ist doch schließlich der gesunde Menschen⸗ verstand. Ich bitte Sie, den Antrag anzunehmen.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe: Es ist aller⸗ dings richtig, daß einzelne Strafsachen den Schwurgerichten ab⸗ genommen werden sollen, aber nur wegen der Eigenart der betreffenden Verbrechen. Selbst diesen Grund hat der Reichstag nicht überall an⸗ erkannt; er hat also keinen Grund, für die Preßvergeben eine Ab⸗ weichung von den allgemeinen Grundsätzen zu schaffen. Die verbün⸗ deten Regierungen wollen aber gleiches Recht für Alle schaffen. Wie weit die einzelnen Richter einen unabhängigen Charakter haben, kann nicht festgestellt werden; es kommt darauf an, daß die Garan⸗ tien der Unabhängigkeit vorhanden sind, daß unsere Richter sich unabhängig fühlen; daran wird, von der Sozialdemokratie abgesehen niemand in Deutschland zweifeln. Auch wird daran nichts geändert durch die Aufforderung der „Hamburger Nachrichten“ an die Richter, ohne Rücksicht auf das Gesetz zu urtheilen. Solche Aufforderung hat doch nicht unbedingt eine Wirkung; es liegt also kein Grund vor, eine Ausnahme zu machen. Wenn der Wunsch nach einer raschen Re⸗ pression eines Vergehens irgendwo am Platze ist, so ist das bei den

reßvergehen der Fall, die von den periodisch zusammentretenden

schwurgerichten nicht schnell erledigt werden können. 1.“*“ (Soz.) behauptet ebenfalls, daß die Richter abhängig seien.

Abg. Günther: Der Abg. Stadthagen hat gesagt, es sei ein Erlaß des Gesammt⸗Ministeriums ergangen, worin den Beamten untersagt worden sei, ihre politische Meinung zu äußern. Ich habe den Erlaß nicht zur Hand, erinnere mich aber genau, daß darin steht: die Königliche Staatsregierung erwarte, die Beamten würden oder sollten gegen die Maßnahmen der Regierung nicht agitieren. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: „Ist 18e Das ist etwas ganz Anderes. Wäre der Abg. Stadthagen der Inhaber eines Geschäfts und hätte er einen Untergebenen, der gegen ihn agitiert, so würde er der allerletzte sein, der sich dies gefallen ließe.

Abg. Beckh wendet sich gegen die Ausführungen des Regierunge⸗ vertreters. Jedenfalls werde in Bayern die Regierung und das Volk sich energisch dagegen verwahren, daß an dem bisherigen Zustande der Aburtheilung der 8 durch die Schwurgerichte gerüttelt werde. Die Schwurgerichte seien eigentlich die ordentlichen Gerichte; nur was ihnen nicht zugewiesen würde, sollte den Strafkammern zufallen.

Geheimer Ober Regierungs⸗Rath von Lenthe verwahrt sich dagegen, daß aus seinen Worten irgendwie hervorgehe, es würde beabsichtigt, den bestehenden Zustand in den süddeutschen Staaten bezüglich der Schwurgerichte irgendwie zu ändern. Eine Dis⸗ kreditierung derselben habe ihm vollständig ferngelegen.

Abg Bebel (Soz.): Der Abg. Günther hat den Erlaß des Staats⸗Ministeriums dahin ausgelegt, daß die Beamten nicht gegen die Regierungen agitieren follen. 5 die Regierung ebenso das Recht habe, wie ein Arbeitgeber, seinen Ärbeitern etwas zu verbieten, kann nicht anerkannt werden. Die Preßverbrechen gehören vor die Schwur⸗ gerichte, die Preßdelikte in Bayern und Oldenburg auch, und die Meinung, daß das richtig sei, galt früher auch bei den Freunden des Abg. Günther. Aber freilich, mit den Schwurgerichten kann man bei Preßprozessen nicht so leicht fertig werden; der Interpretations⸗ fanatismus der gelehrten Richter existiert bei den Schwurgerichten

es gelten

nämlich

8

nicht; sie hätten den dolus eventualis nicht anerkannt. Wenn die

Schwurgerichte in Preßprozessen urtheilen, so wird das auf die übrigen politischen Prozesse sanierend wirken. Die Richter sollen urtheilen ohne Ansehen der Person und der Partei; deshalb trägt ja die Gerechtigkeit eine Binde.

Abg Günther: Der Unterschied zwischen dem Abg. Bebel und mir besteht darin, daß wir verschiedene Folgerungen ziehen. Ich habe den Erlaß dahin verstanden, daß die Beamten nicht agitieren sollen, aber ihre politischen Meinungen aussprechen können. Ich habe deshalb niemals Bedenken getragen, meine Meinungen hier und außerhalb des Hauses vorzutragen.

Damit schließt die Debatte. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen, der Deutschen Volkspartei und einiger Zentrumsmitglieder abgelehnt. Bei § 123 (Zuständigkeit der Ober⸗Landesgerichte) kommt Abg. Schröder (fr. Vgg.) auf die Frage der im allgemeinen zurück und führt aus, daß sie in alten Zeiten überhaupt nicht existiert habe und erst eingeführt sei, als die Gerichtsorganisation eine solche geworden, daß nicht mehr die Garantie für einen richtigen Spruch in erster Instanz unter allen Umständen gewährt wäre.

S8 123 wird angenommen.

S.124 beschäftigt sich mit der Bildung detachierter Straf⸗ senate für die vom Sitze der Ober⸗Landesgerichte entfernteren Landgerichte; den öö und den Stellvertreter des⸗ selben soll die Landes⸗Justizverwaltung ernennen; die Beisitzer sollen aus den Mitgliedern der Ober⸗Landesgerichte, theilweise aus Mitgliedern der betreffenden Landgerichte berufen werden.

Abg. Dr. von Cuny (nl.) will das Wort „theilweise“ gestrichen wissen, sodaß die Bildung des Senats auch lediglich aus Mitgliedern der Landgerichte erfolgen könne. Die Befürchtung, daß durch die Bildung des Berufungssenats aus Mitgliedern des Landgerichts eine Störung der kollegialen Verhältnisse eintreten könnte, habe sich nicht erfüllt.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe hat gegen den Antrag des Vorredners nichts einzuwenden, wenn er auch nicht in Aus⸗ sicht stellen könne, daß die Mitglieder des Senats nur aus Mitgliedern des Landgerichts genommen werden würden.

Abg. Beckh (fr. Volksp.) will mindestens drei Mitglieder einschließ⸗ lich des Vorsitzenden aus den Mitgliedern des Ober⸗Landesgerichts entnommen wissen.

Beide Anträge werden abgelehnt und § 124 unverändert angenommen, ebenso der Rest der zu dem erichtsverfassungs⸗ gesetz vorgeschlagenen Aenderun en.

Darauf wird gegen 5 Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 1 Uhr vertagt.

Parlamentarische Nachrichten.

Deie dem Reichshaushalts⸗Etat beigegebene Denk⸗ schrift bemerkt:

Die gesammten fortdauernden und einmaligen Ausgaben aller Verwaltungszweige, mit Ausnahme der fortdauernden Ausgaben der Betriebsverwaltungen (Post und Telegraphie, Reichsdruckerei, Eisenbahnen), sind

gee und übersteigen die Gesammtausgabe des 8. Vorjahrs um 6 61 277 265 Es kommen auf die fortdauernden

Ausgaben mehr und auf die einmaligen Ausgaben

mehr ö1“

wie vorstehend überhaupt mehr Werden hiervon die durchlaufenden

die Ausgaben des Reichs⸗ Invalidenfonds von .. unnd die aus den Einnahmen an Zöllen, Tabacksteuer, Branntweinsteuer und Stempelabgaben in Ge⸗ .. der gesetzlichen Bestimmungen an die ein⸗ zelnen Bundesstaaten zu überweisenden Beträge qqqqq611q11AAA“X“

mit zusammen 432 560 497

32 552 365 8

28 724 900

61 277 2655 Posten, 8

für 1897/98

28 504 497

v ““ für 1896/97 28 862 508

1

387 472 000 416 337503

als die Höhe der Matrikularbeiträge und das Abschluß⸗Ergebniß des Reichshaushalts nicht beeinflussend, ausgeschieden, so stellt sich für die verbleibenden fortdauernden Ausgaben und die einmaligen

Ausgaben des ordentlichen Etats ein Gesammtbedarf von 838 137 580 ℳ, bezw. ein Mehrbedarf von 24 209 238 *) heraus, während der außerordentliche Etat der einmaligen Ausgaben mit einem Gesammtbedarf von 57 603 747 und einem Mehrbedarf von 20 842 038 abschließt.

Der erstgedachte Mehrbedarf des ordentlichen Haushalts von ergiebt sich im einzelnen aus folgender Zusammen⸗ stellung:

fortdauernd einmalig mehr weniger mehr weniger

für den Reichskanzler und die Reichskanzlei. . das Auswärtige Amt. das Reichsamt des 311116“ die Verwaltung des Reichsheeres.. die Verwaltung der Kaiserlichen Marine die Reichs⸗Justiz⸗ verwaltung das Reichs⸗Schatzamt. das Reichs⸗Eisenbahn⸗

4 340 356 370 715 520

3 144 417 854 452 6 935 571 772 370 3 542 971 6 704 127

6 896 57 490

1 460 248 750 3 200

2 024 911 298 297

35 000 240 000

28 000

den Rechnungshof 88 den en ensionsfonds .. die Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung. die Reichsdruckerei .. die Eisenbahnverwaltung 16 326 3766 8 765 314 882 452 sind mehr 16 326 3766 7 882 8622

also wie oben überhaupt mehtl 24 209 238

*) Rechnet man die fortdauernden Ausgaben der Betriebsver⸗ waltungen hinzu, so ergiebt sich bei den Ausgaben ein Gesammtbedarf von 1 161 215 708 bezw. ein Mehrbedarf von 39 920 580 ℳ, während bei den gewöhnlichen Einnahmen statt des sich ergebenden Mehr⸗ 51.9⸗ von 12 328 775 ein solcher von 28 040 117 entstehen würde.

Andererseits sind bei den gewöhnlichen Ein⸗ nahmen veranschlagt:

J“ JHAZö1ö““ die Maischbottich⸗ und Branntwein⸗ ““ *“ die für diese Steuern aufkommenden Aversen

der Spielkartenstempel die Wechselstempelsteuer die statistische Gebühr

der Ueberschuß der Post⸗ und Telegraphenverwaltung

der Ueberschuß der Reichsdruckerei 21 160 der Ueberschuß der Eisenbahn⸗ verwaltung 1 2941 700 die Einnahmen aus dem Bank⸗ 8

wesen .

die verschiedenen

Einnahmen

die Einnahmen aus der Ver-..— äußerung ehemaliger Festungs⸗

terrains 8

höher um 1 000 000 1 129 000

1 097 000 11F6”“ 347 000 49 000

7338 621 2116 800

1 171 138

77522938 5205 163

Sind mehr 12 328 775 Diesem Mehrertrage treten hinzu die unter Tit. 3 des Einnahme⸗Kapitels 18 (vergl. den Etat über den Reichs Invalidenfonds Seite 22/23) als nachträglicher Kapitalzuschuß für das Etatsjahr 1895/96 vorgesehenen zur Deckung von in letzterrme Etatsjahre über den Etat hinaus zunächst zu Lasten der gewöhnlichen Reichsmittel geleisteten Ausgaben des Etatsabschnitts „Reichs⸗In⸗ validenfonds“ dienen. “““ Die gewöhnlichen Einnahmen ergeben mit⸗ hin gegen das Vorjahr einen Mehrbetrag von. Zur Deckung des Mehrbedarfs bei den Aitgebeh vaa 24 209 238 fehlen hiernach ... 11 701 980 welche bei den Matrikularbeiträgen in Zugang gebracht sind. Was insbesondere die Verwaltung des Reichsheeres anlangt, so sind für den ordentlichen Etat zum Ansatz gebracht: 1) an fortdauernden Ausgaben, unter Kapitel 14 bis ein⸗ schließlich 44, bei einem Gesammtbedürfniß von 486 460 645 ℳ, gegen das Vorjahr mehr . . 6 935 571 2) an einmaligen Aus gaben, unter Kapitel 5, bei einem Gesammtbedürfniß von 46 046 965 ℳ, gegen das Vorjahr mehr 11““ überhaupt gegen das Vorjahr mehr ... . 7 707 941 Für die einzelnen Militärverwaltungen sind angesetzt: zu 1 an fortdauernden Ausgaben: für Preußen ꝛc. mehr 1 . 5 629 936 Sachsen mehr u 27 109 493 459

sind mehr.. 6 150 504 Bayern antheilmäßig mehr... 785 067

gen das Vorjahr, wie oben, mehr . 6 935 571 zu 2 an einmaligen Ausgaben: Abth. A Abth. B

1 832 519 761 430 1 925 352 405 076

3 352 852 761 430

sind weniger 4114 255 für Bayern zu A antheilmäßig weniger 427 963 8 zusammen weniger 4542 218 %ℳ Im Vorjahr war durch den Nachtrags⸗Etat (Gesetz vom 22 Juli 18965 Reichs⸗Gesetzl. S. 661 9 von den darin vorgesehenen ein. maligen Ausgaben des ordentlichen Etats zu thunlichster Vermeidung einer nachträglichen Er höhung der Matrikularbeiträge ausnahmsweise ein Betrag von 5 314 588 ℳ, und zwar für Preußen ꝛc., Sachsen und Württemberg zusammen 4 713 007 und für Bayern 601 581 auf den außerordentlichen Etat übernommen. Da für 1897/98 die Deckung der sämmtlichen einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats wieder aus den gewöhnlichen Einnahmen erfolgt, 1 so kommt durch den Wegfall jenes Zuschuf es jetzt im ordentlichen Etat ein W zur Erscheinung von 8 4 588 Mithin gegen das Vorjahr, wie oben, mehr 752 370 Die Einnahmen der Verwaltung des Reichsheeres an eigenen Erträgnissen, welche einestheil (Kapitel 9) den Bundesstaaten mit Ausschluß von Bayern, anderntheils (Kapitel 9a) der Gesammtheit

welche

12 507 258

Württemberg mehr.. 1 8 8

für Preußen ꝛc. weniger. Sachsen weniger Württemberg mehr

aller Bundesstaaten zu gute kommen, ergeben gegen das Vorjahr

bei Kapitel 9 weniger .„ 16A

bei Kapitel 9 a weniger 128 200 im Ganzen einen Minderbetrag von —. 1466 577 Das Gesammtergebniß der Ansätze des ordentlichen Etats der Verwaltung des Reichsheeres läßt sich hiernach dahin zusammen⸗ fassen, daß bei den fortdauernden und einmaligen Ausgaben gegen das Vorjahr mehr 7 707 941 bei den Einnahmen gegen das Vorjahr weniger.. 466 574

zum Nachweis gelangen, woraus sich 1b gegen das Vorjahr eine Mehrforderung ergiebt von 8 8 174 515 Die nach dem Etats⸗Entwurf durch Aufnahme einer Anleihe zu deckenden Beträge von zusammen 56 763 747 ℳ, zu deren Beschaffung im Wege des Kredits eine gesegliche Ermächtigung noch nicht ertheilt ist, bilden in herkömmlicher Weise den Gegenstand eines besonders zur Vorlage kommenden Anleihegesetzes. Es sind dies für die außerordentlichen Bedürfnisse des Reichsheeres, der Marine und der Reichs⸗Eisenbahnen, worüber die Erläuterungen zu Titel 1 des Einnahmekapitel nd die Begründung des Anleihegesetzes das Nähere bgsasss

8 u6“

irthschaft. 8

Das „Sweating System“ in den Vereingten Staaten von Amerika.

In dem neunten Heft (September⸗Oktober 1896) der „Revue d'Economie politique“ veröffentlicht Herr E. Levasseur einen Aufsatz über das „Sweating System“ in den Vereinigten Staaten von Amerika, aus dem wir in Nachstehendem Ftnige, auch für weitere Leserkreise in Deutschland interessante Mittheilungen wiedergeben. Herr Levasseur erörtert nacheinander kurz Folgendes: Definition des „Sweating System“, Organisation des Systems, Aussagen in der Senatsenquste von 1883, Besuche des „Sweating System“, Arbeits⸗

1102 875

stunden und Lohn, die Gesetze gegen das „Sweating System“ und die Pläne zu seiner Unterdrückung, Vergleich mit Europa und Ursachen des Fortbestehens des Systems.

Was die Definition des „Sweating System“ betrifft, so hat wohl die von dem Verfasser zitierte Auskunftsperson am meisten Recht, welche aussagt: das erste, was man beim Studium dieses sogenannten Spstems entdecke, sei das, daß es als solches gar nicht existiere. Es gebe kein organisiertes System, welches diesem populären Ausdruck entspreche, und man finde das, was man damit bezeichnen wolle, auch in Industriezweigen, auf die man das Wort niemals anwende. Ge⸗ braucht wird der Ausdruck thatsächlich wohl nur, um die mißlichen Arbeitsverhältnisse in der Konfektion zu bezeichnen. Ueber den Stand der Kleiderkonfektion in den Vereinigten Staaten im Jahre 1890 theilt Levasseur folgende Zahlen mit:

Herren⸗ Damen⸗ Knopflochbetriebe konfektion konfektion für Herrenkleider Zahl der Betriebe vE1I111“ 1 224 200 Kapital in Millionen Dollars 128,2 21,2 0,2 Produktion in Millionen A11“ 251,0 68,1 0,8 Beschäftigtes Personal . . 156 345 42 008 1 373

Ueber das, was er Organisation des Systems nennt, führt er sodann etwa Folgendes aus: Der Fabrikant, oder besser: der Groß⸗ kaufmann, halte in der Regel eine Zuschneidewerkstatt. Die zuge⸗

eschnittenen Stücke übergebe er zu Hunderten und Tausenden einem

nternehmer (Contractor), der zuweilen auch das Zuschneiden über⸗ nehme. Manche dieser Unternehmer ließen in geschlossenen Fabrikbetrieben arbeiten, manche gäben die Arbeit direkt an Heimarbeiter aus, manche wieder an Unterunternehmer (Sous- entrepreneurs) wir wollen diese Zwischenmeister nennen. Diese Zwischenmeister hätten ihrerseits wieder zum theil kleinere Werkstätten, zum theil gäben auch sie die Arbeiten an Heim⸗ arbeiter weiter. Die Kontraktoren und Zwischenmeister drückten sich untereinander und umsomehr die Arbeiter. Die Preise seien er⸗ heblich zurückgegangen, und die besseren Elemente hätten das Geschäft aufgegeben. Nur die „weniger skrupulösen“ setzten es fort. Man habe in menschenfreundlicher Weise den Versuch gemacht, die Arbeit kooperativ unter Leitung von Werkmeistern zu organisieren, aber dabei keine höheren Löhne für die Arbeiter herausgewirthschaftet. Die Werkmeister kosteten ebensoviel oder mehr als die „Sweaters“, und die Arbeit tauge nichts. Man habe theilweise die Ansicht gewonnen, daß, je tiefer die Qualität der Arbeit stehe, um so nöthiger eine strenge Aufsicht, ja ein gewisser „Despotismus“ sei. In den Fabrikbetrieben, in denen meist mehr als 20 Arbeiter vereinigt seien, lägen die Verhältnisse am günstigsten. In den kleinen Zwischen⸗ meisterbetrieben, meist mit nicht mehr als 20 Arbeitern, den „Tenement sweat shops“, habe der Meister in der Regel für die Familie ein Zimmer als Schlaf⸗, Koch⸗, Speise⸗ und Schreibzimmer, ein zweites diene 15 bis 20 Arbeitern, Männern, Frauen und Kindern als Arbeits⸗ und Schlafraum. Am schlechtesten sei die Lage der Heimarbeiter, „Tenement home workers“, meist Frauen und Kinder, die neu eingewandert sind, dann arbeitsunfähige Per⸗ sonen, Wittwen und heruntergekommene Familien. In Boston seien 1892 unter 33 Zwischenmeistern und Kontraktoren 26 eingewanderte Juden gezählt worden; unter 1107 Arbeitern und Arbeiterinnen 448 Juden, 249 Amerikaner, 215 Italiener, 176 Ir⸗ länder; die übrigen Deutsche und Portugiesen. In Chicago seien 666 Betriebe gezählt worden mit 10 933 Arbeitern, von denen 9097 in Werkstätten und 1836 zu Hause arbeiteten. In Philadelphia arbeiteten in 273 Betrieben 1806 Personen, von denen 898 Russen waren. In New⸗York, Boston und anderwärts finde man oft 20 russische Juden in einem Zimmer zusammen. Diese hätten die Preis sehr gedrückt. Was Deutsche für 2,50 Dollars gemacht

ätten, das hätten sie für 1,50 Dollar angeboten.

Ueber die Arbeitszeit und den Arbeitslohn weiß der Ver⸗ fasser ferner unter anderem zu berichten, daß in den Fabriken in der Regel 10 Stunden effektiv gearbeitet werde bei einer einstündigen Zwischenpause. Allerdings nähmen die Arbeiter manchmal Arbeit mit nach Hause. In den kleinen Werkstätten werde 11 bis 14 Stunden gearbeitet, bei dringender Arbeit auch noch länger. In der Heim⸗ arbeit sei keine Grenze gezogen, man arbeite hier im Mittel etwa 15 Stunden, wenn nöthig länger. In Philadelphia verdienten nach einer Angabe Frauen in der Fabrik bei zehnstündiger harter Tages⸗ arbeit 3 bis 4 Dollars wöchentlich; als Hceimarbeiterinnen, wenn sie von 8 Uhr früh bis 10 Uhr Abends arbeiteten, 1,50 bis 2 Dollars. Nach einer Zusammenstellung des Arbeitsbureaus in Massachusetts verdiene die Mehrzahl der Frauen 6 bis 12 Dollars wöchentlich, die Mehrzahl der Männer 12 bis 20 Dollars. soll es sich aber nur um Fabrikarbeiter handeln. In New⸗York ämen die Frauen in den Fabriken auf 5 bis 8 Dollars, die Männer auf 14. In den kleinen Werkstätten verdienten die Arbeiter ein Viertel weniger, in der Heimarbeit noch weniger. Die Russen und die Iraliener erzielten die geringsten Löhne, die Deutschen, Amerikaner und Irländer arbeiteten nur in den Fabriken. Nach einer Enquste aus den Jahren 1891/93 verdienten die Frauen in New⸗York im Mittel 4,53 Dollars wöchentlich. Dabei seien die ungünstigen Saison⸗ verhältnisse in Betracht zu ziehen. Zweimal vier Monate im Jahre sei Arbeit hinreichend vorhanden, vier Monate herrsche Arbeitslosigkeit oder doch stark reduzierter Verdienst.

Levasseur erwähnt dann kurz die bekannten Gesetze in 8 Massachusetts und New⸗York, welche die Ausbeutung der Konfektions⸗ arbeiter erschweren sollen. Wir müssen dieserhalb sowie bezüglich der sonstigen interessanten thatsächlichen Angaben, an denen die Arbeit reich ist, auf diese selbst verweisen. Nur die Ansicht des Verfassers über die Gründe für das Fortbestehen des Systems möge noch kurz angedeutet werden. Einerseits glaubt Levasseur, daß die Konfektions⸗ industrie im Unterschiede von der Maßschneäderei noch weiter zunehmen werde. In den Vereinigten Staaten z. B. wachse die Zahl der Kon⸗ sumenten, „welche billige Preise und zugleich den Schein des Luxus ver⸗ langten“, unaufhörlich. Die Produktions⸗ und Absatzverhältnisse drängten mehr und mehr zur kommerziellen Konzentration. Die Großkaufleute brauchten immer mehr Kontraktoren und Zwischenmeister, welche ihrerseits ein Interesse daran hätten, die Arbeiter zur Hand zu haben. Wenn auch das platte Land einen Theil der Arbeit an sich ziehen könnte, so würden die Massen der Konfektionsarbeiter doch in den Städten bleiben. Die Konkurrenz unter einander werde auch ferner die Konfektionäre (Großkaufleute) zwingen, auf den Lohn zu drücken. Die Zwischenmeister lüden gewissermaßen durch ihr Angebot dazu ein und drückten ihrerseits weiter auf die Löhne der Arbeiter, deren Nach⸗ giebigkeit, ohne unendlich zu sein, doch wahrscheinlich noch nicht an der äußersten Grenze angekommen sein dürfte. Dafür sorge die Ein⸗ wanderung mit immer neuen Rekruten. Vor vierzig Jahren hätten die Heutschen in den Schneiderwerkstätten ihre Arbeit billiger angeboten als die Amerikaner. Seit 15 Jahren verdrängten die Juden die Deutschen durch noch geringere Löhne, denen sich die Italiener fügten. Der Jude in Ost⸗Europa und der Bauer in Italien träume von 1 Dollar Tagelohn wie von einem Eldorado und mache sic auf die Reise. Er hätte nicht einmal ganz unrecht; denn schließlich würde er drüben doch noch besser ernährt und besser logiert als in der Heimath, und viele von ihnen sammelten sogar wie sie die besser bezahlten Amerikaner nicht erzielten. Deshalb ver⸗ lange der Amerikaner Gesetze gegen das „Sweati sie gegen die Chinesen durchgesetzt habt.

Literatur. G

Literatur über den Entwurf eines Handelsgesetzbuchs.

Nachdem der Entwurf veröffentlicht worden ist, häufen sich die Schriften, welche sich mit der Revision des deutschen Handelsrechté befassen und den Juristen wie den Kaufmann mit den leitenden Ge⸗ danken des Entwurfs vertraut zu machen suchen. Zunächst an die Juristen wendet sich Rechtsanwalt Dr. Hermann Staub⸗Berlin⸗ in einem auf dem Deutschen Anwaltstage am 12. September 1896

ehaltenen Vortrage, der jetzt im Druck vorliegt (Verlag von Otto iebmann, Berlin; Preis 80 ₰). Der Verfasser theilt hier die

8 .