Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 19. November. (W. T. B.) Hamburg⸗ . — Postdampfer „Prussia“ ist heute in Cuxhaven eingetroffen.
6 e 20. Rovember. (W. T. B.) Der Union⸗ Damvfen EI ist gestern auf der Ausreise von den anarischen Inseln abgegangen.
Rom, 19. November. W. P. B; Der gesammte Dienst auf
der Eisenbahnlinie Rom — Pisa ist wieder aufgenommen. Zürich, 19. November. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der I1 erklärte auf eine Anfrage der Thurgauer Re⸗ gierung: er sehe kein Bedürfniß für ein zweites Geleise der Eisenbahn von Romanshorn nach Winterthur und wolle erst die entlastende Wirkung der neuen Linie Konstanz-— Schaff hausen —Basel abwarten; sollte die Thurgauer Regierung auf einem sofortigen Ent⸗ scheid bestehen, so verlange er eine Entscheidung durch das Bundes⸗
gericht und nicht durch den Bundesrath oder ein Schiedsgericht.
Rotterdam, 20. November. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Der Dampfer „Werkendam“ ist heute Vormittag in Rew⸗York angekommen. Der Dampfer „Zaandam“ ist heute Vormittag nach New⸗York abgegangen.
116“ 8 8
8 Theater und Musik.
Thalia⸗Theater.
Der Schwank „Zwei Schwiegersöhne“ von Maxime e deutsch von Max Schönau, stellt sich dar als ein Gemisch von drastischer, durchschlagender Komik, von bedeutungsloser Nüchternheit und von Scenen, die mehr als nur Geschmacklosigkeit bekunden. Es giebt eben Dinge, welche auch ein französischer Schwanldichter nicht ungestraft von der Bühne herab sagen lassen darf. Durch solche Unziemlichkeiten wurde den Zuhörern die gute Laune, mit der sie den komischen Erlebnissen der beiden Schwiegersöhne der muthigen Frau Rabuteau, des wirklichen und des vorgeschobenen Gatten der schönen Liqueurfabrikantin Marguerite gefolgt waren, zum Schluß arg beeinträchtigt oder ganz verdorben. In lustigen Scenen wurden die Leiden des falschen Gatten und Schwiegersohnes Narcisse Godet geschildert, während der legitime Ehemann die Peinigungen der Schwiegermutter vermeidet. Die Lösung des Konflikts, welche den falschen Schwiegersohn dech noch in einen echten verwandelt, da sein Herz der jüngeren Tochter Henriette ent⸗
egenschlägt, wurde durch eine derbe Wendung herbeigeführt, die zum Schaden des ganzen Stücks beinahe abstoßend nägtte. nerarfteung waten nur tüchtige Künstler betheiligt, im Ganzen litt sie aber do an zu eingehender Detailmalerei. In französischen Schwänken müssen die Scenen in kürzestem Zeitmaß auf einander folgen, um zu wirken. Unter den Darstellern trat Herr Junkermann als Narcisse Godet durch lebendige Mimik hervor, welche oft an die Etgenart des beliebten Komikers Thomas erinnerte. In Episodenrollen riefen Herr Ewald als wilder Sizilianer und zahmer Ehemann und Fräulein Bojs als seine listige und leidenschaftliche Gattin durch ihr charakte⸗ ristisches Spiel große Heiterkeit hervor. B Dem Schwank voran ging ein Einakter „Das Wetterhäuschen“ („Weather or no“), ein musikalisches Genrebild von Adrian Roß, das von Hermann Hirschel aus dem Englischen ins Deutsche über⸗ tragen worden ist, und zu dem Bertram Luard Selby eine gefällige Musik geschrieben hat. „Er“ und „Sie“, ein Männlein und ein Weiblein, die je nach der Witterung, bei Regen oder Sonnen⸗ schein, einzeln aus dem Wetterhäuschen heraustreten, klagen über die Leiden des Alleinseins und fühlen doch in ihren hölzernen Herzen die Sehnsucht nach inniger Gemein⸗ schaft. Wie sie das Wesen der Menschen von Fleisch und Blut in naiver und neugieriger Weise anschauen und beurtheilen, wie sie ihnen nacheifern, wird 8¼ drollig in Wort und Handlung wiedergegeben. Herr Böttcher und Fräulein Theren spielten die beiden Holzfiguren mit großem Geschick und waren oft rührend in ihrer hölzernsteifen Herzlichkeit und Ungeschicklichkeit. Der originelle kleine Scherz wurde mit großem Jubel aufgenommen.
t v Norgens.
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Dekorative Einri
Temperatur in ° Celsius 4° R.
Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp red. in Millim 50 C. =
bedeckt Prophet. heiter
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bedeckt Schne⸗ nee heiter 882. en Rebel enn) Dun Hunft bedeckt bedeckt bedeckt bedeckt heiter bedeckt wolkig bedeckt 2 Regen 3 Ne 3 bedeckt 1 heiter still heiter
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Christiansund Kopenhagen. tockholm. randa. St. Petersbg. Moskau.. Cork, Queens⸗ town 8* Cherbourg. E1“ e nburg winemünde Neufahrwasser Memel
Scribe, deutsch
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761 761 760 767
763 767 765 766 8 765 762 763 762
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Anfang 7 ½ Uhr. Montag:
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Breglau . le d'Aix.. 67682 E“ 762² ¹) Gestern Regen. Uebersicht der Witterung. Das barometrische Maximum über West⸗Europa hat sich mit zunehmender Intensität weiter ostwärts ausgebreitet, während über dem norwegischen Meere eine Depression erschienen ist, die zu Skudesnäs Südsüdoststurm verursacht. Bei leichten bis frischen bis westlichen Winden ist das Wetter in Deutschland, wo etwas Regen gefallen ist, trübe, im Norden kalt, im Süden mild. Der Frost be⸗ schränkt sich am Morgen nur noch auf einen Theil der ostdeutschen Küste. Deutsche Seewarte.
IIMEERISBrxDHMHxxʒnoxgsSAnssnxexefggnx Br27xsrH.t eeZe8, Hege, Theater.
Kͤoönigliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 231. Vorstellung. Zum ersten Male: Benvenuto Cellini. Oper in 3 Aufzügen von de Wailly und Barbier. Deutsche Bearbeitung von
— 2OU Ssemnbdo—eebecede SSbe —dr oo⸗
Male:
Gast.)
deutsche Bühne
1 Akt, nach Anfang 7 ½ U Sonntag:
hr.
m 20. November, g. Cornelius. in Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff.
Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. Lustspiel in 4 Aufzügen von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg. In Scene gesetzt von Herrn Oscar Keßler. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Opernhaus. Große Oper in 4 Akten von Giacomo
Mevyerbeer. Text nach dem Französischen des Cügene
Ballet von Emil Graeb. Anfan
Schauspielhaus.
Trauerspiel in 5 Aufzügen von gang von
Perthe. Musik von Ludwig van Beethoven. Anfang r.
Neues Opern⸗Theater Kroll. Abends 7 ½ Uhr: Neu einstudiert: Deborah. Der Billet⸗Verkauf zu dieser Vorstellung findet heute und morgen von 9 — 10 Uhr und von 10 ½ — 1 Uhr im Königlichen
1,50 ℳ und 75 ₰.
Deutsches Theater. Sonnabend: Morituri. (Teja. Fritzchen.
Sonntag: Freiwild. Morituri.
Das Ewig⸗Männliche.)
Berliner Theater. Heinrich. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: König Heinrich.
Montag: Renaissance. 8 8
Lessing⸗Theater.
Der Abend.
1“ (Georg Engels als Gast.) Anfang r
Sonntag: Der Abend. (Georg Engels als Gast.) Montag: Die goldne Eva.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
burg. Sonnabend: Ehefesseln. Schauspiel in 3 Akten von Paul
Vorher: Ein delikater Auftrag. dem Französischen von A. Ascher.
Einmalige Fefehernen von: E Schauspiel in 5
en. Dienstag, den 24. November: ers
m Königlichen Opernhause geht morgen zum ersten Mal “ 8 Oper in 3 Aufzügen von de Wailly und Barbier, deutsche Bearbeitung von Peter Cornelius, Musik von Hector Berlioz, unter Kapellmeister Weingartner’'s Leitung in Scene. — Die Besetzung ist folgende: Kardinal Salviati: Herr Mödlinger; Balducci, Schatz⸗ meister des Papstes: Herr Krolop; Teresa, seine Tochter: Frau
erzog; Benvenuto Cellini, ein florentinischer Goldschmied: err Kraus; Avscanio, —— Cellini's: Frau Goetze; ieramosca, Bildhauer des Papstes: Herr Bulß; Pompeo, ein Raufbold, reund des Fieramosca: Herr Stammer; ein jüdischer Schankwirth: Herr Lieban. Ort der Handlung: Rom, um 1532 unter dem Papst Clemens VII. am Montag vor Fastnacht, am Fastnachtstage und am Aschermittwoch. Zwischen dem ersten und zweiten Akt: Ouvertüre „Carnaval Romain“. — Die Oper ist vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff in Scene gesetzt, die dekorative Einrichtung hat der Ober⸗Inspektor Brandt besorgt. Die neuen Dekorationen: Innerer Hof einer Taverne und Colonna⸗Platz, sind vom Hof⸗ Theatermaler Quaglio, Werkstätte und Gießerei Cellini's im Kolosseum vom Dekorationsmaler Bukacz. b 1 Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Aufführung des Lustspiels „Goldfische“ von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg unter Mitwirkung der Damen Poppe, Hausner, Abich und der Herren Molenar, Keßler, Oberländer, Vollmer, Hertzer
und Blencke statt. Mannigfaltiges.
In der gestrigen Stadtverordneten⸗Sitzung gelangte der Antrag der Stadtverordneten Stadthagen und Genossen zur Berathung: „Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, mit der Königlichen Staatsregierung wegen Uebernahme der Sicherheits⸗, Markt⸗, Gesundheits⸗ und Baupolizei, sowie der Feuerwehr in die städtische Verwaltung in Verhandlung zu treten.“ Die Stadt⸗ verordneten Sachs II. und Wohlgemuth beantragten den Ueber⸗ gang zur Tagesordnung in der Erwägung, daß wegen Ueber⸗ nahme der Markt⸗, Gesundheits, und Baupolizei Verhandlungen schweben und daß die Annahme des Antrags Stadthagen störend in diese Verhandlungen eingreifen würde, daß ferner die Uebergabe der Feuerwehr, wie der Magistrat mitgetheilt habe, gänzlich abgelehnt worden sei, und daß endlich die Verhandlungen wegen Uebernahme der Sicherheitspolizei ergebnißlos sein würden. Stadtv. Kreitling beantragte dagegen die Ueberweisung des Antrags an einen Ausschuß. Nach längerer Debatte, an welcher sich außer den Antragstellern auch der Ober⸗Bürgermeister Zelle betheiligte, wurde ein Antrag des Stadtverordneten Singer, die weitere Berathung über diesen Gegenstand auf unbestimmte Zeit zu vertagen, angenommen. — Die Versammlung erklärte sich sodann mit der Beleuchtung des das Kaiser Wilhelm⸗Denkmal umgebenden Säulenganges durch fünf elektrische Bogenlampen einverstanden. Dagegen wurde eine Vorlage des Magistrats, betreffend die Dienstalterszulagen der Magistrats⸗ Sekretäre, mit allen gegen eine Stimme abgelehnt. — Auf die öffent⸗ liche folgte eine geheime Sitzung.
Die von der EEEEEEEEö’ in Jena veranstalteten volksthümlichen Universitäts⸗Kurse, welche mit Beginn des Winters ihren Anfang genommen haben, erfreuen sich einer sehr lebhaften Betheiligung. Als Dozenten sind unter Anderen thätig die Herren Professor Dr. Detmer, der in seinem Kursus über Botanik etwa 150, und der Universitäts⸗ Bibliothekar Dr. Steinhausen, der etwa 130 Zuhörer in seinen Vorlesungen über Kulturgeschichte vereinigt. Ferner wirken mit die Herren Hofrath, Professor Dr. Gärtner (über Hygiene) und Herr Privatdozent Dr. Straebel (Experimental⸗Physik). Sehr erfreulich ist, daß die Kurse einen wirklich volksthümlichen Charakter angenommen haben und unter starker Betheiligung von Arbeitern, Kaufleuten, Lehrern, Lehrerinnen u. s. w. stattfinden. Zu näherer Auskunft ist die Ge⸗ schäftsstelle der Comenius⸗Gesellschaft, Berlin W.⸗Charlottenburg, Berliner Straße 22, gern bereit.
Saalfeld (Saale), 16. November. Im Dorfe Steinheid im Thüringer Walde, dessen Bewohner bis vor wenig Jahren eine Spezialität der Holzwaarenindustrie, die Schachtelmacherei, betrieben,
Musik von Hector Berlioz. Nenues Theater.
tung vom Ober. Inspektor Brandt. sprünge. 260. Vorstellung. Goldfische. sereeuna,
artleben. Anfang 7 ½ Uhr.
232 Vorstellung. Der
Der Vorverkauf
bearbeitet von Ludwig Rellstab. 7 Uhr.
261. Vorste ung. Se. ee 0
Schiller⸗Theater. Sonnab
Ein Ehrenwort. Sonntag: Demetrius.
oologischer Garten.) Sonn
hof tatt. eise der Plätze: 3, 2, 3 Uhr: Nufcole een niche 5ö5 Preisen: Maria Stuart. — Ab
Louis Herrmann.
Das Ewig⸗Mänuliche.) Sonntag: Treue.
(Teja. Fritzchen.
Sonnabend: König
Mit neuer Ausstattung an Kostü
Linke.
Sonnabend: Zum ersten
Schauspiel in 4 Akten von von Julius Fiitzsche.
(Georg Engels als
Sonnabend: Das Wetterhäu or no.
es tenailles.) servieu. Für die ora Laudé. — Lustspiel in
Luard Selby. — Darauf:
bearbeitet von von M. Boucheron.
Anfang 7 ½ Uhr Die kten von Henrik
Zum ersten Male: Schwank in 3 Akten von Alexandre
Bentral⸗Theater. Alte Direktion: Richard Schultz. Thomas a. G. Eine wild Ausstattungsposse
Schiffbauerdamm 4 a./5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Bock⸗ Schwank in 3 Akten von Paul Hirsch⸗ Kraatz. — Vorher: Die sittliche Komödie in 1 Alt von Otto Erich
Sonntag, Abends 7 ⅛⅞ Uhr: Der Hüttenbesitzer. Schauspiel in 4 Akten von Georges Oh Montag und folgende Tage: Bocksprünge. —
Vorher: Die sittliche Forderung. zu dem Duse⸗Gastspiel findet täglich an der Kasse des Neuen Theaters statt.
Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn⸗ Erste Schüler⸗Vorstellun
ersten Male: Schiedsmann Hempel. Volksstück mit Gesang in 4 Akten von Julius Keller und Musik von Gustav Steffens.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Der Che⸗ mann vor der Thür. Komische Operette in 1 Akt 8— von Carl Treumann. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Korolanyi. — Hierauf:
und Requisiten: Unter den Linden. Balletphantasie in 3 Akten von Benno Jacobson. Dirigent: Herr Kapellmeister Dahms. choreographische Theil arrangiert und einstudiert vom Balletmeister Greco Poggiolesi. In Scene gesetzt Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Der Pfarrer von Kirchfeld.
Thalia⸗-Theater (vorm. Adolph Ernst⸗Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann.
Musikalisches Genrebild von Adrian Roß. Deutsch von Hermann Hirschel. Musik von Bertram Zwei Schwieger⸗
öhne! (Surnuméraire.) Schwank in 2 ouch Deutsch von Max Schoenau.
Sonntag: Gebildete Menschen.
Montag und folgende Tage: Das Wetter⸗ hänschen. — Zwei Schwiegersöhne!
Sonnabend: d T 6 Bild mit Gesang und Tanz in 6 Bi ern!
ist dieser Seeeg durch die Metallwaarenindustrie vollständig lahmgelegt worden. ls Ersatz wurde die Anfertigung von Glas⸗ waaren, speziell von Christbaumschmuck aus Glas, eingeführt, und um den geschickten Arbeitern für ihre Erzeugnisse den nöthigen Absatz zu sichern, hatten sich unter Führung des Ortsgeistlichen, Pfarrers Roth, wie im Vorjahr einige Männer zusammengethan, die ohne jeden Nutzen für sich zu Gunsten der Arbeiter den Vertrieb in die Hand hatten. Schon waren die Vorbereitungen für den diesjährigen Versand getroffen, als plötzlich Mitte Oktober Pfarrer Roth aus diesem Lehen abgerufen wurde. Aber das von ihm mit unsäglicher Mühe geschaffene Werk soll fortbestehen. Die Gattin des Verstorbenen hat für dieses Jahr die Leitung des Versandes übernommen. Es werden Kistchen abgegeben zum Preis von 4, 5 und 10 ℳ und Bahnkisten zu 20 ℳ frei inkl. Verpackung. Die Kisten enthalten geschmackvolle Sortimente des Christbaumschmucks. Bestellungen, denen man den Betrag bei⸗ fügen wolle, sind zu richten an Frau Pfarrer Roth, Steinheid in Thüringen. Die Käufer seien darauf aufmerksam gemacht, daß sie, wenn sie ihren Bedarf von dort decken, S1 . beitragen daß in jenem hochgelegenen Dörflein, welches der Winter meist tief in Schnee zu betten pflegt, ein freundliches Weihnachtslichtlein am Christabend leuchtet in den kleinen Häuschen, in denen fxeßige und Hände thätig sind vom frühen Morzgen bis zur sinkenden acht.
Köln, 20. November. Ueber das gestern gemeldete Gruben⸗ unglück auf der Zeche „General Blumenthal“ veröffentlicht die heutige „Kölnische Zeitung“ folgende Einzelheiten: Die ’“ erfolgte gestern kurz nach 9 ½ Uhr im Flötz 1 auf Sohle 4 in 570 m Tiefe. Von 32 Eingefahrenen fanden ein Betriebsführer und 24 Bergleute, zumeist Familien⸗ väter, den Tod. Bergrath Kirstein und der technische Direktor Drießen fuhren sofort mit Rettungsmannschaften an den Ort des Unglücks. Zwei Stunden nach der Explosion waren die Leichen geborgen, ein normaler Wetterzug hergestellt und weitere Gefahr ausgeschlossen. Die größere Zahl der übrigen Betriebe war von dem Unfall unberührt geblieben, sodaß der Betrieb keine Unter⸗ brechung erleidet. Eine amtliche Untersuchung ist durch den Bergrath Kirstein eingeleitet. Die Leichen konnten nur langsam gefördert werden. 3 schwer und 2 leichter Verletzte wurden ins Krankenhaus gebracht. Aerzte waren sofort zur Stelle. Die Beerdigung der Todten erfolgt am Sonntag in Recklinghausen. Viele Todte waren Polen. — Die „Rheinisch⸗Westfälische Zeitung“ meldet, daß die Ursachen des Gruben⸗ unglücks noch nicht bekannt seien. Die Wetterführung sei in bester Ordnung gewesen.
Douarnenez eingegangenen, vom „W. T. B.“ wiedergegebenen Telegramm sank das Torpedoboot 83 infolge eines Zusammen⸗ stoßes mit dem Torpedoboot 61 bei dem Cap de la Chovre. Das Schicksal der Besatzung ist noch unbekannt. Der e fand um 3 ½ Uhr statt während einer Angriffsübung. Das Torpedo⸗ boot. 61 stieß xegen die Steuerbordseite des Torpedo⸗ bootes 83 und verursachte ein Leck in den Schotten. Das Wasser drang in den Maschinenraum ein; die Mannschaft sprang in die Barken oder in das Wasser. Das Torpedoboot 83 sank 5 Minuten später gegenüber dem Cap de la Chévre in der Bai von Douarnenez. Durch die Signale des Keen wurden der Dampfer „Glaneuse“ und der Kutter „Jeanne d’'Arc“ herbeigerufen. Letzterer nahm 3 Verwundete des Torpedoboots 61 und einen am Kopfe schwer Verwundeten des Torpedoboots 83 auf. Die drei Fahrzeuge trafen um 9 ½ Uhr im Hafen ein. Bei dem Zusammenstoß verschwand der Heizerlehrling des Torpedoboots 83 in den Wellen.
Atbhen, 19. November. Nach dem Ergebniß der letzten Zählung beläuft sich die Bevölkerung Griechenlands, abgesehen von den im Auslande lebenden Griechen, auf 2 418 000. Die Vermehrung seit 1889 beträgt 230 000 Personen. Athen zählt 128 000 Einwohner.
* *
von W. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödehofer. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Einmalige Aufführung von: Marianne, ein Weib aus dem Volke. Montag und die folgenden Tage: Eine wilde
Sache.
net.
Konzerte.
Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Konzert der Koloratursängerin Poddie Noß mit dem Philharmonischen Orchester (Dir.:
fessor F. Mannstaedt). 8
end, Abends 8 Uhr:
Konzerthaus. Karl Meyder⸗Konzert. 8
Auf vielseitigen Wunsch: Johann Strauß⸗Abend. Phantasie aus der Operette „Waldmeister“
abend, Nachmittags 822).
zu ermäßigten ends 7 ½ Uhr: Zum
Familien⸗Nachrichten.
von der Heyden⸗Rynsch (Dü 8 — Hrn. Museums⸗Inspektor, pesfess Dr. P. J. Meier Braunschweig). — Hrn. Oberpfarrer Haensel (Kroftersälbe b. Woldenberg). — Hrn. Amtsrichter Dr. Lorenz Beelitz Mark). — Eine Tochter: Hrn. Landgerichts⸗Rath Loewe (Berlin). Gestorben: Hr. Administrator Richard Hartmann
(Reischvitz b. Bergen a. R.). — Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Adolph von Hake Seste. a. O.) — Hr. Otto Wesendonck (Berlin). — Hr. Oberarzt Dr. Hans Schmid (Stettin). — Fr. Amtsrath Auguste Nette, geb. Wendenburg (Cöthen). — Verw. Fr. Hofkammer⸗Präsident Henriette König, geb. Habicht (Bückeburg). — Hr. General⸗Lieut. z. D. Hugo von Rauchhaupt (Berlin). — Fr.
nuptmann Paula Maercker eeb. Ferpper Danzig⸗Langfuhr). — Hr. Gerichts⸗ ssessor Arthur
znitzky (Moelowi ). — Hr. Major a. D. Eduard Großer (Soden a. Taunus). — Hr. Regierungs⸗ und Baurath a. D. Hermann Leßhafft Ernich. — gr. Professor Dr Ferdinand Dümmler (Base — Verw. Fr. Rechnungs⸗Rath Henriette Wamser, geb. Voltz (Darmstadt).
men, Dekorationen
Musik von Paul 8 Der
Sschen. (Weather
4 Akten
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Geahe 1 Sieben Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage).
8 8
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Jakobstraße
e Sache.
Brest, 19. November. Nach einem an die Seebehörde aus
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) 1
Pro⸗
Sonnabend, den 21. November, Abends 7 Uhr:
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Frhrn. 8
Deutscher Reichstag. 127. Sitzung vom 19. November 1896, 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fötsezang der Besprechung der Interpellationen der Abgg. Munckel (fr. Volksp.) und Genossen wegen der Duellfrage und des Falles von Brüsewitz.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Nach dem Abg. Grafen von Bernstorff (Rp.) nimmt
das Wort der Abg. Rickert (fr. Vgg.): Ob Graf Stolberg im Namen aller seiner Freunde gesprochen, war nicht recht zu erkennen. Er meinte, die Duelle seien nicht durch Gesetze zu beseitigen. Wenn er meint, daß der geadelte Mord im Duell ebensowenig beseitigt werden könne wie ein anderer Mord, so hat er Recht. Aber daß die Duelle gesetzlich sanktioniert bleiben sollen, das ist unrichtig. Den ungünstigen Ein⸗ druck, den die Rede des Kriegs⸗Ministers gemacht hat, hat das Lesen derselben beseitigt; die Nothwehr steht darnach nicht im Zusammen⸗ hange mit dem Fall Brüsewitz. Daß das Offizierkorps den Fall ebenso bedauert, wie jeder Andere, ist selbstverständlich. Der eine Fall kann nicht dem ganzen Stande zur Last gelegt, aber er sollte auch von niemandem beschönigt werden. Erstaunen mußten des Ministers Mittheilungen über den Charakter des Getödteten erregen; er hätte damit ebenso warten sollen, wie er uns aufforderte, mit unserem Urtheil über Brüsewitz zu warten bis zur Beendigung des Prozesses. Nicht die Karlsruher Blutthat an sich hat Aufsehen erregt, sondern der ganze Zusammenhang derselben mit anderen Dingen. Durch die einzelnen Zeitungsartikel wird das Volk nicht erregt. Von einer Verhetzung durch die Presse kann keine Rede sein; es sind doch nicht leichtsinnige Leute, welche die von Gotha ausgehende Petition unterschrieben haben. Man findet darunter die Namen von hoch⸗ gestellten Beamten. Durch die Maßregeln, welche der Reichskanzler in Aussicht gestellt hat, wird ein großer Fortschritt gemacht werden. Ich wünschte, daß die eingesetzte millfärische Kommission recht schnell arbeiten und ihre Arbeiten bald die Allerhöchste Bestätigung finden würden. Die Sitte muß dann weiter zur Beseitigung des Duells beitragen. 1894 erklärte der bayerische Kriegs⸗Minister, daß den Aspiranten, welche das Duell grundsätzlich verweigern, der Zugang m den Offizierstellen nicht versperrt werden soll, daß ferner Offiziere nicht aus dem Offizierstande ausgeschlossen werden sollen, weil sie das Duell verwerfen. In Preußen bestehen leider solche Bestim⸗ mungen, welche das Duell erzwingen; ich erinnere nur an den verstorbenen Abg. Hinze. Der Katechismus, der in den Kadetten⸗Anstalten gebraucht wird, verurtheilt das Duell als unchrist⸗ liches Faustrecht. Nicht so erfreulich war die Erklärung des Reichs⸗ kanzlers, daß wir abwarten sollen, welchen Erfolg die Aenderung über die Ehrengerichte haben werde. Das heißt, die anze Reform, die eine unbedingte und dringende ist, die von der Gesamanthefl des deutschen Volkes erwartet wird, verschieben. Jeder Monat, jedes Jahr, welches hingeht, ohne Abhilfe zu bringen, wird Verbitterung und Verwirrung der Rechtsbegriffe herbeiführen. Auch die kirchlichen Körperschaften verlangen sofortige Abhilfe. Es ist doch nicht so schwierig, die gesetzgeberische Gestaltung dieser Frage vorzunehmen. Ich weise auf die Rede des Professors Kaufmann auf der Provinzial⸗ Synode zu Breslau hin, der das Duell als das Recht der Romdies in Glacéhandschuhen bezeichnete. Die Ansicht theilt das Volk, und es ist bedauerlich, daß noch immer Leute von Besitz und Bildung sich diesen Vorurtheilen aus gesellschaftlichen Gründen unterwerfen. Ein parlamentarisches Duell hat nicht mehr stattgefunden; wir sind dazu zu vernünftig. Und was vertragen wir nicht im Parlament in der Hitze des Gefechts! Diese parlamentarischen Ge⸗ bräuche werden sich schließlich auch außerhalb des Parlaments geltend machen. Ich werde mir erlauben, zu beantragen, den Antrag Munckel wegen Aenderung des Strafgesetzbuches bezüglich des Duells auf die Tagesordnung zu setzen, damit er an eine Kommission überwiesen und ein Beschluß des Reichstags herbeigeführt werden kann. Die Anschauungen über das Duell in den sogenannten besseren Ständen müssen geändert werden. Die Gesetze anderer Staaten, in Oester⸗ reich, Rußland u. s. w., sind viel strenger als unsere Gesetze. Ueber eine Verschärfung der Beleidigungsstrafen können wir nicht so leicht hinweggehen. Einstweilen neige ich mehr zur Ansicht des Abg Bebel, der eine solche Verschärfung nicht will. Wenn die Strafen für das Duell den Strafen für die ähnlichen Verbrechen angenähert würden, wenn die Begnadigungen, für welche die Minister verantwortlich sind, wegfallen, dann wird bald eine Besserung eintreten. Wenn Friedrich der Große einen Kongreß der europäischen Fürsten für nothwendig erachtete zur Beseitigung der barbarischen Sitte des Duells, wenn er die Duellanten entehren wollte, so sollten in der heutigen Zeit der vorgeschrittenen Zivilisation die Parlamente die Forderung dringend und nachdrücklich erheben, daß die Duelle beseitigt werden. Entweder haben Sie die Kraft, diesen Anschauungen der oberen Zehn⸗ tausend rücksichtslos entgegenzutreten, oder Sie werden in der Masse, in den Millionen eine Erbitterung hervorrufen, die wahrhaftig nicht zu Gunsten unseres Staats sein wird. Ein Gesetzesparagraph gilt so viel wie der andere; wenn aber ein Paragraph nur für eine be⸗ stimmte Klasse der Bevölkerung Geltung haben soll, so können Sie sich nicht wundern, wenn auch die Anschauung über die Paragraphen, welche den Staat schützen sollen, lockerer wird und man auf diesem Gebiete zur „Nothwehr’ schreitet. Derartige Dinge dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden; die öffentliche Meinung ist darüber erregt, die Bewegung kommt von innen heraus und wird sich nicht mehr beruhigen, bis diese Ungleichheit beseitigt ist. Darum hoffe ich, daß Sie den Antrag Munckel bald berathen und an eine Kom⸗ mission verweisen werden, damit wir gesetzlich unsere Forderung stellen. Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗Major Freiherr Reichlin von Meldegg: Der Herr Abg. Rickert hat auch bei seinen heutigen Ausführungen wiederum auf Bayern hin⸗ gewiesen und aus einer Aeußerung des bayerischen Kriegs⸗Ministers, welche der Herr Abgeordnete aus einer längeren Erklärung des Herrn Ministers in der Kammer der Abgeordneten am 24. Januar 1894 erausgenommen hat, für sich die Anschauung abgeleitet, daß die Ver⸗ hältnisse hinsichtlich der Beurtheilung und Behandlung ehrengericht⸗ licher Angelegenheiten in der bayerischen Armee anders, nach seiner Anschauung günstiger gelagert seien, als in der preußischen. Der Herr Abgeordnele hat denn auch den bayerischen Verhältnissen besonderes Lob gespendet Ein Lob, das in diesem Saal den bayerischen Verhält⸗ nissen gezollt wird, kann an sich dankbar acceptirt werden. Gerade in diesem Falle aber muß ein solches Lob mit besonderer Vorsicht auf⸗ genommen werden, da ich mich nicht ganz des Gefühles entschlagen kann, daß dieses Lob in der Hauptsache darauf hinzielt, auf der anderen Seite die gleichen Verhältnisse im preußischen Offizierkorps minder gut erscheinen zu lassen und als im vermeintlichen Gegensatz zu dem unsrigen stehend hinzustellen. Ich kann in dieser Hinsicht nur wiederholt auf meine jüngst gegebene Erklärung zurückgreifen und möoͤc te neuerdings betonen, daß die ehrengerichtlichen Bestimmungen in Bayern vollkommen die gleichen sind wie in Preußen und bei den übrigen Bundeskontingenten, wie auch die Auffassung, welche in dem von mir jüngst berührten Spezialfalle zur Korrektur des ehrengericht⸗ lichen Verfahrens geführt hat, nach der Erklärung des preußischen pyem Kriege⸗Ministers vollkommen sich deckt mit den hiesigen An⸗ ngen. 1.
Berlin, Freitag, den 20. November
Abg Freiherr von Hodenberg (b. k. F.): Wir haben uns im April an der Duelldebatte nicht betheiligt, weil wir den Reichstag nicht für das richtige Forum dafür hielten; wir haben unsere Meinung in der Presse dargelegt. Den optimistischen Auseinander⸗ setzungen des Grafen Bernstorff kann ich mich nicht anschließen. Was vom Bundesrath gesagt worden ist, wird nicht in großem Maße dazu beitragen, die 8 der Anhänger des Duells zu vermindern. Wir sollten uns das österreichische Muster aneignen, die Duelle mit dem Säbel zulassen, und die Reserveoffiziere follten den Ehrengerichten ihrer Regimenter unterstellt werden, nicht den hauptsächlich mft Rück⸗ sicht auf die Ersparniß an Reisekosten gebildeten Ehrengerichten der Bezirkskommandos. Ein welfischer adliger Gutsbesitzer könnte . VB. in erregten Wahlzeiten einem Ehrengericht unterstellt werden, dem nur nationalliberale Hofbesitzer angehören; im gewöhnlichen Leben würden solche Richter als befangen abgelehnt werden können. Die Lust zu verleumden und zu beleidigen wächst immer mehr an in Deutschland, und darin liegt der Hauptgrund, daß zur Selbsthilfe im Duell gegriffen wird. Wie steht es bei den Parteien? Wenn Herr Bebel mit gutem Gewissen redet, so spricht er gut. Wenn er aber mit schlechtem Gewissen redet, dann wird seine Rede zur Manier, denn er kann nicht den einzelnen Fall verallgemeinern; im Lande geschieht das aber und die Presse wirkt verhetzend. Die Nationalliberalen haben jeden Katholsken oder Welfen als Reichsfeind verschrien und jede Schauernachricht wurde von der Presse verbreitet. Auch die welfische Presse hat es vielleicht mit der Ehre ihrer Mitmenschen nicht genau genommen. Aber das war schließlich im Kampf und eine gewisse Nothwehr. Als evangelischer Christ muß ich mit Beschämung gestehen, daß die katholische Partei und Presse sich nach den Vor⸗ schriften ihrer Kirche richten. Die Rechtsparteien könnten dafür sorgen, daß ihre Presse sich von Verleumdungen freihielte. Die Presse ist gar keine Macht. Heute, am Ende des liberalen neunzehnten Jahrhunderts, steht die Monarchie noch so fest und gilt das Wort des Monarchen noch so viel, daß ein Einschreiten von Allerhöchster Stelle dem Duellunwesen ein Ende machen kann. Daß die Allerhöchste Aeußerung hier nicht kritisiert werden soll, ist eine preußische Er⸗ findung; in anderen Staaten gilt dieser Grundsatz nicht. Ich will keine Aenderung heute herbeiführen. Aber ich richte an die Aller⸗ höchste Stelle die Bitte, mit einem Machtworte einzutreten. Nur so wird ein Resultat zu erwarten sein.
Abg. Lenzmann (fr. Vp.): Ich muß den Vorwurf, daß die Presse und daß wir hier im Parlamente verhetzen sollen, entschieden zurückweisen. Wir wollen nicht verhetzen; wenn wir das gewollt hätten, hätten wir den Fall Brüsewitz gesondert behandelt, dann hätte man ihn aufbauschen können wie seiner Zeit den Fall Peters. Wenn hunderttausend Deutsche sich zur Unterzeichnung einer Petition entschlossen haben, so beweist das, daß der Fall stark genug ist, die Entrüstung zu erregen, ohne daß es einer Ver⸗ hetzung bedurfte. Allerdings haben sich Einzelne geweigert, die Petition zu unterzeichnen, weil sie eine Schädigung ihrer Carrière befürchteten. Daß eine solche Kundgebung oben verstimmt, zeigt die Beschlagnahme des illustrierten Blattes „Reporter“ auf höheren Be⸗ fehl, ohne richterliche Mitwirkung. Wir haben lange genug ge⸗ wartet. Ein wunderbarer Widerspruch! Im Wege der Be⸗ gnadigung werden die Strafbestimmungen außer Wirksamkeit gesetzt und man will andere Strafbestimmungen verschärfen. Das Be⸗ gnadigungsrecht ist allerdings Ausfluß der Landeshoheit; aber wir haben im Art. 4 der deutschen Verfassung die Bestimmung, daß der Reichstag auch zu wachen hat über die Ausführung der Reichsgesetze, namentlich auch der Strafgesetze. Wir sind also vollständig be⸗ rechtigt, Kritik an den Gnadenakten zu üben, wie wir ja vielleicht auch dazu kommen werden, an der Begnadigung der wegen Mißhandlung bestraften Polizeibeamten Kritik zu üben. Wenn der oberste Kriegsherr die Erklärung abgiebt, daß die Duelle bestraft werden sollen, daß die Verweigerung des Duells nicht mehr ehrlos macht, dann wird mehr geschehen, als durch die Sechserkommission, welche jetzt eingerichtet worden ist, erreicht werden kann. Ein Armeebefehl in Oesterreich⸗Ungarn hat das Duell dort beseitigt. Ich bedauere, konstatieren zu müssen, daß, während in den Erklärungen des Reichs⸗ kanzlers wenigstens ein Entgegenkommen gegen den Wunsch des Volkes zu finden war, in den Worten des Kriegs⸗Ministers das Gegentheil zu finden ist, nämlich, gelinde ausgedrückt, mindestens eine recht unzarte und schroffe Zurückweisung dessen, was das Volk über den Fall denkt und wünscht. Wir haben uns mit dem Vorgänger des Herrn Kriegs⸗Ministers, Herrn von Bronsart wacker herumgestritten, und ich habe ihm, wenn er das Bürgerthum angriff, nichts ge⸗ schenkt. Es war aber eine Art Vergnügen, mit ihm zu streiten, im Gegensatz zu der Kampfesweise des jetzigen Kriegs⸗Ministers. Im Falle Kirchhoff entschuldigte Herr von Bronsart diesen Offizier nicht damit, daß er besonders geartet, sondern weil sein Kind verletzt war und weil seine Vaterstellung ihn dam berechtigte. Bezeichnend ist, daß der vorige Kriegs⸗Minister ging, weil er an der höchsten Stelle die von ihm gewünschte Militär⸗Strafprozeßordnung nicht durchsetzen konnte, wenn auch andere Gründe mitgespielt haben mögen. Sein Nachfolger scheint zu dieser Reform nicht gewillt zu sein. Nach seiner vorgestrigen Rede verspreche ich mir von der neuen Vorlage wenig. Er warnte davor, diesen einen Fall als Material gegen den ganzen Offizierstand zu verallgemeinern. Es fällt keinem Menschen ein, den Offizierstand dafür verantwortlich zu machen, aber diese That eines einzelnen Offiziers hat ihre Entschuldigung gefunden bei einem der ersten Offiziere im Deutschen Reich, dem peeußischen Kriegs⸗ Minister. Herr von Bronsart hätte dagegen gesagt: Nehmen Sie ihn hin, es ist ein gewöhnlicher, gemeiner Verbrecher; er soll ver⸗ urtheilt werden. Selbst eine konservative Zeitung hat gesagt: in diesem alle seien die Epauletten und der Degen nur zufällige Aecidenz⸗ tücke des Mannes gewesen. Solche Fälle sind auch nicht so ver⸗ einzelt. Ja, wir haben andere authentisch verbriefte Fälle, in welchen Offiziere die ihnen zu andern Zwecken anvertraute gegen Zivilisten zogen, z. B. den Fall, in hwelchem das souveräne Volk einem betrunkenen Zahlmeister die Lektion ertheilte, die er verdiente. Auch in dem Falle im Riesengebirge bekam der Offizsier gleich seine Lektion. Gott sei Dank, sind Fälle von solcher Scheußlichkeit wie der Brüsewitz'sche Unica. aß der Offizierstand eine besondere Ehre habe, ist absolut falsch. Die Ehre des Arbeiters, Handwerkers, Landwirths, Kaufmanns, des Juristen, des Beamten steht ebenso hoch wie die des Offiziers. Die Ehre ist ein absoluter dr d. und nicht steigerungsfähig. Die Anschauung des Abg. Bachem, die über⸗ spannte Ehre des Militärs habe ihre Berechtigung in dem Stande selbst, hätte ich von einem Juristen am allerwenigsten erwartet. Was 8* 1 den Offizier, seine Ehre höher zu stellen? Ich stelle den Offizierstand unter keinen Stand, aber auch über keinen Stand. Aus welchen inneren Gründen spricht man hier von einem ersten Stand im Staate? Auf dem Gebiete der Sittlichkeit steht kein Stand unter dem Offizierstand. Für die Gesammtheit ist der Offizier⸗ und Soldatenstand nöthig, aber daß er das ist, ist bedauerlich. Der Gesammtheit nützt jeder andere, jeder produktive Stand weit mehr als der Stand, der nur zum Schutze der anderen Stände be⸗ rufen ist. Die Aeußerungen des Abg. Bassermann sind nichts Anderes, als der Niederschlag der Ansichten des sogenannten 5 Bürger⸗ thums. Es ist doppelt bedauerlich, daß gerade im Reserveoffizier⸗ thum eine Menge Leute existieren, die den Bürgerstolz verloren haben und, da sie zmei Stände in sich vereinigen, zu dem wunderbaren
Resultat kommen, den Stand, der ihr erster sein sollte, dem sie ihr Leben gewidmet haben, zurücktreten zu lassen und den Stand, dem
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sie gewissermaßen nur im Nebenamte angehören, in den Vorder⸗ grund zu stellen. Ich tadele das bei den Bürgern, die auch dem Militär angehören. Wir müssen das bekämpfen. Die Leute, die so etwas thun, denken nicht daran, daß sie nicht bloß ihre eigene bürgerliche Person, sondern auch ihren Stand dadurch heruntersetzen. Daß der Fall Brüsewitz mit der Frage der Ehre nicht zusammen⸗ hänge, entspricht nicht den Thatsachen; denn Brüsewitz hat selbst erklärt: „Meine Ehre ist kaput; ich muß meine Entlassung nehmen.“ Wenn die Akten etwas Anderes ergeben, so geben sie ein falsches Bild. Brüsewitz wurde nicht sofort verhaftet, was bei einem Zivilmörder ohne weiteres geschehen würde. Dem letzteren hätte man auch nicht gestattet, sich mit den Zeugen fortan zu unterhalten. Mit dem Untersuchungsgefangenen darf niemand ohne Genehmigung des Richters sprechen, während Brüsewitz sich mit Offizieren seines Regiments auf dem Spaziergange in heiterer Weise unter⸗ hielt. Daß ein Offizier sich in der Nothwehr befinde, wenn er in seiner Ehre angegriffen wird, ist nicht richtig. Dabei giebt es keinen der Nothwehr, wie bei einem körperlichen Angriff. Vom
riegs⸗Minister ist mitgetheilt worden, daß Brüsewitz wegen Todt⸗ schlag an eklagt sei. ie kann man da von einem Todtschlag reden! Das Ereigniß ist in seinen ersten Anfängen vielleicht nicht ganz klar; aber die That selbst war von Anfang an klar: der Lieutenant griff nicht zum Degen, als ihm die Ehrverletzung zugefügt wurde, sondern er ließ eine geraume Zeit darüber vergehen, während welchen Zeitraums er mit dem Wirth und den Gästen sprach und auf den Siepmann aufpaßte. „Er hat gehört, wie Siepmann um Gnade bat, und dann hat er ihn hinterrücks gestochen. Das ist ein wohlüberlegter Mord. Der Kriegs⸗Minister wollte mildernde Um⸗ stände fest tellen in der Person des Angeklagten und des Getödteten. Er hätte sie allein in den von ihm vertheidigten Institutionen finden können. Der Vorgänger des Kriegs⸗Ministers würde den Mann einfach geopfert und nicht in Schu genommen haben. Den im Grabe liegenden unschuldigen 8. hat der Kriegs⸗Minister in ungünstiges Licht gestellt. Ich habe mich darnach erkundigt und kann mit Genugthuung feststellen, daß dem Getödteten Unrecht geschehen ist mit dieser Charakterisierung. Die Karlsruher Patronenfabrik ist sehr streng militärisch organisiert. Siepmann ist entlassen nicht wegen Streitigkeiten, sondern weil er dem Strikeführer Vorhaltungen gemacht hat über die Verhetzung der Arbeiter, während der Strikeführer zuerst wieder die Arbeit auf⸗ nahm. Weshalb hat man die letzten Arbeitgeber Siepmann'’s nicht vernommen? Weshalb hat man sich bei der Ortsbehörde nicht er⸗ kundigt? Eine Anzahl von Attesten weist es mit Entrüstung zurück, daß Siepmann ein Raufbold gewesen sei; im Gegentheil, es wird ihm eine musterhafte Führung bescheinigt. Von seiner Militärbehörde hat Siepmann das Zeugniß erhalten, daß er sich während der Dienst⸗ zeit dienstlich und moralisch sehr gut geführt und keinerlei Dis⸗ ziplinarstrafe erlitten hat. Diesem Heugcß wird man wohl vertrauen. Das hier festzustellen, sind wir der Ehre des Getödteten schuldig. Wir werden das Urtheil mit seiner Begründung abwarten und werden seiner Zeit das Verlangen danach wiederholen. Denken Sie nicht, daß der Fall damit erledigt sei, daß er verurtheilt ist; wir werden darauf zurückkommen, weil er das Produkt der Institution ist. Deshalb ist dieser Fall der beste Mitkämpfer für uns zur Erlangung einer Reform der Militär⸗Strafprozeßordnung. Der Geist des ermordeten Siepmann wird der Reichsregierung solange vor Augen stehen, bis sie eine andere Strafprozeßordnung auch für die Armee erläßt, welche der Armee Gerechtigkeit giebt, aber auch dem Bürgerthum Gerechtigkeit gegen die Armec. Wir werden nicht ruhen und nicht rasten, bis wir diese haben. Sie sprechen von einer Königsnothwehr; es giebt aber auch eine Volksnothwehr. Hüten Sie sich, daß das Volk durch Versagung seiner stets wiederholten dringenden Forderungen am Ende zu einer Auffassung kommen könnte, daß diese Volksnothwehr auch einmal Platz greifen müsse. Jeder begeht ein Verbrechen, der die Gründe für diese Volkswehr nicht beseitigt, und ich behaupte, daß, wenn wir demnächst einmal eine Revolution bekommen, die ich nicht mehr zu erleben hoffe, diejenigen die Verantwortung auf sich nehmen müssen, welche in der Ueberhebung eines bestimmten Standes dem Volke da versagt haben, was ihm zusteht: Gleichstellung vor dem Gesetz.
Kriegs⸗Minister, General⸗Lieutenant von Goßler: 8
Ich freue mich, mit dem Herrn Vorredner wenigstens in eine Punkte einig zu sein: das ist in der Verehrung für meinen Vor⸗ gänger. Ich gebe gern zu, daß ein Vergleich zwischen uns beiden bei der Bedeutung dieses Mannes zu meinen Ungunsten ausfallen muß; aber ich kenne doch den General von Bronsart zu genau, um nicht zu wissen, daß er das nicht gethan hätte, was der He Vorredner ihm heute in die Hand geben wollte. Er hätt niemals den Lieutenant von Brüsewitz in der Weise verurtheilt, ohne die Sache zu kennen. Es ist behauptet worden, er hätte ih dem Publikum und dem Reichstage preisgegeben. Ich kann ver sichern, meine Herren, ich kenne die Akten nicht, und der Herr Vorredner hat jedenfalls von den ganzen Ereignissen eine viel bessere Kenntniß als ich. Ich habe es für meine Pflicht gehalten, mich nach dem Vorleben der betreffenden Person zu erkundigen und habe die Auskunft bekommen, die ich den Herren vorgetragen habe. Daß ich nicht in der Lage bin, Zeugnisse einzufordern und Details zu ermitteln, liegt doch auf der Hand. Ich habe vollständig objektiv urtheilen und keinem von den beiden Leuten Unrecht thun wollen. Das, was ich gesagt habe, beruht auf Mittheilungen, die mir ge⸗ macht sind.
Es ist nun behauptet worden, ich hätte den getödteten Siep⸗ mann einen „Radaubruder“ genannt. Diesen Ausdruck werde ich nie in den Mund nehmen; es ist mir nicht im Traum eingefallen, ihn zu brauchen. Das kann also nur auf einem Irrthum beruhen, und ich bedaure, daß dieser Ausdruck mir untergelegt ist. (Sehr richtig! rechts.) b
Ich habe dann noch darauf einzugehen, was der Herr Vor⸗ redner in Betreff des Strafprozesses ausgeführt hat. Er hat gesagt, daß General von Bronsart jedenfalls einen ganz anderen Ent⸗ 8 wurf eingebracht haben würde als ich. Das ist insofern nicht ganz zutreffend, als ich den Entwurf des Generals von Bronsart acceptiert habe. (Hört, hört! rechts.) In dieser Beziehung ist, glaube ich, ein Unterschied nicht vorhanden.
Dann hat der Herr Vorredner von mir behauptet — ich weiß nicht, ob er mich so genau kennt —, ich machte in meinem Verkehr mit Zivilisten einen Unterschied. Ich weiß nicht, worauf diese An⸗ schauung beruht. Ich thue das nicht. Ich pflege mit jedem Menschen stets in denjenigen Formen zu verkehren, in denen ich überhaupt zu verkehren gewohnt bin. Daß ich irgendwie, wie mir untergeschoben worden ist, einem Zivilisten gegenüber ein weniger rücksichtsvolles
Benehmen haben sollte, ist unrichtig. Mein Wunsch bei meiner ersten Rede, über die Sie ja urtheilen und kritisieren können — jeder fängt