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9 Wagen leicht beschädigt. Personen sind nicht verletzt. Eine Be.
triebsstörung hat nicht stattgefunden. Münster i. W., 29. November. Der Provinzialverban Vaterländischen Frauenvereine Westfalens hiel gestern Nachmittag unter dem Vorsitz der Gemahlin des Ober Studt im hiesigen Königlichen Schlosse eine zahlreich esuchte Vorstandssitzung ab. Aus den Verhandlungen, an denen als neugewähltes Vorstandsmitglied die Fürstin von Bentheim⸗Steinfurt zum ersten Mal theilnahm, ergab sich, daß die Entwickelung der Vaterländischen Frauen⸗Vereine in der Provinz in den letzten Jahren 8 eine so Fensig⸗ gewesen ist, wie noch nie zuvor. Die Vereine hatten am Schluß des Jahres 1892: 9568 Mitglieder und 67 103 ℳ Kapital⸗ vermögen, Ende 1893: 10 771 Mitglieder und 79 603 ℳ Kapital⸗ vermögen, Ende 1894: 11 259 Mitglieder und 99 953 ℳ Kapital- vermögen, Ende 1895: 12723 Mitglieder und 125 930 ℳ Kapital⸗ vermögen. Dazu kommt das Vermögen des Verbands⸗Vorstands, das sich seit 1892 von 9820 ℳ auf 13 200 ℳ gehoben hat. Vor kurzem sind neue Vereine in Lippstadt und Neuenkirchen gegründet worden, sodaß der Verband zur Zeit 76 Vereine zählt. Die Errichtung von Vereinen in Hattingen und Beckum wird sich hoffentlich in nicht allzuferner 8
aft wiederzugeben, auch ferner ein fruchtbares Feld bereitet werden möge, verknüpfte der Redner den wärmsten Dank für die Männer, die an leitender Stelle die Geschäfte geführt haben. Mit Mendels⸗ sohn’s Sang: „Hebe deine Augen auf“ schloß die Feier in weihevoller Weise. Derselben folgte später ein Festmahl im Englischen Hause.
Der Entwurf zu einem „Gotzkowsky⸗Schlüter⸗ Brunnen“, den die Firma Rudolph Hertzog an der Front ihres vn gesd in der Brüderstraße errichten lassen und der Stadt Berlin
uter Leitung des Gymnasial⸗Gesanglehr “ urchweg sehr erfreuliche, zum theil sogar darstellerisch wie gesanglich gradezu hervorragende Leistungen. Auch die Artillerie⸗Kapelle bestrebte sich mit gutem den stellenweise recht schwierigen Orchesterpart in befriedigender eise auszuführen und die hohe Schönheit der dem reichen Stimmungsgehalt der machtvollen antiken Festdichtung ebenso wie dem vielfach wechselnden Rhythmus der herrlichen Verse mit so feinem Verständniß gerecht werdenden Komposition nach Gebühr zur Geltung zu bringen. So machte denn auch die einen wahrhaft künstlerischen Genuß bietende, trefflich inscenierte Aufführung, die bald nach 5 Uhr begann und um 18 2 ihr Ende erreichte, auf die Hörer einen tiefen, nachhaltigen Eindruck.
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
No. 284. Berlin, Montag, den 30. November
zum Geschenk machen will, ist jetzt dem Magistrat zur endgültigen Genehmigung eingereicht worden. Die Firma hat „unter den Entwürfen denjenigen des Professors Faar gewählt. Der⸗ selbe zeigt auf der einen Seite oben das Medeaillon⸗ bild des Kaufmanns Gotzkowsky und darunter in Relief⸗Darstellung sein Bürgschaftsangebot an den russischen General Tottleben für die Stadt Berlin. Auf der anderen Seite sieht man das Medeaillon⸗ bild Andreas Schlüter's und darunter (wiederum in Relief) das Kurfürsten⸗Denkmal und das Zeughaus. Der Brunnen ähnelt in seiner Gestaltung den neuen städtischen Brunnen und wird von einem Bären gekrönt.
Mannigfaltiges. “ 8 ““ “ Die „Deutsche Gesellschaft für volksthümliche Die hundertjährige Jubelfeier des „Berlinischen Naturkunde’ veranstaltet am Mittwoch, den 2. Dezember, Abends 8 Uhr, im Bürgersaale des Rathhauses einen öffentlichen Vortrag.
dem Schluß gekommen, der mich ermächtigte, dem Urtheil des Herrn Vorredners zuzustimmen.
Die bedingte Verurtheilung ist bekanntlich zunächst eingeführt worden in einem der kleineren Staaten der nordamerikanischen Union, in Massachusetts; sie ist von dort, allerdings einigermaßen anders ge⸗ staltet, übergegangen nach England, hat ferner, wenn auch wieder in veränderter Gestalt, Nachahmung gefunden in Belgien und in Frankreich, und sie ist endlich abermals in veränderter Form
schuldigten oder zu seinen Gunsten eingelegte Revision als Be⸗ rufung behandelt. Zur entsprechenden Begründung des Rechts⸗ mittels steht Demjenigen, welcher dasselbe eingelegt hat, die Frist von einer Woche, von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab, offen.
Eine gleiche Frist wird in denjenigen Sachen, in welchen das Schöffengericht in erster Instanz erkannt hat, zur Vervollständigung der Revisionsrechtfertigung in Gemäßheit der Aufhebung des § 380 der Strafprozeßordnung gewährt.
Die eingereichte neue Rechtfertigungsschrift ist dem Gegner
Deutscher Reichstag. 135. Sitzung vom 28. November 1896, 12 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, be Ferssags ger änderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes und der Strafprozeßordnung.
e den Anfang der Sitzung wurde am Sonnabend erichtet. des Beschwerdeführers nach den bisher geltenden Bestimmungen zur In § 430 der Strafprozeßordnung beantragt L“ Beantwortung mitzutheilen. 8 8 eingeführt worden in Norwegen. Diese Länder können hagen (Soz.), die Bestimmung zu streichen, wonach Revisions⸗ Die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel en laube 1 1 2 N anträge und Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens errfolgt durch dasienige Gericht, welches nach den Bestimmungen des für uns, 1a re ih. ale .. NNNii vom Privatkläger nur durch einen Rechtsanwalt an⸗ gegenwärtigen Gesetzes zuständig ist.“ ist das Eine schon bemerkenswerth und für den vorsichtigen
Morgen, Dienstag, findet Kön gliche Parforce⸗ Jagd statt. Stelldichein: 12 ¾ Uhr Jagdschloß runewald, 1 ¼ Uhr am Saugarten.
Zeit ermöglichen lassen. — Auf den Vorschlag seines Schriftführers beschloß der Provinzial⸗Vorstand, seinen Vereinen Folgendes ganz beson⸗ ders zu empfehlen: 1) die Bildung großer Kreisvereine, wie sie in
Bürger⸗Rettungs⸗Instituts“ wurde heute “ durch einen Festakt im großen Saale des Rathhauses begangen. erleuchtete Raum war mit der Büste Seiner Majestät des Kaisers Als Vertreter der Staats⸗ regierung waren der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten reiherr von der Recke Der Kriegs⸗Minister hatte den Oberst⸗ Lieutenant von Rohrscheidt mit seiner Vertretung betraut. Für die Stadt Berlin erschien der Ober⸗Bürgermeister Zelle mit dem Stadtrath
8
und mit Blumen reich geschmückt.
D. Dr. Bosse und der Minister des Innern von der Horst anwesend.
Vor der Feier Sitzungssaale der Geheime die Allerhöchsterseits verliehenen es Opernchors eröffneten die Gott grüße Dich!“
Geheime keran nng.
Borchardt.
Schreiben:
„Seine Majestät der Kaiser und König haben aus der Immediat⸗
M. mit Interesse ersehen, am 30. d. M. zurückblickt, und nehmen an der aus diesem Anlaß geplanten Jubelfeier im Berliner Rathhause regsten Antheil. Seine Majestät bedauern, an der Feier per⸗ sönlich nicht theilnehmen zu können, und wünschen dem Institut auch errnerhin eine gedeihliche Entwickelung. Allerhöchstem Auftrage zu⸗ olge setze ich die Direktion zugleich von dem Ausdruck des Dankes Seiner Majestät für die Ueberreichung eines Exemplars der Denk⸗
eingabe der Direktion vom 11. d. M. 1 daß das Berlinische Bürger⸗Rettungs⸗Institut uf eine hundertjährige segensreiche Thätigkeit
schrift ergebenst in Kenntniß. Der Geheime
Dr. von Lucanus.“
Nachdem der Vorsitzende mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, Allerhöchstwelcher gleich Seinen Erlauchten Vorfahren Mitglied des Instituts ist, die Begrüßungsansprache geendet und der Chor Beethoven's Hymne „Die Himmel rühmen“ gesungen hatte, durch Krankheit verhinderten Justiz⸗Raths Ackermann, die von verfaßte Fest⸗
ld der Entwickelung
verlas Rentier Lademann, an Stelle des
rede, die im Anschluß an die Festschrift ein B
und Wirksamkeit des Instituts sab, das in
Jahren seines Bestehens 6044 Personen m. stützt hat. Mit der Mahnung, dafür zu wirken, werthes Bürgerthum der Stadt erhalten
ahrhundert ein Minister Wunsche, daß dem Noth gerathenen
das nächste wohne. Mit dem Instituts, dem in
—
Wetterbericht vom 30. November, 8 Uhr Morgens.
sp sius
4° R.
8
Wetter.
Stationen.
Meere
red. in Millim Temperatur
Bar. auf 0Gr.
50° C.
u. d.
bedeckt
Belmullet. 767 OSO heiter
1
Aberdeen 772 W 1
Christiansund 762 WNW S8Regen Kopenhagen. 764 NW 2 wolkig ¹) Stockholm. 758 WSW -. 1 1
Svdobo do in ° Cel⸗
aparanda . 750 wolki t. Petersbg. 759 Dun Moskau 751 bedeckt
IP d0 0 00 do0
er strahlend
Schlesien und auch schon in Westfalen — z. B. in Siegen, Iserlohn
Auszeichnungen. Feier mit Alsdann nahm der Vorsitzende des Instituts, egierungs⸗Rath Schreiner, das Wort zur Begrüßung der Er gab zugleich Kenntniß von folgendem, aus dem
mit 2 190 420 ℳ unter⸗
bleibe, Rede. Hierauf betrat der Ober⸗Bürgermeister Zelle die Tribüne, um dem Institut den Dank der Stadt auszusprechen. Er erinnerte daran, daß der erste Direktor des Instituts der Minister von der Recke ge⸗ wesen und 8 auch der heutigen Feier als ein gutes Omen für
von der edlen Bürger die
Cork, Queens⸗ b16767 Cherbourg. 767 -— 166 mburg. 768 winemünde 764 Neufahrwasser 762 Memel 761
wolkig wolkenlos halb bed. bedeckl ²) bedeckt wolkig bedeckl ³) halb bed.
770 NNO
Künster.. 772 SW Karlsruhe.. 772 NO Wiesbaden. 773 NO München 771 NO Chemnitz. 770 SSO Berlin 766 W Wien... 768 W Breslau.. 764 NW
le d'Aix. . 765 O . 766 770 b wolkenlos —
¹) Dunst. ²) Nachts Regen. ³) Gestern Schnee⸗ gestöber, Dunst. ⁴¹) Reif. ⁵) Nachts Schnee.
Uebersicht der Witterung.
Ein Hochdruckgebiet über 770 mm. erstreckt sich von Schottland südostwärts nach der Adria, während Nord⸗ und Ost⸗Europa von flachen Devpressionen überdeckt wird. Dementsprechend wehen über Deutsch⸗ land westliche Winde. Das Wetter ist in Deutsch⸗ land kalt, im Südwesten heiter, im übrigen trübe; vielfach ist Schnee gefallen, in größeren Mengen im ostpreußischen Küstengebiet; nur die westdeutsche Küste ist frostfrei. Nachlassen des Frostes im Binnenlande wahrscheinlich.
Deutsche Seewarte.
wolkenlos bedeckt wolkenlos bedeckt⁴) wolkenlos Schnee bedeckts) bedeckt Schnee heiter heiter
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Theater.
Königliche Schanspiele. Dienstag: Opern⸗ haus. 241. Vorstellung. Zum 200. Male: Die Instigen Weiber von Windsor.
„Das liebe Weihna
Mitglieder Abt's
bei steigendem Alter
erfreuen. Zu diesem und warmfühlender
Namens, aber unter gütiger
Infanterie z. D. von Schatzmeister.“
abinets⸗Rath. Museum für
Matterhorn sprechen.
den hundert einzelnen Werke, daß ein ehren⸗ Karl Buss⸗
schloß die
wiedergegeben.
Recke bei⸗ Streben des eigene
phantastische Oper in 3 Akten von Otto Nitcolai. Text von Mosenthal, nach William Shakespeare’'s gleichnamigem Lustspiel. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. (Falstaff: Herr Fritz Friedrichs als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 270. Vorstellung. Faust von Wolfgang von Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die zur Handlung gehörende Musik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Joseph von Lind⸗ paintner. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗ Inspektor Brandt. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 242. Vorstellung. Hänsel und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. — Phautasien im Bremer Nathskeller. Phan⸗ tastisches Tanzbild frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 271. Fere. Die Welt, in der man sich langweilt. Lustspiel in 3 Auf⸗ zügen von Edouard Pailleron, hersc. von Emmerich von Bukovics. (Herzogin: Fräulein Anna Haverland, als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Dienstag: Hannele’s
Hnhesabre. — Vorher: Ohne Liebe. Anfang r.
Mittwoch: Zum ersten Male: Die versunkene Glocke. Ein deutsches Märchendrama von Gerhart Hauptmann. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Der Kaufmann von Venedig.
Berliner Theater. Dienstag: Zum ersten Male: Kaiser Heinrich. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch. Renaissance.
Donnerstag: Renaissance.
Lessing⸗Theater. Dienstag: Madame Sans⸗Goêne. (Jenny Groß.) Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Der Abend. (Georg Engels als Gast.)
Donnerstag: Die goldne Eva. (Georg Engels als Gast.) 5
8 8
11“ I
Residenz⸗Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
burg. Dienstag: Verschwunden. (Disparu.)
Schwank in 3 Akten von Alexandre Bisson und André
Sylvane. Deutsch von Franz Hofer. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Bocksprünge. — Vorher: Die sitt⸗ liche Forderung.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 43./5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Bock⸗
Komisch⸗ sprünge. Schwank in 3 Akten von Paul Hirsch⸗
Herr Professor Dr. Scheibe wird sprechen über „Eigenschaften, Vor⸗ kommen und Verwendung des Diamanten“ (mit Demonstrationen).
Von dem Weihnachtscomité für Unterstützung hilfs⸗ bedürftiger Wittwen und Töchter von Veteranen der Befreiungskriege ergeht folgende Bitte:
chtsseft d” nahe. 1 1 mit banger Sorge um des Leibes Nahrung und Unterhalt entgegen. überreichte im Stadtverordneten⸗ Die Zabl der noch lebenden Veteranenwittwen und „Töchter ist seit Ober⸗Regierungs⸗Rath Harder dem Vorjahre von 212 auf 187 gesunken. zwischen 77 bis 96 Jahre alten Frauen und Jungfrauen sind an⸗ Lied Lenigsen auf die sehr mäßigen Gnaden⸗Bezüge aus den Kassen der
ehörden, von Korporationen oder Einzelpersonen.
111“ r ga 8 1 fo ehrung merzlich und bedürfen vielfach erhöhter flege. Kabinet Seiner Majestät des Kaisers und Königs eingegangenen Hilfe unserer Gönner und Freunde möchten wir auch am kommenden Weihnachtsabend die armen Verlassenen durch cine Weihnachtsgabe weck erbitten wir Geldbeiträge edelgesinnter itmenschen an Kriegerbundes, Berlin W., Kurfürstenstraße 97, ohne Beifügung eines Angabe der Bestimmung. rufen wir allen fröhlichen Gebern zu: Gott wird es vergelten! — Im Auftrage: General der Infanterie z. D. von Spitz, General der rubberg, Dr. phil. Natge, Schriftführer und
Die „Freie photographische Vereinigung“ veranstaltet
am den 3. Dezember, Abends 7 ½ Uhr, im Königlichen Völkerkunde ihren 49. Projektions⸗Abend.
mann Theodor Wund wird über das Berner Oberland
Karl Siegis mund's Buch⸗ und Antiquariatshand⸗ lung (Berlin W., Mauerstraße 68) versendet zum Weihnachtsfest gratis einen literarischen Jahresbericht und Weihnachtskatalog. Das gefällig ausgestattete Heft bietet eine Uebersicht aller bemerkenswertheren neueren literarischen Erscheinungen nebst kurzen Besprechungen der sowie unterhaltende Beiträge von Charlotte Niese,
e, Dr. K. Weitbrecht, M. Necker, Fridtiof Nansen und
Anderen. Aus den illustrierten Werken sind viele Probe⸗Abbildungen
Alle in dem Katalog aufgeführten Werke sind in der genannten Buchhandlung käuflich.
Münster i. Westf., 28. November. macht: Am 27. d. M., 1 Uhr 26 Minuten Nachmittags, entgleisten auf Bahnhof Meppen 6 Wagen des Güterzuges 552 infolge Auflaufens eines abgerissenen Zugtheils. 4 Wagen wurden erheblich,
(Deutsch von Max Schoenau.
Unsere Pfleglinge sehen ihm
Alle diese hochbetagten,
Sie empfinden jede Ent⸗ Mit
Gebrechlichkeit das Bureau des Deutschen Als Dank
spürt.
Herr Haupt⸗ und das
Amtlich wird bekannt ge⸗
8 81
berger und C. Kraatz, mit v i. einer fran⸗ zösischen Idee. — Vorher: Die sittliche Forderung. Komödie in 1 Alt von Otto Erich Hartleben. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Vierter Duse⸗Abend. La seconda moglie.]
Donnerstag: Bocksprünge. — Vorher: Die sittliche Forderung.
Schiller⸗Thenter. Dienstag, Abends 8 Uhr:
Zum ersten Male: Tedeum. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Tedeum.
Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn⸗ hof Zoologischer Garten.) Dienstag: Schiedsmann Hempel. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Schiedsmann Hempel.
Sonnabend den 5. Dezember, 3 Uhr: Dritte Schüler⸗Vorstellung: Preisen: Treue.
In Vorbereitung: Zwischen Himmel und Erde.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57.
Direktion: Julius Fritzsche. Dienstag: Der Mikado, oder: Ein Tag in Titipu. Burleske Operette in 2 Akten von W. L. Gilbert, deutsch von Julius Fritzsche. Musik von A. Sullivan. Dirigent: Herr Kapellmeister Korolanyi. — Hierauf: Unter den Linden. Balletphantasie in 3 Akten von Benno Jacobson. Musik von Paul Lincke. Dirigent: Herr Kapellmeister Dahms. Der choreo⸗ graphische Theil arrangiert und einstudiert vom Balletmeister Greco Poggiolesi. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Anfang 7 ½ Ühr.
Mittwoch: Der Mikado. — Unter den Linden.
Nachmittags Bei kleinen
Thalia⸗-Theater (vorm. Adolph Ernst⸗Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann. Dienstag: Das Wetterhäuschen. (Weather or no.) Musikalisches Genrebild von Adrian Roß. Deutsch von Hermann Hirschel. Musik von Bertram Luard Selby. — Darauf: Zwei Schwieger⸗ söhne! Schwank in 4 Akten von M. Boucheron. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Das Wetterhäuschen. — Darauf: Zwei Schwiegersöhne!
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße 30.
Direktion: Richard Schultz. Dienstag: Emil Thomas a. G. Eine wilde Sache. Große Aus⸗ stattun gposf mit Gesang und Tanz in 6 Bildern von W. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödehofer. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Eine wilde Sache.
“
Livorno, 29. November. 1 in wellenförmiger Bewegung verlaufende Erderschütterung ver⸗ p Der Bevölkerung bemächtigte sich große Bestürzung; ein Schaden wurde indeß nicht angerichtet.
New⸗York, 29. November. 1 dungen wüthete in den Thälern des Missouri und Mississippi, und zwar hauptsächlich in Minnesota, Dakota, Montana und Idaho ein Schneesturm. Der Schnee liegt stellenweise 5 m hoch. Es herrscht große Kälte. Die Eisenbahnzüge treffen entweder garnicht oder mit Verspätung ein. gegangen. Fünf Menschen sind als erfroren gemeldet; man befürchtet, daß noch mehr Personen ums Leben gekommen sind.
Bombay, 29. November. Baroda ereignete sich während eines Festes zu Ehren des Vize⸗ Königs ein schwerer Unglücksfall. Zwei Menschenhaufen begegneten sich auf einem schmalen Wege; dabei wurden 29 Personen getödtet und mehrere verletzt.
und Hörde — mit größtem Erfolge eingerichtet sind; 2) die Ein⸗ richtung von Haushaltungsschulen, die namentlich im Industriegebiet von großer sozialer Bedeutung sind, und 3) die Betheiligung an der Errichtung von Volksheilstätten für Lungenkranke, nach dem muster⸗ gültigen Vorgange von Altena.
Brest, 29. November. Ein heftiges Feuer brach heute Morgen in dem Maschinenraum des Transportschiffs „Drome“ aus, an d ssen Bord sich 60 t Pulver befanden. Dank der Anstrengungen der Marinetruppen, konnte man des Feuers gegen 11 Uhr Herr werden. Der Schaden ist beträchtlich.
Nanterre (im franz. Departement Seine), 30. November. In einer hiesigen Fabrik für Kohlenspitzen zu elektrischen Lampen explodierte, nach einer Meldung des „W. T. B.“, Vier Arbeiter wurden getödtet.
Nizza, 28. November. Die Leiche des Fürsten zu Fürsten⸗ berg wird, dem „W. T. B.“ zufolge, am Montag Abend von hier nach Donaueschingen Trauerfeier wird hier am Montag Mittag in der katholischen Kirche „St. Jean Baptiste“ stattfinden. b
übergeführt werden. Eine kirchliche
Heute früh wurde hier eine starke,
Nach hier eingetroffenen Mel⸗
Viel Vieh ist zu Grunde
„Reuter's Bureau“ meldet: In
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Konzerte.
Konzerthaus. Karl Meyder⸗Konzert.
Dienstag: Quverturen „Marco Spada“, Auber, „Die diebische Elster“, Rossini, „Die weiße Dame“. Boieldieu. Der Rattenfänger von Hameln“, symphonische Dichtung von Geisler. Walzer „Donau⸗ weibchen“ von Strauß. „Ave Maria“ von Bach⸗ Gounod, „Zigeunertanz“ für Violine von Nachez sper Schmidt.Reinecke). „Ständchen am Morgen ür Cornet⸗à⸗Piston von Wolf (Herr Werner).
Saal Bechstein. Dienstag, Anfang 7 ½ Uhr: II. Abonnements⸗Konzert mit historischem Programm von Gertrude Lucky (Mezzosopran) und Reinh. Hoffmann (Bariton).
Hotel de Rome. Dienstag, Anfang 8 Uhr Lieder⸗Abend von Frau Dr. Ida Klee.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Margarete von Fsger Füch⸗ mit Hrn. Carl Kratz (Berlin). — Frl. Anna Pauckert mit Hrn. Lieut. Grüner I. (Domäne Krumm⸗ Wohlau — Wohlau). — Frl. Else Müller mit Hrn. Pastor Gustay Geithe (Wischütz, Kr. Wohlau),
Verebelicht: Hr. Lieut. Jaeckel mit Frl. Elsa Jürst (Berlin). — Hr. Hauptmann Ludwig Holtz mit Frl. Gertrud von Heineccius (Wiesbaden). — Hr. Bürgermeister Ferdinand Tilly mit Frl. Maria Better (Salzkotten).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieut. a. D. Georg von Katte (Zolchow b. Schmetzdorf). — Hrn. Landrath von Gersdorff (Beeskow). — Hrn. Regierungs⸗Assessor und Ober⸗Steuer⸗Inspektor Haehling von Lanzenauer (Nordhausen).
Gestorben: Hr. Geheimer Sanitäts⸗Rath DPr. Leo Klein (Berlin). — Hr. Postsekretär Alois Scholz (Breslau). — n Amtsgerichts⸗Rath Franz Kuchenbuch (Müncheberg, Mark).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth
in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. 8 8 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags.
Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage). (1976 ½)
8
der Kessel.
2₰ “
sich bei den Privatklagen jetzt nicht mehr bloß
8 erhalten müßten,
zubringen sind.
Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Vierhaus erklärt, daß der Reichs⸗ tag bereits bei § 390 eine dem Antrage widersprechende Entscheidung getroffen habe.
Nach § 431 gilt die Privatklage als zurückgenommen, wenn der Kläger im Termin nicht erscheint und auch nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
Abg. Haußmann (d. Volksp.) beantragt, in diesem Falle die Klage nicht als zurückgenommen zu betrachten; vielmehr solle das Gericht in diesem Falle durch einen nach § 44 der Strasprozeßordnung an⸗ fechtbaren Beschluß aussprechen, daß der Privatkläger sämmt⸗ liche bis dahin entstandenen Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Angeklagten erwachsenen nothwendigen Auslagen zu tragen habe. Wenn in der alsbald neu anzuberaumenden weiteren Haupt⸗ verhandlung der Privatkläger weder erscheine, noch durch einen Rechts⸗ anwalt vertreten sei, oder in einem anderen Termin ausbleibe, ob⸗ wohl das Gericht sein persönliches Erscheinen angeordnet, oder eine frist nicht einhalte, die ihm unter Androhung der Einstellung des Verfahrens gesetzt gewesen sei, so solle die Privatklage als zurück⸗
ggenommen gelten.
Nachdem der Antragsteller seinen Antrag damit begründet hat, daß leicht eine Versäumung des Termins ohne Verschulden des Privat⸗ klägers stattfinden könne, erklärt
Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Vierhaus: Der Antrag wolle ein Novum nur für die Privatklage einführen, wozu ein Bedürfniß nicht vorliege, während die Annahme des Antrages zur Verschleppung des Verfahrens beitragen und zur Belästigung der Zeugen führen werde.
Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.) stimmt dem Antrag Haußmann zu, ebenso Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.), weil es 8 um Beleidigungen,
songemn auch um schwerere Vergehen, wie körperliche Verletzung u. s. w., handele.
Der Antrag Haußmann wird gegen die Stimmen der Konservativen angenommen.
Nach 8 444, welcher die Buße in der Nebenklage betrifft, kann der Anspruch auf Buße von den Erben des Verletzten nicht erhoben oder fortgesetzt werden.
b von Strombeck (Zentr.) beantragt dafür folgende Fassung: „Der Anspruch auf Buße kann von den Erben des Verletzten nur er⸗
hoben oder fortgesetzt werden, wenn durch die Strafthat ein Ver⸗
— mögensschaden verursacht worden war.“
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe erklärt sich gegen den Antrag, weil nicht bloß die Erben ein solches Recht sondern auch andere Betheiligte, Krankenkassen u. s. w., welche in solchen Fällen Ersatz ihrer Kosten verlangen Ein solcher Vermögensanspruch könne aber im Wege der
ltend gemacht werden, nicht durch die Buße. bg. Spahn (Zentr.) hält die Anerkennung des Vermögens⸗ anspruchs im Wege der Zuerkennung einer Buße für besser als durch die Verfolgung im Wege der Zivilklage. 1.“ Der Antrag wird angenommen. Zu § 482 beantragt: 8 Abg. Haußmann, auf die zu vollstreckende Freiheits⸗ sftrafe die Untersuchungshaft anzurechnen, welche der Angeklagte seit Verkündung des Urtheils erster Instanz erlitten habe. Er weist darauf hin, daß jetzt die Zeit angerechnet werde von dem Augenblick an, wo der Angeklagte auf das Rechtsmittel verzichtet habe. Da dieser Verzicht jetzt bis zum Ablauf der Frist zurückgenommen werden könne, müsse eine Aenderung eintreten. Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe erklärt sich gegen den Antrag, welcher darauf gegen die Stimmen der freisinnigen und der deutschen Volkspartei, der Scezialdemokraten und einiger Nationalliberalen abgelehnt wird.
Dem § 499 will der Abg. Stadthagen (Soz.) hinzugefügt wissen, daß die dem An⸗
könnten.
— geklagten erwachsenen nothwendigen Auslagen der Staatskasse aufzu⸗
erlegen seien. Nach dem bestehenden Gesetz könne das geschehen. Außerdem möchte er zu den Auslagen auch die Vergütung für einen durch Zeitversäumniß entstandenen Schaden gerechnet wissen. Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Vierhaus weist darauf hin, daß bei den Fduttgesehen die verbündeten Regierungen gegen einen solchen Antrag sich ausgesprochen hätten; seitdem sei nichts eingetreten, was die Stellung der verbündeten Regierungen ändern könnte. Es ver⸗ letze das Rechtsgefühl, daß ein Mann, der nur wegen mangelnder Beweise freigesprochen sei, durch Ersetzung seiner Auslagen eine rämie erhalten solle. Die Gerichte seien sehr geneigt, Ersatz der uslagen zu gewähren und seien dabei oft über das Maß des Ge⸗ setzes hinausgegangen. Für die Zeitversäumniß werde von den Ober⸗ Landesgerichten eine Vergütung meist nicht gewährt. Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) will für die Gewährung einer Vergütung für Zeitversäumniß stimmen, aber nur, wenn die Ver⸗ gütung fakultativ gewährt werde.
Der Antrag wird abgelehnt.
Es folgt der Artikel III, welcher nach der Vorlage lautet: „Dieses Gesetz tritt am in Kraft. Auf bereits anhängige Strafsachen findet dasselbe nur dann Anwendung, wenn vor dem genannten Tage ein Urtheil erster Instanz noocch nicht ergangen ist. „Wird ein vor dem.. ... ergangenes Urtheil erster Instanz in der höheren Instanz aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung in die erste Instanz zurückgewiesen, so findet dieses Gesetz auf das weitere Verfahren Anwendung. 8 Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens sind die Vorschriften dieses Köles auch dann maßgebend, wenn das Urtheil vor dem Tage des Inkrafttretens diefes Gesetzes erlassen oder rechtskräftig geworden war. 88 Die §§ 413 b — 413 e finden au diejenigen Strafsachen An⸗ wendung, in denen die im § 413 b gedachte, im Wiederaufnahme⸗ verfahren ergangene Entscheidung nach dem erfolgt ist.“ Die Kommission hat an die Stelle des zweiten und dritten Absatzes Folgendes zu setzen beschlossen: „Es findet Anwendung auf alle Strafsachen, in welchen an dem genannten Tage noch nicht rechtskräftig erkannt ist. Soweit an Gtelle der nach der bisherigen Gesetzgebung zu⸗ lässigen Revision die Berufung zugelassen ist, wird die vom Be⸗
Abg. Dr. von Buchka (d.kons.): Ich beantrage die Wieder⸗ herstellung der Vorlage. Der Kommisssonsbeschluß will die Wohl⸗ that des Gesetzes auf möglichst viele Sachen ausdehnen, die noch nicht zu einem rechtsgültigen Ürtheile geführt haben. Die Revision des Angeklagten wird als Berufung behandelt, die des Staats⸗ anwalts nicht. Es würden also in einem solchen Falle in derselben Sache die Berufung und die Revision beantragt werden.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe erklärt sich für den Antrag des Abg. Dr. von Buchka, weil man die Vor⸗ schriften über das neue Verfahren nur auf solche Strafsachen an⸗ wenden solle, in welchen noch kein Urtheil ergangen ist.
Gegen die Stimmen der Konservativen werden die Kom⸗ missionsbeschlüsse aufrecht erhalten.
Ohne Debatte wird der Art. IV angenommen, wonach der Reichskanzler ermächtigt wird, den Text des Gerichts⸗ verfassungagesehes und der Strafprozeßordnung nach dem Beschluß bekannt zu machen.
Damit ist die zweite Berathung erledigt.
Es folgt die Berathung folgender Resolutionen, welche die Kommission beantragt:
72. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, eine reichsgesetzliche
Einführung der bedingten Verurtheilung in Erwägung zu ziehen,
b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, wodurch die Vollstreckung gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen reichsgesetzlich geregelt wird.“
Abg. Roeren (Zentr.): Ich bitte, die Resolution wegen der be⸗ dingten Verurtheilung anzunehmen; denn in Preußen ist jetzt auf diesem Gebiete eine Bahn eingeschlagen worden, welche für die bedingte Verurtheilung verhängnißvoll zu werden droht. Es ist bedauerlich, daß man in Deutschland so lange mit der Einführung dieser Maßregel gewartet hat, trotzdem sie im Auslande durchgeführt und man darüber des Lobes voll ist. Auf ein unverdorbenes Gemüth, welches aus Noth oder Leichtsinn sich verfehlt hat, muß die Strasverbüßung einen niederdrückenden Einfluß ausüben. Der preußische Justiz⸗Minister hat im Abgeordnetenhause behauptet, daß die Erfahrungen in Belgien nicht unbedingt günsti gewesen seien. Ich habe darüber den belgischen Justiz⸗Minister be ragt, und derselbe erklärte die Behauptung des preußischen Justiz⸗Ministers für irrthümlich. Die bedingte Verurtheilung wird ganz regelmäßig von allen Gerichten angewendet. Die Statistik ergiebt allerdings, daß in Belgien die Zahl der Rückfälligen in den letzten fünf Jahren größer ist als in den vorhergegangenen fünf Jahren. Aber der belgische Justiz⸗Minister stellt fest, daß das von der Zunahme der Kriminalität überhaupt abhänge; denn unter den zu Gefängnißstrafen Verurtheilten befänden sich 75 % Rückfällige, während von den bedingt Verurtheilten nur 3 % rückfällig seien. In Deutschland will man durch eine bedingte Begnadigung dasselbe erreichen, was man in anderen Staaten durch die bedingte Verurtheilung erreicht. Die Staatsanwaltschaften sollen Bericht erstatten. Aber die Be⸗ gnadigung ist ein Akt der Milde, während es sich hier um ein Strafurtheil handelt. Die Prüfung des Falles, die Entscheidung der Frage, ob eine mildere Behandlung zulässig ist, steht allein dem Richter zu. Der Justiz⸗Minister kann die Fälle nicht prüfen, denn er ist angewiesen auf die Berichte der Staatsanwalte, welche wiederum nur auf den Akten beruhen. Das widersprichk den Grundsätzen einer richtigen Strafjustiz. Die bedingte Begnadigung soll wohl nur die Be⸗ wegung für die bedingte Verurtheilung ableiten, aber das wird nicht gelingen; denn die bedingte Begnadigung wird scheitern an ihrer praktischen Undurchführbarkeit, und damit dieser Prozeß beschleunigt wird, bitte ich Sie, die Resolution möglichst einstimmig anzunehmen.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieb erding:
Meine Herren! Ich hätte an und für sich keine Veranlassung, zu der Resolution, die Ihre Kommission Ihnen empfohlen hat, das Wort zu nehmen; denn nach der Resolution soll der Reichstag dem Reichskanzler nur zur Erwägung empfehlen, ob nicht das Institnt der bedingten Verurtheilung auch bei uns in Deutschland reichsgesetzlich geregelt werden soll. Nun habe ich bereits früher Gelegenheit ge⸗ habt in diesem Hause mitzutheilen, daß das Reichs⸗Justizamt die Vorgänge, die auf diesem Gebiete sich in anderen Staaten vollziehen, aufmerksam verfolge und daß das Reichs⸗Justizamt einer reichsgesetzlichen Regelung prinzipiell nicht entgegen sei. Hieraus folgt nach der ganzen Aufgabe, die dem Reichs⸗Justizamt gestellt ist, daß bereits jetzt mit unseren Arbeiten auch Erwägungen darüber verknüpft sind, ob es rathsam und thunlich ist, das Institut der bedingten Ver⸗ urtheilung in die Reichs⸗Gesetzgebung einzuführen.
Also insofern, meine Herren, kommt die Resolution eigentlich zu spät; was sie herbeizuführen wünscht, ist bereits im Werk, und wenn Sie der Sache nochmals einen besonderen Nachdruck geben wollen, indem Sie Ihr Einverständniß mit diesen bei uns schwebenden Erwägungen aussprechen, so köͤnnen wir dagegen garnichts haben. Aber der Herr Vorredner hat an die Resolution einige Bemerkungen geknüpft, denen ich nicht beistimmen kann, und die mich deshalb zu einer Erwiderung nöthigen.
Er hat behauptet, daß die Justizverwaltungen Deutschlands gegenüber der Frage der bedingten Verurtheilung von einer Vorsicht beherrscht seien, die über das zulässige Maß hinausginge, — und uns gemahnt, doch mit der reichsgesetzlichen Regelung endlich den Anfang zu machen, nicht zu warten, bis aus anderen Ländern die Erfahrungen, wie wohlthätig dieses Institut wirke, gedruckt vorliegen, jetzt schöon vorzugehen, nachdem — wie er sich ausdrückte — die segensreichen Wirkungen dieser Institution in allen Nachbar⸗ ländern so eklatant erwiesen seien. Meine Herren, daß die segensreichen Wirkungen der bedingten Verurtheilung in den Staaten, die für uns hauptsächlich in Betracht kommen, bereits eklatant hervorgetreten sind, ist mir bis jetzt nicht bekannt gewesen. Ich habe mich auch bemüht, einigermaßen ein Urtheil darüber zu gewinnen, wie die Wirkungen der betreffenden Ein⸗ richtung in den Nachbarstaaten gewesen sind, und ich bin nicht zu
Beobachter der Verhältnisse auffallend, daß in Amerika diese ganze, angeblich so segensreich wirkende Institution auch jetzt noch auf den einen kleinen Staat Massachusetts sich beschränkt. Ist in der That die Institution von der sozialen und politischen Bedeutung, die der Herr Vorredner als erwiesen ansieht, dann müßte es doch sehr auf⸗ fällig sein, daß die anderen Staatsgebiete der Vereinigten Staaten nicht ebenfalls bereits zu diesem Mittel der Rechtspflege übergegangen sind. Bis jetzt habe ich meinerseits den Grund für diese Zurück⸗ haltung nicht in etwas Anderem erblicken können als in derselben Vorsicht jener Staaten gegenüber dem Verfahren ihres Nachbarstaats Massachusetts, die wir in Deutschland beobachten gegenüber dem Ver⸗ fahren in unseren europäischen Nachbarstaaten.
Ein zweiter Punkt, der dem Beobachter dieser Dinge befremdlich entgegentritt, ist der, daß diese Institution trotz der angeblich überall hervorgetretenen sehr segensreichen Wirkungen in jedem Lande, in dem sie neu eingeführt wurde, nicht in der Gestalt eingeführt wurde, in welcher sie anderwärts bereits bestand, sondern in einer veränderten Gestaltung. Das legt doch die Frage nahe, ob die Wirkungen in den Ländern, die vorbildlich gewesen sind, so zweifelsfrei sich ge⸗ staltet haben. Wären sie ganz zweifelsfrei, dann würden die anderen Staaten gewiß richtiger gehandelt haben, wenn sie ohne weiteres die Institution so, wie sie einmal anderwärts praktisch bestand, auch ihrerseits angenommen hätten, als daß sie das ganze Problem wieder in ein neues, noch nicht praktisch bewährtes Gewand kleideten. Die bedingte Verurtheilung ist aber nicht nur in jedem Lande anders gestaltet worden, sie ist auch mit jeder weiteren Einführung in ein neues Land in ihrer praktischen Tragweite abgeschwächt worden. Sie besteht in den Vereinigten Staaten und in England in der Gestalt, daß überhaupt keine Verurtheilung eintritt, sondern daß der Richter sein Urtheil suspendiert bis dahin, daß er Erfahrungen über das weitere Verhalten des Angeklagten gemacht hat. Davon ist man in Belgien und Frankreich schon zurückgekommen. Hier ist man auf den Weg gegangen, daß man den Richter ein Urtheil allerdings aussprechen läßt, dagegen den Vollzug des Urtheils suspendiert, mit der Maßgabe, daß, wenn nachher die bedingte Verurtheilung in An⸗ wendung tritt zu Gunsten des Verurtheilten, dann das Urtheil über⸗ haupt nicht als gesprochen gilt. In der neuesten Er⸗ scheinung in Norwegen geht die Institution schon wieder einen Schritt zurück. Da ist man nicht soweit gegangen, daß man dem Richter freie Hand giebt, in allen Fällen nach seinem Ermessen die bedingte Verurtheilung eintreten zu lassen, sondern man macht sie abhängig von gewissen mildernden Umständen, welche die That des betreffenden Angeklagten begleitet haben. Da geht man auch nicht soweit wie in Belgien, daß man in dem Falle des Vollzuges der bedingten Verurtheilung, zu Gunsten des Ver⸗ urtheilten durch Erlaß der Strafe, die Strafe als nicht verhängt an⸗ sieht, sondern da sieht man die Strafe einfach als verbüßt an. In Belgien gilt der Verurtheilte als freigesprochen, in Nor⸗ wegen als bestraft. Das alles sind doch erhebliche Verschieden⸗ heiten und sie zeigen die ganze Institution noch in einer so proble⸗ matischen Entwickelung, daß ich nicht glaube, daß der Herr Vorredner mit Recht der deutschen Justizverwaltung eine zu große Vorsicht gegenüber der ganzen Einrichtung vorwirft.
Nun sagt der Herr Vorredner mit einer gewissen Berechtigung: für uns liegen die Erfahrungen, die in Frankreich und Belgien gemacht sind — er hat seinerseits allerdings nur Belgien genannt; ich glaube aber, auch Frankreich muß man mit demselben Grunde beachten — am nächsten, diese sollten wir vor allem in Betracht ziehen. Aber wie sind denn die Erfahrungen in diesen beiden Ländern gestaltet? Frankreich ist auch nur zögernd auf den Weg gegangen, den der Herr Vorredner uns so warm empfohlen hat, und was seine Erfahrungen betrifft, so möchte ich die Herren doch bitten, Einsicht zu nehmen von einer darauf bezüglichen Mit⸗ theilung in der Denkschrift, die wir im vorigen Jahre dem Reichstage vorgelegt haben. Auf Seite 48 und 49 ist ein Urtheil mitgetheilt, das der damalige im Amt befindliche fran⸗ zösische Minister des Innern über die Wirksamkeit der Einrichtung in der Kammer abgegeben hat. Es war damals der Zweifel auf⸗ geworfen worden, ob denn von der Institution auch wirklich in der französischen Rechtsprechung erheblicher Gebrauch gemacht worden. Diesen Zweifel beseitigte der Minister, indem er erklärte: allerdings werde von dieser Einrichtung in großem Umfange Gebrauch gemacht, aber bedauerlicherweise in sehr ungleicher Weise; er führte zum Beweise der damit verknüpften ernsten Unzuträglichkeiten einen Fall an, in welchem das Gericht gegen die Intention des Ge⸗ setzes von der Einrichtung Gebrauch gemacht hätte, zund er knüpfte daran den Wunsch, daß man in der Rechtsprechung vorsichtiger und gleichmäßiger bei der Anwendung des Gesetzes sein möge. Meine Herren, das lautet doch etwas anders, wie dasjenige, was der Herr Vor⸗ redner uns mitgetheilt hat, und muß um so mehr zur Vorsicht Anlaß geben, als neuerlich verlautet, daß man in Frankreich bereits mit dem Gedanken umgehe, auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen die Anwendung der bedingten Verurtheilung wieder einzuschränken, daß man jetzt bereits soweit gekommen sei, nicht blos Bedenken zu hegen gegen die Art, wie praktisch die Einrichtung gehandhabt wird, sondern schon zu erwägen, ob man nicht mit Rücksicht auf die bisherigen Er⸗ fahrungen die Wirksamkeit der Einrichtung gesetzlich über⸗