im Kriegsfalle für unsere Flotte nutzbar gemacht werden könnten; und vielleicht möchte die Vorlage größere Sympathie bei uns er⸗ wecken, wenn dadurch eine Entlastung des Marine⸗Etats herbei⸗ geführt würde — aber das ist auch nicht zu hoffen. Die erste Frage ist, ob der Kernpunkt der Vorlage darin besteht, daß die Marine in diesen Schiffen eine Bereicherung erfahren soll. Ich gebe Ihnen die Versicherung: wir haben nie daran gedacht, unsere Kriegsschiffe auf dem Umwege dieser Vorlage zu fordern. Unsere Kriegsschiffe kommen, soweit sie für unsere Kriegsführung nothwendig sind, in den Marine⸗Etat hinein. Also dieser Beweggrund hat nicht obgewaltet.
Der zweite Punkt des Herrn Abg. Schädler ist, er hätte die Be⸗ sorgniß, daß das von ihm Gesagte nicht der Fall sein würde. Ich muß bestätigen, daß ich diese Besorgniß theilen würde. Unter keinen Umständen kann dies mit den Forderungen der Marine in Zusammen⸗ hang gebracht werden. Der Herr Abg. Meyer hat in früheren Jahren, wie ich aus den gestrigen Verhandlungen erfuhr, gesagt: kein Schiff kann zweien Herren dienen, es würde denn für beide un⸗ tauglich. Das ist in gewissem Sinne vollkommen berechtigt, wenn ich es auch nicht in dem ganzen Umfange für richtig halte. In der That sind an einen Handelsdampfer nach Maßgabe seiner Aufgaben und Verwendung ganz andere Ansprüche zu stellen als an ein Kriegs⸗ schiff. Bei den letzteren ist eine der Hauptaufgaben der Konstruktion, die vitalen Theile derselben unter die Wasserlinie zu bringen, d. h. sie gegen den Angriff der feindlichen Geschosse zu schützen. Zu den vitalen Theilen rechne ich in der Hauptsache die ganze Maschinen⸗ anlage, Kessel, Dampfrohrleitung, die Rudereinrichtungen. Dies be⸗ dingt, daß alle diese Apparate und Einrichtungen in möglichst kompendiöser Form unter die Wasserlinie gebracht werden. Da⸗ durch entstehen für die Konstruktion sehr viele Schwierigkeiten, die ganz zweifellos auf das Verhalten des Schiffes späterhin sehr vielen Einfluß haben.
Anders ist es mit den Handelsschiffen. Die Handelsschiffe haben in erster Reihe darauf zu rücksichtigen, daß sie möglichst viele Güter, bezw. möglichst viele Passagiere befördern können. Zu dem Zweck wird natürlich die Einrichtung des Schiffes so bemessen, daß die Ladungen in reichlichen Massen untergebracht werden können und die Passagiere bequeme Unterkunft finden, soweit der Raum reicht. Maschine und Kessel müssen sich diesen Bedingungen entsprechend einrichten. Man ist nun in der Lage, dadurch, daß man die Maschine sehr hoch baut, an Raum zu sparen, an Quadratmetern des Flächen⸗ raumes. Infolge dessen kommen diese Maschinen über die Wasser⸗ linie und sind natürlich nicht in dem Maße gegen das feindliche
Feuer geschützt, wie das auf den Kriegsschiffen der Fall ist.
Insofern also gestehe ich zu, daß ein großer Unterschied obwaltet zwischen den Konstruktionen dieser beiden Schiffsarten. Aber immer⸗ hin lassen sich doch Handelsschiffe für die Zwecke der Kriegsführung in gewissem Sinne geeignet machen, und dies kommt hier in Frage. Man wird dadurch, daß man den Räumen, wo die Kohlen aufbewahrt
werden, den Kohlenbunkern eine entsprechende Lage im Schiffe giebt, es ermöglichen können, die Maschinen bezw. Kessel in einem gewissen
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Maße zu schützen, sodaß also ein feindliches Geschoß erst durch diese Kohlenbunker hindurchgehen müßte, ehe es auf diese vitalen Theile
trfe. Nun ist nach unseren Erfahrungen und nach allgemeiner Kenntniß ein solcher Kohlenbunker, wenn er eine entsprechende Dicke
hat, sehr wohl geeignet, Sprenggeschosse abzuhalten, die durch die
Kohlen abgelenkt werden von ihrer Richtung und innerhalb des Bun⸗ ers eventuell explodieren, ohne einen besonderen Schaden zu thun. Es giebt noch andere Dinge, mit denen ich Sie nicht aufhalten
8 will, die aber auch dazu beitragen, das Schiff für Kriegszwecke einiger⸗ maßen verwendbar zu machen. Natürlich in dem Sinne kann ich
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das nicht verstehen, und das werden Sie auch nicht so auffassen, daß
nun ein solches Schiff an die Stelle eines Kriegsschiffes treten
könnte für Zwecke der Kriegsführung. Das ist ausgeschlossen. Infolge
dessen wird man auch nur die Schiffe da verwenden, wo man im allgemeinen ansjehmen kann, daß sie dem feindlichen Feuer nicht
das
n dem Maße ausgesetzt sind, wie es die Schlachtschiffe ein würden, die in formierter Linie den Feind angreifen. Was ist für ein Dienst? Es ist der Kundschafterdienst, der
Aufklärungsdienst in den heimischen Gewässern im Gefolge der Schlachtschiffe und für deren Zwecke; es ist der Transportdienst; der Augmentationsdienst, wie wir ihn benennen, der alle die Auf⸗
z
gaben umfaßt, welche nothwendig sind für die Unterhaltung der Flotte, also Kohlen, Munition, Wasser heranzuschaffen, dann für den Kranken⸗
Fttransport zu sorgen, und viele andere Dinge mehr. Das sind alles
Sachen, die im Kriege nothwendig werden, für die wir aber im Frieden innerhalb der Marine keine Schiffe bauen oder unterhalten können. Zu diesem Zwecke ziehen wir Handelsschiffe heran. Das wird Ihnen allen ganz erklärlich sein, und, wenn ich nicht irre, haben wir uns auch, — das werden die Herren, die früher in der Budget⸗ kommission waren, bestätigen können, — darüber des breiteren unter⸗ halten. Wir haben ja schon, wie Sie sich erinnern, vor mehreren Jahren einen Betrag eingestellt für die Verwendung eines solchen Dampfers, eines Hilfskreuzers, und wir haben da sehr werthvolle Erfahrungen ge⸗ macht, die wir im Fall einer Mobilmachung im weitesten Sinne verwerthen können. Also insofern hat die Marine ein Interesse daran, daß schon von
vornherein beim Bau der Handelsschiffe, der Handelsschiffe dieser
Art, die hier in Frage sind, darauf gerücksichtigt wird, daß für die Zwecke der Kriegsführung die entsprechenden Einrichtungen, soweit angängig ist, vorhanden sind. Nun möchte ich noch vorausschicken, daß, wie überall bekannt, auch alle fremden seefahrenden Nationen sich dieser Hilfsmittel bedienen. Da ist England, Frankreich, Italien, Spanien, Rußland und wie die seefahrenden Nationen heißen mögen, alle rechnen bei ihrer Mobilmachung auf die Unterstützung solcher Fahrzeuge zu den Zwecken, die ich vorhin zu nennen mir ge⸗ stattete. Es ist ja auch in den Erläuterungen gesagt: Ein be⸗ sonderes Interesse an der weiteren Ausgestaltung der Reichs⸗ Postdampferlinien nimmt schließlich die deutsche Kriegsmarine. Die von allen größeren Seestaaten vorbereitete Heranziehung der großen Handelsdampfer zu Kriegszwecken nöthigt die deutsche Kriegsmarine dazu, neue transozeanische Dampfer für diesen Verwendungszweck schon beim Bau entsprechend einzurichten und bei sämmtlichen unter den Subventionsvertrag fallenden Dampfern durch eine ent⸗ sprechende Bemannung die Verwendung im Kriege zu erleichtern. Dies sind die beiden Hauptpunkte: die Berücksichtigung unserer Interessen beim Bau eines solchen Schiffes, und die Berück⸗ sichtigung unserer Interessen bei der Bemannung eines solchen Schiffes. Im allgemeinen sind die großen Dampfer nicht
vorhanden sein müßten, weil sie zu einer Zeit gebaut sind, wo die Marine noch keinen Einfluß hatte auf diese Dinge, oder wenigstens der Einfluß sehr schwach vertreten war. Jetzt, wo wir durch die Erfahrung darauf aufmerksam gemacht sind, daß uns solche Schiffe sehr wohl dienlich sein können, haben wir diese Gelegenheit benutzt, um mit den kollegialen Behörden in Verbindung zu treten und zu sagen: hier möchten wir auch ein Wort mitreden, es würde uns von hohem Werthe sein, wenn schon beim Bau der Schiffe Rück⸗ sicht genommen würde auf unsere besonderen Bedürfnisse. Da sind nun folgende Bedürfnisse, die hier in Frage kommen. Erstens Schutz der Maschine, Kessel und Dampfleitungen gegen das feindliche Feuer, soweit möglich. Diesen Schutz würde uns die Gesellschaft gewähren können beim Bau durch eine entsprechende Anlage der Kohlenbunker. Ich habe vorhin darauf hingewiesen: dann müssen die Dampfer zwei Schrauben haben, zwei Schrauben sind für die Manövrierfähigkeit eines Dampfers von großer Wichtigkeit. Dann sollen die Rudereinrichtungen derart beschaffen sein, daß sie möglichst dem feindlichen Feuer entzogen sind. Wenigstens soll eine der noth⸗ wendigen Dampfmaschinen für die Bewegung des Ruders unter Wasser sein. Das ganze Rudergeschirre soll auch unter Wasser sein. Dann kommt nun zweitens die große Frage der Bemannung, und da wird sich die Gesellschaft verpflichten müssen, ihre Bemannung so einzurichten, daß aus der Friedensbesatzung im gegebenen Falle möglichst umgehend eine Kriegsbesatzung wird, d. h. daß die Friedens⸗ besatzung militärdienstpflichtig ist, Offiziere und Mannschaften; das wird mit der Zeit sich von selbst verstehen; denn der Seemann ist der Natur seines Geschäftes nach ein gesunder Mensch, und ge⸗ sunde Menschen sind verpflichtet zum Dienste. Außerdem muß ich noch sagen: der Seemann fährt ja in der Hauptsache in seinen jungen Jahren, also alle diese Leute sind mehr oder weniger dienstlich tüchtig, und es wird außerordentlich fördernd für unsere Zwecke sein, daß wir eines schönen Tages wenn die Frage an uns heran⸗ tritt, sagen können: wir übernehmen nunmehr den Dampfer mit seiner ganzen Besatzung, und diese Besatzung reihen wir in unsere Marine ein.
Meine Herren, das sind die beiden Forderungen, die hier vorliegen, und die ja auch in diesem Vertrage Ausdruck gefunden haben. Die Leistungen, zu denen der Norddeutsche Lloyd aufgefordert wird, sind ja hier im Punkt 3 genannt:
Neubauten müssen hinsichtlich der Verwendbarkeit im Kriege und sämmtliche Postdampfer der subventionierten Linien hinsichtlich ihrer Bemannung den vertragsmäßigen Anforderungen der Marine⸗ verwaltung entsprechen.
Insofern hat also die Marine ein großes Interesse daran, daß diese Vorlage von Ihnen bejahend verabschiedet wird, — nicht, weil wir des Sinnes sind, durch diese Schiffe neue Kriegsschiffe zu gewinnen, die es uns ermöglichen, nachher dem Reichstage zu ersparen, uns Kriegsschiffe zu bewilligen. Das ist unsere Absicht nicht, und kann es nicht sein; aber die Marine bedarf solcher Schiffe für die Krieg⸗ führung, und wenn sie sie zur gegebenen Zeit nicht in der Handels⸗ marine findet, dann müßte sie ja mit einem Antrag an Sie heran⸗ treten, sie für die Marine zu bauen, und das wäre in der That sehr unbequem.
Meine Herren, also meine Bitte geht dahin, daß die Vorlage von Ihnen bewilligt wird.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Herr Hammacher bekämpfte im ersten Theile seiner Rede mit 322b besonderen Lebhaftigkeit einige Nebensachen, um nachher mit einer besonderen Verve für die Vorlage einzutreten. Herr von Stephan hätte deshalb nicht nothwendig gehabt, ch auf die alten Travitionen der Nationalliberalen zu berufen. Er at damit offene Thüren eingestoßen; denn trotz aller Bedenken wird n Hammacher doch für die Vorlage stimmen. Die Preisgabe der ründe kann ich nicht annehmen; denn aus diesen Gründen, namentlich aus den Zahlen, entnehmen wir die stärksten Gründe gegen die Vorlage. Die Sache liegt nicht so, daß die Bewilligung von 1885 verpflichtet, wie die Bewilligung einer ersten Rate für einen Bau. Wir müßten erst die Erfahrungen abwarten. Dem Zentrum gegenüber berief sich Herr von Stephan auf Windthorst, als wenn derselbe sich schon vor dem Ablauf der ersten Bewilligungsperiode für ein rascheres Tempo ausgesprochen sätt Windthorst legte sich nicht einmal gerne in der ersten Lesung für die zweite, oder in der zweiten e ür die dritte fest, geschweige denn auf 15 Jahre. Er wollte damals die australische Linie erst dann willigen, wenn man Erfahrungen gemacht hätte mit der ost⸗asiatischen Linie. Es ist ein eigenthümlicher Freihandel, der sich gegen einen Wollzoll sträubt, aber die Einfuhr ausländischer olle durch Subventionierung der Dampfer künstlich fördert. ustralische Butter macht der deutschen nicht in Deutschland Konkurrenz, sondern auch in England, so daß die Ausfuhr deutscher Butter nach England abgenommen hat. Beim Fleisch hört der Freihandel wieder auf. Es wird nicht das billigere australische Rind eisch gekauft, sondern man läßt es sich aus Achtung vor dem deutschen Rindvieh 300000 ℳ mehr kosten. Man muß es wohl dazu haben. Wenn man freilich erst mit der Wurst nach der Speckseite geworfen, wenn man die Speckseite in Sicherheit gebracht hat, dann wird man sich hüten, deutsches Rindvieh anzukaufen. Staatssekretär von Boetticher hat sistern die Vorlage empfohlen. „Unabhängig vom Auslande’ ist ein chönes Wort; aber wenn der Handel mit dem Ausland verstärkt wird, wird man doch abhängiger vom Auslande. Gestern hieß es: nationales Gefühl, heute: internationale Pflicht, und Herr Hammacher üün ja konsequenter Weise Holland, Belgien und Italien auch zur nternationalen Bezahlung heranziehen. Dagegen empört sich das nationale Gefühl des Herrn von Stephan, er spricht von inter⸗ nationaler Anstandspflicht; aber das Ausland verlüset die Erfüllun dieser Pflicht nicht, denn man sagte ja: Das Ausland Fitterg vor dieser Vorlage Der chinesische Koloß ist so gestaltet, daß der apanische Krieg ihn nicht so erschüttert hat, daß er sich europäischen inflüssen zugänglich zeigen wird. Herr von Stephan hat auf den Werth der Ausfuhr hingewiesen. 1887 betrug dieselbe 14 Millionen, 1895 dagegen 36 Millionen; aber diese Ziffern beziehen sich auf das ollgebiet, zu welchem 1887 die Freihafenbezirke noch nicht gehörten. schön ist das nicht von den Herren aus dem Reichsamt des Innern. Die Nachforschung ergiebt, daß die Ausfuhr gestiegen ist von 30 auf 36 Millionen. ber welchen Antheil hat der Lloyd daran? 1890 wurde in Hongkong gelöscht an deutscher Ausfuhr 10 903 000 ℳ, 1895 aber nur 10 470 000 ℳ Also die deutsche Ausfuhr ist zurück⸗ e.e um etwas mehr als 300 000 ℳ Einfuhr und Ausfuhr zusammengenommen ergiebt, daß der Verkehr mit China um illionen zugenommen hat, woran der Lloyd nur mit
4 Millionen bethei igt ist. Der ganze Verkehr des Lloyd hat aber um 31 Mihlionen zugenommen, also um das sieben⸗ fache des deutschen Verkehrs. Die Thätigkeit des Lloyd ist also zu 3 dem konkurrierenden Auslande zugefallen. Die Ver⸗ größerung der Schiffe hat dazu geführt, die Fracht überall zu suchen wo man sie finden köͤnnte. Wenn der gefammte deutsche Verkehr auf den Norddeutschen Lloyd übergehen sollte, so würde er nicht aus⸗ reichen, die Schiffsräume zu füllen. Es würde also ausländische
racht mit zugenommen werden müssen, wofür aber das Ausland elbst neue subventionierte Linien einrichtet. Der Lloyd würde also den
in dem Maße str unsere Zweck, wie ich es vorher andeatete, wie fie inlinteschen Linien Konkurrenz machen Fr splchen Fällen
F
k Karersti süns nicht gewährt werden. handelt sich bei 82 knne
kurrierenden Linien um Unternehmungen, die mehr leisten als der Lloyd und zwar ohne jede S Daß die Finssin Lmie unregelmäßig fährt, widerspricht dem Reichskursbuch. Die Kingsin⸗ Linie nimmt nur deutsche Ausfrachten auf und fährt nicht viel 1- g⸗ samer als der Lloyd. Es ist von der Einfuhr von Thee gesprochen worden; aber mittels der sibirischen Bahn wird der Thee schneller befördert werden, als jetzt auf den Lloydschiffen. Seide kommt direkt von China fast garnicht nach Deutschland. Der Ver r des Lloyd betrifft garnicht Ost⸗Asien allein. Es werden große Mengen von Gütern befördert von Antwerpen nach Bremen. Für diesen Verkehr zwischen zwei europäischen Häfen bezahlt man eine Subvention. 1885 gelang es, die Vorlage, die auf des Messers Schneide stand, zur Annahme zu bringen, indem man Säͤd⸗ deutschland zu gewinnen versuchte durch das Anlaufen von Triest, an dessen Stelle später Brindisi gesetzt wurde. Aber in Genua wird nicht ein Loth deutscher Waare eingenommen oder ein Loth für Deutschland bestimmter Waaren gelöscht. Dort lagert immer nur ausländische Waare! Genau 5 verhält es sich mit Neapel. Die ganze Linie kommt nur dem ausländischen Konkurrenzver ehr Deutschlands zu gute. Ueber die minimale Bedeutung des Postver⸗ kehrs ist schon zur Genüge gesprochen. Herr von Stephan hat die Aufmerksamkeit abgelenkt durch ittheilungen über den Weltpostver⸗ kehr. Aber wieviel Fungertste eines Prozents desselben ent⸗ fallen denn auf die ostasiatische Linie?! Der Postverkehr mit Japan 16n über Nord⸗Amerika auf drei verschiedenen Dampferlinien über den tillen Ozean viel schneller als auf unsern subventionierten Dampfern. Acht Millionen Deutsche leben im Auslande, sagt Herr von Stephan. Die Leute in der Schweiz, Oesterreich, Frankreich und Nord⸗Amerika brauchen die Dampferlinien nicht. In China wohnen 667, in Japan 150 Deutsche. Das ist das Material für den Passagierverkehr, der durch⸗ aus nicht nur aus Deutschen besteht. Fuͤr fremde Nationen wollen wir den Verkehr nicht erleichtern. Herr von Stephan that einen sehr eschickten Schachzug. Er sagte: In China sind auch Missionare. entrum, merkst Du was! Diese sollen nun als Vorspann benutzt werden. Es war aber nicht geschickt, daß der Staatssekretär von Stephan in seiner Ehrlichkeit hinzufügte: Es handelt sich meist um französische Missionare. Ich erkläre dem Zentrum: wir bewilligen den ssionaren einen Zuschuß zu den Reisekosten, daß sie fast umsonst fahren, wenn das Zentrum uns die Mehrbelastung dieser Vorlage erspart. Nun hat man die Verdienste des Lloyd um den deutschen Schiffsbau in den Himmel gehoben! Als ob der Schiffsbau erst von den drei Schiffen, welche er bauen ließ, herrührt. Da hat der Marine⸗Minister von Stosch ganz andere Verdienste erworben. Jedenfalls ist der Lloyd durch die 40 Millionen Subvention hinreichend belohnt. Was bedeutet es denn, wenn der Lloyd noch vier geoße Schiffe baut? Und zwar Auswandererschiffe! Die auf diesen nach Amerika beförderten Auswanderer werden Deutschland dauernd entfremdet. Für die Marine ist die Bedeutung der Vorlage außer⸗ ordentlich klein. Nicht einmal als Kaperschiffe sollen die Schiffe ver⸗ wendet werden; nicht ein Kreuzer wird deswegen weniger gebraucht. Für die Hülfsdienste stehen ähnliche Schiffe schon in großer Zahl zur Verfügung. Die Vorlage birgt ein Engagement von circa 70 Millionen Mark in sich, sodaß man fast mit Sicherheit voraus⸗ sehen kann, daß wir Anleihen aufnehmen oder neue Steuern bewilligen müssen, namentlich wenn auch noch 14 tägige Fahrten nach Australien eingeführt werden. Trotz der günstigeren Finanzlage sollte man sich hüten, dauernde Belastungen aufzuerlegen, namentlich wo steigende Aufwendungen zu machen sind für Pensionen, für Militär und Marine. Wenn die Finanzlage auch noch günstiger wäre, würde ich mich egen die Vorlage doch aus wirthschaftlichen Gründen erklären, weil ü die ausländische Konkurrenz befördert. Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Was der Abg. Richter in Bezug auf die Konkurrenz des Auslandes für die Landwirthschaft ge⸗ sagt hat, trifft nicht zu. Es könnte doch höchstens von Australien die Rede sein. Hier aber handelt es sich bloß um Ost⸗Asien, nicht einmal um Japan. Was die Industrie 8 so habe sie die Vorlage mit der größten Freude begrüft. und es giebt nicht eine einzige hes skammer, welche dagegen Stellung genommen hat. Auf b2 inzelheiten gehe ich nicht ein. Es ist ja Kommissionsberathung beantragt worden, und ich glaube, in der Kommission wird das ganze ahlenmaterial klargestellt werden können. Auch meine politischen reunde glauben, daß dieses Zahlenmaterial einer durchaus gründlichen rörterung unterworfen werden muß. Auch in anderer Hinsicht mu wenn wir ihr auch sympathif⸗
die Vorlage noch geprüft werden, in den Motiven das
1eS. Es genügt nicht, wenn bloß ersprechens des Lloyd fixiert ist, daß die Schiffe nur im Inlande gebaut werden, das muß au gesetzlich scharf fixiert werden. Einen Vorwurf gegen den Lloyd muß ich aber zurückweisen. Der Lloyd hat erklären lassen, daß er den Bezug von australischem Fleisch aufgeben und seinen ganzen Fleisch bedarf in Deutschland decken werde. Ferner ist es nicht gut, uns 862 zulegen auf das Maximum von 13 ½ Seemeilen Geschwindigkeit. Es muß alles Saas eeet9 werden, daß unsere Schiffe wenigstens so schnell fahren, wie die ausländische Konkurrenz; und wenn wir 13 ½ Knoten auf 15 Jahre festlegen und das Ausland während der eit zu einer größeren Geschwindigkeit übergeht, dann sind wir im achtheil. Auch die von Herrn Schädler bemängelte Bilanz wird in der Kommission aufgeklärt werden müssen. Herr Schaedler sagte, daß entweder der Lloyd die Reichsregierung oder die eicheregierung uns an der Nase herumführe. Vermuthlich handelt es sich hier um den Unter⸗ schied bpischen Brutto⸗ und Nettobilanz, wie sie jedes Geschäftshaus hat. Es ist natürlich in diesem Felchteereiit des Lloyd von dem rechnun üench ve Ueberschuß die Rede ohne Verzinsung und Amortisa⸗ tion. Ich bin überzeugt, daß die Besorgniß, der Lloyd könne aus dem Leder des Reiches Riemen schneiden und unberechtigte Vortheile ziehen, völlig hinfällig ist. Wenn die Hamburger Packetfahrt⸗Aktien⸗ gesellschaft aus der amerikanischen Linie 5 % Dividende vertheilt hat und der Lloyd in maximo nur 3 %, obwohl sein Verkehr nach Amerika noch größer ist, so ist dies nur auf die Na theile zurückzuführen, die er im Verkehr nach Ost⸗Asien hat. Apodiktisch kann ich natürlich nicht über diese Dinge sKrechen, da mir das Material nicht zur Hand ist. In Bezug auf das Anlaufen der Schiffe im Hafen von Rotterdam bin ich anderer Ansicht wie der Abg. Hammacher. Im Namen der gesammten Industrie Süddeutschlands, die auf dem Unken Rheinufer liegt, mit Ausnahme des Niederrheins, möchte ich den dringenden Wunsch aussprechen, daß das Anlaufen von Antwerpen beibehalten wird. Diejenigen Gegenden Südwestdeutschlands, die in der Lage sind, die Rheinstraße zu benutzen, können nach Antwerpen kommen, wenn sie auch eine größere Fahrt bezahlen müssen. Die anderen da⸗ gegen müssen mit der Bahn fahren. Ich kann nicht zugeben, daß das nationale Empfinden und nationale Interessen mit der Sache nichts zu thun haben; die anderen Nationen wissen anz genau, was sie thun, wenn sie für ihre Schiffahrt eine wesentli größere Sub⸗ vention geben als wir. Das kommt eben zunächft ihrem Handel und dann der Industrie zu gute. Man spöttelt hier über das nationale Empfinden, das ist aber eins der Imponderabilien, welches nur deqenige verstehen kann, der politisch sein Herz auf dem rechten lecke hat. Meine politischen Freunde werden dieses nationale mpfinden niemals verleugnen und sich dessen nicht schämen; und das ist gerade maßgebend für die Beurtheilung der vorliegenden Frage.
Nℳ 294.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat bereits die Bemerkungen des Herrn Abg. Richter bezüglich Australiens richtig gestellt, da es sich im Gesetzentwurf nicht um Australien handelt, sondern um die Linie nach Ost⸗Asien.
Ich möchte dann noch hinzusetzen, daß gleichviel, ob Subventionen für Postdampfer bestehen oder nicht, die Butter und die Wolle aus Australien doch nach Deutschland kommt, nämlich auf anderen Schiffen, und der Lloyd verliert bloß die Fracht dafür. Das wollte ich noch bemerken zu dem, was der Abg. Richter gesagt hat.
Dann möchte ich noch einige von den anderen Ausführungen richtig stellen. Er hat in den Zahlenangaben vermißt bestimmte Jahre. Das hat aber seine guten Gründe. Er sagt: die Jahre 1885 und 1887 waren vor dem Eintritt Hamburgs und Bremens in den Zellverein; das Jahr 1890, das haben wir eben genommen, weil es nach dem Beitritt von Hamburg und Bremen in den Zollverein war. Der Beitritt erfolgte bekanntlich im Jahre 1888, und das ist der Grund, weshalb 1889 nicht aufgeführt ist, weil dies Jahr eben auf den Bei⸗ triit zum Zollverein unmittelbar folgte und keine konkludenten Resultate ergeben hätte. Dagegen sind aufgeführt die Jahre 1890 und 1895. Wenn hier wiederholt darauf hingewiesen ist, daß in den früheren Jahren die Statistik insofern nicht zuverlässig sein kann, als die Zahlen gegeben sind, nachdem Hamburg und Bremen in den Zoll⸗ verband getreten sind, so ist das ja richtig; aber ich glaube nicht, daß der Unterschied so sehr bedeutend ist. Hamburg und Bremen mögen eine große Ausfuhr haben nach den fernen Ländern, sie haben aber keine eigene Produktion, keine Fabrikation. Die Waaren, die sie ausführen, kommen zum größten Theil aus dem deutschen Hinterland.
Dann hat der Herr Abg. Richter gesagt, er stände heute noch auf dem Standpunkt von 1884. Nun, meine Herren, für den Maßstab, den wir gewöhnt sind an die Beharrlichkeit der Ueberzeugungen des Herrn Abg. Richter zu legen, ist ein Zeitraum von 12 Jahren noch ein sehr kurzer. Ich habe niemals bezweifelt, daß er nicht noch heute auf dem Standpunkt von 1884 steht, und vielleicht steht er noch sehr lange darauf, wenn ihm auch nachgewiesen wird, daß das ein un⸗ richtiger Standpunkt ist. Er hat dann wiederholt der Kingsin⸗Linie gedacht. Ja, die Kingsin⸗Linie hat unter der Konkurrenz des Lloyd dech so wenig gelitten, daß sie im Jahre 1894 3 % Zinsen und im Jahre 1895 8 % gegeben hat, und daß ihre Aktien heute noch auf 130 stehen. Da kann man doch nicht behaupten, daß der Lloyd mit den subventionierten Dampfern eine erdrückende Konkurrenz für die freie Schiffahrt ausübt! Das Defizit, was die Kingsin⸗Linie in früheren Jahren gehabt hat, hängt mit der Subventionierung der Postdampfer und den Reichs⸗Postfahrten überhaupt nicht zusammen, sondern mit einer verfehlten Operation, wie allgemein anerkannt und bekannt ist, die die Verwaltung der Kingsin⸗Linie begangen hat, indem sie die Sunda⸗Linie einrichtete, ohne vorher eine zuverlässige Rentabilitätsberechnung aufgestellt zu haben.
Wenn dann noch der Herr Abg. Richter auf die sogenannten Ver⸗ dienste, wie er sich ausdrückte, des Lloyd um die Schiffsbaukunst zurück⸗ gekommen ist, so meine ich, daß wohl nur eine allgemeine Stimme herrscht, daß die Bedeutung der deutschen Schiffsbaukunst sich erst seit Herstellung der subventionierten Linie so sehr in den Vordergrund gestellt hat. Fragen Sie auf den Werften von Schichau in Elbing und Danzig, beim Vulcan in Stettin, bei Blohm und Voß in Hamburg, Howald in Kiel u. s. w., wie sehr der Schiffsbau angeregt worden ist, wie viele Tausende und aber Tausende von Arbeitern beschäftigt worden sind gerade infolge der Vermehrung der Flotte des Lloyd und durch die Subvention vom Reiche. Ich habe hier eine Zusammenstellung über die Entwickelung der Flotte des Lloyd. Im Jahre 1874 war der Bestand der Flotte des Lloyd 40 Dampfer mit 82 337 Registertons; ich überschlage einige Jahre, wo das immer hin und her geschwankt hat ohne wesentlichen Einfluß auf das Gesammtresultat, und gehe über zum Jahre 1883, also 2 Jahre vor der Herstellung der subventio⸗ nierten Dampfer; da war das noch dieselbe Anzahl Dampfer; aber statt 82 337 Registertons waren es 93 748.
Nun kommt das Jahr 1886. Da ging der Neubau der Schiffe infolge dieses wohlthätigen Gesetzes von 1885 vor sich. Da stieg die Flotte von 40 auf 49 Dampfer in einem Jahre mit 130 866 Register⸗ tons. 1889, drei Jahre später, waren aus diesen 49 Dampfern 55 geworden, und aus den 130 000 Registertons 159 472. Im Jahre 1890 war die Flotte gestiegen auf 61 Dampfer mit 193 562 Registertons. End⸗ lich im Jahre 1896, also in dem wir uns jetzt befinden, betrug die Flotte 60 Dampfer mit 283 991 Registertons, — also wohl eine der respektabelsten Flotten der Welt in einem Privatunternehmen, eine Flotte, auf die wir wirklich stolz sein können und deren gewaltigem Bestand gegenüber man wahrlich nicht wird behaupten können, nachdem gestern die Zahlen von mir angegeben worden sind, die an die Schiffsbauanstalten im Laufe der Jahre haben entrichtet werden müssen, daß sie von keinem hervorragenden Einfluß auf die Schiffsbaukunst gewesen ist. 8
Nun hat der Herr Abg. Richter noch die Linie über San Francisco erwähnt. Das ist ja richtig, daß auf der Linie über San Francisco und den Pacifischen Ozean uns Japan vielleicht um ein paar Tage näher gerückt sein würde; aber bei China ist das nicht der Fall; bei China ist die Entfernung un⸗ gefähr dieselbe. Ich mache auch darauf aufmerksam, daß dabei immer die Umladung erforderlich ist wegen der Pacificbahn. Endlich aber — und das ist die Hauptsache — wird im Winter nur einmal im Monat gefahren, während wir hier doch die vielfachen Verbindungen nach Ost⸗Asien und Indien haben. Es ist deshalb diese Linie für uns nur unter gewissen Umständen benutzbar. Das beweist auch der Verkehr, der sich da bewegt. Ich habe hier die Zahlen von dem Transit der Briefspost nach Japan. Ueber Neapel sind 8010 und über Amerika 3750 kg Briefe nach Japan gegangen; Sie sehen also, daß die alte Linie ihren Vorzug behauptet. Wie das werden wird, wenn die sibirische
Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗
Berlin, Freitag, den 11. Dezember
Eisenbahn einst fertig sein wird, kann man im voraus nicht sehen; für die Frage aber wird es immer von Wichtigkeit sein.
Wenn der Herr Abg. Richter dann mit einem gewissen Pathos gesagt hat, in dem Hafen von Genua läge lauter italienische Waare, deutsche Waare käme da überhaupt nicht vor, so habe ich auch darüber Erkundigung eingezogen, und ich habe eben das Telegramm aus Genua erhalten, das folgendermaßen lautet:
Da in Ost⸗Asien und Australien Güter auf Durchladeschein nach Deutschland nicht verladen werden, können wir nicht kontro⸗ lieren, welche mit Ihren Reichs⸗Postdampfern angebrachten Güter durch genuesische Spediteure empfangen und nach Deutschland be⸗ fördert werden. Zweifelsohne bezieht Süddeutschland viele Güter über Genua.
Daran liegt es eben, daß die Spediteure das größte Ge⸗ heimniß darüber bewahren, woher die Güter kommen und wohin sie bestimmt sind; das können wir aus unseren Büchern nicht kontrolieren. Ich bin aber dem Herrn Abg. Richter dank⸗ bar, daß er diese Sache hier angeregt hat: denn das gab mir Gelegenheit, die Erkundigung einzuziehen, die für die Beurtheilung dieser Angelegenheit wichtig ist. Wenn immer gesagt wird, daß unser Postdampfer⸗Unternehmen dem Ausland vorzugsweise zu gute kommt, und wenn das begründet wird mit dieser Statistik, die nicht maßgebend ist, weil sie die Ausscheidungen des Verkehrs nach Deutschland nicht enthält und nicht enthalten kann, so muß dem gegenüber doch mit aller Energie betont werden, daß das eine Ver⸗ kleinerung der nationalen Schiffahrt ist.
Ebenso ist dem Herrn Abg. Richter ein Mißverständniß unter⸗ gelaufen — so nehme ich wenigstens an — gegenüber meiner gestrigen Angabe bezüglich des Weltpostvereins⸗Verkehrs. Er sagte mit einem gewissen Nachdruck: der Herr Staatssekretär sprach von einer Zu⸗ nahme des Weltpostvereins⸗Verkehrs von so und so viel Milliarden; ja, — so sagte er — wen geht denn das etwas an? das geht doch nicht unseren Verkehr zwischen Deutschland und Ost⸗Asien an. Ja, meine Herren, wer hat denn gefagt, daß das uns betreffe? Mir ist es nicht eingefallen! Ich habe die Zahlen des gesammten Weltpostverkehrs bloß angeführt als Maßstab dafür, wie der Verkehr künftig steigen würde, wenn wir die Verbindungsgelegenheiten vermehren im allgemeinen.
Herr Abg. Richter meinte, die bisherigen Resultate wären nicht so ermuthigend, um jetzt einen Schritt weiter zu gehen. Ich lasse zunächst beiseite, daß verschiedene Meinungen darüber existieren, ob die Resultate gute oder schlechte sind; ich glaube, der gesammte Scharfsinn und all die Beredsamkeit des Abg. Richter werden doch nicht hinreichen, um diesen Gegensatz der Meinungen auszugleichen. Aber ich ziehe daraus gerade den entgegengesetzten logischen Schluß wie der Herr Abgeordnete: daß die bisherigen Refultate nicht er⸗ muthigend sind — wenn ich das annehmen will —, beweist ja, daß wir zu wenig Schiffe haben. Schaffen Sie erst mehr Schiffe an! Bewilligen Sie hier die Subvention für die zwei monatlichen Dampfer, so werden Sie ganz andere Resultate sehen! Es scheint mir ein logischer Fehler, wenn man anders schließt.
Dann will ich auch nicht unwidersprochen lassen eine Aeußerung über den Zwischenverkehr auf den Norddeutschen Lloyddampfern von Antwerpen nach Bremen. Ja, wenn der Dampfer aus Ost⸗Asien in Antwerpen einläuft und löscht, da entsteht leerer Raum; daß dann dort Ladung nach Bremen angenommen wird, liegt doch in der Natur der Sache. Aber abgesehen davon, beträgt der gesammte Zwischen⸗ verkehr, auch der nach Genua, Colombn, Ceylon u. s. w., auf der Ausreise 3,7 % vom Werth und auf der Heimreise nur wenig mehr, nämlich 5,6 % des Werths. Das sind doch verschwindende Zahlen; diesen geringen Verkehr koͤnn man doch hier nicht in den Vordergrund des Treffens führen und daran große Schlußfolgerungen knüpfen über Unrichtigkeit der Statistik.
Dann Southampton! Das ist Herrn Abg. Richter gleichfalls nicht bekannt gewesen, das ist ja auch begreiflich. In Southampton werden nur Kontanten geladen, überhaupt keine Waaren. Das ver⸗ ändert die daran geknüpfte Schlußfolgerung.
Wenn der Herr Abgeordnete dann Bezug nahm auf Stimmen des Auslandes, so möchte ich auch auf eine aufmerksam machen, die in dem angesehenen Blatt „North British Daily Mail“ stand. Sie zeigt genau, wie die Stimmung im Auslande bei unseren Konkurrenten ist — daraus zieht ja ein weiser Mann bekanntlich seine Lehren, aus den Ansichten seiner Gegner. Es heißt da:
Die Vermehrung der Reichsunterstützung, welche die deutsche Re⸗ gierung dem Norddeutschen Lloyd für seine Postlinien nach dem Osten Asiens bewilligen will, macht den Wettbewerb zwischen der deutschen Rhederei und der Peninsular⸗ und Oriental⸗Linie bei weitem schärfer als zuvor. Bisher hat die deutsche Linie ihre Dampfer durch den Kanal nach China und Australien nur mit einer solchen Schnellig⸗ keit laufen lassen, daß sie für die größten und besten Schiffe der Peninsular⸗ und Oriental⸗Kompagnie wenigstens nicht gerade furcht⸗ bare Mitbewerber waren, das wird jetzt anders, die größere Reichs⸗ Unterstützung, die gegeben werden soll, hat zunächst die Folge, daß größere Schiffe in dem deutschen Reichs⸗Postdienst werden verwandt werden. Die neuen Schiffe der P. und O.⸗Kompagnie „India“ und „China“ sind gegenwärtig die größten Handelsdampfer, welche durch den Suezkanal gehen. Ihr Tonnengehalt beträgt 8000 t; aber noch vor Ende dieses Monats wird der erste einer neuen Klasse von deutschen Dampfern (des Norddeutschen Lloyd) mit einem Tonnengehalt von 14 000 t von Deutschland über Southampton nach Australien abgehen. Die englischen Linien haben bisher den Postdampferdienst nach Australien und China allein in den Händen gehabt. Jetzt haben sie auf einen Wettbewerb zu rechnen, der viel schärfer und für England schwieriger ist als je zuvor.
Nun sagt die Zeitung („Post*) hier:
Man sieht aus diesen Ausführungen, daß England in der Ver⸗ mehrung der Reichssubvention und in der beabsichtigten Einstellung der ersten Dampfer der Barbarossaklasse in den Reichs⸗Postdampfer⸗ dienst eine wesentliche Gefahr für die englischen Linien und für den englischen Handel sieht. Die Gefahr ist um so größer, als die in
Betracht kommenden englischen Linien erst im Verlauf der letzten 8 Jahre ihre Flotten reorganisiert haben. Die neuen deutschen Dampfer sind den neuesten englischen an Größe, Komfort und Schnelligkeit überlegen, und der Erfolg kann, wenn die 14tägigen Fahrten zur Durchführung kommen, nicht ausbleiben.
Ich glaube, daß das eine Stimme ist, die wir sehr zu beherzigen haben und aus der auch die Gegner entnehmen können, daß etwas Gutes an der Vorlage ist, denn sonst würden unsere ausländischen Freunde sich nicht so sehr darüber echauffieren.
Damit glaube ich alle einzelnen Punkte erledigt zu haben, die hier in Betracht kommen. Ich war ja allerdings auf die Debatte vor⸗ bereitet; denn wenn irgend eine Aktion mir hier im Reichstage bevor⸗ steht und ich Grund anzunehmen habe, daß sich Opposition finden wird, so ist es eine alte Gewohnheit von mir, die „Freisinnige Zeitung“ mir vorlegen zu lassen. Da steht schon vorher alles drin, was hier im Reichstage in der Regel nachher an Angriffen gegen die Verwaltung vorgebracht wird, und ich habe die Gelegen⸗ heit, die Batterien demaskiert zu sehen und mich auf die Vertheidigung vorzubereiten. Ich bin dafür dankbar, denn es kann ja nicht schaden, wenn man vorher unterrichtet ist.
Wenn der Herr Abg. Richter vorhin gesagt hat, mein Herr Kollege, der Herr Staatssekretär des Innern, habe gestern eine Rede gehalten, die hauptsächlich aus Schlagwörtern bestanden hätte, so muß ich doch dem entgegenhalten, daß nach dem Eindruck von dieser Rede, den ich habe, das keineswegs der Fall war. Es waren eine Menge Zahlen darin angegeben und auch substantiierte Aus⸗ führungen gemacht. Die ganze Rede war durchaus sachlich und gründlich gehalten. Aber so ist die Sache: bringt man sogenannte Schlagwörter, so heißt es: das sind hohle Redensarten, das ist Phraseologie von nationalem Empfinden, von der wehenden Flagge. Gebt uns doch Zahlen, wir wollen positive Zahlen haben! Kommen wir aber ein andermal mit Zahlen, so heißt es: das sind armselige trockene Zahlen über einzelne Verhältnisse, das ist eine reine Kal⸗ kulatorarbeit, aber nicht die eines Staatsmanns; es fehlen die großen Gesichtspunkte. Kurzum, man mag thun, was man will, — es geht schließlich wie beim Narren im König Lear, der sagt: rede ich heute die Wahrheit, so bekomme ich Prügel; morgen werde ich geprügelt, weil ich lüge, und übermorgen, weil ich den Mund halte! Kurz, es ist sehr schwer, auf diesem Gebiet es Allen recht zu machen.
Nun möchte ich noch zum Schluß dem Herrn Dr. Schaedler eine Berichtigung angedeihen lassen. Der sagte gestern, man vermisse in diesem Gesetz eine Bestimmung darüber, daß die neuen Schiffe auf deutschen Werften gebaut werden sollen. Der Herr Abgeordnete hat insofern Recht, als in diesem Gesetz sich nichts Bestimmtes darüber findet, aber das war auch nicht nöthig, und insofern hat er Unrecht; denn es steht in dem alten Gesetz von 1885, zu dem dies nur eine Novelle ist, — da ist aus⸗ drücklich in § 3 gesagt: in dem Vertrag, den Deutschland mit der Gesellschaft abschließen wird, müssen dieser unter allen Umständen die Hauptbedingungen der Linie, wie sie in der Anlage stehen, auf⸗ erlegt werden, und die Nr. 5 der Hauptbedingungen lautet ausdrück⸗ lich dahin, daß alle neuen Schiffe auf deutschen Werften gebaut werden müssen. Also was der Herr Abg. Schaedler vermißt hat, ist
vollständig vorhanden.
Dem Herrn Abg. Freiherrn von Stumm möchte ich noch sagen, daß es ja unsere Absicht ist, wie ich schon gestern geäußert habe, abzuwechseln, einmal in Antwerpen und das anderemal in Rotterdam anzulegen. Ich glaube, daß wir in dieser Beziehung das Richtige mit der Lloydgesellschaft treffen werden.
Abg. Singer (Soz.): Wir halten eine Kommissionsberathung nicht für nothwendig und lehnen die Vorlage ohne weiteres ab, weil sie nur den Zweck hat, die Frachten zu Gunsten des Auslandes zu ermäßigen. s geht hier so wie bei der Zuckersteuer. Die „Kreuzzeitung“ hat es ja am 5. Dezember ausgesprochen, daß die deutsche Handelsflotte die französische überholt hat, trotzdem die letztere reich⸗ lich unterstützt wird. Die Liebesgaben für den Lloyd drücken die Frachten der anderen Unternehmungen nieder, welche sch an den See⸗ leuten und ihren Arbeitern schadlos halten. Die Ursachen des Ham⸗ burger Ausstandes sind in solchen Dingen zu suchen, nicht bei den Arbeitern. Die Ausständigen erfreuen sich der Zustimmung der ganzen zivilisiserten Welt wegen ihrer guten Haltung; denn sonst hätte schon längst Militär einschreiten müssen. Die Informationen des Herrn von Boetticher waren unrichtig; denn viele Hamburger Arbeiter erhalten nicht 4,20 ℳ, sondern nur 2 ℳ und 2,50 ℳ Arbeitslohn. (Rufe: Zur Sache!) Das Reich hat gar keine Ver⸗ anlassung, den Norddeutschen Lloyd zu subventionieren dafür, daß er solche Zustände herbeiführt. Gegen die Kingsin⸗Linie brauchen wir den Lloyd nicht durch Subvention zu schützen; er hat durch seinen Vertrag mit dem Reich bewiesen, daß er sich selbst wehren kann. err
rese hat die Landwirthe anlocken wollen. Aber seine Ver⸗ prechungen werden nicht ausreichen, er müßte denn namens des Lloyd den Verzicht auf Getreide⸗Import aussprechen können. Die Hamburger Rheder haben das stolze Wort gespro een: Wir wollen Herren sein in unserem Hafen. Die Herren hätten bedenken sollen, daß 40 Millionen vom Reiche zugeschossen sind zu den Freihafenbauten. Herr von Boetticher solite diese Rheder nicht noch unterstützen. Wenn Herr Hahn schon über die lange Arbeitszeit der Schiffsoffiziere klagt, wie müssen dann erst die Arbeiter angespannt worden sein, die se bst arbeiten, währenn die Offiziere bloß beaufsichtigen. In einer Feit stetig 85. reitender Schiffstechnik ist es bedenklich, daß die Regierungen sich auf 15 Jahre binden wollen. Daß der Postverkehr nach Ost⸗Asien jemals einen nennenswerthen Umfang annimmt, ist doch kaum zu hoffen; namentlich wird der Postanweisungsverkehr den Wechselverkehr nie⸗
mals verdrängen. Dr.
Staatssekretär des
von Boetticher: Meine Herren! Zu meinem Bedauern habe ich den heutigen Ver⸗
handlungen bisher nicht beiwohnen können, weil ich durch eine Bundes⸗ rathssitzung in Anspruch genommen war. Ich bin aus dieser Bundesrathssitzung hergerufen worden, weil, wie man mir gesagt hat, der Herr Vorredner sich besonders mit meiner Person beschäftigt und insbesondere die Haltung bemängelt hat, die ich vor einigen Tagen bei der Besprechung des Strikes in Hamburg und Bremen eingenommen habe.
Ich habe mich verpflichtet gefühlt, sofort hier zu erscheinen, um
Innern, Staats⸗Minister