1896 / 294 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1896 18:00:01 GMT) scan diff

dungsschulen die rein fachliche Seite der Ausbildung immer mehr in den Vordergrund stellen sollten. (Sehr richtig!) Diese sogenannte

allgemeine Bildung, so unentbehrlich sie auch ist, ist für diese Klassen, wenn man aufrichtig sein will und sich nicht davor fürchtet, es aus⸗ zusprechen, doch weniger wichtig, wie die fachliche Ausbildung. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, auch nach der sittlichen Seite hin ist die fachliche Ausbildung in den meisten Fällen weit bedeutsamer als das sogenann te allgemeine Wissen (sehr richtig!), und das trifft zu nicht bloß hier, son⸗ dern nach meiner Meinung in dem gesammten Schulwesen (sehr richtig!), und wir werden gewiß in Zukunft diese ganze Betrachtung noch energischer als bisher bethätigen müssen.

Nun liegt die Schwierigkeit, wie der Herr Handels⸗Minister schon angedeutet hat, in der Kooperation von Staat und Gemeinde. Wir können nichts machen, wenn wir auch die Mittel in der Hand haben, wenn die Gemeinde eine solche Fortbildungsschule nicht errichten will. Andererseits erleichtern wir ja gewiß den Gemeinden die Er⸗ richtung, je mehr staatliche Mittel wir aufwenden. Das führt aber allmählich bei mangelnden festen Grundsätzen zu der Gefahr der Verstaatlichung auch dieser Schulen, wie wir ja leider, wie ich mehrfach ausgesprochen habe, bei den allgemeinen Volksschulen durch das kolossale Anwachsen der staatlichen Verwendungen in vollem Maße auf diesem Wege sind.

Nun sage ich aber, meine Herren, bei keiner Art Schule würde ich eine Verstaatlichung, gewissermaßen eine zu schablonenmäßige Be⸗ handlung des Lehrstoffs und des Schulprogramms für bedenklicher halten als bei diesen. Diese Schulen müssen einen individuell lokalen Charakter haben. Man muß fast für jede Gemeinde untersuchen: welche Lehrbedürfnisse sind hier vorzugsweise vorhanden? Das ist in großen Städten und in kleineren Städten, in kleineren Städten und auf dem Lande, selbst innerhalb der einzelnen Gruppen der Gemeinden, nach der Art ihrer Gewerbethätig⸗ keit absolut verschieden. Es muß also in der Gemeinde⸗

Verwaltung die Garantie liegen, daß diesen besonderen individuellen Bedürfnissen genügend Rechnung getragen wird, und zweitens muß die

Bürgerschaft, die Gemeindevertretung selbst das lebendigste Interesse an der Schulverwaltung haben. Von Staats wegen kann das nicht ersetzt werden, durch nichts. Es müssen die Handwerksmeister, die Handwerkskorporationen, die Innungsverbände zur lebendigen Mit⸗ thätigkeit selbst in der Beaufsichtigung dieser Schulen herangezogen werden; den regelmäßigen Schulkursus zu kontrolieren, müssen sich die Innungen selbst zur Aufgabe machen. Ich habe es als Osnabrücker Bürgermeister den Innungsausschüssen zur Pflicht gemacht, Delegirte zu bestimmen, welche jeden Abend, an dem Unterricht gegeben würde, selbst kontrolierten, ob alle Lehrlinge in der Schule vorhanden waren oder nicht. Das wird man nur erreichen können, wenn diese Schulen im wesentlichen Gemeindeschulen bleiben und nicht Staatsschulen werden. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Gemeinden auch ihrerseits Opfer bringen. Sowie der Staat immer mehr und mehr herangezogen wird, seine Leistungen immer größer, die Leistungen der Gemeinden im Verhältniß immer kleiner werden, wird keiner den Entwickelungsgang, den ich vorher als einen nachtheiligen bezeichnete, aufhalten.

Nun ist es aber außerordentlich schwierig, in dieser Beziehung feste Grundsätze überall durchzuführen. Das hat auch die Erfahrung gelehrt. Wir haben große Städte, die vom Staate gar nichts be⸗ kommen, und andere, die außerordentlich hohe Zuwendungen erhalten. Wir haben ursprünglich die Kosten in der Weise getheilt, daß die Gemeinden die sächlichen Kosten trugen, Schullokale stellten, Beleuchtung, Heizung, Reinigung, und daß die Personalkosten zur Hälfte getheilt wurden. Man hat aber dieses Prinzip nicht überall durchführen können; die Herren vom Handels⸗Ministerium, namentlich Herr Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lüders wird hierüber noch nähere Auskunft geben können. Könnten wir da feste Grundsätze durchführen, dann würde die Situation des Finanz⸗Ministers bei Bewilligungen auch viel leichter sein. Denn, würde uns in jedem Falle nachgewiesen: die und die Gemeinde ist bereit, für solche Schulen nach diesen Grundsätzen die erforderlichen Opfer zu leisten, dann hätte der Finanz⸗Minister eine viel klarere Situation vor sich, als wenn er bloß Summen bewilligt, deren Verwendung nicht zu übersehen ist.

Meine Herren, für gewisse Gebiete des Fortbildungsunterrichts das gebe ich zu kann man jetzt solche Grundsätze nicht aufstellen, z. B. für den weiblichen Fortbildungsunterricht, den ich auch für nöthig halte; da wird man vorläufig Pauschbeträge bewilligen müssen; man wird allerdings Ungleichheiten dabei nicht vermeiden können, aber ddiese Entwickelung ist noch zu neu, und in den Anfängen schen feste Prinzipien aufzustellen, halte ich nicht für ausführbar.

Meine Herren, der Herr Handels⸗Minister hat schon darauf hin⸗ gewiesen, daß das, was der Staat geleistet hat, nicht bloß für die Fortbildungsschulen, sondern auch für Fachschulen im engeren Sinne

doch keineswegs so unbedeutend ist. Ich kann mich erinnern, wie wir im Jahre 1866 aus Hannover nach Preußen kamen, daß ich erstaunt war, in ganz Preußen noch keine Bauhandwerkerschule zu finden. Seit der Zeit ist aber auf diesem Gebiet doch ganz außerordentlich viel geleistet worden, und es hat das Handels⸗Ministerium sich dieser Schulen in höchstem Maße angenommen. Die Verwendungen des Staats für die Fachschulen sind vom Jahre 1890/91, wo sie 186 000 betrugen, jetzt einschließlich der Subvention an den nichtstaatlichen Schulen dieser Art auf fast 2 Millionen gestiegen. (Hört! hört!) Namentlich auch in den letzten Jahren ist in dieser Beziehung viel geschehen.

Meine Herren, eine solche Entwicklung können Sie aber auch nicht bloß mit Geld machen, das will alles Zeit haben. Da sind eine große Menge Schwierigkeiten zu überwinden. Ich brauche das garnicht weiter zu entwickeln. Wenn Sie plötzlich 88 noch eine halbe Million mehr einstellten, glauben Sie nicht, daß Sie infolgedessen ebenso schnell gute derartige Schulen haben; das muß eine gewisse Entwicklungsperiode durchmachen. Wir haben neuerdings ja eine große Anzahl dieser Fachschulen, die wesentlich Gemeinde⸗ schulen waren, verstaatlicht, weil auch ich der Meinung bin, daß Schulen dieser Art allerdings mehr staatlicher Natur sind. Sie 3 beschränken sich nicht auf eine kleine Oertlichkeit, eine solche Schule ist keine rein lokale, eine Bauhandwerkerschule in Elberfeld ist eine

Schule für den größten Theil der Rheinprovinz; das kann man nicht ein auf das lokale Gebiet beschränken. Mitwirken müssen die Ge⸗

auflegen. Es ist auf diesem Gebiet auch weit mehr geschehen, als man glaubt. Ich glaube, meine Herren, wenn Sie eine Kommission nieder⸗

setzen, so wird diese Kommission gegenwärtig nicht weit kommen daß sie uns da ganz neue Sachen lehren sollte, glaube ich kaum. Man wird allseitig über das Ziel einig sein; darüber ist, glaube ich, in diesem Hause gar kein Zweifel, und die Staatsregierung steht auf demselben Punkt; Sie haben das aus meinen Aeußerungen und aus den Aeußerungen des Herrn Handels⸗Ministers ja klar gehört. Wollen Sie die Sache aber in einer Kommission nochmals prüfen, so ist da⸗ gegen nichts zu erinnern; wir würden sehr erfreut sein, wenn wir aus den Berathungen dieser Kommission neue gute Hinweise bekämen, und die Kommission wird ja immer dazu beitragen, namentlich die Entwickelung, wie sie sich in den einzelnen Provinzen herausgestellt hat, noch klarer zu stellen, wie uns wenigstens mir das jetzt vielleicht vorliegt. So glaube ich, die Anregung, die hier gegeben ist, ist insofern nützlich, als auf dieses Gebiet besonders mal wieder die Auf⸗ merksamkeit gerichtet ist, und auch insofern nützlich, als wir aus der Stellung der Parteien zu dieser Frage wohl allgemein die Ueberzeugung gewonnen haben, daß wir bei Förderung dieses Zweiges des Fort⸗ bildungsschul⸗Unterrichts auf die Zustimmung und Unterstützung dieses hohen Hauses werden rechnen können. Sollen in der Kommission noch besondere einzelne Vorschläge berathen werden, so würden wir dagegen natürlich nicht das Geringste zu erinnern haben und wir werden gerne, wie gesagt, Belehrung annehmen, wenn die Verhand⸗ lungen in der Kommifsion uns solche bringen. (Bravo !) Abg. Knebel (nl.) freut sich über die Aufnahme des Ant im Hause und bei der Regierung. Es handele sich nicht s0 Einführung eines Zwangs zum Besuche der Schulen, als um den Zwang zur Errichtung von Fortbildungsschulen. Namentlich zur Errichtung von ländlichen sei ein Zwang erforder⸗ lich. Die Zahl der ländlichen Fortbildungsschulen betrage noch nicht einmal 1000, auf dem Lande sei das Bedürfniß dazu aber gerade sehr großz. denn die kleinen Landwirthe litten unter einer zu geringen usbildung. Es werde bei uns durchaus nicht so viel für das Fortbildungzschulwesen sethan, daß wir die Hände in den Schoß egen könnten. In England, Frankreich und Oesterreich werde mehr dafür gethan. Auf die Vertiefung des Elementarunterrichtsstoffes komme es in erster Linie an, in dem Vordrängen des Fachunterrichts läge eine große Gefahr; namentlich würden die ländlichen Fort⸗ bildungsschulen nur Stückwerk bleiben, wenn sie sich zu reinen xeu-]

andes⸗Oekonomie⸗ und Regierungs⸗Rath Dr. Müller entschuldigt die Abwesenheit des Ministers für Landwirthschaft. Nach eiranschagzift des Ministers solle in den ländlichen Fortbildungsschulen das Haupt⸗ gewicht auf die Fortführung des in der Volksschule Erlernten gelegt werden, aber der Unterricht habe doch eine fachliche Richtung zu nehmen, insofern an die praktischen Bedürfnisse des Landlebens an⸗ zuknüpfen sei; das sei aber etwas Anderes als ein rein landwirth⸗ schaftlicher Fachunterricht. Der Landwirthschafts⸗Minister habe das größte Interesse an diesen Aufgaben und werde sich freuen, wenn mehr Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden könnten. Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.): Gewiß dient die Fortbildungs⸗ schule der sittlichen Erziehung, aber für die Charakterbildung bleibt doch die Hauptsache die Familie und das Leben. Eine a gemeine Besprechung unseres Fortbildungsschulwesens hier im Hause kann nur von Nutzen sein, die Anre ung dazu ist dem Antragsteller zu verdanken. Für die ländlichen Fortbildungsschulen scheint mir ein Zwang nicht nothwendig zu sein. Wenn sie Gutes leisten, werden die Bauern im eigenen Interesse ihre Söhne dorthin schicken. Alles Heil für die Verbesserung der vün itrth Faftlien Verhältnisse kann man allerdings von den ländlichen Fortbil ungsschulen nicht erwarten, aber immerhin können sie die jungen beuke zum selbständigen Denken und Beobachten anregen. Auch für die kaufmännischen Fortbildungsschulen möchte ich keinen Zwangsbesuch einführen. Da⸗ gegen mögen die Innungen einen Zwang zum Besuch ihrer Schulen einführen. Einen besonderen Werth lege ich darauf, daß die Fort⸗ bildungsschulen mit der Kirche in Verbindung bleiben und den Reli⸗ gionsunterricht, diesen wichtigsten Faktor zur sittlichen Erziehung, in ihren Lehrstoff aufnehmen. Bei den Schulen für weibliche Personen muß der Zwang auf jeden Fall wegbleiben, denn es muß die Mög⸗ lichkeit offen bleiben, die Töchter der Familie im Haushalt zu be⸗ schäftigen. Alle verfügbaren Kräfte im Lande müssen mitwirken an der sittlichen Erziehung der Jugend, der Staat darf nur ergänzend eingreifen, um die Privatthätigkeit zu unterstützen. Abg. von Tzschoppe (fr. kons.): Wir halten den jetzigen Zeitpunkt, wo der Etat noch nicht vorliegt, für nicht recht geeignet für den Antrag, sind aber zu einer Kommis jonsverhandlung bereit. Die Erklärungen der Regierung werden allseitig mit Freude begrüßt werden. Die Landgemeinden können bei dem Darniederliegen der Landwirth⸗ schaft keine Mittel für solche Schulen aufwenden. Die ländlichen Fortbildungsschulen könnten nur auf einen Unterricht in vier Monaten im Winter rechnen, sonst würden sie von vornherein am Widerstand der Landwirthe scheitern. Das Schwierigste ist die Beschaffung der Lehr⸗ kräfte auf dem Lande. Unsere Volksschule hat sich ein zu hohes Ziel gesteckt, das nur bei wenigen Schülern mit Erfolg erreicht wird. Die Zahl der Analphabeten ist zwar im Sinken, aber das Vor⸗ handensein derselben zeigt die Nothwendigkeit der Fortbildungs⸗ schulen. Die Fachschulen erfreuen sich allerdings mit Recht einer Sympathie in der Bevölkerung, aber doch können wir die Fort⸗ ildungsschulen nicht entbehren zur allgemeinen Weiterbildung in den Fächern der Volksschule. Die Sozialdemokratie ist von dem Dünkel ergriffen, daß sie allein durch ihre Literatur den Arbeitern das nöthige Wissen verschafft. Da wäre die Fortbildungsschule eine segensreiche Konkurrenz gegen die sozialdemokratische Literatur. Auf die Erziehung des Charakters lege ich mit dem Antragsteller einen größeren Werth als auf die Erwerbung einer gewissen Summe von Kenntnissen. Die Schüler der höheren esellschaftsklassen unter⸗ liegen bis zum 18. und 20. Jahre der strengen Schuldisziplin; smd denn 8 8-s b8 nateren Möfes 8 ebenso der Aufsicht edürftig e Erziehung zwischen der Volksschul d ist ein gutes Mittel gegen die Ceena bern er,che 1.“

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich möchte doch einen Irrthum des Herrn Vor⸗ redners berichtigen, der angenommen hat, ich hätte gemeint, bei den gewerblichen Fortbildungsschulen könnte der elementare Nachhilfe⸗ unterricht gänzlich entbehrt werden, es sei darauf kein Gewicht zu legen. Da hat er mich durchaus mißverstanden. Ja habe ja gerade ausgeführt, daß eine ungenügende Schulbildung, weil gerade der Lehr⸗ lingsstand sich wesentlich rekrutiert aus solchen Klassen, deren Kinder noch nicht genügenden Volksschulunterricht genossen oder voll⸗ ständig in sich aufgenommen haben, dazu zwingt, in den gewerblichen Fortbildungsschulen auch noch eine große Anzahl von Stunden, von Kraft überhaupt, auf den Elementarschulunterricht zu verwenden. Ich beklage das als einen Uebelstand; das Ideale wäre ja, daß das nicht nothwendig wäre, daß die elementare Ausbildung voll⸗ ständig abgeschlossen, genügend befestigt sei, und daß man nun mit dem eigentlichen gewerblichen und fachlichen Unterricht sich aus⸗ schließlich beschäftigen könnte. Ich gebe aber vollständig zu, daß das gegenwärtig nicht der Fall ist, und meine Ausführung wird bestehen bleiben. Daß das die rein fachliche Ausbildung entschieden benach⸗

Ebenso ist es mit den Maschinenbauschulen und anderen.

Verallgemeinerung der

Abg. Knebel

gegen eine zu große anscheinend mit Herrn daß es darauf ankäme, den Menschen auszubilden für seinen Beruf, und wenn er trotzdem in den ländlichen Fortbildungsschulen einführen will Geschichte, Naturwissenschaft, Staatzs⸗ wissenschaft u. s. w., (Heiterkeit!) so glaube ich, ist er doch auf einem sehr bedenklichen Wege. Denn wenn er den Weg verfolgen will, den er selbst anzeigt, so ist die erste Bedingung, meine Herren, den Leuten nicht einige Phrasen und Bruchstücke von irgend einer Wissen⸗ schaft zu geben, sondern was man giebt, gründlich zu geben und das ist nur möglich, wenn man sich bes chränkt, und allerdings sich wesentlich beschränkt auf die Wissensbedürfnisse für den Beruf, auf welchen der betreffende Schüler nach seinen ganzen Verhältnissen nun einmal naturgemäß angewiesen ist. (Sehr richtig!) Sonst werden wir gerade das Gegentheil erreichen von dem was der Herr Vorredner erreichen will. 1 Meine Herren, was die gewerbliche Schulbildung anbelangt, so möchte ich noch eine Sache aus meinen persönlichen Erfahrungen mit⸗ theilen. Ich habe immer gefunden, daß ein großer Theil der Schüler widerwillig in diese Schulen geht, wenn man ihnen bloß gewisser⸗ maßen Wissen im allgemeinen beibringen will. (Sehr richtig!) Je näher man dem Schüler mit derjenigen fachlichen Ausbildung kommt von der er sich sagt: die kann ich für mein Handwerk benutzen, das wird für mein Handwerk verlangt, um so lieber geht der junge Mann in die Schule. (Sehr richtig!) Das ist selbst auf dem Gebiet des reinen Fachunterrichts der Fall. Das Zeichnen im allgemeinen, wat ja gewiß absolut nothwendig ist und unentbehrlich, um weiter zu kommen in die Spezialklassen, interessiert ihn in der Regel auch wenig. In dem Augenblicke, wo der Delorationsmaler in denjenigen Unterricht kommt, von dem er sich sagt: das wird mich in meinem Gewerbe fördern, hat er den größten Eifer. (Sehr richtig!) Das beweist die Richtung, die wir einschlagen müssen. Wir müssen über⸗ haupt in Deutschland das habe ich seit 30 Jahren gepredigt immer mehr dahin kommen, zu fragen: für welche Lebensthätigkeit ist der bestimmte Schüler bestimmt, um ihn darin zu fördern? Das stählt auch seinen Charakter, das giebt ihm Freudigkeit in seiner eigenen Arbeit. (Sehr richtig!) Für ihn ist die Arbeit keine Last, sondern eine Lust. (Sehr richtig!) Diejenigen, die nichts weiter haben als solche allgemeine doch immer oberflächliche Bildung, die aber in ihrem eigenen Fache nichts verstehen, haben auch keine Liebe für ihr Fach und dadurch kommen dann oft die verkehrten unklaren Ideen. (Sehr richtig!) Man hat beispielsweise in meiner Heimath Osnabrück ländliche Schulen eingerichtet, die den Zweck hatten, die jungen Bauernsöhne soweit zu bringen, daß sie den einjährigen Dienst thun konnten. Ich habe damals schon gesagt, das ist in hohem Grade bedenklich. (Sehr richtig!) Laßt die jungen Leute lernen, was sie in ihrem Beruf gebrauchen, französisch und englisch brauchen die Bauernsöhne nicht (Heiterkeit), das verdreht ihnen nur die Köpfe und wenn sie als Einjährig⸗Freiwillige gedient haben, werden sie nicht mehr, sondern viel weniger geeignet sein, ihre Höfe zu führen. (Sehr richtig!) Ich möchte bei alledem, was wir thun, dringend bitten ich kann ja auf die Sache so nicht einwirken, höchstens als Finanz⸗ Minister, wenn Geld von mir gefordert wird (große Heiterkeit), daß das hohe Haus und die Kommission, die diese Sache weiter bearbeiten wird, diesen Gesichtspunkt nicht aus den Augen läßt. (Bravo!)

Abg. Krawinkel (nl.) tritt kurz für eine Förderun d

ländlichen Fortbildungsschulen ein, die dafür dem —— afts⸗ Minister zur Verfügung stehende Summe sei viel zu ering. Abg. Euler (Zentr.) bespricht die Nothwendigkeit der Hand⸗ werkerschulen. Daß die Handwerker ihre Söhne nicht dem . werk, sondern anderen Berufszweigen zuführten, liege daran, daß das Handwerk infolge der Gesetzgebung zurückgegangen sei. Redner tritt für die obligatorische Organisation des Handwerks, welche obli⸗ gatoftsch⸗ Fachschulen von selbst zur Folge haben werde, sowie für die Verlegung des Fachschulunterrichts vom Abend und vom Sonntag auf den Vormittag in der Woche ein. Werde dann die tüchtige

Bildung einverstanden

Bedürfniß des Befähigungsnachweises mit elementarer Gewalt gelte d machen. Dann werde auch der Krebsschaden des Submisstonswesens beseitigt werden können.

Ein Schlußantrag wird angenommen. bemerkt

Abg. von Schenckendorff, daß der Antrag erfreulicher Weise auf allen Seiten freundlich aufgenommen worden sei, und bestreitet, daß er die Fortbildungsschulen obligatorisch machen wolle. Veftrettet erfreulich ae⸗ die Erklärungen des Handels⸗Ministers. Zur Staats⸗ schule dürfe es nicht kommen, das habe er von vornherein gesagt.

Der Antrag wird einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.

Schluß gegen 3 ¼ Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr. (Vertrag mit Holland, betreffend das Seefeuer auf Borkum; Antrag Weyerbusch, betreffend Aenderung des Kom⸗ munalabgabengesetze.)

Im Schlußwort

.

Norwegen.

6. Januar 1897, 7 Uhr Abends. Staatsbahnen: Lieferung von 30 offenen Güterwagen. Litt. N. Angebote in geschlossenem Brief⸗ umschlag mit der Aufschrift „Vogne (Wagen) werden im Expeditions⸗ komtor der Verwaltung der Staatsbahnen in Christiania, Jern⸗ banctorvet 8/9, entgegengenommen. Zeichnungen und nähere Be⸗ dingungen im Komtor des Direktors der Maschinenabtheilung in

Dezember.

„Warwick⸗Castle“ ist auf der Heimreise gestern von Maurilius abgegangen. Der Uniondampfer „Moor“ ist auf der Ausreise gestern in Kapstadt angekommen. Der Uniondampfer „Scot“ ist auf der Ausreise heute von Madeira abgegangen. Der Union⸗ dampfer „Goth'“ ist heute auf der Heimreise bei den Canarischen Inseln angekommen. Der Castledampfer „Norham Castle“ ist gestern auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Castle⸗ dampfer „Dunottar Castle“ ist heute auf der Ausreise in Delagoa Bay angekommen.

„Rotterdam, 10. Dezember. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Der Dampfer „Obdam“⸗ hat heute Mittag Prawle Point passiert. Der Dampfer „Werkendam“ ist

mittag von Rotterdam abgegangen.

esus Filhanmg durch eine Prüfung abgeschlossen, so werde sich das

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staat

Berlin, Freitag, den 11. Dezember

No 294.

Statistik und Volkswirthschaft.

Der Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes im Großherzogthum Mecklenburg⸗Schwerin und im Herzogthum Oldenburg.

Unter den Berichten und Gutachten, welche der Verein für Sozialpolitik über den Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes in Dautschland (Schriften des Vereins, Band 73 und 74; Verlag von Duncker u. Humblot in Leipzig) veröffentlicht hat“), ist eine der kürzesten Arbeiten die des Geheimen Finanz⸗Raths Balck in Schwerin über den Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes im UI Mecklenburg⸗Schwerin. Nichtsdestoweniger sind die darin ge⸗ machten Mittheilungen von hohem Interesse. Vom landesherrlichen Domanium (ca. 254 Millionen Quadratruthen) sind im Großbetrieb 28 %, im mittleren und Kleinbetrieb 72 %. In der Ritterschaft (ca. 264 Millionen Quadratruthen) entfallen auf den mittleren und kleinen Besitz nur 8 %, im Klostergebiet (ca. 11 Millionen Quadratruthen) ca. 50 %. Das Stadtgebiet (ca. 84 Millionen Quadratruthen) hat 463 Bauern und Büdner, zum Haupttheil aber eigentlichen Stadt⸗ und Kämmereiacker von 42 Städten. Es existieren, wie der Berichterstatter mittheilt, zur Zeit im Lande an oͤffentlichen Einrichtungen, aus denen Personalkredit gegen Wechsel, Bürgen oder Hinterlegung ewährt werden kann, 38 Kreditgenossenschaften als, städtische er n vereine nach Schulze⸗ deltzchscem System, sowie 7 Bankstellen, von denen drei landesherrlich konzessioniert sind. Raiffeisen'sche Darlehns⸗ kassen⸗Vereine mit Anschluß an die Zentral⸗Darlehnskasse für Deutsch⸗ land in Neuwied sagt der Bericht weiter seien neben zwei älteren in jüngster Senh noch einige Dutzend anderer begründet. Nach dem Vorgang von Schleswig⸗Holstein, Hannover u. s. w. habe aber der Ferzenteschüß der Vereine kleinerer Landwirthe für die von ihm zu gründenden Darlehnskassen⸗Vereine die Errichtung einer einheimischen Zentralkasse beschlossen, welcher auch aus dem landesherrlichen Domanial⸗ Kapitalfonds der nöthige Kredit unter billigen Bedingungen bewilligt sei.

ersonalkredit an einzelne Personen werde aus dem Domanial⸗Kapital⸗ onds nicht gewährt. Dem Personalkredit werde hierdurch „vollauf eenügt“, zumal auch daneben „Privatkapitalisten“, namentlich befreun⸗ bete aufleute, Bürger und Landleute, unter sehr billigen Bedingungen und Sicherheiten auszuhelfen pflegten. Wucherer seien dabei seltene grssgesem gen, hielten sich auch dem ländlichen Grundbesitz fern, weil F. fte durch Zusammenlegung und Parzellierung nicht zu machen seien, sondern jede Nahrungsstelle als solche erhalten, bebaut und bewirthschaftet werden müsse, womit den Wucherern nicht gedient h könne. Bei der an althergebrachter Wirthschaft hängenden äuerlichen Landbevölkerung spiele der Betriebs⸗ und Meliorations⸗ kredit bis jetzt keine bedeutende Rolle.

Mit ganz anderen Besitzverhältnissen hat es der Bericht über den ersonalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes im Herzogthum ldenburg zu thun, den der Gutsbesitzer Benno Meyer in

Holte bei Damme erstattet hat. Hier herrscht entschieden der Klein⸗ besitz vor, der Großbesitz ist nur sporadisch vertreten. Der Betrieb der Landwirthschaft ist in allen Landestheilen zur Zeit „aus⸗ schließlich auf Viehproduktion“ gerichtet. Dieser Umstand hat, wie der Berichterstatter betont, auf die Erwerbsverhält⸗ nisse der landwirthschaftlichen Bevölkerung Oldenburgs einen sehr günstigen Einfluß ausgeübt, „sodaß Klagen, wie sie in anderen Gegenden Deutschlands über die Nothlage der Landwirth⸗ schaft laut wurden, hier nicht oder doch nicht in dem Umfange ver⸗ nommen wurden.“ Deshalb habe auch die Frage des Personal⸗ kredits für Oldenburg wohl kaum eine so große Bedeutung, wie für manchen anderen Theil Deutschlands. Dennoch aber sei ein gewisses Kreditbedürfniß auch hier, und zwar unter fast allen Verhältnissen, vorhanden.

Spar⸗ und Darlehnskassen nach Raiffeisen bestanden zur Zeit des

Berichts erst in 9 Gemeinden des Münsterlandes. Kreditgenossen⸗ Uisten nach dem System Schulze⸗Delitzsch und andere ähnliche sind isher im Herzogthum, wenigstens soweit es sich um das Kredit⸗ bedürfniß der ländlichen Kleinbetriebe handelt, nicht ins Leben ge⸗ treten, es werden aber, wie der Berichterstatter mittheilt, neuerdings derartige Einrichtungen im Norden des Landes geplant; dagegen be⸗ stehen zwei Vorschuß⸗ und Sparbanken, von denen die eine am 1. Januar 1890 als Aktiengesellschaft ins Leben getreten ist. Eine Anzahl größerer und kleinerer Bankgeschäfte befaßt sich außerdem mit Kreditgewährung auch an die ländlichen Grundbesitzer, ohne daß über die Betheiligung des Kleingrundbesitzes dabei etwas ersichtlich gemacht wäre.

Der Berichterstatter erhofft von einer weiteren Organisation

namentlich eine Einschränkung des „für den Gläubiger lästigen und schadenbringenden und für den Schuldner nicht minder verderblichen Borgwesens“, besonders in den Kreisen der Kleinwirthe. Andrerseits erwartet er von der Organisation des Kredits die günstige Wirkung, daß „man dann es eher wagen wird, wirklich produktive Ausgaben des Geldleihens halber nicht zu unterlassen.“ Durch Neukulturen in den Heiden und besonders in den unendlichen Mooren biete sich noch ein weites Feld zu nutzbringender Thätig⸗ keit. „Leider fehlt es uns“ fügt er hinzu „dazu aber weniger an Geld, als an Menschen; denn 6 Jahrzehnte hindurch hat uns die überseeische Auswanderung ungezählte Tausende unserer Landeskinder geraubt, sodaß menschliche Arbeitskraft hier ein so theurer und rarer Artikel ist, wie kaum irgend wo anders in Deutschland. Ehe unsere vielen noch kulturfähigen Un⸗ und Oedlandosflächen wieder der Kultur gewonnen werden können, muß erst eine Zufuhr fremder Arbeitskräfte in großem Maßstabe erfolgen; wir mit unserer geringen

Population sind dazu thatsächlich außer stande.“

111“

Literatur.

Jahrbuch der Internationalen Der intqung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirthschafts⸗ lehre zu Berlin, im Auftrage der Vereinigung Feehehn von

rofessor Dr. Bernhöft in Rostock und Landgerichts⸗Rath Dr. Meofefs in Sexrheae“g: 1896. VI, 716 S. Berlin,

lermann Bahr'’s Buchhandlung. 8 Zwei Richtungen sind in der heutigen vergleichenden Rechts⸗ wissenschaft zu unterscheiden, von denen die eine es mit den Rechten der Naturvölker in Vergangenheit und Gegenwart, die andere mit denen der modernen Kulturnationen allein oder doch vor⸗ wiegend zu thun hat. Der erste Zweig hat seinen haupt⸗ sächlichen Werth für Rechts⸗ und Kulturgeschichte, nicht minder auch weiterhin für die Rechts 1859 ie. Während diese Richtung schon längst in Deutschland zahlreiche Anhänger gefunden hat, ist die ziel⸗ bewußte, swttematisge Pflege der modernen, oder wie sie auch genannt wird, der dogmatischen deseversle Ganc eigentlich erst in den letzten Jahren in ve- gekommen. hr hat sich die Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirth⸗ schaftslehre in ihrem bisherigen Wirken zugewandt. Was bei ihrer Gründung im Februar 1894 bestimmend mitgewirkt und was ihr während ihres kaum dreijährigen Bestehens den großen de verschafft hat, von dem äußerlich das durch Meh. und Klang der Namen aus allen Kulturstaaten imponierende gliederverzeichniß Kunde giebt, das ist die Erkenntniß von der großen Bedeutung der Rechtsver⸗

gleichung im modernen Sinne als Voraussetzung der Gesetzgebung. Unter diesem Gesichtspunkte hat sich zugleich die Nothwendigkeit er⸗ geben, die verschiedenen Rechtsinstitute unter Berücksichtigung der konkreten volkswirthschaftlichen Verhältnisse ins Auge zu fassen. Dieser ihrer modernen Richtung entspricht auch der Inhalt des in stattlichem eange vorliegenden zweiten Jahrgangs des offiziellen Organs der Vereinigung. Das Jahrbuch ist zunächst natürlich für die Mitglieder der Internationalen Vereinigung bestimmt, besonders für die aus⸗ wärtigen unter ihnen, denen dadurch ein Theil der in Berlin gehaltenen Vorträge zugänglich gemacht wird, die auch sonst darin durch einen interessanten „Rückblick des Vorsitzenden, Landgerichts⸗ Raths Dr. Meyer, durch Mittheilung der Satzungen und der Mit⸗ gliederverzeichnise über das Wirken der Vereinigung unterrichtet werden sollen. Aber bei seinem und reichen Inhalt bietet es auch jedem anderen Freunde vergleichender Rechtswissenschaft und eine große Menge des Belehrenden und Inter⸗ essanten.

In einem fesselnden, aus einem Vortrag 1 Aufsatz über die rechtlichen und wirthschaftlichen Verhältnisse in Siam lenkt der Legations⸗Sekretär im Königlich siamesischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten zu Bangkok Dr. Oskar Frankfurter die Aufmerksamkeit auf jenes, infolge der Ver⸗ wickelungen mit Frankreich im Jahre 1893 vielfach genannte Land, über das in Europa noch so falsche Vorstellungen verbreitet sind. Nach einem kurzen Ueberblick über die geschichtliche dieses Staates berührt der Verfasser das den Ausländern auf Grun von Handels⸗ und Freundschaftsverträgen Recht der Exterri⸗ torialität und erörtert dann die Organisation der Staatsverwaltung und die von dem gegenwärtig regierenden König durchgeführten Reformen, die im Jahre 1874 erfolgte Fensehenas eines engeren und weiteren Staatsraths zur Vorberathung der Gesetze, die Umwandlung wirkliche legislative Körperschaft im Januar den zwölf Staats⸗Ministern und mindestens zwölf weiteren, vom König ernannten Mitgliedern, die zur Berathung der einzelnen Fragen Sachverständige heranzuziehen haben, die Errichtung eines Ministeriums der aus⸗

desselben in eine 1895, bestehend aus

wärtigen Angelegenheiten, dessen Funktionen in früherer Zeit dem

Finanz⸗Ministertum wohl mit Rücksicht auf die rein kommerzielle Natur des Fremdenverkehrs bis zur Eröffnung des Suez⸗Kanals ob⸗ lagen, die Verwaltung der Finanzen Siams, das noch keine Staats⸗ schulden hat, die Ein⸗ und Ausfuhrzölle, die zumeist verpachteten Steuern, das Regierungsmonopol des Opiumverkaufs, die Kon⸗ ventionen mit den europäischen Mächten über die Regelung der Spirituseinfuhr und die Abgaben der öffentlichen, immer mehr beschränkten Spielhäuser, ferner den Eintritt Siams in den Weltpostverein (1885), die Organisation der Post⸗ anstalten in den Provinzen, die wachsende Verzweigung des Tele⸗ süphen⸗ und Telephonnetzes, die systematische Erweiterung der Ver⸗ ehrswege durch Herstellung von Wasserstraßen mit Hilfe von Privat⸗ unternehmern, denen dafür ein gewisser Theil des zu beiden Ufern liegenden Landes zur unentgeltlichen Ausbeutung unter der Bedingung überlassen zu werden pflegt, daß er innerhalb dreier Jahre kultiviert wird, den fortschreitenden Eisenbahnbau, die von buddhistischen Priestern geleitete Volkserziehung, das Sanitätswesen, die Trennung von Justiz und Verwaltung und die Errichtung eines Justiz⸗Ministeriums (1892), die der Verfasser als das wichtigste Ereigniß der letzten Jahrzehnte bezeichnet, die Gerichtsverfassung, das geltende Froer recht, die auf Grund eines dem indischen Kodex nachgebildeten Gesetzbuchs erfolgende Rechtsprechung in Zivil⸗ und Strafsachen, den Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs, das neue Konkurs 6 und die Beseitigung der Schuldhaft, endlich das eigenthümliche Rechtsverhältniß, das der in Siam bisher üblich gewesene, ceshelich abzuschließende Dienstvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer begründet.

Dient dieser Aufsatz der Rechtsvergleichung in der Weise, daß er für die Kenntniß der rechtlichen und volkswirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse jenes in schneller Entwickelung befindlichen asiatischen Staates Material darbietet, so treten andere, gleichfalls aus Vorträgen hervor⸗ gegangene Aufsätze des Jahrbuchs der schwierigeren und höheren Auf⸗ gabe näher, aus dem durch Erforschung der einzelnen Rechte ge⸗ wonnenen Stoff eine vergleichende Gesammtdarstellung bestimmter Rechtsinstitute zu geben. So gewährt in einem „Kauffahrtei⸗ schiffe in fremden Gewäͤssern⸗ überschriebenen Aufsatze Dr. Paul Heilborn, Privatdozent an der Universität Berlin, einen werthvollen Ueberblick über die wichtigsten Prinzipien, welche den Gesetzgebungen der verschiedenen europäischen und ameri⸗ kanischen Staaten in Hinsicht auf die Ahndung der auf nationalen Kauffahrteischiffen in fremden Gewässern begangenen Verbrechen zu Grunde liegen, um dann zu zeigen, welche Grundsätze aus der Natur der Sache sich ergeben. Nach Ansicht des Verfassers hat de lege ferenda der Staat, unter dessen Flagge das Schiff segelt, seine Strafgesetze auf alle Delikte anzuwenden, welche die Besatzung oder die 88” fiere an Bord seines Schiffs begehen. Nur über ißefremde, d. h. solche Personen, welche lediglich vorübergehend ein fremdes Schiff besuchen oder Arbeiten daselbst verrichten, nimmt er eine Kompetenz für den

laggenstaat nicht in Anspruch, und das Prinzip Frankreichs und der

ereinigten Staaten von Amerika, welche alle an Bord ihrer Schiffe begangenen Delikte strafen, erachtet er als zu weitgehend. Das Schiff ist für ihn nicht schlechthin Inland, sondern nur für die Schiffs⸗ besatzung und die Passagiere, die persönlich den Strafgesetzen des Flaggenstaates unterworfen sein sollen, so lange sie auf dem Schiffe verweilen.

Ein anderer Aufsatz von Dr. Ernst Schuster, Barrister at Law zu London, legt die praktische Bedeutung der vergleichen⸗ den Rechtswissenschaft für das Familien⸗ und Erbrecht dar und zieht hauptsächlich die in den verschiedenen Theilen Deutsch⸗ lands angewandten Rechtssysteme einerseits und das englische Recht andererseits für die S heran. Eingehend ist insbesondere die vergleichende Darstellung der für das wichtigste aller Rechts⸗ institute, die Ehe, maßgebenden Rechtsgrundsätze.

Eine der ersten Autoritäten auf dem Gebiete des inter⸗ nationalen Privatrechts, Professor Dr. Josephus Jitta zu Amster⸗ dam, behandelt ferner die Kodifikation des internationalen Privatrechts im Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetz⸗ buches für das Deutsche Reich vom Standpunkt eines Ausländers. Er faßt das internationale Privatrecht als das Privatrecht der allgemeinen Rechtsgesellschaft des Menschengeschlechts auf; diese müsse durch die e ation eine vernünftige Ausbildung der Gesellschaft 9 ernden echtssätzen unterworfen werden, und es sei die Pflicht eines jeden Kulturstaats, im Wege der nationalen Geseß ebung das internationale Privatrecht zu nor⸗ mieren, so lange n. t ein gemeinschaftliches Handeln aller Kultur⸗ staaten zu erwarten sei. Die der Regelung internationaler Rechts⸗ verhältnisse gewidmeten, in das Einführungsgesetz übergegangenen Be⸗ stimmungen des Entwurfs (zweiter Lefus eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, dessen Erscheinen der Verfasser als ein weltbewegendes Ereigniß bezeichnet, stehen, wie er sodann dar⸗ thut, mit den Grundsätzen des internationalen ve im Ein⸗ klang. Von dem Gesichtspunkte des guten Beispiels aus empfehle es sich allerdings nicht, in der nationalen Gesetzgebung die Bedingungen der Gegen⸗ seitigkeit oder den Vorbehalt des Vergeltungsrechts festzulegen. Die Geschäftsfähigkeit eines nach seinem vaterländischen Recht geschäfts⸗

unfähigen, im Inlande kontrahierenden Ausländers anzunehmen, falls 16“ 8

solche nach den inländischen Gesetzen bestehen würde, erscheint ihm nicht als wünschenswerth. Er will das Recht des Bescerschetnt nur dann angewandt wissen, wenn der Aufenthalt an demselben von längerer Dauer gewesen ist, oder wenn das Rechtsgeschäft sich in den üblichen Grenzen der Geschäfte eines Reisenden bewegt. Ein sich daran anschließender Aufsatz „Kolonialgesellschafts recht in Vergangenheit und Gegenwart“ von Professor Kar Lehmann in Rostock zieht für die Zwecke der Rechtsvergleichung vor nehmlich die Vergangenheit heran. Auf der Grundlage einer seh umfangreichen Literatur und der Statuten der großen Gesellschaften die seit dem 17. Jahrhundert europäische Kultur in nutzbringender Weise auf anderen Erdtheilen verbreiteten, schildert der Verfasser di Entwickelung der Rechtsverhältnisse solcher Unternehmungen seit jene Zeit bis zur Gegenwart. Seine Untersuchung gipfelt in der Darlegun der Rechtsformen, welche am besten den Zielen der Kolonialgese schaften und dem Interesse der Gesammtheit entsprechen. An der Geschichte der für viele andere koloniale Erwerbsgesellschaften vor bildlich gewordenen, im Jahre 1602 privilegierten Niederländis ostindischen Kompagnie insbesondere sucht er nachzuweisen, daß di Zwecke einer Kolonialgesellschaft in erfolgreicher Weise nur erreich werden können durch Großunternehmungen mit korporativer Gestaltung als Kapitalgesellschaften, in denen die Korporation die Trägerin des Gesellschaftsvermögens ist, mit beschränkter Haftung der einzelnen Mitglieder. Als diejenige Form, in der diese beschränkte Haftung in der reinsten Weise erscheint, wurde in den großen Kolonialgesellschaften des 17. Jahrhunderts die Aktien⸗ gefellschaft ausgebildet, welche „am Schluß desselben durch die gemein⸗ same Arbeit des ganzen Europas im wesentlichen fertig gestellt, im 18. Jahrhundert weiter verbreitet und auf binnenländische Unter⸗ nehmungen zur Anwendung gebracht und endlich durch den Code de commerce I. festgelegt wurde.“ Die innere Organisation dieser Aktiengesellschaften wurde, um das Publikum der Aktionäre vor Ausbeutung und die Gesellschaftsgläubiger vor Gefährdung zu schützen, namentlich in Deutschland mit einer Reihe schützender Garantien umgeben, die zahlreiche Mißstände be⸗ seitigten, freilich auch durch eine weitgehende Einengung der Privat⸗ autonomie jener Gesellschaften die freie Beweglichkeit beeinträchtigten. Auf diesen letzteren Umstand führt der Verfasser es auch zurück, daß die deutsche Aktiengesetzgebung auf die neuen Kolonialkompagnien, welche sich bei uns während des letzten Jahrzehntes bildeten, keine Anwendung gefunden, daß sich vielmehr die ersten deutschen Kolonial⸗ gesellschaften auf Grund des preußischen Allgemeinen Land⸗ rechts als Korporation mit einer durch Spezialgesetz geordneten Verfassung konstituiert haben. Er empfiehlt, auch für das Kolonial⸗ esellschaftsrecht der Zukunft den bewährten Typus der Aktiengesell⸗ schaft im allgemeinen beizubehalten, jedoch unter Abänderung der für überseeische Unternehmungen nach seinrr Ansicht unanwendbaren Be⸗ stimmungen über die Gründung und die Bilancierung, sowie unter Verlegung des Schwerpunktes der Verwaltung in den Vorstand und den Aufsichtsrath, welche aus Großaktionären zu bilden wären.

In dem letzten Aufsatz endlich erörtert Dr. jur. Georg Maas, Bibliothek⸗Assistent bei dem Reichsgericht in Leipzig, die Aufgabe der Vereinigung hinsichtlich des internationalen Aus⸗ tausches offizieller Drucksachen und befürwortet den Abschluß von Konventionen unter allen Kulturstaaten über den internationalen

ausländischen Rechtsmaterialien, die Errichtung einer Zentralstelle für den gesammten Tauschverkehr in jedem Staate, die eüge der⸗ selben zu einer Auskunftsstelle, welche mündlichen, rein bibliographischen Bescheid darüber zu ertheilen hätte, wo eine verlangte Rechtsquelle, juristische oder volkswirthschaftliche Arbeit benutzt werden könnte, und die Zulassung des direkten Verkehrs der Tauschstellen miteinander.

Auf die umfangreicheren Aufsätze des Jahrbuchs folgen Mit⸗ theilungen über die Gesetzgebung der europäischen, amerikanischen und ostasiatischen Staaten im Jahre 1895 und über die Fachliteratur der⸗ selben, insbesondere über diejenigen juristischen und volkswirthschaft⸗ lichen Publikationen, welche unmittelbar das Arbeitsfeld der Ver⸗ einigung berühren, also vergleichenden oder internationalen Charakters sind oder ausländische rechtliche oder wirthschaftliche Verhältnisse behandeln. Diesen schließt sich eine größere Anzahl von meist kürzeren Beiträgen über interessante Rechtsfälle aus der Praxis höchster Ge⸗ richtshöfe, über Rechtszustände sowie volkswirthschaftliche Verhältnisse verschiedener Länder und aktuelle politische Fragen an. So geben zwei konkrete Rechtsfälle des internationalen Rechts dem Ober⸗Reichsanwalt

amm in Leipzig und dem Dozenten an der Universität u Aberdeen „F. Campbell Anlaß zu referierenden und kritischen Artikeln über Statutenkollision und über die Ausdehnung der Territorialgrenzen des Meeres. Professor Dr. Julius Jolly in Würzburg berichtet über die indische Jünglingsweihe, Gerichts⸗Assessor Dr. W. Spies in Rüdes⸗ heim über die Reform der russischen Währung, Professor Dr. Lisandro Segovia in Cordoba über den Einfluß der deutschen Rechtsgelehrten auf die argentinische beere Advokat Dr. Tavares de Medeiros in Lissabon über „diktatorische Reformen in Portugal“’, Peter Kazansky, Privatdozent an der Universität Kasan, über das internationale Bureau für die Veröffentlichung der Zolltarife. Adpokat und Privatdozent S. Simitis in Athen verbreitet sich über das riechische Gesetz vom 6. Februa⸗ 1893 über Zwangsvergleich zur Verhütung der Gant, Professor Wladimir von Rennenkampf über broportionale Wahlen und Richter Dr. Raoul de la Grasserie in Rennes über den Zwangswohnsitz oder das „absolute beziehungsweise relative Aufenthaltsverbot.“

Wie die vorstehende kurze Inhaltsangabe ergiebt, ist also der von dem Jahrbuch gebrachte Stoff ein ebenso mannigfaltiger wie reich⸗ haltiger, und durch die Eigenart des Inhalts erwirbt sich das zeit⸗ gemäße Unternehmen allen Anspruch auf Beachtung auch außerhalb des Mitgliederkreises der Internationalen Vereinigung. Was ihm aber besonderen Reiz verleiht, das ist die wirklich internationale Mitarbeiterschaft von Männern der verschiedensten Kulturnationen, die hier eine Heimstätte zu gemeinsamem Schaffen gefunden haben.

Die Reichs⸗Gewerbeordnung in ihrer dermaligen assung nebst den damit in Verbindung stehenden Reichs⸗ und sächsischen andesgesetzen, sowie den einschlägigen Verordnungen, nach den Gesetz⸗ ebungsmaterialien und der Judikatur der höchsten Gerichts⸗ und

Verwaltungsbehörden bearbeitet von Dr. A. von Bernewi 8 Ge⸗ heimem Regierungs⸗Rath im sächsischen Ministerium des Innern. Sechste, vermehrte und Auflage, mit ausführlichem Sachregister. I. Band: Die Reichs⸗Gewerbeordnung in ihrer der⸗ maligen Fassung. Leipzig, Verlag der Roßberg'schen Hofhichercesg. Preis 6 Dieser Kommentar hat, obwohl in erster Linie f

das Königreich Sachsen bestimmt, schon in seinen früheren Auflagen im gesammten Geltungsbereiche der Erperbezdnunh und namentlich auch in Bundesstaaten, welche für ihre be⸗ sonderen Verhältnisse berechnete treffliche Kommentare, wie Preußen den von Marcinowski, ayern den von Land⸗ mann, besitzen, eine hervorragende Bedeutung erlangt. Durch die neue Bearbeitung der Reichs⸗Gewerbeordnung hat der Verfasser seine Gesetzeskunde und seinen außerordentlichen Fleiß im Sammeln ein⸗ schlagender, für das Verständniß des Gesetzes wesentlicher Entschei⸗ dungen des Reichsgerichts, der deutschen obersten Verwaltungsgerichts⸗ höfe sowie der sächsischen Gerichts, und Verwaltungsbehörden von neuem bewiesen. Diese Entscheidungen sowie sonstige

eichsgesetzliche und sächsische Bestimmungen sind mit dem

r 88 1“

Austausch offizieller literarischer Veröffentlichungen, insbesondere der

meinden auch hier, weil sie auch ein großes lokales Interesse an der *) S. auch die Nrn. 209, 287 und 291 des R.⸗ u. St.⸗A.“

theiligt, darüber ka kei 1 Sache haben; aber allein kann man ihnen diese Kosten jedenfalls nicht I“

Meine Herren, wenn nun aber der Herr Vorredner plaidiert