erre
wird garnichts erreicht, das einheitliche Forum für die
resse. Wenn man die Beschlüsse der zweiten Lesung prüft ohne
ücksicht auf die Berufung, so ist die erste Instanz wesentlich verbessert worden gegenüber der Vorlage. Ich muß anerkennen, daß die ver⸗ bündeten Regierungen uns entgegengekommen sind. Daß fünf Richter besser sind als drei, kann ich nicht anerkennen; ich kann auch nicht zugeben, daß der den. Richterstand so schlecht ist, daß unter drei Richtern einer abhängig ist von dem Vorsitzenden. Auch die jüngeren Richter, die Assessoren sind von dem Vorsitzenden nicht abhängig; denn der Landgerichts⸗Präsident entscheidet durch seine Berichte über ihr Schicksal, und unter ihm werden nicht alle Assessoren arbeiten. Es wird gesagt: Was hilft die Berufung, wenn sie schlecht ge⸗ staltet ist! Das ist aber nicht der Fall, es sind erhebliche Ver⸗ besserungen vorgeschlagen; sie ist derartig, daß edes Angeklagte damit zufrieden sein kann. Wenn diese Vorlage begraben ist, be⸗
kbommen wir nie wieder eine zu sehen; die Frage der Berufung ist
dann auf lange Zeit verschoben. Was ist dem Angeklagten oder dem
unschuldig Verurtheilten, der keine Entschädigung bekommt, damit
helgen, daß der Reichstag der Regierung die Verantwortung zu⸗ ebt?
Abg. von Czarlinski (Pole): Die Sprachenfrage gerade steht im engsten Zusammenhang mit der Strafprozeßordnung. Daß der direkte mündliche Verkehr zwischen dem Richter und dem Angeklagten vollkommen ausgeschlossen ist, ist ein unleidlicher Zustand. Jeder Volksstamm hat das unveräußerliche Recht, sich in seiner Muttersprache zu vertheidigen. Dieses göttliche und natürliche Recht ist den Polen durch die feierlichsten Ver⸗ sprechungen gesichert worden. Der Minister meinte, es gebe Leute, welche genügend deutsch verständen und doch polnisch sprechen wollten. Darum handelt es sich nicht; es handelt sich darum, ob sie das, was sie deutsch sagen, auf ihren Eid nehmen können. Es giebt viele Deutsche, die die Richtersprache nicht verstehen. Der Minister hat ja auch fremde Sprachen gelernt; würde er im stande sein, sich vor Gericht in einer fremden Sprache zu vertheidigen?
ustiz⸗Minister Schönstedt: Mieine Herren! Wenn ich es gestern unterlassen habe, mich über den oberschlesischen Fall auszusprechen, der von dem Herrn Abg. von Wolszlegier zur Sprache gebracht war, so ist dies deshalb geschehen, weil mir der Fall gänzlich unbekannt war, und ich über mir unbekannte Dinge nicht zu sprechen liebe.
Die Wichtigkeit der Sprachenfrage für die Rechtssicherheit ist mir vollkommen klar; ich bin aber der Ansicht gewesen und bin dieser Ansicht auch heute noch, daß in den Rahmen der hier zur Diskussion stehenden Vorlage die Sprachenfrage nicht hineingehört. (Sehr gut! rechts.) Wenn ich dieser Empfindung in meinen einleitenden Worten gestern Ausdruck gegeben habe, so geschah es, weil ich glaubte, dem Herrn Präsidenten gegenüber einer Entschuldigung zu bedürfen, daß ich hier etwas vorbrachte, was nach meiner Ueberzeugung nicht in die Debatte hineingehört. Daß ich damit nicht, wie gestern Herr von Wolszlegier meinte, in die Funktionen des Herrn Präsidenten habe ein⸗ greifen wollen, bedarf wohl keiner Auseinandersetzung.
Meine Herren, zu dem, was ich über die Anwendung des Sprachen⸗ gesetzes gestern gesagt habe, kann ich mich auch heute nur vollständig bekennen, und ich habe aus den Ausführungen des Herrn von Czarlinski nichts entnehmen können, was meine gestrigen Ausführungen zu widerlegen geeignet wäre. In eine Polendebatte hier einzutreten, dazu liegt für uns doch kein Anlaß vor. Das Recht, welches die Polen haben auf den Gebrauch ihrer Muttersprache, ist bestimmt durch das Sprachengesetz von 1876. Die Ausführung dieses Gesetzes ist die Pflicht aller Behörden, auch des preußischen Justiz⸗Ministeriums, undl die von mir gebilligte Verfügung des Ober⸗Landesgerichts⸗Präsi⸗ denten in Marienwerder enthält nichts, was diesem Gesetze widerspräche. Wenn die Voraussetzungen dieser Verfügung vorhanden sind — und nur dann kommt sie zur Anwendung —, so ist für niemand ein Grund zur Beschwerde gegeben. Die Voraussetzung ist die, daß Leute, die der deutschen Sprache mächtig sind, die Kenntniß dieser Sprache vor Gericht verleugnen, und auch der § 187 des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes bestimmt weiter nichts, als daß bei Verhandlungen mit Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ein Dolmetscher zugezogen werden soll; er bestimmt aber nicht, daß der Dolmetscher auch da zugezogen werden soll, wo das Gegentheil der Fall ist. Ich glaube also nach keiner Richtung hin weder recht⸗ liche Ansprüche, noch berechtigte Empfindungen der polnischen Be⸗ wohner des preußischen Staats irgendwie verletzt zu haben. (Bravo!
rechts.)
Abg. Beckh (fr. Volksp.): Ich bedauere, daß man die Frage der Entschädigung unschuldig Verurtheilter nicht aus dem Gesetze herausgenommen und gesondert behandelt hat, dann würde doch wenigstens ein Ergebniß erzielt worden sein. Daß der Vorsitzende der Kommission, Herr Rintelen, das Scheitern der Vorlage ver⸗ hindern möchte, ist begreiflich. Die Besetzung der Strafkammern mit drei Richtern ist um so bedenklicher, als den Strafkammern eine Anzahl schwerer Verbrechen zugewiesen werden soll, die bis⸗ her den ““ vorbehalten war. Das Volk will nicht die Berufung an ein stärker besetztes Gericht haben, sondern an ein höheres Gericht. Deshalb muß die Berufung an die Ober⸗Landes⸗ erichte gehen. Mißstände werden durch die Einrichtung der detachierten Ltrafsenate nicht entstehen, wie F Spahn befürchtete. Die Be⸗ settigung des Zeugnißzwanges muß durchgesetzt werden. Was die kleinen Landgerschte betrifft, so soll man nur mehr Assessoren, deren ja genng vorhanden sind, als Richter anstellen, dann hat man Vertretung für erkrankte Richter und braucht keine Hilfsrichter.
Abg. Spahn (Zentr.): Der Reichstag hat sich allerdings in den 80 er Jahren mit drei Richtern bei den Strafkammern begnügen wollen, aber unter der Voraussetzung, daß die Landgerichte die Be⸗ rufungsinstanz sein sollten. So ba Ober⸗Landesgerichtsbezirke wie die von Berlin, Breslau, München sind nicht geeignet, da es für die Ahngeklagten zu kostspielig wäre, dort zu erscheinen. Die Berufung ist von Honnsber und den Rheinlanden übernommen worden, und dort hat sie sich vorzüglich bewährt. Es kommt vor allem darauf an,
daß die Strafkammern richtig zusammengesetzt sind und sorgfältig arbeiten. Es kommt vor, daß die Richter veranlaßt sind, in schwierigen Thatfragen, nicht bloß Rechtsfragen, die Verhandlung aus⸗ zusetzen und erst nach drei Tagen die Entscheidung zu fällen. Aber das sind Ausnahmen. Die große Masse der Fälle drängt zur un⸗ mittelbaren Entscheidun z Grund der mündlichen 2 erhandlung, und darin liegen die Gefahren, die durch Einführung der Be⸗ 8 eng. bei den Landgerichten beseitigt werden müssen. Was das iederaufnahmeverfahren betrifft, so hat der Steaats⸗ sekretär sich ebenfalls auf den Beschlus des Reichstages berufen. Man stüßte sich damals darauf, daß so viele unrichtige be sor cungen im Wiederaufnahmeverfahren vorgekommen seien; die Statistik hat dies aber widerlegt. Einzelne Richter sollen während der Sitzung ihre Deßernate aufarbeiten; ich muß dies bestreiten. Sie mögen sich wohl als Untersuchungsrichter bei den langen Verhandlungen gelang⸗ aber das ist anders geworden, seitdem die Strafkammern so das Gefühl der Verant⸗
Richtern verstärkt haben.
Damit schließt die Generaldiskussion. Abg. Schröder r. Vgg.) erstattet Bericht über die zu der Vorlage beene; etitionen. 8 “
ird die Vorlage abgelehnt, so
Die Spe salberat ung beginnt mit 8 77 des Gerichts⸗ wefsofungsgescdes, ge die Besetzung der Strafkammern
mit fünf Richtern betrifft. b W“ Benniff (d. kons.) befürwortet den Antrag der
Deutschkonservativen, die Strafkammern erster Instanz mit drei Hentiche 8 besetzen; die Mehrzahl seiner politischen Freunde werde, um den verbündeten Regierungen entgegenzukommen, für diesen An⸗ trag stimmen, um dafür die Wiedereinführung der Berufung zu er⸗
1 8 a Munckel (fr. Volksp.) tritt für die Aufrechterhaltung der
Beschlüsse zweiter Lesung ein. Die Annahme des konservativen Antrags, dnsch Nenei würde eine Verschlechterung bedeuten, das haben der Staatssekretär und Herr Rintelen anerkannt. Die Aufgabe des Richters
erster Instanz wird nicht dadurch leichter, 88 zweite Instanz eingerichtet wird. Was würde man zu dem Menschen sagen, der die nothwendigsten Vorbeugungsmaßregeln gegen Krankheit unter⸗ läßt, weil ein berühmter Arzt ihm zur Verfügung steht? Die erste Instanz ist die Regel, die zweite nur die Aus⸗ nahme, und ich kann es nicht verantworten, daß die jetzt noch leidlich gute erste Instanz verschlechtert wird im Interesse einer fragwürdigen zweiten Instanz. Es handelt sich nicht um das Scheitern der Vorlage, sondern darum, ob wir die Ver⸗ antwortung für eine Verschlechterung übernehmen können. Daß die verbündeten Regierungen so sehr entgegenkommend gewesen sind, ist eine seltsame Begründung. Sind die Regierungen von der Noth⸗ wendigkeit der Berufung überzeugt, dann ist die Vorlage keine Ge⸗ fälligkeit uns gegenüber, sie können also kein Nachgeben unsererseits verlangen. Daß finanzielle Gründe mitspielen, ist gesagt; ich freue mich, daß man ihnen eine untergeordnete Bedeutung beilegt. Die vor⸗ gebrachten organisatorischen Gruͤnde stehen mit den 1“ auch in einem noch nicht aufgeklärten Zusammenhange. Ich kenne Richter, die nicht genügend beschäftigt sind, nicht, sondern nur das Gegentheil. Sollte man für das Fünf⸗Männer⸗Kollegium nicht Arbeit genug haben, so bin ich bereit, die an die Schöffengerichte überwiesenen Sachen wieder an die Landgerichte zurückzugeben. Wenn die verbündeten Regierungen der Meinung sind, daß die Berufung nothwendig sei, so fürchte ich mich vor der heutigen Entscheidung garnicht und nehme die Verantwortung auf mich; denn das kann ich nicht annehmen, daß die verbündeten Regierungen aus Aerger die Vorlage nicht wieder einbringen sollten. Sollte das wirklich nicht geschehen, so werden wir sie alljährlich daran erinnern, wie das seit 1882 geschehen ist. Besser, es kommt nachher etwas Gutes, als daß wir jetzt etwas Schlechtes annehmen. Vor 10 Jeohren hätte die Regierung ein Drei⸗Männer⸗Kollegium haben können. Ob sie nach 10. Jahren ein Fünf⸗Männer⸗Kollegium haben kann, oder ob man dann ein Sieben⸗Männer⸗Kollegium zu⸗ gestehen muß, das lasse ich dahingestellt.
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.): Die Regierung sollte be⸗ denken, daß die Vorlage erhebliche Verbesserungen in ihrem Sinne enthält. Durch die Ausdehnung der Kompetenz der Schöffen⸗ gerichte und Strafkammern wird Geld gespart; dasselbe gilt von der Ausdehnung der Privatklagen, von der Einführung des sum⸗ S Verfahrens. Die Frage der Berufung wird immer wieder⸗ ehren. 1G
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Meine Herren! Ich bin doch einigermaßen überrascht über die Rechnung, die der Herr Abg. Schmidt soeben den verbündeten Re⸗ gierungen gegenüber aufgestellt hat. Der Herr Abg. Schmidt hat alle die Konzessionen aufgezählt, die den verbündeten Regierungen in der jetzigen Fassung der Vorlage gemacht seien, und er begreift es solchem Entgegenkommen des Reichstags gegenüber nicht, daß die Regierungen in diesem unbedeutenden Punkte, ob die Strafkammern erster Instanz mit drei oder fünf Richtern zu be⸗ setzen seien, nicht nachgeben wollen. Nun, meine Herren, das, was der Herr Abg. Schmidt Konzessionen an die verbündeten Regierungen nennt, sind in deren Augen nur Verbesserungen des bestehenden Ver⸗ fahrens. Es ist also in keiner Weise etwas, was die Regierungen aus irgend welchen besonderen Interessen in die Vorlage hineingebracht haben, sondern alles, was sie gewollt haben, und was der Reichstag in dieser Beziehung nach den Beschlüssen seiner Kommission zu ge⸗ währen geneigt ist, sind nur Verbesserungen des Verfahrens; also in der Beziehung liegt nicht ein Verdienst seitens des Reichs⸗ tags vor, welches nun die Bundesregierungen zu ganz besonderen Gegenleistungen veranlassen müßte.
Wenn wir bei der vorliegenden Frage stehen bleiben, der Be⸗ setzung der Strafkammern erster Instanz, so ist eines nicht aus der Welt zu schaffen, daß nämlich die streng sachlichen Gründe des Herrn StaatssekretärsS, die allein maßgebend sind für die schließliche Entscheidung der Bundesregierungen, durch die heutigen Verhandlungen nach meiner Auffassung nicht widerlegt worden sind. Wie gegenüber den bestimmten Erklärungen des Herrn Staatssekretärs noch immer der Gesichtspunkt aufrecht er⸗ halten und vertreten werden kann, daß finanzielle Erwägungen für die verbündeten Regierungen bestimmend seien, ist mir eigentlich nicht verständlich. Es sind nicht finanzielle Erwä⸗ gungen, ich wiederhole es noch einmal, wie ich es schon in der zweiten Lesung gesagt habe. Im übrigen darf ich mich gerade dem Herrn Abg. Schmidt gegenüber darauf berufen, daß in einer mir vorliegen⸗ den Nummer der „Kölnischen Volkszeitung“ aus der vorigen Woche in einem sehr verständigen Artikel folgender Satz steht — der Artikel befindet sich an der Spitze des Blattes:
„Wer hat denn hier am Rhein vor Einführung der Straf⸗ prozeßordnung, also in den Dezennien vor 1879 bei eingeführter Berufung eine andere Besetzung der Zuchtpolizeikammern als mit drei Richtern gekannt? Und war man nicht allgemein damit zu⸗ frieden? Ist es noch heutzutage in Frankreich anders? Niemals hat sich eine Stimme gegen diese Besetzung der Strafkammern erster Instanz erhoben.“
Ich glaube, ein jeder, der sich unserer gerichtlichen Praxis aus der Zeit vor 1879 noch erinnert, wird bestätigen, daß niemals Angriffe gegen die damaligen Strafgerichte aus dem Gesichtspunkte erhoben worden sind, daß sie nicht stark genug besetzt seien. Ich selbst habe vor 1879 25 Jahre lang in gerichtlicher Thätig⸗ keit gestanden und niemals ist nach meiner bestimmten Erinnerung davon die Rede gewesen, daß die Strafgerichte erster Instanz einer stärkeren Besetzung bedürften. Der ganze Gedanke ist erst hineingekommen, als die Abschaffung der Be⸗ rufung bei der Berathung der jetzigen großen Justizgesetze in Frage kam, lediglich als Kompensation für den Wegfall der zweiten Instanz; lediglich dafür ist die stärkere Besetzung verlangt. Nun sagen Sie, ja, wir besitzen aber diese Einrichtung einmal, und müssen sie doch für besser halten als die Besetzung mit 3 Richtern. Also es ist wesentlich der Besitzstand, den Sie glauben schützen zu müssen. Aber um einen solchen Schutz des Besitzstandes handelt es sich hier nicht, wo eine neue Organisation geschaffen werden soll. Da läge viel näher der Ge⸗ danke, daß, wenn das Institut wieder eingeführt werden soll, aus dessen Abschaffung damals die Gründe entnommen wurden zur Ver⸗
stärkung der Strafkammern, daß man dann bei Wiedereinführun dieses Instituts auch zurückkommt auf die damalige Besetzung 88 Strafkammern. Es ist ja der Versuch gemacht worden, diesen Zusammenhang zu leugnen, und ich glaube, daß der Herr Abg. Spahn beabsichtigt, nur zu widersprechen, nach den Zeichen, die er eben gegeben hat. (Heiterkeit.) Aber ich glaube, es ist nicht aus der Welt zu schaffen, daß historisch lediglich die Beseitigung der Berufung den Grund gegeben hat zur Verstärkung der Strafkammern und nicht etwa der Zweifel, das Mißtrauen in die Leistungen der damaligen Straf⸗ gerichte.
Nun, den sachlichen, nach meiner Meinung sehr schwer wiegenden Gründen des Herrn Staatssekretärs für die Annehmbarkeit der Besetzung der Strafkammern mit 3 Richtern, habe ich kaum noch etwas Erhebliches hinzuzufügen. Ich möchte nur auf einen Gesichtspunkt aufmerksam machen, der vielleicht bei einigen von Ihnen ins Gewicht fallen könnte. Man hat vielfach die Klage gehört, daß die Sitzungen der Strafkammern zu lange dauern, daß sie zur Abspannung und Ermüdung aller Beisitzer führen. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß ein solcher Zustand der Abspannung nach den langen angreifenden Strafkammer⸗ sitzungen eintritt und eintreten muß. Diese lange Dauer ist aber die nothwendige Folge der Besetzung mit 5 Mitgliedern; sie ergiebt sich daraus, daß die sich aus den Verhandlungen ergebende Arbelt sich auf 4 Beisitzer vertheilt, und es liegt ganz in der Natur der Sache, daß dementsprechend auch das Pensum der einzelnen Sitzungen berechnet wird. Das wird bei der Besetzung der Strafkammern mit 3 Richtern anderg. Die beiden Beisitzer sind, wie von vielen Seiten schon hervorgehoben wurde und von niemand, am allerwenigsten von den verbündeten Regierungen bestritten wird, gar nicht in der Lage, die Arbeiten zu bewältigen, die jetzt von 4 Richtern bewältigt werden. Daraus folgt ganz von selbst mit Naturnoth⸗ wendigkeit, eine Verkürzung der einzelnen Sitzungen, die der sachlichen Behandlung und Beurtheilung der einzelnen Strafsachen nur zu gute kommen kann. Die Besetzung mit drei Richtern ermög⸗ licht eine Vermehrung der Strafkammern, sie nöthigt dazu. Sie nöthigt ebenso zu einer Verkürzung der einzelnen Sitzungen, und ich glaube, daß der Vortheil, der gerade daraus erwächst, daß bei kürzeren Sitzungen die Richter viel mehr in der Lage sind, den Verhand⸗ lungen bis zum Schluß in voller Frische zu folgen, reichlich aufwiegt den meiner Ansicht nach wesentlich imaginären Vortheil, den die Be⸗ setzung mit einer größeren Anzahl von Richtern bietet.
Meine Herren, so liegt thatsächlich die Sache. Ich glaube nicht viel zu weit zu gehen, wenn ich die Behauptung aufstelle, daß von allen Strafsachen, die vor die Strafkammern gelangen, ⁄¼10 rechtlich und thatsächlich überaus einfach sind und daß es eine Verschwendung an Kräften ist, wenn jedesmal fünf Richter ge⸗ nöthigt werden, an der Entscheidung dieser Sachen theilzunehmen. Nur für die Frage des „Schuldig“ hat ja die Zahl der Besetzung der Kammer überhaupt Bedeutung, da für das Strafmaß auch in Zukunft die einfache Majorität entscheidend ist, und es da ziemlich gleichgültig ist, ob zwei durch drei oder einer durch zwei überstimmt werden. Ich sage, für 9 ⁄10 der Sachen kann ein Bedürfniß kaum an⸗ erkannt werden für die Besetzung der Strafkammern mit einer so großen Zahl von Richtern. Das eine Zehntel, was übrig bleibt, wird dann so zweifelhaft und so schwierig sein, daß dieses Zehntel, wenn wir einmal die Berufung haben, unter allen Umständen an die Be⸗ rufungsinstanz geht, mag die erste Instanz mit drei oder fünf Richtern besetzt sein. Das wird, glaube ich, das thatsächliche Resultat sein, daß in wirklich zweifelhaften Sachen die Entscheidung nicht endgültig in der ersten Instanz, sondern in der zweiten Instanz getroffen wird. Das, meine Herren, ist ein Gesichtspunkt, der meiner Ansicht nach auch für Ihre Würdigung noch neben den zahlreichen anderen Gründen des Herren Staatssekretärs in Betracht zu ziehen ist.
Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Schmidt auch noch die „Schuldfrage“ angeregt, die ja auch schon von einem Theile der Presse dahin gestellt wurde: wer ist nun schuld daran, wenn dieses große Gesetz, das von allen Seiten, von allen Parteien gewünscht wurde, an dem unendlich viel Arbeit verbraucht worden ist, das, glaube ich, 65 Kommissionssitzungen in Anspruch genommen hat, doppelt so viel Plenarsitzungen, wie das ganze Bürgerliche Gesetzbuch, wenn dieses Gesetz in der letzten Stunde zu Falle kommt? Selbstverständlich haben die Zeitungen, die sich damit beschäftigt haben, die Frage dahin beantwortet: die verbündeten Re⸗ gierungen (sehr richtig!), und hier ist selbstverständlich ein großer Theil der Mitglieder geneigt, sich der gleichen Beantwortung der Frage anzuschließen. Ich glaube, dem gegenüber kann ich doch drei Punkte ganz klipp und klar feststellen.
Die drei Streitpunkte, um die es sich hauptsächlich dreht, sind: 1) die Regierung will in der Besetzung der Strafkammer auf den Zustand zurückkommen, der bis 1879 unangefochten und zur allgemeinen Befriedigung bestanden hat und nur mit Rücksicht auf den Wegfall der Berufung geändert ist; 2) bezüglich der Wiederaufnahme und der Entschädigung unschuldig Verurtheilter hat die Regierung Ihnen Vorschläge gemacht, welche dem im Jahre 1886 vom Reichstage einstimmig gefaßten Beschlusse entsprachen; 3) bezüglich des Zeugnißzwanges gegenüber den Ange⸗ hörigen der Presse, der ja auch heute schon gestreift worden ist, ver⸗ langt die Regierung weiter nichts, als die Aufrechterhaltung des bestehenden gesetzlichen Zustandes, weil sie in der Beseitigung dieses Zustandes eine ernstliche Gefährdung hoher staatlicher Interessen erblicken zu müssen glaubt.
Nun, meine Herren, frage ich: ist es denn vom taktischen Ge⸗ sichtspunkte aus zu rechtfertigen und zu erklären, und wiegt es die Verantwortlichkeit des Reichstages auf, wenn einmal diese Ab⸗ wägung stattfinden soll, ist es taktisch erklärlich, daß Sie einen Gesetzentwurf, der eine große Zahl allseitig anerkannter Verbesserungen bringt, deshalb ablehnen, weil eine von Ihnen gewünschte, noch weitere Verbesserung von den Regierungen nicht konzediert wird?
Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben ein durchaus gutes Gewissen in der Sache (Heiterkeit); sie sind sich bewußt, daß sie ehrlich und loyal bestrebt gewesen sind, eine Gestaltung unseres Strafverfahrens herbeizuführen, wie sie den Wünschen und Bedürf⸗ nissen des Volkes und zugleich den Interessen des Staats entspricht, und wenn die Vorlage hier fällt, die verbündeten Regierungen sind in der Lage, den sie treffenden Theil der Verantwortlichkeit zu tragen. (Bravo!)
Schluß in der Zweiten Beilage.)
en Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußische
Abg. Spahn (Zentr.) weist darauf hin, daß die leichten Sachen alle den Schöffengerichten zugewiesen seien, während die schwierigsten Fragen vom Schwurgericht an die Strafkammern überwiesen würden. Es reiche also nicht mehr wie vor 1879. für neun Zehntel der Fälle eine Besetzung mit drei Richtern aus. Die Bevölkerung habe sich an das Fünf⸗Männer⸗Kollegium gewöhnt; wenn man es ihr entziehe, ohne die nöthigen Garantien, so verletze man das Rechtsbewußtsein.
Damit schließt die Debatte. Gegen die Stimmen der Deutsch⸗Konservativen und der Reichspartei wird der Antrag der Konservativen auf die Besetzung der Strafkammern mit drei Richtern abgelehnt.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieb erding:
Meine Herren, durch die eben vorgenommene Abstimmung hat das hohe Haus den Willen kund gethan, es bezüglich der Besetzung der Strafkammern, entgegen dem Wunsch und der Ueberzeugung der ver⸗ bündeten Regierungen, bei der Beschlußfassung der zweiten Lesung zu belassen. Damit ist, wie ich schon die Ehre hatte, vorher in der General⸗ debatte anzudeuten, in die Vorlage eine Bestimmung aufgenommen worden, welche für die verbündeten Regierungen unter allen Um⸗ ständen unannehmbar ist, und ein Entwurf geschaffen, der sie, nach⸗ dem Ihr Beschluß endgültig geworden ist, ihre Zustimmung nicht werden ertheilen können. Unter diesen Umständen, meine Herren, bin ich durch Beschluß des Bundesraths ermächtigt, zu erklären, daß die verbündeten Regierungen auf eine weitere Berathung der Vor⸗ lage keinen Werth mehr zu legen haben. (Bravo! rechts. — Hört, hört! links.)
Präsident Freiherr von Buol schläͤgt vor, die weitere Berathung zu vertagen.
Das Haus tritt diesem Vorschlage bei, beschließt aber, entgegen dem Vorschlage des Präsidenten, die Fortsetzung der Berathung nicht auf die nächste Tagesordnung zu setzen.
Schluß nach 5 Uhr. Nächste Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. (Erklärung zwischen Frankreich und Deutschland, betreffend die Regelung der Vertragsbeziehungen zwischen Deutschland und Tunis; Wahlprüfungen; erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Zwangsversteigerung und Zwangs⸗ verwaltung.)
Literatur.
BWeihnachts⸗Bücher.
Die Berlinerin. Bilder und Geschichten. Mit Bei⸗ trägen der hervorragendsten Berliner Schriftsteller, herausgegeben von Ulrich Frank. Mit 90 farbigen Text⸗Illustrationen und Farben⸗ druck⸗Umschlag von Fr. Stahl. „Concordia“, Deutsche Verlags⸗ Anstalt in Berlin. Pr. geh. 5 ℳ — In diesem Buche wird der Versuch gemacht, das Frauenleben der deutschen Reichshauptstadt in einer Reihe von unterhaltenden Aufsätzen zu schildern, die in ihrer Vereinigung ein Gesammtcharakterbild der Berlinerinnen darbieten. Eine Anzahl der bekanntesten Berliner Schriftsteller hat sich zu diesem Zweck vereinigt und jeder jenen Kreis geschildert, den er am enauesten zu kennen meint. Karl Frenzel sucht in einer geistreichen Finlektung den Berliner Frauen⸗Typus im allgemeinen zu kennzeichnen; Georg Ebers (der, was nicht allgemein bekannt sein dürfte, ein ge⸗ borener Berliner ist) schildert den soliden Kleinbürgerstand, Fedor von Zobeltitz die Aristokratin, Max Kretzer die Arbeiterin, Karl Emil Franzos die Dame aus dem Thiergartenviertel, Ernst von Wolzogen die Hausfrau der mittleren Stände, Max Grube die Schauspielerin, Ludwig Pietsch die Malerin u. s. f. Auch Alexander Moszkowski, G. von Beaulieu, Julius Rodenberg, Julius Stettenheim, Fritz Mauthner, Georg Engel, J. Trojan, Julius Stinde, Heinz Tovote und Ulrich Frank haben Beiträge dazu geliefert. Ernst von Wildenbruch endlich ist in dem Buche durch eine seiner emüthvollsten Novellen: „Glühwürmchen“, eine Geschichte aus vier Perkiner Wänden, vertreten. Die beigegebenen, farbig in den Text eingedruckten Illustrationen von Friedrich Stahl sind flott und der Wirklichkeit getreu gezeichnet, die Umschlagszeichnung humorvoll er⸗ funden und in keckem Buntdruck ausgeführt. 8
— Der Roman „Im Lande der Sonne“, den B. Clément im Verlage von Fr. Bahn in Schwerin i. M. hat erscheinen lassen, ist eine überaus interessante Erzählung, welche dem Boden des christ⸗ lichen Mifsionswesens entsprossen ist und, wie schon der Titel erkennen läßt, in Indien spielt. Das in christlicher Gesinnung geschriebene Buch ist, dem Stoffe entsprechend, von einer frommen Grund stimmung durchzogen; das ist aber bei der reichen Phantasie und dem bekannten Erzählergeschick der Verfasserin kein Hinderniß für eine lebhaft fortschreitende spannende Handlung, deren Höhe⸗ punkte in engster Verbindung stehen mit dem furchtbaren Sepoy⸗ Aufstande der fünfziger Jahre und seiner Niederwerfung durch die Engländer. Eine Reihe prächtiger Gestalten, Männer und Frauen, sind die Träger der Handlung; ein bejahrter und ein junger englischer Missionar, des Ersteren in Deutschland erzogene Tochter, die der junge Amtsbruder nach vielem Kampf, Bitterniß und Reue als Gattin heimführt, und seine Pflegetochter, ein indisches Fürstenkind, das der Vater nach der Geburt hatte tödten wollen, welches aber von der Mutter in die Missionsstation gerettet wurde, stehen im Vordergrunde der Geschichte. Aber wie diese mit ihren Vorzügen und Mängeln psychologisch fein gezeichneten Personen, so gewinnen auch die in der zweiten Linie stehenden unfre volle Theil⸗ nahme, weil sie nicht willkürlich in die Geschichte hineingezogen find, sondern mit jenen durch Verwandtschafts⸗ und Freundschaftsbande vereint oder durch die Berufsarbeit in natürliche Verbindung zu ihnen getreten sind oder endlich durch die ungewöhnlichen Verhält⸗ nisse der Aufstands⸗ und Kriegszeit in ihre Geschicke ein⸗ greifen. Zu der scheinbar kleinen, aber doch für die Ausbreitung des Reiches Gottes unter den Heiden so bedeutsamen Wirksamkeit, die von der älteren und der neuen Missionsstation ausgeht, stehen die großen Kriegsereignisse mit ihren Gefahren, ihrer Lrauer und dem endlichen Siegesjubel in fesselndem Kontrast; mit idyllisch⸗anmuthigen wechseln ernste und ergreifende Familienscenen ab, in denen jedoch niemals niedrige Leidenschaften die Herrschaft behalten. Kurz, das neue Buch ist eine erfreuliche literarische Er⸗ cheinung, die jungen und älteren Lesern als anregende und sinnige nterhaltung wohl empfohlen werden darf. Der Roman kostet gebunden und in hübscher Ausstattung 5 ℳ
— Allerleirauh.“ Thiergeschichten für Kinder von O. Verbeck. Mit 39 Illustrationen von Ch. Votteler, Leipzig, r. Wilh. Grunow. Pr. fein kartonniert 5 ℳ — In äußerlicher An⸗ nüpfung an das Märchen von der Königstochter „Allerleirauh“ in der
mmlung der Gebrüder Grimm bietet die Verfasserin, welche Cch durch ihre im vorigen Jahre zur Weihnachtszeit erschienenen r⸗ nhlungen einen Namen gemacht hat, hier eine Reihe niedlicher Thier⸗
1.1“
Berlin, Mittwoch, den 16. Dezember
sefgeteee für Kinder. Sie will dadurch die Kinder, wie sie selbst agt, die „Sprache der Thiere“ verstehen lehren, und weil dazu Liebe für die Thiere gehört, diese in ihnen zu erwecken suchen. Der Zweck des Buches ist sonach ein menschlich schöner, durch die einzelnen Erzählungen in geschickter Weise angestrebt und größten⸗ theils auch erreicht. Die Thiergeschichten, welche der sehr hübsch aus⸗ gestattete Band enthält, sind zum Vorlesen bestimmt und von Künstler⸗ hand ganz vortrefflich illustriert, sodaß auch die Eltern ihre Freude daran haben werden, wenn sie das Buch zur Hand nehmen.
— Allerlei Geschichten für kleine Leser. Von F. von Stenglin. Berlin, 1896. Deutsche Schriftsteller⸗Genossenschaft. hr. kartonniert 80. 3. Der Verfasser von „Mutter, — erzählen!“ at hier 20 niedliche Geschichtchen zum Vorlesen für aufgeweckte Kinder zusammengestellt, die alle einen gewissen erziehlichen Werth und zum Theil auch einen belehrenden Inhalt haben. Die Sprache ist so einfach, daß das kindliche Gemüth und der kindliche Verstand nirgends vor schwere Aufgaben gestellt werden. Die kleinen Geschichten entsprechen in ihrem Kern nicht selten wirk⸗ lichen Vorgängen oder sind aus einfachen Erfahrungssätzen hergeleitet. Eine verständige Mutter oder Erzieherin wird ein aufgewecktes, be⸗ wegliches Kind durch das Vorlesen oder Erzählen einer dieser kleinen Geschichten gewiß an den Gegenstand und — an seinen Platz zu fesseln vermögen.
— Katechismus der Tanzkunst. Ein Führer und Rath⸗ geber für Lehrer und Schüler des theatralischen und des gesellschaft⸗ lichen Tanzes. Von Margitta Roséri. Mit 53 in den Text ge⸗ druckten Illustrationen. Leipzig, Max Hesse's Verlag. Preis 2 ℳ — Dieser Katechismus enthält alles Wesentliche über Theorie und Praxis des Bühnen. wie des Gesellschaftstanzes Die von der Ver⸗ fasserin gegebenen Erläuterungen und Rathschläge beruhen auf einer langjährigen eigenen Thätigkeit als Tanzkünstlerin und dem Unterricht ausgezeichneter, namentlich französischer Lehrmeister, welchen sie ge⸗ nossen. Auch der Geschichte des Tanzes und den Tänzen vergangener Zeiten sind besondere Abschnitte gewidmet. Das kleine Handbuch hat den Zweck, dem Lehrenden zur Nachhilfe, dem Lernenden als Rath⸗ geber zu dienen, und wird besonders wegen der gründlichen Anleitung zur Erlernung der verschiedenen modernen sowie der jetzt wieder ein⸗ geführten älteren Gesellschaftstänze der jungen Welt willkommen sein.
Deutscher Hausbesitzer⸗Kalender für das Jahr 1897. EI und bearbeitet im Auftrage des Zentralverbandes der tädtischen Haus⸗ und Grundbesitzer⸗Vereine Deutschlands von Dr. jur. Franz Günsburg, Rechtsanwalt. Berlin, Verlag von Reinh. Kühn. Preis eleg. geb. in Tasschenformat 1 ℳ — In seinem vorliegenden Jahrgang enthält dieser Kalender eine bis auf die neuesten Bestim⸗ mungen ergänzte, fachmännisch erläuterte Sammlung der den Haus⸗ sitzer speziell angehenden Gesetzgebung. Ferner bringt derselbe außer dem Kalendarium noch Aufsätze über Grundstückskauf, Haft⸗ pflicht und Unfallversicherung, Hausschwamm, Rathschläge in allen
Klagesachen nebst praktischen Formularentwürfen, Muster für Kauf⸗,
Bau⸗, Miethsverträge ꝛc., Haus⸗Einnahmen⸗ und Ausgaben⸗Kassabuch, Steuertabellen und Stempeltarife ꝛc.
— In der neuesten Nummer (8) der Wochenschrift „Von Haus zu Haus“, welche im Verlage von Adolf Mahn in Leipzig erscheint, finden wir unter der Rubrik „Selbsterlebtes aus dem Leben berühmter Männer und Frauen“ eine sehr gefällige Skizze über die ersten schrift⸗ stellerischen Erfahrungen von Charlotte Niese. Diese Rubrik verdient bei den Leserinnen besondere Anerkennung, weil die kleinen Schil⸗ derungen einen tieferen Blick in das Seelenleben und den Charakter berühmter Männer und Frauen ermöglichen als ihre bekannten Werke. Zwei hübsche Romane, „Juliane“ von Hertha von MWintzingerode und „Der neue Glaube“ von Marco Brociner, machen diese Nummer noch ferner anziehend.
“
8 Handel und Gewerbe. 1“ pzig, 15. Dezember. (W. T. B.) (Schluß⸗Kurse.) 3 %
Saͤchsische Rente 96,70, 3 ½ % do. Anleihe 101,20, Feiger Paraffin⸗
und Solaröl⸗Fabrik 100,00, Mansfelder Kuxe 761,00, eipziger Kredit⸗ anstalt⸗Aktien 214,50, Kredit⸗ u. Sparbank zu Leipzig 120,00, Leipziger Bankaktien 181,40, Leipziger Hypothekenbank 138,00, Sachsische Bankaktien. 124,00, Sächsische Boden Freditwach 118,75, Leipziger Baumwollspinnerei⸗A en 184,00, Leipziger Kammgarnspinnerei⸗Aktien 206,00, Kammgarnspinnerei Stöhr u. Co. 207,00, Wernhausener Kamm arnspinnerei 92,00, Alten⸗ burger Aktienbrauerei 236,00, Zuckerraffinerie Halle⸗Aktien 110,00, „Kette“ Deutsche Elbschiffahrts⸗Aktien 78,00, Große Leipziger Straßen⸗ bahn 189,00, Leipziger Elektrische Straßenb. 156,00, Thüringische Gasgesell schafts⸗Aktien 204,25, Deutsche Spitzen fabrik 224,00, Leip⸗ ziger Elektrizitätswerke 136,50, Böhmische Nortzbahn⸗Aktien 182,00.
Kammzug⸗Terminhandel. La Plata. Grundmuster B. Pr. Dezbr. 3,07 ½ ℳ, pr. Januar 3,07 ½ ℳ, pr. Februar 3,10 ℳ, pr. März 3,10 ℳ, pr. April 3,12 ½ ℳ, pr. Mai 3,12 ½ ℳ, pr. Juni 3,12 ½ ℳ, pr. Juli 3,12 ½ ℳ, pr. August 3,15 ℳ, pr. Sep⸗ tember 3,17 ½ ℳ, pr. Oktober 3,17 ½ ℳ, pr. November 3,17 ½ ℳ, Umsatz 10 000. Schwach.
London, 15. Dezember. (W. T. B.) (Schluß⸗Kurse.) Engl. 2 ¾ % Kons. 111 ⅛, Preuß. 4 % Kons. —, Ital. 5 % Rente 92 ½, 4 % 89er Russ. 2. S. 104, Konvert. Türken 20 ⅛, 4 % Spanier 60 ½, 3 ½ % Egvpt. 100 ½, 4 % unif. do. 104 ½, 4 ¼ % Trib.⸗Anl. 94, 6 % kons. Mex. 94 ½, Neue 93 er Mexik. 91, Ottomanbank 11 ¼, De Beers neuc 29 ⅛, Rio Tinto 25, 3 ½ % Rupees 62 ⅞, 6 % fund Arg. A. 83 ½, 5 % Arg. Goldanl. 84 ½, 4 ½ % äuß. do. 53 ½, 3 % Reichs⸗Anl. 97 ¼, n 89 er Anl. 67 ½, Platdiskont 3 ⅛, Silber 30, 5 % Chinefen 99, Anatolier 86. — Wechselnotierungen: Deutsche Plätze 20,65, Wien 12,16, Paris 25 41, St. Petersburg 25 16.
In die Bank flossen 5000 Pfd. Sterl.
— An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.
— 96 % Jayazucker 11 ¾ ruhig, Rüben⸗Robzucker loko 9 9⁄16 stetig. — Chile⸗Kupfer 487⁄16, pr. 3 Monat 491/16.
Liverpool, 15. Dezember. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz: 12 000 B., davon für Spekulation und Export 500 B. Stetig. Egypter 2 niedriger. Middl. amerikanische Lieferungen: Stetig. Dezember⸗Januar 3588/64— 35 %34 Käuferpreis, Januar⸗Februar 3⁵8/64— 359/64 Verkäuferpreis, Februar⸗März 358⁄64— 359⁄64 do., März⸗ April 358 6,—359⁄64 Käuferpreis, April⸗-Mai 35 ¾4 do, Mai⸗Juni 360%24 ꝑVerkäuferpreis, Juni⸗Juli 300 34— 361 13, Käuferpreis, Juli⸗ August 361 64 — 362⁄8234᷑¶ꝗ Verkäuferpreis, August⸗September 36 3¾24 d. do.
— Getreide markt. Weizen 1— 2 d. höher, Mehl und Mais fest.
Manchester, 15. Dezember. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 , 30r Water Taylor 7, 20r Water Leigh 6 ⅛, 30r Water Clayton 7, 32r Mock Brooke 7, 40r Mavoll 7 ⅜, 40r Medio Wilkinson 7 ⅞, 32r Warpcops Lees 6 ½ 36r Warpcops Rowland 7 ¼ 36r Warpcops Wellington 7 ½, 40r Double Weston 8 ⅜, 60 9 ouble courante lüt, 32* 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 321/461 159. uhig.
Glasgow, 15. Dezember. (W. T. B.) Roheisen. Miged numbers warrants 47 sh. 11 d. Ruhig. — (Schluß) Mixed numbers warrants 48 sh. 1 ½ d. Warrants Middlesborough III 40 fh. 1 d.
Hull, 15. Dezember. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen träge, englischer 1 sh. niedriger, fremder unverändert. 8
Paris, 15. Dezember. (W. T. B.) An der Börse herrschte durchgängig günstige Tendenz für türkische Werthe bei theilweise
Anzeiger. 1896.
weiter steigenden Kursen. Banque Ottomane ziemlich lebhaft, der übrige Markt ruhig, Spanier matt auf ungünstige Berichte aus Manila. (Schluß⸗Kurse.) 3 % amort. Rente —,—, 3 % Rente 103,10, Italienische 5 % Rente 93,15, 4 % ungar. Goldrente —,—, 4 % Russen 39 —,—, 3 % Russen 1891 93,55, 4 % vunssiierte Egypt. 105,30, 4 % spanische ins Anleihe 60 ¼, B. ottomane 535,00, B. d. Paris 807,00, ebeers 743,00, Credit foncier 669,00, Huanchaca⸗A. 83,00, Meridional⸗A. 635,00, Rio Tinto⸗A. 630,50, Suezkanal⸗A. 3363, Créd. Lyonn. 765,00, Banque de France —, Tab. Ottom. 319,00, Wchs. a. dt. 12 122 /⁄18, London Wech. k. 25,23, Chegqg. a. London 25,25, ch. Amst. k. 206,56, do. Wien k. 208,25, do. Madrid k. 397,00, Wch. a. Italien 4 ½, Portugiesen 25,18, Portug. Taback⸗Obl. 473,00, 4 % 94 er Rufs. 66,20, Privatdiskont —, 3 ½ % Russ. A. 100,65, 3 % Russen (neue) 92,60. — Getreidemarkt. (Schlußbericht.) Weizen ruhig, pr. Dezember 21,65, pr. Januar 21,80, pr. Januar⸗April 22,15, pr. M 9v 22,65. Roggen ruhig, pr. Dezember 14,25, pr. März⸗ uni 14,50. Mehl ruhig, pr. Dezember 46,15, pr. Januar 46,35, pr. Januar⸗April 46,95, pr. März⸗Juni 47,75. Rüböl matt, pr. Dezember 56 ½, pr. Januar 56 ½, pr. Januar⸗April 56 ¼, pr. Mai⸗August 57. Spiritus matt, pr. Dezember 32 ½, pr. Januar 32 ¾, pr. Januar⸗April 33 ½, pr. Mai⸗August 34 — Rohzucker (Schluß) matt, 88 % loko 24 ¾ à 25. Weißer Zucker matt, Nr. 3, 100 kg, pr. Dezember 26 ½, pr. Januar 26 ⅜, pr. Januar⸗April 27, pr. März⸗Juni 27 ½. 18”*
St. Petersburg, 15. Dezember. (W. T. B.) London (3 Monate) 93,45, do. Amsterdam do. —,—, do. Berlin do. 45,70, do. Paris do. 37,15, Privatdiskont 5 ¼¾, Russ. 4 % Staatsrente 99 ½, do. 4 % Goldanleihe v. 1889 1. Serie 153, do. 4 % Goldanleihe v. 1894 6. Serie 155 ⅞, do. 3 ½ % Goldanl. v. 1894 —, do. 3 % Goldanl. von 1894 —, do. 5 % Prämien⸗Anleihe von 1864 293 ¼, do. 5 % do. von 1866 254 ¼, do. 5 % Pfandbriefe Adelsbank⸗Loose 212 ¾, do. 4 ½ % Bodenkredit⸗Pfandbriefe 155, St. Petersburger Privat⸗Handelsbank I. Em. 538, do. Diskontobank 737 ½⅛, do.é Internat. Handelsb. I. Em. 657 ½, Russ. Bank für aus⸗ wärtigen Handel 485, Warschauer Kommerzbank 508.
— Prohnktenmarki Weizen loko 9,25. Roggen loko 5,40. 3 lo 2 3,80. Leinsaat loko 9,30. Hanf loko —n Talg loko 47,00, pr. August —.
— 16. Dezember. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Privat⸗ meldungen aus Warschau treten die Warschauer Zucker⸗ industriellen zu einem eigenen Syndikat zusammen. Dieselben haben ihren Austritt aus dem Kiewer Syndikat erklärt.
Mailand, 15. Dezember. (W. T. B.) Italienische 5 % Rente 97,35, Mittelmeerbahn 516,00, Méridionaux 668,00, Wechsel auf Paris 104,67 ½, Wechsel auf Berlin 129,77 ½. Banca dItalia 729.
Amsterdam, 15. Dezember. (W. T. B.) (Schluß⸗Kurse.) 94 er Russen (6. Em.) 100 ¼, 4 % Russen v. 1894 63 ⅞, Konv. Türlen 20 ½, 3 % holl. Anl. 98 ⅜, 5 % Transv.⸗Obl. 91 er —, 6 % Trans⸗ vaal 232 ⅛, Warschau⸗Wiener —, Marknoten 59,41, Russische Zoll⸗ kupons 192 ½, Wechsel auf London 12,09.
— Getreidemarkt. Weizen auf Termine fest, do. pr. März 191, do. pr. Mai —. Roggen loko —, do. auf Termine ruhig, do. pr. März 106, do. pr. Mai 107. Rüböl loko — do. pr. Mai —, do. pr. Herbst —.
— Java⸗Kaffee good ordinary 51. — Bancazinn 35 ½.
Antwerpen, 15. Dezember. G. T. B.) Getreidemarkt. Weizen behauptet. Roggen ruhig. Hafer ruhig. Gerste ruhig.
— Petroleum S Raffiniertes Type weiß loko 18 ¼ bez. u. Br., pr. Dezember 18 ¼ Br., pr. Januar 18 ½ Br., pr. Januar⸗März 18 ½ Br. Fest. — Schmalz pr. Dezember 51 ⅛, Margarine ruhig.
Brüssel, 15. Dezember. (W. T. B.) Die Einnahmen der Prinz Heinrich⸗Bahn betrugen in der ersten Dezember⸗Dekade: aus dem Bahnbetriebe 92 216 Fr., aus den Minen 10 552 Fr., Gesammt⸗ einnahmen 102 768 Fr., Mehreinnahme gegen die vorläufig fest⸗ Fentgen Einnahmen im entsprechenden Zeitraum des vorigen Fahres
8 Fr.
New⸗York, 15. Dezember. (W. T. B.) Die Börse eröffnete schwach und schloß, nachdem die Kurse nachgegeben, schwach und niedriger. Der Umsatz in Aktien betrug 205 000 Stück.
Weizen behauptete anfangs eine gewisse Stetigkeit, nahm auch im weiteren Verlauf infolge von Exportkäufen eine steigende Tendenz an, verlor aber nahe dem Ende des Marktes die Besserung, da eine allgemeine Liquidation Platz griff und die Haussiers mit Verkäufen vorgingen. — Mais mit wenigen Reaktionen durchweg fallend. Der Markt wurde durch die Bewegungen des Weizenpreises beherrscht.
(Schluß⸗Kurse.) Geld für Regierungsbonds, Prozentsatz 1 ½, do. für andere Sicherheiten do. 2, Wechsel auf London (60 Tage) 4,84, Cable Transfers 4,87 ½, Wechsel auf Paris (60 Tage) 5,20, do. auf Berlin (60 Tage) 95, Atchison Topeka & Santa Fé Aktien 13 ¼, Canadian Pacific Aktien 54, Zentral Pacific Aktien 14 ½, Chicago Milwaukee & St. Paul Aktien 73 ¾, Denver & Rio Grande Preferred 41 ¼, Illinois Zentral Aktien 92 ½, Lake Shore Shares 153, Louis⸗ ville & Nashville Aktien 48, New⸗York Lake Erie Shares 14 ½. New⸗Pork Zentralbahn 94 ½, Northern Pacific 22 ½, Norfolk and Western Preferred 15 ½, Philadelphia and Reading 5 % I. Inc. Bds. 43 ½, Union Pacifiec Aktien 9, 4 % Vereinigte Staaten Bonds pr. 1925 120, Silber, Commercial Bars 65 ⅛. Tendenz für Geld: Leicht.
Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 7 ⁄1 do. do. in New⸗Orleans 61⁄16, Petroleum Stand. white in New⸗ ocz 6,40, do. do. in Philadelphia 6,35, do. rohes (in Cases) 7,35, do. Pipe line Certif. per Januar 99, Schmalz Western steam 4,15, do. Rohe & Brothers 4,50. Mais per Dezember 29, per Januar —, per Mai 31 ¾, Rother Winterweizen 98 ⅜, Weizen per Dezember 87 ⅛, do. per Januar 87 ⅜, do. per März 89 ½, do. per Mai 86 ⅛. Getreidefracht nach Liverpool 3 ½, Kaffee farr Rio Nr. 7 10, do. Rio Nr. 7 per Januar 9,40, do. Rio per März 9,40, Mehl, Spring⸗Wheat eclears 3,55, Zucker 2 ⅛, Zinn 12,80, Kupfer 11,40. — Nachböͤrse: Weizen †¼ c. niedriger.
Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Fresstee betrug 8 399 140 Doll. gegen 8 616 171 Doll. in der
Vorwoche. 8
Weizen⸗ SS der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 137 000, do. nach Frankreich —, do. nach anderen Häfen des Kontinents 15 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 59 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents — QOrts.
Chicago, 15. Dezember. 882 T. B.) Auf Grund der Nach⸗ richt über die abnehmenden Ankünfte im Nordwesten und besserer Kabelmeldungen zogen die Preise für Weizen zunächst nicht unerheb⸗ lich an. Da aber wenig Kaufordres vorlagen, sahen sich die Verkäufer zur Nachgiebigkeit gezwungen. Berichte über auswärts herrschende un⸗ günstige Witterung befestigten zwar aufs neue die Stimmung, doch die eegen Schluß eintreffenden schwaͤcheren Kabelberichte und die eee ple nachfrage . wieder eine Fischwüchang zur Folge. — Mais infolge großer Ankünfte 2 fallend.
Wetzen pr. Dezember 77 ¼, pr. Januar 77 ⅛. Mais pr De⸗ zember 22 ½. Schmalz pr. Dezember 3,72 ⅛, do. pr. Januar 3,85. Speck short clear 4,00. Pork pr. Dezember 6,77 ½.
8 Janeiro, 15. Dezember. (W. T. B.) Wechsel auf London 9 ½, Bluenos Aires, 15. Dezember. (W. T. B.) Goldagio 179,70.
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