wenn sie ohne Ermächtigung durch ausdrückliches Gesetz den Boden der bisherigen Pragxis verließe.
Also, meine Herren, vorläufig kann ich den Weg nicht betreten. Falls etwa das Dienstaltersstufensystem gegen die Vorlage eingeführt werden möchte, dann würde allerdings die Justiverwaltung vor die Frage gestellt sein, ob sie, um die damit sonst nothwendigerweise verbundenen Verschlechterungen für den Richterstand abzuwenden, nicht genöthigt 2 0 sei, nunmehr in einer rücksichts losen Weise von ihrem Anstellungsrecht 2 2 20. — 1— wevbAs 1 Gebrauch zu machen, auf die Gefahr hin, sich dabei lebhaeffe A. — 8 . “ fechtungen auszusetzen. . (Schluß aus der Ersten Beilage.) dieses Satzes bewiesen haben; sie wurden von sehr sachkundigen
Meine Herren, das ist das, was ich zur Sache Ihnen heute noch zu — 1 1u“ Kennern unserer Finanzen gemacht, und sie sind dabei nach ihrem sagen habe. Ueber die geschäftliche Behandlung der Vorlage ist ein Es folgt die dritte Berathung der Schuldentilgungs⸗ eigenen Zugeständniß nicht zum Ziele gekommen.
ich allerdings den Vergleich gebraucht zwischen Wolf und sein könnte, wenn derselbe zur Folge baben mächte, daß in Lamm und zwar in der Weise, daß ich die starke Seite auf seiten größerem Umfange als bisher die Richter aus einem Bezirk
der Städte gefunden habe und die schwächere und hilflose Seite auf in einen anderen mit ihnen ganz unbekannten und fremden
der Seite der Lehrer. (Heiterkeit.) Verhältnissen versetzt würden. Eine solche Konsequenz ergiebt sich
Nun frage ich, ob darin etwas Böswilliges liegt? Jedenfalls aus dieser Regelung absolut nicht. In dieser Beziehung hat die
hat es nicht darin liegen sollen. Es ist mir nicht im Traum ein⸗ Justizverwaltung auch in Zukunft keine größere Freiheit, als sie ihr
gefallen, den großen Städten in dieser Weise kränkend entgegenzutreten, schon jetzt zusteht; sie wird lediglich nach sachlichen Rücksichten bei
(Bravo! rechts); ich will ausdrücklich wiederholen, daß ich alles, was solchen Versetzungen der Richter vorgehen, die ich übrigens nach vielen
———— dir Proßen Staäor für ihr Schularfen gechan haben⸗ volt und-ganz Richtengen- hin für-wünschenswerth halte. -Ich seldst häbe mich und dankbar anerkenne. glücklich geschätzt, daß es mir vergönnt war, in einer ganzen Reihe Damit schließt die Generaldiskussion. Auf Vorschlag des von Provinzen thätig zu sein; es hat mir nicht geschadet. Ich habe daͤ⸗
Herzogs von Ratibor wird die Vorlage an eine besondere durch meinen Gesichtskreis erweitern können und viele Dinge kennen gelernt,
Berlin, Sonnabend, den 23. Januar.
im vorigen Jahre durch die Anleihevorlage den Beweis gegeben, daß die Stgatsregierung dessen auch durchaus willens ist. Ich bin nicht der Meinung, daß das vollständig abgeschlossen sein soll. Ich glaube
Kommission verwiesen. Die Mitglieder dieser Kommission werden sofort durch Zuruf gewählt. Z * 8
Auf der Tagesordnung stehen noch zahlreiche Petitionen. Vom Fürsten zu Putbus wird Vertagung beantragt und dieser Antrag nach längerer Debatte angenommen.
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend 12 Uhr. u“ Klinckowstroem, Anträge Franckenberg, Peti⸗ tionen.
Haus der Abgeordneten. 24. Sitzung vom 22. Januar 1897. Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung betreffend die Regelung der
ist gestern berichtet
Auf der des Gesetzentwurfs, Richtergehälter.
Ueber den Beginn der Debatte worden.
Aaustiz⸗Minister Schönstedt:
Miieine Herren! Ich muß es mir versagen, auf einen großen Theil der heutigen Ausführungen einzugehen, weil dieselben nach meiner Auffassung nicht im Rahmen der heutigen Tagesordnung liegen. Die Frage der Abmessung der Richtergehälter war Gegenstand der gestern zum Abschluß gekommenen Generaldebatte über den Etat und die dazu ergangene Denkschrift. Das heute zur Berathung stehende Gesetz setzt die Abmessung der Gehälter nach oben und unten, sowie die Höhe des Durchschnittsgehalts als etwas Gegebenes voraus und hat nur zum Gegenstand die Frage der Abstufung und Vertheilung dieser Gehälter im einzelnen. Ich halte mich daher nicht für berechtigt, wieder zurückzugreifen auf die gestrige Diskussion, ob bei der Ab⸗ messung der Richtergehälter überall das Richtige getroffen ist, und ob die heute vorgebrachten Vorwürfe berechtigt sind oder nicht. Ich glaube auch das Nöthige dazu schon vorgestern hier erklärt zu haben.
Soweit die Herren sich lediglich mit der Vorlage beschäftigt haben, haben sie die Hauptstreitpunkte hervorgehoben. Die Vorlage findet ja im wesentlichen Zustimmung auf allen Seiten des Hauses; streitig bleibt nur zunächst die Frage, ob für die Land⸗ und Amts⸗ richter das vorgeschlagene System, also das alte, die Beibehaltung des gegenwärtigen Spstems zu billigen sei, oder ob nicht auch für sie zum Dienstalterstafensystem übergegangen werden muß.
Die Gründe, die die Staatsregierung bestimmt haben, den in der Vorlage betretenen Weg zu beschreiten, habe ich im allgemeinen schon hier zum Ausdruck gebracht. Ich will es nur noch einmal aussprechen, daß nach meiner Ueberzeugung, wie einmal die Verhält⸗ nisse in der Justiz liegen, die Einführung des Dienstalter⸗ stufensystems für die Land⸗ und Amtsrichter, trotz der prinzipiellen Vorzüge dieses Systems, eine Verschlechterung des bisherigen Zu⸗ standes sein würde, wenn es nicht gelingen möchte, für die Richter gewisse Privilegien in der Regelung des Dienstalterstufensystems herbei⸗ zuführen, die ich für unerreichbar und unberechtigt halte. Aus dieser Auffassung heraus hat sich die Staatsregierung auf meinen Antrag — ich übernehme die volle Verantwortlichkeit dafür — einverstanden er⸗ klärt, daß es für die Richter erster Instanz bei dem bisherigen System bleibe.
Die zweite wesentliche Frage, die den Gegenstand der heutigen Verhandlung gebildet hat, ist die: ob nicht bei Beibehaltung des gegen⸗ wärtigen Systems sich doch gewisse Aenderungen der Vor⸗ lage zu Gunsten der davon betroffenen Richter erreichen lassen würden. Insbesondere ist der Herr Abg. Lohmann zurückgekommen auf die Vorschläge, die schon in der Generaldebatte von Herrn Dr. Friedberg vorgebracht worden sind. Es ist insbesondere wieder geltend. gemacht worden, daß eine Verminderung der Gehalts⸗ abstufungen nothwendig sei, um eine raschere Erreichung des Höchstgehalts zu ermöglichen. Hier glaube ich einem Mißverständniß entgegentreten zu müssen: Es scheint vielfach die Ansicht verbreitet zu sein, daß nach der Vorlage überhaupt die Erreichung des Höchstgehalts für die Richter erster Instanz nur inner⸗ halb eines Zeitraums (von 29 bis 30 Jahren möglich sei. Meine Herren, das eist nicht zutreffk)end. Die Zahl 29 Jahre 11 Monate stellt nur das Ergebniß dar, das sich aus dem augenblicklichen Richterstande ergiebt; es sind die Berechnungen, die nach dem that⸗ sächlichen. Stand der Richter vom 1. Oktober vorigen Jahres aufgestellt worden sind. Diese haben ergeben, daß damals der jüngste Richter in der höchsten Gehaltsklasse einz Dienstalter von 29 Jahre 11 Monaten hatte — nicht seitzseiner ersten Anstellung, sondern — seit seiner Er⸗ nennung zum Assessor. Dieser Zustand kann sich jeden Augenblick ändern; wenn nur ein paar Richter der höchsten Gehaltsklasse ab⸗ gehen, so ist es sehr wohl denkbar, daß die demnächst einrückenden er⸗ heblich jünger sind, und daß dann ein Zeitraum von 27 statt von 29 Jahren herauskommt.
Garz richtig ist auch nicht die Berechnung, daß unter der Vor⸗ aussetzung einer Fortdauer der bestehenden Zustände das Höchstgebalt nur in einem Lebensalter von 60 Jahren erreicht werde. Das Durch⸗
schnittsalter bei Ablegung der großen Staatsprüfung bewegt sich zwischen 28 und 29.Jahren; wenn man dazu 29 Jahre hinzurechnet, so kommt man anf .57 ¹1bis 58 Jahre, sodaß im erst 6. Dezennium nur unter besonders ungünstigen Umständen das Maximalgehalt er⸗ reicht wird.
Eine Verminderung der Gehaltsklassen würde an und für sich ohne Zweifel eine frühere Erreichung der höchsten Gehalts⸗ stufe zur Folge haben. Damit ginge wieder Hand in Hand die Verschlechterung für die unteren Klassen, daß nämlich die mittleren Stufen um so langsamer, erreicht würden, je stärker die Besetzung der unteren Stufen ist. Also auch hier bedarf es einer vorsichtigen Ab⸗ wägung von Vortheil und Nachtheil.
Von dem Herrn Abg. von Eynatten ist hingewiesen worden auf einen Nachtheil, der möglicherweise mit der Einführung eines Ge⸗
die mir in den Bezirken, in denen ich vorher thätig war, unbekannt geblieben waren.
Meine Herren, der zweite Punkt: die Erreichung des Maximal⸗ gehalts nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, der von dem Abg. Herrn Friedberg angeregt war, ist von Herrn Dr. Lohmann gleichfalls wieder aufgenommen worden. Ich glaube auch hier wieder sagen zu können: es würde das die Bedeutung haben, daß den Richtern die Vortheile beider Gehaltssysteme zu gute kommen sollen, was nach meiner Mei⸗ nung ausgeschlossen ist.
Was die Ermöglichung einer Beförderung ohne Gehaltsverlust angeht, so will ich den Erörterungen, die ich vorgestern gemacht habe, nur das eine hinzufügen, daß, wenn ein derartiger Grundsatz auf⸗ gestellt werden sollte, derselbe im Resultat dahin führen könnte, daß, wenn jetzt jüngere Richter nach dem neuen System in neue Stellen befördert würden, sie erheblich besser ständen als diejenigen Richter, die sich schon in höheren Stellen befinden und früher unter den ungünstigeren Bedingungen befördert worden sind. Ich glaube, es würde das eine Unbilligkeit sein, die zu lebhaften Beschwerden Anlaß geben würde. In der vor⸗ jährigen Vorlage war allerdings der Weg gegeben, wie man durch Uebergangsbestimmungen diese Unbilligkeit ausgleichen könnte; da sollte auch den bereits früher in höheren Stellen beförderten Richtern noch nachträglich ein Ausgleich geboten werden. Das war aber nur dadurch ermöglicht, daß für die Land⸗ und Amtsrichter das Dienstaltersstufen⸗ system auch in Aussicht genommen war und man auf Grund dieses Systems nun die fiktiven Gehälter ermitteln konnte, die diese Richter gehabt haben würden, wenn zur Zeit ihrer Beförderung das Dienst⸗ altersstufensystem schon in Geltung gewesen wäre. Diese Grundlage fehlt nach der gegenwärtigen Vorlage, und deshalb kann auf ihr nicht weit gebaut werden.
Meine Herren, ich glaube deshalb, so sehr ich wünschen würde, daß die Kommission in der Lage wäre, wirkliche Verbesserungen an der Vorlage herbeizuführen, daß doch die entgegenstehenden Schwierig⸗ keiten nicht so leicht überwindbar sind.
Es ist nun auch heute wiederholt darauf hingewiesen worden, daß der Grund, der bestimmend gewesen ist für die Beibehaltung des gegenwärtigen Gehaltssystems, nämlich die große Ueber⸗ füllung des IJuristenstandes, im Verwaltungswege beseitigt werden könnte durch Ausübung der der Regierung ver⸗ fassungsmäßig zustehenden Rechte, und einer der Herren hat die Aeußerung gethan, ob denn nicht wenigstens im Verwaltungswege gelegentlich eine recht eindringliche Warnung vor Beschreitung der juristischen Laufbahn am Platze und davon eine heilsame Wirkung zu erwarten sein würde. Nun, meine Herren, eindringlicher wird vor dem Betreten dieser Laufbahn nicht wohl gewarnt werden können,
als dies bei den Verhandlungen im Vorjahr der Fall gewesen ist, und zwar sowohl vom Regierungstische aus als aus der Mitte des Hauses. Die Verhandlungen, in denen die außerordentlich ungünstigen Aussichten für das weitere Fortkommen in der juristischen Laufbahn hier erörtert worden sind, haben im Monat März des Vorjahrs stattgefunden, es war also jedem von den jungen Leuten, die damals noch einen Entschluß zu fassen hatten, welchem Beruf sie sich bei dem Beziehen der Universitäten widmen wollten, die Gelegenheit zu einer eingehenden Prüfung der Frage gegeben. Und was ist das Resultat, meine Herren? Im Sommer⸗Semester 1895/96 betrug die Zahl der preußischen Rechtsstudierenden an den preußischen Universitäten 2960, und im Sommer⸗Semester des Vor⸗ jahrs — also unmittelbar nach diesen Verhandlungen — ist sie gestiegen auf 3205. Das ist der Erfolg gewesen. Ich muß in dieser Beziehung die Zahl, die ich vorgestern genannt habe, berichtigen: ich habe damals nur von annähernd 3000 gesprochen; in Wirklichkeit waren es 3205, gegen eine Zahl von 1690 im Jahr 1886/87.
Und wenn die Herren glauben, daß eine Warnung etwa im „Justiz⸗Ministerialblatt“ wirksamer sein möchte wie die Verhand⸗ lungen in diesem Hause, die außerdem in der gesammten Presse die eingehendste Besprechung baben, dann glaube ich diese Ansicht nicht theilen zu koͤnnen und verspreche mir von einer derartigen Warnung absolut garnichts.
Meine Herren, ich bin dann wiederum hingewiesen worden, und namentlich von der rechten Seite, daß die Justizverwaltung Gebrauch machen möge von dem ihr zustehenden und zuerkannten Auswahlrecht. Für den Augenblick und für eine Reihe von Jahren würde auch damit sehr wenig zu erreichen sein. Denn darüber war auch schon im Vorjahr kein Zweifel, daß die strengeren Bestimmungen, die damals in Aussicht ge⸗ nommen waren, denen nicht zum Nachtheile gereichen dürften, die unter anderen Voraussetzungen in den Justizdienst eingetreten sind; für diese waren Uebergangsbestimmungen vorgesehen. Aber auch ab⸗ gesehen davon, wenn Sie sorgfältig die gesammten Verhandlungen des Vorjahres nachprüfen, so werden Sie, glaube ich, dem Justiz⸗Minister darin Recht geben, daß er nicht ohne weiteres dazu übergeht, von diesen seinen verfassungsmäßigen Be⸗ fugnissen rücksichtslosen Gebrauch zu machen. Einigkeit war allerdings darüber vorhanden, und darüber kann auch kein Zweifel sein, daß die Justizverwaltung in der Lage sein müsse, zweifellos ungeeignete Elemente aus der Justiz auszuscheiden und von der Anstellung auszuschließen. Aber die Sache liegt thatsächlich so, daß wir nicht bloß mit ungeeigneten Elementen, sondern mit einer großen Zahl von an sich geeigneten, aber in zu großer Zahl vor⸗ handenen Elementen zu thun haben, und die Auswahl unter diesen zu treffen, ohne daß ein Gesetz den Justiz⸗Minister ausdrücklich ermächtigt, hierbei nach eigenem Ermessen zu verfahren, das ist eine Zumuthung an die Justizverwaltung, die ich nicht obne weiteres acceptieren kann; ich bin auch fest überzeugt, daß, da es nothwendigerweise dabei zu Fehlgriffen und unrichtiger Auswahl, zu unbilligen Zurücksetzungen kommen müßte,
sammlverbandes für alle Richterz erster Instanz verbunden
Antrag gestellt von dem Herrn Abg. Kirsch, der dahin geht, es möge eine besondere Kommission mit der Berathung des Gesetzes betraut werden. Nun bin ich mir wohl bewußt, daß die Staats⸗ regierung eigentlich in diese Frage nicht hineinzureden hat, daß es sich dabei um ein Internum des Hauses handelt; aber ich möchte doch um die Erlaubniß bitten, auf die Be⸗ denken aufmerksam zu machen, die nach meiner Auffassung — ich slaube auch, nach der Auffassung des Herrn Finanz⸗Ministers — einer solchen geschäftlichen Behandlung der Sache entgegenstehen würden. Ich meine, gerade die heutige Diskussion hat den sprechendsten Beweis dafür geliefert, welch inniger Zusammenhang zwischen dieser Vorlage und der Etatsvorlage besteht, daß die Materien gar nicht von ein⸗ ander geschieden werden können, und daß eine Besprechung und Behandlung dieser Vorlage kaum möglich ist, wenn nicht fortwährend gleichzeitig auch die Rückwirkung übersehen werden kann, die irgend eine Aenderung dieser Vorlage auf die Besoldungs⸗ vorlage haben würde, und umgekehrt. Ich meine, die Dinge greifen so eng in einander, daß ich es für in hohem Grade wünschenswerth halten würde, wenn dieselbe Kommission, d. h. also die verstärkte Budgetkommission, auch mit der Vorprüfung dieser Vorlage betraut würde. Ich möchte also anheimgeben, ob nicht das hohe Haus diesen Weg vorzieht.
Abg. Im Walle (Zentr.): Wir gönnen den Verwaltungsbeamten jede Verbesserung ihrer Lage, aber die Richter müssen auch zu ihrem Rechte kommen. Ich vermisse in der Vorlage Uebergangsbestimmungen darüber, daß die Richter, welche jetzt bereits höhere Bezüge haben, durch die Vorlage nicht schlechter gestellt werden. Dem Andrang der Juristen könnte man auf dem Verwaltungswege durch Zurücwesfung ungeeigneter Elemente steuern. Ich möchte bitten, die Vorlage einer besonderen Kommission zu überweisen, wie wir es im vorigen Jahre gethan haben.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Belian bestreitet, daß auch die höchsten Richter den entsprechenden Verwaltungsbeamten im Gehalte nachstehen würden.
Abg. Brandenburg (Zentr.) empfiehlt eine besondere Kom⸗ mission, da es sich hier weniger um Rechnungsfragen, als um Interna der Justiz handle.
Abg. Dr. Lohmann (nl.) stellt auf Grund des stenographischen Berichts fest, daß 1879 Versprechen, wie sie der Abg. Hansen bezüglich
Verwaltungsbeamten angeführt hat, nicht gemacht worden u“
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich kann ja augenblicklich nicht kontrolieren, was damals hier im Hause der eine oder andere Abgeordnete gesprochen hat. Darauf kommt es auch garnicht an; denn das Haus bedeutet doch wesentlich nur in seiner staatsrechtlichen Stellung etwas, wenn es Beschlüsse faßt; ob der einzelne Abgeordnete dies oder das sagt, ist an sich irrelevant, aber nicht irrelevant ist, welche Stellung damals die Staatsregierung zu diesem Vorgehen des Hauses wegen der einseitigen Erhöhung der Richtergehälter eingenommen hat. Da kann ich nur voll bestätigen, was Herr Abg. Hansen gesagt hat, daß auf Grund eines Beschlusses des Staats⸗Ministeriums, welches damals garnicht darüber im Zweifel war, daß bei einer Fortsetzung der Ge⸗ haltsaufbesserung auch für die Verwaltungsbeamten die Regierungs⸗ Räthe den Ober⸗Landesgerichts⸗Räthen gleichgestellt werden sollten, der spätere Minister Dr. von Scholz ausdrücklich hier als Regierungs⸗ Kommissar erklärt hat: man stimme nur zu unter der Voraussetzung einer demnächstigen entsprechenden Erhöhung der Gehälter der Verwaltungsbeamten. Das war die Stellung, die damals die Staats⸗ regierung einnahm. Da nun die Staatsregierung auch einen Faktor der Gesetzgebung bildet, so ist darauf allerdings — wenigstens für die Staatsregierung — einiges Gewicht zu legen. Das wird man nicht bestreiten können.
Im übrigen ist die Sache so viel diskutiert, und man hat hier die verschiedenen Anschauungen so ausführlich gegeneinander ausgetauscht, daß ich nicht nöthig habe, auf die Sache noch einmal zurückzukommen. Wir werden abwarten, welche Vorschläge in der Kommission gemacht werden. Anerkannt ist ja von den meisten Seiten, daß es berechtigt ist, daß die Gehaltsbezüge, einerlei in welcher Form, der Landräthe etwas höher sein dürfen als die der Land⸗ und Amtsrichter, mit Rücksicht auf die besonderen Ausgaben, die den Landrath kraft seines Amts erwarten.
Im übrigen ist in nicht ganz klaren Wendungen, und ohne bestimmte Vorschläge in dieser Beziehung zu machen, über Zurücksetzung der Richter gegen die Verwaltungsbeamten geklagt. Wir werden sehen, wie diese allgemeinen Meinungen sich später in bestimmten Vorschlägen in der Budgetkommission krystallisieren, und dann werden wir hoffentlich zu einem Einverständniß kommen. Wenn nicht, so würden wir bedauern, daß an dem Widerstande gerade der
jenigen Herren, die die Interessen der Richter zu vertreten meinen
die gesammte Vorlage möglicherweise ins Wanken kommt. (Rufe: Oho!)
Abg. von Tiedemann⸗Bomst (fr. kons.) beantragt, die Vorlage der verstärkten Budgetkommission zu überweisen.
Das Haus beschließt diesem Antrage gemaß.
11 “ 8 ““
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
die Justizverwaltung den lebhaftesten Angriffen ausgesetzt sein würde,
vorlage.
Abg. Dr. Hobrecht (nl.): Ich hätte den Wunsch, daß wir uns auf eine Schuldentilgung von ½ % beschränkt hätten, will mich aber bescheiden. Eine lex imperfecta schaffen wir allerdings, aber sie ist deswegen nicht werthloa. Dieser Vorwurf könnte richt erboben werden, wenn wir den Auggleichsfonds geschaffen hätten. Das von uns gewünschte Eisenbahngarantiegesetz will der Verwendung der Eisenbahnüberschüsse zu allgemeinen Staats⸗ jwecken gewisse Grenzen setzen. Daße es der Eisenbahn⸗ verwaltung an eigenen Verwendungszwecken nicht fehlt, liegt auf der Hand. Ich erinnere nur an den weiteren Ausbau unserer Sekundärbahnen,
namentlich im Interesse unserer ärmeren Ostprovinzen. Die Uebeg-
schüsse der Eisenbahnen haben wir doch nur zum theil den günstigen Konjunkturen zu verdanken, in der Hauptsache aber der Sparsamkeit in der Anstellung von Beamten. Ueberschüsse zu erzielen, ist nicht die eigentliche Aufgabe der Eisenbahnverwaltung, wie bei der Berg⸗ werks⸗ und Forstoerwaltung, sondern die Förderung und Erleichterung des Verkehrs. Ich will nicht behaupten, daß der Verkehr unter dieser Sparsamkeit schon gelitten hat. Wir sind aber an einem ge⸗ wissen kritischen Punkte angekommen, und es würde die Dienst⸗ freudigkeit der Beamten schwinden, wenn der fiskalische Standpunkt zu sehr in den Vordergrund träte. Wir setzen voraus, daß auch der Eisenbahn⸗Minister unsere Resolution freudig begrüßt; sie verbürgt ihm die Prosperität der Eisenbahnen. Die Staatsregierung sollte diesen günstigen Moment nicht vorübergehen lassen, ohne diese Frage zu ordnen. 8
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ueber die Nothwendigkeit der Einführung einer obligatorischen Schuldentilgung werde ich mich jeder weiteren Aus⸗ führung enthalten, da die große Mehrheit dieses Hauses sich in dieser Beziebung vollkommen auf den Boden der Staatsregierung ge⸗ stellt hat.
Was die Höhe der regelmäßigen gesetzlichen Schuldentilgung an⸗ betrifft, so kann ich namens des Staats⸗Ministeriums erklären, daß dasselbe gegen die in der zweiten Lesung beschlossene Erhöhung von 1½ % auf 3⁄1 % Einwendungen nicht erhebt; wir wären also in dieser Beziehung einig, daß wir die Beschlüsse der zweiten Lesung unbedenklich wiederholen können.
Meine Herren, über die Resolution mich zu erklären, bin ich nicht ermächtigt. Diese Resolution enthält, wenn sie zur Wahrheit werden sollte, eine wesentliche Aenderung in unserem ganzen preußischen Finanzwesen. Es sind dabei alle Ressorts und alle Interessen so erheblich betheiligt, daß natürlich nur das Staats⸗Ministerium nach Vorprüfung durch die betheiligten Ressort⸗Minister der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen über eine solche Resolution sich entscheiden kann, namentlich wenn dem Staats⸗Ministerium bestimmte konkrete Vor⸗ schläge von den Ressort⸗Ministern gemacht werden können. Ich bin also nicht in der Lage, mich darüber zu äußern.
Meine Herren, ich habe bei Gelegenheit der Berathung des hier vorliegenden Gesetzes, als verschiedene Herren den Versuch machten die in der Resolution jetzt ausgesprochenen Gedanken formuliert als Amendement zur Vorlage einzubringen, mich dem widersetzen müssen, weil wir es hier lediglich mit einem Finanzgesetz zu thun haben, aber nicht mit einem Eisenbahngarantiegesetz, und man beide Gesichtspunkte nicht verquicken kann. Dann aber habe ich gegen die Formulierung im einzelnen Bedenken erhoben. Nun bemüht sich der Herr Abg. Hobrecht, mir klar zu machen, daß diese Resolution auch ein ganz bedeutendes Interesse für den Finanz⸗ Minister habe, und daß in dieser Beziehung ein harmonisches Zu⸗ sammengehen zwischen dem Finanz⸗- und dem Eisenbahn⸗Minister möglich und sogar geboten sei. In manchen Beziehungen ist dies durchaus richtig. Meine Herren, ich verfolge ja seit Jahren das Ziel — bisweilen vergeblich, im großen Ganzen aber, dank der Unterstützung dieses hohen Hauses, mit Erfolg —, daß man sich hüten soll, auf schwankende unsichere Einnahmen dauernde Ausgaben in ungemessener Weise zu basieren, und es ist vollkommen zutreffend, daß die zeitweiligen großen Ueberschüsse der Eisenbahn⸗ verwaltung die allgemeine Neigung im Lande, zum theil auch in den Parteien außerordentlich verstärken, nun auch zu einer gewaltigen Steigerung der Ausgaben überzugehen und so auch aus dem Hause ein Druck geübt wird sogar gegen die Regierung, welche vielleicht nach dieser Richtung vorsichtiger ist, was auch ganz natürlich und ihre Pflicht ist, solche Maßnahmen zu treffen, die dann, wenn die schwankenden Einnahmen verschwinden, die Ausgaben aber bleiben, nothwendig den Staat wieder in eine schlechte Finanz⸗ lage bringen. Wenn Maßregeln getroffen werden, welche diese Ge⸗ fahr abschwächen oder wenigstens abmildern, so ist das auch im
Interesse einer Finanzverwaltung, die sich zur Aufgabe stellen muß, nicht bloß augenblicklich für einige Jahre gute Finanzen zu haben, sondern die Finanzen des Staats dauernd zu konsolidieren, sodaß der Staat in seinen Finanzen allen Wechselfällen der Zukunft gewachsen ist. Ich sage: es stimmen die Gedanken der Antragsteller da ganz genau überein mit dem Ziele, das eine solche Finanzverwaltung verfolgen muß. Insofern, meine Herren, was das Ziel betrifft, wenn klar wäre — was ich zur Zeit nicht bejahen oder verneinen will —, daß die vorgeschlagene Reduzierung der zu staatlichen Zwecken zur Disposition stehenden, aus den Ueberschüssen der Eisenbahnen er⸗ wachsenen Mittel wirklich dahin führte, daß die Erreichung dieses Zieles unterstützt würde, so wäre das allerdings ein sehr erhebliches Moment, um eine solche in der Resolution vorgeschlagene Maßnahme zu treffen. Aber wenn man nun das Ziel als nothwendig und richtig zugiebt, wenn man ferner zugäbe, daß diese vorgeschlagene Maßnahme die Erreichung des Zieles wesentlich unterstützte, so käme doch noch in Betracht die Frage der Schwierigkeit ihrer Ausführung, eine große Betriebsverwaltung auszusondern aus den allgemeinen Grundsätzen, die in der Staats⸗Finanzverwaltung in Preußen bisher stets gegolten haben, der unbedingten Einheit der Staats⸗Finanzverwaltung, der freien Dieposition über alle dem Staate zustehenden Mittel; wenn man alles dies bejaht, so wird man doch, sage ich, immer noch vor der Frage der Schwierigkeit der Ausführung stehen. Ich sage das
Meine Herren, selbst wenn man aber darüber hinwegkäme, so stehen wir noch immer vor der Frage der Opportunität im gegenwärtigen Augenblick, und ich habe doch das Gefühl gehabt, daß auch für die⸗ jenigen Herren, welche unbedingt auf dem Standpunkte der Resolution † stehen und ihre sofortige Durchführung verlangen, diese Frage von Bedeutung ist.
Meine Herren, und da kommt mir die Frage der Unsicherheit unseres preußischen Finanzwesens gegenüber dem Reiche. Hätten wir bloß mit preußischen Zuständen zu thun, dann könnte man sich viel leichter wenigstens zu einem Versuch nach der Richtung hin entscheiden. Aber wie sind denn heute die Verhältnisse Preußens zum Reich? Wir haben hier gesehen, daß der Herr Abg. Richter unaufhörlich sowohl in der freisinnigen Presse der Volkspartei als hier durch seine Reden im Hause seinen Unmuth über die großen Ueberschüsse, die uns jetzt in Preußen zur Disposition stehen, ausgesprochen hat, beklagt hat gewissermaßen, daß wir in einem solchen reichlichen Finanzzustande uns befänden, immer davon geredet hat, wir sammelten hier Schätze ohne Noth, die eigentlich zu Steuererlassen verwendet werden müßten. Meine Herren, in der Zeit des Defizits, in der Zeit, als die Schätzungen unserer Eisenbahn⸗ überschüsse zu hohe waren und sich hinterher in der Rechn ung heraus⸗ stellte, daß sie irrig gesetzt waren nach oben hin, da hat der Herr Abg. Richter sich nie beklagt, er hat überhaupt über den Zustand des Defizits sich nie ungehalten geäußert. Aber in dem Augenblick, wo der Staat sich nun in seinen Finanzen konsolidiert, da tritt der Un⸗ muth dieser volkswirthschaftlichen oder politisch parlamentarischen An⸗ schauung — ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll — in den Vordergrund.
Allerdings, meine Herren, erklärt sich das aus der Gesammtlage. Meine Herren, heute entscheidet die Mehrheit des Reichstages, wie dies die Erfahrung gelehrt hat, über den Bestand einer großen orga⸗ nischen Finanzinstitution im Reiche. Von Jahr zu Jahr kann sie anders entscheiden. Sie kann die gesammten Ueber⸗ schüsse, Ueberweisungen, die den Einzelstaaten nach der Franckenstein'schen Klausel zufallen soll, in einem ganzen Jabre voll⸗ ständig verschwinden lassen, indem sie die gesammten Ueberschüsse auf Anleihen verrechnet; — dazu ist sie formell berechtigt — sie kann die Ueberschüsse zur Hälfte rechnen, sie hat es in der Hand, auf die höheren Matrikularumlagen bestimmend einzuwirken nach Maßgabe der jeweiligen Budgetbeschlüsse. Sie haͤt dadurch die Möglichkeit, nicht bloß in einer entscheidenden Weise die Finanzen des Reichs zu be⸗ einflussen, sondern indirekt auch die Finanzen aller Einzel⸗ staaten. Dadurch entsteht eine Abhängigkeit der Finanzgebahrung in den Einzelstaaten von den jeweiligen Beschlüssen des Reichstages, die im höchsten Grade zur Vorsicht auffordert, und wenn wir in Preußen jetzt in der Lage sind, auch einen starken Stoß nach dieser Richtung zu vertragen, so können wir uns gegenüber den unorganischen Verhältnissen im Reich sehr darüber freuen. Herr von Puttkamer⸗ Plauth hat mit gutem Grund ausgesprochen, daß man allerdings eine stärkere Regierung vor sich habe, wenn dieselbe sich nicht in Finanz⸗ nöthen befindet, und daß die Regierung um so schwächer sei, je schwächer ihre Finanzquellen sind. Nun diesen Zustand der Finanzen durch irgend welche Maßnahmen, die wir in Preußen selbst treffen, vielleicht noch zu verschlimmern, in dieser Beziehung aus der günstigen Position, in der wir uns gegenwärtig befinden, uns herauszubegeben, das — wird mir der Herr Abg. Hobrecht zugeben — ist wenigstens doch auch noch eine Frage, welche sehr erwogen werden muß.
Ich will mit all diesen Dingen durchaus nicht sagen, daß die Regierung nicht irgend Maßnahmen trifft im Sinne der Resolu tion. Ich erkenne ja ausdrücklich an, daß die Ziele, die hier verfolgt werden, im großen Ganzen mit meinen Anschauungen von der Finanzverwaltung, wie sie in Preußen nothwendig ist, übereinstimmen. Wir werden die Sache durchaus nach allen Richtungen hin objektiv prüfen; ich werde die Erfahrungen, welche wir mit dem Garantiegesetz von 1882 gemacht, auch vom Standpunkt der Finanzverwaltung gemacht haben, gewiß nicht außer Augen lassen; wir werden mit anderen Worten aus der Resolution die Anregung nehmen, diesen Fragen nochmals aufs neue in eingehender Weise näher zu treten, und natürlich nicht verfehlen, demnächst dem Hause von dem Ergebniß dieser Prüfungen die er⸗ forderlichen Mittheilungen zu machen.
Meine Herren, Sie dürfen mir glauben, daß, wenn ich Bedenken äußere gegenüber dieser Resolution, ich keine andere Absicht habe, als von vornherein das hohe Haus auf die Schwierigkeit der Durch⸗ führung derselben aufmerksam zu machen und den Glauben zu zer⸗ stören, der etwa aufkommen könnte, als wenn die Finanzverwaltung gewissermaßen in einer Art Souveränitätsdünkel sich scheute, irgendwie sich binden zu lassen. Solche Erwägungen liegen mir vollständig fern. Wir werden die Sache ganz objektiv prüfen, nicht allein vom Ressortstandpunkt aus, sondern vom Standpunkte der allgemeinen Staatsinteressen aus.
Meine Herren, der Herr Abg. Hobrecht sagt: er hätte weniger Interesse für die Tariffragen, für die Herabsetzunz und Aenderung der Tarife, als dafür, daß die Verstaatlichung der Eisenbahnen doch den guten Zweck erfülle, auch in solchen Gegenden neue Eisenbahnen zu bauen, welche der Hilfe bedürfen, wo die Eisenbahn eigentlich als Landesmelioration fungiert, ohne daß man unbedingt auf eine Rente zu sehen braucht; — das ist doch wohl der Sinn der Sache. Ja, meine Herren, ich erblicke genau in derselben Richtung die segensreichen Erfolge der Eisenbahnverstaatlichung; aber ich möchte doch auch daran erinnern, daß wir seit der Ver⸗ staatlichung, wenn ich die Zahl augenblicklich richtig im Kopf habe, zwischen 9000 bis 10 000 km Sekundärbahnen gebaut haben und daß davon eine große Zahl gebaut ist gerade in diesen bezeichn eten Ge⸗ genden. Ich stehe auf dem Standpunkt des Herrn Abg. Hobrecht,
auch, daß, wenn wir so erhebliche Ueberschüsse aus den Eisenbahnen herausziehen, wir weniger ängstlich zu sein brauchen, auch mal Bahnen zu bauen, von denen wir kaum mehr als die Betriebskosten erwarten. Das ist vollständig meine Ansicht. Aber ich möchte Herrn Abg. Hobrecht auch noch darauf hinweisen, daß die Frage der Rentenbildung, der Reduzierung der Ueberschüsse, der Ver⸗ wendung der Ueberschüsse für allgemeine Staatszwecke bis zu einer bestimmten Summe an der Frage, glaube ich, nichts ändert. Nach der Richtung kommt die Frage nicht in Betracht.
Nun sagt der Herr Abg. Hobrecht, die Finanzverwaltung solle erwägen gewissermaßen das psychologische Moment, daß die Eisen⸗ bahnverwaltung in der Lage sein müsse, auch freudig zu sparen an unnöthigen Betriebsausgaben und Betriebskosten, wenn sie das Gefühl habe, sie arbeite dabei gewissermaßen theilweise für sich selbst, für die ihr am nächstliegenden Interessen einer guten Gestaltung der Eisenbahnen. So kann man nicht bloß verfahren seitens der Finanzverwaltung, sondern so hat auch die Finanzverwaltung verfahren. Ich habe das schon in der Kommission mitgetheilt, daß die Eisenbahnverwaltung durch eine höchst intelligente und pflegsame Behandlung ihrer Ausgaben große Ersparungen an Betriebskosten gemacht hat, an den ordinären Titeln, und ich hätte vielleicht wohl verlangen können, daß diese großen Ersparungen, wenn
sie sich zu so vielen Millionen anhäufen, schließlich in die allgemeine
Staatskasse abgeführt würden. Ich habe das nicht gethan. Ich habe die freie Disposition über diese übertragenen Fonds der Eisenbahn⸗ verwaltung gern gelassen, weil ich ganz auf demselben Standpunkt in dieser Beziehung stehe wie der Abg. Hobrecht. Im Extraordinarium ist das noch in viel größerem Maße der Fall.
Also wir brauchen eine solche Einrichtung, wie sie hier vor⸗ geschlagen ist, nicht, um das Ziel auch auf andere Weise durch eine verständige, nicht kleinliche fiskalische Behandlung dieser Frage seitens des Finanz⸗Ministers zu erreichen. Ich glaube, daß die Herren, die die Resolution beantragt haben, selbst die Schwierigkeit der Sache anerkennen. Da Sie aber sehen, daß ich in dieser Beziehung durch aus nicht grundsätzlich von Ihnen abweiche, so wird die Resolution in jedem Fall der Staatsregierung eine gute Anregung geben, dieser Frage aufs neue mit Entschiedenheit näher zu treten. 1
Abg. von Dallwitz kkons.) erklärt, für die Vorlage stimmen z wollen. Seine Freunde würden auch für die Resolution stimmen, i der Hoffnung, daß der Ausgleichsfonds in veränderter Form und a anderer Stelle wieder erscheinen werde. Jedes Etatsjahr in sich ab zuschließen, sei bei unseren schwankenden Einnahmen nicht möglich.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Ich acceptiere gern das Einverständ⸗ niß des Finanz⸗Ministers mit den Zielen der Resolution, und ich hoffe, daß das Staats⸗Ministerium in dieser Beziehung zu einer Einigung kommen wird. In der Kommission konnte es zu einer solchen Eini⸗ gung nicht kommen, weil der Finanz⸗Minister sich auf eine Kritik beschränkt hat. Von einer Aussonderung der Eisenbahn⸗Verwaltun aus der innigen Verbindung der gesammten Staatsverwaltung ist b unserem Vorschlage nicht die Rede. Andererseits enthält diese einen großen Anreiz zur Förderung der Eisenbahnen. stellen der Regierung gewissermaßen die Mittel zur fügung zum Bau von nicht ganz rentablen Eisenbahnen. Gerad der gegenwärtige Augenblick ist zu diesem Schritt geeignet. Gehen wi nicht so vor, so werden die Ansprüche an die Staatsverwaltung groß werden, daß kein Finanz⸗Minister sie zurückhalten kann. E muß ein festes Verhältniß zwischen dem Reich und den Einzelstaaten hergestellt werden, das bisher durch die Defizits verhindert wurde. Der Vorschlag des Abg. Lieber im Reichstage schützt die Einzel staaten nicht vor Zugriffen durch das Reich. Uebrigens ist es wunder bar, daß Herr Lieber uns über seine Ansichten hier nicht Rede steht Er zeigt sich hier seinem Volke nur selten und hält lieber Thronreder im Reichstage. Herr Lieber lehnt es ab, daß man hier über der Reichstag „zu Gericht sitzt“. Das Recht der Kritik lasse ich mir nicht absprechen. Herr Lieber hat sich in höhnischer Weise über mich ausgesprochen, er sprach von einem Puppenspiel an der Hand von Drahtziehern am Dönhoffsplatz. Ist es geschmackvoll, so über Ab⸗ wesende zu sprechen, während er in der Lage war, hier das Wort 8 zu nehmen? Wie kommt er denn zu einer solchen Behauptung? Wir brauchen dagegen nicht zu protestieren, das wäre eher Sache des Zentrums.
Abg. von Strombeck (Zentr.): Herr Lieber hat auch Pflichten im Reichstage, er kann nicht hier und dort sein; trotzdem greift Herr Sattler ihn heute in seiner Abwesenheit an. Mit den ⁄1 % Schuldentilgung bewilligen wir eigentlich eine Ausgabe für die Zukunft, ohne daß wir wissen, ob die Eisenbahnen auch fernerhin Ueberschüsse ergeben werden. Diese Amortisation wird nur bewirken, daß unsere Schuldenlast etwas höher anwächst. Zu einer effektiven Amortisation können wir nur kommen, wenn wir den Weg des ewigen Schulden⸗ machens verlassen. Den Bau neuer Sekundärbahnen halte ich auch für wünschenswerth, aber es fragt sich, ob es sich nicht empfiehlt, etwas mehr zum Privatbbahn⸗ oder Kommunalbahnsystem zurück⸗ zukehren. Baut der Staat selbst, so wachsen seine Schulden, wenn er Zuschüsse machen muß; baut er nicht selbst, so braucht er keine neuen Anleihen aufzunehmen. Vielleicht wäre es auch gut, wenn man private Parallelbahnen baute, um die Legung dritter Geleise zu
vermeiden. 1 Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Ich
schließe mich den Ausführungen des Abg. Sattler gegen Herrn Lieber
an. Ich habe mich über die staatsrechtlichen Ungeheuerlichkeiten des Zentrums seiner Zeit schon ausgesprochen. Wir werden der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen. Wir erwarten dabei, daß die Regierung unserer Resolution die gebührende Beachtung schenken wird, wozu nach der Erklärung des Herrn Finanz⸗Ministers volle Aussicht ist. Ihm wird es gewiß auch hier gelingen, die Schwierigkeiten spielend zu überwinden. Auf eine reinliche Scheidung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten können wir noch lange warten. Wir müssen eine feste Regel der Ausgabenvermehrung vorziehen. 8
Abg. Dr. Ham macher (nl.): Der Vorschlag des Abg. von Strom⸗ beck widerspricht den Interessen des Staats. Parallelbahnen wären Konkurrenzbahnen, und das ist ein ungeheuerlicher Gedanke.
Abg. von Eynern (nl.): Wir betrachten Herrn Lieber als her⸗ vorragenden Führer des Zentrums. Er hätte seine Worte im Reichs⸗ tage mehr erwägen sollen. Herr Sattler ist nicht Mitglied des Reichstages, Herr Lieber aber Mitglied des Abgeordnetenhauses. Herr Lieber hätte also die Pflicht gehabt, hier zu erscheinen und sich zu vertheidigen. Hoffentlich thut er dies wenigstens in einer persön⸗ lichen Bemerkung, um den starken Taback, den er verzapft hat, etwas abzumildern. Das ganze Haus hat den Ausgleichsfonds abgelehnt,
ausdrücklich, weil die Versuche in der Kommission ja schon die Richtigkeit
wenn er wünscht, daß damit fortfahren soll. Wir ha ben aber
und ich habe die Ueberzeugung, daß der Finanz⸗Minister diesmal die