1897 / 20 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Absicht hat, in illoyalster Weise unseren Wünschen bezüglich des Eisen⸗ bahngarantiegesetzes Rechnung zu tragen. Aber es klang doch der stille Wunsch durch seine heutigen Ausführungen hindurch, daß die Ueber⸗ schüsse der Eisenbahnen zu allgemeinen Staatszwecken verwendet werden möchten. Ich meine aber, daß die Ueberschüsse der Verkehrs⸗ verwaltung auch dem Verkehr zu gute kommen müssen, namentlich hinsichtlich der Ermäßigung der Tarife. Kommt aber das Eisen⸗ bahngarantiegesetz nicht zu stande, so bleibt garnichts weiter übrig, als die Ueberschüsse zu Steuererleichterungen zu verwenden. Finanz⸗Minister. Dr.- Miquel: . Meine Herren! Nur zwei Werte! Ich möchte doch nicht den Vorwurf auf mir sitzen lassen, den der Herr Abg. von Eynern aus⸗ gesprochen hat, daß ich nicht den Resolutionen dieses Hauses die nöthige Beachtung schenke. Er führte als Beispiel an die Resolution, betreffend Erleichterung der Kommunalbesteuerung der Getränke. Ich bin in keiner Sache eifriger gewesen, den Wünschen des Hauses zu entsprechen, als in dieser Sache, denn wir haben sofort beim Reiche die erforderlichen Anträge gestellt. Wir haben an⸗ gefangen mit der Weinsteuer, weil sie einen Schlüssel bildet für die stärkere Steuer der übrigen Getränke, und der Reichstag hat gewissermaßen nur gegen die Stimme des Herrn Abg. Dr. Hammacher diese ganze Vorlage abgelehnt. Nun wüßte ich nicht, was ich noch mehr thun könnte. Wir haben auch jetzt wieder in Er⸗ wägung gezogen, ob man diese Vorlage wiederholen solle. Der Reichs⸗ Schatzsekretär hat aber davon abgerathen, weil er glaubt, daß zur Zeit eine Vorlage im Reichstage gänzlich aussichtslos ist. (Sehr richtig! links.) Mehr kann wirklich die preußische Regierung nicht thun.

Meine Herren, wenn der Herr Abg. von Eynern am Schlusse nun fragt: wenn nun die Ueberschüsse der Eisenbahn nicht verblieben, sondern zu allgemeinen Staatszwecken verwendet würden, aber man auch da sich hüten müsse, auf diese schwankenden Einnahmen dauernde Ausgaben zu basieren, wo sollten dann die Ueberschüsse-bleiben? so scheint er nicht zu beachten, was in der Vorlage steht. Es werden eben die Ueberschüsse zur Schuldentilgung verwandt. Und wir sind alle damit einverstanden gewesen, daß eine kräftige Schuldentilgung gegenüber einer Schuldbelastung von jetzt schon 7 Milliarden, selbst wenn sie mal in einem einzelnen Jahre etwas sehr hoch ist, doch im höchsten Grade erwünschenswerth sei.

Meine Herren, der Herr Abg. von Eynen hat so einen leisen Wunsch für die Herabsetzung der Steuern ausgesprochen. Ich will darauf nicht näher eingehen; aber ich glaube, daß man sich doch nicht zu einer Steuerherabsetzung entschließen kann, welche in einem Jahre finanziell vielleicht möglich wäre, in einem anderen Jahre beim Rück⸗ gang der Betriebsverwaltungen aber wieder zu einer Steuer⸗ erhöhung führen müßte. Ein derartiges Schwanken in der steuerlichen Belastung ist an und für sich schon im höchsten Grade bedenklich. Nun aber würde diese Steuer⸗ entlastung, wenn sie sich nur beziehen kann auf die Ergänzungssteuer oder auf die Einkommensteuer, doch viel weniger den unteren Bolks⸗ klassen und den weniger bemittelten Klassen zu gute kommen, als

denjenigen Klassen, die es gerade nicht unbedingt brauchen. Ganz anders läge die Sache, wenn man klar vor sich hätte: wir werden auf lange Zeit in der Lage sein, solche Ueberschüsse nicht zu brauchen, auch nicht zur Schuldentilgung, wir hätten es mit einem dauernden Zustande zu thun. Dann könnte man die Frage erwägen, ob nicht ein Steuererlaß am Platz wäre. (Große Unruhe im Hause.)

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Ich habe den Eindruck, daß das Zentrum augenblicklich noch nicht die Absicht hat, eine Aus⸗ einandersetzung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten zu erreichen. Aber es will eine gewisse Norm gewinnen. Ich glaube, da auch das Zentrum zu der Ueberzeugung kommen wird, daß nur durch eine feste Finanzinstanz im Reiche die nöthige Sparsamkeit in den einzelnen Ressorts zu erreichen ist. In dem Maße, in welchem das Zentrum sich als ausschlaggebende Partei fühlt, wird es sich diesem Verlangen nicht verschließen können. Das Bild des Herrn Lieber war nicht sehr schmeichelhaft, ich habe ihm aber im Reichstage darauf nicht ge⸗ antwortet, weil ich glaubte, daß er es nicht so schlimm meinte. Nie⸗ mand hat eine so gute Meinung von sich wie Herr Lieber, und daher ist es begreiflich, daß er auf uns herabsieht. Wenn wir das nicht einsehen können, so ist das nicht die Schuld des Herrn Lieber.

Darauf wird die Diskussion geschlossen und nach kurzer Spezialberathung der Gesetzentwurf im Ganzen un⸗ verändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen.

In dritter Berathung wird der Staatsvertrag zwischen Preußen und Oldenburg wegen Herstellung einer Eisenbahn von Lohne nach Hesepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkte der Eisenbahn von Osnabrück nach Quakenbrück angenommen.

8 Ea felg die dritte Berathung der Novelle zum Gesetz über die Fortbildungsschulen in den Provinzen Westpreußen und Posen. 1

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) wiederholt seine Anträge aus der zweiten Lesung bezüglich des Unterrichtsverbots an Sonn⸗ und Feiertagen und bezüglich der Ermäßigung der Strafen für Schulver⸗ säumnisse. An Sonn⸗ und Feiertagen müsse man keinen Zwang zum Schulbesuch anwenden. Außerdem müsse es vermieden werden, daß ein Vater, wie es neuerdings nach der „Posener Zeitung“ vorgekommen sei, zu einer neunmonatigen Gefängnißstrafe verurtheilt werde, weil er die Geldstrafe von 1500 nicht bezahlen könne.

Abg Möller (nl.) weist darauf hin, daß im Reichstage die Geistlichen sich zur Abhaltung eines besonderen Gottesdienstes für die Schüler der Fortbildungsschulen bereit erklärt hätten. Das möge Herr von Jazdzewski auch in seinem Bezirk durchführen.

Wirklicher Geheimer Ober.⸗Regierungs⸗Rath Lüders betont, daß hier nur eine Bestimmung der Reichs⸗Gewerbeordnung zur Ausführung Sashe solle. An die 1500 und die neun Monate könne er nicht glauben.

„Abg. von Eynern bedauert, daß die Polen mit ihren Klagen, lediglich gestützt auf Zeitungsnotizen, den Minister überfallen. Das erwecke den Verdacht, daß sie den Eindruck hervorrufen wollten, daß solche Zustände thatsächlich in Posen beständen.

Abg. Dr. von Jazdzewski bemerkt, daß auch der Minister die Notiz der „Posener Zeitung“ kennen müsse; es hätte also einer vor⸗ herigen Mittheilung nicht bedurft.

Die Vorlage wird hierauf unter Ablehnung der polnischen Anträge im Ganzen unverändert angenommen.

In dritter Berathung genehmigt das Haus die Gesetz⸗ entwuͤrfe, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Provinz Pom⸗ mern, und betreffend die Kirchengemeindeordnung für die evan⸗ gelischen Gemeinden in den hohenzollernschen Landen.

Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend, 11 Uhr. (Antrag Langerhans, betreffend die Abschaffung der alten Kirchenordnung von 1573, kleinere Vorlagen, Penitionen.)

———.—

Dem Reichstage ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kündigung und Umwandlung der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe, zugegangen.

§ 1.

Die Schuldverschreibungen der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe

können zur Einlösung gegen Baarzahlung des Kapitalbetrags binnen

einer dreimonatlichen Frist und die im Reichs⸗Schuldbuch eingetragenen. vierprozentigen-Buchschukden zur baaren Rückzäahlüng binnen einer

gleichen Frist gekündigt werden.

Die Kündigung geschieht unbeschadet der Bestimmung im § 16

des Gesetzes vom 31. Mai 1891, betreffend das Reichs⸗Schuldbuch

(Reichs⸗Gesetzbl. S. 321), durch öffentliche Bekanntmachung des

Reichskanzlers. 8 8 8 1“ 8

.“ 1 8 * 8 Bevor die Kündigung 1) erfolgt, ist den Inhabern verschreibungen der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe die Umwandlung dieser Schuldverschreibungen in solche der dreieinhalbprozentigen Reichs⸗Anleihe und den im Reichs⸗Schuldbuch eingetragenen Gläubigern der vier⸗ prozentigen Reichs⸗Anleihe die Umschreibung in dreieinhalbpro⸗ zentige Buchschulden durch öffentliche Bekanntmachung des Reichs⸗ kanzlers anzubieten. Das Angebot gilt für angenommen, wenn nicht binnen einer auf mindestens drei Pochen vom Tage jener Bekannt⸗ machung ab zu bemessenden Frist von den Inhabern der Reichs⸗Schuld⸗ verschreibungen der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe unter Einreichung der Schuldverschreibungen und von den im Reichs⸗Schuldbuch eingetragenen Gläubigern von vierprozentigen Buchschulden die Baarzahlung des Kapitalbetrags beantragt wird.

Von dem Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung des Reichs⸗ kanzlers (Absatz 1) sind die im Reichs⸗Schuldbuch eingetragenen Gläubiger von vierprozentigen Buchschulden außerdem schriftlich zu benachrichtigen. Die Wirkung des Angebots zur Umschreibung in dreieinhalbprozentige Buchschulden ist jedoch von dieser Benachrichtigung nicht abhängig.

Die umzuwandelnden Schuldverschreibungen und die umzu⸗ schreibenden Buchschulden 2) werden bis zum 30. September 1897 mit vier Prozent verzinst.

§ 4.

Die umzuwandelnden Schuldverschreibungen nebst Zinsschein⸗ Anweisungen (Talons) und die dazu gehörigen, nach dem 1. Oktober 1897 fälligen Zinsscheine werden nach erfolgter Einlieferung mit einem die Zinsherabsetzung ausdrückenden Vermerk abgestempelt.

Die Abstempelung erfolgt durch die der Reichsschulden⸗Verwaltung unterstellte Kontrole der Staatspapiere, durch die vom Reichskanzler zu bestimmenden Reichskassen und zu bezeichnenden Reichsbankanstalten, sowie durch die vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der Landes⸗ regierung zu benennenden Landeskassen.

Auf Antrag der Inhaber von Schuldverschreibungen der vier⸗ prozentigen Reichs⸗Anleihe soll statt der Abstempelung die kostenfreie Eintragung eines dem Nennwerthe der eingereichten Schuldverschrei⸗ bungen gleichen, vom 1. Oktober 1897 ab zu dreieinhalb Prozent ver⸗ zinslichen Betrags in das Reichs⸗Schuldbuch bewirkt werden.

Der Antrag muß binnen einer vom Reichskanzler zu bestimmenden Frist eingereicht werden.

„Auf die gemäß § 4 Absatz 3 erfolgenden Eintragungen in das Reichs⸗Schuldbuch und auf die eingereichten Schuldverschreibungen finden die Bestimmungen des Gesetzes vom 31. Mai 1891, betreffend das Reichs⸗Schuldbuch (Reichs⸗Gesetzbl. S. 321), mit der Maßgabe An⸗ wendung, daß auf den Schuldverschreibungen befindliche Privat⸗ Außerkurssetzungsvermerke für die Reichsschulden⸗Verwaltung keine bindende Kraft haben.

§ 6.

Eine Prüfung, ob der Verlust der Schuldverschreibungen der Reichsschulden⸗Verwaltung angezeigt ist 6 des Gesetzes vom 9. No⸗ vember 1867 Bundes⸗Gesetzbl. S. 157 —) oder ob die Schuld⸗ verschreibungen mit Beschlag belegt sind, findet bei der Abstempelung nicht statt.

8 8

Die nach § 2 zu bewirkende Umschreibung der vierprozentigen Buchschulden im Reichs⸗Schuldbuch erfolgt von Amtswegen. Den ein⸗ getragenen Gläubigern stebt jedoch das Recht zu, startt der Umschreibung binnen einer vom Reichskanzler zu bestimmenden Frist die Ausreichung von dreieinhalbprozentigen Schuldverschreibungen zum Nennwerthe Fr vierprozentigen Buchschuld gegen Löschung der letzteren zu ver⸗ angen.

Einer Genehmigung der Umschreibung seitens dritter Personen, zu deren Gunsten der eingetragene Gläubiger in Bezug auf die For⸗ derung oder deren Zinsen durch einen Vermerk im Reichs⸗Schuldbuch beschränkt ist, bedarf es nicht.

Die Umschreibung in dreieinhalbprozentige Buchschulden und die Ausreichung von dreieinhalbprozentigen Schuldverschreibungen erfolgen kostenfrei. 8.

§ 8

Neue Eintragungen von vierprozentigen Buchschulden schreibungen auf den angelegten Konten solcher Buchschulden finden fortan nicht mehr statt.

§ 9. 8

Die Bestimmung des § 4 Absatz 2 des Gesetzes vom 31. Mai 1891, betreffend das Reichs⸗Schuldbuch (Reichs⸗Gesetzbl. S. 321), findet insoweit keine Anwendung, als durch die Umschreibung von vierpro⸗ zentigen in dreieinhalbprozentige Buchschulden mehrere Konten für denselben Gläubiger entstehen.

Die Vereinigung dieser mehreren Konten im Reichs⸗Schuldbuche kann auf Antrag des Gläubigers und von Amts wegen erfolgen. In beiden Fällen erfolgt sie kostenfrei. G

§ 10.

Die auf Grund dieses Gesetzes in dreieinhalbprozentige um⸗ gewandelten oder gemäß § 7 ausgereichten Reichs⸗Schuldverschreibungen und die im Reichs⸗Schuldbuch umgeschriebenen dreieinhalbprozentigen Buchschulden dürfen den Gläubigern vor dem 1. April 1905 zur baaren Rückzahlung nicht gekündigt werden.

Die Kündigung darf nur auf Grund gesetzlicher Ermächtigung stattfinden.

18

Der im § 7 des Reichs⸗Stempelgesetzes vom 27. April 1894 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 381) angeordnete Anschaffungsstempel bleibt außer Hebung. 9 12

Die mit dem Antrag auf Baarzahlung des Kapitals eingereichten 2) Schuldverschreibungen werden mit einem entsprechenden Stempel⸗ vermerke versehen und ebenso wie die in das Reichs⸗Schuldbuch ein⸗ getragenen Forderungen derjenigen Gläubiger der vierprozentigen Reichs Anleihe, welche das Angebot der Umschreibung in eine dreiein⸗ halbprozentige Buchschuld nicht angenommen haben 2), gemäß der erfolgenden Kündigung zurückgezahlt.

§ 13.

Der Reichskanzler wird ermächtigt, bis zu demjenigen Betrage, welcher erforderlich sein wird, um die Mittel der Baarzahlung der gekündigten vierprozentigen Reichs⸗Schuldverschreibungen und Buch⸗ schulden 12) zu beschaffen, eine nach den Bestimmungen des Ge⸗ setzes vom 19. Juni 1868 S. 339) zu verwaltende Anleihe aufzunehmen und Schatzanweisungen auszugeben.

Die Bestimmungen in den §§ 2 bis 5 des Gesepes vom 27. Ja⸗ nuar 1875, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Marine⸗ und Telegraphenverwaltung (Reichs⸗Gesetzbl. S. 18), finden auf die nach dem gegenwärtigen Gesetze aufzunehmende Anleihe und

auszugebenden Schatzanweisungen mit der Maßgabe Anwendung, daß als vier Jahre aus⸗

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Zinsscheine auch für einen längeren Zeitraum gegeben werden dürfen. .“ ““

§ 14.

Spoyweit zu der Hauptverwaltung der Staatsschulden herangezog Hilfsarbeiter mit der Bearbeitung von Angelegenheiten der Resche schulden⸗Verwaltung betraut werden sollten, haben dieselben zu Pro⸗ tokoll zu erklären, daß sie den von ihnen nach § 9 des preußischen Ge⸗ setzes vom 24. Februar 1850 (Gesetz Samml. S. 57) geleisteten Eid auch für die durch das gegenwärtige Gesetz ihnen übertragenen Ob. liegenheiten als maßgebend anerkennen.

Das Protokoll ist dem Bundesrath und dem Reichstage vor⸗ zulegen.

15— v11““

—§. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft. Der Reichskanzler erläßt die zur Ausführung desselben erforderlichen Anordnungen. 8

Ddie dem Gesetzentwurf beigegebene Begründung lautet in ihrem allgemeinen Theile wie folgt:

GEGegenüber den Anregungen auf Konvertierung der höher verzins⸗ lichen Reichs⸗Anleihen, welche in den letzten Sessionen des Reichstages wiederholt (69. Sitzung vom 26. März 1895, 64. Sitzung vom 19. März 1896, 82. Sitzung vom 2. Mai 1896) gegeben sind, hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, daß eine Umwandlung nur einem Sinken des allgemeinen Zmsfußes folgen, nicht aber ihm vorangehen dürfe, und daß daher der Entschluß zu konpertieren, für das Reich in erster Linie von der Ueberzeugung abhänge, daß der Zinsfuß allgemein und dauernd gesunken sei.

Dieser Zeitpunkt scheint nunmehr für die vierprozentige Reichs⸗ schuld gekommen.

Wie die Anlage K ergiebt, hatte der Kurs der vierprozentigen Reichs Anleihe, welche zuerst am 10. Juli 1877 im amtlichen Kurs⸗ zettel mit 95,50 notiert wurde, Ende 1880 das Pari überschritten. Nach langer Behauptung eines zwischen rund 106 und 108 schwan⸗ kenden Höchstkurses ist sie in Erwartung der Konversion seit Herbst des letztvergangenen Jahres bis auf etwa 104 gesunken.

Die dreieinhalbprozentige Reichs⸗Anleihe setzte zwar bei ihrer ersten amtlichen Notierung am 27. August 1886 über Pari ein und vermochte von einer kurzen Unterbrechung abgesehen auf solcher Höhe sich einige Jahre zu halten, sank dann jedoch für längere Zeit unter Pari und hat erft seit Ende 1893 wieder eine stetig steigende Tendenz angenommen, um sich seit Herbst 1896 dem Stande der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe unter geringem beiderseitigen Nach⸗ lassen bis auf wenige Zehntel Prozent zu nähern. Am 15. Ja⸗ nuar d. J. notierte sie 103,70 %, das ist 20 niedriger als die vierprozentigen Titel.

Die dreiprozentige Reichs⸗Anleihe erschien im amtlichen Kurs⸗ zettel zum ersten Mal am 8. Oktober 1890 mit rund 87,70. Nach mannigfochen Schwankungen bezann sie seit Winter 1893/94 ständig zu steigen, um im Spätsommer und Herbst 1895 den Parikurs zu erreichen beziehungsweise zu überschreiten (höchster Stand am 4. und 5. September 1895 mit 100,30). Seitdem hat sie bis auf die letzte Zeit nahe der Grenze der Parität (etwa 99) gestanden.

Diese Kursverhältnisse lassen unzweifelhaft eine sinkende Tendenz des Zinsfußes erkennen. Die vierprozentige Reichs⸗Anleihe bleibt im steigenden Maße hinter dem normalen Verhältniß zu der drei⸗ prozentigen Anleihe zurück. Ihr Kurs zeigt seit längerer Zeit nur eine geringe Verschiedenheit von dem Stande der dreieinhalbprozentigen Schuldverschreibungen. Da diese Erscheinungen offenbar auf der allgemeinen Erwartung der Besitzer beruhen, daß über kurz oder lang eine Herabsetzung des Zinsfußes der vierprozentigen Reichs⸗Anleihe stattfinden werde, so erscheinen die Wirkungeu der letzteren bereits eskomptiert.

Wird des weiteren berücksichtigt, daß auf dem gesammten europäischen Geldmarkt ein Herabgeben des Zinssatzes insbesondere seit dem Jahre 1894 unverkennbar zu Tage tritt, daß zahlreiche außerdeutsche Staaten und von den deutschen Bundesstaaten kürzlich Bayern, Württemberg, Preußen und Baden mit der Konversion be⸗ ziehungsweise deren Einleitung vorgegangen sind, daß viele inländische größere Städte, Korporationen, landschaftliche Kreditinstitute und Hypothekenbanken Zinsherabsetzungen vorgenommen haben, endlich daß auch der Zinsfuß der Privathypotheken gesunken ist, so wird man sich auch bei weitgehender Vorsicht in der Beurtheilung des Kapitalmarktes der Ueberzeugung nicht entziehen können, daß der allgemeine Rückgang des landesüblichen Zinssatzes von Dauer sein werde.

Erfordert danach einerseits die Rücksicht auf die Gesammtheit der Steuerzahler, denen die Aufbringung der Mittel für die Verzinsung der Reichsschuld obliegt, daß mit einer Herabsetzung des Zinsfußes nicht länger gezögert werde, so darf andererseits bei der Durchführung der Maßnahme der fiskalische Vortheil nicht allein den Ausschlag geben; vielmehr wird es sich rechtfertigen, die Bedingungen für die Erneuerung des Schuldverbältnisses so zu gestalten, daß sie angesichts der derzeitigen Lage des Geldmarktes den Interessen der Gläubiger weit entgegenkommen.

Daß ein solches Verfahren dem Reichskredite für den Fall späterer Inanspruchnahme desselben nur förderlich sein kann, bedarf keiner Ausführung. Mehr noch fällt ins Gewicht, daß die Reichs⸗Anleihen im wesentlichen in den Händen deutscher Gläubiger sich befinden. Nicht unerhebliche Beträge sind im Besitze von kleinen Kapitalisten, welche sie zu einer dauernden Anlage bestimmt hatten. Das Gleiche gilt von vielen Stiftungen, Kirchen und Pfarreien, sowie von Kassen und Instituten, welche gemeinnützigen Zwecken und dem Wohle der arbeitenden Klassen gewidmet sind. Die aus der Zinsreduktion sich ergebende Minderung der wirthschaftlichen Lage und Lebenshaltung der an dem Zinsertrage Betheiligten trifft hauptsächlich Deutsche und in nicht geringem Maße die weniger bemittelten Bevölkerungsschichten.

Schon diese Erwägungen legen es nahe, den Gläubigern nicht durch eine zu große Zinsherabsetzung begründeten Anlaß zu einer aus⸗ gedehnten Forderung der Baarzahlung zu geben, sowie auch von einer rechtlich zweifellos zulässigen, bloßen Kündigung der Schuld zur Rück⸗ zahlung des verbrieften Kapitalbetrags abzusehen. Im allgemeinen Interesse muß thunlichst vermieden werden, den Besitzern vierprozen⸗ tiger Reichs⸗Anleihe durch die Konvertierung einen Anreiz zu bieten, ihr Besitzthum unsicheren Spekulationen oder zweifelhaften ausländi⸗ schen Anleihen zuzuwenden. Andernfalls entstände die Gefahr, das besonders die goschäftsunkundigen Gläubiger zu höher verzinslichen Anlagen greifen, welchen, wie die Vergangenheit gezeigt hat, nur zu oft der Verlust des Kapitals folgt. eiter aber ist es politisch und volkswirthschaftlich von hohem Werth, daß das inländische Kapital durch umfangreiche Betheiligung an den Reichs⸗Anleihen mit dem Geschick des Reichs fest verbunden bleibt und daß die zur Verzinsung erforderlichen Mittel dem Inlande zu gute kommen.

Eine Herabsetzung des Zinsfußes auf 3 % würde diesen Rück⸗ sichten nicht ausreichend Rechnung tragen. Sie würde aber au insofern unbegründet sein, als der Zinssatz von 3 % als ein landes⸗ üblicher gegenwärtig und wohl für eine absehbare Zeit nicht angese werden kann. Daß einzelne landschaftliche Kreditinstitute ihre Pfand⸗ briefe zum theil auf 3 % konvertiert haben, ist nicht ausschlaggebend. Von wesentlicherer Bedeutung ist der Umstand, daß auch die Bundes⸗ staaten Bayern, Württemberg, Preußen und Baden bei ibren Kon⸗ vertierungen ein Herabgeben unter 3 ½ % nicht als gerecht ertigt an⸗ erkannt haben. Zu der gleichen Erkenntniß führt eine Prüfung der thatsächlichen Durchschnittsverzinsung der Reichs⸗Anleihen. Hier eigt die Anlage B., daß dieselbe unter Zugrundelegung des Nettokapital⸗ erlöses 8 1u a. bei der dreieinbalbprozentigen Anleihe auch im günstizsten

Jahre (1895/96) noch 3,35 % beträgt, und daß sie 6 b. bei der dreiprozentigen Anleihe sich immerhin höher als 3 0 Guletzt allerdings nur 3,02 %) hält.

Von einem dauernden Herabsinken des Zinsfußes auf 3 % kann somit noch nicht die Rede sein. ic⸗

Endlich war nicht außer Acht zu lassen, daß bei einer qlen. zeitigen Konvertierung der vier⸗ und der dreieinhalbprozentigen. Rei⸗ 84 Schuldverschreibungen in dreiprozentige im Zasammenhange mit 2 Umwandlung der bezüglichen Anleihen der Einzelstaaten so ungeden Summen zur Konvbversion gestanden haben würden, daß mit Re

Assistenten schriftlich zensiert sind.

wegfallenden Vorlesungen bisher üblich war, diger: erscheine, als in der Verfügung auf die Theilnahme der Studierenden an den Uebungen erhöhter Werth gelegt ist.

züge des Deutschen

solche sich im Interesse der Uebungen als nöthi .† Herr Justiz⸗Minister gereigt, Beamten des höheren Justizdienstes, welche zu dieser Funktion von mir erdeten werden, den erforderlichen

eine außerordentliche Erschütterung des Geldmarktes und damit des Wirtbschaftslebens zu erwarten gewesen 3

Auf allen diesen Erwägungen beruht der Vorschlag: egenwärtig nur eine Umwandlung der vierprozentigen Keichs⸗Anleibe und zwar in eine dreieinhalbprozentige eintreten zu lassen

Es handelt sich dabei, wie aus der Anlage B des näheren ersicht⸗ lich, um einen Nominalbetrag von insgesammt 450 000 000

Kunst und Wissenschaft.

Die gestern ausgegebene Nummer 4 des „Justiz⸗Ministerial⸗ Blattes“ veröffentlicht nachstehende Allgemeine Verfügung des Justiz⸗Ministers, vom 18. Januar 1897, betreffend die erste suristische Prüfung nebst einer darauf bezüglichen Zirkular⸗ Verfügung des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten an die Universitäten:

Der Abschluß des Bürgerlichen Gesetzbuchs macht eine veränderte Einrichtung des Rechtsstudiums und der dadurch bedingten ersten juristischen Prüfung nöthig: es kommt darauf an, das deutsche bürger⸗ liche Recht in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen, sodaß es im Lehrplan der Universitäten die Bedeutung gewinnt, welche gegen⸗ wärtig den beiden Vorlesungen über Pandekten und über deutsches Privatrecht eingeräumt ist. Im Eivverständniß mit dem Herrn Unterrichts⸗Minister wird daher mit Bezug auf § 5 Abs. 5 Litt. b des Prüfungsregulativs vom 1. Mai 1883 (vergl. Allg. Verf. vom 3. November 1890 Just.⸗Minist.⸗Bl S. 277 —) für diejenigen Studierenden, welche sich nach beendeter Studienzeit der ersten juristischen Prüfung unterziehen wollen, Folgendes bestimmt:

I. An Stelle der bisherigen Vorlesungen über: Jaristische Encyklopädie, Römische Rechtsgeschichte, Institutionen des Römischen Rechts, Pandekten, Deutsche Rechtsgeschichte, Deutsches Privatrecht, Preußisches Landrecht, Rheinisch⸗Französisches Recht treten folgende Vorlesungen:

1) Einführung in die Rechtswissenschaft, 2) Römische Rechts⸗ geschichte und System des Römischen Privatrechts, 3) Deutsche Rechtsgeschichte und Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 4) Deutsches bürgerliches Recht (Bürgerliches Gesetzbuch nebst reichs⸗ und landes⸗ rechtlichen Ergänzungen) in eingehender dogmengeschichtlicher Ent⸗ wickelung, 5) Uebersicht über die Rechtsentwickelung in Preußen mit Rücksicht auf die einzelnen Landestheile.

Die Vorlesung zu 4 über bürgerliches Recht ist in der Regel innerhalb der ersten Hälfte des Rechtsstudiums zu hören. Wird sie als Doppelvorlesung in einen ersten und einen zweiten Theil zerlegt, so sind die beiden Theile der Vorlesung nicht in demselben Semester, der zweite Theil nicht vor dem ersten Theile zu hören.

II. Von den exegetischen, praktischen oder sonstigen Uebungen des Studierenden (vergl. Allg. Verf. vom 3. November 1890 Just.⸗ Minist.⸗Bl. S. 277 § 4 Nr. 3, 5, 6; Verf. des Min. der geistl. nwc. Angelegenheiten vom 7. Dezember 1885 und vom 2. Juni 1890 Z.⸗Bl. f. U.⸗V. S. 563) muß a. in die erste Hälfte der Studien⸗ zeit mindestens eine Uebung im deutschen bürgerlichen Rechte, b. in die zweite Hälfte der Studienzeit mindestens eine Uebung im deutschen bürgerlichen Rechte und eine zivilprozessualische, das bürgerliche Recht mitumfassende Uebung fallen. Als Uebungen im Sinne dieser Vor⸗ schrift gelten nur solche, welche mit schriftlichen Arbeiten ver⸗ bunden sind. 1

III. Dem Gesuch um Zule ssung zur ersten juristischen Prüfung sind Arbeiten beizufügen, welche in den unter II a, b bezeichneten Uebungen vom Kandidaten angefertigt und vom Lehrer oder dessen Aus den Zensuren muß sich er⸗ geben, daß die Arheiten mit dem Kandidaten besprochen sind. Auch ist ein Gesammtzeugniß einzureichen, welches darthut, daß der Kan⸗ didat mit Fleiß und Erfolg an der Uebung theilgenommen hat.

IV. Inwieweit die Nichtbeachtung der Bestimmungen unter I. bis III die Annahme eines ordnungsmäßigen Rechtsstudiums aus⸗ schließt, hat der Vorsitzende der Prüfungskommission zu entscheiden. Liegt nach dieser Ensscheidung ein ordnungemäßiges Rechtsstudium nicht vor, so wird der Kandidat auf ein oder mehrere Semester

zurückgewiesen.

V. Als genügend entschuldigt ist die Nichttheilnahme an einer

Vorlesung sder Uebung namentlich dann anzusehen, wenn diese an der Universität, auf welcher sich der Studierende befand, nicht oder nur in einer dem Rahmen des gesammten Studienplans nicht entsprechenden Stundenzahl gehalten worden ist und der Studierende den Umständen

nach nicht in der Lage war, eine andere Universität zu beziehen. In

Betreff der Frage, ob die für eine Vorlesung oder eine Uebung an⸗

gesetzte Stundenzahl als eine unverhältnißmäßige anzusehen ist, hat die nachstebend auszugsweise abgedruckte Verfügung des Herrn Unter⸗ richts⸗Mmisters vom heutigen Tage als Anhalt zu dienen.

VI. Diese Vorschriften finden auf diejenigen Studierenden, die ihr Rechtsstudium vor dem 1. April 1898 begonnen haben, nur inso⸗ weit Anwendung, als sich nicht mit Rücksicht auf die Zahl der von ihnen bereits zurückgelegten Semester Einschränkungen ergeben und es auch nach allen sonst in Betracht kommenden Gesichtspunkten der Billigkeit angemessen erscheint.

Berlin, den 18. Januar 1897.

Der Justiz⸗Minister. Schönstedt.

Der juristischen Fakultät lasse ich bierneben die im Einverständ⸗

ö11“

nisse mit mir erlassene Allgemeine Verfügung des Herrn Justiz⸗

Ministers, betreffend die erste juristische Prüfung, vom heutige Tage

mit folgenden Bemerkungen zur gefälligen Kenntnißnahme zugehen.

1) Bezüglich der zu I 1 bis 5 der Verfügung genannten Vor⸗

lesungen ist im allgemeinen davon ausgegangen, daß eine Ueberschrei⸗

tung der wöchentlichen Gesammtstundenzahl, welche für die künftig um so weniger rathsam

2) Im einzelnen ist dabei an folgende Stundenzahlen gedacht: a. Einführung in die Rechtswissenschaft 2 bis 3 Stunden,

b. Römische Rechtsgeschichte und System des Römischen Privatrechts

zusammen 8 bis 10 Stunden, c. Deutsche Rechtsgeschichte und Grund⸗ Privatrechts zusam men 6 bis 8 Stunden, d. Deutsches bürgerliches Recht 16 bis 20 Stunden, e. Uebersicht über die Rechtsentwickelung in Preußen mit Rücksicht auf die einzelnen Landestheile 1 bis 2 Stunden.

3) Die zu II der Verfügung bezeichneten Uebungen sind auf etwa 2 Stunden wöchentlich veranschlagt. Mit Bezug auf II Abs. 2 der Verfügung ist es erforderlich, die Uebungen, welche mit schriftlichen Arbeiten verbunden sind, in den Vorlesungsankündigungen ausdrück⸗

lich als solche erkennbar zu machen.

4) Zur Eewinnung von Assistenten (III der Verfügung), soweit erweisen, ist der

Urlaub zu gewähren. Berlin, den 18. Januar 1897. Der Minister 8 der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

osse.

An die juriftische Fakultät der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Universität hierselbst.

(Gleichlautend an sämmtliche Herren Universitäts⸗Kuratoren.)

Aus den Sitzungsberichten der Königlich preußischen

Akademie der Wissenschaften zu Berlin. In der Gesammtsitzung vom 7. Januar (Vorsitzender Sekretar: * Waldeyer) las Herr Fischer „über die Konstrtution des Caffeins, nthins, Hypoxanthins und verwandter Basen“. Es

Struktur derselben abgeleitet. 1 wurden folgende Mittheilungen gemacht: Die Akademie hat ihrem Mitgliede Herrn Harnack für die Vor⸗ arbeiten zu ihrer aus Anlaß des 200 jährigen Jubiläums abzufassenden Geschichte 2400 bewilligt. Die physikalisch⸗mathematische Klasse hat zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten bewilligt: dem Pro⸗ fessor an der Universität Freiburg i. Br. Herrn Dr. Ziegler zu entwickelungsmechanischen Studien an Echinodermen⸗ und Ktenophoreneiern 600 ℳ; die philo⸗ lischrhiftorische:⸗ dem Professor an der Universität Halle Herrn r.

600 ℳ, dem Oberlehrer Herrn Heinrich Winkler in Breslau zur Fortsetzung seiner altaischen Sprachstudien 850 ℳ, der Verlagsbuch⸗ bandlung Georg Reimer hier zur Drucklegung von „Gerhard, etrus⸗ kische Spiegel“, Band V Heft 14, 180 Unterm 14. Dezember 1896 geruhte Seine Majestät der Kaiser und König die Wahl des ordentlichen Professors der Geschichte an der hiesigen Universität Dr. Max Lenz zum ordentlichen Mitgliede der philosophisch⸗historischen Klasse der Akademie zu genehmigen. Die Akademie hat am 26. De⸗ zember 1896 durch den Tod verloren: das ordentliche Mitglied der physikalisch⸗mathematischen Klasse Emil du Bois⸗Reymond.

In der am 14. Januar abgehaltenen Sitzung der phvsikalisch⸗ mathematischen Klasse (Vorsitzender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Hertwig „über einige gm befruchteten Froschei durch Zentri⸗ fugalkraft hervorgerufene Mechanomorphosen“. Unter dem Einfluß der Zentrifugalkraft läßt sich, wie der Vortragende ausführte, die polare Differenzierung des Froscheies noch so weit steigern, daß seine Ent⸗ wickelung in vieler Hinsicht eine große Aehnlichkeit mit der Entwickelung meroblastischer Eier erhält. Der holoblastische Typus läßt sich durch den äußeren Eingriff gewissermaßen in den meroblastischen Typus umwandeln. Herr Hertwig demonstrierte hierauf eine größere An⸗ zahl von Korrosionspraparaten der Nierengefäße, welche Herr Lommen aus Dakota (Vereinigte Staaten von Amerika) unter Verbesserung des Hyrtl'schen Verfahrens durch Injektion von Nieren verschiedener Säugethiere im hiesigen zweiten anatomischen Institut angefertigt hat.

In der Sitzung der philosophisch⸗historischen Klasse am 14. Ja⸗ nuar (Vorsitzender Sekretar: Herr Vahlen) legte Herr Erman Bruch⸗ stücke der koptischen Volksliteratur vor. Diese bestanden aus Liedern, einem Märchen und Theilen einer poetischen Beschreibung der Legende des h. Archellites, von denen besonders die letzteren als die ersten

ben koptischer Metrik von Wichtigkeit sind. 8 111“ 8 8 8

8 1“ 11““ Die Gedächtnißfeier für den verstorbenen Geheimen Ober⸗ Medizinal⸗Rath, Professor Dr. du Bois⸗Reymond, welche von der Berliner Physiologischen und der Physikalischen Gesellschaft gestern Abend im großen Hörsaal des Physiologischen Instituts veranstaltet wurde, gestaltete sich äußerlich als eine einfache gemein⸗ schaftliche Sitzung dieser beiden gelehrten Vereinigungen, denen der Dahingeschiedene als Präsident bezw. Ehren⸗Präsident angehört hatte. Hinter dem Katheder erhob sich auf dunkel drapiertem Postament seine Marmorbüste zwischen Blattpflanzen. In Vertretung des Ministers der geistlichen dꝛc. Angelegenheiten erschien Geheimer Me⸗ dizinal⸗Rath Dr. Pistor, für den gleichfalls dienstlich verhinderten General⸗Stabsarzt der Armee der Ober⸗Stabsarzt Schierning, als Vertreter der Kaiser Wilhelms⸗Akademie für das militärärztliche Bildungswesen der General⸗Arzt Grasnick. Für das Sanitäts Offizier⸗ korps der Marine wohnte General⸗Arzt Gutschow der Feier bei. Die medizinische Gesellschaft wurde durch die Geheimen Medizinal⸗Räthe Professor Dr. Virchow, Professor Dr. von Bergmann und den Professor Dr. Senator vertreten, welcher Letztere zugleich die Gesellschaft der Charité⸗Aerzte zu vertreten hatte. Rechts von der Büste saß der Vor⸗ stand der Physikalischen Gesellschaft: Geheimer Regierungs⸗Rath, Pro⸗ fessor Dr. von Bezold, Professor Dr. Warburg, Professor Dr. Kohlrausch, Professor Arthur König, Professor Planck, Professor Bornstein, Ge⸗ heimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Lampe und der Festredner, Professor der Physiologie Dr. Rosenthal aus Erlangen; auf der linken Seite der Vorstand der physiologischen Gesellschaft: die Pro⸗ fessoren Herrmann und Immanuel Munk, Zuntz, Thierfelder, Fritsch und Dr. Sklarek. Das Auditorium war dicht gefüllt. Die Familienangehörigen des Verewigten wohnten der Feier ebenfalls bei: neben der trauernden Wittwe der Sohn René, der, wie sein Vater, Physiologe ist und sich am gestrigen Tage als Privatdozent an der Berliner Universität habilitiert hatte. Geheimer Regierungs⸗ Rath, Professor Dr. von Bezold eröffnete die Feier mit einer kurzen Ansprache Es ist ein trauriger Anlaß, so etwa führte er aus, der diese ge⸗ meinsame Sitzung veranlaßt hat. Gilt es doch, das Andeoken eines Mannes zu feiern, der beiden Gesellschaften seit ihrem Bestehen angehört hat, der Physikalischen also 52, der Phystologischen Gesellschaft 32 Jahre, und beiden bis zum Tode das größte Interesse entgegenbrachte, überall und immer reiche Anregung spendend. Kaum jemals verbrachte er, von den Ferien abgesehen, einen Freitag Abend anderswo, als in einer dieser beiden Gesellschaften, welche alternierend Freitags ihre Sitzungen abhalten. Hierauf gab Professor von Bezold das Wort zur Gedächtnißrede dem zu diesem Zweck aus Erlangen herbeigeeilten Professor Dr J. Rosenthal. In Zügen schilderte der Redner zunächst, wie du Bois, von der Theologie ausgehend, bei der Medizin anlangte und auf diesem Wege der große Physiker und Physiolog wurde, und was er in dieser Wissenschaft in einer langen Reihe von mehr als 50 Jahren geleistet habe; er fkizzierte darauf einleitend des Heimgegangenen Bedeutung für die Entwickelung der Elektrizitätslehre, sein Interesse für die Lehre von der Diffusion und seine Vorliebe für die mathematische Ausdrucksweise. Dann ging der Redner auf das eigentliche Lebens⸗ werk du Bois' ein, auf die Untersuchungen der elektromotorischen Erscheinung im thierischen Gewebe, und gedachte dabei auch der An⸗ griffe, die du Bois durch seinen früheren Lieblingsschüler, den Pro⸗ fessor Hermann in Königsberg, erfahren: Angriffe, die an den thatsächlichen Feststellungen du Bois' nichts geändert haben. Im weiteren Verlauf seiner Rede wandte er sich dann den Studien zu, die du Bois dem Problem der elektrischen Fische gewidmet, und erinnerte an die dem Heimgegangenen zu dankende Ausgestaltung des physiologischen Unterrichts, an die Heranbildung junger Kräfte und an du Bois' Bestrebungen zur Aus⸗ breitung naturwissenschaftlicher Erkenntniß auch außerhalb seiner Zu⸗ hörerkreise sowie an sein Wirken in der Akademie. Der Redner kam zu dem Schluß, daß der Heimgegangene stets redlich bemüht gewesen, die Anschauungen, die er als die Frucht seiner Studien erkannt, mit logi⸗ scher Schärfe und tapferem Freimuth zu vertheidigen. Nach Been⸗ digung des Vortrags erhob sich auf Aufforderung des Geheimen Regierungs⸗Raths, Professors Dr. von Bezold die Versammlung zu Ehren des Heimgegangenen von den Plätzen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft beab⸗ sichtigt, in diesem Winter ein System von Felddüngungs⸗ versuchen mit Kalk und Mergel zu beginnen, das sich auf 5 bis 7 Jahre und über ganz Deutschland erstrecken soll. Man will dadurch möglichst zahlreichen Landwirthen vor Augen führen, wie wichtig als Voraussetzung anderer Düngeranwendung und wie lohnend Kalkdüngung ist; man hofft aber auch das Verhalten einiger wichtigen Pflanzen, wie Lupinen, Serradella, Kartoffeln, zu dem Kalk im Boden festzustellen. Es sind dazu erhebliche Mittel bereit gehalten, und zur Beaufsichtigung ist die Mitwirkung der Wanderlehrer in Aussicht gestellt. der Herstellung eines erlassen die Herren Dr.

Zur Betheiligung an Rinder⸗Merkbuches“ . Professor an der Königlichen landwirthschaftlichen Akademie Bonn⸗

E. Ramm,

Inhaber der Verlagsbuch⸗

Parey, SW., 10 Hedemannstraße),

oppelsdorf und Dr. * (Berlin

handlung Paul Parey

urde das

eine Aufforderung an

Gelingen der Synthese aller dieser Stoffe erwähnt und daraus die Einzelzüchter, der

Benno Erdmann zu psycho⸗physischen Experimentaluntersuchangen

„Deutschen

Züchter⸗Vereinigungen und 8 W11“ 11“ 8

Folgendes entnommen ist: plante „Deutsche Rinder⸗Merkbuch“ soll den Produzenten von und Nutzvieh Gelegenheit geben, alle Thatsachen, welche den

erth der betreffenden Zuchten bedingen, einem möglichst großen Kreis von Interessenten zugänglich zu machen und auf der anderen Seite den Konsumenten von Zucht⸗ und Nutzvieh als Nachschlage⸗ buch dienen, mit Hilfe dessen sie sich am schnellsten darüber orientieren können, wo sie das finden, was ihren Zwecken und Bedürfnissen am meisten entspricht. In dem Merkbuch sollen alle diejenigen Rinder⸗Rassen und

Schläge Aufnahme finden, die für die deutsche Landwirthschaft irgend

von praktischem Interesse sind, vorwiegend also einheimische Zuchten, daneben aber auch diejenigen der ausländischen, welche für die deutsche Landwirthschaft unentbehrlich oder beachtenswerth erscheinen. Die Anordnung erfolgt zunächst nach großen Gruppen, und innerhalb des⸗ selben Schlages werden Zuchtgenossenschaften und andere Züchter⸗ vereinigungen⸗ vorausgehen; ihnen schließen sich alsdann Einzel⸗ züchter desselben Schlages und derselben Zuchtrichtung an. Wenn das Merkbuch seinen Zweck erfüllen soll, so muß es in möglichst vielen Exemplaren Verbreitung sfindes und also möglichst, billig her⸗ gestellt werden. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die einzelnen und Züchter einen Theil der Kosten tragen. Die Verlagsbuchhandlung berechnet pro Druckseite inkl. einer zinko⸗ graphischen Abbildung 15 Dabei bhat der Anmeldende eine brauchbare Photographie (mindestens im Maßstab von 13 % 18) kostenlos zu liefern, die im Archiv der Ver⸗ lagsbuchhandlung verbleibt. Es ist dem Belieben des An⸗ melders überlassen, wieviel Seiten er seinen Zwecken eingeräumt wissen will. Zu jeder Seite gehört aber eine Abbildung. Diese Abbildungen sollen natürlich das Beste von dem bringen, was die betreffende Zucht bietet. Für den Fall, daß einer Zucht mehrere Seiten, also mehrere Abbildungen eingeräumt werden, empfiehlt es sich, in den letzteren die hauptsächlichsten Nutzungsrichtungen zum Ausdruck zu bringen, also eine Milchkuh, ein Paar Zugochsen, ein Stück Fettvieh ꝛc. abzubilden. Die hierzu bestimmten Thiere sollten sich in einer solchen Kondition befinden, wie sie für gewöhnlich genutzt werden. Außer den schwarz in den Text einge⸗ druckten Abbildungen können auf Wunsch der Anmelder auch farbige Abbildungen beigegeben werden. Die Kosten einer solchen betragen 100 Auch in diesem Falle ist eine gute Photographie seitens des Anmelders kostenlos zu liefern. Die Einrichtung des Merkbuches, die Ausfübrung der Abbildungen ꝛc. geht aus den dem Prospekte beigegebenen Beispielen hervor. Auf Wunsch werden aber auch noch andere zur Beurtheilung des Werthes der betreffenden Zucht dienende Mittheilungen aufgenommen. Dahin gehören na⸗ mentlich periodische Wägungen von Jungvieh, aus denen die Wüchsig⸗ keit resp. Frühreife der betreffenden Thiere hervorgeht, und ähnliches. Alle diejenigen Züchtervereinigungen und Einzelzüchter, welche in dem Merkbuch vertreten zu sein wünschen, werden gebeten, ihre Anmeldungen bis spätestens 1. März 1897 an Herrn Professor Dr. Ramm, Bonn a. R., gelangen zu lassen. Dem Anmelder wird sofort nach erfolgter Anmeldung ein Frage⸗ bogen übersandt, in welchen die zur Abfassung des Textes nöthigen Mittheilungen einzutragen sind. Das „Deutsche Rinder⸗Merkbuch“ soll erstmalig im Laufe dieses Jahres erscheinen. Neue Auflagen sind vorgesehen, weil infolge der neuerdings eingeleiteten Leistungs⸗ messungen (Probemelken mit Fettgehaltsbestimmung, Wägungen von Mastoieh, Zugprüfungen) hierzu in Bälde ein Bedürfniß vor⸗ liegen wird.

1 Handel und Gewerbe.

Die strengen Vorschriften, welche in Spanien über die Zollbehandlung der in Briefpostsendungen eingehenden zollpflichtigen Waaren gelten, haben durch eine Königliche Verordnung vom 29. November 1896 hinsichtlich des Buch⸗ handels eine Milderung erfahren. Nach dieser Verordnung dürfen nunmehr nach Madrid, Barcelona, Sevilla und Corusa mit der Briefpost Bücher und Drucksachen ein⸗ geführt und an den Empfänger gegen Zahlung des ein⸗ fachen Zollbetrages, also ohne die in solchem Falle auf Grund der Königlichen Verordnung vom 9. Juni 1896 bisher er⸗ hobene Zollstrafe, ausgeliefert werden, vorausgesetzt, daß es sich um keine anderen als die unter XVIII Ziff. 1 der Voll⸗ zugsordnung zum Weltpostvertrag vom 4. Juli 1891 auf⸗ geführten Drucksachen handelt, und daß die Ziffern 4 und 5 der 14. Bestimmung des Bon enaseeseca⸗ und die übrigen für den Handel mit Büchern und Drucksachen in Spanien be⸗ stehenden Bestimmungen brobachtet sind.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 22. d. M. gestellt 14 052, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 22. d. M. gestellt 4807, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 20. und 21. Januar die nachbezeichneten Grundstücke zur Ver⸗ steigerung: Bremerstraße 44/45, den Bauunternehmern Wilh. Ostwald und Val. Günther gehörig; Flächenraum 9,29 a; Nutzungswerth 13 690 ℳ; Meistbietende blieb Frau Zimmermeister Volkmer, geb. Astel, zu Berlin mit dem Gebot von 171 100 Birkenstraße 22, dem Rentier Otto Gaäertner gehörig; Flächenraum 10,13 a; Nutzungswerth 13 490 ℳ; Meistbietender blieb Kaufmann Max Meßner zu Berlin mit dem Gebot von 223 000 Vinetaplatz 4, dem Schlossermeister Emil Rietz zu Berlin gehörig; Flächenraum 3,41 a; Nutzungswerth 7100 ℳ; Meistbietender blieb Maurermeister A. Jänicke, Hafenplatz, neben Köthenerstraße 26, mit dem Gebot von 95 100 Alt⸗Moabit 44, dem Zimmer⸗ polier Otto Schulze gehörig; Flächenraum 11,27 a; Nutzungswerth 14 400 ℳ; Ersteherin wurde die G. m. b. H. Immobilien⸗ Komtor, Kurfürstendamm 245, für das Meistgebot von 216 000 Aufgehoben wurde das Verfahren wegen des Grundstücks Demminerstraße 50, dem Kaufmaun Aug. Kunst gehörig.

Notierungen der amtlichen Notierungs⸗Kommission am 22. Januar 1897. Butter: (Preise im Berliner Groß⸗ handel zum Wochendurchschnitt (per comptant) per 50 kg. Hof⸗ und Genossenschafts⸗Butter Ia. 93 ℳ, IIa. 90 ℳ, IIIa. ℳ, do. abfallende 88 ℳ, do. Land⸗, Preußische 80 83 ℳ, do. Netzbrücher 80 83 ℳ, do. Pommersche 80 83 ℳ, do. Polnische 80 83 ℳ, do. Bayerische Senn⸗ 88 90 ℳ, do. do. Land⸗ 78 80 ℳ, do. Schlesische 80 83 ℳ, do. Galizische 70 73 Margarine 30 53 Käse: Schweizer, Emmenthaler 80 90 ℳ, do. Bayerischer 58 63 ℳ, do. Ost⸗ und Westpreußischer I a. 66 bis 72 ℳ, do. do. II a. 40 55 ℳ, do. Holländer 70 80 ℳ, do. Lim⸗ burger 39 42 ℳ, do. Quadrat⸗Magerkäse Ja. 20 25 ℳ, do. do. Il a. 12 15 Schmalz: Prima Western 17 % Tara 28,50 29,50 ℳ, do. reines, in Deutschland raffiniert 30,50 ℳ, do. Berliner Braten⸗ schmalz 31,50 32,50 Fett, in Amerika raffiniert 29 ℳ, do. in Deutschland raffiniert 29 Tendenz: Butter: ruhig. Schmalz: fest.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt be⸗ richtet die „Schl. Ztg.“: In den günstigen Verhältnissen auf dem oberschlesischen Eisenmarkte hat sich auch während der verflossenen Woche nichts verändert. Das Roheisengeschäft ging in angeregter Weise vor sich und sämmtliche Hochöfen fanden für ihre Produkte schlanken Absatz; zeitweise konnte die Nachfrage sogar nicht befriedigt werden, weil sich auch der Versand von Gießereiroheisen in der letzten Zeit erheblich gehoben hat. Unter solchen Umständen ist eine

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