1897 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

—öö—ö 2 1

Kriegs⸗Ministerium.

Dem Militär⸗Intendanten Obst ist die Militär⸗Intendanten⸗ stelle des V. Armee⸗Korps übertragen worden. J

Personal⸗Veränderungen.

Königlich Preußzische Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im Beurlaubken⸗ stande. Berlin, 19. Januar. Podlech, mit dem 15. Februar . J. aus der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika ausscheidender Pr. Lt. a. D. und Komp. Führer, früher im damaligen Eisenbahn⸗

egt. in der Armee und zwar als Pr. Lt. mit einem Patent vom 14. September 1893 bei der Landw. 2. Aufgebots der Eisenbahn⸗ Brig. wiederangestellt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 26. Januar. v. Prittwitz u. Gaffron, Hauptm. und Komp. Chef vom Anhalt. Inf. Regt. Nr. 93, scheidet mit dem 2. Februar d. J. aus dem Heere aus und wird gleichzeitig in der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika als Hauptm. und Komp. Chef mit seinem Patent, Cramer, Sec. Lt. vom 5. Rhein. Inf. Regt. Nr. 65, scheidet mit dem 2. Februar d. J. aus dem Heere aus und wird gleichzeitig in der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika als Sec. Lt. mit seinem Patent, angestellt. Becker, Sec. Lt. vom Füs. Regt. von Stein⸗ metz (Westfäl.) Nr. 37, mit Pens. nebst Aussicht auf Anstellung im Zivil⸗ dienst der Abschied bewill. Kanzler, Pr. Lt. v. Inf. Regt. Nr. 140, mit Pension ausgeschieden. Graf zu Rantzau II., Sec. Lt. vom Thüring. Hus. Regt. Nr. 12, mit Pension der Abschied bewilligt. Brill v. Hanstein, Oberst a. D., zuletzt Oberst⸗Lt. und Bats. Komman⸗ deur im jetzigen Inf. Regt. von Lützow (1. Rhein.) Nr. 25, Unter Fortfall der ihm bewilligten Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des genannten Regts., mit seiner Pension zur Disp. gestellt.

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Korps.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 24. Ja⸗ nugr. v. Pfaff, Gen. Lt. und Kommandeur der 27. Div. (2. Königl. Württemberg.), in Genehmigung seines Abschiedsgesuches, unter Ver⸗ leihung des Charakters als Gen. der Inf., v. Greiff, Gen. Major und Kommandeur der 53. Inf. Brig. (3. Königl. Württemberg.), in Genehmigung seines Abschiedsgesuches, mit Pension zur Disp. gestellt. Gutscher, Oberft⸗Lt. à la suite des 2. Feld⸗Art. Regts. Nr. 29, Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, Vorstand des Art. Depots, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.

Kaiserliche Marine.

Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ setzungen. Berlin, 25. Januar. Graßbof, Seekadett, unter Ertheilung des Zeugnisses der Reife zum See⸗Offizier, zum Unter⸗Lt. zur See, Wisselinck, Maschinen⸗Unter⸗Ingen., zum Maschinen⸗ Ingen., Dietrich, Ober⸗Maschinist, zum überzähl. Maschinen Unter⸗ Ingen., Dr. Stude, Marine⸗Assist. Arzt 2. Kl., zum Marine⸗Assist. Arzt 1. Kl., Dr. Meuser, Dr. Tourneau, Marine⸗Unterärzte, zu Marine⸗Assist. Aerzten 2. Kl., Frhr. Raitz v. Frentz, Unter⸗Lt. zur See der Res. im Landw. Bezirk Koblenz, zum Lt. zur See d. Res. der Matrosen⸗Art., Krause (Ernst), Hansen, Unter⸗Lts. z. See d. Res. im Landw. Bezirk Hamburg bezw. 1 Altona, zu Lts. zur See der Res. des See⸗Offizierkorps, Alm, Hummel, Hannemann, Schlee, Unter⸗ Lts. zur See der Res. im Landw. Bezirk Erlangen bezw. Wiesbaden, Oels und I Altona, zu Lts. zur See der Res. der Matrosen⸗Art., Lorz⸗ Weiß, Vaze⸗Steuermann der Res. im Landw. Bezirk Hamburg, zum Unter⸗Lt. zur See der Res. des See⸗Offizierkorps, Dr. Kerßen⸗ boom, Meyer, Hinrichs, Dr. Ufen, Unterärzte der Marine⸗ Reserve im Landw. Bezirk Kiel, zu Assist. Aerzten 2. Kl. der Marine⸗ Reserve, Zenneck, Vize⸗Feldw. der Res. im Landw. Bezirk Straß⸗ burg i. E., zum Sec. Lt. der Res. des 1. See⸗Bats., befördert.

Abschiedsbewilligungen. Berlin, 25. Januar. Schultz⸗ Völcker, Seekadett, zur Res. der Marine entlassen. Baller⸗ staedt, Stabs⸗Ingen., mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen, Steinbart, Unter⸗Lt. zur See der Seewehr 2. Aufgebots des See⸗Offizierkorps im Landw. Bezirk II Trier, der Abschied bewilligt.

Marine⸗Justizbeamte.

Durch Allerhöchste Bestallung. 25. Januar. Dr. Eich⸗ heim, bayer. Rechtspraktikant, zum Marine⸗Auditeur ernannt. Dem ꝛc. Eichheim ist die Zweite Auditeurstelle bei der Marine⸗Station der Nordsee übertragen worden

Preußen. Berlin, 30. Januar.

v 11“

Seine Majestät der Kaiser und König trafen gestern Abend 8 Uhr in Kiel ein und wurden am Bahnhof von Ihren Königlichen Fühenaen dem Prinzen Femnec. von Preußen und dem Erbgroßherzog von Oldenburg und von Seiner Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen begrüßt. eine Majestät fuhren alsbald unter den brausenden Hurrah⸗ rufen der zahlreich zusammengeströmten Bevölkerung und den Salutschüssen der im Hafen liegenden Schiffe nach dem Königlichen Schlosse, wo Allerhöchstdieselben Wohnung nahmen. Mittag 12 Uhr fand daselbst die Taufe des am 27. November v. J. geborenen Prinzen Sohnes Ihrer König⸗ lichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Heinrich statt.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

8 Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische Kriegs⸗Minister; General der Infanterie Freiherr Schott von Schottenstein ist hier angekommen.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine beabsichtigt S. M. S. „Bussard“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Winkler, am 1. Februar von Auckland dach Sydney in See zu gehen.

8

88 ö EEE 9 Seine Majestät der König hat sich heute früh incognito

dieselben sollten als Gäste des Landes behandelt werden. Eine

Wie das „Dresdner Journal“ erfährt, wird für den be⸗ vorstehenden 22. März von den Ministerien die Schmückung der öffentlichen Gebäude angeordnet und von dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts den Schulen die Ver⸗ anstaltung entsprechender Schulfeiern anheimgegeben werden. Auch werden durch das Evangelisch⸗lutherische Landes⸗ Konsistorium die ihm unterstellten Geistlichen zu entsprechender Berücksichtigung der Bedeutung des Tages in der Predigt des vorhergehenden Sonntags (21. März) angewiesen werden.

Hessen. 8 Gestern fand in Schloß Fanipensöeime die Taufe der am 6. November v. J. geborenen Zwillingssöhne Seiner Hoheit des Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Friedrich Carl von Hessen statt. Die Prinzen erhielten die Namen Philipp und Wolfgang Moritz.

Elsaß⸗Lothringen.

außer dem Gesetzentwurf wegen Feststellung des Landeshaus⸗ halts⸗Etats fur 1897/98 nebst Anlagen, zugegangen: eine Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung für 1895 96; die allgemeine Rechnung über den Landeshaushalt für 1892/93 nebst den dazu gehörigen Spezialrechnungen und den Bemerkungen des Rechnungshofes des Deutschen Reichs; der Entwurf eines Stempelgesetzes und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erhebung von Abgaben behufs Deckung der Ausgabe⸗

der Handelskammern.

Deutsche Kolonien.

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Ostafrika, Oberst Liebert ist in Dar⸗es⸗Salam eingetroffen und hat die Ge⸗ schaͤfte des Gouvernements übernommen.

* 8

. Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser begab sich heute, am Sterbetage des

Kronprinzen Rudolph, in die Kapuzinergruft und verweilte einige Zeit am Sarge des Kronprinzen. Prochtvolle Kränze wurden von der Kronprinzessin⸗Wittwe, Erzherzogin Stephanie und anderen Mitgliedern des Kaiser⸗ lichen Hauses, sowie von dem deutschen Militär⸗Attaché, Obersten Grafen von Hülsen⸗Haeseler im Namen des Deutschen Kaisers niedergelegt. Der „Budapester Correspondenz“ zufolge sinden die dies⸗ jährigen Kaiser⸗Manöver in der Gegend von Totis statt. Als Hauptquartier der Manöver⸗Oberleitung ist das Schloß des Grafen Esterhazy in Totis in Aussicht genommen.

Das ungarische „Amtsblatt“ veröffentlicht die Ernennung des Grafen Gustav Majlath zum Koadjutor des Bischofs von Siebenbürgen mit dem Recht der Nach⸗ folge. Die Ernennung geschah, dem ungarischen Staatsrecht gemäß, allein durch den König, nicht durch die römische Kurie.

Im ungarischen Unter hause hielt gestern der Minister des Innern von Perezel eine längere Rede, worin er er⸗ klärte, daß die Vorlagen über die Verstaatlichung der Verwaltung bereits fertiggestellt seien und dem Unterhause in der nächsten Herbsesession zur Berathung zugehen würden. Das leitende Prinzip des Entwurfs sei die Einführung des Ernennungssystems, indeß würden die Elemente der Selbstverwaltung weitgehende Berücksichtigung sinden. Mit Genugthuung theilte der Minister mit, daß sich die Standes⸗ register gut bewährt hätten. Bezüglich der Frage des Agrar⸗ sozialismus erklärte der Minister, daß die Regierung keine Vorlagen über Ausnahmeverfügungen einzubringen beab⸗ sichtige.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses machte der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain die Mit⸗ theilung, daß er die Premier⸗Minister sämmtlicher Kolonien zum Jubiläum der Königin eingeladen habe;

Abtheilung, welche die militärischen Streitkräfte der verschiedenen Kolonien vertrete, werde gleichfalls an der Feier theilnehmen. Er suche auch die Betheiligung einer Vertretung der Kronkolonien zu sichern; bisher sei von Canada, vom Kap und von Natal eine vorläufige Annahme seiner Einladung eingegangen. Der Parlaments⸗Sekretär des Aeußern Curzonerklärte: der Genever bilde weder die einzige Währung noch überhaupt eine Währung im Niger⸗Delta, sondern sei nur einer von mehreren Artikeln, welche von den Eingeborenen in Tausch genommen würden. Die Genever⸗ steuer sei auf 2 Schilling per Gallone im Schutzgebiet an der Nigerküste gesteigert worden. Eine Gefahr der prohibitiven Besteuerung liege darin, daß dann der Handel oft von Nachbarländern aufgenommen werde, unter welchen Frankreich und Deutschland nicht die Ansichten Englands über die er⸗ wünschte Steigerung der Steuer theilten, und daß der Schmuggel in großem Maßstabe gefördert werde. Der Präsident des Handelsamts Ritchie bemerkte, die neuen Reglements zur Verhinderung von Zusammenstößen auf dem Meere seien allen Mächten unterbreitet und von allen mit Ausnahme Venezuelas angenommen worden. Er kenne die gegen das Reglement erhobenen Ein⸗ wände, aber im Hinblick auf die erschöpfende Erwägung der Faage könne man von der Stellung, welche Großbritannien mit ustimmung anderer Mächte eingenommen habe, nicht ab⸗ weichen. Der Parlaments⸗Sekretär des Kriegsamts Brodrick erklärte sodann, die Bill, betreffend die mili⸗ tärischen Bauten, bilde einen nicht unwichtigen Theil des allge⸗ meinen Programms der nationalen Vertheidigung. Es seien 5 500 000 Pfd. durch eine Anleihe zu beschaffen, wovon 1120 000 Pfd. für Festungswerke bestimmt seien. Vier westliche Häfen sollten befestigt werden, damit die Flotte sich freier bewegen und die englische Handelsmarine gesichert werden könne. Ungefähr 3 Millionen Pfund seien erforderlich für Kasernen und große Lager, 1 150 000 Pfd. für Bauten, um London mit Vertheidigungspositionen zu umgeben, und 500 000 Pfd. für Manöverplätze. Für letztere hoffe die Regierung, 60 englische Quadratmeilen Landes in der Ebene von Salisbury ankaufen zu können. Das Haus nahm sodann die Besprechung des Unter⸗ antrags Maclean zu dem Antrage des Staatssekretärs Chamberlain, betreffend die Wiedereinsetzung eines Ausschusses zur Untersuchung des Sinfalles nach Transvaal, wieder auf. Zunächst nahm der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain das Wort und sagte, dem „W. B. B. zufolge: Die Regierung könne die Frage nicht als eine offene behandeln.

Dem Landesausschuß sind bis jetzt an Vorlagen,

eit zu mildern und die Freundschaft zwi

olländischen Rasse zu sördern wünsche. Die Lage der Angelegen⸗ beiten in Süd⸗Afrika sei noch unbefriedigend. Beunruhigende Ge⸗ rüchte erreichten ihn alle Tage. Zweifellos sti innerhalb der letzten Monate ein Wiederaufleben der unruhigen Stim⸗ mung eingetreten. Die Lage sei durch die Gesetzgebung der Regierung der Südafrikanischen Repubik nicht gebessert worden. Einige der darin vorgesehenen Bestimmungen seien zweifellos der Londoner Konvention zuwider. Wenn man deren Anwendung durch⸗ setzen sollte, so würde eine Lage geschaffen werden, welche auf englischer Seite alle Klugheit, Unparteilichkeit und Geduld erfordern würde. Was sodann die von den Uitlanders geforderten Reformen betreffe, so habe der Präsident Krüger wieder und wieder versprochen, freundli Vorstellungen der britischen Regierung und in achtungsvoller Form gehaltene Ersuchen der Mehrheit der Bevölkerung in wohl⸗ wollende Erwägung zu ziehen. An freundlichen Vorstellungen und ehrerbietigen Ansuchen habe es nicht gefehlt, a bis jetzt sei die Erwiderung seitens der der Südafrikanischen Republik keine entsprechende gewesen. Reformen seien versprochen und auch im Volksraad beschlossen worden, aber sie bedeuteten nur ein sehr kleines Stück Weges zu einer Befriedigung der gerechtfertigten Ansuchen der Mehrheit der Bevölkerung. Er habe keinen Grund, von der dem Präsidenten Krüger gemachten Mittheilung abzugehen, daß keine Sicherheit für Frieden oder gute Beziehungen zwischen den vei⸗ schiedenen Rassen besteben könne, solange nicht eine Abhilfe der Beschwerden der Uitlanders erreicht worden sei. Der Präsident Krüger habe seinerseits mit Schwierigkeiten zu kämpfen; er habe möglicherweise Schwierigkeiten bei seinem eigenen Volke zu überwinden. England könne nur wünschen, daß Präsident Krüger’s Hand erstarke, um das wiederholt gegebene feste Versprechen durchzuführen. Der Präsident Krüger habe wieder⸗ holt gesagt, seine Politik sei die, Wunden zu heilen, zu vergessen und zu vergeben, und zweifellos sei dies die Politik der Mehrheit in Transvaal, obgleich auf beiden Seiten extreme Gruppen vor⸗ banden sein dürften, welche gewillt seien, den Zustand der Unruhe aufrecht zu erhalten. Unter diesen Umständen ver⸗ lange er, daß die Untersuchung der Angelegenheit fortgesetzt

werde, welche erstens eine Untersuchung des Ursprungs und der näheren Umstände des Einfalles in Transvaal sein solle, und zweitens eine Untersuchung der Verwaltung der Chartered Company. Was den zweiten Theil betreffe, so denke er nicht, daß eine Meinungsver⸗ schiedenheit darüber bestehe, daß es für das Haus wünschenswertb sei, im Besitze aller Thatsachen zu sein, welche auf die Art und Weise Bezug hätten, in welcher die Chartered Company bis jetzt ihre Verpflichtungen erfüllt habe. Angesichts der Gesse und der Schwierigkeit der Aufgabe der Chartered Com⸗ vany glaube er, die Chartered Company werde sehr gut aus der Sache hervorgehen, und man werde finden, daß die Ent⸗ wickelung des weiten Gebietes, welche von der britischen Regierung ohne große Ansprüche an die Steuerzahler nicht hätte unternommen werden können, durch die Gesellschaft im großen Ganzen mit großem Erfolge und großem Gemeinsinn durchgeführt worden sei. Der andere Theil der Untersuchung erfordere unzweifelhaft große Sorgfalt und Umsicht. Der Einbruch in Transvoaal stehe in Beziehung mit der Unzufriedenheit, welche in Johannesburg geherrscht habe, und teine Untersuchung über den Ursprung des Einbruchs würde voll⸗ ständig oder gerecht sein, wenn sie nicht auf die Frage der Beschwer⸗ den eingehe und erwäge, inwieweit durch dieselben die Möglichkeit des Einfalls geschaffen worden sei. Obgleich er zugebe, daß die Untersuchung mit Schwierigkeiten verknüpft sein werde, fühle er sich verpflichtet, auf die Ernennung des Untersuchungs⸗Aus⸗ schusses zu dringen. Allerdings sei weder dem Präsidenten Krüger noch irgend einem Außenstehenden in dieser Angelegenheit ein Ver⸗ sprechen gemacht worden. Das Versprechen sei dem Hause ge⸗ macht worden, und die Regierung könne nicht ohne Bloßstellung ihrer Chre sich von diesem Versprechen zurückziehen, außer wenn sie durch allgemeine Zustimmung dessen ledig gesprochen weide. Obgleich dem Ausschuß große Verantwortlichkeiten auferlegt seien, so glaube er doch, daß der Ausschuß sich völlig im stande zeigen werde, denselben in einer Weise gerecht zu werden, daß die in Suüd⸗Afrika bestehenden rregten Gesinnungen nicht gemehrt, sondern gemildert würden. Er sei nicht ganz unberührt von der Frage. Er könne die Gerüchte nicht ignorieren, die während der letzten Monate hinsichtlich seiner Aktion und seiner Politik vor dem Einfall in Umlauf gewesen seien, und wenn irgend ein Unparteiischer im Hause oder außerhalb desselben vorhanden sei, der glaube, daß er (Chamberlain) um den Einfall im voraus gewußt habe, obschon er jeden möglichen Schritt, ihn zu ver⸗ hindern und aufzuhalten, nachdem er erfolgt sei, gethan habe, so habe er den meisten Grund, die Untersuchung zu wünschen.

Sir W. Harcourt trat den von Chamberlain ausgesprochenen Anschauungen bei und erklärte, es sei vor allem nöthig, den freundlichen Vorstellungen Englands bei dem Präsidenten Krüger dadurch Nachdruck zu verleihen, daß Groß⸗ britanniens bona fides durch die Verunstaltung einer ganz ein⸗ gehenden Untersuchung außer Zweifel gestellt werde. Die Vor⸗ nahme der Untersuchung interessiere nicht bloß die Regierung der Südafrikanischen Republik, sondern die Gesammtheit der holländischen Bevölkerung Süd⸗Afrikas; es sei wünschenswerth, diesen die Versicherung zu geben, daß Großbritannien bestrebt sei, sich beiden Rassen ge⸗ enüber gerecht und billig zu ver⸗ halten. Die Untersuchung sei nöthig, um der Welt die Ver⸗ sicherung zu geben, daß es Englands Wunsch und Entschluß sei, anderen Nationen gegenüber in gerechter Weise zu ver⸗ fahren. Nach weiterer Debatte zog Maclean seinen Unter⸗ antrag zurück, und der Antrag des Staatssekretärs Chamberlain wurde einstimmig angenommen, worauf ein Untersuchungs⸗ ausschuß von 15 Mitgliedern eingesetzt wurde.

Frankreich.

Der Verweser des russischen Ministeriums des Auswär⸗ wärtigen Graf Murawjew stattete gestern Vormittag dem Minister des Auswärtigen Hanotaux einen Besuch ab und verweilte bei dem Minister bis zum Dejeuner, welches um 12 ½ Uhr stattfand. Zu demselben hatten das diplomatische Korps und die Minister Einladungen erhalten. Während des Dejeuners brachte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Auswärtigen Hanotaux folgenden Toast auf den Grafen Murawjew aus:

theilen werden in dem Augenblick, wo ich das Glas erhebe, um den hervorragenden Staatsmann zu begrüßen und zu beglückwünschen, den ein erhabener Wille eben zu dem Aut befördert hat, für welches er durch seine seltene Begabung und die großen Dienste, welche scho

seine bisberige Laufbahn auszeichneten, bestimmt war. Während Ihres kurzen Aufenthalts unter uns, Herr Minister, wertetn Sie gefühlt haben ich bin dessen sicher, denn das fühlt man Frell- —, daß Sie alle unsere Sympathien besitzen. Ich zweifle t,, daß Sie, meine Hrer. sich den aufrichtigen Wünschen anschließen, die ich im kamen einer befreundeten Regierung und eines befreundeten Volkes zum Ausdruck bringe, wenn ich die feste Ueberzeugung ausspreche, daß Graf Murawjew in seinem hohen Amte lange und erfolgreich mi

arbeiten wird an dem Ruhm und der Wohlfahrt der Regierung Seiner Majestät des Kaisers Nikolaus II., an den guten inter

nationalen Beziehungen, welche zwischen den Mächten besteben, und a

den gemeinsamen Bestrebungen der letzteren zu Gunsten des Friedens und 88 Menschlichkeit.“ 2

Graf Murawjew erwiderte hierauf:f 1 „Herr Minister! Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers bi ich in dieses schöne, meinem ganzen Vaterlande so theuere Frankrei gekommen und glücklich gewesen, Ihre Bekanntschaft zu machen und in persönliche Beziehungen zu Ihnen zu treten, mein lieber Kollege,

zur Besichtigung der Geweih⸗Ausstellung nach Berlin begeben und belchtügune Abends nach Dresden zurückzukehren. 8

1““

Er wisse daß das ganze Haus d 8” ehün herrschende Erregt⸗

wenn Sie mir gestatten wollen, Sie so zu nennen. Ich erhebe mei

„Ich bin überzeugt, meine Herren, daß Sie Alle meine Gefühle

Glas und trinke auf Ihre Gesundheit in der Ueberzeugung, daß die LW1ööu.*“ Beziehungen, welche zwischen unseren beiden Ländern be⸗

52 wie in der Vergangenheit die festeste Bürgschaft des Friedens bleiben werden.“ 8 Um 5 Uhr Nachmittags begab sich Graf Murawjew zur Verabschiedung zu dem Präsidenten Faure, bei dem er etwa dreiviertel Stunden verweilte. Abends 9 Uhr trat Graf Muramjew die Reise nach Berlin an. 1 8

8 Die Deputirtenkammer genehmigte gestern b⸗ Debatte ein zweites provisorisches Etat⸗Zwölftel. Bei der

weiteren Berathung der Vorlage über die Zuckersteuer be⸗

kämpfte der Berichterstatter Graux den Antrag des Deputirten Jaureés und sagte: die Zollkommission wolle die Agiotage nicht ermuthigen, aber zahlreiche Fabrikanten seien infolge der Konkurrenz Deutschlands und Oesterreichs nicht in der Lage, Zucker zu exportieren. Das vorhandene Lager belaufe sich auf etwa 400 000 t. Der Antrag würde die Interessen er Landwirthe schädigen. Der Deputirte Jauréès hielt seinen Antrag aufrecht und sprach die Hoffnung aus, die Kammer werde zeigen, daß sie nicht die Agiotage ermuthigen wolle. Der Deputirte Ribot erklärte, der

Antrag würde die Anwendung des Gesetzes auf ein Jahr

gen, zum Nachtheil der Landwirthe. Der An⸗ trag Jaurès wurde hierauf mit 252 gegen 241 Stimmen abgeleynt. Der erste Artikel der Vorlage, in welchem Ausfuhrprämien von 3,50 Fr. bis 4,50 Fr. je nach der Art des Zuckers festgesetzt werden, wurde angenommen. An diesen Prämien nimmt der seit dem 1. September erzeugte Zucker theil. Der Artikel 2, durch welchen dem französischen Kolonial⸗ zucker ein abgestufter Steuerlaß zugestanden wird, wurde eben⸗ alls angenommen.

Rußland. Der „Times“ wird aus Odessa gemeldet, daß die aus sechs Panzerschiffen sowie mehreren Kanonenbooten und Torpedoboots⸗Zerstörern bestehende S chwarzmeer⸗Flotte ur Zeit vor Sebastopol stationiere. Die Mannschaften seien vollzählig an Bord und zum aktiven Dienst bereit. Die anzerschiffe und Kanonenboote lägen stets unter Dampf.

Portugal.

m dem im Lande herrschenden Futtermange Abhilfe zu

schaffen, hat, wie „W. T. B.“ berichtet, der Handels⸗Minister

Campos Henriques in der Deputirtenkammer eine

orlage, betreffend die Aufhebung der Zollgebühren

auf ausländisches Heu, eingebracht und für dieselbe die WI verlangt.

Belgien.

der gestrigen Sitzung des Senats bemerkte der Minister für Ackerbau und öffentliche Arbeiten de Bruyn in Beantwortung einer Interpellation, daß die belgische Regierung als eine der Ersten Vorsichtsmaßregeln gegen die Ein⸗ schleppung der Pest getroffen habe. Die Schiffe unter⸗ lägen in ÄAntwerpen einer Quarantäne, und die Reisenden müßten sich einer Desinfektion unterziehen. Besondere Vor⸗ sichtsmaßregeln seien für Lumpen und ähnliche Sachen ge⸗ troffen worden. Der Gesundheitszustand in Belgien sei in jeder Hinsicht ein ausgezeichneter.

Türkeeell. u

Gestern fand, wie dem Wiener „Telegraphen⸗Korrespon⸗ denz⸗Bureau“ aus Konstantinopel berichtet wird, eine Konferenz der Botschafter statt.

Der Marschall Fuad Pascha hat, demselben Bureau zufolge, die Uebernahme des Postens des Vali von Beyruth abgelehnt. Tefik Pascha, Leiter der Studien an der Kriegsschule, soll in das Ausland geflüchtet sein.

Amerika. Aus Canton (Ohio) wird dem „W. T. B.“ gemeldet,

daß sich der General Alger zur Uebernahme des Portefeuilles des Krieges und der Präsident der „First National⸗Bank“ in Chicago Lyman J. Gage zur Uebernahme des Postens des Sekretärs des Schatzamtes unter der Verwaltung Mc. Kinley'’s bereit erklärt hätte. Der Senat hat gestern mit 46 gegen 4 Stimmen eine Bill, betreffend den internationalen Bimetallismus, angenommen. Durch die Bill wird der Präsident ermächtigt, Vertreter zu jeder etwa stattfindenden internationalen Konferen zu ernennen, welche den Zweck hat, ein festes Verhältni wischen Gold und Silber zu sichern; die Bill ermächtigt ferner en Präsidenten, eine solche Konferenz nach seinem Belieben

einzuberufen.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Imn der heutigen (165.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan beiwohnte, setzte das Haus die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1897/98 fort beim Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung und zwar beim Gehalt des Staatssekretärs.

Abg. Bumiller (Zentr.) beklagt sich darüber, daß an den ge⸗ botenen katholischen Feiertagen in Hobenzollern, obwohl sie von allen Seiten, von der Geschäftswelt und von den Behörden, gehalten würden, die Post allein ihre Bestellung nicht einstelle, trotzdem die Postboten an diesen Tagen während des Gottesdienstes keinen Er⸗ wachsenen zu Hause träfen.

Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan: Die Sache befindet sich im Stadium der Information, die Postverwaltung kann aber nicht allein vorgehen, sondern sie muß sich mit der Eisen⸗ bahn⸗ und den andern Verwaltungen vereinbaren und zwar an der veagfetfene in Preußen. Die Verhandlungen sind noch nicht ab⸗ geschlossen.

Abg. Dr. Förster⸗Neustettin (Reformp.) weist nochmals darauf hin, daß die Militäranwärter durch die Nichtanrechnung ihrer Probedienstzeit geschädigt würden; das Landgericht habe sich auf die Seite der Militäranwärter gestellt.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) bezeichnet die Reform des Post⸗ Zeitungstarifes als dringend nothwendig. Das Interesse der Kon⸗ sumenten werde durch eine solche Reform nicht verletzt. Aber die Wünsche des Reichstages würden von der Postverwaltung nicht berück⸗

chtigt, das beweise die Petition aus Gerresheim um Herab⸗ etzung der Telephongebühren im Nahverkehr. Die Telegrammzensur

k v S vmme g gegendber den Sozialdemokrat zur Anwendung,

sondern auch den Kaufleuten gegenüber habe man aus Anlaß der Auflösung der Produktenbörse ein Telegramm inhiblert, weil darin von dem Kampfe gegen die Re⸗ aktion die Rede gewesen sei. Redner führt einen Fall an, in welchem der Besitzer einer Villa in Lichterfelde trotz der größten, monate⸗ langen Anstrengungen nicht die Anlage einer Telephoneinrichtung hätte erzielen können. Mißstände seien ferner daraus entstanden, daß die Post Zahlungen im Auftrage der Berufsgenossenschaften nicht mehr an Dritte, sondern nur an den Unfallverletzten selbst leiste, trotzdem sie alle Zahlungen für Heilverfahren u. s. w. zu leisten ver⸗ pflichtet sei und auch jahrelang demgemäß gehandelt habe; aber das liege bloß an dem Sparsamkeitssyvstem. Die Berufsgenossenschaften sollten die 20 für die Postanweisung bezahlen.

Gebeimer Ober⸗Postrath Sydow: Die Reichs⸗Postverwaltung hat es sich keineswegs zur Gewohnheit gemacht, Wünsche dieses Hauses in den Papierkorb zu werfen; die Petition aus Gerresheim ist nicht nur geprüft, sondern auch berücksichtigt worden und hat durch die Ermäßigung der .e ee im Um⸗ kreise von 50 km auf 25 ihre Erledigung gefunden. Was die Unfallentschädigung betrifft, so verwahre ich die Verwaltung auf das entschiedenste gegen den Vorwurf des Fiskalismus. Wenn in der letzten Zeit die Zahlungen, die nicht an den Entschädigungsberechtigten oder an seinen Stellvertreter oder Rechtsnachfolger zu leisten sind, nicht durch die Post, sondern durch die Berufsgenossenschaften geleistet worden sind, so geschah das im Einklang mit den Anschauungen des Reichs⸗ Versicherungsamts, wie sie in dem neuesten Handbuch niedergelegt sind. Nachdem nun das Reichs⸗Versicherungsamt neuerdings praktische Be⸗ denken gegen diese Durchführung erhoben hat, so werden wir die Sache noch einmal prüfen. Wenn die Berufsgenossenschaften durch ihre Vertrauens⸗ männer für uns die Zahlungen vorweg leisten, so werden sie durch die Post so bald wie möglich erstattet. Wir haben uns bemüht, die sozialen Lasten, die uns auferlegt sind, so gut wie möglich zu tragen. Wir haben gerade die Arbeiter, welche wenig Zeit haben, nicht lange warten lassen.

An der weiteren Debatte betheiligten sich noch die Abgg. Singer (Soz.), Liebermann von Sonnenberg und Werner (Reformp.), sowie die Direktoren im Reichs⸗Postamt Wittko und Fritzsch. Die von der Kommission beantragte Resolution wegen der Packetbestellung an Sonntagen wurde angenommen, ebenso bei Schluß des Blattes die Ausgabe für das Postarchiv. 1“

1 8

Bei der am 28. d. M. im zweiten badischen Reichstags⸗Wahlkreise infolge des Ablebens des Fürsten Karl Egon zu Fürstenberg vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstage erhielten der Kandidat der nationalliberalen Partei, Dr. med. Merz in Furtwangen, 8666 Stimmen, der Kandidat der Zentrumspartei, Bürgermeister Schüler in Ebringen 8063 Stimmen. Auf den sozialdemokratischen Bewerber, Tischler Krohn in Konstanz, entfielen 1105 Stimmen. Es hat demnach eine Stichwahl zwischen Dr. Merz und Schüler stattzufinden.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Antrages des Abgeordneten Dr. Langerhans auf Annahme eines IWö betreffend die Verpflichtungen der bürgerlichen Gemeinden bezüglich der Bauten und Reparaturen von Kirchen, Pfarr⸗ und Küstergebäuden, hat sich konstituiert und den Abg. Spahn zum Vorsitzenden, den Abg. von Eynern zum Stellvertreter des Vorsitzenden und die Abgg. Bröse, Graf von Bernstorff und Gorke zu Schriftführern

DArbeiterbewegung.

Aus Dresden meldet „W. T. B.“: Die Eisenbahnarbeiter aus Dresden, Pirna, Bodenbach und anderen Orten beschlossen in einer von mehr als 1000 Personen besuchten Versammlung am Donnerstag, eine festere Organisation ins Leben zu rufen und für die Forderung auf Aufbesserung der Löhne und der Arbeitsverhältnisse einzutreten. 38 Aus Weißenfels wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der Schuhmacher⸗Ausstand dauert fort; die am Donnerstag wieder aufgenommenen Verhandlungen zwischen der Ausstandskommission und dem Fabrikantenverein, die fünf Stunden dauerten, schienen 1 wurden jedoch schließlich nach der unerwarteten Erklärung der Arbeiter, daß sie an ihren ursprünglichen Forderungen festhalten, von den Fabrikanten unter Zurücknahme ihrer Zugeständnisse abgebrochen. (Vgl. Nr. 23 d. Bl.) ““

In Helmstedt bei Braunschweig soll, wie die Berliner „Volks⸗ Ztg.“ mittheilt, zu Ostern d. J. der zweite Kongreß deutscher Bergarbeiter abgehalten werden.

Aus dem Ruhrkohlenrevier wird demselben Blatt ge⸗ schrieben: der Vorstand des Vereins christlicher Bergarbeiter im Ober⸗Bergamtsbezirk. Dortmund werde während der Tagung des Kongresses christlicher Bergarbeiter Deutschlands am 31. Januar, 1. und 2. Februar in Bochum in einer Resolution eine Lohnerhöhung von 15 % verlangen. Die Forderung soll dann durch den Vorstand dem Ober⸗Bergamt und den Zechenverwaltungen über⸗ mittelt werden. 1 b

Der Vorstand der Berliner Bäcker⸗Innung wendet sich in einer Veröffentlichung gegen die von den sozialdemokratischen Bäcker⸗ gesellen zusammengestellten statistischen Erhebungen über die Arbeits⸗ verhältnisse und bemerkt schließlich, daß in den von den Arbeitern auf den 2. Februar berufenen vier Versammlungen die Innung offiziell nicht vertreten sein werde. (Vgl. Nr. 25 d. Bl.)

Aus Budapest wird der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert, daß der Arbeiter⸗Ausstand in den Bergwerken der Oesterreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn zu Anina beendet sei; der volle Betrieb werde in allen Werken wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 18 d. Bl.)

Theater und Mufik.

Deutsches Theater. 8 ens

„John Gabriel Borkman“, Henrik Ibs neues vieraktiges Schauspiel, ging gestern zum ersten Mal in Scene. Der äußere Erfolg war nach dem zweiten Akte am stärksten, sodaß der Direktor des Theaters, Dr. Brahm, im Namen des abwesenden Dichters einige Dankesworte an das Publikum richten konnte; dagegen mischten sich in den Beifall, der den beiden letzten Akten galt, auch einige Zischlaute. Im Großen und Ganzen aber ging die Aufführung des Werkes ohne die stürmischen Begleiterscheinungen von statten, die sonst an dieser Stätte bei Premièren Ibsen’'scher Werke üblich sind. Man folgert daraus mit Unrecht eine geringere Wirkung des Schauspiels auf das Publikum. Unserer Ansicht nach war der Eindruck, den gerade diese Schöpfung des nordischen Dichters hervorrief, ein tieferer als sonst, weil sie klar und eindringlich, ohne Mysticismus un⸗ mittelbar an das Gefühl appelliert. Ihr von tragischem Ernste erfüllter Inhalt stimmte die Zuschauer mehr zur Nachdenk⸗ lichkeit, als zu demonstrativen Aeußerungen ihrer Theilnahme. Es ist unmöglich, in dem knappen Rahmen eines kurzen Berichts der Be⸗ deutung des Werkes gerecht zu werden; der Verfasser nennt es ein

2

spiel, die Tragödie eines Uebermenschen, eines Phantasten, der an

seinem Wahn zu Grunde geht. Der Traum von Macht und Glanz

des Reichthums hat John Gabriel Borkman in seiner Jugend erfaßt,

des Goldes schlummernde Geister“ hat er heraufbeschworen und wird

sie nimmer wieder los. Ihnen opfert er auch das Mädchen, das ihn

liebt, indem er ihr zu Gunsten eines Anderen entsagt, der ihm zur

Stelle eines Bankdirektors verhelfen soll, als welcher er seine ins

Unbegrenzte schweifenden Pläne verwirklichen zu können hofft. Leider

rechnet er in seinem Traumleben nicht mit der Wirklichkeit; die Bank bricht

durch seine Schuld zusammen, und John Gabriel Borkman wandert

ins Gefängniß. Nach Verbüßung seiner Strafe lebt er ein Einsiedler⸗

leben in dem oberen Stockwerk des Hauses, welches das Weib, das

ihn geliebt, ihm und seiner Gattin ihrer Schwester zur Ver⸗

fügung stellte: in den Augen seiner Frau und der Welt ein todter

Mann, in seiner eigenen Zuversicht aber Einer, dem der Traum doch

noch in Erfüllung gehen soll. Hier erst hebt das Drama an. Die nur in seelischen Vorgängen bestehende Handlung spielt sich eigentlich nur unter diesen Dreien ab: dem unverbesserliken Phantasten, seiner ihm angetrauten, ihn wegen seiner Schuld hassenden Gattin und dem Weibe, das er seinem Wahn opferte, deren Liebesleben er tödtete, das aber trotz allem noch an ihm hängt. Die beiden Frauen streiten um den Besitz seines Sohnes Erhard Borkman, von dem sie beide auf ihre Art hoffen, daß er die Familie wieder zu Ehren bringen werde, welcher indessen von hinnen stürmt, um ein Leben für sich zu see und sie einsam zurückläßt. Schnell vollzieht sich nun des alten Borkman Schicksal. Der ungewisse Drang, daß er nach jahrelangem Warten nun etwas thun müsse, um die Macht zu erlangen, die er erträumt, treibt ihn in die Winternacht hinaus, wo der Tod ihn ereilt. Versöhnt reichen sich über seinem Leichnam die beiden Schwestern, deren Leben er vernichtete, „wie zwei Schatten über einem Todten“, die Hände. Das ist, nur dürftig angedeutet, der Inhalt des ergreifenden Schausoiels.

Die Aufführung traf im Ganzen die rechte Stimmung und war auch in den Einzelheiten vorzüglich. Herr Nissen spielte die Titelrolle in äußerst charakteristischer Maske und brachte das Phantastische, Märchenhafte im Wesen Borkman's vortrefflich zur Geltung. Die beiden erwähnten Frauenrollen waren in den Händen der Frau von Pöllnitz und des Fräulein Lehmann. Erstere spielte die Gattin mit der unbeugsamen Strenge des Ausdrucks, die die Rolle erheischt; letztere, obzwar äußerlich etwas zu jung für deren verhärmte Schwester, und innerlich nicht immer von jener erhabenen Seelengröße, die diesem Charakter innewohnt, mit warmem, rührenden Gefühl. Den Erhard Borkman gab Herr Rittner recht natürlich ohne besondere Charakteristik. In der Rolle eines Kanzleischreibers, des einzigen Freundes Borkman'’s, eines Mannes, der sich zum Dichter berufen glaubte, niemals aber aus der Misoͤre des Lebens herauskam und sich zu dem einsamen Phantasten hingezogen fühlt, schuf Herr Reinhardt eine scharf umrissene Gestalt. In kleineren Aufgaben be⸗ währten sich die Damen Sandow und Staglé.

Lessing⸗Theater.

Marcel Proövost's Schaufpiel „Les Demi-Vierges“, das in Berlin bereits unter dem Titel „Halb⸗Tugend“ aufgeführt worden ist, kam gestern Abend vor voll besetztem Hause zur Darstellung. Die Vorstellung muß zu den weniger interessanten und den weniger gelungenen der französischen Gesellschaft gezählt werden. Dem deutschen Gefühl steht das Thema „Halb⸗Tugend“ zu fern: edle Seelen mit leichtfertiger Lebensweise erscheinen uns unwahr, und damit fällt die ehrliche und tiefere Antbeilnahme der Zuschauer. In der Darstellung gruppierte sich alles um Fräulein Marcelle Josset, welche die Rolle der Maud spielte. Mit sicherer Selbstbeherrschung in Ton und Geberde verband sie den Ausdruck seelischer Erregung; aber eine große schauspielerische Leistung war auch diese Maud nicht. Das kecke Schmwesterchen Jacqueline wurde von einem Fräulein Heller geschickt und nicht ohne Grazie wiedergegeben. Im übrigen trat kein Darsteller durch besonderes Können hervor, da die Herren Antoine und Dumény nur unbedeutende Rollen spielten. Das Niveau der Darstellung erhob sich also wenig über das Mittelmaß, wenn auch der leichte Plauderton der Gesellschaftsscenen stets gut getroffen wurde. Die tragischen Schlußscenen wurden aber, besonders von Herrn Marsay (Maxime), mit einem getragenen, hohl klingenden Pathos gesprochen, durch welches der Eindruck der Unnatur noch verstärkt wurde.

Konzerte.

Der 31. Januar 1797 war der Tag, an dem der gottbegnadete Wiener Tondichter Franz Schubert der Welt 7885 wurde; um die hundertjährige Wiederkehr des Tages zu feiern, führte die Königliche Kapelle an ihrem gestrigen sechsten Symphonie⸗Abend nur Werke dieses, in seinem kurzen Leben es währte nur 31 Jahre so außerordentlich und vielseitig produktiven Komponisten auf. Die Ouvertüre zu „Rosamunde“ leitete die Feier ein nebst dem zweiten Entreakte desselben Zauberspiels, dessen reizvolles Thema demjenigen in den B-dur-Variationen für Klavier ähnlich ausgesponnen ist. Hier wie in der darauf folgenden B-dur. Symphonie war alles zierlich und sinnig ausgeführt; nur mit feinen Strichen zeichnend, ließ Herr Kapellmeister Felix Weingartner die Anmuth und Lieblich⸗

eit als Hauptmoment hervortreten, auch bei den lebhaftesten Forte⸗ Stellen das starke Auftragen vermeidend. In der C-dur⸗Symphonie mit ihren und schärfer ausgeprägten Zügen wurde auch dem tieferen geistigen Inhalt volle Rechnung getragen. Jedes einzelne Mitglied der Kapelle führte seinen Part künstlerisch durch. Die zu gleicher Zeit in der Philharmonie von dem bayerischen und sächsischen Kammerfänger Herrn Eugen Gura veranstaltete Schubert⸗Feier war mit einer Löwe⸗Feier, zum Gedächtniß dieses (am 30. November 1796 zu Löbejün bei Haue ge⸗ borenen) Schöpfers der deutschen Ballade, verbunden. Die Kolossal⸗ büsten der beiden Tondichter erhoben sich auf hohen Postamenten vor dem Konzertpodium. Der berühmte Sänger hatte für den Abend außer dem „Wanderer“ meist weniger bekannte Gesänge von Schubert ausgewählt. Sie gaben ihm mit ihrem verschiedenen Stimmungs⸗ ehalt Gelegenheit, seine noch immer erstaunlich frischen und schöbnen natürlichen Mittel wie seine unvergleichliche Gesangskunst glänzend zu entfalten. Neben der düsteren „Gruppe aus dem Tartarus’ und dem trotzigen, dramatischen „Prometheus“, einem sehr interessanten nachgelassenen Werk, war es namentlich das Lied „Auf dem See“ (nach Goethe), welches eine große, nachhaltige Wirkung erzeugte. Von Löwe’schen Balladen bot der Sänger außer dem Erlkönig“, dem „Schatzgräber“, den drei Balladen vom Mohrenfürsten und der Mohrenfürstin (nach Freiligrath), die üche und doch tief ergreifende Komposition des Uhland'schen Liedes „Der Wirthin Töchterlein“, sowie zum Schluß die stets besonders effektvollen Balladen vom Prinzen Eugen und Fridericus Rex. Der endlose Beifall seitens des dichtbesetzten Hauses veranlaßte den Künstler zu mehreren Zugaben. Die geschickte und diskrete Klavierbegleitung des Herrn Eduard Behm verdient noch besondere Anerkennung. 1

Das Schlußkonzert des „Böhmischen Streichquartetts“, am Dienstag, brachte den vollen Beweis, daß die Herren Hoffmann, Suk, Nedbal und Wihan langsam aber desto sicherer die Gunst des Berliner Publikums erobert haben. Der Saal Bechstein erwies sich dem großen Andrange gegenüber als zu klein. Die an⸗ gekündigte Mitwirkung der Frau Roger⸗Mielos unterblieb, und dadurch hatte auch das Es-dur-Trio von Schubert seinem D-moll- Quartett weichen müssen. Es bot durch seine lebendige Wiedergabe, ebenso wie Beethoven's G-dur-Quartett einen erfrischenden musikalischen Genuß. Mit der letzten Nummer, dem G-moll-Quartett von Grieg, das in seiner abgeklärten Schönheit stets eigen anmuthet, gaben die in der Reichs⸗Hauptstadt gern wieder gehörten Gäste ihrem Cyelus einen würdigen Abschluß. Bei dem zum Besten der Amerikanischen Kirche in der Wilhelm⸗ straße gegebenen Konzert bot der Saal der einen interessanten Ueberblick über die große Anzahl der in Berlin sich aufhaltenden Amerikaner. Dem edlen Zweck hatten

Schauspiel, es ist aber im wahren Sinne des Wortes ein Trauer⸗

die Herren Professoren Joachim und Barth ihre Kunst

2 IMmen

ense Tce.s

.

*½* . 8 1““