1897 / 47 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

VII. Kranken⸗ sowie Gesundheitspflege und Heimstätten für Genesende: Einnahmen 1 667 301 ℳ; Ausgaben 5 903 838 ℳ; VIII. Park⸗ und Gartenanlagen: Einnahmen 14 585 ℳ; Ausgaben 725 530 ℳ; IX. Bauwesen: Einnahmen 5 970 341 ℳ; Ausgaben 13 474 238 ℳ; X. Verwaltungskosten: Einnahmen 614817 ℳ; Ausgaben 8 745 980 ℳ;

FI. Holizeiwesen. Einnahmen 724 000 ℳ; Ausgaben 6 004 263 ℳ;

XII. Straßenbeleuchtung, Reinigung und Besprengung: Einnahmen 190 270 ℳ; Ausgaben 2 916 200 ℳ; XIII. Verschiedene Einnahmen: 3 712 774 ℳ; Verschiedene Ausgaben: 2 060 374 ℳ; Summa der Einnahmen: 88 445 559 ℳ; Summa der Ausgaben: 88 445 559

Das Steuerkapitel weist mit 50 015 880 die größte Einnahme auf, der nur eine Ausgabe von 549 100 gegenübersteht. Die Ueber⸗ schüsse der städtischen Werke, soweit sie der Stadt⸗Hauptkasse zu gute kommen, sind in Kapitel II enthalten. Der Etat für 1896/97 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 87 839 324 ab, der Etat für

1897/98 ist daher um 606 235 höher. Die Etatsvorlage wird am nächsten Sonntag der Stadtverordneten⸗Versammlung zugehen,

sodaß diese am Donnerstag, den 4. März, darüber in Berathung

treten kann.

Die Hauptversammlungen der drei gemeinnützigen Vereinigungen für Herbergswesen, Verpflegungs⸗ stationen und Arbeiterkolonien in Berlin werden in diesem Jahre in der dritten Märzwoche stattfinden. Am 16. März (Dienstag), Vormittags 10 Uhr, wird im Hause ZI1I 106 der Deutsche Herbergsverein über „Die anderer und Herbergen und die Mäßigkeitssache „Herbergs⸗Sparkasse?“ 1 berathen, am 17. März im Herrenhause der Gesammtverband deutscher Verpflegungsstationen über „Neue Vorschläge zur gesetz⸗ lichen Regelungs. ‚Registerführung“ u. dergl.,, am 18. März 8 ebendaselbft der Zentralvorstand deutscher Arbeiter⸗Kolonien über „Gruppensystem in den Kolonien mit verschiedenartigen Aufnahme⸗ bedingungen“ u. s. w. Schon am Montag, den 15. März, wird auf Veranlassung des Zentralausschusses für innere Mission eine Konferenz der deutschen Rettungshäuser und am Abend des 15. die General⸗ versammlung des Pensionsverbandes für Berufsarbeiter der inneren

Mijsssion stattfinden.

. Die populär⸗wissenschaftlichen Vorträge aus dem Gebiete der neueren Kunst und Kultur, die von Dr. Köppen und Dr. Stoedtner im Theatersaal der alten „Urania“ (In⸗ validenstraße) veranstaltet werden, erfreuen sich eines stetig steigenden Zuspruchs. Am nächsten Sonntag, den 28. d. M., wird der Kunst⸗ schriftsteller Herr Friß Stahl über „Max Klinger’s Leben und Werke“ sprechen; große Lichtbilder werden seine Ausführungen erläutern. Billets zu diesem Vortrag, welcher Nachmittags 5 Uhr beginnt, sind

im Vorverkauf zu haben: bei Amsler u. Ruthardt, Behrenstraße 29 a; Sppeyer u. Peters, Unter den Linden 43; Raabe u. Plothow, Pots⸗

damerstraße 7 a; Trautwein, Leipzigerstraße 8; Hannemann, Friedrich⸗ straße 208, und an der Vormittagskasse der alten „Urania“.

Im wissenschaftlichen Theater der neuen „Urania“ (Tauben⸗ straße) fand gestern Nachmittag vor völlig gefülltem Saale die General⸗ probe des seit längerer Zeit sorgfältig vorbereiteten neuen, scenisch ausgestatteten Vortrags „Der Kampf um den Nordpol“ von Dr. M. Wilhelm Mevyer statt. In kurzer Vorrede dankte der Verfasser dem österreichischen Polarforscher und Maler Herrn von Payer, der sich unter den Zuschauern befand, für das thätige Interesse, welches er der Gesell⸗ schaft „Urania“ entgegengebracht, und dem Admiralitäts⸗Rath Koldewey für das dem Unternehmen bewiesene Wohlwollen, und sprach sein Be⸗ dauern darüber aus, daß es ihm nicht gelungen sei, eine entsprechende Mitwirkung Nansen's zu erlangen. Der Vortrag selbst gliedert sich

n drei Theile oder Akte. Der erste führt die Hauptmomente aus er zweiten deutschen Nordpol⸗Expedition mit den Schiffen „Germania“ und „Hansa“ unter Leitung von Koldewey und Hegemann im Jahre 1869 vor. In sechs mit Pefßes Kunst gemalten Bildern breiten sich die Reize und Gefahren der Eisregionen vor den Blicken der Zuschauer aus: der Untergang der „Hansa“, das einsame und trostlose Dasein der Polar⸗

fahrer auf einer treibenden Eisscholle und ihre endliche Rettung nach der grönländischen Küste. Der zweite Akt behandelt die unter Payer's und Weyprecht’s Leitung in den Jahren 1871 bis 1874 unternommene österreichisch⸗ ungarische Expedition auf dem „Tegetthoff“, welche die Entdeckung des Franz „Joseph⸗Landes zum Ergebniß hatte. Auch hier werden außerordentlich wirkungsvolle Scenerien vorgeführt: der lange Sommertag, die endlose Winternacht, das wunderbare Phänomen des Nordlichtes werden in naturgetreuer Darstellung wiedergegeben. Von besonderem Reiz ist die großartige Landschaft am Säulenkap. Der dritte Akt schließt die Reihe der Bilder mit einigen Momenten aus der jüngsten Polar⸗Expedition Ffdtjef Nansen's wirkungsvoll ab. Die Bilder behandeln die Abreise der „Fram“, den Virgo⸗Hafen auf 1* mit Andrée's Ballonhaus, und in einer herrlichen, nach Skizzen des Landschaftsmalers A. Normann hergestellten Wandeldekoration die Triumphfahrt der „Fram“ von Skjaervö bis nach Bergen. Alles in allem ist wohl dieser neue Vor⸗ trag der belehrendste und gelungenste, den die neue „Urania“ bis jetzt vorgeführt hat, und es gebührt sowohl dem Verfasser Dr. Meyer als auch den Malern der Dioramen, den Herren Harder, Hartmann und Kranz, für ihr Werk vollste Anerkennung. 4

Das Deutsche Kolonial⸗Museum, welches, wie die „Deutsche Kolonial⸗Zeitung“ mittheilt, in dem Gebäude des jetzigen Marine⸗Panoramas am Lehrter Bahnhof untergebracht werden soll, wird nach dem genannten Blatte folgendermaßen eingetheilt werden: Vor der großen Rotunde liegen rechts und links vom Besucher zwei Säle mittlerer Größe, von denen der eine als historisches Zimmer, der andere für die EI“ benutzt werden soll. Das Souterrain der großen Rotunde wird ebenfalls Ausstellungszwecken dienen und auch Restaurationsräume enthalten. Den Glanzpunkt des Museums wird die Rotunde bilden, welche nach einem Plan des Herrn R. Hellgrewe ausgebaut werden soll. Die Dimensionen dieser Rotunde sind so groß, daß eine geradezu imponierende Ausstellung, sowohl was ihre Originalität wie ihre Ausführung anbetrifft, geschaffen werden kann. Der Besucher betritt ein tropisches Flußthal, von dessen zum theil mit üppiger Vegetation bedeckten Felswänden ein Bach plätschernd herabfällt. Der von diesem Thal eingeschlossene Raum reicht bequem zu einem Sitzungssaal für etwa 600 Personen aus. Durch große Oeffnungen in den Felspartien gelangt man in die Ausstellungen von Togo, Kamerun und Südwest⸗Afrika. Auf dem oberen Stockwerk, zu dem an den Felsen entlang eine Treppe führt, soll in wirkungsvoller Gruppierung die Ausstellung von Ost⸗ Afrika und des Schutzgebiets der Z statt⸗ finden. Es werden hier die schönsten und charakteristischsten Ge⸗ bäude aus der Kolonial⸗Ausstellung wieder aufgestellt werden. Bezüglich der Größenverhältnisse sei nur erwähnt, daß das Versammlungshaus von Muschu, welches manchem Besucher mit seinen nach aufwärts geschwungenen Dachfirsten in der Erinnerung sein dürfte, noch nicht einmal ein Sechstel des für das Südsee⸗ Schutzgebiet bestimmten Raumes einnehmen wird. Die Bemalung der Wände wird dem Charakter des Landes angepaßt sein, und durch Dioramen soll ferner dafür gesorgt werden, daß besonders denkwürdige Scenen dargestellt werden. Die Häuser der Eingeborenen werden, was auf der Kolonial⸗Ausstellung nicht möglich war, auch im Innern ihrem Charakter entsprechend ausgestattet, wozu das vor⸗ handene ethnologische Material ausreichen dürfte. „Es liegt auf der Hand“, so schließt die „D. Kolonial⸗Ztg.“ ihre Schilderung, „daß ein solches Museum unter richtiger Leitung eine große öööö ausüben 55 daß es dann in der That eine Sehenswürdigkeit Berlins werden wird“.

Die Vereinigung ehemaliger Einjäbhrig⸗Frei⸗ williger, Kampfgenossen von 1864, 1866, 1870/71, begeht die Hundertjahrfeier des Geburtstages Kaiser Wilhelm’s I. im Römischen Hofe am Sonntag, den 21. März, Abends 6 Uhr, durch eine Festversammlung, der sich ein Festmahl anschließen wird. Anmeldungen von Mitgliedern sind an Herrn Regierungs⸗Rath Jaschkowitz, W., Kalckreuthstraße 16, zu senden.

8

Das diesjährige Ballfest des Vereins für könstlerische Bestre⸗ bungen „Pallas“ wird am Freitag, den 26. d. M., in den Gesammt⸗ räumen der „Berliner Ressource“ (Kommandantenstraße 58) statt⸗ finden. Ein Prolog von V. Laverrenz, eine Aufführung des Schwanks „In Zivil“, eine Tombola, eine Blumenpolonaise ꝛc. werden Ab⸗ wechselung in das Fest bringen. Billets sind im Atelier, Lützow⸗ straße 82, erhältlich.

Posen, 24. Februar. In der Braunkohlengrube bei dem Dorfe Schönow, Kreis Oststernberg, in der Nähe der Posenschen Grenze, wurden, wie die „Posener Zeitung“ meldet, acht Bergarbeiter verschüttet. Obgleich alsbald Rettungs⸗ arbeiten in großem Maßstabe unternommen wurden, war be gestern Nachmittag noch keiner der Verunglückten, die alle Familienväter sind, geborgen. Man nimmt an, daß Gruben⸗ wasser, welches dort häufig in bedeutenden Mengen auftritt, die Schutzvorrichtungen beschädigt hat und daß dadurch das Unglück ver ursacht worden ist. 9

Köln, 23. Die „Kölnische Zeitung“ meldet aus Elberfeld: Infolge einer Dynamit⸗Explosion in der Bau. hütte eines Steinbruches der Rheinisch⸗Westfälischen Kalkwerke zu Dornap flogen zwei Personen in die Luft. Beide sind todt.

Trier, 23. Februar. Die „Köln. Ztg.“ meldet: Der weingesegnete

Brauneberg bei Dusemond an der Mosel ist durch einen sewaltigen Bergsturz in der Breite von 20 m zerstört worden. er Schaden an werthvollen Rebstöcken ist sehr bedeutend.

Bremen, 24. Februar. Die Rettungsstation Kolberger⸗ münde telegraphiert: Am 24. Februar wurden von dem bei Boden⸗ hagen gestrandeten, mit Kohlen von Leith nach Kolberg bestimmten deutschen Dampfer „Stadt Leer“, Kapitän Jaeger, zwölf Personen durch das Rettungsboot „Reichstelegraph“ gerettet.

Wien, 23. Februar. Die hiesigen Zeitungen berichten aus Prag: Nach Mittheilung eines czechisch⸗katholischen Blattes wurde in Miletin ein anarchistischer Klub aufgehoben, und die Mit⸗ glieder, 15⸗ bis 18 jährige Burschen, wurden in das Gitschiner Kreis⸗ gericht eingelieffert. Bei den Haussuchungen fand man Dolche, Revolver und hochverrätherische Schriften.

London, 23. Februar. Nach einer bei Lloyds eingegangenen Depesche aus Perim vom heutigen Tage ist der Dampfer der Orient⸗Linie „Orotava“, von London nach Sydney unterwegs, im Rothen Meere auf einer Untiefe gestrandet. Der Dampfer hat kein Leck. Ein anderer Dampfer und ein Leichterschiff haben sich nach der Unfallstelle begeben.

London, 24. Durch eine heute früh in den Nobel⸗ schen Werken bei Irvine (Schottland) vorgekommene heftige Dynamit⸗Explosion wurden 6 Arbeiter getödtet.

Nancy, 24. Februar. In der Kaserne der Genietruppen explodierten infolge der Unvorsichtigkeit eines Soldaten mehrere Zünder. Sechs Mann wurden verwundet.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

98 Depeschen. 3

Konstantinopel, 24. Februar. (Meldung des „Wiener Telegr.⸗Korresp.⸗Bureaus“.) Nach der griechischen Grenze PhIr.gc Kavallerie⸗Regimenter und vierzig Batterien dirigiert worden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

1 Wiesbaden .

11“ vom 24. Februar, 8 Uhr Morgens.

8 Stationen.

in 0 Celsius 5⁰0 C. = 40 R.

Bar. auf 0Gr. zuu. d. Meeressp red. in Millim

Temperatur

764

1 . 676 Christiansund 761 Kopenhagen. 768 Stockholm . 754 Haparanda . 744 oskau 762

9 bedeckt

4 heiter

6 wolkig

2 Regen

1 wolkenlos

21O 0S-S

772 5 wolkig 779 3 bedeckt 773 2 wolkenlos 773 2 wolkenlos 774 2 Nebel 770 5 Regen 766 5 Dunst 761 4 bedeckt 780 still Nebel 778 1 Dunst 779 still Dunst 778 1 bedeckt 779 4 heiter¹) 778 4 Regen öIII 4 bedeckt Wien 7776 5 balb bed. Breslau 774 3 Nebel Jle d'Aix 779 O 2 wolkenlos 55 CTI111““ still wolkenlos 161686 still heiter

1) Reif.

Neufahrwasser Memel . ..

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München. Chemnitz.. Berlin

00 0— 22m SOo 00

Uebersicht der Witterung. Das barometrische Maximum im Westen hat sich stwärts nach Frankreich verlegt, während über Nord⸗ Norwegen ein tiefes Minimum erschienen ist, welches in Skandinavien starke nördliche bis westliche Winde ervorruft. Ein anderes Minimum liegt westlich on Schottland, im Nordwesten Irlands, wo das Barometer sehr stark gefallen ist, stürmische südwest⸗ liche Winde bedingend. Bei schwachen westlichen Winden ist das Wetter in Deutschland mild, vor⸗ wiegend trübe und neblig; in den nördlichen Gebiets⸗ theilen ist Regen gefallen. Die Temperatur liegt in Deutschland bis zu 7 Grad über dem Mittelwerthe.

Deutsche Seewarte.

Theater

Königliche Schanspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 49. Vorstellung. Das Heimchen am Herd.

Oper in 3 Abtheilungen (frei nach Dickens' gleich⸗ Musik

M. Willner.

her- 2 Erzählung) von setzt vom Ober⸗

von 1 Goldmark. In Scene

(Ein Volksfeind.

Inspektor Brandt. Dirigent: Musikdirektor Stein⸗ mann. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 56. Vorstellung. Doctor Klaus. Lustspiel in 5 Aufzügen von Adolf LArronge. In Scene efest vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag: Opernhaus. 50. Vorstellung. Undine. Romantische Zauber⸗Oper in 4 Akten von Albert Lortzing. Text nach Fouqué's Erzählung frei be⸗ arbeitet. Tanz von Emil Graeb. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 57. Vorstellung. Sonder⸗Abonne⸗ ment B. 9. Vorstellung. Die Quitzows. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 ½ Uhr.

Deutsches Theater. Donnerstag: 50. Male: Die versunkene Glocke. 7 ½ Uhr.

Die Weber.

Sonnabend: Zum ersten Male: Der Sohn des Kalifen. Dramatisches Märchen von Ludwig Fulda.

Zum Anfang

Berliner Theater. Donnerstag: Renaissance. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag (24. Abonnements⸗Vorstellung): Kaiser

Heinrich. Sonnabend: Der Gymnasialdirektor.

Lessing⸗Theater. Donnerstag: Das Glück im Winkel. (Louise Dumont.) Anfang 7 ½ Uhr.

Fee ce Der Probevpfeil.

Sonnabend: Das Glück im Winkel. Dumont.)

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Donnerstag: Associés. Lustspiel in 3 Akten von Léon Gandillot. Deutsch von Max Schönau. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Freitag und folgende Tage: Associés.

(Louise

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Marcelle. Komödie in 4 Akten von Victorien Sardou. Für die deutsche Bühne bearbeitet von Lindau. In Scene gesetzt von Sigmund autenburg. Anfang 7 ½ Uhr und folgende Tage: Marcelle. onntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Hüttenbesitzer.

Schiller-⸗Theater. Donnerstag, Abends 8 Uhr:

Freitag, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: A Tage des Gerichts. ersten Male: At

Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn hof Zoologischer Garten.) Donnerstag: Gastspiel Herrn Gustav Kadelburg. Die berühmte Frau.

und Violine (Herr Carnier).

Freitag: Zum ersten Male: Im Trappisten⸗ kloster. Hierauf: ersten Male: Ein Weihnachtsabend. Zum Schluß: Zum ersten Male: Jephtas Tochter.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Schüler⸗Vor⸗ stellung zu ermäßigten Preisen: Wilhelm Tell. Abends 7 ½ Uhr: Gastspiel des Herrn Gustav Kadel⸗ burg. Die berühmte Frau.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. Donnerstag: Strauß⸗ Cyelus. Mit neuer Ausstattung: Indigo und die vierzig Räuber. Große Ausstattungsoperette in 4 Bildern nach einem älteren Sujet für die hiesige Bühne bearbeitet von Eduard Jacobson. Musik von Johann Strauß. Drei große Ballets, entworfen und arrangiert vom Balletmeister Greco Poggiolesi. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag: Indigo und die vierzig Räuber.

Sonnabend, den 27. Februar: Vierter und letzter großer Maskenball.

Thalia⸗Theater (vorm. Adolph Ernst⸗Theater). Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann. Donnerstag: Frau Lientenant. Vaudeville in 3 Akten von P. Ferrier und A. Mars. Deutsch von H. Hirschel. Musik von G. Serpette und V. Roger. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag und sicende Tage: Frau Lientenant⸗

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Trilby

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Richard Schultz. Donnerstag: Emil Thomas a. G. Ein sideler Abend. Burleske dramatische Revue in 1 Vorspiel und 3 Bildern von J. Freund und W. Mannstädt. Musik von verschiedenen Meistern, arrangiert von Julius Einödshofer. Anfang 7 ½ Uhr.

Freitag und die folgenden Tage: Ein sideler Abend

2

1“ 5 8 Sing-Akademie. Donnerstag, Anfang 7 ½ Uhr: Konzert von Camilla Landi (Gesang) aus London.

Konzerthaus. Karl Meyder⸗Konzert.

Donnerstag: Werke von Wagner, Weber, Con⸗ radi, Tschaikowski, Strauß, Auber, Müller, Czibulka, Mieses, Solis für Cornet⸗à⸗Piston (Herr Werner)

Saal Bechstein. Donnerstag, Anfang 8 Uhr:

Birkus Renz. Karlstraße. (Jubiläums⸗ Saison 1896/9 7.) Donnerstag, Abends 7 ½⅞ Uhr: Elite⸗Vorstellung. Aufführung der stets den ungetheilten Beifall aller Kreise findenden Novität: „Aus der Mappe eines Riesengebirgs⸗Phan⸗ tasten“. Außerdem die hervorragendsten Nummern des Repertoires. Joujou hippique mit 12 Freiheits⸗ pferden: 1) Der Favorit Donner. 2) 6 Trakehner Rapphengste (Original⸗Dressur). 3) Die Spazier⸗ fahrt eines Jagdherrn, ausgeführt von 5 Rapp⸗ hengsten. Sämmtliche Pferde vorgef. von Herrn Robert Renz. Die doppelte hohe Schule, geritten von den Damen Frl. Vally Renz und Frau Robert Renz. Auftreten der vorzüglichen Akrobaten E Michelle und Sandro. Der weibliche

lown Miß Lonny sowie der außerordent⸗ liche Parterre⸗Springer Mr. Espaterro.

Freitag: Große Wohlthätigkeits⸗Vorstellung zum Besten der Wittwen und Waisen der Kriegervereins⸗Verbände Berlins.

8 Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Martha Eitner mit Hrn. Prem.⸗ Lieut. Cuno von Kunowski (Görlitz). Fer Elisabeth Kaempf mit Hrn. Regierungs⸗Assessor Fritz von Bernuth (Masdeburg. Schleswig) 18* Luise Dietrich mit Hrn. Sec. Lieut. d. R. Gustav Taeger (Breslau Jacobsdorf, Kr. Nimptsch). Frl. Magdalene Wernich mit Hrn. Gerichts⸗ Assessor Theodor Pulst (Kattowitz).

Verehelicht: Hr. Hauptmann Alexander von Jarotzty mit Frl. Elisabeth von Strombeck

(Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Günther von Dallwitz (Parchim). 1— Lieut. von Jeinsen (Hanau). Hrn. Amtsrichter Scholz (Busendorf i. Lothr.). 8 Frhru. Ernst von Gregory (z. Zt. Neuhof b. Ingrams⸗ dorf). Hrn. von Scheel (Halbau). Eine Tochter: Hrn. Legations⸗Sekretär Heinr. Frhrn. von Richthofen (Hamburg). Hrn. Ober⸗ förster Markus von Nathusius (Stolp). Hrn. Amtsrichter Juliusberg (Neustadt, Schles.)

Gestorben: Hr. Bürgermeister a. D. Theodor Talman (Berlin). Hr. Postinspektor Fran⸗ Schneider (Breslau). Hr. Baurath Adalbes Rösener (Neisse). Hr. Bergwerks⸗Direktor a. V. Albert Altsmann (Breslau).

Prem.⸗Lieut. rn. Prem.⸗

ʒʒ

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen

V. Schüler⸗Aufführung des 1Stern’schen Kon⸗

Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗

Anfang 7 ½ Uhr.

servatoriums.

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

nteresse der Einzelstaaten an einer sparsamen Finanz⸗

8

N, 47.

9 ½

Erste Beilage

Berichte von dentschen Fruchtmärkten.

Qualität

Außerdem wurden am

2 gering

mittel gut

Ver⸗ kaufte

Markttage (Spalte 1)

(100 kg)

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

nach über⸗ schläglicher Schätzung

Menge

nie, höch⸗ nie⸗ höch⸗ nie⸗ 8 drigster ster en. ster decter

bN11617252à v“

1

verkauft Doppel⸗

(Preis

unbekannt)

Doppel⸗ zentner

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100 kg

Wei 15,80% —] 14,05

10615

17,10 20,00 17,50 17,60 16,00 16,40 16,30 16,30

Allenstein. Aschersleben Emden.. Pfullendorf Saargemünd. Breslau Neuß

15,50°⁄% 13,20 16,10

1920 15,30%

13,40

16,30 17,40 15,70 15,80

15,50

14,70 15,30

1092 12,15 12,50

13,60 13,80 11,70 11,90 11,10 11,10

Ge

13,70 13,30 14,00 14,50

Allenstein. Aschersleben

fullendorf Saargemünd. Breslau Neuß

10,14 12,00 13,00

Allenstein. 10,98

Aschersleben. 11,10 Pfullendorf ... Saargemünd... Breslau 11,00

11,63 12,80 13,00 13,60 13,30

Allenstein. Aschersleben Emden.. fullendorf. b aargemünd. 12,50 Breslau 12,10 12,30 X“M“;

12,17 12,65 12,60 13,50 13,50 12,90

11,53

11,60 11,80

13,40 13,60

13,10 11,60

12,35 12,10 12,80

12,50 888

Bemerkung. 1 Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt.

schnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

14,50

Roggen.

Hafer.

zen. 16,10 15,70 8 1 16,10 C1 20,30 7,06 17,42 16. 2. 17,80 17,655 17,67 16. 2.

16,70 8 8 8 16,80 16,09 [ 16,22 23. 2.

11,20 1 1 1 114““ 1 b

13,58 13,64 12,10 8 6 3 11,60 11,35 11,35 r st e. 12,27 16,20

16.2.

12,40 16. 2. 13,83 16. 2.

12,80 13,68 15,40

. 1

2318 12,00 12,03 19.2. 1249 13,06 12,64 16.2. 6 800 13,60 13,45 16.2.

714 11,90 11,85 23. 2.

14,00 96 14,00 500 13,20 12,60 60

Der Durch⸗

8 Deutscher Reichstag. 83 Sitzung vom 23. Februar 1897, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Gesetzentwurfs wegen Verwendungüberschüssiger Reichs⸗Einnahmen aus dem Etatsjahre 1897/98 zur Schuldentilgung.

Die Ueberweisungen, soweit sie die Matrikularbeiträge übersteigen, sollen zur Hälfte zur Verminderung der Reichs⸗ chuld durch Herabsetzung des Anleihe⸗Solls verwendet werden. ebersteigen 1899/1900 die Matrikularbeiträge die Ueber⸗ weisungen zuzüglich der 1897/98 getilgten Summe, so bleibt ein entsprechender Betrag der Matrikularbeiträge unerhoben.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Wenngleich das Reich im Interesse der Aufgaben, welche es auf dem Gebiete der Landesvertheidigung zu erfüllen hat, nie darauf wird verzichten können, die Bundesstaaten zu Matrikular⸗ beiträgen heranzuziehen, so verharren doch die Bundesstaaten weiter auf der Forderung, daß eine Regelung des finanziellen Verhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten in der Weise stattfinde, daß die Einzel⸗ staaten mindestens für eine befristete Zeit und über einen gewissen Maximal beitrag hinaus zu Matrikularbeiträgen nicht herangezogen werden dürfen. Es ist dies eine Forderung, die im dringenden Inter⸗ esse einer konstanten Finanzgebahrung der Einzelstaaten geboten und deren Berechtigung bisher von keiner Seite widerlegt worden ist.

Aber auch dringende Interessen des Reichs lassen es erwünscht erscheinen, zu einer dauernden Regelung des Finanzverhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten zu gelangen. Zur Zeit werden zwischen dem Reich und den Einzelstaaten alljährlich 400 bis 500 Millionen Matri⸗ kularbeiträge und Ueberweisungen zwecklos hin⸗ und hergewälzt. Durch dieses Verfahren sind die Reichsfinanzen in einem Maße undurchsichtig geworden, daß es nur noch wenigen Auguren vergönnt ist, dieses Syftem an Forderungen, Zahlungen und Rückzahlungen, von Ueber⸗ weisungen, Matrikularbeiträgen, Aequivalenten, Aversen und Quoten überhaupt noch zu durchschauen. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich meine, es ist aber ein dringendes Interesse jeder Staatsregierung, die das gute Gewissen hat, von ihren Steuerzahlern nur Abgaben für solche Zwecke zu fordern, die nothwendig oder nützlich sind 89 ist, sage ich, ein dringendes Interesse jeder Staatsverwaltung, die ein gutes Gewissen hat, daß derjenige Theil der gebildeten Staats⸗ bürger, welche urtheilsfähig genug sind, um öffentlichen Angelegen⸗ heiten mit Verständniß zu folgen, sich auch ein Urtheil bilden kann von den Finanzen des Staats.

8 Diese Verschleierung aber der Finanzgebahrung des Reichs ist für das Reich selbst auch insofern nachtheilig, als in der öffent⸗ lichen Presse in der Regel nur die Rede ist von steigenden Matrikularbeiträgen, dabei aber meistens übersehen wird, daß die steigenden Matrikularbeiträge thatfächlich beglichen werden durch⸗ steigende Ueberweisung an die Bundesstaaten. Gegen eine einfachere und klarere Gestaltung des Reichsfinanzwesens st wiederholt der Einwand erhoben worden, daß dies unvereinbar sei mit der clausula Franckenstein. Ich glaube, diesen Einwand a. man als einen berechtigten nicht anerkennen. Was wollte enn eigentlich die clausula Franckenstein? Sie wollte zunächst das

wirthschaft im Reiche lebendig erhalten; sie perhorrescierte es deshalb, das Reich auf seine eigenen Einnahmen anzuweisen, über⸗ wies vielmehr einen Theil der Reichseinnahmen den Bundesstaaten, ließ aber das unbeschränkte Recht des Reichs, Matrikularbeiträge in jeder Höhe zu fordern, daneben vollkommen unberührt bestehen. Dadurch wurde allerdings das Interesse, welches die Einzelstaaten an der Gestaltung der Reichsfinanzen haben, wesentlich geschärft; denn je mehr die Einzelstaaten den Ausgabe⸗Etat und damit die Summe der zu zahlenden Matrikularbeiträge ermäßigten, desto mehr konnten sie von den ihnen zufließenden Ueberweisungen thatsächlich für die Verwendung zu Landeszwecken retten.

Die clausula Franckenstein verfolgt aber auch einen zweiten Zweck: sie wollte auch dem Reichstage ein starkes Budget⸗ recht erhalten. Infolge dessen ersetzte sie die Zölle und die in⸗ direkten Abgaben, die ohne Zustimmung des Reichstages der Reichs⸗ Finanzverwaltung zufließen, durch Matrikularbeiträge, die der all⸗ jährlichen Bewilligung der gesetzgebenden Körperschaften bedürfen. Auch hier tritt der Fall ein, daß, je mehr von dem Parlament der Ausgabe⸗Etat beschränkt wird, desto mehr die Summe gekürzt wird, die im Wege der Matrikularbeiträge von den Einzelstaaten auf⸗ zubringen ist. Die verbündeten Regierungen sind aber der Ansicht, daß sich diese beiden Zwecke der clausula Franckenstein: Erhaltung des Interesses der Einzelstaaten an einer sparsamen Finanzverwaltung des Reichs und Erhaltung des Budgetrechts des Reichstages, auch auf anderem, unendlich viel klarerem und einfacherem Wege erreichen lassen. Das Recht des Reichstages, den Ausgabe⸗Etat zu be⸗ schneiden, ist zwar theoretisch vollkommen unbeschränkt; praktisch wird es sich aber selbstverständlich immer nur auf einen verhältniß⸗ mäßig geringen Prozentsatz der im Etatsentwurf vorgesehenen Aus⸗ gaben beschränken müssen; denn der größere Theil der Positionen der Ausgaben⸗Etats beruht entweder auf rechtlicher Verpflichtung oder ist zur Unterhaltung gesetzlich bestehender Einrichtungen nothwendig oder trägt endlich den Charakter von Fortsetzungsraten. Nimmt man deshalb den Prozentsatz, der durch die gesetzgebenden Versammlungen am Ausgabe⸗Etat gestrichen werden kann, auch noch so hoch, so wird es doch nach Ansicht der verbündeten Regierungen vollkommen genügen zu dem eben angegebenen staatsrechtlichen Zwecke der clausula Franckenstein, den Bundesstaaten statt der Zölle und dreier Ueber⸗ weisungssteuern nur eine Ueberweisungssteuer zu überlassen und in gleicher Höhe nach dem durchschnittlichen Ertrage dieser Ueber⸗ weisungssteuer die Maximalgrenze der Matrikularbeiträge zu bemessen. Würde diese Maximalgrenze der Matrikularbeiträge als Aequivalent für die überwiesene Steuer auf eine Anzahl von Jahren ich will sagen: auf 5, meinetwegen auch 3 Jahre begrenzt, so würde erstens der Reichstag vollkommen ausreichenden Spielraum haben, durch Beschränkung der Ausgaben und Beschränkung der zu fordernden Matrikularbeitragssummen sein Etatsrecht unein⸗ geschränkt zu üben; ferner würden aber auch die Bundesstaaten sich auf eine absehbare Zeit mit ihren Etats, die zum theil mehr⸗ jährige sind, auf die Matrikularforderung des Reichs einrichten können und nicht in jene fortgesetzte nervöse Unruhe versetzt werden in ihrer eigenen Finanzgebahrung, die eine nothwendige Folge der wechselnden Anforderungen des Reichs ist.

Um einmal diesen Gedanken praktisch auszugestalten, kann ich mir z. B. denken, daß den Bundesstaaten statt der bisherigen Ueber⸗

eiger und Königlich Preußi

Berlin, Mittwoch, den 24. Februar

weisungssteuern und der Einnahmen aus den Zöllen nur die Brannt⸗ weinverbrauchsabgabe verbliebe (Hört, hört! aus der Mitte), durchschnitt⸗ lich jährlich etwa 100 Millionen, und daß gleichzeitig auf einen be⸗ stimmten Zeitraum die Maximalgrenze der von den Einzel⸗ staaten zu fordernden Matrikularbeiträge auf jene Summe von 100 Millionen festgesetzt würde. Dann wäre die Reichs⸗Finanz⸗ verwaltung so klar, so einfach, daß sie Jedermann im Lande verstehen würde. Ferner blieben aber auch die staatsrechtlichen Zwecke der clausula Franckenstein vollkommen gewahrt. Denn je mehr die Bundesstaaten die Ausgaben beschränken, desto mehr würde auch die nachträgliche Matrikularbeitragsforderung unter der Maximalgrenze von 100 Millionen zurückbleiben, und die Bundesstaaten würden in der Lage sein, thatsächlich einen Theil des ihnen überwiesenen Betrages der Branntweinverbrauchsabgabe für sich dauernd zu retten. Ebenso aber würde ganz gleicher Weise der Reichstag in der Lage sein, Streichungen von Ausgaben, rein theoretisch betrachtet, bis zu 100 Millionen, vorzunehmen und um den gleichen Betrag die Matri⸗ kularbeiträge zu kürzen, d. h. unter Umständen gar keine Matrikular⸗ beiträge zu bewilligen. Selbstverständlich wird thatsächlich der Reichs⸗ tag nie so weit gehen können. Die Bundesstaaten würden aber dann bei der Aufstellung ihrer einjährigen oder mehrjährigen Etats ganz klar wissen, welche Maximalschuld sie nach dem System der Ver⸗ theilung der Matrikularbeiträge im äußersten Falle an das Reich zu leisten haben, und könnten sich danach einrichten.

Die verbündeten Regierungen glauben, daß das ein Weg wäre, auf dem man zu einer Vereinfachung der jetzigen Finanzgebahrun des Reichs gelangen könnte. Es mag auch andere Wege geben; es hat aber das hohe Haus vielleicht die Geneigtheit, sich mit diesem Gedanken zunächst einmal theoretisch zu beschäftigen. Man könnte freilich gegen eine derartige Gestaltung des Reichs⸗Finanzwesens den Einwand erheben, daß damit unter Umständen die Forderung neue Steuern näher gerückt sei; denn wenn thatsächliche, unabweisbare Be dürfnisse des Reichs vorlägen, die man nicht abzuweisen vermöge könnte man bei einer derartigen gesetzlichen Gestaltung die Matri kularbeiträge über ihren Maximalbetrag nicht erhöhen und müßt also event. neue Steuern bewilligen. Ich kann auch diesen Einwand der theoretisch zwar recht annehmbar erscheint, praktisch als berechtig nicht anerkennen. Zunächst steht das unbeschränkte Matrikularbeitrags⸗ recht des Reichs nur auf dem Papier. Der Reichstag kann das Ma trikularbeitragsrecht ebensowenig wie die Reichs⸗Finanzverwaltung und die verbündeten Regierungen über eine bestimmte Grenze ausnutzen Wenn auch vielleicht größere Staaten in der Lage sind, steigende Matrikularbeiträge zu ertragen und in ihrem Finanzhaushalt aus⸗ zugleichen, weil sie dann andere Ausgaben ihrer Landes⸗Etats zurück⸗ stellen können, so sind die kleineren deutschen Bundesstaaten bei ihren beschränkten Etats hierzu nicht in der Lage, und das Recht, Matrikular⸗ beiträge zu fordern, zu scharf anzuspannen, heißt nichts als eine Anzahl kleinerer Staaten in die Zwangslage bringen, daß sie weder wirth⸗ schaftlich, noch vielleicht politisch weiter existiren können. (Sehr richtig! rechts.)

Außerdem hat doch der Reichstag gegenüber allen Ausgaben, die ihm vorgelegt werden, das Recht der Ablehnung, und er hat das Recht der Ablehnung auch gegenüber neuen Steuervorlagen. Auf den Standpunkt wird sich selbstverständlich kein Reichstag stellen, daß er deshalb an sich begründete sachliche Forderungen ablehnt, um keine neuen Steuern zu bewilligen. Denn, was nothwendig ist, das muß im Interesse der Erhaltung des Reichs und der Erfüllung seiner Auf⸗ gaben gewährt werden. Und, meine Herren, daß der Reichstag die Kraft hat, neue Steuern, die er für unnöthig hält, abzulehnen, davon hat er ja bei der Berathung des ersten Finanzreformgesetzes eine ganz hübsche Probe abgelegt. (Heiterkeit.) Ich glaube nicht, daß das hohe Haus der Ansicht ist, daß etwaige Nachfolger dieser Versammlung in dieser Beziehung schwächlicher ausfallen werden; im Gegentheil, man könnte vielleicht die Befürchtung haben, daß die Kraft, die verneint, mit den kommenden Wahlen noch wächst. Aber, meine Herren, die verbündeten Regierungen haben gegenüber dem Weg, den ich mir ge⸗ stattet habe anzudeuten, und den sie ich kann wohl sagen, ein⸗ stimmig für den richtigen halten würden, sich doch der Ueberzeugung nicht verschließen können, daß zur Zeit ein derartiges dauerndes Finanzreformgesetz von dem hohen Hause nicht zu erreichen sein wird; sie haben sich deshalb darauf beschränkt, Ihnen diesen Jährling zu präsentiren, der hier vorliegt.

Meine Herren, der Gesetzentwurf ist aus der Ueberzeugung der verbündeten Regierungen hervorgegangen, daß die Bundesstaaten, welche jetzt aus Reichssteuern erhebliche Mehrüberweisungen für ihre Landeszwecke erhalten, während das Reich sich fortgesetzt für Anlagen verschulden muß, die keine Zinsen in Aussicht stellen und mit mathe⸗ matischer Sicherheit nperiodisch wiederkehren, die Ueber⸗ weisungspolitik in ihrem bisherigen Umfange nicht länger aufrecht erhalten können. Man könnte den Einwand erheben: Reichsschulden sind Landesschulden und könnten, wie ich einmal hier im Plenum des Reichstages ausgeführt habe, nach dem Matrikularbeitragsfuß jeden Augenblick auf die Einzelstaaten vertheilt werden, folglich ist es ganz gleichgültig, ob das Reich Schulden eingeht, oder ob man den Einzel⸗ staaten, während sich das Reich fortgesetzt verschuldet, Mehrüber⸗ weisungen zahlt und die Einzelstaaten hiermit ihre Landesschulden tilgen. Diese Theorie würde aber doch das selbständige Leben des Reichs als eines besonderen Staatsgebildes nicht genügend berück⸗ sichtigen und dasselbe eigentlich deklassieren zu einer Art Kreditanstalt für die Einzelstaaten. Thatsächlich haben die verbündeten Regierungen bereits bei dem zweiten Finanzreformgesetz auf Mehrüberweisungen verzichtet; aber, wie ich ganz besonders stark unterstreichen möchte, damals nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß sie auch unter keinen Umständen mehr an Matrikularbeiträgen zu zahlen hätten, als sie an Ueberweisungen erhalten.

Daß die Ueberweisungspolitik in dem bisherigen Umfange nicht fortgeführt werden kann im Reiche, ergiebt sich zunächst aus den fort⸗ dauernd steigenden Aufwendungen, die das Reich für seine mili⸗

tärische Vertheidigung zu Land und zu Wasser zu machen genöthigt