1897 / 60 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

ges. D. „Wartburg“ 10. März Mrgs. Reise v. Oporto n.

ambuco fortges.

Hamburg, 10. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Linie. PD. „Prufsia“, von New⸗YVork kommend, hat heute früh

Lizard passiert. London, 10. 2. T. B.) Union⸗Linie. D. „Tartar“ ist auf der reise heute von Madeira abgegangen.

Castle⸗Linie. -. „Roslin Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira passiert. Rotterdam, 10. März. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. D. Spaarndam, von New⸗York nach dam, hat gestern Nachmittag Prawle Point passiert. 8 8

Theater und Musik.

Konzerte.

2 Der achte Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle fand unter Kapellmeister Weingartner's Leitung am Dienstag Die Aufführung verlief nicht so ruhig wie sonst, da die Novität des Abends: drei Sätze einer Symphonie von Gustav Mahler, das Publikum in zwei Parteien spaltete, welche einen heißen Kampf für und wider das Werk führten, der jedoch schließlich unentschieden blieb. Die drei Sätze führten die Titel: „Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen“, „Was mir die Thiere im Walde erzählen“ und „Was mir die Liebe erzählt.“ Der erstgenannte Satz ist in seiner dem Mexnnuett nachgebildeten Form entschieden Ffacg. Er ist bereits in einem der Philharmonischen Konzerte unter Nikisch's Leitung

espielt worden und fand hier wie dort eine beifällige Aufnahme. Am meisten erweckte der das vergnügte Treiben der Thiere im Walde auf den ungebräuchlichsten Instrumenten illustrierende Satz die Opposition, die nicht ganz ungerechtfertigt schien, zumal das Betreten des Waldes durch den Menschen in einem recht banalen Flügelhornsolo Ausdruck fand. Weniger heiß umstritten war der dritte Satz, der sich lediglich als Nachahmung , Musik auswies und in der Stimmung an „Tristan und Isolde“ gemahnte. Einmüthiger, starker Beifall wurde dagegen den übrigen Darbietungen des Abends, welche aus den Ouvertüren zu „Euryanthe“ und „Rienzi“ und aus Theilen der Musik zum „Sommernachts⸗ traum“ bestanden, gespendet. Im Ganzen darf diesem achten Symphonie⸗Abend nachgesagt werden, das er von ; en dieses Winters wohl der interessanteste war. An demselben Tage ver⸗ anstaltete der sächsische Kammersänger Herr Eduard

eßler im Saal Bechstein einen wohlgelungenen Lieder⸗ und

lladen⸗Abend, in welchem er mit klangvoller Stimme und lebendigem Vortrag Lieder von Schubert und Schumann, etliche Balladen von Loewe, sowie eine Reihe von neueren Kompositionen von Brahms, E. E. Taubert, Siegfried Ochs, Wilhelm Tappert und Adolf Arensen zu Gehör brachte. Unter den letzteren gefielen namentlich Tappert's stimmungsvolles „Vale, carissima“, das auf Wunsch wiederholt werden mußte, und als Novität Arensen's „Lacrimae Christi“. Das zahlreiche Publikum stattete dem Sänger am Schluß durch lebhaften Beifall und mehrmaligen Hervorruf seinen Dank für den genußreichen Abend ab. Am Klavier bewährte sich Herr Otto Bake wiederum als feinfühliger Begleiter.

Die Sopranistin Eleonore Lorenzen, welche gestern ihr zweites Konzert in der Sing⸗Akademie gab, erfreute wieder durch den schönen, jugendlichen Klang ihres Organs; aber in der Technik des Gesanges bedarf sie noch sehr der Vervollkommnung, auch ihr seelisches Ausdrucksvermögen erscheint noch unfrei und schulmäßig. Da die Sängerin hauptsächlich Lieder, welche Größe der Empfin⸗ dung und des Gedankens voraussetzen, vortrug, so konnte die Wiedergabe nicht überall gelingen und künstlerisch befriedigen. Bei der Jugend der Sängerin kann man aber hoffen, daß sie sich zu größerer Sicherheit in der Erfassung der darstellen⸗ den Stimmung und des Gedankeninhalts der Tonstücke durch⸗ ringen wird. Wirkungsvoller gestalteten sich die Geigenvor⸗ träge des Fräuleins Frieda Crampe, welche das bekannte Adagio von Spohr mit echter Empfindung zu beseelen vermochte; in einem Konzert von Vieuxtemps und einer Mazurka von Wieniawski

siel der schöne glatte Strich der Geigerin und der Fortschritt, den die junge Künstlerin auch in kechnischer Beziehung gemacht hat, vortheilhaft auf. Zu gleicher Zeit konzertierten im Saal Bechstein die Danen Fräulein Marion Bear (Klavier) und Fräulein Fanny Kauffmann (Gesan Beide sind für ein öffentliches Auftreten noch nicht reif. Die Pianistin ist am weitesten vorgeschritten; ihr Spiel zeichnete sich du ge⸗ sunde musikalische Auffafsang und eine gewisse wohlthuende Ruhe aus; hingegen erschien die Technik noch unz ssig. Im Ganzen läßt sich für die Zukunft von der Künstlerin gutes erwarten. Die Sängerin erwies sich als so unzureichend, daß man ihre Leistungen zunächst am besten mit Stillschweigen übergeht, bis sie sich soweit vervollkommnet haben wird, um die gestrige Scharte wieder auszuwetzen. Das Philharmonische Srener veranstaltete gestern unter

ranz Mannstaedt'’'s Leitung eine Löwe⸗Feier, und zwar unter

itwirkung des Königlichen Kammersängers Herrn J. StaJg; und seiner Gattin, der Königlichen Hof⸗Opernsängerin Gisela Staudigl, des Schnöpf'schen Gesangvereins. Das Pro⸗ Fenes enthielt außer Wagner's Vorspiel zu den „Meistersingern von

ürnberg“ ausschließlich Kompositionen Löwe's, von denen mehrere bereits durch Eugen Gura vorgetragen worden sind; doch kamen auch einige hier noch nicht gehörte Gesänge zur Aus⸗ führung, unter denen allerdings nur wenige von musikalischer Bedeutung waren. Der Sänger trug „Wandrers Nachtlied“, „Die Abgeschiedenen“, „Süßes Begräbniß“, zwei Balladen und „Gregor auf dem Steine“, instrumentiert von F. Weingartner, mit klangvollen, umfangreichen Stimmmitteln und interessanter Ausdrucksweise vor. Seine Gattin, das ehemalige beliebte Mitglied der Königlichen Oper, erregte durch ihre bis ins hohe C mit Leichtigkeit emporsteigende, schöne und koloraturgewandte Stimme allgemeine Bewunderung. Sie hatte die Lieder „Ich denke Dein“, „Der Komet“, „Die verliebte Schäferin“, zwei Balladen: „Walpurgisnacht“ und „Der Fischer“, sowie eine Scene aus „Faust“ (mit Orgelbegleitung) auserwählt und erfreute noch durch einige Zugaben, auf welche ein wahrer Sturm des Beifalls losbrach. Der Gesangverein brachte ein „Tedeum“ des Meisters für Chor und Orchester und den dritten Theil aus dem Oratorium „Johann Huß“ in gelungener Weise zur Ausführung. Dem Dirigenten des Orchesters wurde am Schluß des interessanten Konzerts eine besondere Auszeichnung durch Ueberreichung eines Lorber⸗ kranzes zu theil. Sämmtliche Saal⸗ und Logenplätze waren besetzt. Auf dem Podium war die Kolossalbüste Löwe's aufgestellt.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Ambroise Thomas' Oper „Mignon“ unter Kapellmeister Sucher's Leitung mit Fräulein Rothauser in der Titelrolle zur Aufführung.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Schiller's Trauerspiel „Maria Stuart“ gegeben. Die Elisabeth spielt Fräulein Haverland, die Maria Stuart Fvr. Poppe.

Im Theater des Westens geht am nächsten Sonnabend das vieraktige Drama „König Saul“ von Adalbert von Hanstein zum ersten Mal in Scene.

Mannigfaltiges

undertjahrfeier erläßt der Magi ufforderung: „An unsere Mitbürger zum 22. März 1897.

Deutschland rüstet sich zu einer nationalen Feier. Vor hundert Jahren ward in unserer Stadt der große Kaiser Wilhelm I. geboren. Alle Liebe und alle Ehrfurcht, alle Bewunderung und aller Dank, sie werden an Seinem Geburtstage neu in den deutschen Herzen, und die Erinnerung an des Vaterlandes große Zeit, an seine Feldherren und seine Staatsmänner, an die heldenmüthigen Thaten unseres Volks in Waffen bricht mächtig hervor in freudigen Festen. Vor dem König⸗ lichen Schlosse erhebt sich das National⸗Denkmal. Seine Majestät der Kaiser wird es enthüllen, und die Schaaren deutscher Maäͤnner aus allen Gauen werden es grüßen, das Bildniß des ruhmreichen Gründers des neuen Deutschen Reichs, des treuen Führers seines treuen Volks. Mitbürger! Festlicher Schmuck am hohen Gedenk⸗

folgende

8

tage, Fahnen und Wimpel von Thürmen und Dächern, an und Fenstern mögen künden von der patriotischen Freude der Hauptstadt, und heller Lichterglanz am Abend 22. März vo in allen —x lebenden Dank! Keiner bleibe zurück! Den w großen ge dur ie eend, ihnen hört, mit stolz 2ö, Brust! ¹ die Berlin, den 9. März 1897. 8

Der Magistrat. 0 Zelle.* 8

Im Sitzungssaale des alten Reichstags⸗Gebändes sin 16. und 17. d. M. ein Bazar zum Besten des mergadeen statt. Derselbe beginnt an beiden Tagen um 11 Uhr Vormittags, Abends von 7 Uhr an wird die Kapelle des 1. Garde⸗Dragoner⸗ Regiments konzertieren. (Eintrittspreis 50 ₰.) 8

Der Projektionsabend, welchen die „Deutsche Gesellschaft von Freunden der Photographie“ vorgestern in der Aula der Kriegs⸗Akademie abhielt, gestaltete sich durch einen Vortrag, den Herr John Fretwell aus Providence (Rhode Island, U. S. A.) Über Britisch Nord⸗Amerika und Alaska hielt, zu einem besondert interessanten. Der Redner verknüpfte die Vorführung von Städtebildern aus seiner Heimath vielfach mit aktuellen wirth⸗ schafts⸗ und sozialpolitischen Exkursen und wandte sich dann dem nördlichsten Amerika zu, welches er zum theil gllein, zum theil mit Mitgliedern der Königlich englischen Geographischen Gesellschaft bereist hat. Er zeigte und erläuterte u. a. die Bilder der Ueberreste von Bauwerken, Forts ꝛc., welche die französische Besatzung in Louisburg Kap Breton (im heutigen Neu⸗Schottland) schon unter Ludwig XIV. als Stützpunkt ihrer Angriffe auf die englische v errichtet hatte. Eine Anzahl anderer Bilder führte dann die Zuhörer im Fluge von der Ostseite des amerikanischen Kontinents auf dem Wege der kanadischen Eisenbahn nach dem Stillen Ozean, an welchem als wichtiger End⸗ und wahrscheinlich zukünftiger Knotenpunkt für den schnellsten Weg von Europa nach China und Japan die sich überraschend schnell entwickelnde Stadt Vancouver liegt. Von dieser ging die Seefahrt vorbei an jener Insel, welche Kaiser Wilbelm I. als Schiedsrichter zwischen Eng⸗ land und Amerika seiner Zeit dem letzteren zusprach, nach Victoria, und von dort, noch weiter nördlich vordringend, nach den Gletschern von Alaska. Fesselnd waren die Darlegungen des Redners über die Entstehung jener Gebiete in prähistorischer Zeit, und zahlreiche Auf⸗ nahmen von Gletschern, in Eismassen persunkenen Wäldern ꝛc. ließen die Zuschauer die Wirkung des Eises als wesentlichen Faktors bei der Bildung der Kontinente erkennen, wobei auch interessante Streiflichter auf die 1ee Entstehung unserer europäischen Alpen und die Fjorde Norwegens fielen.

Der letzte „Wissenschaftliche Abend“ dieses Winters, den der „Wissenschaftliche Centralverein“ veranstaltet, findet am Sonnabend, Abends 8 Uhr, im Französischen Gymnasium, Dorotheen⸗ straße 41 II, statt. Den Vortrag hält Direktor Professor Dr. B. Schwalbe über „Internationale Bibliographie“; eine Disputation an der Hand gedruckter Thesen soll sich anschließen. Karten für Nichtmitglieder find in den Bureaux der Humboldt⸗Akademie erhältlich.

Beuthen (Ober⸗Schlesien), 10. März. In der Falva⸗Hütte wurden gestern durch Platzen eines Dampfrohres nach einer den des „W. T. B.“ 14 Arbeiter verbrüht; ein Arbeiter ist todt.

Dortmund, 10. März.

Die Stadtverordneten⸗Versammlung bewilligte heute, dem „W

B.“ zufolge, den Betrag von

4 Millionen Mark für die Errichtung einer Thalsperre bei

Schwerte a. d. Ruhr.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

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768 wolkenlos 769 wolkig 768 heiter München 768. wolkig Chemnitz. 767 bedeckt Berlin 764 Regen Wien 765 Schnee Breslau 765 SO wolkig V IFle d'Aix . 769 SSO 2 Nebel I F 765 1 halb bed.

Uebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung ist auf dem ganzen Ge⸗ biete sehr Aleichmaͤßiog und daher die Luftbewegung allenthalben schwach. Barometrische Maxima lagern über Südfrankreich und Nordwestrußland, flache Depressionen über Südost⸗ und Nordwest⸗Europa. In Deutschland, wo meistens Niederschläge gefallen ind und vielfach Nachtfröste stattgefunden, ist das

tter ruhig und theilweise heiter. Die Morgen⸗ temperatur ist durchschnittlich normal. Nachtfrost

wahrscheinlich. ahrscheinlich Deutsche Seewarte. ——õõ———— Theater.

Königliche Schanspiele. Freitag: Opern⸗ haus. 63. Vorstellung. Mignon. Oper in 3 Akten von Ambroise Thomas. Text mit Benutzung des Goethe'schen Romans „Wilhelm Meister's Lehrjahre“ von Michel Carré und Jules Barbier, deutsch von

erdinand Gumbert. Ballet von Paul Taglioni.

irigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 ½ ÜUhr.

Schauspielhaus. 70. Vorstellung. Sonder⸗Abonne⸗ ment B. 11. Vorstellung. Maria Stuart. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. Regie: Herr Plaschk nfang 7 Uhr.

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arlsruhe.. Wiesbaden.

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Sonnabend: Opernhaus. 64. Vorstellung. Die Meistersinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. (Walther von Stolzing: Herr Emil Götze, Königlicher Kammer⸗ sänger, Hans Sachs: Herr Theodor Reichmann, K. K. Kammersänger aus Wien, als Gäste.) An⸗ fang 6 ½ Uhr.

chauspielhaus. 71. Vorstellung. Der Biblio⸗ thekar. Schwank in 4 Aufzügen von Gustav von Moser. Anfang 7 ½ Uhr. 1“

Deutsches Theater. Freitag: sunkene Glocke. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Die versunkene Glocke.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Hamlet. Abends 7 ½ Uhr: Der Sohn des Khalifen.

Berliner Theater. Freitag (26. Abonnements⸗ Vorstellung): Faust. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Jungfrau von Orleaus. Abends 7 ½ Uhr: Renaissance.

Lessing⸗Theater. Freitag: Zum ersten Male: Der Herr Abbé. Lustspiel in 3 Aufzügen von H. Meilhac und St. Albin. Hierauf: In Civil. Schwank in 1 Aufzug von Gustav Kadel⸗ burg. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Der Herr Abbé. Hierauf: In

vil.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr (volksthümliche Preise): Comtesse Guckerl. Abends 7 ½ Uhr: Der Herr Abbé. In Civil.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: Associss. Lustspiel in 3 Akten von Léon Gandillot. Deutsch von Max Schönau. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Associés.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5. Direktion: Sigmund Lautenburg. Marcelle. Komödie in 4 Akten von Victorien Sardou. Für die deutsche Bühne bearbeitet von

ul Lindau. In Scene gesetzt von Sigmund

burg. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Mareelle.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Der Hüttenbesitzer.

Schiller⸗Theater. Freitag, Abends 8 Uhr: Mit Vergnügen.

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: Die gerechte Welt. 8

Die ver⸗

Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn⸗

hof Zoologischer Garten.) Freitag: Gastspiel des errn Gustav Kadelburg. Die berühmte Frau.

Sonnabend: Zum ersten Male: König Saul. Drama in 4 Akten von Adalbert von Hanstein.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Die wilde Jagd. Abends 7 ½ Uhr: Gastspiel des Herrn Gustav Kadelburg. Letzte Aufführung: Die berühmte Frau.

Montag: König Saul.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Mit neuer Ausstattung: Strauß⸗Cyelus. IJndigo und die vierzig Räuber. Große Ausstattungsoperette in 3 Akten, nach einem älteren Sujet für die iesige Bühne bearbeitet von Eduard Jacobson. Musik von Johann Strauß. Drei große Ballets, entworfen und arrangiert vom Balletmeister Greco Poggiolest Anfang 7 ½ Uhr.

onnabend: Indigo und die vierzig Räuber.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Der Bettelstudent.

In Vorbereitung: Zweiter Abend im Strauß⸗ Cyclus. Der Karueval in Rom. Operette in 3 Akten von J. Braun. Musik von Joh. Strauß.

Thalia-Theater (vorm. Adolph Ernst⸗Theater). Dresdenerstraße 72/773. Direktion: W. Hasemann. Freitag: Frau Lieutenant. Vaudeville in 3 Akten von 2 und A. Mars. Deutsch von H. Hirsche usik von G. Serpette und V. Roger. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Frau Lieutenant.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Trilby.

Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: Richard Schultz. Freitag: Emil Thomas a. G. Ein sideler Abend. Burleske dramatische Revue in 1 Vorspiel und 3 Bildern von J. Freund und W. Mannstädt. Musik von verschiedenen Meistern, arrangiert von Julius Einödshofer. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Ein fideler Abend.

Konzerte.

Konzerthaus. Karl Meyder⸗Konzert. Freitag: XI. Wagner⸗Abend.

Philharmonie. Freitag, Anfang 7 ½ Uhr: II. Populärer Lieder⸗Abend von Eugen Gura.

Birkus Renz. Karlstraße. (Jubiläums⸗ Saison 1896/9 7.) Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Jubiläums⸗Vorstellung verbunden mit einer Grande Soirée équestre anläßlich der 50. Aufführung: Aus der Mappe eines Riesen⸗ gebirgs⸗Phautasten. Außerdem: Der 5

gst Blondel (Original⸗Dressur). Hierau

Monstre⸗Tableau von 70 der edelsten Frei⸗ heitspferde, dress. u. vorgef. v. Direktor Fr. Renz. Nazar⸗Bey, arab. Schimmelhengst, als Springpferd dressiert und vorgeführt von Herrn Hugo Herzog. Hierauf: Die beliebten Freiheitspferde Mazud und Atharguel. El Bolero, spanische hohe Schule, ge⸗ ritten von 6 Damen und 6 Herren. Sonnabend: Benesiz für die berühmte Künstler⸗Familie James Jee.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Freiin Nora Schenck zu Schweins⸗ berg⸗Wäldersbausen mit Hrn. Kammergerichts⸗ Regerenbar Dr. jur. Timon von Renthe gen. Fink (Rom). Frl. Dorothee von Itzenplitz mit Hrn. Plie angs⸗Affeshe Siegfried Grafen zu Dohna

(Breslau). Maria Freiin von der Kettenburg mit Hrn. Regierungs⸗Rath Jaroslaw von Jarotzky (Matgendorf Posen). Frl. Jenny vom Rath mit Hrn. Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Eugen Grolman (Düsseldorf). Frl. Melanie von Jagow mit Hrn. Pastor Hermann Schmidt (Gadderbaum⸗Bielefeld). Frl. Gabriele von Levetzow mit Hrn. Grafen Alfred von Schlabren⸗ dorf und Seppan (Berlin). Gräfin Martha von der Schulenburg mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Bernd Grafen von Arnim⸗Zichow (Rostock). Frl. Ella Wendel mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Wilcke (Ehren⸗ breitstein). Frl. Rose Iffland mit Hrn. Stabs⸗ arzt Dr. Rudolf Müller (Potsdam— Berlin). Frl. Aenne Schmitz mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Möll⸗ mann (Hörde i. W. Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann a. D. Manfred von Lieres (Gollkowe). Hrn. Ritt⸗ meister Erik Frhrn. von Barnekow (Schwerin i. M.). Hrn. Gerichts⸗Assessor Dr. Ernst Pape (Magdeburg).

Gestorben: Hr. Konsistorial⸗Rath a. D. Carl Wilhelm Braunschweig (Naumburg a. S.) Valer Graf Matuschka von Toppolczan, Frhr. von Spättgen (Langmeil). Hr. Kunstmaler Martin von Aster (Karlsruhe i. B.). Hr. Oberförster a. D. Robert Hesse Edler von Hessen⸗ thal (Berlin). Baronin Agnes von der Goltz, geb. Kegel (Schneidemühl). hr Irma von Kahlden (Neustadt b. Pinne). Frl. Helene von

Foh 8 28 vn 1 ugust Franz euthen O.⸗S.) Hr. Super⸗

intendent a. D. Johann Christian Schuchardt

(Merseburg).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 3223.

Acht Beilagen (einschließlich

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Bemerkungen.

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der schnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durch⸗

Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag. 188. Sitzung vom 10. März 1897, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrige Nummer d. Bl. berichtet. 8 8

Auf der Tagesordnung steht ein Gesetzesantrag des Abg. Grafen von Schwerin (d. kons.) wegen Be⸗ schränkung des Zollkredits bei der Einfuhr von Getreide; danach soll die Zahlung des Zolles spätestens vierzehn Tage nach der Einfuhr erfolgen, und bei der Ab⸗ fertigung der Waare auf Transitlager sollen die kreditierten Zollbeträge und die Mühlen⸗Konten mit 4 v. H. verzinst werden. Die ausgestellten Einfuhrscheine sollen nicht erst nach b Manaten, sondern sofort in Zahlung genommen werden

nen.

Abg. Graf von Schwerin (d. kons.): Vor drei Jahren hat der preußische Staatsrath die Aufhebung der Transitlager, soweit sie nicht lediglich dem Verkehr mit dem Auslande dienen, beschlossen. Die Vertreter der verbündeten Regierungen haben auch eine Be⸗ schränkung in Aussicht gestellt; aber bisher ist nichts geschehen, vielmehr sind die Transitlager Zollkreditanstalten auf Landeskosten geworden. Die Statistik des Niederlagsverkehrs ist allerdings sehr unvoll⸗ kommen, aber es erziebt sich doch eine erhebliche Vermeh⸗ rung, z. B. bei Weizen in den letzten Jahren um 200 000 t. Dadurch erwachsen nicht bloß der Landwirthschaft, sondern such dem Mühlengewerbe große Nachtheile, denn durch die Transit⸗ lager werden wir trotz unserer guten Ernten mit über⸗ flüssigem ausländischen Getreide überschwemmt. Die Einfuhr

gesteigert durch die Handelsverträge. Alle Vortheile, welche iese Verträge anderen Erwerbszweigen gebracht haben, können den Schaden nicht ausgleichen, den die Landwirth⸗ schaft erlitten hat. Dazu kommt die Schädigung des deutschen

üllereigewerbes durch die Mühlenkonten der großen Exportmüblen, gegen die jetzt die kleinen Müller energisch Front machen. Die Transitlager und Mühlenkonten müssen sämmtlich beseitigt werden; denn durch eine bloße Einschränkung derselben würde das Vorrecht der verbleibenden nur verschärft und verstärkt werden. Wenn nach zwei Jahren statt der jetzigen 200 Niederlagen nur noch 100 vor⸗ anden wären, so würde in denselben ebenso viel Getreide lagern, wie jetzt. Die Einzelregierungen werden auch mit der Aufhebung der Transitlager nicht vorgehen, weil sie sich z. B. sagen: warum ollen wir die Niederlage in Mannheim aufheben, wenn dadurch nur der Frankfurter Markt verstärkt wird? Die Kaufleute sagen

nun freilich, daß es auf den Zollkredit an sich gar nicht an⸗ kommt. Obgleich wir die Mühlenkonten nach der Aufhebung

des Identitätsnachweises nicht mehr für nothwendig halten, haben wir doch nicht deren Aufhebung beantragt, sondern nur die Verzinsung des Kreditzolles; denn die Zinsersparniß ist ein Einnahmeausfall für das Reich und eine Herabminderung des Schutzzolles. Der Zollkredit kann bis zu 5 Jahren gewährt werden. Bei der Verschiedenheit der Kreditfristen ist die Vergünstigung für die Kreditinhaber eine durchaus verschiedene, und gerade die größten Müller erfreuen sich der längsten Kreditfristen. Die Einwendung verschiedener Handelskammern gegen die Aufhebung der Zollkredite halte ich nicht für maßgebend. Daß dadurch der Getreidehandel in das Ausland verdrängt wird, trifft nicht zu; denn dann müßte jeder Schutzzoll ebenfalls den Handel ins Ausland treiben, was aber nicht geschehen ist. Die Zollverwaltung betrachtet die Getreidezölle immer noch als Schutzzölle und will deshalb bei der Zolleinziehung nicht allzu scharf vorgehen. Die Privilegien für die Großgrundbesitzer sind vor 50 Jahren abgeschafft worden, obgleich sie doch nur sehr ideeller Natur waren. Hier hat man rivilegien für den Großhandel, die sehr materieller Natur sind. Hier sollte endlich gleiches Recht für alle geschaffen werden. Abg. Rickert (fr. Vgg.): Die Herren hätten konsequent sein sollen und die Liebesgaben aufheben sollen, welche dem Großgrundbesitz durch die Steuerpolitik der letzten Jahre, durch die Branntweinsteuer u. s. w. zugeflossen sind. Ich nehme an, daß der Staatssekretär die übertriebenen Behauptungen des Vorredners über die Bedeutung des Zollkredits widerlegen wird. Jedenfalls muß der Antrag einer Kom⸗ mission überwiesen und gründlich geprüft werden. Die leeren Bänke des Hauses scheinen aber zu zeigen, daß man den Antrag nicht für so erheblich hält. Sollten die 35 Zinsen für den Jol auf eine Tonne Getreide bei dreimonatigem Kredit wirklich eine solche Be⸗ deutung haben? Für den Danziger Handel treffen die Behauptungen des Vorredners nicht zu. Durch solche kleine Vortheile läßt sich der Kaufmann nicht zum Kaufen veranlassen; er kauft nur bei Bedarf und gewinnt an dem großen Umsatz. Die Folge des An⸗ trages wird sein, daß die großen Händler alles monopoli⸗ sieren. Bremen und Hamburg haben ihre großen Freihäfen, wo sie ohne Zollkredite arbeiten können. Die Ostseehäfen würden durch die Beseitigung der Transitläger geschädigt werden und an ihre Stelle würden die russischen Häfen Liebau und Riga oder auch Kopenhagen treten. Auf dem Weltmarkte würde durch eine solche kleinliche Maßregel an den Getreidepreisen nichts geändert werden. Ein hervorragender Landwirth, ein Mitglied des Bundes der Land⸗ wirthe, hat offen erklärt, daß dieser Antrag nicht bloß den Handel, sondern auch die Landwirthschaft schädige. Abg. Gerstenberger (Zentr.): Die bavperischen landwirth⸗ schaftlichen Vereine haben verschiedentlich schon Anträge ein⸗ gebracht wegen Beseitigung der Zollkredite und der Transitlager, welche die Vorrechte einiger reicher Unternehmer seien. Deshalb werden meine Freunde für den Antrag stimmen. Warum sollen die armen Leute

chen Staats⸗Anzeiger

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für die inländische Waare sofort die Steuern bezahlen, während für die ausländischen Waaren Zollkredite gewährt werden?

Abg. Graf von Arnim (Rp.): Auf Grund der Zollkredite haben die Mühlen den Import gefördert, weil der Export von Mehl erleichtert werden sollte, was man aber nicht erreicht hat, denn es ist nur etwa ein Fünftel des eingeführten Getreides als Mehl wieder ausgeführt worden. Der Staatssekretär Graf von Posadowsky hat erklärt, daß die Sache erwogen werde, aber seit 2 Jabren ist nichts geschehen. Graf Klinkowström hat im Herrenhause sich ein Verdienst erworben, daß er die Ausbeuteverhältnisse der Königsberger Mühlen vorgebracht und nachgewiesen hat, daß diese Mühlen lediglich durch die hohe Ausbeute einen Zollgewinn von 400⸗ bis 500 000 jährlich gemacht haben. In einem Geschäftsbericht einer Mühle wird fest⸗ gestellt, daß ohne den Zollkredit von 680 000 die Mühle ½ v. H. weniger Dividende geben würde. Herr Rickert sollte sich mit diesen Autoritäten über die Bedeutung der Zollkredite auseinandersetzen. Ich habe schon seit mehreren Jahren erkannt, daß es sich bei dieser Frage der Mühlenkonten nicht bloß um eine landwirth⸗ schaftliche Frage handelt, sondern geradezu um eine soziale Frage, welche zur Vernichtung der kleinen Müller durch die großen führen muß. Die großen Mühlen haben allerdings einen Vortheil davon, wenn sie das gleichmäßige ausländische Getreide vermahlen können. Aber sie würden nicht so stark die kleinen Müller über⸗ treffen können, wenn nicht die Gesetzgebung durch die Zollkredite ihnen eine besondere Begünstigung zuwendete. Das ausländische Getreide wird zum Drücken der Preise benutzt und geht dann nachher auf die Mühle. Meine Ausführungen darüber haben einen großen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Der Abg. Richter hat mich wegen dieser Ausführungen im Abgeordnetenhause angegriffen, während ich ihm doch hier gegenübersitze. Uebrigens hat Herr Richter meine Behauptungen wohl gar nicht gelesen; denn er hat von falschen Notierungen gesprochen, wovon ich niemals etwas gesagt habe. Mir wird vorgeworfen, daß ich behauptet habe, daß die Mühlen nur Schundwaare verarbeiten, daß die Kleie so schlecht sei, daß die Ferkel davon stürben. Ich habe eine Abwehrschrift dagegen veröffentlicht. Aber von 100 Zeitungen haben nur 10 dieselbe aufgenommen. (Abg. Richter: Ich habe ja davon gar nicht gesprochen, sondern nur von den Börsen⸗ notierungen!)) Dann wende ich mich gegen den Abg. Barth, der in der „Nation“ mich angegriffen hat. Die Zollkredite reizen zur Anschaffung von Schundwaare, die auf die Mühlen ge⸗ bracht wird. Ich weise auf die Börsen⸗Enquste hin, in welcher aus⸗ gesagt wurde, daß die Gutachter sich schließlich an die Schundwaare gewöhnen, wenn sie nichts Anderes zu Gesicht bekommen, und sie für lieferbar erklären. Ich mache den großen Mühlen keinen Vorwurf daraus, daß sie billiges Getreide verarbeiten. Wenn man das hervor⸗ hebt, dann verletzt man die kaufmännische Ehre der betreffenden Personen nicht. Ich habe eine Anzahl von Gewährsmännern dafür, daß die Mühlen die minderwerthige Waare abgenommen haben, indem sie dieselbe unter der Hand von dem Händler gekauft haben. Trotzdem haben die Herren mir gegenüber erklärt, daß sie von Schundwaare nichts wissen. Wenn einer der Herren von der Linken weiter auf diese Frage eingehen sollte, bin ich gerne bereit, mich darüber zu verbreiten und auch die Namen meiner Gewährsmänner zu nennen. Es ist außerdem festgestellt worden, daß das eingeführte minderwerthige Getreide mit Bakterien behaftet ist, die durch den Backprozeß nicht vernichtet werden. Die Frage bedarf jedenfalls einer gründlichen Untersuchung. Von den 36 000 kleinen Mühlen sind in den letzten Jahren 1100 schon eingegangen. Dadurch wird der Heer⸗ bann der Sozialdemokratie immer mehr verstärkt. Deshalb appelliere ich an die verbündeten Regierungen, damit sie für die Erhaltung des Mittelstandes eintreten.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.): Graf Arnim hat sich bemüht, seine vorjährigen Ausführungen in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen. Im vorigen Jahre hat er den Vorwurf erhoben, daß drei Mühlen in Berlin existieren, welche lieferungsunfähiges Getreide vermahlen, deren Kleie so schlecht ist, daß die Ferkel davon sterben. Nach einer Unterredung mit Herrn Schütt erklärte Graf Arnim, daß er nicht behauptet habe, daß die Mühlen ausschließlich Schundwaare verarbeiten. Graf Arnim hat trotz der Aufforderung der Müller seinen Gewährsmann nicht genannt. Man nahm schon an, daß er vielleicht dem Gewährsmanne sein Ehrenwort gegeben habe, den Gewährs⸗ mann nicht zu nennen. Er ist jetzt bereit, die Namen zu nennen; damit ist für mich die Sache vorläufig abzeschlossen. Die Gründe für den Antrag sind die alten, längst widerlegten. Es soll den Kaufleuten eine große Wohlthat zufließen. Herr Gerstenberger hätte nur daran denken sollen, daß den Tabackbauern auch die Tavbacksteuer kreditiert wird. Das bischen Zollkredit mehr oder weniger schützt den kleinen Müller nicht vor dem großen. Daß der Zoll innerhalb 14 Tagen bezahlt werden soll, ist unmöglich, weil das eingeführte Getreide in dieser Frist meist garnicht an seinen Bestimmungsort gebracht werden kann. b 8 8 . 8

Abg. Graf von Kanitz (d. kons.): Graf Arnim hat sich für die Verarbeitung nicht lieferfähigen Getreides in Berliner Mühlen auf Gewährsmänner berufen, deren Namen er nennen will. Der einzige Irrthum des Grafen Arnim ist der, daß er annahm, das Ge⸗ treide würde direkt aus dem Terminhandel genommen. Ich habe bei der ersten Berathung des Börsengesetzes darauf hingewiesen, daß nicht lieferfähiges Getreide immer wieder angekündigt wurde; da rief Herr Richter dazwischen: Wo bleibt das Getreide? Ich will es ihm sagen: Herr Ring hat im Abgeordnetenhause darauf hingewiesen, daß ein

Hosten Rauhweizen sieben Jahre lang auf dem Speicher blieb und immer auf den Marktpreis drückte. Wenn die Bedeutung der Zoll⸗ kredite wirklich eine so geringe ist, weshalb legen denn die Herren (links) einen so großen Werth auf die Beibehaltung? 1894 erörterte die Berliner Kaufmannschaft aus Anlaß der Aufhebung des Iden⸗ titätsnachweises die Frage, ob danach Zollkredite für Getreide überhaupt noch nothwendig seien. Jetzt wehrt sie sich gegen die Aufhebung der⸗ selben und berechnet, daß die Kaufleute ein um 42 % größeres Betriebs⸗ kapital haben müßten. Herr Rickert sagt immer: wenn die Transit⸗ läger aufgehoben werden, so fällt die Mischung mit ausländischem Getreide fort, die das deutsche Getreide exportfähig macht. Graf Posadowsky hat aber festgestellt, daß das Mischen von Getreide auch in einem Handelslager stattfinden kann. Das Transitlager in Thorn ist aufgehoben und trotzdem kommen von dort keinerlei Klagen. An⸗ strengungen, die Weltmarktpreise zu verbessern durch Maßregeln gegen die Börsen, haben wir niemals gemacht. Das kann nur durch Er⸗ höhung des Zolls und ähnliche Maßregeln geschehen. Wenn das Getreide jetzt unverkäuflich ist, so liegt das an der kolossalen Einfuhr von Getreide im vorigen Jahre, wo sie von 36 auf 52 Millionen Doppelzentner stieg. Ich lege das Hauptgewicht auf die Beseitigung des Zollkredits für die Mühlen und auf die Aenderung des Rendements⸗ verhältnisses. Durch die Konkurrenz der 111 großen Mühlen, welse das Vorrecht der Zollkredite haben, sind 1400 kleine Mühlenbetrie vernichtet worden. Wenn französisches Mehl auf den deutschen Markt kommt, so liegt dies an den niedrigen Mehlzöllen, die wir infolge haben, während die französischen Mehlzölle doppelt o hoch sind.

Abg. 8⁄1, (b. k. F.) erklärt sich für den Antrag.

Abg. Meyer⸗Danzig (Rp.): Infolge der Aufhebung des Identi⸗ tätsnachweises hat allerdings Danzig mehr Getreide exportiert als importiert. Aber dazu braucht man keine Transitlager mehr. Das Wichtigste ist die Beseitigung der Mühlenkonten; denn die großen

Mühlen erzielen ein viel größeres als das festgesetzte Rendement und