Abends gegen 7 ½ Uhr äußerte stetz m thun pflegte, wenn er schlafen wollte, den Wunsch, allein zu sein, weil er sich schläfrig fühle. Er ließ die Frau Großherzogin vorher um 7 Uhr kommen, der gegenüber er auch den⸗ unsch basertr. Der Arzt du jour versuchte, im Zimmer zu leiben, in der Befürchtung, daß eventuell ein Collaps eintreten könnte, mußte aber auf spezielles Verlangen Allerhöchstdesselben dasselbe auch verlassen. Das Bewußtsein war bis zum Hinausgehen des Arztes vollständig klar, und der hohe Patient in zufriedener Stimmung. Der Arzt wartete im Korridor mit dem Kammerdiener zusammen, um an der Thür zu horchen, wie der Kranke athmete. Nachdem er wiederholt das erschwerte Athmen des hohen Patienteu vernommen hatte, konnte er nach einigen Minuten, an der Thür stehend, nichts mehr hören und trat deshalb in das Zimmer, da er einen Collaps befürchtete. Beim Oeffnen der Thür fand er, daß Seine Königliche Hoheit das Zimmer verlassen hatte. Gleich darauf wurde durch einen Lakaien gemeldet, daß der Hohe Herr auf dem Fahewege zwischen der Villa und dem Marstall liegend gefunden sei. achdem derselbe ins Haus gebracht und auf dem Bett bequem ge⸗ lagert war, ergab die Untersuchung, daß neben einer unbedeutenden Abschürfung der Haut am Scheitel eine Verletzunng der Wirbelsäule stattgefunden hatte, infolge deren die bereits befürchtete Herzlähmung hberbeigeführt wurde. 3 “ 8 Es ist anzunehmen, daß Seine Königliche Hoheit bei eingetretener Athemnoth, wie früher häufig, im Garten frische Luft zu schöpfen versucht hat, und daß nach dieser für seinen Kräftezustand übermäßigen Anstrengung eine Ohnmacht eingetreten ist, während welcher Allerhöchst⸗ derselbe über das Geländer gestürzt ist.
Dr. Müller, G. M.⸗R. Dr. Haun.
Dem Bericht der Herren Aerzte habe ich noch die nachstehenden Angaben hinzuzufügen:
Der Gärtner der Villa srefch⸗ welche der Villa Wenden gegen⸗ überliegt, und dessen Frau hörten Hilferufe auf der Straße und .5 dort Seine Königliche Hoheit den Großherzog liegen. Auf
efragen antwortete Allerhöchstderselbe: „J'ai voulu prendre l'air et suis tombé par le mur.“ Dem Kammerdiener Gagzow, welcher ungefähr 7 Uhr 40 Minuten zufällig die Straße entlang kam, sagte der Großherzog: ü8e da, wie komme ich hierher?“
der hohe Patient, wie er
Seine Königliche Hoheit wurde nun in die Villa getragen und zunächst in seinem Wohnzimmer auf den Rollstuhl, dann sehr bald in das Bett gelegt. Serenissimus entschlief nach heftigen Schmerzen sanft um 8 Uhr 40 Minuten. Seine Königliche Hoheit war bei vollem Bewußtsein und erkannte die am Bett Anwesenden, nannte dieselben verschiedentlich bei Namen. Es waren zugegen Ihre Kaiser⸗
liche Hoheit die Frau Großherzogin, Seine Königliche Hoheit der Erb⸗ hüshenog⸗ Ihre Hoheit die Herzogin Alexandrine, Seine Durchlaucht rinz Heinrich XVIII. Reuß und Ihre Hoheit die Frau Prinzeß Reuß, General von Maltzahn, Dr. Müller, Dr. H Fischer, die Lakaien Wulff und Hennig. Cannes, den 11. April 1897. 8 reiherr von Maltzahn, General⸗Major und General à la suite Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs.
aun, Garderobier
Ihre Hoheit die Herzogin Johann Albrecht ist am eeehh dbe in Begleitung Seiner Hoheit des Herzogs einrich
in Schwerin eingetroffen.
S
Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 14. d. M. die dritte Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung einer Gewerbesteuer, und des Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung einer Kapitalrentensteuer, beendigt. Beide Gesetzentwürfe wurden in der Fassung der Kommission, welcher die Regierung zugestimmt hatte, angenommen. Der Staats⸗ Minister Dr. von Koseritz erklärte sodann im Auftrage Seiner Hoheit des Herzogs den Landtag für geschlossen.
Italien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beantwortete, wie „W. T. B.“ meldet, der Ackerbau⸗Minister Graf Guiccardini die Interpellation der Deputirten di San Giuliano und Genossen in Betreff der “ in Orangen und Zitronen, welche, wie es in der Interpellation heißt, namentlich die Provinzen Sizilien, Apulien und Calabrien schädige. Der Minister erklärte, die Regierung üfe diese Frage, indem sie gleichzeitig danach teachte, einerseits den Konsum von Orangen und Zitronen im Innern zu erhöhen, andererseits diesen Früchten neue Absatz⸗ gebiete im Auslande zu eröffnen. Die Regierung werde ferner erwägen, ob es zweckdienlich sei, den schon 40 Jahre bestehenden Handelsvertrag mit Rußland zu kündigen und die Präliminarverhandlungen mit Rußland behufs Abschkusses eines neuen Vertrages wieder aufzunehmen. uch werde die Re⸗ gierung die Frage der Anwendung des von dem amerikani⸗ chen Senat noch nicht genehmigten neuen Tarifs der Vereinigten Staaten von Amerika einer Prüfung unterziehen und werde nicht ermangeln, eventuell ee diplomatische Schritte zu unternehmen. Der inister⸗Präsident di Rudini resümierte sodann den Verlauf er Verhandlungen und erklärte, daß die Hilfsmittel, welche die Regierung zur Anwendung bringen könne, sehr verwickelter Natur seien, weil sie Pee wirthschaftliche und finanzielle Probleme in sich schlöseen und gleichzeitig zur Ausführung gelangen müßten. Die Interpellanten nahmen die Erklärungen der Regierung zur Kenntniß. Die Kammer vertagte sich hierauf bis zum 4. Mai. 8
Schweiz.
In einer Nachtragsbotschaft über die Beschaffung der Geldmittel für die Kranken⸗ und Unfallversicherung erklärt der Bundesrath, er bedürfe für die Leistung der Bundesbeiträge keiner neuen Einnahmequelle, wie etwa des Tabackmonopols; die Mittel des ordentlichen Jahresbudgets Gbe reichten hlerfür auat.
Türkei.
Dem Wiener „Telegr.⸗Korr.⸗Bureau“ zufolge ist der vor⸗ gestrige Tag an der Grenze vollständig ruhig verlaufen. In dem vorgestern im Yildiz⸗Kiosk abgehaltenen Minister⸗ ath wurde beschlossen, mit dem Vormarsch der Truppen an der griechisch⸗türkischen Grenze zu warten, bis ein neuer unzweifelhafter Angriff seitens regulärer riechischer ruppen erfolge. Die Pforte -8 den Botschaftern der Mächte eine entsprechende offizielle Mittheilung gemacht. Das fürkische Blatt „Hakikat“ erklärt, der Angriff am 9. April sei nicht durch griechische Truppen, sondern durch Irreguläre ausgeführt worden, die von den türkischen Truppen urecche ehgagen worden seien und 50 Mann ver⸗ loren hätten; die Türken hätten 3 Mann verloren. Gegen⸗ wärtig befinde sich kein türkischer Grenzpunkt im Besi griechischen Irregulären. 8 8
8
hat am Montag
triarchen gewählt worden.
Wie die „Times“ vom 13. d. M. aus Elassona erfährt, ein weiterer Einfall griechi cher Banden in kürkisches Gebiet stattgefunden. In der Nähe von Grevena hätten etwa 1000 Mann die Grenze über⸗ schritten und die Türken angegriffen. Nach heftigem Kampf seien die Griechen mit einem Verlust von 50 Mann zurück⸗ eschlagen worden. Unter den an dem Einfall Betheiligten 8 man griechische Offiziere bemerkt. . In Cetinje sind, wie „W. T. B.“ meldet, Berichte ein⸗ getroffen, nach denen die in Berane zusammengeströmten mohamedanischen Albanesen den dortigen Kaimakan abgesetzt und die Zivil⸗ und Militärgewalt in die eigene Hand genommen hätten. Es herrsche dort vollständige Anarchie. Aus Konstantinopel berichtet dasselbe Bureau, der locum tenens Konstantin sei zum ökumenischen Pa⸗
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Griechenland. 1
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Nach ei „Politischen Correspondenz“ aus Athen zugegangenen Meldung soll der Minister⸗Präsident Delyannis folgende Aeußerungen gethan haben: Die griechische Regierung befasse sich ““ nicht ausschließlich mit der kretischen Frage, welche durch die Kreter selbst werde entschieden werden, in⸗ dem diese die Mächte zur Erfüllung ihrer Forderungen zwingen würden; sie richte vielmehr ihre Aufmerksamkeit auf die Frage, betreffkend die Griechenland durch den Berliner Vertrag zugewiesene Grenzlinie, auf welche Griechen⸗ land einen unbestreitbaren Anspruch besitze. In dieser Be⸗ ziehung habe das Athener Kabinet Unterhandlungen einge⸗ leitet und beabsichtige, das beanspruchte Grenzgebiet, falls die Türkei dasselbe freiwillig nicht räumen sollte, durch griechische Truppen besetzen zu lassen. Die Herbeiführung einer Erhebung in dem jenseits der Grenzlinie belegenen Theile Macedoniens halte die griechische Regierung vorläufig nicht für opportun und werde hierzu nur im Falle der ääußersten Noth⸗ wendigkeit schreiten, um eine möglichst weitgreifende Konfla⸗ gration auf der Balkanhalbinsel hervorzurufen.
In der gestrigen Ftec Deputirtenkammer legte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister⸗Präsident Delyannis einen Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer An⸗ leihe in Höhe von 23 Millionen Drachmen für Ausgaben des Kriegs⸗ und des Marine⸗Ministeriums vor und empfahl die Annahme des Budgets. Der Minister⸗Praͤsident gab hierauf einen geschichtlichen Ueberblick über den Gang der äußeren Politik und erklärte, die Mächte “ bisher über die Vorschläge Griechenlands zur friedlichen Lösung der Frage in keiner Weise ihre Ansicht kundgegeben. Der Minister⸗Präsi⸗ dent betonte sodann das Recht der Kreter, ihr Geschick selbst zu bestimmen. Trotz allem bewahre Griechenland die Hoff⸗ nung, daß die Mächte die friedliche Lösung annehmen würden. Die Lage an der griechisch türkischen Grenze sei nicht durch Griechenland geschaffen, sondern durch die seltsame Politik des Nachbarstaats, der durch seine eiligen Rüstungen Griechenland gezwungen habe, ein Fern aufzustellen, welches im stande sei, den Umständen die Spitze zu bieten, sowie die Interessen und die Ehre des Vaterlandes zu vertheidigen. Die Regierung sei nach Möglichkeit bestrebt, die Unvollkommen⸗ heiten des eilig zusammengezogenen Heeres auszugleichen, und hoffe, daß in einigen Tagen alle Lücken ausgefüllt sein würden und das Heer im stande sein werde, seine Pflicht zu erfüllen. Der Deputirte Ralli erklärte im Namen der Opposition, 8 der gegenwärtigen Umstände dürfe die Kammer nicht in die Berathung des Budgets eintreten. Der Minister⸗ Präsident Delyannis war damit einverstanden und sahte, er werde heute einen Gesetzentwurf, betreffend die Bewi igun von drei provisorischen Zwölfteln, dem Hause vorlegen. Hierau wurde die Sitzung aufgehoben.
Die Kronprinzessin ist gestern Abend mit englischen Krankenpflegerinnen nach Volo abgereist.
Die „Agence Havas“ meldet aus Athen, daß die Zahl der in Macedonien verbliebenen Irregulären nicht bekannt, anscheinend aber ziemlich beträchtlich sei. Der Rück ug der auf riechisches Gebiet wieder übergetretenen Aufständischen sei mit
erlusten verbunden gewesen, da dieselben mit überlegenen Streitkräften zu kämpfen gehabt hätten. In Macedonien herrsche große Kälte. — Während die Irregulären Baltimo besetzt gehalten, hätten sie daselbst einige Häuser verbrannt.
Heute verlautete in Athen, es sei eine weitere, sehr starke Bande von Irregulären in der Gegend von Kalambaka in Macedonien eingetroffen.
Nach einer Meldung der „Times“ aus Arta vom 13. d. M. hat ein Haufe von 2500 Freiwilligen Valanos verlassen, voraussichtlich, um sich nach Janina zu begeben.
Bulgarien.
Anläßlich des Inkrafttretens des bulgarisch⸗serbischen
Handelsvertrages fand am Dienstag in Pirot ein Fest statt, welchem sämmtliche bulgarische und serbische Minister beiwohnten. Bei dem Bankett hielten die Minister Simitsch und Stoilom sehr beifällig aufgenommene Reden, in denen sie auf die Bruderlichkeit der beiden Nationen hin⸗ wiesen und mit einem Hoch auf die beiderseitigen Herrscher
schlossen.
Amerika.
Die Zahl der Ozeandampfer, welche im Kriegsfall in Kreuzer umgewandelt werden können und von der Regie⸗ rung der Vereinigten Staaten dI1 s⸗ und ange⸗ nommen sind, beträgt, dem „Mil.⸗Wochenbl.“ zufolge, 31 und umfaßt. die besten und bedeutendsten Fahr⸗ zeuge des überseeischen Passagier⸗ und rachtverkehrs. Der Kontrakt mit den Eigenthümern der Schiffe, durch welchen die Regierung das Recht erhält, in Dringlichkeitsfällen dieselben als Kriegsschiffe zu bepußen, sichert den Eigen⸗ thümern gewisse Subsidien für die Beförderung der überseeischen
ost. Vorschrift it. daß die Schiffe in Amerika gebaut und mit amerikanischen Bürgern bemannt sind. Die Fahrzeuge sind in vier Hassen eingetheilt. Die der ersten, zweiten und dritten Klasse sind aus Eisen oder Stahl Pefertigt, während sich in der vierten auch Holzschif⸗ befinden. Die Schiffe der ersten Klasse eine Geschwindigkeit von 20 Knoten in der Stunde und einen Tonnengehalt von nicht weniger als 8000 t haben. Die Vorschriften für die übrigen Klassen sind folgende. Zweite Klasse: 16 Knoten und 5000 t, dritte Klosse: 14 Knoten und 2500 t, vierte Klasse: 12 Knoten und 1500 t. Alle diese Hüfsschish wurden einer besonderen Probe unterzogen, und einzelne, z. B. die Dampfer „St. Louis“ und „St. Paul“, sind mit be⸗ sonderer Berücksichtigung der Anforderungen nach spezifizierten Plänen, die zwischen den Eigenthümern und der Re⸗ gierung vereinbart waren, für diesen Dienst gebaut worden.
Die meisten Schiffe werden im Bedarfsfalle mit Geschützen von vier⸗ bis fünfzölligem Kaliber bestückt werden, während einzelne der größeren sechszöllige Hinterlader erhalten 22 dieser Schiffe befahren gegenwärtig den Atlantischen und neun den Stillen Ozean.
Aus Havanna wird gemeldet, der Führer der Auf⸗ ständischen Quintin Bandera habe mit einer starken Schaar die Trocha von Jucaro überschritten. Die spanischen Truppen hätten die Insurgenten verfolgt und ihnen einen Verlust von 23 Todten beigebracht. Die Spanier hätten
15 Verwundete verloren. 8 Asien. “
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Yoko ama vom
Estrigen Tage, der japanische Kreuzer „Naniwa“ werde am
onnabend S hen, um die Japaner auf Hawaii zu. beschützen. “
Das „Reuter’'sche Bureau“ erfährt zu seiner gestrigen Meldung aus Kapstadt über Bewegungen von Schiffen des am Kap stationierten britischen Geschwaders, daß die britische Regierung keine Instruktionen an dieses Geschwader gesandt habe. Der das Geschwader kommandierende Admiral könne nach jedem Ort innerhalb seiner Aktionssphäre Schiffe mit versiegelten Ordres oder ohne solche entsenden.
Aus Pratoria berichtet dasselbe Bureau: In der Klage⸗ sache der „Argus Company“ gegen die Regierung von Transvaal wegen ungesetzlichen Verbots der Uit⸗ lander⸗Zeitung „The Johannesburg Star“ ist gestern das Urtheil gefällt worden. Der Oberste Gerichts⸗ hof entschied zu Gunsten des Klägers und erklärte, es liege nicht in der Macht des Präsidenten, irgend welche Nummern irgend einer Zeitung vor dem Erscheinen zu unter⸗ drücken. Der „Star“ ist gestern wieder erschienen.
Nr. 15 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 14. April hat folgenden Inhalt: Personal⸗ Nachrichten. — Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. — Gesundheitsverhältnisse in Prag, 1890/92. — Sterblichkeit in Krakau, 1893,94. — Medizinalstatistische Mittheilungen aus Schweden, 1894. — 8v s. w. (Deutsches Reich.) Verschnittweine ꝛc. — (Preußen.) iphtherie⸗Heilserum. — (Berlin). Fleisch. — (Reg.⸗Bez. Königsberg.) Mineralwasserfabriken. — (Reg.⸗Bez. Posen.) Schweineseuchen. — (Reg.⸗Bez. Bromberg.) Arzneien. — (Reg.⸗Bez. Cassel.) Hebammengeräthe. — (Bayern.]) Untersuchungsanstalt für Nahrungemittel ꝛc. in München. — (Braun⸗ schweig.) Drogen ꝛc.⸗Handlungen. — Schweinefleisch. — Sachsen⸗ Aitenburg.) Geisteskranke. — (Schwarzburg⸗Rudolstadt.) Kuhmilch. (Elsaß⸗Lothringen.) Apothekergehilfen. — (Italien.) Medizinische Spezialitäten. — (Schweiz. Kanton Zürich.) Brotverkauf. — Gang der Thierseuchen in Belgien, 1894. — Desgl. in den Niederlanden 1896, 4. Vierteljahr. — Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bez. Liegnitz, Bayern, Oesterreich, Malta, Deutsch⸗Südwest⸗Afrika, Oranje⸗Freistaat.) — Verhandlungen von hichesbenben Körperschaften, Vereinen, Kongressen u. s. w. (Deutsches Reich.) Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege. — Vermischtes. (Deutsches Reich.) Lepra. — Farbenblindheit bei See⸗ leuten, 1896. — (Preußen.) Ausstellung für die Pflege des Kindes ꝛc. 8 .“ Tuberkulin. Impfungen bei Rindern, 1895. —
ortugal. waltungsgebieten des In⸗ und Auslandes, 1895. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Ein⸗ wohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Er⸗ krankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.
ü. 4 Arbeiterbewegung.
Aus Dortmund berichtet die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“”: Eine Versammlung von immerleuten, welche sich mit der Frage der Lohnbewegung beschäftigte, beschloß, weil der größte Theil der Arbeit⸗ geber auf die gestellten Forderungen nicht geantwortet hat, auch in diesem Jahre wieder für die im vergangenen Jahre aufgestellten For⸗ derungen in den Lohnkampf einzutreten. Den Zeitpunkt soll eine spätere Versammlung bestimmen.
In Elberfeld legten, einer des „Vorwärts“ zufolge, auf dem Neubau des Realgymnasiums über 60 Maurer die Arbeit nieder. Sie fordern den Zehnstundentag an Stelle der jetzt zehneinhalbstündigen Arbeitszeit.
Aus Haynau berichtet der „Vorwärts“ nach einem anderen Blatt, daß dort die Mehrzahl der Maurer, um Verkürzung der Arbeitszeit und Lohnerhöhung zu erreichen, sich im Ausstand befindet.
In Markranstädt bei Leipzig ist der Ausstand der Maurer (vgl. Nr. 85 d. Bl.) durch Vermittelung des Bürgermeisters beendigt Porhens, nü⸗ Arbeitszeit wurde verkürzt und der Stundenlohn um
erhöht.
Hier in Berlin haben Blättermeldungen zufolge die Kupfer⸗
schmiede beschlossen, in allen Geschäften, wo Arbeiten, wie Kupfer⸗ figuren, getriebene Sachen u. s. w., hergestellt werden, eine Lohn⸗ erhöhung von 12 ½ % zu fordern. Wo dies nicht bewilligt wird, soll die Arbeit niedergelegt werden. — Die Barbier⸗, Friseur⸗ und Herseenmachergegifen Berlins haben in einer Versammlung be⸗ chlossen, in eine Lohnbewegung einzutreten.
Aus Birmingham berichtet die Londoner „A. K.“: Der Re⸗
corder (Strafrichter) von Birmingham hat vier Mitglieder eines dortigen Gewerkvereins, welche während eines Ausstandes Nichtgewerk⸗ vereinler an der Arbeit zu hindern suchten, mit Gefängniß bestraft. Bisher haben die öngbischen Richter nur Geldbußen verfügt. Der Recorder bemerkte beim Erlaß seines Urtheils, daß eine Geidsteafe wenig Sinn hätte, da der Gewerkverein sie zahle.
Fn Pantin bei Paris ist der Ausstand in der Wa gon⸗ fabrik beendet. geforderte 14 tägige Lohnabrechnung. (Vgl. Nr. 83 d. Bl.)
Aus Alais meldet „W. T. B.“: Der Ausstand der Berg⸗
arbeiter in La Grandcombe dehnt sich auf die Nachbargruben aus. So haben besonders die Bergleute von Rochebelle und die Arbeiter der s in Tamaris die Arbeit eingestellt. Militär bewacht den Eingang zu den Gruben. Bisher hat sich tein Zwischen⸗ fall ereignet. s gl. Nr. 89 d. Bl.)
Aus Amsterdam berichtet die „Frkf. Ztg.“ zum Ausstande der dortigen Diamantarbeiter: Zwischen den verbündeten Juwelieren und den verbündeten Fachvereinen der Diamantarbeiter ist endlich ein Kompromiß geglückt: die Arbeiter heben die Sperre bei der Firma Visser auf, darauf heben die Juweliere die von ihnen ver⸗ hängte Aussperrung auf, und nach kurzer Zeit erfüllt Visser die Lohn⸗ forderungen der Arbeiter. Der Ausstand ist hierdurch beendet.
Der Ausstand der Bergleute des Kohlenbergwerke Mariemont in Belgien (vergl. Nr. 87 d. Bl.) ist, wie der „Vorwärts mittheilt, beendet. ie Ausständigen sind vorläufig bedingungslos zur Arbeit zurückgekehrt; die Streitpunkte sind einem Einigungsamt überwiesen worden
ollwuth, 1893/95. — Sterblichkeit in größeren Ver⸗
Die Unternehmer bewilligten die von den Arbeitern
Schulwesen.
Ilmenau, 14. April. Die Großherzogliche Fachschule und Lehrwerkstatt für Glasinstrumentenmacher und Mechaniter hierselbst schloß mit der öffentlichen Prüfung am 10. April d. J. abermals ein Schuljahr ah, das dritte seit ihrer Be⸗ grändnge An dem Prüfungstage, an welchem die Anstalt jedesmal vor die Oeffentlichkeit tritt, durften Lehrer und Schüler diesmal in ihrer Mitte begrüßen: als Vertreter der Großherzoglich sächsischen Regierung Herrn Staatsrath Dr. Krause aus Weimar, als Vertreter der Königlich preußischen Regierung den Herrn Regierungs⸗ Präsidenten von Brauchitsch aus Erfurt, in dessen Begleitung sich die
erren Regierungs⸗ und Gewerbe⸗Rath Siebert aus Erfurt und Fehrengs Jüspertme Dr. Barczinsky aus Magdeburg befanden; von der Kaiserlichen Normal⸗Aichungskommission war Herr Regierungs⸗ Rath, Professor Dr. Weinstein aus Berlin erschienen, während die Physikalisch⸗technische Reichs⸗Anstalt wegen Erkrankung ihres Ver⸗ treters diesmal nicht repräsentiert war. Auch Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden Ilmenaus und Herr Hofrath, Professor Dr. H. Schäffer aus Jena hatten sich eingefunden, ferner eine Anzahl hiesiger und auswärtiger Fabrikanten sowie Angehörige der Zöglinge. Die eingehende Prüfung und die Ausstellung der im laufenden Schul⸗ jahr durch die Schüler in den Werkstätten angefertigten Arbeiten ot den Erschienenen einen Einblick in die Thätigkeit und die Leistungen der Anstalt. Die Ausstellung zeichnete sich aus durch Reichhaltigkeit und exakte Ausführung der Glasinstrumente. Ganz besonders zog auch die Abtheilung für Mechanik das allgemeine Interesse auf sich, welche neben Barometern, einer großen optischen Bank und verschiedenen Demonstrations⸗Apparaten einige in das Gebiet der Elektrotechnik gehörige Instrumente vorführte; so ein neues, äußerst empfindliches Waagegalvanometer zur genauen Messung von Spannung und Stromstärke, ferner Stöpselrheostaten für von 0,01 bis 1000 Ohm, dann ein elektrisches Fernthermometer, ein sehr empfindliches Spiegelgalvanometer ꝛc. Die Anstalt eröffnet hierdurch der heimischen Industrie ganz neue Fabrikationsgebiete. Von hervor⸗ ragendem Interesse war auch eine Ausstellung von in venetianischer Art hergestellten Ziergläsern, welche, wie aus dem Jahresbericht hervorgeht, zum kleineren Theil nach Mustern von Blumengläsern des Herrn Professors Köpping in Berlin, zum größeren Theil nach eigenen Entwürfen der Lehrwerkstatt von einem älteren, hierfür besonders be⸗ fähigten Schüler geblasen worden waren. Diese Gläser, aus von Blättern und Blüthen umrankten Kelchen in den verschiedensten Formen und e bestehend, entzückten durch ihre wahrhaft künstlerische Form.
ie hierzu erforderliche Technik verlangt noch eine gründliche Durch⸗ bildung, da die an der Lampe hergestellten Gläser dem unumgänglich nothwendigen Kühlprozeß nicht unterworfen worden sind und somit noch nicht die genügende Haltbarkeit besitzen. Auch fehlt zur gründ⸗ lichen Durchbildung dieser Technik noch zu sehr die Mitwirkung einer Hütte, da die aus verschiedenen Fabriken bezogenen Gläser sich zum theil schwer verbinden, und weil auch nicht alle Theile der Gläser genügend stabil an der Gebläselampe gefertigt werden können. Man hofft Mittel und Wege zu finden, um diesen neuen Zweig der Industrie, zu welchem die Großherzogliche Fachschule die Anregung giebt, in der gebührenden Weise fördern zu können. Allgemeine Anerkennung fanden endlich auch die ausgeregten Zeichnungen und die schriftlichen Arbeiten des Unterrichts im Deutschen und Rechnen. — Die eigentliche mündliche Prüfung erstreckte sich auf Phyvßkk, Chemie, Arithmetik und Deutsch. Herr Direktor Böttcher stellte Fragen über die Hebegesetze und deren Anwendung, sodann aus dem Gebiete der Wärmelehre, kam weiter auf das Baro⸗ meter, auf die Schmelz⸗ und Dampfwärme, auf das Messen des elektrischen Stromes; ferner mußten sich die Schüler aussprechen über das Wesen und die Anwendung des Aräometers; im Gebiete der Elektri⸗ zität wurde dann noch besonders eingegangen auf die Galvano⸗ plastik, auf den Niederschlag eines Metalls, z. B. Kupfer, und die Be⸗ rechnung des ˖Niederschlags. Die Zöglinge überraschten allgemein durch ihr Wissen und Können, ihre sicheren und klaren Antworten. — In Chemie wiederholte Herr Chemiker Mirus das Wesentlichste über den Wasserstoff und zwar über die Herstellung nach drei Methoden; dabei sei bemerkt, daß die Schüler sich über die einzelnen Versuche aussprachen und sie dann an zum theil selbst 11“ und zusammen⸗ gestellten Apparaten vorführten. Die Leichtigkeit des Wasserstoffs wurde gezeigt an zwei Versuchen, ferner die Durchdringung poröser Körper d denselben; endlich wurde die chemische Harmonika vor⸗ geführt und gezeigt, daß durch Verbrennung des Wasserstoffs als Ver⸗ brennungsprodukt Wasser entsteht. Hierauf wurde die Herstellung von Chlor aus Braunstein und Salzsäure demonstriert. Beim Jod wurde besonderes Gewicht auf die Nachweisung desselben gelegt und das Sublimieren gezeigt. Weiter wurde Sauerstoff nach zwei Methoden hergestellt und die Gewichtszunahme beim Verbrennen nachgewiesen; nachdem sodann noch Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Salpetersäure her⸗ gestellt und das Aetherthermometer gezeigt und beschrieben worden war, schloß auch diese Prüfung, in welcher wiederum die vielfachen Kenntnisse und Fortschritte der Schüler, wie die Sicherheit und Exaktheit im Experimentieren hervortraten. — Im Rechnen ließ Herr Dr. Ritter einige Gleichungen des ersten Grades mit einer und mehreren Unbekannten und eine quadratische Gleichung lösen, und es zeigten auch hier die Schüler trotz der recht kurzen Prüfungszeit Gewandtheit und küchtige Leistungen. Bei der Prüfung im Deutschen sollte durch das Lesen der Rütliscene aus „Tell“ dargelegt werden, daß die Anstalt ihren Schülern nicht einseitig nur Kenntnisse und Fertigkeiten beibringt, sondern auch, soviel sie kann, sich bestrebt, das Interesse am Wahren, Guten, Schönen zu wecken und zu pflegen. — Am Nachmittag fand die Entlassung in die Ferien statt. — Es sei nicht vergessen, daß nach der theo⸗ retischen Prüfung femr Regierungs⸗Präsident von Brauchitsch und die Vertreter der verschiedenen Behörden einer praktischen Prüfung im Glasblasen beiwohnten und auch hier über das Gesehene ihre volle hehe he anssprachen; die Schüler waren mit Eifer und Interesse bei der Arbeit und zeigten viel Geschick und große Gewandtheit auf diesem ihrem beruflichen Gebiete. — Endlich 8 noch erwähnt, daß wie alliährlich während der Nehng der von Herrn Direktor Böttcher verfaßte Jahresbericht zur Vertheilung kam, der ein Bild entwirft von dem Schaffen und Arbeiten, der inneren Entwickelung der An⸗ stalt, ihren Erwartungen und Hoffnungen. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Rußland.
u1“ “ 8 Ueber den Stand der Saaten in einzelnen Gouvernements Süd⸗ rußlands liegen folgende Nachrichten vor:
Der Schnee dürfte jetzt in den füolichen Gouvernements überall eschmolzen sein und das Wachsen der Saaten begonnen haben. Die nahme, daß der Herbst und Winter dieselben fast gänzlich durch
Mangel an Feuchtigkeit und durch die Rauhfröste verdorben haben, hat sich, wie sich jetzt herausstellt, nicht bestätigt.
Von vielen Gegenden, d. h. den Gouvernements Kiew, Poltawa, Jekaterinoslaw und dem östlichen Chersoner, laufen mehr oder weniger befriedigende Nachrichten über den Stand der Wintersaaten ein. Dazu hat die Feldarbeit bei günstigem, nicht zu warmen und genügend seuchtem Wetter fast allenthalben begonnen und geht befriedigend vor⸗ wärts. Dazwischen fehlt es natürlich auch nicht an Stimmen, die klagen, und es s eint, 8 in den verschiedenen Gegenden, je nach den Witterungsverhältnissen, ald die früheren, bald die späteren Saaten
esser stehen; zum theil sollen sie auch ganz ausgefroren sein. Genaueres läßt sich wohl erst im nächsten Monat sagen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Nr. 15 vom 14. April.
Cholera. 8 “ 8 Großbritannien. Nach einem von dem „Local Government vara' erstatteten Bericht ist die Ursache des A 8
iderstände
auf dem Transportschiff „Nubia“ in Plymouth muthmaßlich auf den Verkehr der in Colombo eingeschifften Mannschaften in nns damals stark verseuchten Eingeborenenviertel, vielleicht auch auf Uni⸗ formstücke oder Nahrungsmittel zurückzuführen, welche in Colombo an Bord genommen wurden, jedoch erst in Port Said zur Vertheilung
kamen. Britisch⸗Ostindien. Kalkutta. Vom 28. Feb bis 6. März starben 125 Personen an Cholera, 7 an 4—
217 an Fiebern. Gelbfieber.
„In Bahia gelangten, den „Public health reports“ zufolge, während des Jahres 1896 51 Todesfälle und 104 Erkrankungen zur Anzeige. In Para wurden vom 21. bis 27. Februar 6 Todesfälle gemeldet, auf Cuba in Havanna vom 5. bis 11. März 10 (bei etwa 30 Neuerkrankungen), sämmtlich unter dem Militär, in Sant⸗ jago und Sagua la Grande vom 28. Februar bis 6. März 1
bezw. 3 (11). Verschiedene Erkrankungen.
Fesh Odessa 5, Paris 2, Warschau 4 Todesfälle; Paris 12, St. Petersburg 9 Erkrankungen; Flecktyphus: St. Petersburg 3 Erkrankungen; Rückfallfieber: Moskau 3 Todesfälle; Genichk⸗ starre: Moskau 2, New⸗Pork 4 Todesfälle; Regierungs bezirk Düssel⸗ dorf 2, Nürnberg und Wien je 4 Erkrankungen; Tollwuth: Moskau 4 Todesfälle; Influenza: Berlin, Danzig je 7, Breslau 5, Darmstadt, Halle, Leipzig je 3, Feceege Karlsruhe, Kopenhagen und Moskau je 2, London 28, New⸗Pork 15, Paris 3, St. Peters⸗ burg 5 Todesfälle; Nürnberg 33, Kopenhagen 58, Stock⸗ holm 92 Erkrankungen; Keuchhusten: London 50 Todesfälle; Wien 48 Erkrankungen. — Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Fürth — Erkrankungen kamen vor in Berlin 49, in den Regierungsbezirken Münster 113, Posen 423, in Nürn⸗ berg 129, Hamburg 30, Budapest 211, Edinburg 544, Kopenhagen, 33, St. Petersburg 151, Prag 56, Wien 528 — an Diphtherie und Croup (1881/90: 4,49 %): in Harburg — Erkrankungen wurden angemeldet in Berlin 71, Hamburg 30, Kopenhagen 32, London (Krankenhäuser) 93, Paris 70, St. Petersburg 101, Wien 68 — desgl. an Scharlach in Berlin 32, Budapest 28, Kopenhagen 29, London (Krankenhäuser) 219, Paris 50, St. Petersburg 69, Wien 66 — desgl. an Unterleibstyphus im Regierungsbezirk Arnsberg 32, Paris 29, St. Petersburg 167.
Eine amtliche Umfrage über das Auftreten der Lepra im Deutschen Reich hat, den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ zufolge, zu nachstehenden Ergebnissen geführt:
In Preußen sind zur Zeit 18 leprakranke Personen bekannt, von denen 6 männlichen und 12 weiblichen Geschlechts sind. 15 Kranke halten sich im Kreise Memel auf; 7 von der Gesammtheit sind in Krankenhäusern untergebracht.
In Bayern wurde vom 14. Oktober bis zum 3. November v. J. ein verdächtig erkrankter Holländer behandelt, der inzwischen nach Amsterdam abgereist ist. Der Kranke war aus Transvaal gekommen, hatte 3 ½ Monate lang in Leipzig eine erfolglose Kur bei einem nicht⸗ ärztlichen Heilbeflissenen gebraucht und sich dann nach München begeben, wo er alsbald in das Allgemeine Krankenhaus überführt wurde und dort bis zu seiner Abreise verblieb.
In Baden haben sich in den letzten Jahren verschiedentlich leprakranke Personen aus Brasilien vorübergehend in Heidelberg auf⸗ gehalten, um ärztlichen Rath nachzusuchen. Am Ende des vorigen Jahres wurde in der dortigen chirurgischen Klinik ein Tagelöhner be⸗ handelt, dessen aus unbekannter Ursache entstandene Krankheit den Verdacht der Lepra erweckte. Bei der wiederholt vorgenommenen bakteriologischen Untersuchung fanden sich einmal in Ausstrichpräparaten eines kleinen geschwürig zerfallenen Knotens Spaltpilze, die ärztlicher⸗ seits für Leprabacillen gehalten wurden. .
In Hessen war im Jahre 1895 eine Frau in Biblis, Kreis Bensheim, laut ärztlicher Bescheinigung an Lepra gestorben; die amt⸗ lice Untersuchung ergab jedoch, daß diese Krankheit nicht vorgelegen
atte.
In Oldenbur g starb zu Idar im Jahre 1892 nach 12 Fübrigen Leiden an Lepra ein Mann, der eine Reihe von Jahren in rasilien gelebt hatte und im Jahre 1875 anscheinend gesund von dort zurück⸗ gekehrt war.
In Bremen endete im Jahre 1895 im Krankenhause ein Lepra⸗ kranker sein Leben, der von den Sandwichinseln gekommen war. Ebenfalls auf den Sandwichinseln hatte sich ein unter lepraähnlichen Erscheinungen erkrankter Mann sein Leiden zugezogen, der schon in den achtziger Jahren dorthin zurückgekehrt ist. .
In Hamburg leben zur Zeit 12 Leprakranke, von denen sich 8. vorher in Brasilien und je 1 in Mexiko, Surinam, Honolulu und Sumatra aufgehalten haben; 2 Kranke sind in den Allgemeinen Krankenhäusern, 5 in einer Privatklinik unterzgebracht, die übrigen be⸗ finden sich in Privatpflege.
In Elsaß⸗Lothringen sind die Erkrankungen eines ehe⸗ maligen Fremdenlegionärs und eines Handelsmannes zur amtlichen Kenntniß gelangt, von denen der erstere die Krankheit aus Cochinchina, der andere aus Brasilien mitgebracht hat. 8
In keinem der außerhalb Preußens bekannt gewordenen Fälle
ine Uebertragung der Lepra auf andere Personen stattgefunden.
Im Jahre 1896 wurden im Deutschen Reich an 903 See⸗ leuten insgesammt 912 amtliche Untersuchungen auf Farben⸗ blindheit vorgenommen. Von 900 zum ersten Male Untersuchten waren 5 (0,56 %) grünblind und 13 (1,44 %) vollständig farbenblind. Von 10 zum zweiten Male (und 2 mehrfach) Untersu ten wurde das Ergebniß der früheren Untersuchung, welche in 4 (2) Fällen unpoll⸗ ständige (Grün⸗) und in 6 (0) vollständige Farbenblindheit festgestellt hatte, in 4 (1) Fällen bestätigt bezw. ergänzt. Unter Berücksichtigung der zweiten und mehrfach wiederholten Untersuchung waren unter ins⸗ esammt 903 Seeleuten 4 (0,44 %) grün⸗ und 10 (1,11 %) voll⸗ standig farbenblind.
Paris, 15. April. Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Lissabon soll in Macao die Beulenpest ausgebrochen sein.
Verdingungen im Auslande.
Niederlande.
26. April, 11 Uhr. Gas⸗ und Elektrizitäts⸗Anstalten in Rotter⸗ dam: Lieferung von gußeisernen Röhren nebst Hilfsstücken. Die Be⸗ dingungen liegen im Bureau der Fabriken (Oost⸗Zeedyk) aus und sind für 2gasgtnts bei Wed. P. van Waesberge en Zoon — Houttuin 73 — er
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 15. April. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd. PD. „Weimar“, n. New⸗York bestimmt, 13. April Nm. Lizard passiert. PD. „Halle“, v. Baltimore kommend, 13. Fer Mittags Prawle Point passiert. D. 13. April v. Santos abgeg. D. „Heimburg“ hat 13. April Abds. Reise v. Oporto n. Hrasilien fortges. So. „Trawe“, n. New⸗York bestimmt, 14. April Mrgs. Dover passiert. PD. „Craigearn“, v. La Plata kommend, 14. April Vm. in Antwerpen eingetroffen.
London, 14. April. (W. T. B.) Castle⸗Linie. D. „Garth Castle“ hat heute auf der Heimreise die Canarischen
8 EE“ D. „Moor“ ist heute auf der Ausreise von (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗
Me is,San 7is. aen otterdam, 15. April. Linie. D. „Schiedam“, von New⸗York nach Amsterdam, ist heute Vormittag in Amsterdam angekommen. D. „Veendam“, von
Rotterdam nach New⸗York, ist gestern Nachmittag von Rotterdam
Theater und Musik.
Theater des Westens. Der vieraktige Schwank „Zwei glückliche Tage“ von Kadelburg und Schönthan fand gestern auch an dieser Stätte eine überaus freundliche Aufnahme, und herzlich be⸗ lachten die Zuschauer wieder die Leiden und Freuden eines Berliner Villenbesitzers. Ueber das Stück selbst ist Neues nicht zu sagen; es ehört zu denjenigen, die nur Anspruch darauf machen, ihr Publikum einige Stunden hindurch angenehm zu unterhalten, während sie den Darstellern ein oder zwei Aufgaben bieten, in denen sie glänzen können. Hier sind es die Rollen des Wieners Josef Fre singer und des Berliners Lüttchen, welche diesen Zwecken dienen. Die erstere gab der Mitverfasser des Stückes, Herr Kadelburg mit ge⸗ wohnter Virtuosität, die letztere Herr Rohland in seiner schlichten, aber wirkungsvollen Art. Die übrigen größeren Rollen waren in den 859 der Herren Löwe, Vallentin Bach und der Damen Schindler⸗ euser, Heinrich, Leuchtmann und Wenck bestens aufgehoben.
Konzerte. Am Dienstag fand im Saale der Philharmonie eine Gedächtniß⸗Feier für den so jäh dahingeschiedenen Komponisten Johannes Brahms statt. Nach dem Choral „Wenn ich einma . soll scheiden“ für die Orgel von Bach, vorgetragen von Herrn Georg Hoffmann, folgte der Trauermarsch aus Beethoven's dritter Sym⸗ phonie („Eroica“). Der Eindruck dieser Musikwerke, wie der noch wenig bekannten vier geistlichen Lieder von Brahms, die nach biblischen Texten komponiert, von dem Bassisten Professor Felix Schmidt trefflich vorgetragen wurden, war ein tief ergreifender. Die „Tragische Ouvertüre“ und die erste Symphonie des Meisters bildeten den Ab⸗ schluß der ernsten und würdigen Feier. Das Publikum war außer⸗ ordentlich zahlreich erschienen und gab dem Dirigenten Herrn Professo Man nstaedt, der auch die schwierige Klavierbegleitung der ernsten Lieder übernommen hatte, seinen wohlverdienten Dank zu erkennen.
1u Thalia⸗Theater bleibt auch während der Osterfeiertage die Posse „Heirath auf Probe“ auf dem Spielplan. An den Nach⸗ Püh gesesgpren Aufführungen von „Frau Lieutenant“ bei ermäßigten reisen statt.
Wie schon mitgetheilt, beginnen die Festspiele im Königlichen Theater zu Wiesbaden am Sonntag, den 16. Mai, mit der Erst Heehen. des historischen Schauspiels „Der Burggraf“ von Josef Lauff. A auswärtigen Besucher der Festspiel⸗Aufführungen werden gebeten, ihre nicht an die Königliche Intendantur, sondern an das Universal⸗Reisebureau Schottenfels in Wiesbaden zu richten, an welches auch die Beträge für die Billets zu senden sind und das auf Anfragen nähere Auskunft ertheilt.
Mannigfaltiges.
Die auf einer Studienreise begriffenen italienischen Stu⸗ denten und Professoren (vgl. Nr. 88 d. Bl.) sind gestern Nach⸗ mittag um 4 Uhr 18 Minuten auf dem Potsdamer Bahnhof hierselbst eingetroffen. Zur Begrüßung war der italienische Botschafter Gra 3 Lanza mit dem Botschafts⸗Rath Grafen Calvi, dem Ersten Botschafts⸗ Sekretär Chev. Mattioli und dem Attache Marquis Sommi er⸗ schienen. Auch der Konsul Heinrich Keibel war zugegen. Die Società Italiana di M. S. e Beneficenza a Berlino hatte mit der Fahne unter Führung ihres Vorsitzenden Raffo in langer Front auf dem Bahnsteig Aufstellung genommen Alle Mitglieder und deren 8 Damen hatten Margheriten angesteckt, jene den Namen der italienischen Königin führenden Blumen, die in Italien gleich unseren Korn⸗ blumen bei patriotischen Anlässen mit Vorliebe getragen werden. Al Vertreter der Berliner Studentenschaft war deren Festausschuß in vollem Wichs erschienen. Mit brausenden Evviva⸗Rufen wurde de einfahrende Zug empfangen, worauf nach dem Begrüßungsakt die Gäste in Kremsern in ihre Quartiere gebracht wurden. Abends fand in Keller's Festsälen ein von der Berliner Studenten⸗ schaft zu Ehren der italienischen Kommilitonen veranstalteter Kommers statt, dem ebenfalls der italienische Botschafter beiwohnte und bei welchem Professor Hinschius als Vertreter des erkrankten Rektors de Universität die Begrüßungsrede hielt. Die nächsten Tage werden die Gäste dazu benutzen, um die Universitätsanstalten, die Sehenswürdigkeiten Berlins und Potsdams zu besuchen. Die Abreise ist auf Montag festgesetzt. Ueber Leipzig und München kehren sie dann in ihre Heimath zurück. — Eine Abtheilung der italienischen Studenten unter Führung des Professors Marzoni beabsichtigt, die ver⸗ schiedenen Einrichtungen der Stadt, insbesondere die Müggelwerke, die Kanalisation, Markthallen und ein Rieselfeld zu besichtigen. Herr Ober⸗Bürgermeister Zelle hat bereitwilligst seine Zustimmung hierzu ertheilt und den Magistrats⸗Sekretär Spiecker der Abordnung als Führer mitgegeben. 1“
In der Versammlung des Berliner Bezirksvereins deut⸗ scher Ingenieure vom 10. April hielt Herr Ingenieur R. H. Kaemp aus Hamburg einen Vortrag „über die deutsche und englische Portland⸗Zement⸗Industrie“. Ausgehend von der Begriffs⸗ bestimmung des Portland⸗Zements als eines Produkts, welches „durch Brennen kalkhaltiger und thonhaltiger Materialien und deren nach⸗ folgende Zerkleinerung bis zur Mehlform entsteht“, gab der Vortragende ein anschauliches Bild von der Entwickelung und dem gegenwärtigen Stande dieser Industrie, welche zu den hervorragendsten Deutschlands ge⸗ höre. Die Fabrikation zerfällt im wesentlichen in drei Theile: das Mischen, Brennen und Mahlen. Es giebt nur wenige Fundstellen von Materialien Kufstein, Salzburg, die Gestade des Schwarzen Wesah welche von
atur eine Zusammensetzung haben, wie das Schlußprodukt des Zements sie erfordert, in denen Kalk in einem Prozentsatz von etwa 60 % mit Thon und geringen Mengen anderer Stoffe vereinigt ist. Auch an diesen anscheinend von der Natur zur Zementfabrikation vorbe⸗ stimmten Orten ist man davon zurückgekommen, das Naturprodukt so, wie es vorliegt, zu verarbeiten. Ueberall prüft man es auf seine für die Heren besten Portland, Zements geeignetste Zusammensetzung und trifft durch künstliche Mischungen die entsprechende Korrektur. Die beständige Begleitung der Fabrikation durch die chemische Untersuchung der Materialien vor ihrer Mischung ist ganz unerläßlich, selbst bei bekanntem, anscheinend immer gleichbleibendem Rohstoff; denn es sind geringe Ueberschreitungen des prozentigen Kalk⸗ sder Thongehaltes, welche schon beträchtliche Unterschiede in den wichtigsten Eigenschaften des Endproduktes, der Bindekraft, Unveränderlichkeit und Festigkeit des Zements, ergeben. Ist dieser Vorbedingung genügt und ist man des richtigen Mischungs⸗ verhältnisses der Rohmaterialien sicher, so bedarf die Arbeit des Mischens der größten Aufmerksamkeit, welche in verschiedener Art: auf nassem, halbnassem und trockenem Wege geschieht. In Deutschland sind die beiden letzten Verfahrungsweisen bevorzugt. Vorbedingung guter Mischung ist in allen Fällen eine sehr weitgehende Zerkleinerung der Materialien. In Staubform werden sie bei der nassen Mischung einem Rührwerk überliefert und hierin mit viel Wasser aufgeschlämmt,
worauf das aus dem Rührbottich oben ablaufende, die staubförmigen
Materialien suspendiert enthaltende Wasser in -h e über⸗ geleitet wird und darin die innig gemengte Masse als Schlamm ab⸗ setzt. Ist die Masse in diesen Bassins soweit eingetrocknet, daß sie noch eben plastisch und knetbar ist, so wird sie zu Ziegeln geformt, und diese werden dann so lufttrocken ge⸗ Sat wie es für das nachfolgende Brennen erforderlich ist. Das halbnasse 568.S besteht im Gegensatz hierzu in einem wohl⸗ eordneten, gleichmäßigen FHe g trockenen Kalkstaubes zu nassem honschlamm. eim trockenen Mischverfahren werden portionenweise, automatisch abgewogen, die beiden Bestandtheile als trockener Staub mit einander vermischt. Auch in diesem Falle ist ein nachfolgendes Wiederbefeuchten der Mischung nöthig, um daraus Ziegel von an⸗ nähernd zylindrischer Form zu kneten. Ein viertes Verfahren ver⸗ mengt mit Hilfe einer sinnreichen, zum Seen; des Vortrages im Gange vorgeführten Maschine die Materialien im erdfeuchten. Zustande mit einander und ersp