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pegeistert ein.
Die vereinigten Ausschüsse des Bund rarhs für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und
eehr hielten heute Sitzungen.
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In einer Verfügung des Justiz⸗Ministers vom 29. Sep⸗ tember 1881 ist es den Gerichtsvollziehern schon zur Pflicht gemacht, bei Uebernahme freiwilliger Ver⸗ steigerungen auch den Zweck derselben und die dabei von den Auftraggebern verfolgten Absichten einer Prüfung auf ihre Gesetzmäßigkeit und Zulässigkeit zu unterziehen. Nachdem sich ergeben hat, daß häufig Personen, welche die Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus (§ 33 der Gewerbeordnung) nicht besitzen, gleichwohl den gewerbsmäßigen Verkauf dieser Gegenstände im Wege der freiwilligen Ver⸗ steigerung durch Gerichtsvollzieher betreiben, werden die Gerichtsvollzieher in einer im „Justiz⸗Ministerialblatt“ ver⸗ öffentlichten Verfügung des Justiz⸗Ministers vom 15. v. M. angewiesen, den Auftrag zu solchen Versteigerungen nicht zu übernehmen, sobald die Vermuthung naheliegt, daß der Auf⸗ traggeber nicht bloß gelegentlich, sondern gewerbsmäßig auf diese Weise Spirituosen verkaufen will, ohne im
Besitz der hierzu erforderlichen Erlaubniß zu sein.
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“ “ ““ Der Wirkliche Geheime Ober⸗Baurath im Reichs⸗Eisen⸗ bahnamt Streckertist aus Süddeutschland hierher zurückgekehrt.
Der Regierungs⸗Assessor Eckelberg aus Lüneburg, zur Zeit in Berlin, ist der Königlichen Regierung in Posen zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden
Seine Majestät der König empfing gestern Seine Hoheit den Herzog Heinrich zu Mecklenburg, um das Schreiben entgegenzunehmen, durch welches Allerhöchsidemselben das Ab⸗ leben Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrich
ranz III. von Mecklenburg⸗Schwerin und die Uebernahme der een scaf seitens Seiner Hoheit des Herzogs Albrecht zu Mecklenburg notifiziert wird.
Baden. Die heutige Trauerfeier für Seine Großherzogliche Hoheit
8 den verewigten Prinzen Wilhelm von Baden begann in der Schloßkirche um 10 Uhr mit einer Trauerrede. Bei dem
e schritten hinter dem Sarge die nächsten Leid⸗ tragenden, Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Max von Baden und Seine Hoheit der Erbprinz von Anhalt.
folgten Seine Königliche Hoheit der Großherzog mit Ihren Fisen ben Hoheiten dem Großfürsten Niko⸗ laus Michailowitsch und dem Herzog von Leuchten⸗ berg, sodann Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Seine Hoheit der Prinz Wilhelm von Hessen mit den anderen Fürstlichkeiten, sowie die Vertreter befreundeter Höfe. Um 12 Uhr traf der Zug vor der Kapelle der Gruft ein. Die Musik spielte einen Choral, die Truppen präsentierten. Dann wurde der Sarg in die Kirche getragen und nach dem Segen und einem Gebet in der Gruft bei⸗ gesetzt. Mit Gebet und Segen schloß die Feier.
Mecklenburg⸗Schwerin. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie die Meckl. Nachr.“ melden, am 28. v. M. in Cannes eingetroffen. Seine Hoheit der FerZegesepen hat sich heute Vor⸗ mittag von Schwerin nach Berlin begeben, um sich nach er⸗ folgter Uebernahme der Regentschaft Seiner Majestät dem Kaiser vorzustellen. Reuß ä. L. Seine Durchlaucht der Fürst hat sich am 29. v. M. zu kurzem Besuch nach Bückeburg begeben. Elsaß⸗Lothringen. Der Landesausschuß erledigte in seiner vorgestrigen Sitzung ohne Debatte in dritter Lesung die 1 1) betreffend das Vermögen der Ortschaften, 2) be⸗ treffend die Rechtsverhältnisse der Gerichtsvollzieher und die Errichtung einer Pensionskasse für dieselben, 3) be⸗ treffend die Verzinsung der Gelder der Sparkassen und der auf Gegenseitigkeit beruhenden Hilfsgenossenschaften. Angenommen wurde der Antrag des Abg. Winterer auf Ab⸗ änderung des § 33 des Sparkassengesetzes vom 14. Juli 1895 dahin, daß die Anlage der Sparkassengelder (bei Sparkassen mit Gemeindebuͤrgschaft) geschehen könne: „4) in Darlehen auf Schuldscheine gegen leistungsfähige Bürgschaft oder unter Be⸗ stellung eines Faustpfandes an Personen, welche im Geschäfts⸗ bezirk der Sparkasse ihren Wohnsitz haben. Die Darlehen dürfen nur auf bestimmte, die Dauer von fünf Jahren nicht über⸗ steigende Zeit und im Höchstbetrage von 1000 ℳ für den einzelnen Schuldner gegeben werden.“ — Der Präsident von Schlum⸗ berger gab sodann eine kurze Uebersicht über die Thätigkeit des Hauses während der Session, worauf der Staatssekretär von Puttkamer den vom 28. April datierten Aller⸗ höchsten Erlaß verlas, durch welchen der Schluß der 89 verkündigt wird, und, auf Grund dieses Allerhöchsten Erlasses, im Auftrage Seiner Durchlaucht des Fürsten Statthalters die 24. Session für geschlossen erklärte. In das von dem Präsidenten ausgebrachte eiebah Hoch auf Seine Majestät den Kaiser stimmten die Abgeordneten
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Oesterreich⸗Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ eordnetenhauses führte bei der Berathung über den ringlichen Antrag wegen Auflösung der Organi⸗ sation der Eisenbahnbeamten und Angestellten der Minister⸗Präsident Graf Badeni aus: Nach dem Kongreß in ürich seien in Oesterreich zahlreiche Vereine der isenbahnbeamten und Angestellten ge⸗ ründet worden nur zu dem Zweck, um Agitation in ie Reihen der Eisenbahnbediensteten zu tragen. Die in Versammlungen sowie in der Presse aufgestellten orderungen würden im Falle der Realisierung derselben eine ahmlegung der Eisenbahnverwaltungen zur Folge gehabt haben. Obwohl man gewußt habe, daß die⸗Realisierung der
“ ü1ü1“ sei, sei sogar ein erus, Ausstand in Aussicht genommen worden, um den ffar erungen Geltung zu verschaffen. In dieser planmäßigen Aktion habe eine große Gefahr für die Staatsinteressen gelegen; andererseits habe man getrachtet, in den Reihen der Egzenbahnbedientesten Un⸗ zufriedenheit wachzurufen. Diese Bewegung habe zunächst das Werkstättenpersonal erfaßt, sodann das Zugpersonal, das Wächter⸗ personal und schließlich einen Theil des Beamtenpersonals. Diese Bestrebungen seien geradezu als gemeingefährlich erschienen; infolge dessen sei für die Regierung die Pflicht erwachsen, dieser Vereinsorganisation ein Ende zu machen. Gegen die versuchte Auflösung der Vereine habe den Betroffenen das Recht der Beschwerde an das Reichsgericht zugestanden. Die Regierung spreche sich gegen die projektierte Einsetzung eines parlamen⸗ tarischen Ausschusses zur Untersuchung dieser Angelegenheit aus, welche einen Eingriff in die Rechte der Exekutive be⸗ deuten würde. Nachdem noch mehrere Redner ge⸗ sprochen hatten, wurde die Dringlichkeit des Antrages mit 179 gegen 134 Stimmen abgelehnt. Die Abgg. Funke und Genossen überreichten dem Hause den Antrag: „das Sün wolle beschließen, die Minister Graf Badeni, Graf Gleispach, Freiherr Glanz von Eicha, von Bilinski und Graf Ledebur wegen einer gröblichen Pflichtverletzung durch den Erlaß der Sprachenverordnungen zur Verantwortung zu ziehen und in Anklagezustand zu versetzen“. Der Antrag wird dadurch begründet, daß nach Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes die Alleinberechtigung der Sprachen nur im Wege der Gesetzgebung, nicht aber durch willkürliche ein⸗ seitige Verordnungen einzelner Minister durchgeführt werden könne. Ferner wird darauf hingewiesen, daß diese Verord⸗ nungen im Reichs⸗Gesetzblatt nicht publiziert worden seien und deshalb keine bindende Kraft hätten. Die Minister, welche diese Verordnungen unterzeichneten, hätten sich somit einer vorsätzlichen Verletzung der Verfassung schuldig gemacht. Der Antrag trägt 48 Unterschriften. Aehnliche Anträge brachten die deutsch⸗nationalen Abgg. Kaiser und Genossen sowie die Abgg. von Schönerer und Genossen ein. Letztere über⸗ reichten ferner einen Antrag, worin die Regierung aufgefordert wird, eine Gesetzesvorlage gegen die Einwanderung und Nieder⸗ lassung ausländischer Juden in Oesterreich einzubringen.
Großbritannien und Irland.
Die Königin ist gestern Abend von Nizza in Windsor wieder eingetroffen.
Im Unterhause erwiderte gestern der Staatssekretär der Kolonien Chamberlain auf eine bezügliche Anfrage: daß sich das im Jahre 1893 über die Salomon⸗Inseln proklamierte Protektorat auf alle Inseln der Salomon⸗ Gruppe südlich der in dem Abkommen mit Deutschland im Jahre 1886 festgestellten “ erstrecke. Die Regierungs⸗ station solle auf der Insel Tulage errichtet werden.
Der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung des Einfalles Jam eson's in Transvaal hat gestern seine Sitzungen wieder aufgenommen. Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain gab die eidliche Versicherung ab, daß weder er noch Beamte des Kolonialamts die leiseste Ver⸗
muthung von dem Einfall in das Gebiet der Südafrikanischen
Republik gehabt hätten bis zu dem Tage, bevor derselbe er⸗
folgt sei. Rußland.
Der Kaiser und die Kaiserin haben, wie „W. T. B.“ meldet, mit der Großfürstin Sergius gestern Nachmittag 8 Petersburg wieder verlassen und sich nach Zarskoje⸗Sselo
egeben.
Der „Regierungsbote“ meldet die Ernennung des bisherigen Vize⸗Konsuls in Neapel Baron von Heyking zum Vize⸗Kongul in Berlin. 3 8
— Italien. G
Die Yacht „Zarnitza“ ist mit dem Großfürsten⸗Thron⸗ folger von Rußland an Bord gestern in Palermo ein⸗ getroffen.
Dem ‚Esercito“ zufolge beabsichtigt die Regierung jetzt, nachdem die Gefangenen aus Schoa zurückgekehrt sind, eine vollständige urkundliche Untersuchung zur Feststellung der Verantwortlichkeit für den Ausgang der Schlacht von Adua einzuleiten.
Türkei.
Der Ausweisungstermin für die Griechen ist, wie „W. T. B.“ meldet, mittels Irade um acht Tage verlängert worden.
Eine amtliche Bekanntmachung veröffentlicht eine Depesche Edhem Pascha's an den Kriegs⸗Minister, nach welcher die 1. Division Hairi Pascha's am Mittwoch Nachmittag Trikkala besetzt hat. Vor Trikkala wurden die türkischen Truppen von freigelassenen Sträflingen beschossen, ohne jedoch Verluste zu erleiden. Die Einwohner der Dörfer sowie Trikkalas, welche geflüchtet waren, sind infolge einer Proklamation zum großen Theile zurückgekehrt. Die Depesche konstatiert, daß von den Griechen Waffen an die Bevölkerung Trikkalas und Um⸗ gebung vertheilt worden seien, außerdem sei das Militärdepot geplündert worden; deshalb sei der Befehl ertheilt worden, das Kriegsmaterial binnen 24 Stunden zurückzustellen, widrigen⸗ alls man sich strengen Strafe aussetze; auch der geraubte
Broviant müsse zurückerstattet werden. Die Nichtbefolgung dieses Befehls sei mit Geldstrafen zu belegen. Alle Ver⸗ besserungen zur Sicherung der Ruhe seien durchgeführt worden.
Edhem Pascha ist, wie das „Reuter’'sche Bureau“ meldet, am Donnerstag früh mit seinem Stabe in Larissa ange⸗ kommen und von der mohamedanischen Bevölkerung ehrfurchts⸗ voll empfangen worden. Der Generalstabs⸗Chef Seifullah Bey wurde wegen seiner ausgezeichneten Dienste im Felde zum Pascha ernannt.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Larissa vom 28. v. M. gemeldet wird, fanden die Türken bei ihrer Ankunft in Larissa alle 14 cm⸗Geschütze in der Festung vollkommen unversehrt, ebenso eine ungeheure Menge von Schießvorräthen aller Art. Die Preisgabe einer so starken Stellung seitens der Griechen werde als unbegreiflich betrachtet. Die Türken setzten einen Zivil⸗Gouverneur in Larissa ein. Plündern ist unter Androhung der strengsten Strafen verboten worden. Die griechischen ee. der Stadt werden in jeder Weise ermuthigt, dahin zurückzukehren.
Der Kampf, welcher, wie gestern gemeldet, am Mittwoch bei Velestino begonnen hatte, dauerte, wie aus Athen be⸗ richtet wird, gestern noch fort. Die Brigade Smolenski kämpfte gegen 8000 Mann türkischer Truppen, welche unter Froßen erlusten zurückgeschlagen wurden. Die griechische
avallerie griff wiederholt ein, die türkische Kavallerie wurde zurückgeworfen. e1“ b
Nach einer dem Großpezir zugegangenen Depesche des
Vali von Saloniki ist der Rest der aus regulären Soldaten zusammengesetzten griechischen Bande, welche bei Pravista auf türkisches Gebiet eingedrungen war, vollständig aufgerieben worden. Zehn Mitglieder der Bande wurden gefangen genommen.
Die „Agence Havas“ berichtet aus Athen, daß nach Berichten aus Pharsala eine Abtheilung türkischer Ka⸗ vallerie, von Larissa kommend, bis an die Linie Pharsala — Domoko vorgegangen sei. Die griechische Artillerie habe ein heftiges Feuer auf die Türken eröffnet, welche sich dann, von griechischer Kavallerie verfolgt, zurückgezogen ae „Man glaube, die Türken beabsichtigten, sich zurch die Entsendung zweier Heeresabtheilungen, von denen die eine von Larissa, die andere von Trikkala aus vor⸗ marschiere, Pharsalas zu bemächtigen. Vier türkische Eskadrons hüatten einen Angriff versucht, seien aber durch Artillerie⸗ und nfanteriefeuer unter großen Verlusten zurückgeworfen worden.
Eine in Konstantinopel gestern veröffentlichte amtliche
Bekanntmachung besagt auf Grund des Berichts des Kom⸗ mandanten der ersten Division des türkischen Armee⸗Korps in Epirus, Ferik Osman Pascha, daß die Griechen von den Höhen, welche die Umgebung von Bezbunar oder Pentepighadia beherrschen, durch fünf Bataillone unter Mustapha Pascha, dem Kommandanten der vierten Brigade, vertrieben seien. Die Türken hätten hierauf diese Stellungen esetzt.
Nach einer in Konstantinopel eingegangenen Depesche des Vali von Janina an den Minister des Innern vom 27. und 28. April haben vier griechische Schiffe neuerdings das Bombardement von Prevesa aufgenommen, ohne jedoch Schaden anzurichten.
Aus Athen wird die Nachricht von dem Rückzuge der Griechen in Epirus bestätigt. Die griechischen Truppen hätten sich gegen die Grenze hin zurückgezogen und einen Theil des von ihnen bisher besetzten Gebietes aufgegeben. Salagura befinde sich noch in den Händen der Griechen.
Die griechische Kanonenboots⸗Flottille im Golf
von Arta beschoß die Küste bei Nikopolis.
8 Griechenland. Das Kabinet hat sich gestern Mittag konstituiert. Das⸗
selbe ist, wie folgt, zusammengesetzt: Ralli Vorsitz und
Marine, Theotokis Inneres, Skuludis Aeußeres, Eutaxias Unterricht, Triantaphilakos Justiz, Simopulos Finanzen, Oberst Tsamados Krieg. Das Dekret, durch welches Ralli zum Minister⸗Präsidenten ernannt wird, hat nach der „Agence Havas“ folgenden Wortlaut: „ ir ernennen Ralll an Stelle Delyannis’ zum Minister⸗ Präsidenten.“ Ob Delyannis seine Entlassung gegeben hat oder entlassen wurde, wird nicht erwähnt. — Theotokis, welcher gestern Nachmittag um 2 ½ Uhr in Athen eintraf, hat erst nach langem Zögern und nachdem die übrigen Minister ihm erklärt hatten, seine Weigerung könne die Bildung des Kabinets in Frage stellen, was den Interessen des Landes sehr schaden würde, sich bereit erklärt, in das neue Kabinet einzutreten. Während die neuen Minister den Eid leisteten, erklärte Delyannis, daß die äußerste Klug⸗ eit für Griechenland geboten sei, und versprach, dem neuen Kabinet seinen Beistand voll und ganz leihen zu wollen. Theotokis leistete später, nach einer Unterredung mit Ralli, dem König den Eid. Nachdem Theotokis eine Stunde bei dem Könige verweilt hatte, wurde ein Ministerrath abgehalten, um über die Lage zu berathen. In dem⸗ selben wurde beschlossen, daß die Minister Theotokis und Tsamados sich nach Pharsala begeben sollten, um sich von dem Zustande der Armee zu überzeugen. Vor seiner Abreise legte der Kriegs⸗Minister Tsamados dem König ein Dekret zur Unterzeichnung vor, durch welches der Generalstabs⸗ Chef, Oberst Sapundzaki abberufen und Oberst⸗Lieutenant Ralli zum provisorischen Chef des Generalstabs ernannt wird.
Das italienische Panzerschiff „Re Umberto“ ist gestern von Smyrna in Phaleron eingetroffen, wo noch weitere aus⸗ wärtige Schiffe vor Anker liegen. 8
Rumänien. 8 Der Minister⸗Präsident Sturdza hat sofort, nachdem ihm. die Note des Grafen Murawjew (siehe die gestrige Nr. d. Bl. unter „Rußland“) überreicht worden war, an den rumänischen Gesandten in St. Petersburg folgende Depesche gerichtet: „Wollen Sie dem Grafen Murawjew die volle Befriedigung der xumänischen Regierung über die Mittheilung ausdrücken, welche mir der russische Gesandte über die korrekte und kluge Hartung der. rumänischen Regierung angesichts des griechisch⸗türkischen Kon⸗ fliktes gemacht hat. Das beständege Ziel der Politik Rumäniens ging dahin, den Bemühungen der Großmächte zur Erhaltung des allgemeinen Friedens dienlich zu sein, der einen Schutz der Ordnung, der Ruhe und der Entwickelung der Staaten bildet. Die Königliche Regierung fühlt sich glücklich, daß ihre korrekte und kluge Haltung die hohe Billigung Seiner Maäjestät des Kaisers Nikolaus und seines erhabenen Gastes, Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph, gefunden hat“. Eine identische Depesche wurde auch an den rumänischen
Gesandten in Wien abgesandt.
Montenegro.
Der Erbprinz Danilo hat sich gestern von Cetinje
nach Antivari begeben, um den König von Serbien bei. seiner Ankunft daselbst zu begrüßen. 1““
““ Aus Sansibar meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß eine italienische Truppe mit mehreren Askaris aus Massowah am 23. April in das Wadan⸗Land eingedrungen sei, um die Somalis zu züchtigen, welche den Zralientschen Konsul Cecchi ermordeten. Die Italiener hätten drei Dörfer ver⸗ brannt. Etwa 50 Somalis, darunter zwei Mörder Cecchi'’s, seien getödtet und 100 verwundet worden.
Dasselbe Bureau berichtet aus Kapstadt, daß der Abg. Merriman in der gesetzgebenden Versammlung der Kapkolonie einen Antrag eingebracht habe, wonach das Haus dem Ministerium sein Vertrauen versage, weil cs, wie der Redner sagte, nur aus Anhängern Rhodes' bestehe. Der Arbeits⸗Minister Sivewrigt erklärte: wenn die Regierung von Transvaal nur versöhnliche Gesinnung zeigen würde, werde die Regierung alles thun, um einen Prüüch des Friedens zu verhüten. Die holländischen Abgeordneten griffen Cecil Rhodes, der an⸗ wesend war, heftig an. Bei der Abstimmung über den An⸗
trag Merriman ergab sich Stimmengleichheit; die b 18
des Sprechers gab dann den Ausschlag zu Gunsten gierung.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (73.) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenheiten D. Dr. Bosse beiwohnte, die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unter⸗ richts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ fort.
„Abg. Dr. Peslchiscent⸗ Das Kirchenvermögensgesetz ist ohne Mitwirkung der katholischen Kirche gemacht worden, und schon deshalb bedarf es jetzt nach den Erfahrungen mit demselben seit den siebziger Jahren einer Revision, mit der auch Graf Limburg⸗Stirum sich einmal einverstanden erklärt hat. Das Haus bat in einer Resolution diese Revision verlangt. Diesem Beschluß ist leider keine Folge gegeben worden. Ich bitte die Re⸗ gierung dringend, diese Frage, bei der es sich um kein staatliches Hoheitsrecht handelt, sondern nur um die Zweckmäßigkeit der Ver⸗ mögensverwaltung, gesetzlich zu nhen Am besten ist die Verwaltung des Kirchenvermögens durch ein Kirchenkollegium von drei Personen. Die Verwaltung durch die ganze Gemeindevertretung ist zu umständ⸗ lich. Bezüglich der Dortmunder Wahl empfehle 8 den Herren die Lektüre des neuesten Artikels der „Tremonia“, in der die Ver⸗ hältnisse in Trier dargelegt werden und auf den Zwang hingewiesen wird, den die Arbeitgeber auf die Arbeiter ausgeübt haben. Allerdings müssen bei den Stichwahlen die Parteien, welche die Sozialdemokratie programmmäßig bekämpfen, die Wahl eines Sozial⸗ demokraten verhindern, aber es ist in vielen Fällen schwierig, dieses Ziel zu erreichen. Die Bekämpfung der Sozialdemokratie kann sich aber nicht erschöpfen durch die Abstimmun bei einer Stich⸗ wahl, vielmehr müssen die Quellen verstopft werden, aus denen die Sozialdemokratie ihre Nahrung nimmt. Herr von Eynern hat uns wieder Lesefrüchte zum besten gegeben von denen ich nicht vei ob sie auf seinem eigenen Tisch gepflückt sind, die aber nicht wissenschaftlicher Natur sind und für die geistige Strömung in der katholischen Kirche nicht maßgebend sind. Das kommt mir vor, als wollte jemand seinem Freunde aus der Gartenbau⸗Ausstellung einege Blumen und Blätter mitbringen und ihm sagen: Geh nicht hin, hier siehst du, was da zu sehen ist. Herr von Eynern beschwert sich über Testamente zu Gunsten der Kirche. In dem Fall in Paderborn kam der betreffende Nachlaß nicht der Kirche selbst, sondern überhaupt christ⸗ lichen Kulturzwecken zu gute. Und so ist es in der Regel mit den Vorwürfen gegen die katholische Kirche. Das Kloster aria⸗Laach soll den ganzen Bauernstand der Umgegend auffaugen und immer mehr Vermögen an sich ziehen. Uns wird von dort mitgetheilt, daß seit 1892 das Kloster im Ganzen 2 ha 22 a angekauft hat, von Leuten, die froh waren, ihre Parzellen los zu werden, und das nennt Herr von Eynern Aufsaugung des Bauernstandes. Für unsere Beschwerden über die imparitätische Behandlung haben wir nicht nur unser Empfinden als Beweis beigebracht, sondern That⸗ sachen. Der Abg. Friedberg hat prinzipielle Bedenken gegen die Be⸗ Hesung von Beamtenstellen mit Katholiken überhaurbt, während der Abg. Sattler sagt, man könne sehr wohl auf römisch⸗katholischem Standpunkt stehen und doch Staatsbeamter sein. Die Debatte ist für uns so verletzend gewesen, daß uns allerdings das Zu⸗ sammengehen mit den Nationallikeralen bei den Wahlen außer⸗ ordentlich erschwert ist. Nach Herrn Friedberg kann derjenige nicht Staatsbeamter werden, der die Lehren, die die römische Kurie in die Welt gesetzt hat, — auch ein sehr schöner Ausdruck — mit vollem Glauben annimmt. Was würden Sie sagen, wenn ein Katholik so unbescheiden wäre, einen Protestanten danach zu fragen, wie weit stia Glaube gehe, ehe er ihm ein Staatsamt anvertrauen will? Ich werde als Katholik „solche Fragen ab⸗ lehnen. Ich beschäftige mich ausdrücklich hiermit, damit nicht an anderer Stelle gegen katholische Staatsbeamte auf Grund unkontro⸗ lierbarer Gerüchte ein Verdacht erreegt wird. Wir leben in voller Eintracht mit dem Papst. Das hindert uns aber nicht, unsere Pflichten als Staatsbeamte auch in höheren und höchsten Beamten⸗ stellen zu erfüllen. steht ja dem Staat das Disziplinar⸗ verfahren zu Gebote. Religiöse Diepute lehnen wir hier ab; sie haben keinen Zweck Männern gegenüber, die dazu nur ihren datcgen emas. ( g, die katholische Kirche mitbringen. Das Gebiet der Theologie ist von solcher Zartheit, daß es ganz unmöglich ist, in einer Versammlung von Laien solche Fragen zu entscheiden. Wenn dazu einer nur Kenntniß einiger Pamphlete gegen
die katholische Kirche mitbringt, o kommt man in einer solchen
Diskussion nicht weiter. Herr Friedberg sollte, wenn er Kenntniß von unserer Kirche erhalten will, sich an ein Mit⸗ glied der emh. . Fakultät wenden, nicht an einen Menschen, der von der Kirche abgefallen ist. Herr Fried⸗ berg hat gestern auch über die Probabilitätslehre gesprochen. Das kommt mir so vor, als wenn ich den Herrn Präsidenten bitten wollte, diese Versammlung hier Lufsugerdann den Saal zu verlassen, weil möglicherweise einmal die Decke einstürzen könnte. Was die m⸗ burger Lehrerversammlung betrifft, so habe ich nichts dagegen, daß der Professor Lehmann die Affen als seine Ahnen ansieht. Aber Lehrern, die
auf solchem Standpunkt stehen, kann man den Religionsunterricht nicht an⸗
vertrauen. Der Syllabus hat, wie HerrFriedberg meint, die Glaubensfreiheit als deliramentum bezeichnet. Wir haben uns oft über den Religions⸗ unterricht der Dissidentenkinder unterhalten, und da hat der Kultus⸗ Minister es als Pflicht des Staats bezeichnet, auch diese Kinder in der Religion zu unterweisen. Mit meinem Herzen stand ich auf seiner Seite, aber nicht vom rechtlichen Standpunkt aus. Ich selbst habe aber einmal ausgeführt: wenn semand ein absoluter Heide sei, so könne der Staat ihn auch nicht abhalten, seine Kinder als Heiden zu erziehen. In so positiver Form, wie Herr Friedberg behauptet, steht jenes Zitat übrigens garnicht im Syllabus, denn der Syllabus ist ja uͤberhaupt nichts Positives, sondern eine Kritik und Zensur von manchen Dingen. Der Staat ist ja selbst zu manchen Sätzen des Syllabus
übergegangen. Sie haben ja im Reichstage wiederholt durch das
Sozialistengesetz die absolute Redefreiheit beschränkt. Ein Katholik kann alles für recht halten, was im Syllabus steht, und doch seine Pflichten als Staatsbeamter gegen den Staat treu erfüllen. Herr Friedberg hat sich auch auf Perone berufen. Soll ich Ihnen Stellen aus Luther's Schriften zitieren, die sich auch nicht sehr freundlich gegen die römisch⸗katholische Kirche verhalten? Der Konsistorial⸗Ratb Leuschner in Worms hat in einer Predigt gesagt, das evangelische Volk müsse einmütbig protestieren gegen die Lüge, die in der katholischen Kirche ihr Wesen treibe, und gegen die falsche Staatskunst, die mit dieser Lüge paktiere. Aus der spanischen Gesetzgebung können Sie der katholischen Kirche selbst keinen Vorwurf machen. In Braunschweig müssen aber katho⸗ lische Eltern die Genehmigung des epangelischen Pfarrers einholen, wenn sie ihre Kinder katholisch taufen lassen wollen. In Berlin be⸗ steht ein Verein, an dessen Spitze 1891 ein vortragender Rath gus dem Kultus⸗Ministerium stand, zur Förderung des Evangeliums in Spanien. Was würden Sie sagen, wenn in Madrid ein Verein zur Bekehrung der arzmen Mecklenburger, die noch in der Fesfteräth wandelten, ge⸗ gründet würde? Ein katholischer Graf Kettenburg in Mecklenburg hat eine dgens Hauskapelle und ließ sich einen Pfarrer aus Linz zu seiner Seelsorge kommen; die mecklenburgische Regierung ließ das aber nicht zu. Unsere katholischen Beamten können die Staatsgesetze, wenn sie sie auch nicht für richtig halten, doch korrekt ausführen. Kann etwa ein Landrath, der ein prinzipieller Gegner des allgemeinen gleichen direkten Wahlrechts ist, nicht als Wahlkommissar bei den Reichstagswahlen fungieren? In Belgien ist die Frage lebhaft besprochen worden, ob ein Beamter, der vollständig auf römisch⸗ katholischem Glaubensbekennt⸗ niß steht, den Eid auf die belgische Verfassung leisten könne. In Holland sind zweifellos auf römisch⸗katholischem Stand⸗
puntte stehende Männer Mitglieder des Minister,ums gewesen. Ein
Vize⸗König von Indien und Mitglied des liberalen Kabinets in England hat auch auf streng römisch⸗katholischem Stand⸗ punkt gestanden. Ohne ihre kirchlichen Pflichten zu verletzen, können Katholiken sehr wohl den Eid auf die Staatsverfassung leisten. Ich hätte nicht geglaubt, daß es jemand wagen würde anzudeuten, daß mein Eid auf die preußische Verfassung nur um eines es Breite schwächer sei als der Eid, den der evangelische Herr Prösident dieses Hauses oder der Abg. Friedberg geleistet hat. Ich stehe voll und ganz auf dem Boden der katholischen Kirche und will in voller Einheit mit dem Pavst leben und sterben. Glauben Sie, daß dies meinen Eid auf die Verfassung irgendwie beeinträchtigt? Ich hoffe von der e des Abg. Friedberg, daß er auf meine präzise Frage eine präzise Antwort giebt. Er bat schließlich den konfessions⸗ losen Staat auf den Schild gehoben. Wie darf man noch von einem Königthum von Gottes Gnaden sprechen gegenüber Staatsbürgern, die nicht an Gott glauben, und wie kann der Richter einen glaubenslosen Zeugen auf die Ewigkeit der Strafen hinweisen? Die überwiegende Mehrheit dieses Hauses wird aber wohl der Meinung sein, daß der christliche Staat auch der gerechteste ist und daß seine Aufhebung ein nationales Unglück wäre.
(Schluß des Blattes.)
Nr. 17 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, berausgegeben im Reichsgamt des Innern, vom 30. April, hat folgenden Inhalt: 1) Allgemeine Verwaltungs⸗Sachen: Bekannt⸗ machung, betreffend die den mittleren und unteren Beamten der Verwaltung des Kaiser Wilhelm⸗Kanals bei der Beschäftigung im Loots⸗, Fahr⸗, Bagger⸗ und Streckenaufsichtsdienst zu gewährenden Vergütungen. — 2) Konsulat⸗Wesen: Ernennungen; — Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstands⸗Akten; — Todesfall; — Exequatur⸗ Ertheilung. — 3) Zoll⸗ und Steuer⸗Wesen: Bestimmungen über den ollfreien Einlaß der von dem internationalen landwirthschaftlichen
aschinenmarkt in Wien zurückgelangenden deutschen Güter; — Rangerhöhung eines Stations⸗Kontroleurs. — 4) Polizei⸗Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Arbeiterbewegung.
Aus Stettin berichtet die Ostier Sig zum Ausstande der Getreideträger: Die Ausständigen hielten gestern eine Ver⸗ sammlung ab, in der sie beschlossen, ungeachtet der er⸗ folglos verlaufenen Verhandlungen zwischen der Kommission und den Vertretern der Arbeitgeber am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie beschlossen ferner, bei denjenigen Arbeitgebern, die bisher den Tarif innegehalten haben, zu den darin angegebenen S und Bedingungen weiter zu arbeiten, bei den übrigen aber, wo sich 1““ bietet, ihre Arbeitskraft nach Möglichkeit bezahlen zu lassen.
In Hanau haben, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, die Diamant⸗ schleifereibesitzer auf die Anfrage des Gewerbegerichts die an⸗ gebotene Vermittelung abgelehnt. Dagegen haben sie sich bereit erklärt, einzeln mit den ausständigen Arbeitern zu verhandeln.
In Heilbronn ist der Ausstand der Maler, der „Heilbr. Ztg.“ zufolge, t, da die Meister die Forderungen zumeist an⸗ erkannt haben.
Kunst und Wissenschaft.
Große Berliner Kunstausstellung 1897.
Im Kuppelsaal des Landes⸗Ausstellungsgebäudes fand heute Mittag um 12 Uhr die feierliche Eroffrbng der Großen Berliner Kunst⸗Ausstellung 1897 durch den Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten D. Dr. Bosse statt. Schon geraume Zeit vor Beginn der Feier hatte sich in den, abweichend von den Anordnungen früherer Jahre, durchweg zugänglichen Sälen der Ausstellung eine zahlreiche Festversammlung eingefunden. Außer dem Minister des Königlichen neh von Wedel und hohen Staatsbeamten sowie den Mitgliedern des enats der Akademie der Künste waren zahlreiche ausstellende Künstler mit ihren Damen erschienen. Mit einem Fanfaren⸗Chor wurde der Festakt eingeleitet, und nach einer kurzen Ansprache, welche in ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König ausklang, erklärte der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse die Ausstellung für eröffnet, worauf der Rundgang durch die Säle erfolgte “ 1““
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Vorbericht. 8
L. K. — Der Strom moderner Kunstübung ist im Laufe der
letzten Jahre ersichtlich breiter, ruhiger, aber auch seichter geworden; mit neugieriger Ungeduld späht man daher bei jeder Gelegenheit nach neu auftauchenden Stromschnellen und läßt die vielen kleinen Talente, die mit dem Strom schwimmen, weil ihnen die Kraft eigener Richtung mangelt, vorüberziehen, ohne ihrer zu achten. Leider lockt nur selten ein fester Felsblock, an dem
die Wellen brechen, den Blick des Wanderers am Ufer. Doppelt freudig muß man deshalb in der diesjährigen Ausstellung, die im wesentlichen auf deutsche Kunst beschränkt ist, einige Künstlerindi⸗ dualitäten begrüßen, die fest wurzeln in der Anschauung, die sie in tapferem Ueberzeugungskampfe sich und der Welt errangen, und die dieser neuen Anschauung Bahn gebrochen haben auf Kosten des ver⸗ führerischen Tageserfolges. Durch die Schaar der Nachzügler wächst nur ihre Größe, und selbst da, wo sie heute überholt scheinen, weckt ihre volle und mannhafte Persönlichkeit Bewunderung. So bietet sich in diesem Jahr Gelegenheit, das Schaffen Max Liebermann’s, der Jahrzehnte lang unter der Anfechtung seiner künstlerischen Grunzsäß durch die öffentliche Meinung hat leiden müssen, in einem geschlossenen Bilde zu würdigen. Der ihm für eine Sonderausstellung zugewiesene Saal mit seinen grünen Stofftapeten, dem Holzpaneel und dem Licht⸗ schirm, der das grelle Oberlicht dämpft, ist zugleich ein Mufter vor⸗ nehmer und geschmackvoller Ausstattung eines zum Kunstgenuß be⸗ stimmten Raumes. Die Zahl der ausgestellten Werke ist ansehnlich, aber nicht ermüdend und ermöglicht einen Ueberblick über die Ent⸗ wickelung dieses so vielfach mißverstandenen Talents.
Andere Sonderausstellungen, wenngleich in weniger intimer Ab⸗ geschlossenheit, gewähren einen Einblick in die Lebensarbeit des greisen Ehren⸗Präsidenten der Akademie Karl Becker, des Landschaftsmalers Albert Hertel, Ludwig Dettmann's und des Bildhauers Gustav Eberlein, der sich zugleich auch als Maler bei dem Berliner Publikum vorstellt. Andere Künstler, wie der geniale hollän⸗ dische Porträtist Jan Veth und Adolf Männchen haben eben⸗ falls fin stattliche Zahl ihrer neuesten Arbeiten in geschlossener Reihe ausgestellt.
8 Im Ehrensaal lenken das große Repräsentationsbild von William Pape: „Ein Reich — ein Volk — ein Gott“, sowie ein Reiter⸗ bildniß Seiner Majestät des Kaisers von Werner Schuch und das geniale Porträt des Reichskanzlers Fürsten 8 Hohenlohe von Franz Lenbach besondere Aufmerksamkeit auf sich. Lenbach's Kunst ist überdies auch noch durch andere Werke vertreten, unter denen besonders eine weibliche Porträtskizze und das Bildniß des Bildhauers Rein⸗ hold Begas in halber Figur hervorzuheben sind.
Tie Porträtmalerei hat in diesem Jahre neben vielem Un⸗ zulänglichen auch manches „Ereigniß“ aufzuweisen. Außer den schon erwähnten charaktervollen Schöpfungen Jan Veth's seien besonders zwei vornehme und geistreich gemalte Bilder der polnischen Malerin Olga Boznanska, eine 8. zarte Frauengestalt von Karl di⸗ ler, mehrere energische Männerköpfe von Ludwig Keller⸗
üsseldorf, ein etwas chargiertes, aber flott hingeworfenes Modebild von Emil Heilemann und das Porträt des Schriftstellers Frei⸗ herrn Detley von Lilienervon von Momme Nissen genannt.
Von bisher weniger bekannten Malern der jüngeren Generation debütieren mit Glück Hans Bachmann⸗Düsseldorf, Paul Kaemmerer⸗Stuttgart, der Marinemaler Eichstetten und der junge Berliner Landschaftsmaler Alfred Scherres, dessen Sonnen⸗ untergang am Meeresstrand überraschende koloristische Kraft offenbart.
Die Düsseldorfer Malerschule ist reichhaltig und mit energischen Individualitäten, wie Spatz, 1e. Herrmanns, H. beimes vertreten, die sich neben den bekannteren Genossen von Gebhardt, Kampf, Brütt und Klein⸗Chevalier ehrenvoll zu behaupten wissen.
Karlsruhe hat eine kleine, aber vortreffliche Auswahl von neueren Werken des Grafen Kalkreuth, Carlos Grethe'’s, Franz Heim's und Kallmorgen’s aufzuweisen.
Die Münchener Schule ist, soweit eine flüchtige Wanderung durch die noch halb unfertige Ausstellung ein Urtheil erlaubt, diesmal durch die eigene Ausstellung zurückgehalten. Nur die trefflichen Zeichner der „Fliegenden Blätter“, Hengeler, Wahle, René Reinecke und Harburger treten uns als geschlossene Gruppe an einer Wand eines Nebensaales entgegen, vor der voraussichtlich manches herzliche Lachen erschallen wird. Schwerlich wird auch die persisch stilisierte „Maria“ von Strathmann als ernstes Kunstwerk von der Mehr⸗ zahl der Ausstellungsbesucher gewürdigt werden. Zu bedauern bleibt die einer künstlerischen Schrulle geopferte große Mühe und Arbeit.
Von Berliner Malern schließlich seien außer den oben bereits genannten noch flüchtig eine sehr feine Mondlichtstimmung von Skarbina, eine prächtige Brandung von „Hammacher, mehrere Porträts von Vilma Parlaghy und schließlich das große Breitbild von Franz Paczka, Adam und Eva in weiter Landschaft darstellend, erwähnt.
Einige scharf individualisierte Männerbüsten von R. Begas, Karl Janssen und A. Kaan fesseln in der plastischen Ab⸗ theilung bei flüchtiger Rundschau den Blick. u“
Trotz der großen Nummerzahl, die auch der diesjährige Aus⸗ stellungs⸗Katalog voraussichtlich aufweisen wird, darf man die Aus⸗ beute an wirklich bedeutenden sder gar epochemachenden Leistungen keineswegs hoch anschlagen. Hoffentlich kommt eine solche Ruhepause der gesunden Entwickelung unseres Kunstlebens, das durch die alljähr⸗ lichen großen Ausstellungen keineswegs immer wohlthätig beeinflußt wird, zu gute.
Der zu der heutigen Eröffnung der großen Berliner Kunst⸗ ausstellung 1897 von der hiesigen Kunstverlagsfirma Rudolf Schuster gelieferte Katalog zeigt mehrere dankenswerthe Neuerungen. Derselbe bringt die Bildnisse aller derjenigen Künstler, welche durch Kollektivausstellungen vertreten sind. Sodann wird das Auffinden der einzelnen Namen jetzt durch große Buchstaben in den oberen Ecken der Seiten erleichtert. Endlich enthält der Katalog noch ein Ver⸗ zeichniß der durch Ehrendiplome und Medaillen auf den Berliner Kunstausstellungen ausgezeichneten Künstler. Die Textausgabe kostet geheftet 1ℳ Der illustrierte Katalog (Preis geheftet 2 ℳ, gebunden 3 ℳ) wird in einigen Tagen erscheinen.
Im Ganzen sind nach dem Katalog 2132 Kunstwerke ausgestellt, darunter 1626 Gemälde. Die Ausstellung währt bis zum 26. Sep⸗ tember und ist täglich von Morgens 10 Uhr an geöffnet, und zwar bis zum 31. Juli bis 9 Uhr Abends und vom 1. August bis 26. Sep⸗ tember bis 8 Uhr Abends. Der Eintrittspreis beträgt 50. Montags 1 ℳ
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Im städtischen Ausstellungs⸗Palast zu Dresden fand heute Vormittag die feierliche Eröffnung der internationalen Kunst⸗ ausstellung in Gegenwart Seiner Majestät des Königs, Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzen und Prinzessinnen, der Mitglieder des diplomatischen Korps, der Staats⸗Minister, der Generalität, der Svitzen der Behörden und zahlreicher Ehrengäste durch den Staats⸗ Minister von Metzsch statt. 8 “
Verdingungen im Auslande
Niederlande. Ohne Datum. Gemeinde⸗Gasfabrik zu Deventer: Lieferung von 80 000 hl englischer und deutscher Gaskohlen. Bedingungen bei Franko⸗Anfrage vom Direktorium der Fabrik erhältlich.
Dänemark. 6
10. Mai, 1 Uhr. Staatsbahn⸗Verwaltung (Maskinafdelingens Contor, Colbjörnsensgade 6 11) Kopenhagen: Lieferung von 500 m Wagenborten, 200 Stück Wagenquasten, 2500 m Naht⸗ schnüren, 6500 Stück Schmierkissen, 300 m Schmierkissenzeug, 1500 Stück runden Lampendochten, 50 Pfund Leinengarn, 200 Pfund Bindaarn, 100 Pfund Schnürgarn, 2500 Pfund getheertem Garn, 600 Pfund Signalpfeifenschnüren, 1000 Pfund Spundgarn, 250 Pfund Packgarn, 350 Pfund Seilen. Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle und beim „Reichs⸗Anzeiger“ (in dänischer Sprache).
15. März, 12 Uhr. Directeuren for Belysningsvaesenet, 22 Vestre Boulevard, Kopenhagen: Lieferung von 50 000 Pfund Blei. Bedingungen zur Ansicht auf dem Ingenieurkomtor der Gas⸗ anstalt, wochentäglich von 10—3 Uhr.
Theater und Musik.
Berliner Theater. .
Paul Lindau's Schauspiel „Die Brüder⸗ ging gestern mit starkem äußeren Erfolge, aber doch ohne ernste Wirkung zum ersten Mal in Scene. Das Stück macht den Eindruck einer dramatisierten Kriminal⸗Novelle, bei der mehr die Erregung der Neugier als eine tiefere seelische Antheilnahme der Zuschauer erzielt wird; für Ge⸗ müth und Seele ergiebt sich kein dauernder Gewinn. Die Exposition der beiden ersten Akte ist mit den vorbereitenden Ereignissen zu dem das Schauspiel abschließenden, innerlich unwahr⸗ scheinlichen Verbrechen des Mordes ausgefüllt, welches ein Architekt Martin Hallenberg aus Eifersucht begeht. Auf der Bühne sieht man den sväteren Verbrecher Proben großer Gewissenhaftigkeit geben, wenn es sich um die Ordnung von Geldangelegenheiten handelt, aber auch Proben höchst unritterlicher Hinterlist seiner Braut, einer Operettensängerin, gegenüber. Auf die Unthat bereitet auch eine Andeutung des Bruders des Architekten vor, der als richter⸗ licher Beamter die Untersuchung führt und seinen jüngeren Bruder warnt, sich von seinem Jähzorn übermannen zu lassen. In den beiden letzten Akten bilden dann die gerichtlichen Verhöre, bei denen der eine Bruder den anderen zum Bekenntniß zwingt, das Haupt⸗ interesse. Die Handlung gleicht im Ganzen einem wohl aus⸗ geklügelten Rechenexempel, aber darum war den aufmerksamen
uschauern der Schuldige auch ohne Verhör längst bekannt. Dem
chauspiel Lindau's fehlt also wieder die innerliche Begründung eines nothwendigen seelischen Konflikts, sodaß die künstlich aufgepfropften Rührscenen am Schluß, als sich die Eifersucht Martin's als grund⸗ los herausstellt, nicht mehr ergreifend wirkten. — Die Dar⸗ stellung bot einen bei weitem höheren künstlerischen Genuß dar als das Schauspiel an sich. Die Herren Kraußneck und Sommerstorff spielten die Brüder würdevoll und mit kluger Zurück⸗ haltung; Herr Bassermann gab einen alten Juwelenhändler mit derber Charakteristik, und Herr Pohl bot eine Musterleistung in der Rolle des eben dem Featgn⸗ entlaufenen, spionierenden Josef Atten⸗ dorfer. Die rechtschaffene Operettensängerin sprach Fräulein Pospischil mit warmer Herzlichkeit.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Mevyerbeer's Oper „Die Hugenotten“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung ge⸗ geben. Am Montag findet eine Aufführung von Richard Wagner's „Tannhäuser“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung statt. Den Tannhäuser singt Herr Sylva, die Elisabeth Fräulein Hiedler, die Venus Frau Sucher. 3
Im Neuen Föaielisre Opern⸗Theater wird morgen zu ermäßigten Preisen Raimund’'s „Verschwender“ in d ka
Besetzung gegeben.