1897 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich⸗Ungarn. 1

Der Minister⸗Präsident Graf Badeni begiebt sich heute

nach Budapest. 3 Die goßen Herbstmanöver, denen der Kaiser beizu⸗ wohnen beab chtict. werden, wie die „Reichswehr“ meldet, zunächst zwischen dem I. Korps (Krakau) und dem II. (Wien) stattfinden; das Allerhöchste Hoflager wird sich während dieser Manöver in Bistriz unterm Hostein befinden. So⸗ dann wird der Kaiser fich an Bord der YNacht „Miramar“ nach Süd⸗Dalmatien (Neum) begeben, um den kombinierten Manövern der 94. und 96. Infanterie⸗Brigade und eines Geschwaders beizuwohnen. Den Schluß wird die Theil⸗ nahme an den für Ungarn angeordneten Uebungen bilden, während deren ein Aufenthalt in Totis beabsichtigt wird.

Der Wiener Gemeinderath hat nach einem Referat des Bürgermeisters Dr. Lueger beschlossen, an den Kaiser eine Abordnung zu entsenden und Allerhöchstdemselben eine Adresse zu überreichen mit der Bitte, der Kaiser möge unter Aufhebung der Sprachenverordnungen die Fegenna der Sprachenfrage in Oesterreich auf dem Weg esetz gebung anordnen.

Rußtzland. 5 8

Der Großfürst⸗Thronfolger ist, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, gestern in Batum ein⸗

getroffen.

ezjern Abend ist die Prinzessin Heinrich von Preußen von Zarskoje⸗Sselo nach Kiel abgereist. Der Kaiser und die Kaiserin, der Großfürst und die Groß⸗ fürstin Sergius, sowie der Großfürst Paul geleiteten Ihre Königliche Hoheit nach dem Bahnhofe. 8

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer verlas der räsident eine Depesche, worin Ricciotti Garibaldi mittheilt, daß der italienische Deputirte Fratti in Griechenland gefallen sei. Den ehrenden Worten des Prä⸗ sidenten, welcher ausführte, Fratti sei für die große Sache nationaler Unabhängigkeit chlossen sich viele Deputirte sowie namens der Regierung der Minister der öffentlichen Arbeiten Prinetti an. Hierauf setzte das Hen⸗ die Berathung der Anträge, betreffend Afrika, fort. er Deputirte Dal Verme (ehemaliger Unter⸗Staatssekretär in dem früheren Ministerium Ricotti) brachte eine Tages⸗ ordnung ein, worin beantragt wird, die ganze Berathung über die Zukunft Erythräas zu vertagen, bis der Erfolg der Mission des Majors Nerazzini nach Schoa und der englisch⸗ egyptischen Operationen am Nil bekannt sein werde; inzwischen möge die b die militärischen Ausgaben für Erythräa soviel wie möglich beschränken. Niederlande. Die Erste Kammer hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern den zwischen dem Deutschen Reich für Preußen einerseits und den Niederlanden andererseits abgeschlossenen Vertrag, betreffend die Unterhaltung des Seefeuers auf Borkum, sowie der Beleuchtung, Betonnung und Bebakung der Unter⸗Ems, ferner den Nachtrags⸗Etat, betreffend die Erstattung von Ausgaben, die früher von Preußen ü die bezeichneten Zwecke gemacht, aber durch den früheren festen Beitrag der Nieder⸗ lande nicht gedeckt waren, genehmigt.

Türkei.

Der Sultan hat, der „Times“ zufolge, von dem Kaiser

von Rußland ein Telegramm erhalten, worin der Kaiser dem Sultan für die Einstellung der Feindseligkeiten dankt. Wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ meldet, hätte diese Depesche, welche auch eine Berufung auf das zwischen beiden Reichen bestehende gute, ö Verhältniß enthält, den Sultan besonders dadurch freudig überrascht, daß sie ihm in seiner friedlichen Absicht entgegengekommen sei.

Eine in Konstantinopel veröffentlichte amtliche Kundgebung hebt, dem „W. T. B.“ zufolge, die Friedens⸗ liebe der Pforte als allbekannt hervor und betont, die Pläne der Pforte, ihre Aktionen sowie ihre Beziehungen zu den Mächten dienten der Sache des Friedens. Griechenland habe ohne Grund den Angriff gegen die Türkei entgegen dem Völkerrecht und den Verträgen begonnen. Alle Mächte hätten die Haltung Griechen⸗ lands ungerecht gefunden; die Pforte sei gezwungen gewesen, den Krieg 8 erklären, und die türkischen Truppen hätten die Griechen überall besiegt. Griechenland habe die Vermittelung der Mächte nachsuchen müssen. Die Pforte wünsche g8r friedlichen In⸗ tentionen in dem mit der Waffe eroberten Lande zu beweisen. Der Ministerrath habe nach zu vereinbarenden Bedingungen die Einstellung der Feindseligkeiten beschlossen; dieser Beschluß habe die Sanktion des Sultans erhalten. An die Befehlshaber der Armee in Thessalien und Epirus seien bezügliche In⸗ struktionen ergangen. Die Friedensbedingungen, welche aus dem Waffenstillstande hervorgehen würden, würden auf den Rechten und Interessen der Pforte basieren, um für die Zu⸗ kunft das Ansehen der Pforte an der türkischen Grenze und die Erhaltung des allgemeinen Friedens zu sichern.

Laut amtlicher Mittheilung hat Edhem Pascha an den Kriegs⸗Minister telegraphiert, daß über Domoko die türkische

ahne wehe und daß das Hauptquartier dorthin verlegt sei.

s seien dort drei Gebirgs⸗Geschütze, ein Zwölfzentimeter⸗ Geschütz und große Vorräthe von Infanterie⸗ und Artillerie⸗ munition erbeutet worden. Nach einem Bericht Hakki Paschas sei auch Almyro genommen worden.

Die „Agence Havas“ meldet, daß eine griechische Ab⸗ ordnung gestern mit Seifullah Pascha zusammengetroffen sei. Dieser habe erklärt, er werde den Waffenstillstands⸗ vorschlag Edhem Pascha übermitteln, und habe in Erwartung weiterer Anweisungen in die Einstellung der Feindseligkeiten für 24 Stunden eingewilligt.

Das vom Schwarzen Meere nach Marseille gehende griechische Handelsschiff „Artemisia“ ist als Kompensation

ür das von den Griechen gekaperte türkische Handelsschiff in

den Dardanellen zurückgehalten worden.

Griechenland. *

Die „Agence Havas“ meldet aus Athen, Minister⸗Präsident Ralli im Namen der Minister dem Kronprinzen die Bedingungen des Waffenstillstandes mit⸗ theilt habe, der in Arta abgeschlossen worden ist; die rundlage dieses Waffenstillstandes sei die Besetzung der von den beiden Gegnern vor dem Kriege innegehabten Stellungen. Gleichzeitig hat Ralli den Kronprinzen er⸗ b dem Kommandanten der türkischen Streitkräfte ie Bedingungen mitzutheilen und demselben zu erklären, daß er der Kronprinz von demselben Augenblick ab die

daß der

Feindseligkeiten einstelle, dieselben nur im Fall eines Angriffs

wieder aufnehmen und jede Verantwortlichkeit für eine Ver⸗ letzung des egeöchüche res dem Kommandanten der türkischen Streikkräfte zuschieben werde.

Aus Lamia ist in Athen die Nachricht eingetroffen, daß gestern Vormittag um 10 Uhr seitens der beiden feindlichen Heere die weiße Flagge gehißt worden sei. In der

tadt war eine Panik entstanden, weil sich das Gerücht verbreitet hatte, die Strafgefangenen seien freigelassen worden. Das Einrücken einer Truppenabtheilung in Lamia während der Nacht diente nur dazu, die Panik zu erhöhen. Die Bewohner von Lamia verließen in aller Eile die Stadt, welche indessen von der griechischen Armee besetzt worden ist. Die gestern erfolgte Ankunft des zum General beförderten Obersten Smolenski in Lamia wirkte beruhigend.

Das Ministerium hat beschlossen, daß der Minister des

8-vpee Theotokis und der Minister für den Unterricht

utaxias nach Stylis abreisen sollen, um zur Hebung des Geistes der Armee beizutragen und bei der Per⸗ mierung derselben vor den Thermopylen mitzuwirken. er größte Theil der griechischen Armee, welche durch die Brigade

Smolenski und durch ein weiteres Korps unter dem Obersten

Vassos verstärkt wird, soll den Phurka⸗Paß besetzen. Der Kron⸗ prinz befindet sich in Taratsa, in der Nähe von Lamia. Das Ost⸗Geschwader hat den Befehl erhalten, nach dem Hafen von Stylis zu gehen.

Der „Agence Havas“ wird aus Lamia berichtet, daß sich die Griechen in der Schlacht bei Domoko trotz der beträchtlichen Streitkräfte der Türken, die auf 60 000 Mann eschätzt wurden, tapfer geschlagen hätten. Die Griechen Häͤtten nach Beendigung des Kampfes ihre Stellungen be⸗ hauptet und daran gedacht, am folgenden Tage mit Sonnenaufgang den Kampf wieder aufzunehmen. Allein der Kronprinz habe schlimme Nachrichten vom rechten, wie vom linken Flügel erhalten und nach Athen tele⸗ graphiert, von wo er die Weisung erhalten habe, von Domoko aufzubrechen, da er Gefahr laufe, e- zu werden. Gleich Morgens habe nun der Kronprinz seinen Abmarsch angetreten, dann hätten die Offiziere und Soldaten den Ort verlassen und die Richtung nach Phurka eingeschlagen. Der Kronprinz traf Mittags in Lamia ein. Vor dem Ge⸗ fecht hätten die Türken mehrere Dörfer und große Gehöfte im Süden von Pharsala in Brand gesteckt. An mehreren Stellen sei die türkische Infanterie bis auf kurze Entfernung an die griechischen Linien vorgedrungen, welche jedoch standgehalten ätten.

Der Präfekt Phthiadides und zwei höhere Offiziere sind beauftragt worden, den in Epirus abgeschlossenen Waffen⸗ stillstand bekannt zu geben. Eine Abordnung türkischer Offiziere hat denselben Auftrag erhalten.

Der Agent von „Lloyd's Agency“ in Athen sat estern Abend telegraphisch gemeldet, daß der österreichische Post⸗ dampfer „Minerva“, der sich auf der Fahrt von Kon⸗ stantinopel nach Volo befunden habe, durch das Schiff der griechischen Regierung „Kanaris“ gekapert und nach Oreos auf Euböa geschleppt worden sei. v

Das Befinden des Prinzen Ferdinand hat sich ge⸗ bessert und war gestern durchaus zufriedenstellend.

Den „Daily News“ wird aus Kapstadt gemeldet, daß die Regierung des Oranje⸗Freistaats gestern im Volksraad ein Gesetz über Fremdeneinwanderung eingebracht habe, dessen Bestimmungen mit denen des jüngst in Transvaal aufgehobenen Einwanderungsgesetzes identisch seien. Die erste Lesung sei durch die den Ausschlag gebende Stimme des Präsidenten angenommen worden. Der Volksraad sei mit der Einbringung dieser Bill überrascht worden, als nur 22 Mitglieder anwesend gewesen seien. Man sei der Ansicht, daß das Gesetz einen nicht wünschenswerthen Durchzug von Einwanderern nach Trans⸗ vaal durch den Freistaat verhindern solle.

Der Volksraad der Südafrikanischen Republik hat gestern eine geheime Sitzung abgehalten. ““

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (225.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr von Marschall und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posa⸗ dowsky beiwohnten, wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung eines dritten Nachtrags zum Reichshaus⸗ halts⸗Etat für 1897/98, ohne Debatte der Budgetkommission überwiesen.

Es folge die dritte Berathung des von den Abgg. Rickert (fr. Vgg.), Ehni (fr. Volksp.), Dr. von Jazdzewski (Pole), Dr. Lieber (Zentr.), Richter (fr. Volksp.), Singer (Soz.) und Werner (Reformp.) eingebrachten Gesetzentwurfs, be⸗ treffend das Vereinswesen. In der Generaldiskussion er⸗ hielt zunächst der Abg. Ahlwardt (b. k. F.) das Wort.

(Schluß des Blattes.) W“ 8 1

Dem Reichstage ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung und des Krankenversicherungsgesetzes, zugegangen:

Artikel I. 8 „Die Gewerbeordnung wird durch nachstehende Vorschriften abge⸗ ändert und ergänzt: 8 1) Hinter § 114 wird v eeene eingeschaltet: a.

§ hes Für bestimmte Gewerbe kann der Bundesrath Lohnbücher oder Arbeitszettel vorschreiben, in denen Art und Umfang der übertragenen Arbeit, bei Accordarbeit die Stückzahl, ferner die Lohnsätze und die Bedingungen für die Lieferung von Werk⸗ zeugen und Stoffen zu den übertragenen Arbeiten von dem Arbeitgeber oder dem dazu Bevollmächtigten zu beurkunden sind. Auf die Eintragungen finden die Vorschriften des § 111 e - bis 4 entsprechende Anwendung. as Lohnbuch oder der Arbeitszettel ist von dem Arbeit⸗ SAr seine Kosten zu beschaffen und dem Arbeiter nach Vollziehung der üee Eintra ten vor oder bei r

der Uebergabe der Arbeit kostenfrei auszuhändigen.

durch den Reichskanzler bestimmt.

Die von dem Bundesrath getroffenen Anordnungen sind durch das Reichs⸗Gesetzblatt“ zu veröffentlichen und dem Reichs. seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnißnahme vorzulegen.

2) Im § 119b ist statt „§§ 115 bis 119 2“ zu setzen: „§§ 114 a bis 119 a“. 3) § 137 wird folgende Bestimmung eingeschaltet

§ 137 a. 8

Für bestimmte Gewerbe kann durch Beschluß des Bundes⸗ raths angeordnet werden, daß den Arbeiterinnen und jugend⸗ lichen Arbeitern, sofern ihre tägliche Beschäftigung in der Fabrik sechs Stunden übersteigt, Arbeit nicht mit nach Hause gegeben werden darf.

Die von dem Bundesrath getroffenen Anordnungen sind durch das „Reichs⸗Gesetzblatt“ zu veröffentlichen und dem Reichs⸗ tage seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnißnahme vorzulegen.

880 Im § 146 Absatz 1 Ziffer 2 ist statt „§§ 139 und 139a“ zu setzen: „§§ 137 a, 139, 139 a“.

5) Am Schlusse des § 146 Absatz 1 gise 3 ist beizufügen: „oder die Eintragungen in die Lohnbücher oder Arbeitszette 114 a) mit einem Merkmal versehen, welches den Inhaber des Lohnbuchs oder des Arbeitszettels günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen bezweckt;“

6) Im § 150 Absatz 1 ist einzuschalten:

„6) wer außer den im § 146 Absatz 1 Ziffer 3 vorge⸗ sehenen Fällen den Bestimmungen über die Lohnbücher und Arbeitszettel 114 a) zuwiderhandelt.“

7) Hinter § 154 a wird folgende Bestimmung eingeschaltet:

§ 154b.

Die Bestimmungen des § 137 a finden auf die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Werkstätten 154 Absatz 3 bis 5) entsprechende Anwendung.

Artikel II. 8 Das Krankenversicherungsgesetz wird durch nachstehende Vor⸗ schriften abgeändert und ergänzt:

1) Der § 2 erhält als vierten Absatz folgenden Zusatz:

9 Auf die im Absatz 1 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe⸗ treibenden kann die Anwendung der Vorschriften des § 1 auch durch Beschluß des Bundesraths erstreckt werden. Die An⸗ ordnung kann auch für bestimmte Gewerbszweige und für ört⸗ liche Bezirke erfolgen.

2) Der § 54 erhält als Ziffer 3 des zweiten Absatzes und als dritten Absatz folgende Zusätze:

3) daß und inwieweit in Fällen, in welchen die Beschäf⸗ tigung der im § 2 Absatz 1 Ziffer 4 bezeichneten Hausgewerbe⸗ treibenden durch Zwischenpersonen (Ausgeber, Faktoren, Zwischen⸗ meister u. s. w.) vermittelt wird, diejenigen Gewerbetreibenden, in deren Auftrag die Zwischenpersonen die Waaren herstellen oder bearbeiten lassen, den auf die Arbeitgeber entfallenden Theil der Beiträge für die Hausgewerbetreibenden sowie für deren Gesellen (Gehilfen) und Lehrlinge aus eigenen Mitteln zu entrichten haben. 8

Die den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entsprechenden

Anordnungen können in den Fällen des § 2 Absatz 4 auch durch

Beschluß des Bundesraths getroffen worden.

Artikel III. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.

Für die morgen Nachmittag 1 Uhr stattfindende 14. Plenar⸗ sitzung des Herrenhauses lautet die Tagesordnung, wie folgt: Mündlicher Bericht der Kommission für Eisenbahn⸗Angelegenheiten zu dem Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der Preußischen Staatseisenbahnen im Betriebsjahre 1895/96; Berichterstatter:

Küper. Antrag: Erledigung durch Kenntnißnahme. Mündlicher Bericht der Kommission für Eisenbahn⸗Angelegenheiten zu dem Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraumes vom 1. Oktober 1895 bis dahin 1896; Berichterstatter: Herr Küper. Antrag: Erledigung durch Kenntnißnahme. Mündlicher Bericht der Kommission für een über die Petition der Wittwe Anna Hansen in Schwab⸗ stedt um Erwirkung einer Entschädigung aus Staatsmitteln für eine ihrem Ehemann gehörig gewesene, Fährgerechtigkeit; Berichterstatter., Herr Dr. trag: Ueberweisung zur Berücksichtigung. Mündlicher Bericht der Kommission für Petitionen über die Petition des Bürzermeisters Beuder in Worringen um sofortige Ausbaggerung der Rheinuferbucht in Worringen auf Staatskosten; Berichterstatter: Herr Veltman. Antrag: Ueberweisung zur theilweisen Berücksichti⸗ gung. Einmalige Schlußberathung über den Antrag Dr. Udo Graf zu Stolberg⸗Wernigerode, betreffend die Aufhebung von Zoll⸗ krediten bei der Einfuhr von Getreide ꝛc.; Berichterstatter: Herr von Antrag des Berichterstatters: Unveränderte An⸗ nahme.

inzwischen aufgehobene Kohli. An⸗

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vor⸗ berathung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung und Abänderung von Bestimmungen über Versammlungen und Vereine hat sich konstituiert und den Abg. von Kröcher zum Vorsitzenden, den Abg. Dr. Rintelen zum Stellvertreter des Vorsitzenden und die Abgg. v. d. Groeben, Krause (Waldenburg), Dr. Lohmann (Hagen) und von Hagen zu Schriftführern gewählt.

Nr. 20 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 19. Mai hat folgenden Inhalt: Personal⸗ Nachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Aus dem Statistischen Jahrbuch von Berlin, 1894. Bevölkerungs⸗ statistik von Halle, 1889/95. Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Arzneitaxe. (Preußen.) Lepra. Impfwesen. (Berlin.) Nahrungsmittel. (Reg.⸗Bez. Posen.) Schweineseuchen. (Reg.⸗Bez. Minden.) Ziegeleien. (Anhalt.) Schlachtviehbeschauer. (Oester⸗ reich.) Sanitäre Berichterstattung. Zulassung von Frauen bei den philosophischen Fakultäten. (Schweiz. Kanton Basel⸗Stadt.) Fleischꝛc. (Brasilien.) Gesundheitsordnung. (Neu⸗Süd⸗Wales.) Gesundheits⸗ schädliche Gewerbe ꝛc. Gang der Thierseuchen in Oesterreich, 1. Viertel⸗ jahr. Desgl. in Ungarn. Desgl. in Serbien. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bezirke Koblenz, Düssel⸗ dorf. Bayern, Oesterreich, Schweiz, Argentinien). Vermischtes. (Preußen. Berlin) Mannheimer Pflaumenmus. Sterblichkeit in Berlin, Breslau, Köln, Nürnberg, 1896. Geschenkliste. Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. e in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Nr. 16 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 15. Mat⸗ n. folgenden Inhalt: Großherzoglich hessisches Gesetz, die Ruhe⸗ ehaltsverhältnisse und die Versorgung der Hinterbliebenen der im hehfsch⸗preußlschen Gemeinschaftsdienst angestellten Staatseisenbahn⸗ beamten betreffend, vom 26. März 1897. Groberzoglich hessisches Gesetz, die Fürsorge für Beamte infolge von fällen be⸗ treffend, vom 26. März 1897. Nachrichten.

Die Einrichtung der Lohnbücher und Arbeitszettel wird

Arbeiterbewegung. 8

Aus Breslau berichtet die Berliner „Volks⸗Ztg.“ zum Tischler⸗ ausstande: Die Gesammtzahl der entlassenen Gehilfen betrug am Dienstag 300. Gestern haben diejenigen Gehilfen, welche in Accord⸗ arbeit noch 3 bis 4 Wochen Beschäftigung gehabt hätten, die Arbeit niedergelegt. Die Zahl der Feiernden beträgt nunmehr gegen 1000.

In Magdeburg haben, der „Mgdb. Ztg.“ zufolge, die Tischlergesellen durch Beschluß einer öffentlichen Tischlergesellen⸗ Versammlung die ees an die Meister gerichtet, die Arbeitszeit auf 9 ¼ Stunden herabzusetzen. Ferner wird ein allgemeiner Lohn⸗ aufschlag verlangt. Diese Forderungen sollten den Meistern am le Montag vorgelegt und da, wo sie nicht durch Unter⸗ schrift anerkannt wurden, die Arbeit eingestellt werden. Dies ist denn auch zum theil geschehen, während eine Anzahl Werkstätten 22 mit 126 Gesellen die Forderungen der Gesellen bewilligt haben sollen. In den Werkstätten, wo die Gesellen mit den jetzigen Arbeits⸗ und Lohnverhältnissen im allge⸗ meinen zufrieden waren und deshalb den Arbeitgebern die Forderungen nicht unterbreitet wurden, ist dies trotzdem von der Lohnkommission geschehen, die eine bestimmte Frist zur Abgabe einer Annahme⸗ erklärung festgesetzt hat, widrigenfalls die Arbeit niedergelegt werden würde.

In Mühlhausen i. Thür. stellten nach demselben Blatt alle Arbeiter der Schuhfabrik von Müller u. Schreiber die Arbeit ein, weil den Accordarbeitern am Sonnabend gekündigt worden war.

In München stellten einer Mittheilung des „Vorwärts“ zu⸗ folge 25 Gehilfen der Schuhmacherei von J. Wanninger wegen Lohnstreits die Arbeit ein.

Aus Paris meldet „W. T. B.“: Der Mechaniker Delahave, der als Delegirter Frankreichs an dem Berliner Arbeiterschutz⸗ Kongreß theilnahm, ist im Alter von 49 Jahren gestorben. Die Geschäftslage der sozialistischen Glasfabrik Albi hat sich so ungünstig gestaltet, daß zur Fortführung des Unternehmens neue Antheilscheine ausgegeben werden müssen.

Aus Antwerpen wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Etwa 1000 Metallarbeiter sind in den Ausstand eingetreten. Sämmt⸗ liche Metallwaaren⸗Fabriken, mit Ausnahme von einer, sind geschlossen.

Kunst und Wissenschaft.

H Titel „Thüringische historische Kommission“ hat sich eine freie historischen Vereine der Thüringi⸗ schen Staaten und einiger Archivvorstände zu gemeinsamer Arbeit zusammengethan. Durch Zusammenfassung aller in Thüringen vor⸗ handenen Kräfte soll eine Reihe allgemeiner historischer Aufgaben gelöst werden. Die Geschäfte werden durch eine von dem „Verein für thüringische Geschichte“ ernannte Kommission von vier Mitgliedern und je einen Vertreter der dem Verbande beigetretenen Vereine geführt. Vorsitzender und Stell⸗ vertreter werden von dem genannten Verein bestimmt. Die Kom⸗ mission hat das Recht, weitere Mitglieder zu wählen. Der Kommission gehören eine Anzahl thüringischer Archivare an, desgleichen

istoriker und Rechtshistoriker, sowie der Germanist der Universität 888 Die Publikationen sollen vorwiegend Materialsammlungen sein. Zar Förderung der im Arbeitsprogramm verzeichneten Arbeiten, esonders der in Angriff genommenen Irnventarisierung der Bestände kleiner Archive, sind Bezirke gebildet worden, in deren jedem ein der Kommission angehöriger Hauptpfleger die Arbeiten leitet. Unter ihm arbeiten Pfleger in den einzelnen Amtsgerichtsbezirken und Ortspfleger in den Ortschaften. Die Ernennung der Pfleger und Ortspfleger muß der Kommission angezeigt werden. Die Hauptpfleger tragen Sorge, daß überall die Archivalien verzeichnet werden, und unterbreiten der Kommission ihre Anträge bezw. Veröffentlichungen. Für die Zwecke der Inventarisierung ist eine Anweisung für die Pfleger und ein Inventarisierungsvorbild ausgearbeitet worden. Neben der In⸗ ventarisierung ist die Vorarbeit für Herausgabe eines Corpus juris municipalis Thuringiae begonnen worden. Nicht berührt werden von der Thätigkeit der Kommission die besonderen Arbeiten des „Vereins für thüringische Geschichte“ u. a., wie Urkundenbücher, die Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae und die geplanten Publikationen aus thüringischen Archiven zut neueren

Geschichte.

Die „Gesellschaft für die Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Elsaß“ hat einen Preis ausgesetzt für eine Untersuchung: „Ueber die archäologischen Ergebnisse der vorrömischen Grabhügelfunde des Elsasses“. Für die Vorgeschichte des Elsasses haben Faudel und Bleicher eine Zusammenstellung der bis⸗ herigen Funde begonnen, sind aber über die Steingeräthe wenig hinausgekommen. Aus den folgenden Perioden fehlt nicht nur eine brauchbare Uebersicht, sondern auch eine erste wissen Haftlich. Durch⸗ arbeitung des vorhandenen Materials. Ueber die älteste Metallzeit läßt der Stand der Ausgrabungen ein befriedigendes Resultat auch kaum erwarten. Dagegen ist die spätere Bronzeperiode mit den sogenannten Hallstatt⸗Funden und die sich anschließende vorrömische La⸗Toöne⸗Zeit in den Grabhügeln des Elsaß reichlich vertreten und besonders durch die im Unter⸗Elsaß vorgenommenen sorgfältigen Aus⸗ grabungen bestens zu illustrieren. Die Gesellschaft wünscht nun eine archäologische Gesammtdarstellung der elsässischen Grabhügelfunde beider Perioden, in der die sich gleichbleibenden und die abweichenden Merkmale, sowie die etwaigen Uebergangstypen möglichst vollständig erörtert werden sollen. Auch die Keramik wird dabei besonders zu berücksichtigen sein. Diese Darstellung soll auf den Ori⸗ ginalfunden beruhen, deren Provenienz und Aufbewahrungsort genau angeben und die vorhandene Literatur sorgfältig ver⸗ zeichnen. Die Beigabe illustrierender Abbildungen und eine kartographische Uebersicht der Fundorte wird erwartet. Der Preis beträgt 600 ℳ, doch behält die Gesellschaft sich vor, wenn keine Ge⸗ sammtbehandlung eingegangen ist, auch brauchbare Theilarbeiten ent⸗ sprechend zu honorieren. Durch die Preisertheilung erwirbt die Gesell⸗ schaft den Besitz des Manuskripts. Die Arbeiten können in deutscher oder französischer Sprache abgefaßt werden und sind, mit einem Motto ver⸗

sehen, zugleich mit dem in versiegeltem Kuvert enthaltenen Namen

des Verfassers bis zum 1. April 1898 an den Präsidenten der Gesell⸗ schaft einzureichen.

Aus Paris meldet „W. T. B.“, daß die Akademie der Wissenschaften daselbst ver Prpseche der Mathematik F. Klein in Göttingen zum auswärtigen Mitgliede gewählt hat. b

Bauten.

Für Entwürfe zu einem neuen Kurhause in Wies⸗ baden schreibt der Magistrat dieser Stadt eine öffentliche Preis⸗ bewerbung aus. An Preisen sind ausgesetzt ein erster zu 6000 ℳ, ein zweiter zu 4000 ℳ, zwei dritte zu je 2000 und zwei vierte zu je 1000 Außerdem sind 4000 zum Ankauf weiterer Entwürfe ausgeworfen. Preisrichter sind die Herren Geheimer Regierungs⸗Rath Prof. H. Ende in Berlin, Geheimer Baurath Prof. Dr. P. Wallot in Dresden und Prof. Fr. Thiersch in München. Einlieferungstag ist der 30. November d. J. Die Unterlagen sind gegen Einsendung von 5 zu beziehen, die bei Betheiligung oder nach Rücksendung der Unterlagen, falls diese innerhalb vier Wochen erfolgt, zurückerstattet

werden. Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Syrien.

Die frische Witterung, welche während des vergangenen Monats in ganz Syrien herrschte, und die Regen, welche im April von Zeit zu Zeit fielen und dem Boden ausreichende Feuchtigkeit zuführten, haben auf den Stand der Saaten in Syrien sehr Fees filbaf ein⸗ gewirkt. Die Sen aus dem Innern lauten gleichmäßig günsti und man rechnet überall auf eine gute Ernte.

Ernteergebnisse Daͤnemarks im Jahre 1896. 8 Ueber die Anbaufläche und das Ernteergebniß Dänemarks im Jahre 1896 liegt folgende Uebersicht vor:

Anbaufläche Getreideart in 1000 ha auf 1 ha in kg 88 11 Weizen

48 2917

12793 JI““ öö- 488

Saatenstand in Dänemark.

Roggen und Weizen haben den Winter gut überstanden. Ihr jetziger Stand wird durchschnittlich als ein recht befriedigender be⸗ zeichnet. Die kalten Witterungsverhältnisse der letzten Wochen haben zwar hier und da, namentlich im nördlichen Jütland, die Entwickelung der Wintersaaten etwas beeinträchtigt, indeß verlautet nichts von durch Nachtfröste verursachten nennenswerthen Beschädigungen.

Die Frühjahrsaussaat ist sechsreihige Gerste ausgenommen nunmehr fast überall beendet. Ihr Stand wird als befriedigend bezeichnet. Die Bestellung der Felder zur Aufnahme der Kartoffeln und anderer Wurzelgewächse ist im Gange. w 1

Die in den allerletzten Tagen eingetretenen wärmeren Witterungs⸗ verhältnisse dürften in Bälde ihren Einfluß auf eine kräftigere Ent⸗ wickelung der Saaten und Weiden geltend machen.

Ernteertrag

Hafer. Kartoffeln

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 20 vom 19. Mai.

Pest.

Britisch⸗Ostindien. Nach amtlicher Feststellung („Papers relating to the outbreak of bubonic plague in India. Presented to Parliament by command of Her Majesty“) betrug die

ahl der Erkrankungen (und Todesfälle) in der Stadt Bombay im

ktober 1896 389 (276), im November 333 (268), im Dezember 1655 (1160), im Januar 1897 2374 (1825), vom 1. bis 8. Februar 835 (810), in Karachi (Kurachee) im Dezember 1896 47 (59), im Ja⸗ nuar 1897 808 (743), vom 1. bis 8. Februar 364 (340), in 38 andern indischen Ortschaften und Distrikten vom 18. Dezember 1896 bis 8. Februar 1897 1515, darunter in Thana 630, in Puna 390, in Ratnagiri und Ahmedabad je 74, in Satara 70. Einer Nachricht vom 23. April zufolge lassen die gesundheitlichen Verhältnisse in Bombay nunmehr unzweideutig eine stetig fort⸗ schreitende Besserung erkennen. Die Gesammtzahl der Todesfälle an allen Krankheiten in der am 20. April beendigten Woche betrug 836 gegen 949, 997, 1120, 1115, 1242, 1311, 1467, 1634, 1710, 1891 in

den zehn Wochen vorher. Cholera.

Britisch⸗Ostindien. Kalkutta. Vom 28. März bis 3. April starben 118 Personen an der Cholera, 16 an Pocken und 215 an Fiebern. Gelbfieber.

In den beiden Wochen vom 2. bis 15. April zählte man, den „Public health reports“ zufolge, in Hapanna 20 bezw. 19 Todes⸗ fälle, darunter 17 bezw. 19 unter spanischen Soldaten im Militär⸗ lazareth und 80 bezw. 82 Neuerkrankungen, ferner vom 4. bis 11. April in Cienfuegos und vom 1. bis 7. April in Matanzas je 1 Todesfall, vom 7. bis 13. März in Rio de Janeiro

5 Todesfälle. Verschiedene Erkrankungen. 1

Pocken: Madrid und New⸗York je 3, oskau 2 Todesfälle; London (Krankenhäuser) 3, Paris 8, St. Petersburg 9 Erkrankungen; Rückfallfieber: Moskau 2 Todesfälle; Genickstarre: Regierungs⸗ bezirk Arnsberg 3, New⸗York 7 Todesfälle; Regierungsbezirk Arns⸗ berg 8 Erkrankungen; Influenza: Berlin, Danzig je 2, London 29, Moskau 3, New⸗York 11, 8 4, St. Petersburg 6 Todesfälle; Nürnberg 15, Kopenhagen 32, Stockholm 26 Erkrankungen; Keuch⸗ husten: London 35 Todesfälle; Milzbrand: Altona 2 Todes⸗ fälle; Tollwuth: Moskau 1 Todesfall; Rotz: St. Peters⸗ burg 1 Todesfall. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen star an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Edinburg Erkrankungen sind angemeldet in Berlin und Breslau je 23, in den Regierungsbezirken Arnsberg 264, Posen 222, in München 194, Nürnberg 23, Hamburg 43, Budapest 167, Edinburg 397, Kopenhagen 27, St. Petersburg 276, Prag 73, Stock⸗ holm 20, Wien 643 desgl. an Scharlach in Budapest 42, Edinburg 34, London (Krankenhäuser) 231, Paris 33, St. Peters⸗ burg 80, Wien 95 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 50, im Regierungsbezirk Arnsberg 125, in München 70, Hamburg 37, Budapest 25, Kopenhagen 31, London (Krankenhäuser) 107, Paris 51, St. Petersburg 111, Wien 58 desgl. an Unter⸗ leibstyphus in St. Petersburg 73.

Die Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten und des Innern haben mittels eines an die Königlichen Regierungs⸗Präsidenten und den Königlichen

olizei⸗Präsidenten zu Berlin gerichteten Runderlasses vom 1. März 1897 die nachstehenden „Anweisungen zur Nach⸗ achtung bei dem diesjährigen „Impfgeschäft, wie überhaupt bis auf weitere SHee für die Folge“, ppoeben:

„Da der Bedarf an thierischem Impfstoff nach Errichtung einer ausreichenden Zahl von staatlichen Anstalten zur Gewinnung thierischen Impfstoffs leicht und in genügender Menge jederzeit gedeckt werden kann, so bestimmen wir, daß in Zukunft für die öffentlichen Impfungen im allgemeinen ausschließlich thierischer Impfstoff aus den Landes⸗ anstalten zu verwenden ist. Sollte in einem einzelnen Falle sich die Benutzung von Menschenlymphe als nothwendig erweisen, so ist dies von dem Impfarzte besonders zu begründen.

Durch die Untersuchungen über den thierischen Impfstoff, welche von der von mir, dem Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medi⸗ zinal⸗Angelegenheiten, eingesetzten Kommission ausgeführt und in dem durch Verfügung vom 29. Oktober v. J. M. 16 346 über⸗ sandten Druckbericht niedergelegt sind, ist erwiesen, daß lange und nahe bei einander gelegte Imopfschnitte, bei welchen ein Zusammen⸗ fließen des um jede Impfpustel der Regel nach entstehenden Ent⸗ zündungshofes eintritt, je nach der Individualität des Impflings stärkere Reiz⸗ und Entzündungserscheinungen veranlassen können. Behufs Vermeidung solcher Folgen ist deshalb darauf zu achten, daß die Anweisung, wonach die Länge der Schnitte höchstens 1 cm und ihre Entfernung von einander mindestens je 2 cm betragen soll, von den Impfärzten befolgt wird. Kreuz⸗ und Gitterschnitte, welche nach den Berichten noch vereinzelt angewandt werden, sind zu unter⸗ sagen. Bei der Wirksamkeit des thierischen Impfstoffs erscheint in den meisten Fällen ein einmaliges Einstreichen in die klaffend ge⸗ haltenen Schnitte anstatt der bisher vielfach geübten wiederholten Einreibung des Impfstoffs ausreichend.

Erwiesen ist ferner, daß die wirklichen erysipelatösen und phlegmonösen Entzündungen (Erysipelas Phlegmone) durch die in der Thierlymphe vorhandenen bekannten Keime, wie auch die Unter⸗ suchungen über den Keimgehalt des von den preußischen Anstalten er⸗ zeugten Impfstoffes neuerdings wieder festgestellt haben, nicht erzeugt werden, sondern daß dieselben, wenn sie auftreten, accidentelle Wund⸗ infektionskrankheiten sind. Es wird deshalb die Aufmerksamkeit der Impfärzte ganz besonders darauf zu richten sein, da eine Uebertragung spezifischer Infektionserreger in die Impf⸗ wunde nicht stattfindet. Zu diesem Zwecke müssen die Impfinstrumente durchaus rein sein und, so lange keine weitergehenden Vorschriften er⸗ gangen sind, mindestens den Bestimmungen im § 17 der Vorschriften, welche von den Aerzten bei der Ausführung des Impfgeschäfts zu be⸗ folgen sind (Anlage I des Runderlasses vom 6. April 1886, M. 8745 ¹), b252 tend behandelt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, daß

der Impfarzt ein steriles Instrument zu jeder Impfung verwendet und

vor Beginn des Impfaktes seine chirurgischen Thätigkeit desinfiziert.

Im⸗ gleichen Sinne ist Gewicht darauf zu legen, daß die Be⸗ stimmungen im 8 der Verhaltungsvorschriften für die Angehörigen der Impflinge (Anlage II) und im § 6 der Vorschriften, welche von den Orts⸗Polizeibehörden bei der Ausführung des Impfgeschäftes zu befolgen sind (Anlage III des erwähnten Runderlasses), Se die 2 Ziffer 19 dieses Runderlasses zu letzterem Paragraphen gegebene Erläu⸗ terung innegehalten werden, wonach die Impfpflichtigen oder andere zur Impfung gelangende Personen mit reingewaschenem Körper und mit reinen Kleidern zur Impfung gestellt und für den Fall, daß dies nicht zutrifft, zurückgewiesen werden müssen. Um eine Störung der ordnungsmäßigen Abwickelung des Impfgeschäfts durch solche Zurück⸗ weisungen thunlichst zu vermeiden, ist zweckmäßig bei Abhaltung eines öffentl 22 Impftermins Vorsorge zu treffen, eine noch erforder⸗ lich erscheinende Reinigung des Armes mit Wasser und Seife dabei ausgeführt werden kann. 8 2

Behufs Vermeidung einer Ueberfüllung der Impfräume und zur möglichsten Sicherung einer raschen und ungestörten Ausführung der Impfungen sind die Vorladungen an der Hand der Erfahrungen so zu gestalten, daß bei Erstimpflingen die Zahl 50, bei Wiederimpflingen die Zahl 80 im einzelnen Impftermine voraussichtlich nicht über⸗ schritten wird. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, daß mehrere Impf⸗ termine an demselben Tage und in demselben Impflokale mit an⸗ gemessenen zeitlichen Zwischenräumen angesetzt werden.

Die Schwierigkeit, mit welcher die Feststellungen über behauptete Impfschädigungen nach Ablauf einer längeren Zeit verknüpft zu sein pflegen, macht es erwünscht, daß die Behörden thunlichst alsbald Kenntniß von den Fällen erhalten, bei denen ein abnormer Verlauf der Impfung beobachtet wird und vermuthet werden kann, daß die⸗ selben zur Behauptung einer Impfschädigung früher oder später Anlaß geben können. Die Impfärzte sind deshalb anzuweisen, daß sie von derartigen Fällen, welche aus eigener Anschauung im Nachschautermine oder anderweit zu ihrer Kenntniß gelangen, der zuständigen Behörde Mittheilung machen, damit die nach dem Runderlaß vom 22. Mai 1895 M. d. g. A. M. 3941 M. d. J. II. 6480 angeordneten that⸗ sächlichen Ermittelungen rechtzeitig vorgenommen werden können.

Zur einer ordnungsmäßigen Durchführung des Impf⸗ geschafts wollen Euere Hochwohlgeboren den Ihnen unterstellten

egierungs⸗ und Medizinal⸗Rath beauftragen, daß derselbe einzelnen Impfterminen in der jeweiligen Impfperiode beiwohnt. Dies würde unvermuthet zu geschehen haben Sofern die Anzeige der Impftermine seitens der Ortsbehörden an die Regierungs⸗ Präsidenten noch nicht überall vorgeschrieben worden, ist dies zu vor⸗ stehendem Zweck noch anzuordnen.“ v

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch ist die erste englische Post über Vlissingen vom 19. Mai ausgeblieben. Grund: Sturm auf See.

Bremen, 20. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. „Havel“, v. New⸗York kommend, 19. Mai Nachm. Dover „Saale“

„Roland“,

de und Arme, wie vor jeder

PD. passiert, überbringt 494 Passagiere und volle Ladung. 18. Mai Mittags v. New⸗York n. d. Weser abgeg. v. Galveston kommend, 18. Mai Nm. Lizard paässiert. „München“, v. Baltimore kommend, 18. Mai Nm. Dover passiert. „Wart⸗ burg“, v. Brasilien kommend, 18. Mai Mrgs. in Antwerpen angek. „Heimburg“ 18. Mai v. Santos abgeg. „Lahn“, n. New⸗York best., 19. Mai Mrgs. Dover passiert. „Werra“ 19. Mai Mrgs. in New⸗York angek. „Roland“, v. Galbveston kommend, 19. Mai Mittags Dovper passiert. „Coblenz“, n. Brasilien best., 19. Mai Mrgs. in Oporto angek. „Habsburg“, v. Brasilien kommend, 19. Mai Vm. Las Palmas pmeassiert. „Stuttgart“, n. Australien best., 19. Mai in Neapel angek. „Barbarossa“ hat 19. Mai Nm. die Reise v. Ant⸗ werpen n. Bremen fortgesetzt. London, 19. Mai. (W. T. B.) Castle⸗Linie. „Roslin Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira passiert. Union⸗Linie. „Tartar“ ist heute auf der Heimreise in Madeira angekommen. Rotterdam, 19. Mai. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. D. „Spaarndam“, von New⸗York nach Rotterdam, hat gestern Nachmittag Lizard passiert. D. „P. Caland“ von New⸗ York heute Vormittag in Amsterdam angekommen. D. „Obdam“ von Rotterdam heute Nachmittag nach New⸗York abgegangen. Bukarest, 19. Mai. Die Bahnverbindung mit dem Auslande auf der Linie Verciorova—Bukarest, welche infolge Ein⸗ sturzes einer Brücke bei Slatina unterbrochen war, ist wieder⸗ hergestellt. An zwei Stellen müssen die Reisenden umsteigen.

heater und Mufik.

Königliches Schauspielhaus.

Zwei klassische Werke heiteren Charakters gingen am Dienstag in neuer Einstudierung wieder in Scene: ein deutsches und ein französisches. Den Anfang machte Heinrich von Kleist's köstliches einaktiges Lust⸗ spiel „Der zerbrochene Krug“, welches seit dem Tode des Hof⸗ schauspielers Krause, der den Dorfrichter Adam zu seinen besten Rollen zählte, in Ermangelung eines geeigneten Darstellers nicht mehr zur Aufführung gekommen war. Auch die vorgestrige Wiederaufnahme des Werks war nur durch einen Kompromiß ermöglicht, indem Herr Ober⸗ Regisseur Grube muthig in die Bresche sprang und den schwierigen Part des Dorfrichters selbst übernahm. Was er bot, war eine kluge und bis ins kleinste Detail fleißig ausgearbeitete Leistung, wie das bei dem eindringenden Verstande des künstlerischen Leiters des Schauspiel⸗ hauses wohl vorauszusetzen war; nur der Humor kam dabei ein wenig zu kurz. Der Dorfrichter Adam ist nun einmal ein komischer Schelm, der sich in sein eigenes Lügengewebe verstrickt; seine mit viel Ver⸗ schmitztheit gepaarte Dummheit muß mehr zum Lachen reizen, als seine Bosheit zur Entrüstung Anlaß geben. Herr Grube betonte, wie bereits bemerkt, den Bösewicht ein wenig zu stark. Herr Heine spielte den Schreiber Licht mit anerkennenswerther Charakteristik, blieb aber auch der Rolle manchen kleinen, feinen Zug schuldig, den sein Vor⸗ gänger Herr Vollmer so meisterlich wirksam werden ließ. Ganz am Plage war hingegen Frau Schramm als resolute Klägerin, Frau Martha Rull, welche die einstigen Schönheiten ihres zerbrochenen Kruges mit großer Lebendigkeit zu schildern und ihr Recht tapfer zu verfechten wußte. Das von Fräulein Hausner und Herrn Krüger verkörperte Liebespaar konnte befriedigen, ebenso die Leistungen der übrigen, das Ensemble vervollständigenden Mitwirkenden. Ganz im Stil der Dichtung gehalten war die Aufführung des nachfolgenden Molidre'schen Lustspiels „Die gelehrten Frauen“ in der sorgfältigen

ereimten Uebertragung Ludwig Fulda's. Auch hier stand Fee Schramm als die scenveüsige alternde kokette Belise mit ihrem unerschöpflichen Humor und ihrem fein schattierenden Darstellungsvermögen im Vordergrunde. Das Gleiche gilt von Herrn Vollmer, welcher den unter den Blicken seiner willensstarken, gelehrten Gattin Philaminte bebenden Ehemann Chrysal vollendet zur Anschauung brachte. Die Philaminte selbst wurde von Fräulein Haverland überaus wirksam verkörpert. Die beiden so ver⸗ schieden gearteten Töchter 8ec. Ehepaares fanden in Fütlen Abich und Fräulein Lindner die geeignetsten Vertreterinnen. Ein besonderes Lob verdient ferner Herr 888 er für Wiedergabe des heren Dichterlings Trissotin. Unter den übrigen Mit⸗ wirkenden sind noch die Herren Keßler, Arndt, Purschian und Link, sowie Frau Conrad mit Anerkennung zu nennen. Das Werk selbst wirkte fast aktuell wie eine Satire auf gewisse Aus⸗ artungen der modernen Frauenbewegung. Einige Kürzungen an Stellen, die . ihre Wiederholung von bereits Gesagtem zu sehr in die Breite gehen, wären vielleicht rathsam. Das Publikum folgte mit sichtlichem Behagen den lustigen Vorgängen und gab seine Be⸗ friedigung mehrfach durch Beifall kund. b

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