kann dem Handwerk nichts nützen. die Arbeiter hat die 842
rung durch die sozialpolitische Gesetzgebung gesorgt, aber für Mittelstand hat sie wenig übrig gehabt, und die Vorlage ist den Regierungen durch lange Kämpfe abgerungen worden. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag von Viereck anzunehmen.
Abg. Reißhaus (Soz.): Von der Organisierung der Arbeiter will man nichts wissen, weil es nicht möglich ist, die Organisation der Arbeiter zu kontrolieren. Die Zwangsorganisation der Handwerker aber läßt man zu, weil sie ständig kontroliert werden könne. Aber
o sind denn die Handwerker? Die große Mehrzahl der Handwerker ist heute abhängig von anderen Handwerkern oder von Großindustriellen
eer vom Kapital; sie haben keine gemeinsamen Interessen mit den Großindustriellen und dem Kapital. Der Antrag von Viereck will die Innungsbildung auch ausdehnen auf die Damenmäntelschneider. Die Damenmäntelschneider sind aber garnicht selbständige Unter⸗ nehmer, und viele der sonst angeführten FHret sind ebenso wenig
selbständig. vesse maͤnsn (nl.): Es ist nicht richtig, daß die ohne
Lehrlinge und Gesellen arbeitenden Meister von den Innungen aus⸗ geschlossen sind. Es ist nur, da der Hauptzweck der Innungen die aute Ausbildung der Lehrlinge ist, die Bestimmung aufgenommen worden, daß diejenigen Meister, welche ohne Lehrlinge und arbeiten, nicht in eine Innung hineingezwungen werden können. Ueberall Zwangsinnungen einzuführen ist nach dem statistischen Material nicht möglich, weil sich nicht die öthige Zahl von Handwerksmeistern zur Bildung einer lebensfähigen nnung findet. Ferner hat sich erwiesen, daß die süddeutschen Hand⸗
it, und zwar eine erhebliche Mehrheit in der Innung vorhanden ist, die auf dem Boden der Zwangsinnung steht. Wir hätten deshalb die Bestimmung gewünscht, daß für die Bildung einer Innung eine Zweidrittelmehrheit nothwendig sein soll. Der Antrag ist leider nicht angenommen worden.
Darauf wird die Debatte geschlossen, nachdem Abg. Ahlwardt (b. k. F.) ohne Erfalg, nämlich nach Beendigung der “ die Beschlußfähigkeit des Hauses (welches noch beschlußfähig war) bezweifelt hatte.
Es kommt sodann folgender, von dem Abg. Stadt⸗ hagen (Soz.) gestellter Zusatzantrag zu § 81 zur Ver⸗ handlung:
„Gastwirthen darf die Veranstaltung öffentlicher Lustbarkeiten nicht untersagt werden, wenn sie einem an demselben Orte seinen
Betrieb ausübenden Gastwirth... mag dieser einer Innung an⸗
gehören oder nicht ... gestattet ist. — Wird für den Betrieb des
Schankgewerbes eine Polizeistunde festgesetzt, so muß dieselbe für b simmtliche Schankwirthschaften desselben Ortes die gleiche sein.“
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Ich kann Sie nur dringend bitten, diesen Antrag abzulehnen, denn er gehört absolut nicht zu der Materie, die uns augenblicklich beschäftigt, am allerwenigsten gehört er in den Titel VI der Gewerbe⸗ ordnung. Der Herr Abgeordnete hat das auch selber gefühlt, denn er hat diesem Antrage ein Mäntelchen umgehängt, das die Annahme ermöglichen soll, als ob er doch in den § 81 eingeschmuggelt werden könne, insofern er in den Antrag die Worte aufgenommen hat: „mag der Gastwirth einer Innung angehören oder nicht“. Aber dieses Mäntelchen ist doch nicht dicht genug, um nicht die Absicht erkennen zu lassen. Diese Ab⸗ sicht verstimmt aber nicht. Ich muß das hohe Haus bitten, dem Antrage nicht stattzugeben, denn es handelt sich dabei um weiter nichts als um gewerbepolizeiliche Bestimmungen bezüglich der Ertheilung der Erlaubniß von Lustbarkeiten und bezüglich der gleichmäßigen Fest⸗ setzung der Polizeistunde. Daß dies beides nicht in den Paragraphen gehört, der jetzt berathen wird, und der den Gewerbetreibenden die Berechtigung gewähren will, zu Innungen zusammenzutreten, darüber werden Sie mir wohl die weiteren Ausführungen erlassen. (Bravo!)
Abg. Stadthagen (Soz.): Der Antrag gehört hierher, weil er zur Hebung des Mittelstandes dienen soll, zur Befreiung des Gast⸗ wirthsgewerbes von allen Polizeimaßregeln.
Abg. Zubeil (Soz.) spricht sich ebenfalls für den Antrag aus.
Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Freisinnigen und Polen wird die Vertagung der Debatte abgelehnt und der Schluß derselben herbeigeführt.
Der Antrag von Viereck wird gegen die Stimmen der deutschsozialen Reformpartei und etwa der Hälfte der Deutsch⸗ konservativen abgelehnt; ebenso der Antrag Stadthagen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Freisinnigen.
Schluß 5 ³¾ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2 Uhr. (Erste Berathung des dritten Nachtrags⸗Etats. Dritte Lesung des Vereinsnothgesetzes und Fortsetzung der zweiten Berathung
der Handwerkervorlage) vI
8 8
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 88. Sitzung vom 19. Mai 1897.
Ueber den ersten Theil der Sitzung richtet worden.
Bei der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Abänderungen der Gesetze vom 9. Juli 1886 und vom 6. Juni 1888 über den Bau neuer Schiffahrtskanäle und die Verbesserung vorhandener werserachiffa⸗ (Nach⸗ forderung für den Dortmund⸗Ems⸗Kanal) bemerkt
Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich finde eigentlich nicht, daß diese ganze Debatte, der Streit um die Vorgänge des Jahres 1886, über die damals kundgegebenen Anschauungen über die Rentabilität des Kanals, mit der hier in Frage stehenden Vorlage viel zu thun haben. Die Staats⸗ regierung hat den Kanal mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags von Dortmund nach Ems gebaut. Es ist jetzt eine Nach⸗ forderung in Frage und alle Welt ist darüber einig: das Geld ist ausgegeben, man kann die Ueberschreitungen, wie ich das vor allem thue, aufs tiefste bedauern (hoöͤrt! hört! rechts); man kann die Recht⸗ fertigung der Techniker in Bezug auf die Bauausführung oder den ursprünglichen Kostenanschlag in vollem Maße gelungen und in geringem Maße als weniger gelungen halten, das Geld ist ausgegeben, muß ausgegeben werden, so weit es noch nicht geschehen ist, um den Kanal zu vollenden. Es steht nicht in Frage, die Nach⸗ forderung der Staatsregierung abzulehnen. Wir müssen die Konsequenzen unserer früheren Thaten hier ziehen, das bleibt garnicht aus. (Zuruf.) Ja, darüber sind ja die Ansichten verschieden, aber die That ist vollzogen, die Konsequenzen sind da. Ich kann Ihnen ver⸗ sichern, daß dem Herrn Minister für öffentliche Arbeiten und namentlich dem Finanz⸗Minister diese Nachforderungen im höchsten Grade schmerzlich und peinlich sind, und daß sich daran ausführliche Verhandlungen geknüpft haben, wie man in Zukunft derartige Dinge besser vermeiden kann, — wobei aber
ist gestern be⸗
doch die Sache ein milderes Licht bekommt, wenn man er⸗ wägt, was Wasserbauten bedeuten, wenn man erwägt, wie auch in anderen Ländern in dieser Beziehung die außerordentlichsten Ueber⸗ schreitungen der ursprünglichen Kostenanschläge vorkommen. (Zuruf.) Ja, der Amsterdamer Kanal ist in viel größerem Maße überschritten. Das liegt ja, meine Herren, in der Art derartiger Bauten, wo man mit Verhältnissen unter der Erde zu thun hat, die man nicht überall genau kennt, wo man auf große Ueberraschungen stößt. Das kann man mil⸗ dernd hervorheben; ganzrechtfertigen will ich aber durch diese Bemerkungen diese Ueberschreitungen doch noch nicht; man hätte doch noch vielleicht etwas vorsichtiger sein müssen. Ich kann mir aber darüber als Laie kein Urtheil erlauben. Also, meine Herren, um die Annahme oder Ablehnung der Vorlage handelt es sich nicht. Was hat es nun für ein Interesse, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, was für Aussichten entweder von der Regierung oder den Parteien, die damals für den Kanal waren, in Beziehung auf die Rentabilität gemacht worden sind! Garkein Interesse. Obendrein ist vollständig nachgewiesen, daß die Regierung damals in ihrer Vorlage offen erklärt hat: wir rechnen nicht auf eine Verzinsung des Anlage⸗ und Baukapitals. Die Kom⸗ mission bestand in der Mehrheit aus solchen Mitgliedern, welche geneigt waren, die Vorlage durchzubringen, die Sache möglichst optimistisch aufzufassen und günstig darzustellen, und in den Kom⸗ missionsverhandlungen wurde die Sache schließlich so aufgefaßt von der Mehrheit, daß dann auch zugleich eine gute Rente herauskommen würde. (Sehr richtig! links.) So ist die Sache. Ueber die Frage der Rentabilität eines solchen großen neuen Verkehrsweges kann man wirklich sehr verschiedener Meinung sein. Wenn Sie die Korrespondenz zwischen mir und dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten über die vermuthliche Rentabilität von Eisenbahnen lesen würden, dann würden Sie sehen, daß selbst bei den genauesten Prüfungen doch auch unter Sachkundigen die ver⸗ schiedensten Meinungen sind. Wir haben erlebt, daß in dieser Be⸗ ziehung beide Ministerien sich sehr geirrt haben. Es sind Sekundär⸗ bahnen rentabel geworden, bei denen das eine Ministerium sagte: sie würden nicht die Betriebskosten aufbringen, und umgekehrt, andere Linien sind unrentabel geblieben, obgleich beide Ministerien einver⸗ standen waren, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach sehr rentieren würden. Ist das nun schon der Fall bei Eisenbahnen, in um so viel größerem Maße naturgemäß bei solchen Kanälen, wo ja auch die Ein⸗ wirkung der Konkurrenz des Rheins und der gegen 1886 ganz ver⸗ änderten Eisenbahntarife im höchsten Grade mitspricht.
Also ich sehe nicht recht ein, was man mit dieser ganzen Debatte eigentlich erreichen will. Höchstens könnte doch die Frage in Betracht kommen, ob nicht zu Ungunsten einer bestimmten Klasse der Bevölke⸗ rung oder zur übermäßigen Begünstigung eines anderen Industrie⸗ zweiges die Tarife falsch normiert sind. (Sehr richtig! links.) Meine Herren, Sie können sich doch vorstellen, daß das Finanz⸗ Ministerium einen Tarif nie genehmigen würde, der so beschaffen wäre, daß das Erträgniß des Kanals nicht mehr als nöthig herabgedrückt wird. Beide Ministerien müssen in dieser Beziehung genau denselben Gesichtspunkt haben. Ich halte allerdings — ich habe das hier oft ausgesprochen — bei dem Bau der Kanäle wenigstens die begründete Aussicht auf die Rentabilität und eine mäßige Verzinsung des Bau⸗ kapitals für erforderlich. Aber der Tarif kann nicht willkürlich ge⸗ stellt werden. (Sehr richtig! links.) Wenn die Sache so gemacht wäre, daß man überhaupt seitens der Betheiligten auf die Herstellung einer Flottille, auf die Anlagen von Einlade⸗ und Auslade⸗ vorrichtungen, die Herstellung von lokalen Häfen verzichtet hätte in dem Glauben, die Schiffahrt auf dieser Strecke könne überhaupt nicht konkurrieren gegen den Rhein bei so hohen Tarifen, — ja, meine Herren, dann hätten wir den ganzen Kanal brachliegen lassen müssen und hätten gewiß keine Rente bekommen. Herr Graf Kanitz muß doch auch bedenken, daß große Kapitalien, die erforderlich sind, um alle Einrichtungen, Schiffe u. s. w. herzustellen, ihrerseits auch großes Risiko laufen, und je höher wir den Tarif stellen, je weniger wird man geneigt sein, auf solche Unternehmungen einzugehen, weil das Risiko ein um so größeres wird. Ich habe in der Vorberathung immer den Satz vertreten: wir müssen bis an die äußerste Grenze gehen, um eine möglichst hohe Rente herauszu⸗ ziehen. Ich habe mich aber überzeugen müssen, daß durch die Berechnung der Konkurrenzverhältnisse von den holländischen und belgischen Häfen über den Rhein nach der Ruhr wir schon von vorn⸗ herein eine gewisse Grenze voraus hatten, die wir garnicht überschreiten konnten, sonst wäre der Kanal einfach garnicht befahren. Es haben Konferenzen an Ort und Stelle in Dortmund stattgefunden, es wurde uns da mit dürren Worten von der Stadt Dortmund erklärt: wir werden garnicht das Geld für den theuren Hafen auf das Budget nehmen, wenn die Tarife so hoch gestellt werden, wie der Staat es ursprünglich beabsichtigte.
Nun wolle ferner der Herr Graf bedenken, wenn dieser Tarif einmal festgesetzt ist, daß dann die Interessenten, die in gutem Glauben infolge größerer Unternehmungen erhebliche Kapitalien aufwenden, eine gewisse Dauer unbedingt haben müssen; darüber ist kein Zweifel. Aber in Zukunft wird man die Entwickelung selbst abwarten, man wird sehen, welche Quantitäten Erze und Getreide über den Kanal gehen, wie sie wirken auf die deutschen Erzstätten; man wird prüfen: geht Getreide in erheblichem Maße über den Kanal, woher kommt das Getreide, kommt es z. B. aus Ostpreußen oder aus Amerika? Dann kann und muß man ja auf alle die Fragen zurückkommen. Der Herr Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten hat ja ausdrücklich mehrfach ausgesprochen, daß damit nicht auf ewige Zeiten ein Definitivum gemacht werde.
Also ich glaube, man sollte sich doch vorläufig bei der Sache beruhigen. Die grundsätzlichen Gegner aller Kanäle müssen sich doch sagen: diese Grundsätze können wir hier nicht anwenden; es ist diese kolossale Aufwendung für den Kanal seitens der Staatsregierung einmal gemacht, der Kanal ist vorhanden; hier kann es sich also nicht um die Frage handeln, ob man noch einen neuen Kanal baut.
Nun möchte ich endlich noch sagen, daß allerdings bei den An⸗ schauungen über die Rentabilität dieses Kanals derselbe ja 1886 doch nur als eine Strecke eines großen Kanalunternehmens vom Rhein bis zur Elbe angesehen wurde, und das mußte natürlich die Anschauungen über die dauernde Rentabilität dieser Strecke selbst sehr beeinflussen. Wir stehen ja auch noch heute auf dem Standpunkt, daß diese Strecke als Einzel⸗ theil eines größeren Unternehmens anzusehen ist. Ob das größere Unternehmen zu stande kommt, können wir ja z. Z. mit Sicherheit nicht wissen; aber wir können den damaligen Anschauungen gegenüber
den Vertretern derselben nicht verdenken, wenn damals, als von aller!’
Welt vorausgesetzt wurde, daß der Kanal sowohl von Dortmund
dem Rhein, als von der Weser nach der Elbe fortgeführt werden sollte, die Anschauung über die Rentabilität dieser speziellen Strecke, die wir vielleicht mit Unrecht zuerst ausgebaut haben, günstiger war, wie wir sie jetzt vielleicht haben.
Meine Herren, ich glaube, diese ganze Debatte, auch bezüglich der Höhe der Tarife ist deswegen verfrüht: weder Herr Graf Kanitz noch wir haben die Entwickelung auf diesem Kanal voraussehen können; würden wir z. B. uns überzeugen, daß die Tarife für Ge⸗ treideeinfuhr zu niedrig sind, daß die Landwirthschaft zu sehr geschädigt wird, oder daß die Erztarife zu niedrig sind, daß mehr auf diese Tarife, ohne den Kanal zu benachtheiligen, geschlagen werden könnte, so können Sie sicher sein, daß der preußische Fiskus am Platze sein und das Nothwendige anordnen wird.
Abg. von Hagen (Zentr.) wünscht, bei der Stadt 8 stait der Hagfch Sen 2. vfnf,. nes. Seeschleuse 8.—2 werde.
Geheimer Ober⸗Baurath Dresel erwidert, daß eine See⸗ schleuse viel höhere Kosten verursachen würde, 3 die Stadt Papen⸗ burg schon zu einem Beitrag aufgefordert worden sei, worauf aber noch
keine Antwort erfolgt sei. Abg. Gothein (fr. Vgg.): Ich weiß auch nicht, was die Herren
drüben wollen; wir stehen doch einer vollendeten Thatsache gegenüber.
Herr von Pappenheim irrt, wenn er —— daß die Kanäle die An⸗ hieser schädigen. Bezüglich der Oder⸗Regulierung ist das Gegentheil schlagend nachgewiesen worden. Es werden durch solche Regulierung die Ufer festgelegt und die Gefahr der Ueberschwemmung und Ver⸗ sumpfung verhütet, und das kommt der Landwirthschaft u gute. Bei der Kanalisierung der oberen Oder sind solche Entwässerungs⸗ anlagen gemacht worden, daß die Landwirthe an den kanalisierten Strecken sich besser stehen als die an nicht kanalisierten Strecken, so daß sich die letzteren sogar beschweren, daß ihnen der Staat nicht auch solche Anlagen macht. Die Konservativen sollten uns mit ihren falschen Argumenten gegen die Kanäle verschonen. Die Preisunter⸗ schiede zwischen Stettin und Cassel sind nicht mehr so hoch wie früher, und das ist eine günstige Folge der Aufhebung des Identitäts⸗ nachweises. Die Zufuhr fremden Getreides ist manchmal für die Mühlen nothwendig, um das einheimische Getreide überhaupt ver⸗ werthen zu können. Auf der Weser ist hauptsächlich Mais eingeführt worden, dahinter verschwinden die anderen Getreidearten fast, und die Landwirthschaft braucht doch die Maiseinfuhr für die Viehfütterung. Der Vorsitzende der schlesischen Landwirthschaftskammer ist gerade im Interesse der Landwirthschaft für billige Tarife auf unseren Wasser⸗ straßen eingetreten, um die Absatzverhältnisse zu verbessern. Wir können der Regierung nur dankbar sein, daß sie unsere Ströme reguliert hat. Zwischen den Vertretern der Landwirthschaft und In⸗ dustrie in Schlesien hat völlige Einmürhigkeit bezüglich der Tarifierung geherrscht. Am 8. März veröffentlichte das Amtsblatt der Regierung in Potsdam, das niemand zu Gesicht kommt und fast unter Aus⸗ schluß der Oeffentlichkeit erscheint, eine Verfügung der Regierung, durch welche auf den märkischen 15vö die polizeiliche Rekogni⸗ tionsgebühr für Schiffe, die im Strom liegen, erhöht und außerdem für Privatanlegestellen eine Bollwerksabgabe erhoben wird. Das widerspricht der Reichsverfassung, wonach auf den natürlichen Wasser⸗ straßen nur Abgaben für besondere Anstalten erhoben werden sollen. Die Regierung hat uns versprochen, vor Einführung von Kanalabgaben die Interessenten zu hören; ich bitte daher den Finanz⸗Minister, die Verfügung wieder aufzuheben und erst die Interessenten zu hören. Die schlesische Eisenindustrie ist nicht gegen den Dortmund⸗Ems⸗Kanal wegen der Zufuhr der Erze; wenn man nicht kleine Verschiebungen mit in den Kauf nehmen will, kann man überhaupt keinen Fortschritt erzielen. Wir wollen den Verkehr nicht künstlich aufhalten durch Ab⸗ gaben, welche der Verkehr nicht tragen kann. Auf der Elbe haben wir mit hohen Abgaben schlechte Erf ⸗hrun en gemacht; durch zu hohe Abgaben verödet der Verkehr. Ganz verfehlt wäre es, die ausländi⸗ schen Produkte mit höheren Kanalabgaben zu belasten, da es uns nur Repressalien vom Auslande zuziehen würde.
Ministerial⸗Direktor Schultz: Der Vorredner hätte seine Be⸗ schwerde über die Erhöhung der märkischen Schiffahrtsabgaben nicht erhoben, wenn er den Bescheid des Ministers an die Breslauer Handelskammer gekannt hätte. (Abg. Gothein: Ist bisher nicht hekannt geworden!)
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) bestreitet, daß die Weser⸗ Kanalisierung der Landwirthschaft schaden würde. Die Staats⸗ regierung sollte das Projekt der Kanalisierung der Ober⸗Weser nach Kräften fördern.
Abg. von Pappenheim (kons.): Ich habe nicht behauptet, daß die Anlieger der Fulda durch die Kanalisierung geschädigt worden seien. Daß das aber im allgemeinen vorkommt, wird auch der Regierungskommissar nicht bestreiten können. Aus dem Osten kommt verschwindend wenig Getreide nach dem Westen. Wenn wir den östlichen Weizen zur Verbesserung unserer Qualität benutzen könnten, würden wir es mit Freude thun. Ob unsere Flußläufe den Charakter von ncshelichen Gewässern überhaupt noch haben, ist mir mehr als zweifelhaft.
Abg. Bueck (nl.): Bei der Anlage irgend welcher Verkehrsmittel läßt sich garnicht feststellen, daß die Zinsen des Anlagekapitals durch die Verkehrsgebühren gedeckt werden. Das ist schon bei Eisenbahnen nicht möglich, um wie viel weniger bei Kanälen. Es wäre richtiger gewesen, von vornherein auch den Dortmund⸗Rhein⸗Kanal in Vor⸗ schlag zu bringen, aber jetzt müssen wir mit den Thatsachen rechnen. Der Kohlenexport hat augenblicklich allerdings wentg Aussicht, anders war es aber in den 70er Jahren, und es können wieder andere Zeiten kommen, wenn sich durch Anlage neuer Schächte die Produktion hebt. An den Erzimport ist 1886 nicht gedacht worden; seitdem hat sich aber unsere Eisenproduktion außerordentlich gehoben, und wir brauchen dazu andere Erze wie früher. Schüttete man den Dortmund⸗Ems⸗Kanal zu, wie es Graf Kanitz wünscht, so würde die westfälische Industrie die schwedischen Erze über den Rhein importieren. Graf Kanitz sucht hier die Rolle des Schutzonkels für einen bestimmten Industriebezirk zu spielen. Ich habe den Verdacht, daß er damit nur Zwiespalt in die Industrie hineintragen will. Die Verschiebungen, von denen Herr von Pappenheim sprach, kommen auch sonst vor und haben den wirth⸗ schaftlichen Verkehr gefördert. Wollte man seinen Einwand auf die Spitze treiben, so würde man zu der Meinung kommen, daß jedes neue Verkehrsmittel ein Unglück ist.
Abg. von Mendel⸗Steinfels (kons.): Wir Landwirthe und die konservative Partei sind keine prinzipiellen Gegner des Kanalwesens. Wir wünschen nur, daß das Zünglein der Waage für die Industrie und die landwirthschaftliche Produktion gleichgestellt werde. fürchten mit Recht die großen Kanäle, die unsere Binnengewässer der See verbinden, weil sich an diesen großen Kanälen Importmühlen etablieren und unsere heimische Landwirthschaft schädigen. Die geringen Vortheile der Flußläufe für die Beförderung von üÜnger⸗ mitteln v. s. w. kommen gegen diese Benachtheiligung gar⸗ nicht in Frage. Darum auch unsere Opposition gegen den Mittel⸗ landkanal. Die Landwirthschaftskammern von Posen, Ostpreußen und Schlesien haben den dringenden Wunsch auszesprochen, die Getreide⸗ frachten nicht zu ermäßigen. Die Getreidepreise des Ostens sind nicht gestiegen, sondern die des Westens sind gefallen infolge des Z stroms über den Rhein und der Einfuhr argentinischen Getreides. Der Aus⸗ bau des Dortmund⸗Ems⸗Kanals wird die Preise noch mehr drücken. Dem Grafen Kanitz fällt es nicht ein, einen Keil in die Industrie zu treiben. Wir wollen mit ihr Hand in Hand gehen, und ich bin überzeugt, daß sich Mittel und Wege finden müssen, Phre Wünsche nach Kanälen mit den Wünschen der Landwirthschaft zu vereinigen. “
Abg. Gothein: Dex Mittelland Kanal ist doch kein Seekanal, der dem Import fremden Getreides dienen könnte. Von einer Melio⸗ ration der umliegenden Ländereien durch die Kanäle habe ich garnich gesprochen.
Damit schließt die Generaldiskussion
In der Spezialdiskussion über § 1 konstatieet
Abg. Broemel (fr. Vgg.), daß die deutsche Technik im Kanaldau an der Spitze aller Länder sest⸗ nicht nur bezüglich des Baues des Nord⸗Ostsee⸗Kanals, sondern auch bei dem Dortmund.⸗Ems⸗Kanal, der, zechnisch betrachtet von bahnbrechender Bedeutung ist. Diese Kanal⸗ hauten sind ein Ruhmestitel deutscher Arbeit. Möge in gleichem Maße auch ferner verfahren werden!
§ 1 wird angenommen, desgleichen der Rest des Gesetzes, sowie das Gesetz im Ganzen.
Zu der Vorlage beantragt die Kommission folgende Reso⸗ lution: die vön zu ersuchen, durch zweckentsprechende Taristerung der Kanalgeb ühren der die einheimische Produktion schädigenden Konkurrenz entgegenzuwirken. 1
Die Abg. Leppelmann (Zentr.) u. Gen. beantragen dazu folgenden Zusatz: und zu diesem Zwecke nach Eröffnung des Dortmund⸗Ems⸗Kanals Erhebungen darüber anzustellen, ob und inwieweit die bereits festgesetzten Kanalgebühren einer Abänderung bedürfen.
Abg. Leppelmann (Zentr.) begründet seinen Antrag mit dem Hinweise auf die Nothwendigkeit, die Interessen der Industrie und
dwirthschaft zu versöhnen. S virtb Faft zn von Plettenberg⸗Mehrum (kons.): Als ich
neulich darauf hinwies, daß die westfälische Landwirthschaft geschädigt würde, wenn sich am Dortmund⸗Ems⸗Kanal eine große Mühlen⸗ industrie entwickelt, meinte Abg. Wallbrecht, daß sich eine große Mühlenindustrie nicht so schnell aus dem Aermel schütteln lassen würde. Sein Fraktionsgenosse Schmieding hat uns aber selbst mitgetheilt, daß schon heute eine Mühlenindustrie dort im Entstehen ist, und zwar im Vertrauen auf den Gebührentarif des Kanals. Die große Mühlenindustrie ist also bereits am Werke. Der kleine Mann will nicht nur für den eigenen Bedarf Getreide bauen, sondern auch Getreide verkaufen. Im Bielefeldschen ist eine große Mühle in eine Margarinefabrik umgewandelt worden und den kleinen Landwirthen dadurch ein Abfatzgebiet entzogen worden. Vor solchen Vorwürfen, wie sie Herr Bueck dem Grafen Kanitz gemacht hat, sollten wir uns doch hüten. Wir vertreten das ganze Land, nicht eine einzelne Poovinz. Das Gefühl der Solidarität ist in der Industrie ebenso stark vertreten wie in der Landwirthschaft, und ich hoffe, daß diese Solidarität auch zwischen den beiden großen produzierenden Er⸗ werbsständen sich immer mehr befestigen wird.
Abg. Broemel: Die Beseitigung der ausländischen Konkurrenz und die Rentabilität des Kanals sind schwer zm vereinigende Gegen⸗ sätze. Eine zweckmäßige nie drige Bemessung der Gebührensätze würde die Rentabilität besßer gewährleisten als hohe Prohibitivsätze. Die Regierung hat durch die ffestsetzang niedriger Sätze für die ersten fünf Zahre das Richtige getroffen. Ich bedauere, daß die Resolution den ruhigen Gang der Entwickelung stören will. Der Antrag Leppelmann schwächt diese nachtheilige Wirkung etwas ab. Wir werden für ihn, aber gegen die ganze Resol ution stimmen.
Abg. Möller (nl.): Auch ich halte es für eine Thorheit, wenn Landwirthschaft und Induftrie sich befehden. Ich mußte mich aber neulich dagegen wehren, daß Graf Kanitz die Industrie unfreundlich behandelte. “ zwischen Osten und Westen schließen nicht aus, daß man in großen allgemeinen Fragen zusammengeht. -2. von Plettenberg wird nicht bestreiten können, daß der Bund der
ndwirthe die Interessen des Ostens mehr vertreten hat als die des Westens. Die Landwirthschaft wird aber von den Schutzzöllen nur dann einen Nutzen haben, wenn eine leistungsfähige Industriebevölke⸗ rung vorhanden ist, die ihr die landwirthschaftlichen Produkte abnimmt. Ich habe bei jeder vernünftigen, erfüllbaren Forderung der Landwirth⸗ schaft das Wort geredet. ir werden gegen die Resolution und den
Antrag Leppelmann stimmen. Abg. Freiherr von Plettenberg⸗Mehrum: Uns liegt nur
daran, daß nicht mehr Getreide ins Land kommt, als zur Ausfüllung der Lücken nothwendig ist. Es kommen aber so viele Massen fremden Getreides herein, daß sie auf die heimischen Preise drücken. Der Bund der Landwirthe hat es sich zur Regel und Pflicht gemacht, in ragen, wo Osten und Westen kollidieren, eine durchaus neutrale tellung einzunehmen. Den einzelnen Interessenten wird es überlassen, ihre Interessen für sich zu vertreten.
Abg. Pleß (Zentr.) empfiehlt den Zusatzantrag Leppelmann und meint, daß der Dortmund⸗Ems⸗Kanal eine Rente nur haben werde, wenn er nach dem Rhein ausgebaut werde.
Abg. Schröder (Pole) führt aus, daß Landwirthschaft, Industrie und Handel unter einander einig sein müßten, daß aber, wenn die Tarife so niedrig bemessen würden, allerdings die Landwirthschaft geschädigt werde, und tritt für den Zusatzantrag Leppelmann ein.
Die Resolution wird mit dem Zusatzantrag Leppelmann gegen die Stimmen der Nationalliberalen und der Freisinnigen angenommen.
Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Staatsbeamten. Die Kommission, an welche die Vorlage in der zweiten Lesung zurückverwiesen wurde, hat noch die Aenderung beschlossen, daß, wenn sich eine Dienstreise auf zwei Tage erstreckt und innerhalb 24 Stunden beendet ist, nur das Einundeinhalbfache der Sätze für die Tagegelder zu liquidieren sei.
Abg. Krawinkel (ni.) bittet um Auskunft darüber, ob bei mehreren zusammenhängenden Ortschaften die Reisekosten von dem Wohnort oder von der Grenze des gesammten Gebiets aus gerechnet werden sollen, und wie es mit den Reisekosten der Mitglieder der Einschätzungskommissionen steht.
Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Es handelt sich hier um die Spezialberathung eines Gesetzes, das sich nur darauf bezieht, welche Diäten und Reise⸗ kosten denjenigen Personen zustehen sollen, die darauf einen Anspruch haben. Ich glaube daher, es wird nicht rathsam sein, auf die von dem Herrn Vorredner ang eregten Fragen einzugehen, ob die Mit⸗ glieder der Voreinschätzungs⸗Kommissionen berechtigt sind, Diäten zu empfangen. Ich möchte, um die ganze Diskussion nicht auf Gegen⸗ stände zu lenken, welche mit dem Gesetz garnicht in Verbindung stehen, meinerseits vorziehen, den Herrn Vorredner zu bitten, bei einer anderen Gelegenheit diese Frage wieder aufzunehmen.
Meine Herren, ebensowenig stehen die anderen Bemerkungen des Herrn Vorredners mit der gegenwärtigen Verhandlung in Verbin⸗ dung, mit Ausnahme einer Frage, die ich auch beantworten will.
Bei zusammengesetzten Gemeinden, die aus mehreren Ortschaften bestehen, ist ja häufig zweifelhaft, welche der Ausgangspunkt und der Endpunkt der Reise ist und wie die Kilometer berechnet werden müssen. Das Staats⸗Ministerium hatte früäher eine Entscheidung darüber dahin getroffen, daß die Ortschaft entscheiden solle und nicht der Wohnort in der zusammen⸗ gesetzten Gemeinde des reisenden Beamten. Diese Entscheidung ist aber vom Reichsgericht auf Klage eines Beamten nicht als mit dem Gesetz vollkommen vereinbar erklärt worden, und daher hat das Staats⸗Ministerium diese übrigens in manchen Beziehungen kaum generell ganz richtig zu erledigende Frage anderweit dahin geregelt zu Gunsten der reisenden Beamten, daß immer der Wohnort des be⸗ treffenden Beamten entscheiden soll. Die Frage ist daher bereits durch Ministerialbeschluß erledigt worden.
Abg. von Pappenheim befürwortet die Kommissionsbeschlüsse.
Finanz⸗Minister Dr. von Miquell:
Meine Herren! Ich glaube, die Diskussion vielleicht abkürzen zu können, wenn ich schon jetzt die Stellung der Staatsregierung zu den jetzigen Vorschlägen der Kommission zu erkennen gebe. Die Staats⸗ regierung bedauert allerdings, daß die Kommission eine Herabsetzung der Reisekostenvergütung in den von ihr gewünschten Beträgen vor⸗ geschlagen hat, sie legt aber sehr erhebliches Gewicht darauf, daß die jetzigen Mängel des Gesetzes von 1873 beseitigt werden: einerseits durch eine mäßige Erhöhung der Diätensätze, andererseits durch eine den wirk⸗ lichen Reisekosten mehr entsprechende Herabsetzung der Reisekosten⸗ gebühren. Sie legt aber auch um so mehr Gewicht darauf, daß den Wünschen des Hauses thunlichst Rechnung getragen wird mit Rücksicht auf die eben vom Hause in so dankenswerther Weise bewilligte Erhöhung der ganzen Bezüge der Beamten. Sie schließt sich den Ausführungen in der Kommission an, daß wenigstens nach unsern Verhältnissen eine Spezialliquidierung im einzelnen Fall zu Unzuträglichkeiten führen werde, und würde daher, wenn das Haus den Beschlüssen der Kom⸗ mission beitritt, geneigt sein — ich glaube, ich kann das ziemlich be⸗ stimmt aussprechen —, den Wünschen des Hauses entgegenzukommen und das Gesetz nach dieser Fassung zu acceptieren.
Ich möchte nur, damit ich nicht noch einmal über diese Frage das Wort zu ergreifen brauche, bitten, daß das Haus in Art. VI die Worte „dem 1. Juli“ ersetzt durch die Worte „dem 1. Oktober“. Es wird nämlich, wenn jetzt, nachdem die Session schon soweit vor⸗ geschritten ist, der Abschluß des Gesetzes sich erheblich verzögert hat, kaum möglich sein, das Gesetz bereits am 1. Juli in Kraft treten zu lassen; denn es müssen auf Grund dieses Gesetzes eine Reihe König⸗ licher Verordnungen, die spezielle Bestimmungen für bestimmte Kate⸗ gorien in Bezug auf die Reisekosten und Dläten enthalten, abgeändert werden, und das wird so schnell nicht gehen. Derartige Verordnungen bestehen fast in allen Ressorts, und ich glaube nicht, daß es möglich sein wird, damit bis zum 1. Juli fertig zu werden. Da es sich hier um eine Zeit von nur ¼ Jahr handelt, so darf ich wohl an das Haus die Bitte richten, den 1. Oktober statt des 1. Juli zu nehmen, viel⸗ leicht darauf einen Antrag einzubringen, was ich ja nicht kann.
Abg. Kirsch (Zentr.) bemängelt, daß in der Vorlage das Wort Bauschvergütung nicht mit „P“ geschrieben sei, während in einer anderen Vorlage ein „P' stehe.
Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Ich persönlich theile die Ansicht des Herrn Vorredners in Bezug auf die Schreibweise; aber sachkundigere Männer sind anderer Ansicht und beweisen, daß P hier unrichtig ist. Ich möchte bitten, dabei zu bleiben. Man kann ja für das B als ganz erheblichen Grund den anführen, daß es nicht heißt: Pausch und Bogen, sondern: Bausch und Bogen. (Heiterkeit.)
Vite Praͤsiem Dr. Krause: Ein Antrag auf Verwandlung des „B“ in „P' ist nicht gestellt.
Das Gesetz wird darauf nach der Kommissionsfassung mit der vom Abg. Dr. Sattler (nl.) beantragten Aenderung an⸗ genommen, daß es erst am 1. Oktober in Kraft tritt.
Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderungen des Reglements für die Königlich preußische Offizierswittwenkasse.
Abg. Freiherr von Willisen (kons.) bittet die Regierung, es bei diesem schüchternen Versuch einer Erleichterung der Offiziers⸗ wittwen nicht bewenden zu lassen. Der finanzielle Effekt der Vor⸗ lage sei der, daß das Reich nur 1400 ℳ jährlich mehr Zuschuß an die Wittwenkasse leiste, d. h. pro Kopf 1,20 ℳ Weiteren Erleichte⸗ rungen werde das Haus gern zustimmen. Das Mindeste, was ver⸗ langt werden müsse, sei die gänzliche Beseitigung der Rückerstattung des Eintrittsgeldes.
Wirklicher Geheimer Kriegsrath Kiesner erwidert, daß seit 1882 die Leistungen des Reichs für die Wittwenkasse gestiegen seien. Die An⸗ regung des Vorredners in der ersten Lesung habe zu Erwägungen geführt, indessen könne zur Zeit nicht mit weiteren Forderungen an das Reich herangetreten werden; die Angelegenheit könne aber noch⸗ mals in Erwägung gezogen werden.
Die Vorlage wird angenommen.
In zweiter Berathung wird ferner der Gesetzentwurf, betreffend die Forstschutz beamten der Gemeinden und öffent⸗ lichen Anstalten im Regierungsbezirk Wiesbaden mit Ausschluß des vormals Landgräflich hessen⸗homburgischen Gebiets und des Stadtkreises Frankfurt a. M., ohne Debatte angenommen.
Es folgt die zweite Berathung des von dem Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.) beantragten Gesetzentwurfs, wonach die auf dem märkischen Provinzialrecht, insbesondere der Visitations⸗ und Konsistorialordnung von 1573, beruhenden Verpflichtungen der bürgerlichen Ge⸗ meinden bezüglich der Kirchenbaulast aufgehoben werden sollen.
Die Kommission beantragt die Annahme der Vorlage
Abg. Dr. Irmer (kons.): In der Kommission sind neue Ge⸗
sichtspunkte nicht zu Tage getreten. Wir halten an unserer Ableh⸗ nung des Antrags aus den in der ersten Lesung erörterten Gründen fest. Der Antrag ist lediglich aus einem lokalen Bedürfniß hervor⸗ gegangen; ähnliche Bestimmungen bestehen aber auch in anderen Pro⸗ vinzen, wo also, wenn der Antrag in dieser Fassung angenommen wird, die Zustände bestehen bleiben. Dadurch könnte eine Verdunke⸗ lung des Rechtszustandes eintreten. Die Strömung der Zeit geht allerdings dahin, die Lasten auf die konfessionellen Gemeinden zu legen, und wir wollen uns dieser Strömung nicht widersetzen, aber vö hier ein wohlerworbenes Recht nicht ohne Entschädigung aufheben.
Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.): In der Vorlage von 1881 für das linke Rheinufer ist vom ganzen Hause und vom Herren⸗ hause das Prinzip meines Antrags angenommen worden, und nicht ein Mitglied des Zentrums, nicht ein katholischer Priester hat damals auch nur ein Wort von einer Entschädigung gesagt. Ich verstehe nicht, wie man jetzt davon sprechen kann.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.) befürwortet die Annahme des Antrags.
Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Dr. Irmer erklärt Geheimer Regierungs⸗Rath Steinhausen, daß die Regierung bei der in der ersten Lesung eingenommenen Haltung beharre; wo es sich um die Aufgabe von Rechten handle, sei eine Entschädigung vorzusehen. Die Regierung wünsche auch dem unleidlichen Zustand in Berlin ab⸗ zuhelfen; das könne aber nur durch eine Uebereinkunft der Betheiligten, nicht durch ein Gesetz geschehen.
Der wird gegen die Stimmen der beiden konservativen Parteien angenommen.
Schluß 3 ³¾i Uhr. Nächste Situng Sonnabend 11 Uhr. (Dritte Lesung der heute in zweiter Lesung erledigten Vor⸗ lagen; Vorlage wegen Erwerbes von Theilen des Aachen⸗ Mastrichter Eisenbahnunternehmens; Nachtrags⸗Etat; zweite Lesung der Sekundärbahn⸗Vorlage.)
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 1 An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 12 507, nicht rechtzeit gestellt 150 Wagen. In Oberschlesien sind am 19. d. M. gestellt 3888, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. * “ 8 Zowangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen . II Berlin stan den die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Zu Teltow, See⸗ hof, belegen, dem Kaufmann Hermann Moser zu Berlin gehörig; Fläche 18,31 a; Nutzungswerth 2400 ℳ; mit dem Gebot von 27 500 ℳ blieb Rittergutsbesitzer Georg Maul zu Rittergut Busch bei Giesenslage Meistbietender. — Ber⸗ linerstraße 102 zu Pankow, dem Zimmermeister Ernst Fürst zu Charlottenburg gehörig; Fläche 35,10 a; mit dem Gebot von 160 000 ℳ blieb Gastwirth Carl Ebersbach zu Rummels⸗ burg bei Berlin, Kantstraße 7, Meistbietender. — Marienfelderstraße zu Groß⸗Lichterfelde belegen, dem Fabrikanten Carl Hart⸗ mann gehörig; Fläche 72,50 a; Nutzungswerth 6525 ℳ; mit dem Meistgebot von 68 250 ℳ wurde Kaufmann Max ranke zu Berlin, Mühlenstraße 39/40, Ersteher. — Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsver⸗ steigerung wegen des Grundstücks zu Groß⸗Lichterfelde, dem Architekten Arthur Petzenbürger gehörig. — Eingestellt wurde das Verfahren wegen der nachbenannten Grundstücke: Mach⸗ nowerstraße 40 zu Zeh lendorf belegen, der Frau Caroline Dohrmann gehörig. — Zu Pankow, Brehmestraße 5/6, dem Fabrikanten Emil Gronau und dem Maurerpolier Ernst Hintzler gehörig, da Gebote nicht abgegeben wurden.
— Die Herstellung der für die Kleinbahn Rastenburg — Sensburg erforderlichen Güterwagen ꝛc. ist, wie die Firma Oren⸗ stein & Koppel in Berlin mittheilt, ihrer Waggon⸗ und Weichenbau⸗ anstalt von der Direktion der Ostpreußischen Südbahn in Auftrag gegeben worden.
— In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der Dort⸗ munder Union, Aktiengesellschaft für Bergbau, Eisen⸗ und Stahl⸗ Industrie, wurde mitgetheilt, daß der Umtausch der in Vorzugs⸗ Aktien Litt. C umgewandelten Aktien Litt. A nahezu völlig beendet sei. Die Direktion wurde ermächtigt, den bis jetzt noch nicht an⸗ Rest noch nachträglich zuzulassen. Die Direktion berichtete odann über die durchaus befriedigenden Ergebnisse des dritten Viertel⸗ jahres des laufenden Geschäftsjahres, welches, wie „W. T. B.“ mittheilt, nach den vorläufigen Monatsübersichten gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres ein Mehr von 395 227 ℳ ergiebt. Im Ganzen ist bis jetzt nach den provisorischen Monatsübersichten für die drei ersten Vierteljahre des laufenden Geschäftsjahres ein Mehr von 1 784 690 ℳ erzielt worden. Die Beschäftigung der Werke ist fortdauernd gut.
— Die Betriebs⸗Einnahmen der Schweizerischen Nord⸗ ostbahn betrugen im April 1897 für den Personenverkehr 852 000 (im April 1896 provisorisch 762 000, definitiv 767 426) Fr., für den Güterverkehr 1 148 000 (im April 1896 pro⸗ visorisch 1 067 000, definitiv 1 097 359) Fr., diverse Ein⸗ nahmen 101 000 (im April 1896 provisorisch 91 000, 94 196) Fr., zusammen 2 101 000 Fr. (im April 1896 provisorisch 1 920 000, definitiv 1 958 981) Fr. Die Betriebs⸗Ausgaben betrugen 1 121 000 (im April 1896 provisorisch 1 165 000, definitiv 1 152 266) Fr. Demnach Ueberschuß im April 1897 980 000 (im April 1896 provisorisch 755 000, definitiv 806 715) Fr.
Stettin, 19. Mai. (W. T. B.) Nach Privatermittelungen 85 82 feeh “ B 159, Roggen loko 8 afer loko 126 — 130. Rü r. Mai 55,60. . 5 “ molume. loko —. 1
reslau, 19. Mai. . T. B.) (Schluß⸗Kurse.) Schl. 3 ½ % L.⸗Pfdbr. Litt. A. 100,30, Breslauer Diskontobank 115 49 Breslauer Wechslerbank 104,25, Schlesischer Bankverein 131,30, Breslauer Spritfabrik 145,00, Donnersmarck 152,75, Kattowitzer 159,60, Oberschl. Eis. 101,75, Caro Hegenscheidt Akt. dee ger ö 8. “ 8 5 E“ Zem. 143,50,
„Ind. Kramsta 145,75, es. Zement 194,50, Schles. Zinkh.⸗A. —,—, “ Oelfbr. 107,75. S
— Produktenmarkt. piritus per 100 1 100 % .50 ℳ Verbrauchsabgaben pr. Mai 59,40 Gd., do. do. 70 ℳ Fr. 09 dbgaben 88 888 vSe 8
agdeburg, 19. Mai. (W. T. B.) uckerbericht. Kornzucker exkl. von 92 % —,—, Kornzucker exkl. 88 b¹ Füheetc 9,55 — 9,70. Nachprodukt⸗ exkl. 75 % Rendem. 7,00 — 770. Ruhig. Brotraffinade I 23,00. Brotraffinade II 22,75. Gem. Brotraffinade mit. Faß 22,50 — 23,255. Gem. Melis 1 mit Faß 22,25. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. 8 80 “ “ . 8,75 Br., pr. Juli
,8 ., 8,82 ½ Br., pr. August 8, ez., 8,87 ½ Br., pr. L .
“ 888 Gd., 85 Br. 8 . ““ rankfurt a. M., 19. Mai. (W. T. B.) (Schluß⸗Kurse. Lond. Wechs. 20,38, Pariser do. 81,183, WienSchluß Farfe. 3 % Reichs⸗A. 97,70, Unif. Egypter 107,80, Italiener 92,30, 3 % port. Anleihe 23,00, 5 % amort. Rum. 100,80, 4 % russische Kons. 103,30, 4 % Russ. 1894 66,40, 4 % Spanier 61,00, Kans. meerb. 95,80, Darmstädter 155,80, Diskonto⸗Kommandit 201,40, Mitteld. Kredit 113,40, Oesterr. Kreditakt. 309, Oest.⸗Ung. Bank 820,00, Reichsbank 160,20, Laurahütte 162,50, Westeregeln 181,00, Hochfgr. 890. Pripagdisont 89 ekten⸗Sozietät. (Schluß. esterr. Kreditaktien 309 ¼, Gotthardbahn 158,60, Diskonto⸗Kommandit 201,60, ben chctt. —,—, Portugiesen 23,60, Ital. Mittelmeerb. 96,30, Schweizer Nordostbahn 115,30, Ital. Méridionaux 130,00, 6 % Mexikaner —,—, Italiener 92,60. 8 Göu“ 19. Mai. (W. T. B.) Rüböl loko 58,50, pr. Mai
Dresden, 19. Mai. (W. T. B.) 3 % Sächs. Rente 97,40, 3 ½ % do. Staatsanl. 101,30, Dresd. Stadtanl. v. 93 101,75, Allg. deutsche Kredit 213,25, Dresd. Kreditanstalt 141,00, Dresdner Bank 159,00, Leipziger Bank 181,75, Sächs. Bank 127,60, Dresd. Straßen⸗ bahn 230,00, Sächs.⸗Böhm. Dampfschiffahrts⸗Ges. 250,25, Dresdner Baugesellsch. 221,50, Dresdner Bankverein 118,50.
„Leipzig, 19. Mai. (W. T. B.) (hes. Kurs 3 % Sächsische Rente 97,40, 3 ½ % do. Anleihe 101,60, Zeitzer Paraffin⸗ und Solaröl⸗Fabrik 107,25, Mansfelder Kuxe 1000,00, Leipziger Kreditanstalt⸗Aktien 213,90, Kredit⸗ und Sparbank zu Leipzig 116,50, Leipziger Bankaktien 182,00, Leipziger Hypothekenbank 148,25, Sächsische Bankaktien 127,40, Sächsische Boden⸗Kreditanstalt 135,00, Leipziger Baumwollspinnerei⸗Aktien 169,75, Kammgarnspinnerei Stöhr u. Co. 177,50, Altenburger Aktienbrauerei 240,00, Huckereiffütahr
alle⸗Aktien 110,00, Große Srbgs Straßenbahn 262,00, Leipziger
lektrische Straßenbahn 177,90, däh h. Gasgesellschafts⸗Aktien 206,00, Deutsche Spitzenfabrik 262,00, Leipziger Elektrizitätswerke 132,50.
Kammzug⸗Terminhandel. La Plata. Grundmuster B. pr. Mai 3,10 ℳ, pr. Juni 3,10 ℳ, pr. Juli 3,10 ℳ, pr. August 3,10 ℳ, pr. September 3,10 ℳ, pr. Oktober 3,10 ℳ, pr. No⸗ vember 3,10 ℳ, pr. Dezember 3,10 ℳ, pr. Januar 3,10 ℳ, pr. Februar 3,10 ℳ, pr. März 3,10 ℳ, pr. April 3,10 ℳ Umsatz: 50 000. Behauptet.
remen, 19. Mai. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes pets oleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗ Börse.) Fest. Loko 5,60 Br. — chmalz. Ruhig. Wilcox 22 ₰, Armour shield 22 ₰, Cudahy 23 ₰, Choice Grocery 23 , White label 23 ₰. Speck. Shori clear middl. loko 25 ₰. Reis stetig. Kaffee —. Baumwolle. Ruhig. Upland middl. loko 40 ₰. Kurse des Effekten⸗Makler⸗Vereins. 5 % Norddeutsche
Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei⸗Aktien 170 Br. 5 % Nordd. Lloyd⸗Aktien 106 ¼ Gd., Bremer Wollkämmerei 270 bez. 1““
definitir