stand die Haupt⸗Kadetten⸗Anstalt (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant von Haugwitz), daneben das 3. Garde⸗Regiment z. F. (Kom⸗ mandeur Oberst von Ende); anschließend folgte: die 2. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade unter Befehl des General⸗Majors von Sausin, destehend aus: dem 2. Garde⸗Regiment z. F. (Kommandeur Oberst Graf don Kirchbach), dem Garde⸗Füsilier⸗Regiment (Kommandeur Oberst von Woyrsch), dem 4. Garde⸗ Regiment z. F. (Kommandeur Oberst von Goßler); dann die 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter dem Kommando des General⸗Majors von Krosigk, bestehend aus: dem Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1 (Kommandeur Oberst und Flügel⸗Adjutant von Moltke), dem Königin Elisabeth Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 3 (Kommandeur Oberst von Ploetz), dem Garde⸗Schützen⸗Bataillon (Komman⸗ deur Major Freiherr Röder von Diersburg); die 4. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade unter dem Kommando des General⸗Majors, Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, Königliche Hoheit, bestehend aus: dem Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 (Kommandeur Oberst Freiherr von Buddenbrock⸗Hettersdorf), dem Königin Augusta Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. (Kommandeur Oberst und Flügel⸗Adjutant Freiherr von Secken⸗ dorff); die 5. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter dem Kommando des General⸗Majors Freiherr von Buddenbrock⸗Hettersdorf, be⸗ stehend aus: dem 2. Bataillon 5. Garde⸗Regiments z. F. (Regi⸗ ments⸗Kommandeur Oberst von Uslar), dem Garde⸗Grenadier⸗ Regiment Nr. 5 (Kommandeur Oberst von der Lancken); die zusammengestellte Brigade unter Befehl des General⸗Lieutenants Freiherrn von Rössing, gebildet aus: dem Garde⸗Fuß⸗Artiillerie⸗ Regiment “ Oberst Rathgen), dem Garde⸗Pionier⸗ Bataillon (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant von Ammon), dem Eisenbahn⸗Regiment Nr. 1. (Kommandeur Oberst Schubert), dem Eisenbahn⸗Regiment Nr. 2 (Kommandenr Oberst Creuzinger), dem Eisenbahn⸗Regiment Nr. 3 (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant — der Luftschiffer⸗Abtheilung (Kommandeur Major Nieber). Im zweiten Treffen standen: auf dem rechten Flügel die zusammengestellte Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter dem Kom⸗ mando des Obersten Grafen von der Asseburg, Allerhöchst beauf⸗ tragt mit der Führung der 1. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, formiert aus dem Garde⸗Kürassier⸗Regiment (Kommandeur Oberst und Flügel⸗Adjutant Graf von Klinckowstroem), und dem 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiment (Kommandeur Oberst Freiherr von Langermann und Erlencamp); daneben die 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter Befehl des General⸗ Majors von Moßner, bestehend aus: dem 1. Garde⸗Dragoner⸗ Regiment Königin von Großbritannien und Irland (Komman⸗ deur Oberst⸗Lieutenant von Falkenhayn) und dem 2. Garde⸗ Dragoner⸗Regiment Kaiserin Alexandra von Rußland (Kom⸗ mandeur Oberst⸗Lieutenant von Katte), und auf dem linken Mügel das 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment (Kommandeur berst Heintze von Krenski) sowie das Garde⸗Train⸗Bataillon (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant Eiswaldt) unter Befehl des General⸗Majors von Saldern⸗Ahlimb, Kommandeurs der Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗Brigade. . 1 Die Bataillone standen in aufgeschlossener Tiefkolonne, die Luftschiffer⸗Abtheilung in Kompagnie⸗Kolonne, die Kavallerie in nach der Flanke abgeschwenkter Regiments⸗ Kolonne, die Artillerie in Breitkolonne, das Garde⸗Train⸗ Beateaillon in Linie. Anzug: Paradeanzug mit Gepäck, Fuß⸗ truppen und Bedienungsmannschaften der fahrenden Batterien in weißen Hosen; das Regiment Kaiser Alexander in Grenadier⸗ mützen, die Hoboisten, Regiments⸗ und Bataillons⸗Tamboure, Fahnenträger ohne Gepäck, das Garde⸗Kürassier⸗Regiment mit Kürassen.
Bei dem Erscheinen Seiner Majestät des Kaisers und Königs wurden die Ehrenbezeugungen zuerst im Ganzen, dann brigadeweise ausgeführt. Die Besichtigung des zweiten Treffens erfolgte vom linken Flügel aus. Es fand nur ein Vorbei⸗ marsch statt. Derselbe wurde von den Infanterie⸗Regimentern in Regimentskolonne, den selbständigen Bataillonen in Kompagnie⸗ frontkolonne, von der Eisenbahn⸗Brigade in Brigadekolonne, von den Truppen des zweiten Treffens Kavallerie in Eskadron⸗ fronten, Artillerie in Batteriefronten, Train in Kompagnie⸗ fronten, jedoch im Trabe, Kavallerie mit ganzem Tiefen⸗ abstand, ausgeführt. Beim Vorbeimarsch lösten die Spielleute des Regiments Kaiser Alexander, nach dem Vorbeimarsch des 4. Garde⸗Regiments z. F. die Spielleute des 3. Garde⸗Regi⸗ ments z. F. ab. Die Eisenbahn⸗Brigade marschierte vor dem Garde⸗Pionier⸗Bataillon.
Nach dem Vorbeimarsch versammelten sich die Generale, sowie die Regiments⸗ und die selbständigen Bataillons⸗Kom⸗ mandeure zur Kritik bei Seiner Majestät; anschließend fanden militärische Meldungen statt.
Inzwischen wurden die Fahnen und Standarten nach dem Steuerhause abgebracht und dort von der Fahnen⸗Kompagnie des 2. Garde⸗Regiments z. F. bezw. der Standarten⸗Eskadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments in Empfang genommen, die dann nach Eingang des Befehls zum Abmarsch die Feldzeichen nach dem Königlichen Schlosse zurückbrachten.
Seine Majestät der Kaiser und König ritten mit der Fahnen⸗Kompagnie in die Stadt zurück.
Im Monat April d. J. haben 2191 Schiffe (gegen 1479 Schiffe im April 1896) mit einem Netto⸗Raumgehalt von 175 216 Registertons (1896: 112 475 Registertons) den Kaiser Wilhelm⸗Kanal benutzt und, nach Abzug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elblootsgeldes, an Gebühren 89 635,70 ℳ (1896: 59 647,58 ℳ,) entrichtet.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische Ober⸗Zolldirektor Kunckel ist hier ein⸗ getroffen. 1““ “ 1G6“
8 Bayern.
Im Prinzensaale der Königlichen Residenz zu München wurde gestern Vormittag um 11 Uhr der standesamtliche Akt der Eheschließung Ihrer Königlichen Hoheiten der Prin⸗ zessin Marie und des Herzogs erdinand von Calabrien durch den Minister des öniglichen Hauses Dr. Freiherrn von Crailsheim vollzogen, bei welchem Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz⸗Regent, die Prinzessin Lud⸗ wig und die Gräfin von Caserta Zeugen waren. Freiherr von Crailsheim gedachte in einer Ansprache der mannigfachen Beziehungen der Häuser Wittelsbach und Bourbon und hob hervor, daß die Prinzessin Marie infolge der verwandtschaft⸗
lichen Beziehungen auch in Spanien keine Fremde sein werde
Die Wünsche des ganzen Volkes folgten ihr nach in die Ferne. Im nschluß hieran fand in der Aller⸗ heiligen⸗ ofkirche die kirchliche Trauung statt, welche der Erzbischof von Thoma vollzog. Um 2 Uhr war im Palais Seiner Königlichen Fabent des Prinzen Ludwig Familien⸗ tafel für die Fürstlichkeiten und gleichzeitig in der Residenz Marschalltafel. Das hohe neuvermählte Paar begab sich gestern Abend zunächst nach Pfronten im Algäu und wird später in Madrid Wohnung nehmen. X1X“
Mecklenburg⸗Schwerin. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die verwittwete Großherzogin Anastasia wird, den „Meckl. Nachr.“ zu⸗ folge, am 3. d. M. mit Igren Hoheiten den — Alexandrine und Sophie von Cannes nach Mecklenburg übersiedeln und das Jagdschloß Gelbensande als vorläufigen Wohnsitz beziehen. 1 “ —
IeobebbebXXX“
Am 29. v. M. fand in der Stadtkirche zu Greiz, im Bei⸗ sein Seiner Durchlaucht des Fürsten und Ihrer Durchlauchten der verwittweten S zu Schaumburg⸗Lippe, der Prinzessinnen Hermine, Karoline und Ida Reuß,
die Konfirmation Ihrer Durchlauchten der Prinzessinnen Emma und Marie Reuß durch den Stadtpfarrer, Konsistorial⸗ Rath Gerhold nach den Bräuchen der evangelisch⸗lutherischen Landeskirche statt. Die festlich geschmückte Kirche war von an⸗ dächtigen Theilnehmern an der Feier gefüllt.
Ihre Durchlaucht die verwittwete Fürstin zu Schaum⸗ burg⸗Lippe ist gestern von Greiz wieder abgereist.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser hat sich heute früh nach dem Brucker Lager begeben und wird von dort morgen wieder in Wien ein⸗ treffen.
Dem „Vaterland“ zufolge hat die parlamentarische
Kommission der Rechten den Vize⸗Präsidenten des Ab⸗ geordnetenhauses Abrahamovicz und Kramarz den wärmsten Dank der Majorität für die Vertheidigung der Rechte des Abgeordnetenhauses in der letzten Sitzung ausgesprochen. Demselben Blatte zufolge sind bisher aus Ober⸗Oesterreich 16 Petitionen gegen die Obstruktion im Abgeordnetenhause ein⸗ gelaufen. Die „Neue Freie Presse“ erfährt, daß die Regierung in einer der nächsten Sitzungen des Abgeordnetenhauses einen Gesetzentwurf über die Kartelle in den wichtigsten Verbrauchsartikeln, namentlich in Zucker, Petro⸗ leum, Bier und Salz, einbringen werde. Das Gesetz sei auf den Grundsätzen der Anzeigepflicht, der Staats⸗ aufsicht, des staatlichen Verbotsrechts und Schutzes durch das Strafrecht aufgebaut. Eine aus Fachmännenn zusammen⸗ gesetzte Kartellkommission werde die wirthschaftlichen Grund⸗ lagen der Kartelle prüfen und bei Ausschreitungen dem Finanz⸗ Ministerium Vorschläge betreffs der Untersagung der Kartelle machen, welches namentlich im Falle einer ungerechtfertigten Preiserhöhung zum offenbaren Nachtheile der Konsumenten zu einer solchen Untersagung berechtigt ist.
Großbritannien und Irland.
Das Oberhaus wird sich am 3. d. M. bis zum 18. d. M. vertagen.
Im Unterhause theilte gestern der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon mit, daß die Regierung mit der belgischen Regierung über die besten Mittel, eine Erörterung zur Regelung des Handels mit Getränken an der Westküste Afrikas G den dabei interessierten Mächten herbei⸗ zuführen, unterhandle. Sodann genehmigte das Haus die dritte Lesung der Bill, durch welche den bedürftigen Volksschulen Staatshilfe gewährt wird. 1
0 Frankreich.
Der Senat nahm in seiner gestrigen Sitzung einen Gesetzentwurf an, welcher eine Zollabgabe auf Blei und Blei⸗ erze festsetzt. Der Handels⸗Minister Boucher vertheidigte den Entwurf, indem er auf den Stand der Technik in Deutsch⸗ land hinwies, welches bedeutende Bleibergwerke besitze und sich anschicke, die alten verlassenen Minen in Lothringen wieder abzubauen.
In Deputirtenkreisen wird, dem „W. T. B.“ zufolge, versichert, daß nach der Erledigung der Bankprivilegiumsfrage sofort die Berathung der Kredite für den Bau neuer Kriegsschiffe eginnen solle. Der größte Theil der Kredite werde für die Erbauung von Kreuzern verwandt werden.
Rußland.
Der Kaiser empfing gestern im Palais zu Peterhof den japanischen Gesandten Hayashi, welcher seine Accreditive überreichte.
In der Kaiserlichen Villa Alexandria bei Peterhof wurde, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern nach dem Gottesdienst eine Seelenmesse für diejenigen Personen gelesen, welche im Jahre 1896 bei dem Unglücksfalle auf dem Chodynskyfelde bei Moskau ums Leben gekommen sind. Dem Gottesdienst wohnten der Kaiser und die Kaiserin Alexandra Feodorowna bei. — In Moskau wurde am Sonntag an den Massengräbern auf dem Chodynskyfelde eine feierliche Seelenmesse gelesen, welcher der Großfürst und die Groß⸗ fürstin Sergius, sowie die Spitzen der Militär⸗ und Zivil⸗ behörden, Vertreter der Stände, Damen der Gesellschaft und eine große Menschenmenge beiwohnten.
Italien. 16“
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer be⸗ gründete der Deputirte Imbriani eine von ihm eingebrachte zweifache Interpellation über das Verhalten, welches die Regierung nach dem Abschluß des griechisch⸗türkischen Waffenstillstandes zu beobachten gedenke, und über die Haltung des Admirals Canevaro auf Kreta. Redner erklärte, Griechenland sei gezwungen gewesen, einen ungleichen Kampf u führen, und sprach sein Bedauern aus, daß die italienische
egierung sich den hohen Idealen untreu gezeigt habe, welche bis⸗ her den Daseinsgrund Italiens gebildet hätten. Der Minister des Aeußern Visconti Venosta führte, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, in seiner Erwiderung aus: Das Konzert der Mächte habe Europa eine Sicherheit gegeben, welche dieses sonst nicht ehabt haben würde. Dasselbe habe nicht den griechisch⸗türki⸗ chen Konflikt, aber die europäische Gefahr beschworen. Die Aufrechterhaltung der Blockade Kretas habe sich aus humani⸗ tären und politi
11““
8 8 84
chen Gründen empfohlen. Die Rückberufung
der internationalen Truppen von Kreta würde das Zeichen zu neuen Metzeleien gegeben haben, und wenn die Mächte Kreta den Schicksalsfällen des Krieges überlassen hätten, so würde es heute schwer sein, von der Freiheit und der Auto⸗ nomie Kretas zu reden. Die Mächte hätten nunmehr die Ab⸗ sicht, durch ihre Vermittelung die Folgen des Krieges zu mildern und für Kreta eine ihren früheren Erklärungen ent⸗ sprechende Re ierungsform zu schaffen. Das Ziel, welches die slalienische Regierung erreicht zu sehen wünsche, sei die dauerhafte Herstellung des Friedens. Was Kreta an⸗ belange, so werde sie ihre Unterstützung den Lösungen leihen, welche die Sicherheit geben könnten, daß man sich nicht demnächst von neuem vor denselben Schwierigkeiten, wie den eben überwundenen, befinden werde. Die Regierung suche so der Sache des Friedens zu dienen, welche nicht von der Sache der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit getrennt werden könne. Schließlich sagte der Minister, der Admiral Canevaro habe stets die Soldatenpflicht mit den Forderungen der Menschlichkeit und der Zivilisation in Einklang gebracht. Die Regierung könne bei diesem Anlaß nur die schon früher aus⸗ gesprochene Billigung seines Verhaltens erneuern. Der Depu⸗ tirte Imbriani erklärte hierauf, daß ihn diese Antwort des Ministers nicht befriedige und daß er sich die Einbringung eines Antrags vorbehalte. 8 Spanien.
Die Königliche Familie, der Hof und alle Minister haben sich zur Feier der Enthüllung des Standbildes König Alfonso's XII. von Madrid nach Aranjuez begebn.
Türkei. 1
Dem Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ zufolge fanden
in Konstantinopel vorgestern und gestern Sitzungen des Ministerraths statt. — Dem „Reuter'schen Bureau“ wird gemeldet, daß die Pforte in ihrer Beantwortung der zweiten Mittheilung der Botschafter vom 29. Mai auf dem Abschluß eines Waffenstillstandes für 15 Tage bestehe, der erneuert werden könne, falls vor seinem Ablauf die Friedensunterhandlungen noch nicht ab⸗ geschlossen seien. Immerhin hege die Pforte den lebhaften Wunsch, daß der Friede in kürzester Frist abgeschlossen werde. Aus Kanea berichtet „W. T. B.“, daß die Türken gestern von Kandia aus einen Angriff auf die Aufständischen gemacht und denselben dabei Vieh weggenommen hätten.
Griechenland.
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Athen wäre die griechische Regierung bereit, einen militärischen Waffenstillstand abzuschließen.
Die „Ephimeris“ veröffentlicht Enthüllungen über die
„Ethnike Hetairia“. Der Vorsitzende des Verwaltungs⸗ raths derselben solle der ehemalige Bürgermeister von Athen Michel Melao sein; zu den Mitgliedern sollen u. A. gehören: der Universitäts⸗Professor Cambos, der Syndikus im Finanz⸗Ministerium Lykondis und 7 Offiziere.
In einem besonderen Artikel des Statuts der Gesellschaft werde bestimmt, daß der König und die Mitglieder der öni.
lichen Familie in keinem Falle Mitglieder der Gesellschaft werden könnten. Das Blatt fordert dringend, daß eine gericht⸗
liche Verfolgung gegen die Gesellschaft eingeleitet werde,
welche durch ihre Handlungen gegen das Gesetz verstoßen habe.
Rumänien.
Das Befinden des Prinzen Ferdinand ist, wie „W. T. B.“ aus Bukarest vom gestrigen Tage meldet, an⸗ dauernd sehr zufriedenstellend. Geheimer Rath von Leyden, welcher auf Wunsch der Aerzte von dem König aus Berlin berufen worden ist, wird heute Abend in Bukarest eintreffen.
Serbien. Durch einen Ukas des Königs sind die Wahlen zu
Skupschtina, auf den 4. Juli anberaumt worden; die
Skupschtina soll zum 11. Juli einberufen werden. Bulgarien.
Der russische diplomatische Agent Bachmetjew hat
gestern dem Fürsten sein Beglaubigungsschreiben überreicht
Abends fand im Schlosse ein Diner zu Ehren Bachmetjew’s statt.
Asien.
Nach einem Telegramm der „Nowoje Wremja“ au Peking vom 29. v. M. ertheilte der Kaiser von China an diesem Tage der russischen Gesandtschaft unter Führung des Fürsten Uchtomsky eine zweite Audienz und nahm den der Kaiserin⸗Mutter gesandten Katharinen⸗Orden sowie ein Schreiben der Kaiserin Maria Feodorowna entgegen. 1
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Herren hauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— Auf der Tagesordnung der heutigen (96.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗ Minister Dr. von Miqguel beiwohnte, stand zunächst die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend das Ver⸗ mültungesraßverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze und die sonstigen Vorschriften über indirekte und Landesabgaben sowie die Bestimmungen über die Schlacht⸗ und die Wild⸗ pretsteuer.
Die Vorlage wird mit einem vom Abg. Gorke (Zentr.) beantragten Zusatz, wonach auf die gerichtliche Entscheidung über die Festsetzung der Kosten des Verfahrens die Bestimmungen in § 501 Abs. 2, 3 der Strafprozeß⸗ ordnung entsprechende Anwendung finden, angenommen, nachdem sich der Finanz⸗Minister Dr. von Miquel mit diesem Zusatz einverstanden erklärt hat, weil derselbe zur Klar⸗ stellung der gesetzlichen Bestimmungen diene. Das Inkraft⸗ treten des Gesetzes wird nach einem Antrag des Abg. Wille⸗ brand (Zentr.), mit dem sich der ““ Dr. von Miquel gleichfalls einverstanden erk ärt, auf den 1. Oktober 1897 festgesetzt.
In dritter Berathung werden sodann nach unerheblicher Diskussion auch der Gesetzentwurf, betreffend die Peße⸗ lung der Forstverhältnisse für das ehemalige Justiz⸗ amt Olpe im Kreise Olpe, Regierungsbezirk Nerbeng und der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der hinsichtlich der Jagd auf Wasservögel für Ostfriesland geltenden gesetzlichen Bestimmungen, dieser mit einer vom Abg. Kirsch (Zentr.) beantragten unerheblichen Aenderung, angenommen
8. “
Es folgt die Berathung von Petitionen. Mehrere zur Sekundärbahnvorlage eingegangene Petitionen um den Bau neuer Eisenbahnlinien werden der Regierung als Material
überwiesen.
Mehrere Petitionen mit wichtigerem Inhalt, die sich auf die
Ausführung des Kommunalabgaben⸗Gesetzes beziehen, werden wegen der schwachen Besetzung des Hauses von der Tagesordnung e en
Ein Antrag des Abg. Dr. von Cunv (nl.), aus demse Grunde die Petition der Pfarrer des Dekanats Kerpen, Regierungs⸗ bezirk Köln, Letreffend die Revision des Gesetzes über die Ver⸗ mögen sverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden vom 20. Juni 1875, von der Tagesordnung abzusetzen, wird abgelehnt.
—— Petitionskommission beantragt, über die Petition, soweit sie die gänzliche Beseitigung der kirchlichen Gemeindevertretung bezweckt, zur Tagesordmung überzugehen, im übrigen dieselbe der Regierung zur Berück sichtigung zu überweisen. Die übrigen Wünsche der Petition beziehen sich auf verschiedene Aenderungen bei den Wahlen der Kirchen⸗ vorsteber.
Abg. Dr. Stephan⸗Beuthen (Zentr.) beantragt statt des Uebergangs zur Tagesordnung die Ueberweisung an die Regierung zur Erwägung.
Abg. Dr. von Cuny (nl.) erklärt sich namens seiner Partei gegen den Antrag des Abg. Stevhan.
Abg. Schall (kons.) und der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Förster sprechen sich gleichfalls für den Kommissionsantrag und gegen den Antrag Stephan aus.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.) befürwortet den Antrag Stephan und erklärt sich bereit, einen ähnlichen Wunsch auch den Evan⸗ elischen zu erfüllen. Das Gesetz über die Vermögensverwaltung n den katholischen Kirchengemeinden widerspreche der geschichtlichen Entwickelung und der Rechtsanschauung der katholischen Kirche. Katholische Angelegenheiten ordne man katholisch, nicht evangelisch und schere nicht alles über einen Kamm.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum kons.): Vermögensangelegen⸗ heiten sind doch nicht rein kirchliche Fragen, sondern sie gehen auch den Staat an. Wir wollen aber keineswegs alles über einen Kamm scheeren. Ichh will in diesem Falle den Herren entgegenkommen, inden ich dem Antrag Stephan beitrete. In vielen Vermögens⸗ angelegenheiten mag ja die Gemeindevertretung überflüssig sein. Ich spreche nur für meine Person.
Abg. Dr. Lieber: Wir stehen nun einmal nicht auf dem Gemeindeprinzip in der katholischen Kirche, sondern, wenn Sie wollen, auf dem abscolutistischen Standpunkt. Wir wollen nach unseren Rechtsgrundsätzen behandelt werden. Im übrigen bin ich dem Grafen Limburg für seine Unterstützung dankbar; hoffentlich folgen ihm recht viele seiner Freunde.
Der Antrag der Kommission wird mit dem Antrag Stephan angen om 8
men. 8 (Schluß des Blattes.)
Nr. 21 der „Veröffentlichu des Kaiserlichen Ge⸗ sundheits amts“ vom 26. Mai hat folgenden Inhalt: Personal⸗ Nachrichten. — Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. — Gesetzgebung u. 2 (Deutsches Reich.) Maul⸗ und Klauenseuche. — (Belgien.) Trans⸗ port von Schlachtfleisch, Abfällen ꝛc. — (Dänemark.) Fleischausfuhr. — (Vereiniate Sraaten von Amerika.) Thee. — (Brasilien.) Gesund⸗ E“ (Schluß.) — Gang der Thierseuchen in Großbritannien, 3. Januar bis 3. April. — Desgl. in Norwegen, 1. Vierteljahr. — Viehseuche in Deutsch⸗ Südwestafrika. — Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Thierseuchen. (Deutsches Reich, preußischer Regierungs ⸗Bezirk Bromberg, Bayern, Sachsen.) — Ver⸗ handlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Kon⸗ gressen u. s. w. (Deutsches Reich.) Aerztliche Approbations⸗Prüfung. — Zahnbeilkunde. — (Preußen.) Entschädigung für Verluste durch Schweinekrankheiten. — Zulassung von Frauen an den Universitäten. — (Spanien.) IX. internationaler Kongreß für Hygiene und Demo⸗ graphie. — Vermischtes. (Großbritannien.) Impfwesen. — Ge⸗ schenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Groß⸗ städte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz (Bier, Wein).
Nr. 22 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 29. Mai, hat “ Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamtliches: Die Mirabeau⸗Brücke in Paris. — Untersuchungen über die tech⸗ nischen Eigenschaften des Kiefernholzes. — Das chemische Institut der Universität Breslau. — Das anatomische Institut ber Universität Breslau. — Der Dom in Naumburg a. d. S. — Die Eröffnung des Blackwall⸗Tunnels in London. — Vermischtes: Preisbewerbung um Entwürfe für eine reformierte Kirche in Außersihl⸗Zürich. — Neue Fahrbahnanordnung für eiserne Straßenbrücken. — Bücherschau. — Neue Patente.
Nr. 18 des „Eisenbahn⸗ Verordnungsblatts *, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. Mai, ba. folgenden Inhalt: Allerhöchste Konzessions⸗Urkunde, betr. den Bau und Betrieb der schmalspurigen Nebeneisenbahnstrecke von Nieder⸗ pleis nach Siegburg durch die Brölthaler Eisenbahn⸗Aktiengesellschaft, 7. April 1897. — Erlasse des Ministers der öffentlichen Ar⸗ beiten: vom 12. Mai 1897, betr. Bestellung des Kommissars für die Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechts über die Eisenbahn von Niederpleis nach Siegburg; vom 17. Mai 1897, betr. Aufsicht über die Privateisenbahnen; vom 19. Mai 1897, betr. Berichte über Un⸗ fälle bei Privateisenbahnen; vom 21. Mai 1897, betr. Prüfung der Ziwilversorgungsscheine. — Nachrichten.
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Arbeiterbewegung.
In m haben, wie dem „Vorw.“ berichtet wird, etwa 300 Maurer (val. Nr. 111 d. Bl.) gekündigt, 150 nicht. Die Baugewerke⸗Innung beschloß, auf die Forderungen nicht einzugehen. — Die Zimmerer steben nach einer Mittheilung desselben Blattes gleichfalls in einer Lohnbewegung.
In Mäühlhausen i. Th. hat, wie die „Thüringer Tribüne“ mrittheilt, der Ausstand in der Schuhfabrik von Müller u. Schreiber (pgl. Nr. 118 d. Bl.) mit dem Siege der Arbeiter geendet.
In der HKertlein'schen Stuhlfabrik in Leipzig (Naundörfchen) haben, dem „Vorwärts“ zufolge, am 28. Mai die Drechsler wegen Reduktion des Tarifs die Arbeit verergrer
Die Arbeiter in der Teppichweberei von Halpert u. Co. in Gera haetten, der „G. Ztg.“ zufolge, in voriger Woche der Ge einen Lohntarif zur Einführung in der Fabrik überreicht, der Bedin⸗ gungen emthielt, die die Inhaber der Firma für völlig unannehmbar Er klärten. Daraufhin wurde sämmtlichen Arbeitern des Etablissements am Sonnabend gekündigt. 8
Den Meldungen hiesiger Blätter zufolge wird in Berlin ein allgemeiner Ausstand der Maurer (pgl. Nr. 122 d. Bl.) zwecks Erreichung des 60 Pfennig⸗Stundenlohns voraussichtlich morgen pro⸗ klamiert werden. Die Innung hat in einer Seneralversammlung beschlossen, von vornherein alle Verhandlungen mit der Lohnkommission abzuweisen; die Forderung des 60 Pfennig⸗ Stunden Llohns wurde für durchaus unberechtigt erklärt und den ein⸗ zelnen Meeiistern deren letnxans. empfohlen. — Differenzen, welche in der Glasschleiferei von A. Melcher Oranienstraße 21, ent⸗ standen waren, sind, dem „Vorw.“ zufolge, beigelegt
Aes Bukarest erfährt dasselbe Blatt, daß sich die Moͤhel; schlosser der Hornstein’schen abrik (früher Gebrüder Grünfeld) wegen 10 bis 15prozentiger Lohnherabsetzung im Ausstande befinden.
Kunst und Wissenschaft.
Die am Sonntag abgehaltene Jahressitzung der „Sencken⸗ bergischen naturforschenden Gesellschaft“ in Frankfurt a. M. wurde als die achtzigste in festlicher Weise begangen. In dem schön geschmückten Saal hatte sich, wie die „Frankf. Ztg.“ be⸗ richtet, eine zahlreiche Versammlung, darunter viele Damen, einge⸗ funden. Gegen 11 ½ Uhr betrat Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich, am Arm des Ersten Direktors, Oberlehrers Blum, nebst Gefolge den Saal. Nach einer kurzen Begräßung und einleitenden Ansprache des Oberlehrers Blum, worin er der Männer gedachte, die seit Anbeginn ihr Wissen und Können in den Dienst der Ge⸗ sellschaft stellten, den städtischen Behörden und der Bürgerschaft, der Senckenbergischen Stiftungs⸗Administration und den Schwester⸗ anstalten für ihre Unterstützung dankte und von dem Eintreffen einer großen Anzahl von schriftlichen und telegraphischen Glückwünschen Kenntniß gab, ergriff Professor Dr. Reichenbach das Wort zur e. rede: „Rückblicke auf die Biologie während der letzten 80 Jahre“. Der Vortrag zerfiel in zwei Theile, in deren erstem der Redner die erste der drei großen Entdeckungen, die den Aufschwung der Natur⸗ wissenschaften in den letzten 80 Jahren charakterisieren, die Descendenz in der Organismenwelt ausführlich behandelte. Nach Beendigung dieses Abschnitts erhob Sich die Kaiserin Friedrich, nahm die ausgestellten Objekte und Publikationen der Gesellschaft in Augen⸗ schein, die Ihre Majestät Sich von den Herren der Verwaltung er⸗ klären ließ, und verließ dann den Saal. Professor Dr. Reichenbach ging hierauf zu der Besprechung der anderen großen Entdeckungen der Neuzeit über. Dr. Aug. Knoblauch erstattete sodann den Jahresbericht. Die Gesellschaft hat danach im abgelaufenen Jahr die arbeitenden Mitglieder Paul Aug. Kesselmeyer und Friedrich Baader, sowie das außerordentliche Ehrenmitglied Kustos Theodor Erckel durch den Tod ver⸗ loren. Von Frankfurter Mitgliedern starben 18, von korrespon⸗ dierenden 10, nämlich Professor Beyrich in Berlin, Professor Palmieri in Neapel, Professor Schiff in Genf, Baron Sir Ferdinand von Müller in Melbourne, Professor Joseph von Gerlach in München, Professor Streng in Gießen, Professor Kenngott in Lugano, Professor Cope in .“ Dr. Fritz Müller in Blumenau in Brasilien und Professor
ulius von Sachs in Würzburg. Ausgetreten sind 3 Mitglieder, neu eingetreten 90, sodaß die Zahl der Beitragenden sich von 412 auf 479 gehoben hat. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich ist der Gesell⸗ schaft als Mitglied beigetreten. Die Zahl der ewigen Mitglieder hat sich um 8 vermehrt; es sind deren jetzt 23. Die Sammlungen wurden durch Kauf, Tausch und Geschenke ansehnlich vermehrt. Zur Katalogisierung und Aufstellung der geschenkten Karl Vogt'schen Bibliothek ist vom 1. Januar an ein wissenschaftlicher Hilfsarbeiter angestellt worden. Die Vorlesungen der Dozenten fanden in üblicher Weise statt. Von den Abhandlungen sind erschienen das erste Heft des XX. Bandes und Band XXIII, der den zweiten Theil des Kükenthal⸗ schen Reisewerks und die wissenschaftlichen Ergebnisse der letzten Preise der Rüppel⸗Stiftung enthält. Zum sechzehnten Mal ist im Berichtsjahre der Sömmering⸗Preis zur Vertheilung gelangt, und zwar erhielt ihn Professor Dr. Born in Breslau für seine hervorragenden Arbeiten über Verwachsungsversuche an Amphibienlarven. In wenigen Wochen soll sich Sömmering's Denkmal in der Nähe des Museums erheben. Zum 1. Oktober d. J. ist der von Reinach⸗Preis für eine minera⸗ logische Arbeit ausgeschrieben. Der Bericht erwähnt dann noch die Geschenke u. s. w., weist endlich auf die ehrenvolle Stellung hin, die sich die Gesellschaft in den 80 Jahren errungen, und bittet um Fort⸗ dauer de Sympathie der Frankfurter Bürgerschaft. 1
8 Ganten.
Ueber den Blackwall⸗Tunnel in London, der die östlichsten Vorstädte Poplar und Greenwich unter der Themse hinweg mit⸗ einander verbindet, und dessen feierliche Eröffnung am 22. v. M. in der Nummer 121 des „R.⸗ u. St.⸗Anz.“ bereits kurz erwähnt wurde, theilt das „Centralblatt der Bauverwaltung“ folgendes Nähere mit. Da die Arbeiten früh im Jahre 1892 begonnen wurden, so hat die Bauzeit wenig über fünf Jahre beansprucht. Auf den mittleren, unmittelbar unter dem Themsebett gelegenen Theil entfallen davon nur 13 Monate. Die gesammten Arbeiten wurden vom Londoner Grafschaftsrath im Jahre 1891 der Firma S. Pearson u. Sohn für die Summe von 17420 000 ℳ übertragen, und die Ausführung hat diesen Betrag nicht nur nicht
überschritten, sondern es sind sogar durch Vereinfachungen während des Baues noch Ersparnisse möglich gewesen. Die Themse ist an der Stelle, wo sie der Tunnel unterschneidet, 367 m breit und bei Hoch⸗ wasser 14 m tief. Die Oberkante des Tunnels nähert sich dem Themsebett an dessen tiefster Stelle bis auf 1,69 m. Die Arbeiten waren an dieser Stelle mit den größten Schwierigkeiten verbunden, und zweimal geschah es auch, daß die dünne Kruste durch den Uederdruck der für die Arbeiten verwandten Preßluft barst, wobei das Wasser im Fluß an 6 m in die Höhe geschleudert wurde. Ob⸗ gleich das Wasser sogleich mit großer Gewalt durch die entstandene Oeffnung in den Tunnel drang, sind Menschenleben dabei nicht zu beklagen gewesen. Die Ausführung des Riesenwerks zeichnet sich überhaupt durch eine Mindestzahl von Unglücksfällen aus, und nament⸗ lich hat das Arbeiten in der Druckluft, dank der sehr sorgfältigen Sicherheitsmaßregeln und der reichen Erfahrung des Ingenieurs E. W. Moir, des Vertreters der ausführenden Firma, die dieser mit Arbeiten gleicher Art bei anderen Gelegenheiten ge⸗ sammelt hatte, einen auffallend geringen Einfluß auf die Arbeiter gehabt. Es ist kein einziger Todesfall, der auf diese Ursache zurück⸗ zuführen wäre, zu verzeichnen, und die Haftpflicht der ausführenden Behörde für sonstige Verletzungen von Arbeitern ist nur in sechs Fällen in Anspruch genommen worden. Der Tunnel macht mit seiner inneren Verkleidung von weißglasierten Ziegeln, seiner vorzüglichen Beleuchtung durch elektrisches Glühlicht und den architektonisch guten Einfahrtsthoren einen sehr schmucken, in seiner Neuheit beinahe fest⸗ lichen Eindruck. Die ganze Länge des Weges zwischen beiden Thoren beträgt nahezu 1,9 km, wovon 368 m auf den Theil unter dem Themsebett, der Rest zu ziemlich gleichen Theilen auf die beiden nach der Erdoberfläche aufsteigenden, nach der Mitte hin mit Gewölben bedeckten, an den äußersten Enden als offene Einschnitte gelassenen Zufahrtsrampen entfallen. Da sich noch nicht absehen läßt, wie stark sich der Verkehr durch den Tunnel gestalten wird, so hat sich die Grafschafts⸗ verwaltung bereits des nöthigen Landes versichert, um bei Bedarf einen zweiten parallelen Tunnel zu bauen. Die Nutzbreite ist jetzt 4,88 m für den Fahrweg und je 95 cm für die beiden seitlichen Fuß⸗ steige: augenscheinlich ein nur für mäßigen Verkehr ausreichendes Maß. Der Plan, an dieser Stelle einen Tunnel zu bauen, wurde bei Fee n der jetzigen Grafschaftsverwaltung Londons von der früheren Behörde, dem Metropolitan Board of Works, übernommen, welche vorhatte, drei getrennte kleinere Tunnel, zwei für den Wagen⸗ verkehr und einen für den Fußverkehr, anzulegen, und hierfür den Vertrag mit dem Unternehmer bereits abgeschlossen hatte. Die Aus⸗ führung des Tunnels in seiner jetzigen Form ist der Thatkraft des ersten Ingenieurs des Grafschaftsraths r. R. Binnil zu danken, der vor den großen und viel gefürchteten Schwierigkeiten, die man mit einem Unternehmen von solcher Ausdehnung verbunden glaubte, nicht zurückschreckte. Die Einheitskosten betragen 1012 ℳ für das Meter Tunnellänge. Der Fortschritt der Ingenieurwissenschaften, der in dem Tunnel zu erkennen ist, wird am besten durch einen Vergleich mit dem nicht weit davon entfernt liegenden, 1841 vollendeten Tunnel Brunels zwischen Wapping und Rotherhithe gekennzeichnet, der jetzt von der Ost⸗London⸗Eisenbahn benutzt wird. Dieser hat nur die Länge des Mittelstücks des Blackwall⸗Tunnels, seine Ausführung aber dauerte neun Jahre, und seine Ausführungskosten betrugen für das Meter Länge nicht weniger als 23 900 ℳ
Literatur.
Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und in Strafsachen, herausgegeben von Reinhold Johow, Geheimem Ober⸗Justiz⸗Rath. 16. Band (1897). Berlin, Verlag von Franz Vahlen. Preis 7 ℳ — Dieser neue Band ist zur gewohnten Zeit und mit dem gewohnten Inhalt erschienen. Er enthält 78 Entscheidungen des Kammergerichts aus dem Gebiete der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und 101 Entscheidungen in Strafsachen, sowie in einem Anhange 14 Entscheidungen der Ober⸗Landesgerichte zu Frankfurt a. M. und Köln. Die Redaktion des Bandes ist, wie die der früheren Bände, eine sorgfältige und der Jahalt der mitgetheilten Entschei⸗ dungen wiederum für die Praxis, zum großen Theil auch für die Theorie von erheblicher Bedeutung.
— Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Rree9. herausgegeben von S. Hoffmann, Reichsgerichts⸗Rath,
von Sommerlatt, Ober⸗Landesgerichts⸗Rath, und Dr. F. Wulfert, Landgerichts⸗Direktor in Dresden. Verlag der Roßberg⸗ schen Hof⸗Buchhandlung in Leipzig. — Die Hefte 1 bis 4 des siebenten Bandes 1897 enthalten 44 Entscheidungen des Reichsgerichts und sächsischer Gerichte mit ausführlicher Mittheilung des Thatbestandes und der Entscheidungsgründe, ferner eine große Zahl von kürzeren Auszügen aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts, sowie folgende Abhandlungen: „Die Patentertheilung“, Vortrag, gehalten in der Juristischen Gesellschaft zu Wien am 27. Januar 1897 von Dr. Schanze in Dresden; „Die Bestimmungen des Gesetzes gegen unkauteren Wettbewerb über Reklame in ihrem Verhältniß zu dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch und den übrigen gewerblichen Schutz⸗
esetzen“, Vortrag. gehalten in der Juristischen Gesellschaft zu Leipzig von andrichter Dr. Lobe daselbst; „Der einseitige Rücktritt vom Dienstvertrag und die Rechtswirkungen des berechtigten und des unberechtigten Rück⸗ tritts nach Reichsrecht (Handelsgesetzbuch, Bürgerlichem Gesetzbuch, Gewerbeordnung) und nach sächsischem bürgerlichen Recht“ von Land⸗ richter Reinhard in Freiberg; „Versuch einer Enqute über das Be⸗ rufungsverfahren“ von Ober⸗Landesgerichts⸗Rath R. von Sommerlatt in Dresden; „Das öffentliche Interesse und die Staatsanwaltschaft im Eheprozeß“ von Landgerichts⸗Rath Dr. Feilitzsch in Zwickau; „Gedanken über die nichtstreitige Rechtspflege“ von Ober⸗Amtsrichter Dr. Frese in Döbeln.
— Von der wohlfeilen Lieferungs⸗Ausgabe der gesammelten Werke Ludwig Anzengruber's, welche die Cotta'sche Verlags⸗ buchhandlung in Stuttgart veranstaltet, liegen fünf neue Lieferungen, 6 bis 10, vor. Sie bringen zunächst den ersten Band, enthaltend eine literarische, des Dichters Leben und Wirken würdigende Einleitung von dem Herausgeber Anton Bettelheim, sowie die im Nachlaß auf gefundenen, sehr interessanten Beiträge zu einer Selbstbiographie und die Dorfgeschichte „Der Sternsteinhof“, zum Abschluß. Ein vor treffliches Bildniß Anzengruber's ist dem Bande vorangestellt. 8 Ende der 6. Lieferung beginnt alsdann ein anderer Dorfroman „Der Schandfleck“, nächst dem oben erwähnten wohl Anzengruber's hervor ragendstes Werk erzählender Gattung. Die neue, sorgfältig durch gesehene Ausgabe erscheint, worauf noch einmal hingewiesen sei, in 60 (vierzehntäglichen) Lieferungen zum Preise von je 40 J. 8
— Katechis mus der Dampfkessel, Dampfmaschinen und anderer Wärmemotoren von Th. Schwartze, Sechste, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 284 Abbildungen im Tex und 13 Tafeln. Verlag von J. . Weber in Leipzig. In Original Leinenband Pr. 4 ℳ 50 ₰4. — Der in Theorie und Praxis seine Berufs gleichmäßig erfahrene Verfasser hat bier wie in den in dem selben Verlage erschienenen Katechismen der Elektrotechnik, de Heizung, Beleuchtung und Ventilation mit Geschick diejenige Be⸗ handlungsweise des Stoffs getroffen, welche dem Techniker und Industriellen zusagt. Das Buch erfreute sich daher auch, wie die schnelle Folge der Auflagen beweist, in Fachkreisen vielen Beifalls. Aus der großen Anzahl von Zusätzen, welche die neue Auflage erfahren hat, ist ganz besonders der Anhang über die Gas⸗ und Petroleum⸗ motoren hervorzuheben. Die zahlreichen guten Abbildungen im Text und auf Tafeln sind eine werthvolle erläuternde Beigabe.
— Pastor R. Niemeyer in Peckelsheim hat im Selbstverlaze ein kleines Büchlein erscheinen lassen, welches den ersten Theil eines größeren Werkes mit dem Titel „Die Zahlenkunst“ darstellt. Dieser erste Theil behandelt „Das Zählen“, und zwar sehr eingehend. Der Verfasser geht auf die einfachsten Zahlenempfindungen als Grund⸗ lage der Zahlbegriffe und des Zählens zurück und verbindet so mit seiner Darstellung wichtige anthropologische und ethnologische Hin⸗ weise und Erinnerungen, die dem einfachen Gegenstande ein tieferes und allgemeineres Interesse besonders für den Lehrer der ersten Unter⸗ richtsstufen verleihen. Das Büchlein zerfällt in fünf Abschnitte: Die Entwickelung der Zahlensysteme und das Zählen; Der innere Fort⸗ schritt im Zehnersystem; Die vier ersten Zahlworte; Die Daktylonomie; Der Begriff „Zahl“. Diesem ersten Theil sollen im zweiten „Das Rechnen mit ganzen Zahlen“ und im dritten „Der Bruch⸗ folgen.
— Die vorliegende Nr. 35 der im Verlage von Adolf Mahn in Leipzig erscheinenden Wochenschrift⸗„ Von Hans zu Haus“ enthält außer den Fortsetzungen der Romane „Der Berg des Lichts“ von Anny Wothe und „Der neue Glaube“ von Marco Brociner unter der Rubrik „Selbsterlebtes aus dem Leben berühmter Männer und Frauen“ Mittheilungen Hermann Rollett's über die Schauspielerin Marie Denker und die spanische Tänzerin Lola Montez. Für die Reisezeit bringt die Nummer Interessantes aus Karlsbad, mit Abbildungen, und aus Bad Elster, wie auch die sonstigen gewohnten Mittheilungen des Blattes über Haus und Küche, Handarbeiten, die besonderen kleinen Notizen für Hausfrauen, das Preisräthsel u. s. w. nicht fehlen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrung Maßregeln.
38 Belgien.
Der „Moniteur Belge“ Nr. 144/145 vom 24,/25. d. M. ver⸗ öffentlicht einen Erlaß des belgischen Ackerbau⸗Ministers vom 21. d. M., demzufolge die Ein⸗ und Durchfuhr der unter der Bezeichnung „Kips“ bekannten unge gerbten, aber mit Salz, Alaun, Arsenik oder Kalkmilch behandelten, gereinigten und getrockneten indischen Häute aus pestverseuchten Gebieten gestattet wird. (Vgl. „R.⸗A.“ Nr. 112 vom 13. d. M.)
Verkehrs⸗Anstalten. 8
Bremen, 1. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. D. „Bayern“, d. Ost⸗Asten kommend, 29. Mai 6 Mrgs. Gibraltar passiert. „Fulda“ ist 29. Mai 12 Mittags v. New. York n. Genua abgeg. „Spree“ ist 29. Mai 12 Mittags v. New⸗York n. d. Weser abgeg. „Wittekind“ ist 29. Mat in Buenos Aires angek. „Crefeld“ ist 29. Mai v. Baltimore n. d. Weser abgeg. „Halle“*, v. Baltimore kommend, 30. Mai 3 Mrgs. g. d. Weser angek. „Wartburg“ hat 29. Mai 1 Nm. die Reise v. Antwerpen n. Oporto fortges. „Aller“ hat 30. Mai 4 ¼¾ Nm. die Reise v. Eherbourg n. New⸗York fortges. „Kronprinz Friedrich Wil⸗ helm“ ist 29. Mai v. Santos abgeg. „Mark', v. La Plata kommend, ist 30. Mai 6 Abs. Las Palmas passiert.
— 1. Juni. (W. T. B.) D. „Pfalz“, n. d. La Plata best., 30. Mai 3 Nm. in Antwerpen angek. „Sachsen“, n. Ost⸗Asien best, 30. Mai 8 Abds. in Genua angek. „Heimburg“ ist 30. Mai von Bahia n. d. Weser abgeg. „Prinz⸗Regent Luitpold“, von New⸗York kommend, ist 31. Mai 6 Mrgs. in Southampton angekommen und hat 6 ½ Mrgs. die Reise nach Bremen fortgesetzt. Preußen-, n. Ost⸗Asien best., 31. Mai Nm. in Hongkong angek. „Prinz Heinrich hat 31. Mai Nm. die Reise v. Singapore n. Colombo fortges. „Aachen“, v. Baltimore kommend, 31. Mai 1 Nm. Lizard pasfiert. „Königin Luise“ hat 31. Mai die Reise v. Southampton n. Baltimore fortgesetzt.
Rotterdam, 1. Juni. (W. T. B.) olland⸗Amerika⸗ Linie. D. „Maasdam“, von New⸗York na⸗ Rotterdam, hat heute Vormittag Prawle Point passiert. “