1897 / 139 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Jun 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Der hiesige Kaiserlich japanische Aoki hat Berlin für einige Tage verlassen, um sich nach Belgien zu begeben.

Der hiesige Königlich serbische Gesandte M. Boghitche⸗ vitch hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Attaché bei der hiesigen Königlich serbischen Gesandtschaft Dr. M. V. Radoulovitch als Geschäftsträger.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine veAn S. M. S. „Condor“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Meyer (Hans), am 24. Juni von den Seychellen nach Sansibar in See zu gehen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Der Landtag des Herzogthums Coburg ist vor⸗ gestern in Coburg wieder zusammengetreten. Unter den dem Landtage zugegangenen Vorlagen befinden sich ein Gesetzentwurf, betreffend die gesetzliche Regelung der Staatszuschüsse zur Auf⸗ besserung des Gehalts der Geistlichen, und ein solcher, be⸗ treffend die Regelung der Pensionsbezüge der Wittwen und Waisen der Coburger Zivilstaatsdiener nach den im Herzogthum Gotha geltenden Bestimmungen. 8

Der Landtag des Herzogthums Gotha ist ebenfalls am 14. d. M. in Gotha eröffnet worden. Der vorgelegte Etat schließt mit einem Fehlbetrage von 330 000 ab.

Hamburg.

Der „Hamburgischen Börsenhalle“ zufolge hat der Senat bei der Bürgerschaft zur Herstellung neuer Häfen auf dem Kuhwärder die Bewilligung von 11 159 000 und zur Verlängerung des Schutenhafens ebendaselbst die Bewilligung von 450 000 beantragt.

Deutsche Kolonien.

Der Premier⸗Lieutenant Engelhardt hat in der Zeit vom 5. Dezember v. J. bis 11. Februar d. J. das Hinter⸗ land von Lindi in Deutsch⸗Ostafrika bereist und be⸗ richtet über die dortigen Verhältnisse im „Deutschen Kolonial⸗ blatt“, wie folgt:

Tas Gebiet, welches ich auf meiner Reise kennen gelernt habe, ist ein im allgemeinen fruchtbares; nirgends bin ich auf Steppen⸗ land oder ausgedehnte Strecken völlig unbewachsenen Bodens gestoßen, eine Ausnabme macht naturgemäß das Bergland Madjedje, doch auch hier findet sich in den gut bewässerten Thälern ertragsfähiger Boden. Im Westen von Lindi schließt sich an die Küstenlandschaft ein frucht⸗ dares Hügelland an, welchem der Netibi⸗, Tandangongoro⸗ und Lutamba⸗ see immer Wasser geben. Ans diesem steigt in langen, meist bewaldeten Hängen ein 400 bis 600 m kohes Plateau auf, das im Süden bis zum Lukuledi reicht. Das Massip dieses Plateaus, welches nach Westen bis zum Ursprung des Lukuledi langsam ansteigt, ist wahrscheinlich Urgestein, Granit oder Gneis. Die Verwitterung scheint bis tief in die Gesteinsmasse hinein stattgefunden zu haben, da der Boden äußerst wasserdurchlässig ist, nirgends sind auf dem Plateau Wasseransammlungen vorhanden; Brunnengraben ist erfolg⸗ los. Nur in den weit und tief ausgearbeiteten Thälern des Mjengett, Njangau und Mahiba, linker Nebenflüsse des Lukuledi, findet sich ständig Wasser; von weither kommen die Bewohner hierher, dasselbe zu schöpfen. Trotzdem ist besonders der östlichste Theil des Plateaus, die Landschaft Londo, von großer Fruchtbarkeit. Das ganze Jahr hindurch niedergehende Regen und überaus starker Thaufall erzeugen auf dem braunrothen, tiefgründigen Lateritboden eine üppige Vegetation. Mtama, das viel Wasser braucht, stand prächtig, auch Reis, der sonst vorzüglich in Niederungen gebaut wird, gedeiht hier gut. Bei der Nähe der Küste, 25 bis 30 km, scheint mir die Möglichkeit, dort Kaffee und Thee mit Erfolg zu bauen, nicht aus⸗ geschlossen, zumal der Aufenthalt auf dem Plateau, über welches die Seebrise streicht, verhältnißmäßig gesund sein muß; die Nächte sind kühl und erfrischend. Dem Wassermangel könnte durch Anlagen von in Zement gemauerten Zisternen abgeholfen werden. Auch für die Eingeborenen würde sich die Anlage solcher Zisternen empfehlen. Die Bau⸗ und Unterhaltungskosten ließen sich dadurch aufbringen, daß die Jumben von den Wasser holenden Leuten Abgaben in Geld oder Naturalien erheben. Durch solche Maßregeln werden die scheuen Wamusta am ebesten zu gewinnen sein. Das Plateau mit dem er⸗ wähnten Hügelvorland und das weite Thal des Lukuledi sind jedenfalls vor kaum mekr als 10 bis 15 Jahren fast durchgängig mit Lianenwald, dessen Charakteristiktum die Gummiliane ist, bedeckt gewesen. Durch die ursinnigen Rodungen der fortgesetzt wandernden Eingeborenen ist dieser Wald theilweise vernichtet worden und an seine Stelle dichter dorniger Busch getreten. Die Gewinnung des Wurzelgummis selbst bat die Veranlassung dazu gegeben, daß aus den noch vorhandenen Waldbeständen die Gummiliane verschwunden ist. Das Gebiet nördlich des Rovuma, etwa von dem in Massassi entspringenden Miesi an westlich, ist mit Ausnahme von Madjedje ein flachgewelltes Waldland, gut bewässert von den Nebenflüssen des Rovuma, dem Bangala, Luk⸗ wamba, Lumesule, Moessi und Msinjaewe. Man kann in diesem Ge⸗ biet drei Bodenklassen unterscheiden. Das schwarze zähe Schwemm⸗ land, welches alljährlich einige Zeit unter Wasser steht oder berieselt wird, ist vorzüglich für den Anbau von Reis und Zuckerrohr geeignet, der gelb bis braunrethe Lateritboden des unteren Theils der flachen Kuppen liefert bei Bestellung mit Mtama und Mais gute Ernten; der sandige und kiesige oder aus ver⸗ wittertem Gestein bestehende Boden des oberen Theils der bewaldeten Erhebungen, welcher immerhin beträchtliche Mengen an pflanzlichen Zersetzungsprodukten enthält, genügt für den Anbau von Erdnüssen, Bobnen, Erdbohnen und Mahogo. Die aus dem Waldland auftauchenden Felsberge, welche wir in der Landschaft Madjedje näher zusammengerückt finden, zeigen trotz ihrer steilen, oft überhängenden Wände und thurmartigen Aufsätze charakteristische runde Formen. Sie bestehen durchgängig aus Urgestein, Gneis oder Granit, dessen oberste Schicht meist hohl liest und sich in mehr oder minder starken Schalen zwiebelartig ab⸗ blättert; die losgelösten Scheiben lassen sich verhältnißmäßig leicht zerbröckeln. Bei einem Theil dieser Berge ist die Verwitterung so weit vorgeschritten, daß sich Baumwuchs auf denselben bilden konnte. Diese Waldberge, wie die Berge von Masassi, der Muamba, der Huwe haben immer fließende Quellen.

Das Hinterland von Lindi das Flußgebiet des Lukuledi und das nördliche Ufer des mittleren Reovuma wird von den nahe verwandten Bantustämmen, den Wamusra, Makua, Wajaue und Wamatambue bewohnt; eingestreut finden sich Nieder⸗ lassungen von Stämmen vom Nyassa, welch letztere sich auch mit der oben erwähnten Bevölkerung theilweise vermischt haben; von Norden her haben sich ferner Wandonde eingeschoben. Für die nahe Ver⸗ wandtschaft der erstgenannten Stämme spricht die ihnen gemeinsame Sitte, den Weibern die Oberlippe zu durchbohren und in diese einen bis zu 5 cm Durchmesser zeigenden Holzkeil das Lupelele zu stecken, wodurch den Lippen das Aussehen eines Schnabels gegeben wird... Am nächsten der Küste g die Wamuöra; sie haben das Hügel⸗ vorland und den 2e. sten Theil des Plateaus nördlich des Luku⸗ ledi inne und reichen westlich etwa bis zum Mahiba. Einzelne An⸗ siedelungen von ihnen finden sich über die bezeichnete Grenze weiter nach Westen hin vor, so Chekenjes Dörfer am hangafluß in Ma⸗ kanja, zwischen Bangala und Rovuma, endlich Brussia südlich Madjedje. Die Bevölkerung in Umuöra ist ziemlich dicht, indessen fehlen größere politische Gemeinwesen. Die Wamuöra bauen sich

Gesandte Vicomte

meist in kleinen Dörfern, die oft recht versteckt liegen, familienweise an; der Familienälteste ist der Sultan. Ihre 2282 von kreis⸗ rundem oder quadratischem Grundriß, sind nach der allenthalben üblichen Art in Holz erbaut und mit Lehm beworfen, zuweilen fand ich die Außenseiten der Wände sauber geglättet und mit meist der Thierwelt entnommenen Figuren bemalt. Ihre Felder, deren Er⸗ trägnisse sie theilweise zur nahen Küste zum Verkauf bringen, bestellen sie in der üblichen Weise mit Mtama, Mais, Mahogo, dann ver⸗ schiedene Bohnenarten, hauptsächlich aber mit Mahogo. Der Viehstand, überbaupt nur in Ziegen und Hühnern bestehend, ist ein geringer. Früher kam die Gummiliane in den Wäldern, die Umusra größtentheils bedeckten, sehr häufig vor, und es bestand schwunghafter Handel in Kautschuk. Durch die Gewinnung desselben aus den Wurzeln der Liane, welche die Bewohner stampften und aus⸗ kochten, haben sie dieselbe zum großen Theil ausgerottet, sodaß der Gummihandel bis auf ein Achtel oder ein Zehntel der alten Höhe zurückgegangen ist. Daß er nicht ganz erloschen, ist hauptsächlich dem Umstände zu danken, daß einige vernünftige Häuptlinge in ihrem Gebiet dies Treiben nicht gestattet haben. Trotz vielfacher Berührung mit der nahen Küste sind die Wamusra sehr scheu. Diese Eigen⸗ schaft und der Mangel jedes größeren politischen Gemeinwesens machen es für die Station schwer, mit ihnen in Verkehr zu treten und auf sie einzuwirken. Bei den Wumusra tätowieren sich beide Geschlechter auf Gesicht und Leib mit sehr tiefen, aufgeworfene Narben hinterlassenden Schnitten und oft in so ausgedehntem Maße, daß die Haut ein teppichähnliches Aussehen bekommt. Zu dem Lupelele tragen die Wamusraweiber oft noch einen Holzkeil in einer Durchbohrung der Unterlippe. Die Wamusra, besonders die der Küste zunächst wohnenden, stehen in dem Ruf, professionelle Diebe zu sein. Sie sollen die Knaben systematisch zu Dieben und Einbrechern heran⸗ ziehen und die gewandteren nach ihrer Ausbildung zur Ausübung ihres Gewerbes in die Küstenstädte schicken. 1 1

Nach Westen zu nimmt die Bevölkerung im allgemeinen an Dichtigkeit ab. Das Thal des Lukuledi und die Landschaft Masassi sind noch verhältnißmäßig gut bevölkert, dann aber ist die Bevölkerung sehr dünn gesät, und die einzelnen Dörfer liegen oft mehrere Tage⸗ märsche auseinander. Am Rovuma von Makotscheras Dorf aufwärts finden sich menschliche Wohnstätten nur auf den In⸗ sein und dicht an den Ufern des Flusses, allerdings in fast ununter⸗ brochener Reihenfolge. Durch die Frie ega⸗ der Magwangwara sind diese Gegenden entvölkert und die Bewohner nach Süden und Osten zurückgedrängt worden. Die Gemeinwesen sind hier größer und geschlossener als in Umusra, besonders Hattia, dann die Häuptlinge am Rovuma Magono, Makotschera, Kit⸗ wanga und vor allen Dingen Mtotela und Hundi gebieten über eine größere Anzahl von Leuten und genießen hohes Ansehen. Freilich ist die Macht aller dieser Gebietsherren seit etwa 20 Jahren zurück⸗ gegangen, Familienzwistigkeiten haben den jetzigen Hattia des un⸗ umschränkten Einflusses, den einst sein Großonkel und in vermindertem Maße noch sein Onkel auf die im Lukuledithal wohnenden Makua ausübte, größtentheils beraubt. Der frühere Reichthum der Häuptlinge am Rovduma und ihrer Unterthanen ist durch die Magwangwara zerstört worden, die auch dadurch, daß sie wiederholt eine Menge von Leuten als Sklaven wegschleppten, die Macht und das Ansehen der Sultane sehr verminderten. Es wird bier neben Regergetreide, Mahogo und den bekannten einheimischen Bohnenarten auch Taback angebaut, der, zunächst für eigenen Gebrauch bestimmt, auch an die durchziehenden Händler und zur Küste verkauft wird. Das Rovumathal erzeugte früher viel Reis, nachdem aber in den letzten beiden Jahren durch die Heuschrecken die Ernte zweimal vollständig verwüstet worden ist, haben die Bewohner infolge Mangels an Samen eine Neubestellung der Felder mit diesem Getreide unter⸗ lassen müssen. Ich habe denselben in Aussicht gestellt, daß sie in Lindi und Mikindani Saatgetreide unentgeltlich erhalten würden. Wie schon erwähnt, ist der Viehstand besonders am Rovuma durch die Magwangwara Lollständig vernichtet worden, die Eingeborenen besitzen dort nur noch Hühner. Seit etwa zwei Jahren wird aus dem weiten Waldgebiet zwischen dem mittleren Rovuma und dem oberen Lumbemkuru das Wachs wilder Bienen, welche sich dort in zahllosen Schwärmen aufhalten, seitens der Eingeborenen gewonnen. Die Wachssammler, von denen meist einige zu gleicher Zeit Jäger sind, die dann für Nahrung unterwegs zu sorgen haben, ziehen in Trupps zu fünf bis zehn Mann in den Wald, wo sie die wilden Bienen ausräuchern und Wachs und Honig entnehmen. Geschieht dies im eigenen Gebiet, so bringen sie gewöhn⸗ lich aus Baumrinde hergestellte röhrenförmige Behälter für die Bienenschwärme an den Bäumen an. Fast in jedem größeren Dorfe am Rovama und in Madjedje traf ich auf Küstenleute, welche Wachs gegen Zeuge von den Eingeborenen eintauschten. Bei der großen Ausdehnung des Waldgebiets, welches die Wachs⸗ sammler nur zum geringen Theil absuchen können, ist eine Steigerung der Wachsproduktion noch zu erwarten, dieselbe wird auch bei der stark zunehmenden Bevölkerung, welche ihre Wohnstätten in das Wald⸗ gebiet verschiebt, gesichert erscheinen, wenn die Bewohner zur Bienen⸗ zucht allmählich angehalten würden. Die volkreichen Stämme der Makua und Wajaue, ven welchen, wie erwähnt, Theile von Süden und Südwesten her aus der portugiesischen Kolonie, wo sie heute noch ihren Hauptsitz haben, in unser Schutzgebiet eingewandert sind, erregen unser besonderes Interesse, weil sie an Jatelligenz ent⸗ schieden den Nachbarstämmen überlegen sind und sich uns auch zugäng⸗ licher als diese erweisen. Ursprünglich Jägervölker, die den Ackerbau nur soweit trieben, als es für ihren Unterhalt unbedingt nöthig war, sind sie durch die starke Verminderung des Wildstandes jetzt völlig auf den Feldbau als Unterhaltungsquelle hingeführt worden. Die unter⸗ nehmungelustigen Wajaue treiben außerdem Handel; alljährlich kommen ihre zahlreichen Karawanen, meist Eifenbein, Gummi und Taback führend, nach Lindi und Mikindani. An Charakter sind beide Volksstämme sehr verschieden. Die Wajaue geistig sehr geweckt, von rascher Auffassungsgabe, unternehmungslustig, aber nicht beständig und wenig zuverlässig, die Makua langsameren Geistes, bedächtig, von grsßer Ausdauer und Beharrlichkeit, aber zuverlässiger und treuer. So würden die letzteren ein gutes Ersatzmaterial für unsere Schutztruppe liefern, zumal sie als Jägervolk für den Beruf des Soldaten sich von vornherein besonders eignen. Die erwähnten Stämme, besonders die Wamuöra, haben wenig Sklaven, selbstverständlich überhaupt nur Haussklaven, die durch verwandtschaftliche Verbindung mit Freien oft nach wenigen Jahren schon die Freiheit wieder erhalten, deren aus Ehen mit Freien hervorgegangene Kinder wenigstens stets Freie werden. Anklagen wegen Zauberei und Hexerei, deren Opfer getödtet, jahrelang in der Gabel gefesselt oder als Sklaven verkauft werden, und die durch Generationen hindurch fortlaufenden Familienkriege, in denen selbst das entfernteste Glied der Sippe nicht zeschont wird, liefern immer aufs neue Sklaven. Unserem immer mehr sich geltend machenden Einfluß wird es hoffentlich gelingen, diesen Uebeln ein Ende zu bereiten, insbesondere die für die gedeihliche Entwickelung des Volkes zur Gesittung und zum Wohlstand ein so großes Hinderniß bildenden Familienfehden, die fast nie zum Abschluß kommen, weil ein beiden Theilen gerecht werdender Friede nahezu un⸗ möglich ist, durch unsere Autorität endgültig zu beseitigen.

Die Station Lukuledi der deutschen katholischen Mission vom Orden St. Benedittus, wo gegenwärtig ein Pater, ein Bruder und drei Schwestern wirken, liegt auf dem rechten Ufer des Lukuledi in der Landschaft gleichen Namens und besteht seit ungefähr zwei Jahren. Die Mission hat sich ein Verdienst dadurch erworben, daß sie von der Station nach dem Dorf Chikakwe etwa 12 km einen fast geradlinig geführten, ungetähr 7 m breiten Weg angelegt hat. Seitens derselben Missionsgesellschaft ist an dem Einfluß des Nyangau in den Lukuledi, an einem gut gewählten Platz, mit der Anlage einer Station im Oktober v. J. begonnen worden. Auf der in Masassi gelegenen Station der englischen Universities Missionary Society sind alle Gebäude in Bambus hergestellt, und die Wohnungen befinden sich zu ebener Erde, aber die erhöhte Lage am Hange des Mtandiberges, der felsige Untergrund und immer fließendes gutes Quellwasser machen die Station zu einem für Europäer ge⸗ eigneten Aufenthalt. Diese Mission besteht seit 18 Jahren.

Besondere Anerkennung verdienen die der dortigen onare, nicht nur um die Kenntniß der Suabhelisprache unter der Bevölkerun g zu verbreiten, sondern auch den befähigteren Schülern das Schreiben des Kisuabeli in lateinischen Lettern zu lehren. Die Missionen Lukuledi und Masassi stehen zu einander in autem Einvernehmen. Beide Missionen sind mir ins⸗ besondere bei Ordnung der politischen Verhältnisse sehr entgegen⸗ gekommen; dem Reverend Porter, Leiter der Station Masasst, welcher zweimal im Lande der Magwangwara war, verdanke ich werthvolle Information über diesen Volksstamm. Um den Handel in Taback und Flußpferdzähnen, der zwischen den portugiesischen Wajaue des Mtarika und Mataka und unseren Küstenstädten besteht, möglichst zu fördern, ferner umunseren Wachshandel zu heben, habe ich den Karawanen⸗ weg vom Rovuma nach Lindi verbreitern und soweit als möglich gerad⸗ 8 führen lassen, indem ich jedem Jumben eine bestimmte Strecke zutheilte. Wie ich jetzt aus guten Quellen erfahren, ist ein grofe Theil der insgesammt 400 km langen Strecke bereits fertiggesten worden. Diesen Arbeiten wohnt auch eine erzieherische Wirkung inne, ebenso läßt sich an ihrer mehr oder minder raschen und guten Durch⸗ führung der Einfluß der Jumben auf ihre Leute erkennen. In der Landschaft Masassi wird Kochsalz gefunden. Etwa eine Stunde südlich vom Mtandiberg in der Nähe des Zusammenflusses der Mako⸗ maschira und des Kironjibaches, welche salzhaltiges Wasser führen, wird zur Trockenzeit der Boden ausgelaugt und durch Sieden das Salz, dessen Hauptbestandtheil Kochsalz ist, daraus gewonnen. Die Bevölkerung von Masassi, Madjedje und dem vumathal ver⸗ sorgt sich dort mit diesem Mineral, auch die Magwangwara kommen in kleinen Trupps dahin, um Salz zu sieden, was man sie auch un⸗ behelligt thun laͤßt. Im südlichen Madjedie am Malombeberg wird Eisenerz gefunden, welches an Ort und Stelle verhüttet und zu Aexten, Spaten und Messern verarbeitet wird. Die dort gefertigten eisernen Geräthe finden Absatz bei den Bewohnern des Rovuma⸗ thales. In dem Waldgebiet zwischen dem Rovuma und dem Lumbem⸗ kuru gab es früher viel Wild aller Art; insbesondere alle Spalthufer von der Schopf⸗Antilope bis zur Elen⸗Antilope und dem Büffel. Die hier bis Anfang 1895 wüthende Viehseuche hat sehr unter dem Wild aufgeräumt, insbesondere haben die großen Anti⸗ lopen, die Kudu⸗ und die Elen⸗Antilope sehr unter der Seuche gelitten; der Bestand derselben ist nahezu vernichtet worden. Der Elefant kommt zwischen dem oberen Bangala und dem Lumbemkuru noch häufig vor und ist nach Aussagen der Eingeborenen dort Standwild. Die unausgesetzten Nachstellungen seitens der ein⸗ geborenen Jäger werden auch hier dem Vorkommen des größten Dick⸗ häuters in absehbarer Zeit ein Ende bereiten.

Das Schutzgebiet von Togo wurde im Jahre 1895 von 131 Schiffen angelaufen. Unter diesen Schiffen befanden sich, abgesehen von zwei deutschen Kreuzern: 55 deuische mit 61 928 t, 47 englische mit 57 562 t, 24 französische mit 30 729 t, 1 belgisches mit 1788 t, 1 holländisches mit 306 t, 1 amerikanisches mit 360 t, 129 mit 152 673 t.

Ddie Generale Saussier und de Boisdeffre haben sich gestern Vormittag in Begleitung zahlreicher Generalstabs⸗ Offiziere von Paris nach Nancy begeben.

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathun der Vorlage, betreffend die Bank von Frankreich, fort und nahm mit 303 gegen 230 Stimmen einen Abänderungs⸗ antrag an, dahin lautend, daß die Stellung des Gouverneurs der Bank nicht mit einem gesetzgeberischen Mandat vereinigt werden dürfe. Der Finanz⸗Minister Cochery hatte sich gegen diesen Unterantrag ausgesprochen.

Die Zollkommission der Deputirtenkammer begann gestern die Berathung eines Antrages des Deputirten Jounart, betreffend Erhöhung des Zölls auf Schweinefleisch, und beschloß, denselben auf 12 Fr. für 100 kg festzusetzen. Für Ferkel unter 25 kg Gewicht soll ein Zoll von 3 Fr. bezahlt werden.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer sprach im Laufe der Berathung des Marine⸗Budgets der Marine⸗Minister Brin mehreren Rednern seinen Dank für das Interesse aus, daß sie für die Marine gezeigt hätten, und beglückwünschte sich zu der Bereitwilligkeit, mit der ihm viele Millionen für die Marine angeboten seien. Der Minister hob sodann, wie „W. T. B.“ meldet, hervor, daß im Gegensatz hierzu der Deputirte Martini im Namen seiner Freunde erklärt habe, er werde nicht einen Centesimo mehr für die nationale Vertheidigung bewilligen, und führte dann weiter aus: Die Regierung folge der goldenen Mittelstraße, indem sie die Forderungen für die Marine mit der Sparsamkeit in den Finanzen in Einklang bringe. Da die Regierung eine Politik der Sammlung befolge, fuhr der Minister sor⸗ so müsse die Stärke der Flotte den Zielen der italienischen Politik ent⸗ sprechen. Kein italienisches Ministerium werde jemals seine Zustimmung dazu geben können, daß die Ausgaben für die Marine unter das für die Vertheidigung des Staats un⸗ erläßliche Maß herabgedrückt würden. Der Minister er⸗ innerte daran, wie die Regierung, durch die Finanzlage dazu genöthigt, Ersparungen bei allen Zweigen der Marine während der schmerzlichen, aber unausweichlichen Periode des Stillstandes durchgeführt habe. Die Regierung habe es für nothwendig gehalten, seit dem verflossenen Jahre die Auf⸗ merksamkeit der Kammer auf diesen Stand der Dinge zu lenken und auf die Nothwendigkeit eines Systemwechsels hinzuweisen. Man müsse die nöthigen Vorkehrungen treffen; es würde für die nationale ertheidigung wie auch für den Staatsschatz gefährlich sein, es so weit kommen zu lassen, daß von neuem eine äußerste Anstrengung nothwendig werde, wie im Jahre 1874. Der Minister schlug hierauf die Vermehrung der Ausgaben um 71 ½ Millionen für das Jahr 1897/98 und von 10 Millionen für die folgenden Jahre vor. Diese Vermehrung der Aus⸗ gaben sei durch die Verminderung derselben in Afrika aus⸗ geglichen. So könne man, ohne das finanzielle Gleichgewicht zu stören, für die unvermeidlichen Bedürfnisse der Marine Vorsorge treffen. Der Minister legte alsdann die Gründe dar, weshalb die Regierung um keinen Preis dem danken einer Anleihe näher treten könne, der von dem Deputirten de Nobili Bettolo für die außerordentlichen Aus gaben der Marine angeregt worden sei, und wies die Ein⸗ wendungen gegen die Entsendung von italienischen Matrosen nach Kreta zurück. Der Minister versicherte, die Regicrung sehe mit Befriedigung auf die Theilnahme an der im Interest der Kreter unternommenen Expedition zurück, und schloß mit einer Aufforderung an die Kammer, die Vorschläge des Regierung anzunehmen, um den Verfall der Marine hintar⸗

zuhalten. Schweiz.

Der Nationalrath hat sestern mit 136 Stimmen be⸗ schlossen, in die Einzelberathung der Kranken⸗ und Unfall⸗ versicherungs rlage einzutr

eifrigen Bemühungen 8

Vorlage

Ständerath begann gestern die Berathung der über den Rückkauf der Eisenbahnen. Im Namen der Mehrheit des Ausschusses beantragte Vonarx (Solothurn), in die Verhandlung einzutreten, und legte Protest gegen die Behauptung ein, daß das Rechnungs⸗ esetz den Zweck gehabt habe, die Rückkaufswerthe herab⸗ zudrücken. Die von der Nordostbahn eingereichten Rechnungen üͤber ihre einzelnen Rückkaufsobjekte seien ungenügend und berflächlich gewesen, während die vom Bundesrath aufgestellte

6 Berechnung der Liquidationswerthe mit der größten Vorsicht

nüͤgenden Reserven, sowie noch vorzunehmenden e

übernommen werden. ausgearbeitet worden.

erfolgt sei und der Wahrheit ziemlich entsprechen dürfte, sodaß selbst die lebhafteste Kritik materiell wenig daran habe aussetzen können. Das niedrige Ergebniß der Berechnung des sei zuzuschreiben: nicht getilgten Ver⸗ usten und noch zu amortisierenden Verwendungen, unge⸗

Ohne die aus diesen Gründen nothwendig werdenden Reduk⸗ tionen würden die Liquidationswerthe betragen per Aktie: Simplon⸗Stamm⸗ Aksie 200 Fr., Nordostbahn

519 Fr., Zentralbahn 802 Fr., Vereinigte Schweizer⸗ 547 Fr., Gotthardbahn 738 Fr. Bei der

der Ergänzungsarbeiten habe eine Re⸗

partition zwischen dem Bund und den Bahnen statt⸗ gefunden, bei welcher letztere nicht zu kurz gekommen seien. Das Kapital sollte, wenn möglich, im Inland beschafft werden. Der Bund sollte mit den Bahnen Verträge wegen Uebernahme erselben vor Ablauf des Rückkaufstermines abschließen. Die

Simplonbahn müsse mit der Jura⸗Simplonbahn zusammen Das Rückkaufsgesetz sei sehr sorgfältig

Niederlande. .

Bis gestern Abend war, wie „W. T. B.“ meldet, in Amsterdam folgendes Ergebniß der zum ersten Mal nach dem neuen Wahlgesetz vorgenommenen Wahlen zur Zweiten Kammer bekannt: Gewählt sind 20 Katholiken, 12 Liberale, 13 Protestantisch⸗Orthodoxe, darunter 2 Historisch⸗

istliche, und 1 Radikaler; ferner haben 48 Stichwahlen

Türkei. Morgen wird, dem „W. T. B.“ zufolge, in Konstantinopel

die sechste Sitzung zur Fortsetzung der Friedensverhand⸗

ungen stattfinden.

Der türkische Gouverneur von Volo ist von der Pforte angewiesen worden, die von ihm eigenmächtig erlassene Verfügung wegen Konfiskation des Besitzes aus⸗ gewanderter Thessalier zurückzunehmen.

Griechenland.

Wie „W. T. B.“ aus Athen meldet, wird der griechische Gesandte in Berlin Rangabé Griechenland bei der

Jubiläumsfeier der Königin Victoria in London ver⸗

treten.

Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington

gestern ein Amendement: die Differentialzölle auf

zusetzen, abgelehnt und einen Antrag angenommen,

wonach jede Klasse e von Java und den Philippinen

½0 Cent auf das Pfund weniger Zollgebühren zahlen soll als Rohzucker anderer Länder.

In Fürher ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern früh der Mörder des deutschen Kaufmanns Häßner in Gegen⸗ wart des Vertreters der deutschen Gesandtschaft, des Gou⸗ verneurs und anderer marokkanischen Beamten, sowie einer großen Volksmenge hingerichtet worden.

Der Volksraad der Südafrikanischen Republik hat gestern einen Ausschuß ernannt, welcher den gesammten Briefwechsel zwischen der Exekutive und dem obersten Gerichtshof prüfen soll.

111““

Parlamentarische Nachrichten.

Im Herrenhause ist von Herrn von Jerin⸗Gesess folgender Antrag eingebracht worden:

Das Herrenhaus wolle beschließen: die Königliche Staatsregierung aufzufordern, für die Provinz Schlesien eine Verordnung dahin gehend zu erlassen:

Bilden mebrere Gutsbezirke mit Landgemeinden einen Schul⸗ verband, so ist die Auflösung und Eingemeindung eines dieser Guts⸗ bezirke auf Grund des § 2 der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie vom 3. Juli 1891 bis zu ander⸗ weitiger gesetzlicher Regelung der Schulunterhaltungspflicht nicht in Ausfuüͤhrung zu bringen.

38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Cassel. *)

Cassel, 15. Juli. Das gestrige Festmahl fand eine zahl⸗ reiche Betheiligung und nahm einen sestlichen Verlauf. Eröffnet wurde dasselbe durch einen Trinkspruch auf Seine Majestät den Kaiser, welchen der Vereinsvorsitzende, Kommerzien⸗Rath Kuhn aus Stutt⸗ gart, ausbrachte. Der Ober⸗Präsident Magdeburg widmete ein Hoch den kulturschaffenden Leistungen der deutschen Ingenieure. Einen Toast auf die Stadt Cassel, gesprochen von dem Zweiten Vorsitzenden des Ver⸗ eins, Direktor Rieppel⸗Nürnberg, beantwortete Ober⸗Bürgermeister Westerburg mit einem Hoch auf den Hessischen Bezirksverein deutscher Ingenieure. Fabrikant Weismüller⸗Bockenheim toastete auf den

ürsten Bismarck. An das Festmahl g. sich eine Festvor⸗ tellung im Königlichen Theater; zur Aufführung gelangten das Lustspiel „Renaissance“ und das Ballet „Die Puppenfee.

In der heutigen, zweiten Sitzung wurde der geschäftliche Theil der Tagesordnung erledigt. Zum Vorsitzenden für die Jahre 1898 und 1899 wurde Baurath Bissinger, Direktor der Elektrizitäts⸗Aktiengesellschaft vorm. Schuckert u. Co. in Nürnberg, zum Beisitzer Regierungs⸗ und Baurath von Borriesaus Hannover gewählt. Die Grashof⸗Denkmünze, eine fuͤr hervorragende wissenschaftliche oder praktische Leistungen ge⸗ währte Auszeichnung des Vereins, wurde dem Professor Dr. Linde⸗ München und dem Geheimen Regierungs⸗Rath, Professor Riedler⸗ Berlin zuerkannt. Hofrath Dr. Caro⸗Mannheim, einer der Mit⸗ begründer des Vereins, wurde zum Ehrenmitglied desselben ernannt.

Nr. 20 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 10. Juni, t folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 2. Juni 1897, betreffend Ve ahren bei der landespolizeilichen und

eisenbahntechnischen Abnahme von Eisenbahnanlagen; vom 3. Juni 1897, betreffend Genehmigung von Kleinbahnen; vom 4. Juni 1897, betreffend Zulassung von Regierungs⸗Bauführern des Hochbaufachs zur Ausbildung bei der Eisenbahnverwaltung. Nachrichten.

Nr. 24 des „Centralblatts der Bauverwaltung“ heraus⸗ 5 eeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 12. Juni, hat olgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Ingenieur⸗Vereinshäuser. Vom Neubau der Komischen Oper in „Rettig's Schulbank in Anwendung für die Einrichtung ändlicher Volkeschulen in Preußen.“ Beitrag zur Biegungs⸗ festigkeit. Zur Frage der Befestigung der Nordseeküste. Ver⸗ mischtes: Ebrenbezeigung. Königliche technische Hochschule in Dresden. Zwei neue Tunnel unter der Themse. Bücherschau. Neue Patente.

Arbeiterbewegung.

In Krotoschin legten, wie der „Volks⸗Ztg.“ von dort berichtet wird, am 14. Juni etwa 260 Bauhandwerker die Arbeit nieder. Dieselben hatten von ihren Arbeitgebern Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit gefordert. Wegen Verweigerung dieser Forderungen wurden die Arbeiter ausständig.

Zur Lohnbewegung der Bauhandwerker in Bochum (vergl. Nr. 132 d. Bl.) theilt die „Rb.⸗Westf. Ztg.“ mit, daß in einer am Sonntag abgehaltenen Versammlung der Holzarbeiter die Mehrheit den Eintritt in einen Ausstand beschloß.

„Die Kupferschmiede Breslaus befinden sich, dem „Vor⸗ wärts“ zufolge, seit dem 15. Mai im Ausstande.

Aus Kattowitz wird demselben Blatte berichtet: Auf der be⸗ nachbarten Fürstlich Hohenlohe’'schen Zinkhütte Hohenlohehütte brach am 11. Juni ein Ausstand der gesammten Arbeiterschaft über 400 Mann aus. Alle Arbeiter (Schmelzer, Bedienungs⸗ mannschaften, Heizer und Reservearbeiter) verlangten eine Lohnerhöhung, die ihnen am 12. Juni früh auch gewährt wurde.

In Schönlanke befinden sich, wie ebenfalls der „Vorw.“ be⸗ richtet, 60 Arbeiter einer Zigarrenfabrik zwecks Erzielung einer Lohnerhöhung im Ausstand. In einer Versammlung der übrigen Fabrikanten wurde beschlossen, die Arbeiter der betreffenden Fabrik unter keinen Umständen zu beschäftigen.

In Mannheim waren, der „Straßb. Post“ zufolge, die Trambahnbediensteten in eine Lohnbewegung eingetreten und drohten mit völliger Arbeitseinstellung, falls sie ihre Forderungen nicht bewilligt erhielten. Von der Forderung der Ver⸗ kürzung der Arbeitszeit sahen sie vorerst ab und ver⸗ langten nur eine finanzielle Besserstellung. Bisher bezogen die Trambahnbediensteten ein Anfangsgehalt von 75 ℳ, welches nach einem Vierteljahr auf 80 und später auf 90 stieg. Nur wenige von den Trambahnbediensteten bezogen ein Gehalt von über 90 Sie verlangten nun ein Anfangsgehalt von 90 ℳ, das g9 einem Jahre auf 95 und nach zwei Jahren auf 100 steigen sollte. Extrawagen sollten mit 30 für die Stunde vergütet werden. Weiter forderten sie den Wegfall des 3 monatlich betragenden Kleidergeldes, allenfalls sollten die Kleider nach einem Jahr in das Eigenthum der Bediensteten übergehen. Die Forderungen wurden, wie die „Frankf. Ztg.“ erfährt, gestern sämmtlich bewilligt und der Ausstand abgewendet.

In Neustadt an der Haardt haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Maurermeister infolge grober Ausschreitungen ausständiger Maurer gegen arbeitende Kameraden beschlossen, ihre Betriebe von morgen Abend bis auf weiteres einzustellen.

In Dresden ist, wie der „Vorwärts“ erfährt, in der Blumen⸗ und Blätterfabrik von Gebr. Keferstein dem ganzen männlichen Personal wegen Nichtunterschreibens der neuen Fabrikordnung gekündigt worden. Ueber die Lohnbewegung der Tischler (vgl. Nr. 129 d. Bl.) wird dem Blatte mitgetheilt, daß 750 Tischler in 85 Werkstätten zu den neuen Bedingungen arbeiten, während 100 noch ausstehen.

Die Forderungen der Tischler Münchens (vgl. Nr. 138 d. Bl.) sind demselben Berliner Blatte zufolge von den Vertretern der Tischler⸗, Bau⸗ und Zimmermeister sämmtlich abgelehnt worden.

In Bremen legte das Einigungsamt des Gewerbegerichts, der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ zufolge, den seit dem 27. April herrschenden Aus⸗ stand in der Jutespinnerei und Weberei „Bremen“ (vergl. Nr. 113 und 121 d. Bl.) bei. Die Hauptforderungen der Arbeiter: Regulierung der Löhne, keine Maßregelung der Ausständigen, die Ein⸗ richtung eines Arbeiterausschusses wurden von der Direktion be⸗

willigt. Fn Cuxhaven ist, wie dem „Vorw.“ geschrieben wird, ein

Maurer⸗Ausstand 45 Stundenlohn.

Die Hochöfen⸗Arbeiter von Cleveland und Durham haben, wie die Londoner „Allg. Korr.“ mittheilt, am Montag ge⸗ kündigt, weil ihre Arbeitgeber ihnen keinen achtstündigen Arbeitstag gewähren wollen. Die Arbeitszeit beträgt jetzt zwölf Stunden.

Die Tischler und Zimmerer in Belfort in Frankreich sind, dem „Vorw.“ zufolge, ausständig geworden. Sie verlangen 50 Cent. Stundenlohn und Verkürzung der Arbeitszeit von 12 ½ auf 10 Stunden. Von 200 Mann betheiligen sich 160 Mann an der Bewegung.

ausgebrochen. Gefordert werden

Kunst und Wissenschaft.

In Leipzig fand gestern Vormittag in Gegenwart Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Sachsen, der Königlichen Prinzen sowie zahlreicher geladenen Gäste in der großen prächtigen Aula die feierliche Uebergabe des neuen Univer⸗ sitätsgebäudes statt. Nachdem Professor Dr. Windisch ein begeistert aufgenommenes Heoch auf Ihre Majestäten ausgebracht hatte, ergriff der Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts Dr. von Seydewitz das Wort zu einem Rückblick auf die Entwickelung der Universität. Er hob hervor, daß das Königshaus alle Zeit seine ganze Kraft für die Förderung von Kunst und Wissenschaft eingesetzt habe, und betonte, daß der Universität das Recht der freien Forschung auf keinem wissenschaftlichen Gebiet genommen oder verkürzt werden werde. Am Schluß seiner Ansprache übergab der Minister das neue Gebäude dem Rektor, Professor Dr. Friedberg, welcher dasselbe mit warmem Dank entgegennahm und in seiner Festrede einen Abriß der Entwickelungsgeschichte der Universität gab. Der Redner schloß mit einem Hoch auf Ihre Majestäten den König und die Königin. Alsdann überreichte Ober⸗Bürgermeister Dr. Georgi die Urkunde über eine Stiftung der Stadt Leipzig in Höhe von 12 000 zu Gunsten von Studierenden der Universität sowie einen Ehrenbürger⸗ brief der Stadt an den Rektor. Nach den Dankesworten des Rektors wurden seitens der Fakultäten die Ehrenpromotionen verkündet. Die theologische Fakultät hat, der „Leipz. Ztg.“ zufolge, sieben Doctores honoris causa ernannt, darunter den Konsistorial⸗Rath, Super⸗ intendenten Benz⸗Dresden, den Bezirks⸗Schulinspektor, Schulrath, Professor Lic. Müller⸗Zittau, die Professoren Dr. von Bezold⸗ Bonn und Dr. Lenz⸗Berlin, den Professor ESrces. Pähn und den evangelischen Bischof von Siebenbürgen Dr. üller. Die juristische Fakultät ernannte sechs Ehrendoktoren: den Staats⸗ Minister Dr. von Seydewitz, den Wirklichen Geheimen Rath Graf von Könneritz, Präsidenten der Ersten Ständekammer, den Geheimen Hof⸗ rath Adermann Präsidenten der Zweiten Ständekammer, den Ober⸗ Bürgermeister Streit, Vize⸗Präsidenten der Zweiten Ständekammer, den Kreishauptmann von Ehrenstein⸗Leipzig und den Präsidenten des Königlichen Ober⸗Landesgerichts Werner⸗Dresden. Die medizinische Fakultät verkündete fünf Ehrenpromotionen und die philosophische deren neun; unter den von diesen Fakultäten ernannten Doctores honoris causa befinden sich der Geheime Medizinal⸗Rath, Professor His⸗ Leipzig, der Geheime Hofrath, Professor Dr. theol. et jur. Sohm, der Baurath, Stadtrath Roßbach und der Ministerial⸗Direktor Vodel⸗ Dresden.

Die Rede, welche Eugen Hartmann bei der von der Elektrotechnischen Gesellschaft in Frankfurta. M., am 5. Mai d. J. veranstalteten Gedächtnißfeier für den verewigten Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan gehalten hat, ist im Verlage der Gebrüder Knauer in Frankfurt a. M. in Druck erschienen. Das ausgestattete Heft (Pr. 60 ₰) ist mit einer photographischen

ufnahme der im Sommer 1896 in Westerland auf Sylt von dem Bildhauer Hugo Berwald⸗Schwerin nach dem Leben modellierten Büste des Verewigten geschmückt.

Das bayerische Hochland und das angrenzende Tirol und Salzburg nebst Salzkammergut. Von Th. Trautwein. VIII. Auflage, bearbeitet von Heinrich Heß. Mit 26 Karten und 2 Stadtplänen. Innsbruck 1897, A. Edlinger's Verlag. 183 3 50 3 Dieses den Hochgebirgstouristen wohl bekannte Reisehandbuch ist in der neuen Auflage in allen Theilen ergänzt, vielfach neu bearbeitet und vermehrt, was auch aus der Vergrößerung des Umfangs —2 Der Zweck des Buches ist, der großen Zahl solcher Alpenreisenden zu dienen, welche die reizvollen Gebiete des bavyerischen Hochgebirges vom Bodensee bis zur Salzach und der vielgestaltigen Kalkalpen von Nordtirol und Salzburg sowie das herrliche Seengebiet des Salzkammergutes zum Ziel ihrer Fahrten wählen. An⸗ gegliedert sind noch die wichtigsten Seitenrouten der Giselabahn, das Gasteiner., Rauris., Fuscher⸗ und Kaprunerthal, dann von Innsbruck aus die Brennerbahn bis Gossensaß. Innsbruck, seine Sehenswürdig⸗ keiten und Umgebungen sind so eingehend behandelt wie sonst nur in Spezialführern. Die Karten stammen zumeist aus der rühmlich be⸗ kannten Anstalt von Ravenstein; dem Bedürfnisse des Bergsteigers dienen 14 Anstiegskärtchen. Für eine genußreiche Durchwanderung des bayerischen Hochlandes, Nordtirols und Salzburgs wird sich das Buch auch in der vorliegenden Ausgabe als ein zuverlässiger und guter Führer erweisen. v1“ ö“

Bauten.

Einen Wettbewerb um Entwürfe für ein neues Schul⸗ haus in Neisse hat der dortige Magistrat ausgeschrieben und für die beiden besten Entwürfe nebst Kostenanschlägen Preise von 600 und 400 ausgesetzt. Ablieferungsfrist bis spätestens zum 15. August 1897. Die Bedingungen sind vom Magistrat zu beziehen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb in der Woche vom 30. Mai bis 5. Juni ein günstiger, und auch die Sterblichkeit war eine geringe, wenn auch eine etwas höhere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwobnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,7). Die besonders in der zweiten Hälfte der Berichtswoche vorherrschende hohe Temperatur der Luft übte ihren ungünstigen Einfluß auf das Vor⸗ kommen von akuten Darmkrankheiten aus, die besonders unter kleinen Kindern (im Alter von unter 2 Jahren) zahlreiche Opfer forderten. Die Zahl der Sterbefälle an diesen Krankheitsformen stieg auf 49 (von 30 der Vorwoche). Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine gesteigerte; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 55 Säuglinge. Dagegen haben akute Entzün⸗ dungen der Athmungsorgane erheblich abgenommen und weniger Todes⸗ fälle veranlaßt. An Influenza kam nech 1 Todes fall zur Mittheilung. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Typhus selten. Erkrankungen an Scharlach kamen nicht häufiger als in der Vorwoche zur Anzeige. Dagegen haben Erkrankungen an Masern größere Verbreitung gefunden, und auch Erkrankungen an Diphtherie zeigten eine Zunahme; und zwar kamen Er⸗ krankungen an Masern aus der Schöneberger Vorstadt und dem Stralauer Viertel, Erkrankungen an Diphtberie aus der jenseitigen Luisenstadt und der Königstadt am häufizsten zur Arzeige. Weitere Erkrankungen an Pocken sind nicht vorgekommen; 1 Todesfall infolge von Genickstarre gelangte zum Bericht. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 6 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zell⸗ gewebes der Haut wurden seltener beobachtet. Dagegen kamen Er⸗ krankungen an Keuchhusten wieder zahlreicher zum Vorschein und endeten in 15 Fällen tödtlich. Rheumatische Beschwerden aller Art, besonders akute Gelenkrheumatismen, kamen wesentlich seltener als in den Vorwochen zur ärztlichen Behandlung.

Verdingungen im Auslande.

Oesterreich⸗Ungarn.

30. Juni, 12 Uhr. K. K. Staatsbahn⸗Direktion Lemberg: Lieferung einer pneumatischen Nietanlage, ferner von 2 Wandkrahnen, 2 Laufkrahnen, eines Ventilators, 2 Transmissionen, eines Blechglüh⸗ ofens, 6 transportabler Nietfeuer und 2 Exhaustoren. Näheres bei der genannten Direktion.

Verkehrs⸗Anstalten.

Für die neue deutsch⸗schwedische Postdampferverbin⸗ dung Saßnitz Trelleborg ist ein Dorpelschrauben⸗Dampfer auf der Werft „Oderwerke“ zu Grabow a. Oder erbaut worden, welcher den Namen „Imperator“ erhalten hat und am 6. Juni in die Fahrt eingestellt worden ist. Das neue Schiff ist sehr ge⸗ schmackvoll ausgestattet und mit allen Einrichtungen versehen, um die Seefahrt angenehm zu machen. Dasselbe ist 67 m lang, 10 m breit und hat eine Fahrgeschwindigkeit voa 15 Seemeilen in der Stunde, sodaß die Seefahrt zwischen der deutschen und der schwedischen Küste an Bord des Dampfers höchstens 4 Stunden währt.

Bremen, 16. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. D. „Willehad“, n. Baltimore best., 14. Juni 6 Abds. Lizard passiert. „Dresden“, v. Baltimore kommend, 15. Juni 11 ½ Vm. aga. d. Weser angek. „Weimar“ 15. Juni 10 Vm. Reise v. Genua n. Neapel fortgesetzt. 8 1

London, 15. Juni. (W. T. B.) Castle⸗Linie. D.⸗Dunolly Castle“ auf der Heimreise am Sonnabend in London angekommen. D. „Garth Castle“ ist auf der Ausreise am Freitag in Durban (Natal) eingetroffen. D. „Harlech Castle“ hat auf der Ausreise am Sonnabend die Canarischen Inseln passiert. D. „Norham Castle“ ist auf der Heimreise am Sonntag in London angekommen. D. „Roslin Castle“ ist auf der Ausreise am Sonnabend in Durban (Natal) angekommen. D. „Tantallon Castle'“ ist auf der Ausreise am Sonnabend von Southampton abgegangen. D. „Tintagel Castle“ ist auf der Ausreise am Sonntag in Kap⸗ stadt angekommen. D. „Pembroke Castle“ auf der Ausreise am Sonnabend in Durban (Natal) eingetroffen. 1

Union⸗Linie. D. „Scot“ sst heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

Rotterdam, 15. Juni. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. D. „Spaarndam“, von Rotterdam nach New⸗York, ist am Sonntag in New⸗York angekommen. D. „Obdame, von New⸗York nach Rotterdam, hat heute Vormittag Scilly passiert.

hristiania, 15. Juni. (W. T. B.) Die internationale

Eisenbahn⸗Fahrplan⸗Konferenz beschloß, Frankfurt a. M. als nächsten Versammlungsort zu wählen. Die Sitzungen sollen daselbst am 8. und 9. Dezember stattfinden. 1

Washington, 15. Juni. (W. T. B.) Der internatio⸗ nale Post⸗Kongreß ist heute geschlossen worden. 8

9 Theater und Musik.

Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater wird morgen Verdi's Oper „Aida“ mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle gegeben. Im übrigen lautet die Besetzung: Amneris: Frau Götze; Radames: Fe Sylva; Amonasro: Herr Hoffmann; König: Herr Krasa; d Herr Mödlinger. Herr Hof⸗Kapellmeister Wolfram aus eimar dirigiert. Im Garten findet von 6 Uhr Nach⸗