Heimath zurückkehren. Dies war durch eine Botschaft den Ngumba⸗ leuten bekannt gegeben, und kurz vor meinem Abmarsch hatte eine von Yaunde nach Kribi entsandte Patrouille gemeldet, die Wege im Naumbalande seien in Ordnung. Ich fand dies in vollem Maße be⸗ stätigt. Der ganze Weg durch die Ngumbaberge war zu einem sehr bequemen Reitweg umgewandelt, die reißenden Gebirgswasserläufe überbrückt; nur — steile Berge und Felspartien bieten noch Schwierigkeiten für Lastthiere, ohne wirkliche Hindernisse zu sein. Bei meinem Anmarsch kam mir Tunga mit Frauen und Be⸗ leitern entgegen und begrüßte mich aufs herzlichste. Soldaten und Präcer wurden in dem geräumigen Dorf einquartiert, ich selbst nahm mit Herrn von Carnap in dem Anwesen eines Gabunesen Hilarion Wohnung, welcher dort für die Firma Woermann §andel treibt. Bald erschien Tunga mit den Dorfältesten und brachte mir das erste greße Gastgeschenk, bestehend aus vier Schafen, 50 Bund Bananen, zehn Hühnern, acht Eiern und einem Korb Makabo, woraus sich ein Festtag sür meine Leute entwickelte, die bis dahin von den mitgenommenen Vorräthen — Reis und getrocknete Fische — hatten leben müssen. Die Internierung Tunga's in Kamerun hat wahrhaft wunderbare Früchte getragen. Nicht nur gehört der früher verrufene Weg zu den besten und sicchersten im Schutz⸗ gebiet, sondern er arbeitet auch emsig an der Ver⸗ ee seines Dorfes; ein sehr großer, luftiger Marktplatz ist angelegt, überall sieht man neue Rodungen im Urwald zum Bau von neuen größeren Häusern und Anlage von Farmen. In dem roßen Palaver, welches ich Nachmittags mit Tunga abhielt, ver⸗ icherte er mich wiederholt seiner Treue und Botmäßigkeit. Da Tunga der größte und einflußreichste Häuptling des Ngumbalandes ist, so ist seine Haltung von besonderer Wichtigkeit. Hier traten die sich nun noch immer weiter wiederholenden ersten Klagen gegen räuberische und vom Süden ber gegen die Handelsstraße vordrängenden Buli⸗ stämme auf. b In zwei Tagemärschen wurde von Tunga aus die Station Lolo⸗ dorf am 6. Januar, 1 Uhr Nachmittags, erreicht. Der Weg, wo irgend möglich, gut gereinigt, führt über sehr steile, bis zu 700 m hohe Berge und ermüdet durch fortwährendes Auf, und Abklettern. In dem hoch gelegenen Dorf Eputsi schlugen wir Nachtquartier auf. Bald hinter Epussi kamen wir an der eingefriedigten, sauber gehaltenen und mit Kreuz und Aufschrift versehenen Grabstätte des dort auf dem Marsch nach Lolodorf verstorbenen Premier⸗Lieutenants a. D. Lübke vorbei. Die Station Lolodorf liegt auf einem isolierten Bergkegel im Wald⸗ thal des Lukonje, der tief unten an dem Stationsberge vorbeifließt; ringsum ist der Bergwald niedergeschlagen, sodaß die militärische Lage vorzüglich ist. Nach allen Richtungen hin erblickt man bis zum fernsten Horizont bewaldete Bergketten. Unten am Fluß liegen “ der Firmen Karl Maas, Randad u. Stein, Lübke u. Co., „Woermann u. Co., alle bis jetzt von Farbigen (Gabunesen) geleitet, sowie verschiedene Naumbadörfer; endlich etwas weiter auf halber Bergeshöhbe das erste Yaündedorf unter dem alten Häuptling Ebuda. ÜUeber den Lokundje führt eine solide, mit Pferden gut passierbare Holz⸗ brücke. Die Station ist besetzt mit einem europäischen Unteroffizier (zur Zeit Sergeant Bauch) und 22 Mann der Truppe. Wohnhaus, Kaferne, Arbeiterwohnungen und Ställe sind in primitiver Weise ganz aus einheimischem Material hergestellt. Nach Inspizierung der Station, die sich in vortrefflicher Verfassung befand, erschienen am 8I die mächtigeren Häuptlinge zum Empfang, reiche Geschenke an Schafen, Ziegen und Hühnern bringend. Die bedeutendsten sind Banjok und Deng von Lolodorf (Mlole), Bambam, ein Bruder Tunga's, etwa zwei Stunden von der Station ansässig, Ebuda, der alte Yauünde⸗Häuptling vom Berge. Alle klagten übereinstimmend über Vergewaltigungen durch die Buli. Abends wurde die Station durch Magnesiumfackeln erleuchtet. Am 8. wurden die zur Weiterreise erforderlichen Vor⸗ kehrungen getroffen, insbesondere die Lasten umgepackt und Hilfsträger (Ngumba) angenommen. Am 9. um 6 Uhr Morgens Abmarsch von Lolodorf. Trotzdem die Eingeborenen nach Kräften am Wege gearbeitet hatten, war derselbe doch stellenweise recht beschwerlich. Felspartien mit Sumpf abwechselnd, auch unbequeme Flußübergänge. Unterwegs be⸗ grüßte mich am Wege noch einmal äuptling Bambam mit seiner ganzen Familie. Die bisher als besonders schwer vsiabc berüchtigte „Yakafarm“, in der wild übereinander gestürzte aumstämme den Weg versperrt hatten, war vollständig gereinigt. Das Nachtquartier, das hochgelegene Gebirgsdorf Ngene, wurde erst um 2 Uhr Nach⸗ mittags erreicht. Die Bevölkerung ist hier schon halb Yauünde; die Nacht war sehr kühl und nebelig. Im kalten Morgennebel um 6 Uhr Morgens von Ngene aufbrechend, erreichte die Expedition nach Ueberschreiten des Mbengebirges und des Akiéflusses, durch Akatta — Mtfhalla durchmarschierend, gegen Mittag das Bergdorf Esumba, welches bereits ziemlich reine Yauündebevölkerung aufweist. Zwar sieht man überall die Rindenhütten der Ngumba, da die Oel. und Raphiapalmen hier noch zu selten vorkommen; doch tragen die Frauen schon die eigenthümliche YVaundetracht, den pferde⸗ schwanzähnlichen Blätterbüschel hinten, und zu den bisher ausschließ⸗ lich vorkommenden Pisangs und Kassava treten als Feldfrüchte Zucker⸗ rohr, Taback und Erdnüsse. Am folgenden Tage passierten wir den Mbengasumpf; obwohl die Kolonne schon 5 Uhr 50 Min. Morgens abmarschierte, kamen wir erst lange nach 1 Uhr Nachmittags ins Biwak, da der Weg unerhört schlecht war. Es liegen hier keine Dörfer am Wege und die Terrainverhältnisse sind ganz besonders schwierig: Sumpfstellen, Wasserläufe wechseln mit steilen, unwegsamen und ver⸗ wachsenen Berghängen ab. Am 14. wurde auf einem im ersten Theil noch schlechten, dann vorzüglich gereinigten Wege um 9 Uhr Vormittags das Dorf Elama am Niong erreicht und nach Uebersetzen der Expedition in Kanus in dem Bauündedorf Wöna Lager bezogen. Von hier aus führt ein 4 bis 6 m breiter Fahrweg bis zur Station Yaunde, welche über die als Nachtquartier dienenden Dörfer Abega Nsana und Mesenti am Sonntag, 17., Vormittags 9 Uhr, erreicht wurde. Die Herstellung dieses Weges ist ein Verdienst der Station und ihres derzeitigen Leiters, des Lieutenants Dominik; sie wäre allerdings wohl ohne den Druck des Kamptz'schen Feldzuges nicht möglich gewesen. Durch das Pauündeland von Njong bis an den Sanaga heran führt eine etwa 150 km lange Straße, welche auf Betreiben der Station von den anwohnenden Eingeborenen hergestellt ist und sich in vorzüglichem Zustande befindet. Wie dieser Weg benutzt wird, zeigten die zahlreichen, mit Elfenbein und Gummi beladenen, vielfach 50 bis 60 Mann starken Karawanen, denen ich begegnete. Ich habe mit besonderer Genugthuung feststellen können, daß der zur Bestrafurg der aufständischen Paünde unternommene und vom Hauptmann von Kamptz mit Erfolg durchgeführte Feldzug der Truppe nicht nur das militärische Uebergewicht und die Autorität der Regierung wiederhergestellt, sondern auch gleichzeitig einen schönen kulkurellen Erfolg aufzuweisen hat. Bemerken möchte ich noch, daß Wild auf der ganzen Strecke recht selten ist: im Urwald vereinzelte Elephantenspuren, Affen, Papageien, außerdem waren Antilopen in spärlicher Anzahl und Raubvögel (Adler und Milane) zu beobachten. Schon vor der Station empfing mich der derzeitige Stationschef Lieutenant Dominik, machte die erforderlichen Meldungen und über⸗ reichte den Stationsrapport. Auf dem Hofe vor dem Stationsgebäude stand die Garnison in E“ während das 3,7 cm⸗Schnell⸗ ladegeschütz einen Salut feuerte. Die Nachricht, daß zum ersten Male der Gouverneur persönlich die Station und das Yaundeland besuchte, war weithin verbreitet. Sehr bald nach der ersten kurzen Begrüßung mit Lieutenant Dominik erschienen daher die benachbarten Yaunde⸗ Häuptlinge, voran der alte Zonu, der Freund Kund's und Tappenbeck's, auf dessen Gebiet die Station liegt; sein Sohn Amba, eine Art Faktotum der Station, hatte mich schon vom letzten Naͤcht⸗ quartier (Mesenti) abgeholt. Es erschien Mbazamsoko nebst Gefolge, ein alter durchtriebener Berghäuptling, in dessen Dorf das Zer⸗ würfniß zwischen Premier⸗Lieutenant Bartsch und den Yaunde be⸗ onnen hatte. Es erschien endlich auch der größte der umliegenden Häuvttn e, der Ober⸗Häuptling des großen Banéstammes Baneme⸗ uno, alle mit reichen Geschenken an Kleinvieh und Lebensmitteln. Ersteres wurde dem Viehbestand der Station überwiesen, letztere zur he der Expedition verwendet. Die Station liegt auf einem Hügel an der Grenze von Urwald und Grasland in jeder Hin⸗
sicht sehr günstig. In der Mitte des engeren Stationshofes befindet sich das massiv aus dort gebrannten Ziegeln erbaute zweistöckige Wohnhaus; der untere Stock enthält Vorrathsräume und Gelasse für Dienerschaft, der obere Stock sechs geräumige luftige Wohn⸗ und Schlafräume für Europäer. Es ist ein ganz mit dortigen Mitteln her⸗ gestellter vorzüglicher Bau. Im Hof liegen außerdem in regel⸗ mäßigen Abständen das Wachlokal mit Gefängniß, mehrere massive Schuppen und Scheunen, Kasernen, Arbeiterwohnungen. er Stationsbof ist von einer massiven Lehmmauer mit Schießscharten und Wallgraben umgeben, welche mit ihren Bastionen eine für innerafrikanische Verhältnisse gewichtige Befestigung darstellt. Auf der erhöhtesten Bastion steht unter einem Schutzdach das 3,7 cm Schnellladegeschütz, die Gegend ringsberum beherrschend. Noch etwas höher befindet sich die große Palavertrommel, mittels deren der Stationschef dem Lande seine Wünsche und Befehle kundgiebt. Jedes durch diese Trommel ausgegebene Wort wird von den nächsten Dörfern sofort aufgenommen und durch das ganze Land weiter getrommelt. Die Trommelsprache ist hier vollkommen ebenso ausgebildet wie im Duallagebiet. Weit um den Stations⸗ hof herum ist das nach allen Seiten hin abfallende Gelände vom Waldbestande gereinigt. Es liegen hier blühende Gärten mit Ananas⸗ und Gemüsekulturen, ausgedehnte Felder, mit Reis, Pisangs, Makabo und vor allem mit europäischen Kartoffeln bestanden; letztere gedeihen ganz ausgezeichnet. Auch Arbkeitersiedelungen, sowie Vieh⸗ und Pferdeställe befinden sich außerhalb des engeren Hofes. Der Bestand an lebendem Inventar war zur Zeit meiner Anwesenheit außer Geflügel fünf Pferde und über 300 Stück Schafe und Ziegen. Die Pferde werden sowohl zum Reiten als auch zum Steinfahren und Pflügen verwendet. Rindvieh fehlt noch, steht aber von Ngutte und Tibati her in Aussicht; mehrere Milchziegen liefern täglich frische Milch. An dem am Fuße des Stationsberges fließenden Bache liegt eine schwunghaft betriebene Feldziegelei, welche Steine für die Bauten liefert; es können 10 000 Stück auf einmal gebrannt werden. Neue Rodungen sind bereit zur Aufnahme frischer Aussaat. Der gesammte landwirthschaftliche Betrieb ist intensiv und erfolgreich. Die Besatzung besteht aus 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 1 ECEö“ 1 farbigen Feldwebel und 60 Mann der Schutztruppe, verschiedenen Handwerkern und Aufsehern und etwa 30 Arbeitern und Weibern. Die Zeit vom 17. bis 20. diente theils der Ruhe, theils einer gründ⸗ lichen Besichtigung der Station und schriftlichen Arbeiten sowie der Festlegung eines geregelten Stations⸗Etats. Am 21. Januar brach ich dann in der Richtung zum Sanaga auf. In meiner Begleitung befanden sich Premier⸗Lieutenant von Carnap⸗Quernheimb, Lieutenant Dominik, Büchsenmacher Zimmermann, die farbigen Feldwebel Andu und Paul Zampa, 76 Mann der Truppe und etwa 100 Yaundeträger. Sämmtliche Weißen waren auf Pferden der Station beritten. Durch die Yauündestämme der Betute, Vogebela und Ntoni gelangten wir nach Ueberschreiten der Flüsse Mfule und Mfamba in das Gebiet der Benjata, eines weit nach Osten vorgeschobenen Bakokostammes, der in letzter Zeit verschiedene Reibereien und Streitigkeiten mit seinen Nachbarn gehabt. Die Leute hatten offenbar ein schlechtes Gewissen; denn die Dörfer wurden bei unserem Anmarsch verlassen. Während bis hierher der Weg mit einer breiten europäischen Landstraße jeden Vergleich aus⸗ halten konnte, war er hier zwar gut passierbar, aber doch stark ver⸗ wachsen. Wir bezogen Lager in einem von niedrigem Busch umgebenen verlassenen Dorf. Am Nachmittag kam es zwischen einigen unserer Leute und einigen Eingeborenen zu einer unerheblichen Streiterei, die weiter keine Folgen hatte. Nur Abends spät machten sich die Benjata das Vergnügen, aus unmittelbarer Nähe vier Schuß mitten in unser Lager hinein zu feuern und dann fortzulaufen. von Carnap undich saßen gerade beim Schein der Laterne vor meinem Zelt und hörten in unmittelbarer Nähe die Eisenstücke sausen. Selbstverständlich wurden die Posten verstärkt, doch ließ sich von den Eingeborenen weiter nichts sehen. Diese Benjata sind der einzige Stamm an der Straße von Kribi zum Sanaga, welche noch unbotmäßig sind; ihre Züchtigung und Unterwerfung wird von der Station Yaunde voraussichtlich ohne Schwierigkeit in nächster Zeit kewirkt werden. Am 23. erreichten wir das Batschengedorf des Häuptlings Kule und übernachteten in Ewuna, auf dem Südufer des Sanaga an den Nachtigal⸗ schnellen gelegen. Hierher schickte der befreundete Nna Tinati abermals Boten mit der Meldung, daß Ngila's Feldherr Gimene in den Mangodörfern über 40 Sklaven geraubt und seine ganze Kriegs⸗ macht um sich versammelt habe, um einen neuen großen Raubzug südlich des Sanaga zu unternehmen. Da hierdurch die der Station befreundeten Stämme und die Station selbst aufs ernsteste bedroht erschienen, war Eile geboten. Am 24. Januar überschritten wir in sechzehn Kanus, die Pferde schwimmend, den etwa 500 m kreiten Sanaga unterhalb der Nachtigalfälle, welche einen prächtigen Anblick boten. Durch hügelige Gras⸗ savanne reitend, kamen wir um 11 Uhr Vormittags in das in Bergen liegende Wutedorf Tungele, einem Sklaven Ngila's gehörig, wo wir Lager bezogen. Noch an demselben Tage marschierten von hier aus Lieutenant Dominik und Büchsenmacher Zimmermann mit einer starken Patrouille der Truppe in der Richtung auf Ngila ab, während Lieutenant von Carnap und ich mit 15 Mann uns der Erforschung der Umgebung widmeten. Lieutenant Dominik hatte den Auftrag, Ngsla vor weiterem Land⸗ friedensbruch zu warnen, ihn vor mich zu laden und, wern möglich, sich mittels eines Handstreichs seiner Person zu be⸗ mächtigen. Schon am 27. Januar hatte ich die Freude, Dominik und Zimmermann unvperletzt wiederzusehen. Die Nacht vom 24. auf den 25. hatte Dominik am Allanfluß biwakiert und dann am Nach⸗ mittag des 25. nach scharfem Marsch die Residenz des Häuptlings Ngila erreicht. Er fand dieselbe von bewaffneten Kriegern überfallt, nach deren ganzem Verhalten er nicht im Zweifel sein konnte, daß Naila feindliche Absichten gegen die Expedition im Schilee führte. Lieutenant Dominik wies daher einen in sehr ungünstiger Position ihm angebotenen Lagerplatz zurück und zog mit seiner kleinen Macht direkt 8e den Marktplatz, wo er bald von über 1000 Wutekriegern um⸗ ringt war. Als die Haltung derselben immer drohender wurde und bereits höhnische Rufe laut wurden, daß man die Weißen lebendig fangen würde, beschloß Lieutenant Dominik, den eigentlichen Angriff nicht erst abzuwarten, sondern seinerseits zum Angriff überzu⸗ gehen. Die Schutztruppe brach mit Hurrah gegen die sie umringende zwanzigfache Uebermacht vor, und es gelang ihr, den Feind aus der Start zu werfen. Bei dieser Gelegenheit wurde der arbige Feldwebel Zampa, der neben Lieutenant Dominik kämpfend einen Pfeilschuß erhielt, verwundet, jedoch machte er das Gefecht bis zum Schlus mit. Dem Häuptling Ngila gelang es leider, zu ent⸗ kommen. Die Besiegung dieses mächtigen und gefürchteten Sklaven⸗ räubers hat jedoch wesentlich zur Stärkung des Ansehens der Kaiserlichen Regierung in jener Gegend beigetragen. Am 28. ging ich mit der gesammten Expedition über den Sanaga in unser altes Lager in Ewuna zurück, nachdem Büchsenmacher Zimmermann mit 30 Mann noch zwei von Ngila in der Nähe unmittelbar am Fluß errichtete gut verschanzte Sperrforts gestürmt und zerstört hatte. Nach der erfolgten gründlichen Bestrafung Ngila's erschien es geboten, um die Früchte des Sieges auszunutzen, die beiden von Ngila stets hart bedrängten, süd⸗ lich des Sanaga ansässigen unabhängigen Wutehäuptlinge Nna Dinati und Dandugu Mango zu besuchen, wie das von jeher meine Absicht gewesen war. Die gesammte Hanssakolonie der Ngilastadt, etwa 250 Personen einschließlich Weiber und Kinder, mit allerhand Waaren, darunter 36 Elfenbeinzähnen, hatten sich unter den Schutz der Expedition gestellt und waren mit über den Sanaga gekommen in der Absicht, mit ihrer Habe zur Küste zu wandern und sich theil⸗ weise an einem geeigneten Platz daselbst niederzulassen. Da hiermit das lange erstrebte Ziel, eine direkte Handelsverbindung zwischen Süd⸗Adamaua und der Kamerunküste herzustellen, erreicht war, so wendete ich dieser Angelegenheit und dem Transport der Haussafamilie ganz besondere Sorgfalt zu.
Am 29. Januar sandte ich das Gros der Expedition unter den Herren von Tarnap und Dominik nach der PYaunde⸗Station
zurück, während ich selbst mit Büchsenmacher Zimmermann,
30 Soldaten und
Nna Dinati's marschierte, wo wir Vormittags um 11 Uhr anlangten. Der recht gute Weg führt über hügeliges Ufergelände, ab und zu pracht⸗ vollen Ausblick auf den Strom mit seinen Fällen und Schnellen bietend; weite Grasflächen wechseln ab mit Galeriewaldungen, welche die dem Sanaga von Süden zuströmenden Nebenflüffe begleiten. Die Flüsse und Bäche waren zrar reißend, aber dank der Trockenzeit ziemlich flach, sodaß wir sie ohne Schwierigkeit passierten, ja vielfach durch. reiten konnten, ohne abzusitzen. Durch endlose, sich tief ins Land bineinstreckende Durrhafelder nahten wir uns dem freundlich auf einer Anhöhe am Sanaga g Dorf, von dem uns entgegenkommenden Häuptling selbst geleitet. Ein schmaler Waldstreifen trennt den Ort vom Fluß, der dort in reißenden Kaskaden durch ein enges Felsenbett hindurchstürzt. Die Bevölkerung war mitten in der Durrhaernte; lange Reihen von Männern, Weibern und Kindern durchschnitten unter eintönigem Ge⸗ sang und Paukenschlag die Felder, die langen Durrhahalme ausreißend und in Schwaden zusammenlegend. Die kreisrunden Hütten mit spitzem Strohdach, Schild und Speer, der reichliche Anbau von Durrha, das Durrhabier, die unbedingte Autorität des Häuptlings, dem alles Eigenthum gehört — alles das zeigt, 2 hier der Bantu aufhört und ein freilich noch gemischtes, aber doch schon stark dem Sudan zuneigendes Grenzvolk an seine Stelle tritt. Während ich den nächsten Tag schriftlichen Arbeiten und Besprechungen mit den Häuptlingen widmete, schoß Zimmermann des Morgens im Sanaga einen starken Elefanten, was große Freude und Abends ein Tanffest der Eingeborenen zur Folge hatte. Am folgenden Tage marschierte ich mit meiner Kolonne nach dem sechs Stunden entfernten Dorfe des Dandugu Mango, eines Oheims des Nna Dinati. Der junge bildschöne Häuptling begrüßte mich etwa eine halbe Stunde vor seinem Dorf zu Pferde und legte mir als Willkommen einen 80 Pfund schweren Elfenbeinzahn zu Füßen. Er machte einen intelligenten, günstigen und zuverlässigen Eindruck und betheuerte wiederholt, daß er ein ergebener Diener der deutschen Regierung sei und bleiben wolle. Ich habe von diesen beiden jungen und unabhängigen Wutehäuptlingen den allerbesten Eindruck empfangen und glaube, daß sie zur Station und zur Regierung halten werden. Meine Gastfreunde waren entzückt über Ngila's Niederlage und haben die feste Absicht, die Wege von Yauünde nach Adamaua offen zu halten bezw. zu öffnen. In Mango traf ich zwei Fullahhändler, welche dort bereits seit mehreren Monaten Handel treiben und in Tibati, Ngundere, Kunde und Gasa gewesen waren. Die Versuchung war für mich groß, von dem östlichen Sanagabogen, wo ich mich befand, quer durchs Land nach Gasa zu gehen und so endlich einen in Kolonialkreisen und von mir selbst lang gehegten Wunsch zu erfüllen, diese wichtige Strecke deutschen Gebiets persönlich zu erforschen. Die Gründe, welche mich schließlich bewogen, meine Absicht aufzugeben. waren indessen zwingend: ich hätte die Dauer der Reise verlängert und glaubte, mich eine der⸗ artig lange Periode nicht vom Sitz der Regierung entfernen zu sollen, während meine baldige Anwesenheit besonders im Victoriabezirk der neuen Plantagenunternehmungen halber nothwendig erschien. Auch wären die Kesten der Reise nicht unerheblich vermehrt worden. So bleibt denn die Erforschung dieses noch völlig unbekannten Gebiets dem Stations.Chef von YPauünde vorbehalten. Am 1. Februar machte ich mit wenigen Begleitern einen Jagdausflug auf das nördliche Sanagaufer. Unterwegs durchschritten wir die im Fluß liegende sehr große Insel, auf der früher die Mangostadt gelegen hat. Noch sieht man Haus⸗ fundamente und Feuerstellen, vor allem aber den mächtigen Wall⸗ graben mit Wall und thurmartigen Befestigungen, welche die Ein⸗ wohner gegen Ngila's Raubzüge schützen sollten Der Fluß wimmelt von Flußpferden und Wasservögeln; auf der Insel trafen wir einen Flug von etwa 40 Perlhühnern, in den Galeriewäldern hausen zahl⸗ reiche Elefanten, und die weite Grassavanne am jenseitigen Ufer ist belebt von zahlreichen Büffel⸗ und Antilopenherden. Es sind weitaus die ergiebigsten Jagdgründe, die mir bis jetzt in Afrika vorgekommen sind. Am 2. zog ich in langem Palaver Erkuͤndigungen über den mö lichen Weitermarsch nach Osten ein. Dandugu erklärte, er könne mich noch bis Dabene, der östlichsten Wutestadt, führen; von dort fehle den Wute jede weitere Verbindung nach Osten; jedenfalls müsse man über Naulebijoa, ein großes Mwelledorf, dessen lang dahingestreckte be⸗ waldete Hügel man von Mango aus am Horizont liegen sieht. Von Gasa selbst wußten die Wute nichts. Nachdem Dandugu mir zum Abschied noch fünf stattliche Elfenbeinzähne geschenkt, trat ich den Rückmarsch an und besuchte unterwegs noch das in sehr hübscher Lage, festungsähnlich auf einem Hügel dicht am Sanagaufer neu erbaute Dorf des Häuptlings Wemba, eines Bruders Dandugu's. Am 3. und 4. abermaliger Aufenthalt bei Nna Dinati; letzterer führte uns mit seinem Volk sehr interessante Kampf⸗ spiele vor, bei welchen besonders die freien Wute mit Büffelschild und Speeren eine Rolle spielten, während unsererseits ein Gefechtsexerzieren gezeist wurde. Hier hatten wir den ersten Tornado. Amb. marschierte ich über Kuli, durch die Benjatu, über Elandi nach der Yaundestation, die am 7. erreicht wurde. Am 8. und 9. wurden die Vorbereitungen zum Rücdkmarsch getroffen: Koffer gepackt, Lasten vertheilt, das erbeutete und geschenkte Elfenbein gewogen, die Uebergabe der Station an Lieutenant von Carnap⸗Quernheimb bewirkt, die Ablösung geregelt, Träger gemustert und dergleichen. Die Firma Karl Maas aus Krihi hatte inzwischen einen europäischen Agenten, Herrn Wilke, nach Yaunde entsandt, um in der Nähe der Station eine Faktorei anzulegen. Viele Hunderte von Yaundeleuten befanden sich auf dem Wege zur Küste mit Elfenbein und Gummi, um dort selbst Waaren einzuhandeln, so⸗ daß wir Träger von weiterliegenden Stämmen, Bati, Bane und Jambassa, mußten. So brach ich denn am 10. Februar mit Lieutenant Dominik, Büchsenmacher Zimmermann und der ab⸗ gelösten Mannschaft der Truppe auf und erreichte auf demselben ö Zwischenfall am 24. Kribi, von wo uns am 26. „Nachtigal“ abholte.
In Kamerun traf ich am 27. früh ein. Das mitgebrachte Elfen⸗ bein (19 Zähne) habe ich verkaufen lassen, wodurch die Kosten der Expedition erheblich vermindert sind. Die mitgenommenen Haussa⸗ haͤndler habe ich auf ihre Bitten zunächst nach Kamerun überführt, wo sie sich in einem eigenen Dorf niederlassen. Der direkte Handelsweg von Süd⸗Adamaua nach Kamerun ist damit eroͤffnet 8
1“ Großbritannien und Irland.
In der Zeit vom 18. bis zum 21. d. M. wird das Ein⸗ treffen folgender Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in London crwartet: der Kaiserin Friedrich, der Erbprinzessin und der Prinzessin Feodora von Sachsen⸗Meiningen, des Prinzen und der Prinzessin 81 von Preußen, des Prinzen und der Prinzessin Adolf zu Schaumburg⸗Lippe, des Prmnten und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, des Großfürsten und der Großfürstin Sergius, des Großfürsten Cyril Wladimirowitsch, des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este, des Prinzen Albrecht von Preußen, des Prinzen Rupprecht von Bayern, des erzogs Albrecht von Wuürttemberg, des Herzogs von Oporto, des Prinzen und der Prinzessin von Neapel, des Herzogs und der erzogin von Sparta, des Erbprinzen von Montenegro, des rinzen Friedrich August von Sachsen, des Kronprinzen von Däne⸗ mark (oder seines ältesten Sohnes, des Prinzen Christian, des Prinzen Karl von Schweden und Norwegen, des Erbgroßherzogs von Luxemburg, des Großher 8 und der Großherzogin von Hessen, des Prinzen Mar von Baden, der eginzessin Victoria von Battenberg, des Prinzen und der Prinzessin Philipp von Sachsen⸗Coburg, sowie des Erbprinzen und der Erbprinzessin zu Hohenlohe⸗ Langenburg.
rägern am Sanaga⸗lfer entlang zu dem Dorf
Gezweig.
Als der Lloyddampfer „Lahn“ mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich von Preußen an Bord estern auf der Höhe von Calshot angekommen war, begab sich Eeine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von dem Kreuzer König Wilhelm“ an Bord der „Lahn“. Nach der Landung im Hafen von Southampton reisten der Prinz und die Prinzessin nach London ab. Der deutsche Konsul in Southampton war zum Empfang am Landungsplatz erschienen. In London, wo die Ankunft gestern Abend erfolgte, wurden Ihre König⸗ lichen Hoheiten am Bahnhof von dem zum Ehrendienst be⸗ fohlenen Admiral Sir E. Commerell und, in Vertretung des deutschen Botschafters, von dem Botschafts⸗Sekretär Grafen Her⸗ mann von Hatzfeldt empfangen. Ihre Königlichen Hoheiten wurden von der zahlreichen Menschenmenge lebhaft begrüßt und begaben sich zu Wagen nach dem Bu ingham⸗Palast.
Italien.
Der König von Siam ist gestern Abend von Florenz nach Ischl abgereist.
Die Deputirtenkammer hat gestern die Berathung des Budgets des Ministeriums des Innern begonnen.
Schweiz.
Die Kommission des Ständeraths für die Vorberathung der Vorlage, betreffend den Rückkauf der Eisenbahnen, ist, wie die „Schweizer Telegraphen⸗Agentur“ meldet, prinzipiell mit der Aufnahme einer Bestimmung in das Rückkaufsgesetz einverstanden, welche die Ausführung des Simplondurch⸗ stichs sichert. Bezüglich der Form, in welcher dies ge⸗ schehen soll, bestehen noch Meinungsverschiedenheiten. — Im Ständerath wurde von ultramontaner Seite der Antrag gestellt, in die Berathung der Vorlage nicht einzutreten. Von Genfer radikaler Seite wurde beantragt, der Bundesrath solle sich mit den Bahnen auf gütlichem Wege über den für die Aktien zu zahlenden Preis verständigen. Der Antrag wurde damit motiviert, daß die Vorlage nicht der Gerechtig⸗ keit entspreche und die Werthe der Bahnen zu niedrig schätze.
Belgien.
Der König wird sich, dem „W. T. B.“ zufolge, in der nächsten Woche von Ostende zu Wasser nach Kiel begeben, um den dortigen Regatten beizuwohnen.
Türkei.
Die Botschafter in Konstantinopel setzen, wie die „Agence Havas“ meldet, ihre Besprechungen über die Fest⸗ setzung der Friedensbedingungen fort. Die Verhandlungen betreffen die Berichtigung der thessalischen Grenze, die Kriegs⸗ entschädigung und die Frage der Kapitulationen. Neben diesen Konferenzen treten drei technische Kommissionen regelmäßig zusammen und werden von den Botschaftern über die jeweilig zur Berathung stehende Frage zu Rathe gezogen.
Nach einer Meldung aus Lamia schoben die Türken am Dienstag Abend im Othrysgebirge Geschütze über die neutrale Zone vor und verdeckten dieselben durch Blenden aus Türkische Artillerie besetzte das niedergebrannte Kloster Anaselitza. Eine türkische Aufklärungs⸗Abtheilun wurde vorgestern bei Einbruch der Nacht im Dorfe Vryssi
beobachtet. Schweden und Norwegen.
Das Storthing hat, wie „W. T. B.“ aus Christiania meldet, gestern einstimmig die von der Kommission am 29. v. M. vorgeschlagene Adresse an den König angenommen, worin Allerhöchstderselbe wird, Schritte zur Errichtung eines Schiedsgerichts für die Beilegung von etwaigen Kon⸗ flikten Norwegens mit fremden Mächten zu thun.
Amerika.
Der Vertraog, betreffend die Annexion Hawaiis durch die Vereinigten Staaten, ist, wie „W. I eges meldet, gestern Vormittag in Washington durch die Vertreter der beiden Staaten unterzeichnet worden. Der Vertrag sowie die Botschaft des Präsidenten Me Kinley wurden gestern Abend dem Senat vorgelegt. Die Inseln sind bedingungslos an die Vereinigten Staaten übergegangen, und es bleibt den letzteren über⸗ lassen, die Verwaltung nach ihrer eigenen Weise einzurichten. Eine Kommission, bestehend aus drei Vertretern der Ver⸗ einigten Staaten und zwei Vertretern von Hawaii, vom Prä⸗ sidenten ernannt und vom Senat bestätigt, wird den Modus
der Regierung bestimmen. Die Botschaft des Präsidenten weist
zunächst darauf hin, wie die Vereinigten Staaten und Hawaii von Jahr zu Jahr enger mit einander verwachsen seien, und führt 8 aus, daß es sich nicht um eine wirkliche Annexion handle, ondern um eine Weiterführung der bestehenden Verbindung unter festerem Zusammenschluß zwischen zwei Völkern, die eng ver⸗ knüpft seien durch Bande des Blutes und der Freundschaft. Zur Zeit des Vertragsabschlusses über Samoa hätten England und Deutschland beabsichtigt, auch Hawaii der Gruppe anzuschließen, welche unter das Protektorat gestellt worden sei. Die Vereinigten Staaten hätten sich jedoch der Absicht widersetzt, da ihrer Ansicht nach bereits Verbindungen zwischen ihnen und Hawaii bestanden hätten, welche das letztere unter den besonderen Schutz der Vereinigten Staaten stellten, und sie nicht zugeben könnten, daß ein anderes Land sich in die Annexion einmische. Indem sie die Inseln zu einem Theile der Vereinigten Staaten machten, hätten sie in Uebereinstimmung mit ihrer längst feststehenden Politik gehandelt. Der Vertreter Japans in Washington hat gestern ein Schreiben überreicht, welches sich gegen die Annexion Hawaiis durch die Vereinigten Staaten richtet, weil dieselbe eine Verletzung des bestehenden Vertrages zwischen Japan und Hawaii herbei⸗ führen könne. Auf der japanischen Gesandtschaft hat man, wie „W. T. B.“ weiter meldet, das Vorgehen des japanischen Ge⸗ sandten nicht als formellen Protest, sondern als ein Er⸗ suchen um amtliche Auskunft aufgefaßt. Zweifellos jedoch werde Japan, sobald es von der Unterzeichnung des Vertrages unter⸗ richtet sei, die Vereinigten Staaten davon in Kenntniß setzen, daß es die Anerkennung aller seiner Rechte und Privilegien aus seinem bestehenden Vertrage mit Hawaii erwarte und kordere. Außerdem sei Japan überzeugt, daß nach seinem Vertrage mit den Vereinigten Staaten, der im Jahre 1899 in Kroh trete, die Japaner nicht von Hawaii ausgeschlossen werden könnten, wie die Chinesen unter der amerikanischen Ausschließungs⸗Akte. „Der Senat hat gestern die Berathung des Zolltarifs für landwirthschaftliche Produkte zu Ende geführt. Afrika. Der Volksraad des Oranje⸗Freistaats hat gestern im Prinzip die engere Vereinigung mit Transvaal genehmigt und ist in die Berathung des Protokolls darüber eingetreten. 8 1
38. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Cassel.*)
Cassel, 16. Juni. In der heutigen Sitzung hielt Ingenieur Diesel aus München einen Vortrag über seinen rationellen Wärme⸗ motor. Die Ausführungen des Erfinders wurden durch ofessor Schröter aus München erläutert, der an der Hand eines reichhaltigen Materials über die mit dem neuen Motor erzielten Versuchsergebnisse berichtete. Er schloß mit der Bemerkung: es sei außer Zweifel, daß der heutigen Versammlung, in welcher der neue Wärmemotor zum ersten Mal einem größeren Kreise sachverständiger Seeen vor⸗ geführt werde, eine Bedeutung für die weitere ntwickelung der Wärmemotoren zukomme. Ebenso hege er das feste Vertrauen, daß mit dem neuen Motor noch glänzendere Ergebnisse als bisher erzielt werden würden.
Alsdann schloß Kommerzien⸗Rath Kuhn⸗Stuttgart die Haupt⸗ versammlung mit dem Ausdruck des Dankes an alle diejenigen, die sich für deren Gelingen bemüht haben, insonderheit an die Vertreter der Staats⸗ und der städtischen Behörden sowie von Handel und Gewerbe, die Verwaltungen der preußischen Staatsbahnen und der Casseler Straßenbahnen, die Fabriken, welche sich zur Besichtigung ge⸗ öffnet hatten, die Loge zur Eintracht und Standhaftigkeit, die gast⸗ lichen Einwohner Cassels und endlich an den hessischen Bezirksverein und seinen Festausschuß.
Nr. 24 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 16. Juni hat folgenden Inhalt: Personal⸗ Nachricht. — Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Fürsehse Maßregeln gegen Pest. — Desgl. gegen Gelbfieber. —
esgl. gegen Pocken. — Gesetzgebung u. s. w. (Preußen. Reg.⸗Bez. Oppeln.) Schlachtviehuntersuchung. — (Erfurt.) Lungenschwindsucht. — (Reg.⸗Bez. Aachen.) Ansteckende Krankheiten. — (Oesterreich.) Somatologie und Schulhygiene an den Lehrer⸗Bildungsanstalten. — (Vereinigte Staaten von Amerika.) Viehquarantäne. — (Kanada.) Desgl. — Gang der Thierseuchen in der Schweiz, 1. Vierteljahr. — Desgl. in Dänemark. — Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Baden.) — Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. 8 8
Arbeiterbewegung.
„Aus Waldenburg wird dem „Vorwärts“ gemeldet: Die Ab⸗ theilungen der unter Tage beschäftigten Bergleute der bei Gottes⸗ berg gelegenen schlesischen Kohlen⸗ und Kokeswerke, die einer Wiener Aktiengesellschaft gehören, haben durch ihre Vertrauensmänner bei der Gruben⸗Direktion die Forderung auf Einrichtung der achtstündigen Schicht einschließlich der Ein⸗ und Ausfahrt und Gewährung einer 15 prozentigen Lohnerhöhung gestellt.
Ueber den Ausstand der Maurer Berlins (vgl. Nr. 138 d. Bl.) machte der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge die Lohnkommission in einer am Dienstag stattgehabten öffentlichen Versammlung folgende Angaben: „Zur Zeit arbeiten 3229 Maurer zu den geforderten Bedingungen — Neunstundentag und 60 ₰ Minimalstundenlohn —, 1080 Mann begnügen sich mit dem 55 ₰⸗Stundenlohn, 2044 Mann feiern, eine Anzahl von Ausständigen hat außerhalb Berlins Arbeit erhalten. Während in der Umgebung Berlins die Arbeitgeber zum großen Theil nachgegeben haben, verhalten sich die Meister im Zentrum mehr ab⸗ lehnend, es werden daher im Laufe des heutigen Tages hier weitere Arbeitsniederlegungen stattfinden. Am Königlichen Marstallgebäude ist am Dienstag die Arbeit niedergelegt worden. Etwa sieben 1.““ haben auf einzelnen Bauten die Forderungen be⸗ willigt.“
Dem „Leipziger Tageblatt“ zufolge ist gestern in Leipzig ein allgemeiner Ausstand der Maurer ausgebrochen, an dem nach den bisherigen Feststellungen etwa 2000 Mann betheiligt sind. Sie ver⸗ langen einen Stundenlohn von 55 ₰ bei neunstündiger Arbeitszeit. Die Arbeitgeber wollen nur 48 ₰ bei einer zehnstündigen Arbeitszeit bewilligen.
In Crimmitschau hat, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, eine Textil⸗ arbeiterversammlung beschlossen, die Weber und Weberinnen der Buckskinfabrik von Otto Selbmann, welche die Arbeit gekündigt haben (vol. Nr. 135 d. Bl.), für die Zeit der voraussichtlichen Arbeitssperre zu unterstützen.
Am 4., 5. und 6. Juli wird in Hamburg die Generalver⸗ sammlung des Verbandes der Hafenarbeiter Deutsch⸗ lands abgehalten. Es sind, wie der „Vorwärts“ mittheilt, Dele⸗ girte aus allen Gegenden Deutschlands, insbesondere aus dem Ostsee⸗, dem Oder⸗, Oberelbe⸗ und Rheingebiet angemeldet.
Der Ausstand der Grubenarbeiter in La Grand' Combe (vgl. Nr. 130 d. Bl.) ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern beendet. 1730 Arbeiter fuhren in die Gruben ein.
Kunst und Wissenschaft.
UHeber vorgeschichtliche Funde in der Provinz Schlesien berichtet die „Schlesische Ztg.“ aus Breslau vom 14. d. M.: Während dieses Frühjahrs sind an verschiedenen Stellen de Peghans bemerkenswerthe Funde gemacht und in die Sammlung des Museums schlesischer Alterthümer aufgenommen worden. So wurde bei den Erd⸗ arbeiten zur Anlage der Haltestelle Weidenhofeinausgedehntes Gräber⸗ feld aufgedeckt, wobei insgesammt 200 Gräber mit über 800 Thon⸗ gefäßen, 145 Bronzegegenständen und 11 Eisengeräthen zu Tage kamen. Da sich der Magistrat der Eisenbahnverwaltung gegenüber das Recht auf etwaige Funde ausdrücklich vorbehalten hatte, konnte alles dem Museum einverleibt werden. Die Weidenhofer Funde gleichen durchaus denen, die beim Bau der Umgehungsbahn in Woischwitz und Groß⸗Tschansch sowie in Dyhernfurth ge⸗ macht worden sind. Sie zeigen die vorgeschichtliche Keramik Schlesiens auf dem Höbhepunkt ihrer Entwickelung, reich an mannig⸗ fachen und geschmackvollen Formen und ausgestattet mit technischen Kunstfertigkeiten zur Ausschmückung der Gefäße, die nach kurzer Blüthe in Vergessenheit gerathen sind. Mit Hilfe der ver⸗ einzelt vorkommenden Importwaaren läßt sich die Entstehungs⸗ zeit dieser Art von Gräberfeldern mit annähernder Sicherheit Öum die Mitte des ersten Jahrtausends vor Christo an⸗ setzen. Demselben Kulturkreise gehört auch der Urnenfriedhof von Garlsruh bei Steinau an, dessen Ausschachtung schon seit einer Reihe von Jahren wissenschaftlich werthvolle Funde ergeben hat. Im April d. J. haben daselbst unter sachverständiger Leitung neuerdings Ausgrabungen stattgefunden. Die hierbei gehobenen Thongefäße und Beigaben, darunter namentlich einige hervorragend schöne Exemplare von bemalten Vasen, überließ der Besitzer von Carlsruh, Herr Jeltsch, wie in den früberen Fällen, bereitwillig dem Museum und fügte noch einige interessante Stücke aus seiner Privatsammlung hinzu. Endlich ist noch ein drittes Gräberfeld auf dem durch Blücher's Grabmal bekannten Gute Krieblowitz bei Kanth entdeckt und seitens des Museums untersucht worden. Im Gegen⸗ satz zu den vorber genannten sind hier die Gefäße schmucklos und die Bei⸗ gaben äußerst spärlich, trotzdem die Zeit ungefähr dieselbe ist. Von stein⸗ zeitlichen Fundstücken schenkte Rittergutsbesitzer Pohl in Sackerau, Kreis Ohlau, zwei von dort stammende prächtige Feuersteinmesser von 21 cm Länge und 3,5 cm Breite. Feuersteinwerkzeuge von dieser Größe sind bisher in Schlesien noch nie worden, was damit zusammenhängt, daß diese Gesteinsart sich nur im erdfeuchten Zu⸗
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S. die Nrn. 138 und 139 d. Bl.
stande zu größeren Stücken verarbeiten läßt, in Schlesien aber nur. als Geschiebe vorkommt. Man wird daher nicht fehlgehen, wenn man die beiden Sackerauer Messer als Importwaare aus dem Norden ansieht. — 3
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Rumänien.
Ueber den Saatenstand in Rumänien erhalten wir aus Galatz folgende Nachrichten: Die überreichlichen, stellenweise wolkenbruch⸗ artigen Niederschläge der letzten Zeit, welche bis zum 5. Juni ange⸗ halten haben, und die dadurch verursachten vielen Ueberschwemmungen scheinen nach den jetzt aus allen Gegenden des Landes ein⸗ laufenden Nachrichten den Saaten größeren Schaden zugefügt zu haben, als man noch vor Wochenfrist anzunehmen geneigt war. Man spricht jetzt von einem namhaften Ernteausfall und schäͤtzt die Verluste bis auf nahezu ein Fünftel eines guten Jahresertrags. Das Ge⸗ treide hat sich an vielen Orten gelegt und ist infolge des Ueber⸗ -2 der Feuchtigkeit dem Verderben ausgesetzt. Der Regen hat sich mehr oder weniger auf das ganze Land erstreckt. In den meisten Thälern sind die Flüsse (besonders der Pruth und Sere) und die Bäche aus⸗ getreten und haben großen Schaden angerichtet; die ausgedehnten Donau⸗ niederungen der Walachei sind sämmtlich überschwemmt. Die Rapsernte ist größtentheils schon jetzt als verloren zu betrachten. Der Mais ist in der Entwickelung sehr zurückgeblieben, dürfte sich aber eher als Weizen erholen.
Die Heuernte verspricht, soweit es sich nicht um überschwemmtes Gebiet handelt, vorzügliche Erträge. Seit dem 5. Juni scheint endlich trockenes Wetter überall eingesetzt zu haben. Hält dasselbe an, so bea. sehr vieler, jetzt noch drohender Schaden abgewendet werden
unen.
Etwas weniger ungünstig als vorstehende Mittheilungen sprechen sich über die Folgen des zu reichlichen Regens Nachrichten aus, die uns aus Zas zugehen. Darin heißt es: Infolge des bis gegen Ende v. M. anhaltenden, mit häufigen Regengüssen abwechselnden warmen Wetters hat sich der Winterweizen noch bedeutend gebessert; auch die Frühjahrsbestellung von Gerste und Hafer wurde ohne be⸗ sondere Störung vollendet; beide Getreidearten stehen sehr schön. Dagegen ist der Anbau von Mais durch den Regen stark beeinträchtigt. Die am Ende des Monats häufiger und heftiger auftretenden Ge⸗ witterregen würden bei längerer Dauer besonders dem Mais nach⸗ theilig werden können.
Saatenstand in Nord⸗Bulgarien.
1“ eg. Feuchtigkeit während des vergangenen Monats und die dadurch verursachten Ueberschwemmungen scheinen die Saaten nicht — gefährdet zu haben, da das Wasser von den Aeckern selbst mehr oder weniger rasch abgeflossen ist. Nur die ganz tief in den Flußthälern und an der zur Zeit ungemein hochgehenden Donau be⸗ legenen Felder, welche aber vornehmlich zum Gemüsebau und als Weiden benutzt werden, stehen unter Wasser.
Das Getreide ist aller Orten sehr in den Halm geschossen und hat sich zum theil auch gelegt, sodaß Brand⸗ und Rostschäden wohl nicht ganz ausbleiben werden. Doch glaubt man, wenn die Regen nach⸗ lassen — was seit Anfang d. M. der Fall ist —, in Nord⸗Bulgarien immer noch auf eine gute Ernte in Weizen, Roggen und Gerste rechnen zu können.
Stark im Rückstande ist nur der Maisanbau geblieben, und es wird nicht möglich sein, das Versäumte voll nachzuholen. Für Plevna berechnet man z. B. den Ausfall auf 60 %
Wenig ausgiebig dürfte auch die Weinernte werden. Die über Winter eingegrabenen Reben sind im Verhältniß zur milden Witte⸗ rung nicht zeitig genug aufgebunden worden und hatten begonnen, noch unter der Erddecke auszuschlagen. Diese ersten Triebe sind ein⸗ gegangen oder abgefault. Es haben sich zwar reichlich neue Schöß⸗ linge gebildet, doch fehlt es ihnen an Blüthenansätzen, und wo solche vorhanden waren, hat der Regen das Ausblühen sehr gestört. Es wird heuer somit viel Laub, aber wenig Wein geben. .
Das Weideland steht vorzüglich, und das Aussehen und Wohl⸗ befinden der Herden ist das denkbar beste.
Saatenstand in Schweden.
„Ddie Aussichten für die diesjährige Ernte in Schweden 19 auch im vergangenen Monat gute geblieben. Die Bestellung der Sommer⸗ saat ist, von passendem Wetter begünstigt, vor sich gegangen und nun⸗ mehr überall beendet. Die Saaten zeigen ein gleichmäßiges und üppiges Aussehen.
Was das Winterkorn anbetrifft, so lauten die Berichte aus dem panten Lande übereinstimmend günstig. Auch Futterpflanzen und
artoffeln stehen befriedigend.
Die Witterung war im Anfang des Monats Mai kühl, sodann trat wärmeres Wetter ein. Im Ganzen genügende Niederschläge und Ausbleiben von Nachtfrösten trugen das ihrige zu einer kräftigen Vegetation bei.
Im allgemeinen ist der Stand der Saaten so weit vorgeschritten, wie es sonst um diese Jahreszeit selten der Fall ist.
““ Manitoba, 17. Juni. (W. T. B.) Die ganze mit Getreide bestellte Fläche betrug 2 000 000 Acres; davon waren mit Weizen 1 290 882 und mit Hafer 468 141 Acres bestellt. Die bestellte Fläche weist eine Zunahme von 30 % auf.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundeitsamts Nr. 24 vom 16. Juni.
Cholera.
Britisch⸗Ostindien. Kalkutta. Vom 2. bis 8. Mai starben 70 Personen an Cholera, 15 an Pocken und 202 an
Fiebern. 8 Verschiedene Krankheiten.
Pocken: St. Petersburg 4 Todesfälle; Buͤdapest 2, St. Petersburg 8 Erkrankungen; Flecktyphus: Warschau 2 Todesfälle; St. Peters⸗ burg 2 Erkrankungen; Genickstarre: New⸗York 8 Todesfälle; Genickstarre: New⸗York 8 Todesfälle; Berlin und Wien je 2 Er⸗ krankungen; Influenza: London 14, New⸗York 5, St. Petersburg 4 Todesfälle; Kopenhagen 18, Stockholm 14 Erkrankungen; Milz⸗ brand: Moskau 2 Todesfälle. — Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Fürth und Hagen — Erkrankungen wurden angemeldet in Berlin 90, Breslau 46, in den vxö Hannover 127, Königsberg 159, Posen 101, Wiesbaden 189, in München 145, Hamburg 30, Budapest 256, Edin⸗ burg 334, St. Petersburg 275, Prag 29, Stockholm 24, Wien 685 — an Scharlach (1881/90: 1,39 %): in Gera — Erkrankungen kamen zur Anzeige in Berlin 33, Budapest 34, Edinburg 76, London (Krankenhäuser) 274, St. Petersburg 80, Stockholm 28, Wien 68 — desgl. an Diphtberie und Croup in Berlin 63, Kopen⸗ hagen 25, London (Krankenhäuser) 127, St. Petersburg 146, Wien 50 — desgl. an Unterleibstyphus in St. Petersburg 85.
Verdingungen im Auslande.
6“ Großbritannische Besitzungen.
28. Juli, 3 Uhr. Adelalde. (Süd⸗Australien), Supply and Tender Board Offlce: Lieferung von 2100 messingnen Röhren für Lokomotivenkessel, 6000 biegsamen bronzenen Stützen für Feuerherde und 12 bronzenen Stäben. Kaution 5 %. Näheres bei obiger Be⸗ hörde oder dem General⸗Agent der Kolonie in London. Lastenheft zu 3 Schilling für jeden Posten in der Locomotive Engineers Office zu Islington, London. 8