1897 / 146 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Jun 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundeitsamts“ 8 vom 23. Juni.

Pest. ö“ vom 11. Juni zufolge ist die Seuche in Djeddah ausgebrochen.

T d Ostindien. Einer Mittheilung vom 19. Mai zu⸗ folge sind in Bulsar insgesammt 895 Erkrankungen (697 Todesfälle) festgestellt worden, in Kurla 460 (360), in Bhiwedi 498 (432), in Bassein 460 (360), in Rewdanda 374 (360), in Mandwi 2665 (2413). Man nimmt an, daß in mehreren Städten der zehnte Theil der orts⸗ anwesenden Bevölkerung der Seuche zum Opfer gefallen ist. Die Gesammtzahl der in Bombay von Pest betroffenen Europäer wird

auf etwa 50 geschätzt. China.

Einer Mittheilung aus Hongkong vom 3. Mai zufolge soll die Seuche in 2, etwa eine Tagereise von Kanton entfernten Ortschaften aufgetreten sein. In der portugiesischen Kolonie Makao sollen täglich

2 bis 3 Fälle vorkommen. Cholera.

Egypten. In dem Darminhalt eines am 25. Mai im Quarantänelager El⸗Tor verstorbenen türkischen Pilgers, welcher am 23. Mai mit dem Schiff „Colina“ von Djeddah eingetroffen war, sind Cholera⸗Vibrionen gefunden worden. Ueber die Herkunft des Cholerafalls ist nichts Näheres ermittelt. Nach einer anderen Mit⸗ theilung vom 6. Juni sollen bei 11 mit 4 verschiedenen Schiffen an⸗ gelangten Pilgern Cholera⸗Vibrionen nachgewiesen worden sein.

Hritis „Ostindien. Kalkutta. Vom 9. bis 15. Mai starben 69 Personen an Cholera, 4 an Pocken und 163 an Fiebern.

Niederländisch⸗Indien. Laut Bekanntmachung vom 7. Mai sind die Häfen Pillauw und Koelor auf den Inseln Haroekoe und Saparoea in der Residentschaft Amboina durch die Cholera verseucht.

Public health t

n Rio de Janeiro wurden, nach den „Public health reports“, in beiden Wochen vom 11. bis 24. April 12 bezw 7 Todesfälle festgestellt, ferner auf Cuba in Havanna vom 14. bis 20. Mai bei 60 Neuerkrankungen 16, davon 15 im Militär⸗Hosvpital, vom 9. bis 15. Mai in Cardenas5 und in Sagua la Grande 24 Neuerkrankungen ohne Todesfall, vom 6. bis 12. Mai in Matanzas 2 Todesfälle.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Odessa und St. Petersburg je 2, Warschau 4 Todes⸗ fälle; Budapest 2, Paris 11, St. Petersburg 14 Erkrankungen; Flecktyphus: Moskau und Warschau je 2 Todesfälle; Rückfall⸗ fieber: Moskau 4 Todesfälle; Genickstarre: Reg.⸗Bez. Arns⸗ berg 3, New⸗York 8 Todesfälle; Berlin 2 Erkrankungen; Influenza: London 9, New⸗York und Paris je 2 Todesfälle; Keuchhusten: London 36 Todesfälle; Wien 44 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starben an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Bochum und Edinburg Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 89, Breslau 88, in den Regierungsbezirken Arnsberg 274, Königs⸗ berg 122, Lüneburg 150, Posen 132, Wiesbaden 156, in München 113, Budapest 210, Edinburg 277, St. Petersburg 274, Prag 35, Wien 660 an Scharlach (1881/90: 1,39 %): in Krefeld Erkrankungen kamen vor in Berlin 27, Breslau, München je 19, Budapest 28, Edinburg 80, London (Krankenhäuser) 255, Paris 38, St. Peters⸗ burg 75, Wien 65 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 55, im Regierungsbezirk Arnsberg 118, in München 43, Kopenhagen N, London (Krankenhäuser) 121, Paris 51, St. Petersburg 148, Wien 57. desgl. an Unterleibstyphus in St. Petersburg 108

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 24. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. D. „Saale“, v. New⸗York kommend, ist 22. Juni in Plymouth angek. und hat die Reise nach Bremen fortges. „Trave“ ist 22. Juni v. New⸗York via Plymouth n. d. Weser abgeg. „Havel“ hat 22. Juni die Reise v. Southampten n. ew⸗Vork fortges. „Prinz Heinrich', v. Ost⸗Asien kommend, ist 23. Juni in Neapel angek. „Bonn“, v. Baltimore kommend, ist 23. Juni a. d. Weser angekommen.

1 Hamburg, 24. Juni. (W. T. B.) Ham burg⸗Amerika⸗ Linie. D. Patria“, von New⸗York kommend, ist heute in Curxrhaven eingetroffen. b

EE“ 24. Juni. (W. T. B.) Holland „Amerika⸗ Linie. D. „Edam“ ist am Dienstag Vormittag von New⸗ York abgegangen. D. „Veendam“ ist gestern Nachmittag in Rotterdam angekommen. 1

Theater und Musik.

Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater geht morgen zum 3. Male Giacomo Puccini's Oper „Die Bohome“ unter Mitwirkung der Damen Herzog, Dietrich, der Herren Naval, Hoffmann, Bachmann, Krasa, Mödlinger, Alma und Schmidt in Scene. Im Garten findet von Nachmittags 6 Uhr ab großes Militärkonzert, ausgeführt vom Musikkorps des 1. Garde⸗Regiments z. F. unter Leitung des Königlichen Musikdirigenten Herrn Graf, statt.

t vom 24. Juni. Morgens.

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092 12908. rS83 2.

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Im Schiller⸗Theater kommt in der letzten Sonntags⸗

V Vorstellung vor den Ferien Kretzer's Volksstück „Der Millionenbauer“

zum letzten Male zur Aufführung. Morgen geht nach längerer Pause der Moser⸗Girndt'sche Schwank „Mit Vergnügen“ in Scene.

Mannigfaltiges.

Die Militär⸗Telegraphen⸗Schule ist von der Sommer⸗ Uebung in die Garnison zurückgekehrt.

Die von dem Zentral⸗Comité der deutschen Vereine vom Rothen Kreuz nach dem griechischen Kriegsschauplatz unter der Leitung des Ober⸗Stabsarztes Dr. Korsch und des Stabs⸗ arztes Dr. Velde entsandte Abordnung ist nach Abschluß ihrer Thätig⸗ keit hierher zurückgekehrt. Dieselbe wurde vorgestern Abend bei ihrer Ankunft von dem Vorsitzenden des Zentral⸗Comités, Kammerherrn B. von dem Knesebeck, auf dem Anhalter Bahnhofe begrüßt.

Der Verkehr in der städtischen Sparkasse ist auch in dem Vierteljahr Januar/ März d. J. ein überaus reger gewesen. Es wurden eingezahlt 12 487 750,29 ℳ, zurückgezahlt aber nur 8 342 754,69 ℳ; demnach betrug die Mehreinnahme 4 144 995,60 ℳ, wodurch sich die Forderung der Interessenten inkl. der den einzelnen Konten am 1. April d. J. zugeschriebenen Zinsen im Betrage von 5 225 983,94 auf 194 871 293,24 erhöhte. Ende März 1896 betrug die Forderung der Interessenten 178 660 665,83 ℳ, dieselbe hat sich also in dem Verwaltungsjahre 1896/97 um 16 210 627,41 vermehrt. Das Gesammtvermögen der Sparkasse belief sich am 31. März d. J. auf 209 701 631,82

23. Juni. Die Jahresversammlung des brandenburgischen Hauptvereins der Gustav Adolf⸗ Stiftung beschloß, dem „W. T. B.“ zufolge, ihre diesmalige große Liebesgabe der Gemeinde Königszelt in Schlesien zuzuwenden.

Brunsbüttelkoog, 23. Juni. Heute Nachmittag fand die feierliche Eröffnung des neuen Handelshafens der Bruns⸗ bütteler Land⸗ und Ziegelei⸗Gesellschaft in Brunsbüttel⸗ koog durch den Präsidenten des Kaiserlichen Kanalamts Löwe statt. Nach der Eröffnungsrede des Präsidenten Löwe verbreitete sich, wie „W. T. B.“ berichtet, Direktor Walter Bichel über den Zweck des neuen Hafens und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser. Hierauf fand ein Festmahl zu 56 Gedecken statt; bei demselben brachte namens des Aufsichtsraths dessen Mitglied Lewandowski auf das Kanalamt und den Präsidenten Löwe einen Trinkspruch aus, welchen der Letztere mit einem Hoch auf die Gesellschaft erwiderte. Dem Gedeihen der Gemeinden Brunsbüttel⸗ und Eddelakkoog galten die Worte des Regierungs⸗Raths Peine. Das Mahl, welches einen glänzenden Verlauf nahm, war um 8Uhr Abends beendet. Gegen 9 Uhr brachte ein Sonderzug die Festtheilnehmer aus Brunsbüttelkoog, dessen Hrehen anläßlich der heutigen Feier reichen Schmuck an Kränzen und Fahnen zeigten, nach Hamburg zurück.

Frankfurt a. M., 21. Juni. Das in dem durch einen Anbau erweiterten Geburtshause Goethe's neu eingerichtete Goethe⸗ Museum wurde gestern feierlich eröffnet. Im Mittelzimmer des Oberstocks versammelten sich, nach dem Bericht der „Frankfurter Zig⸗ die Freunde des Goethe⸗Hauses mit den Spitzen der

ehörden und den Vertretern der Presse. Die Honneurs machte als Vorsitzender des Verwaltungs⸗Ausschusses des „Freien Deutschen Hochstifts“ der Gymnasial⸗Direktor Dr. Reinhardt, welcher auch die Festansprache hielt. Das Freie Deutsche Hochstift übernahm bekanntlich im Jahre 1862 das Geburtshaus Goethe'’s in Ver⸗ waltung, nachdem es in der Gestalt wieder restauriert worden, wie es aus dem Umbau von 1755 hervorgegangen war. Das Haus wurde seitdem nicht nur eine Wallfahrtsstätte für die Verehrer des Dichters, sondern auch ein Sammelort für die Erinnerungen an Goethe's Jugend, an seine Be⸗ ziehungen zur Vaterstadt und an alle Personen, die mit Goethe in Berührung standen. Diese Erinnerungen An. um so zahlreicher vor⸗ handen, als es gerade in Frankfurt eine Reihe von Familien giebt, in denen die Pflege des Andenkens des großen Dichters liebevolle Tradition geworden ist. Mit der Ausdehnung der Sammlung wuchsen aber auch gleichzeitig die übrigen Aufgaben des Hochstifts, besonders nachdem ihm die r6s Stiftung Theodor Müller's die Pflege der Wissen⸗ schaften und Künste in Vorträgen, Lehrgängen ꝛc. ermöglicht hatte. So nahm einerseits die Goethe⸗Sammlung, andererseits die Verwaltun! des Hochstifts die Räume des Goethe⸗Hauses immer mehr in An⸗ spruch. Vor zwei Jahren gelang es, in dem benachbarten Anwesen, dem Cronstettischen Stift, Am Salzhaus 5, Räume für das Hoch⸗ stift zu miethen; jetzt ist durch den Neubau des Goethe⸗Museums das Goethe⸗Haus selbst endlich von allen Zuthaten entlastet. Zwischen dem erwähnten Cronstettischen Stift und dem Seitenflügel des Goethe⸗ schen Hauses lag ein Bauplatz, der im Jahre 1890 angekauft wurde, als Gefahr bestand, 82 dort eine chemische Fabrik errichtet würde. Dieser Bauplatz bildet eine Verbindung vom Goethe⸗Hause zu den Miethsräumen des Hochstifts, und auf ihm ist das neue Goethe Museum erbaut worden. Die Kosten des Neubaues sind zu einem Theil aus dem Reservefonds des Hochstifts bestritten, für den größeren Rest trat die Stadt Frankfurt durch Gewährung

über der Nordsee scheint ostwärts fortzuschreiten und 8 Pag: dürfte demnächst zunächst das nordwestliche Deutsch⸗ Lessing Thoater. Freitag land beeinflussen.

Deutsche Seewarte. Deutsch von C.

Stationen. Wind. Wetter.

Anfang 7 ½ Uhr.

Zar. auf OGr.

u. d. Meeressp. red. in Millim. Temperatur

I 852

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Christiansund NNW lRegen Kopenhagen. 764 SW 3 wolkig Stockholm. aparanda. 755 S 2 wolkenlos oskau 761 NW 2 wolkenlos Cherbourg. 761 NO Ider 761 SSW 2 wolkenlos ““ 3 wolkenlos Eraa .176 winemünde 766 Neufahrwasser 767 Memel 1766 ö1131’3— ünster.. 763 Karlsruhe. 765 Wiesbaden 765 München 767 Chemnitz 766

Opern⸗Theater.

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wolkenlos 2 Sonnabend:

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wolkenlos A Dunst Sonntag:

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.7766 NNW 2 wolkenlos ¼ Uhr.

Wien. Breslau 1768 OSOQ. 2 wolkenlos Montag: 24. Vorstellung. Tannhäuser und S Gewitter 0 der Sängerkrieg auf W . Romantische 5 Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr.

Ile d'Aix 763 SO 4 Eöööö.““ still wolkenlos

Uebersicht der Witterung.

Das Maximum, welches gestern über Deutschland lag, hat sich ostwärts nach der deutsch⸗russischen Grenze verschoben, während über der Nordsee eine

e Depression erschienen ist. Bei schwacher süd⸗ Male: 's Jun

licher und südöstlicher Luftbewegung dauert über Sonnabend:

Deutschland die trockene, wolkenlose Witterung fort. Die Temperatur ist seit gestiegen und liegt erheblich über dem Mittelwerthe. Die Depression 8

Theater.

Königliche Schauspiele. Freitag: Neues Die Geisha.

Iöö“ 2geiter Frcise⸗ Künstlerleben 1830.) Scenen aus Henry G

Sonntag: 16 Jungferngift.

Die Geish

21. Vorstellung. Die Boheème.

in 3 Akten von Léon Gandillot.

de Bohsme“ in 4 Bildern von Direktion: Sigmund

8 Mit Vergnügen.

Berliner Theater. Freitag: Zum ersten Sonnabend, Abends 8 Uhr: Onkel Bräfig eee ift. Anfang 7 ½ Uhr. 8 EEb“

enaissance.

jap ee Ge e. Operette in 3 Akten von Owen 9 Musik von Sidney Jones. Der Troubadour. Roehr und Julius Freund.

Sonnabend: Gastspiel des Ferenczy⸗Ensembles. a. Sonntag: Gastspiel des Ferenczy⸗ Ensembles

4 w Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ 8 8 urgers „Vio de Bohemerg in 4 Bildem von burg. Abschieds⸗Cyclus der Direktion Lautenburg.

.Illica. sch p dwi 2halb bed. 1h E“ Ig Freitag: Neu einstudiert: Der Unterpräfekt.

Se. dn rative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. wolkenlos 22 Dirigent: Musikdirektor Steinmann. Anfang 7 ½ Uhr. Schönau. Vorher: Musotte (II. Akt). Schau⸗

wolkenlos 2 (Keine Duverture.) spiel von Guy de Maupassant.

22. V 1 in. E. v. Bukowicz. Anfang 7 ¼ Uhr. wolkenlos Romantische Oper in 3 2 Sonnabend und folgende Tage: Der Unterpräfekt. . Musotte (II. Akt).

wolkenlos Barm: Herr Ernst Kraus, als Gast.) Anfang 7

23. Vorstellung. Die Boheme. wolkenlos ünstlerleben 1830.) Scenen aus Henry b Rurger’s „Vie

S 3 heiter G. Giacosa und 2. Illica. Deutsch von Ludwig Berlin 766 SO 4 heiter G Musik von Giacomo Puccini. Anfang Sardou. Deutsch von Paul Lindau. In Scene

Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4a./ 5. Lautenburg. Freitag: Marcelle. Schauspiel in 4 Akten von Victorien

Schiler Theater. Fretvg, Abende 8 nbr⸗

Theater des Westens. (Kantstr. 12. Bahn⸗ hof Zoologischer Garten.) Opern⸗Vorstellung unter Direktion von Heinrich Morwitz. Freitag: Der

einer Fwathe unter günstigen Bedingungen ein. Der Neubau, von dem Architekten Franz von Hoven entworfen, schließt sich an⸗ den Seitenbau des Goethe'schen Hauses an. Wie dieses den kleinen Hof abschließt, so begrenzt jener ein reizendes Gärtchen, aus dem das be⸗ rühmte Hinterthürchen des jungen Dichters in das Goethe’'sche An⸗ wesen führt. Das Erdgeschoß des Neubaues nimmt der Museumssaal ein. Er ist in Rococo hell und freundlich gehalten, und die sieben mächtigen Fenster an der Gartenseite lassen eine reiche Fülle von Licht ein. Die literarischen und handschriftlichen Goethe⸗Erinne⸗ rungen, die Kunstblätter und alle die übrigen kleinen Denkmäler der Existenz eines großen Mannes sind in zehn großen Glasschränken bequem zu sehen und zu genießen, und von den Wänden blicken die Bilder des jungen Goethe, des alten Raths Goethe, der Marianne von Willemer und der Zeitgenossen des Dichters herab. Dem Eingang gegenüber, am Ende des breiten Mittelgangs grüßt den Besucher der lebensvolle Kopf des jungen Goethe, von dem Frankfurter Bildhauer Carl Rumpf. An der benachbarten Wand sieht man fünf gemalte Scenen aus dem Leben Joseph's; die⸗ selben stammen aus dem Schlosse der Grafen Thorane, wo sie von Dr. Schubart in München auf einem Ausflug in Süd⸗ frankreich vor einigen Jahren entdeckt wurden. Der Graf Thorane, der als „Königslieutenant“ in Goethe's Hause einquartiert war, hatte 1. bei der Frankfurter Malerkolonie, deren Führer Seekatz war, be⸗ tellt; sie sollen nach den Intentionen des jungen Goethe gemalt sein, und die Tradition im Hause Thorane will wissen, daß zu dem von seinen Brüdern verfauften Joseph der kleine Dichter selbst das Urbild abgegeben habe. Mehr als diese Bilder das Porträt des Königslieutenants selbst an, dessen Original, ebenfalls in Frankfurt gemalt, sich im Ahnenschloß der Thorane's befindet, von dem jedoch links vom Eingange eine sehr gute Kopie zu sehen ist. Eine Treppe höher befindet sich in einem hellen Raum voll schlanker, halb⸗ gefüllter Bücherregale die Bibliothek klassischer deutscher Literatur, die das Hochstift angelegt hat und emsig weiterentwickelt. Sie besteht aus zwei übereinander liegenden Magazinen, die 50 000 Bände fassen; bis jetzt sind es deren 14 000, doch läßt der stetige starke Zuwachs hoffen, daß diese Goethe und seiner Zeit ge⸗ widmete Bibliothek bald eine literarische Schatzkammer sein werde. Den Bibliothekräumen sind Arbeitszimmer und besondere Kabinette für Handschriften und Kunstblätter angegliedert, das letztere mit Sbericht. Die technische Einrichtung ist ganz modern, die Beleuchtung elektrisch.

Wien, 24. Juni. „W. T. B.“ meldet: Auf der Korvette „Donau“, welche an der istrischen Küste kreuzte, brach gestern in der Proviantkammer ein Brand aus, bei welchem der zweite Proviantmeister tödtliche und ein Matrose leichtere Brandwunden er⸗ litt. Das Feuer wurde nach kurzer Zeit gelöscht.

Temesvar, 24. Juni. Bei der Station Lippa entgleiste ein Eisenbahnzug; die Lokomotive und drei Lastwagen stürzten den Bahndamm hinunter. Die Insassen konnten sich durch Abspringen noch retten, sodaß glücklicher Weise niemand verletzt wurde. Als Ursache des Unfalls wird ein Schienenbruch angegeben.

Dover, 23. Juni. Heute Morgen bei Beginn des Vacht⸗ Wettsegelns von hier nach Helgelmmn um den Jubiläums⸗Pokal des Deutschen Kaisers herrschte, wie „W. T. B.“ berichtet, fast vollständige Windstille. 21 Yachten waren gemeldet, von welchen 13 vom Start gingen. Es waren dies: Emynfa⸗ „Cignet“, „Corisande“, „Cetonia’', „Asterope“, „Freda“, „Jullanar“, „Lady Ruth“, „Merrytought’, „Amphitrite“, „Ariadne“, „Goddeß“ und „Anemone“. Als die Jachten zuletzt gesehen wurden, lagen „Anemone“ und „Gwynfa⸗ vorn, während „Goddeß’ die letzte war.

Athen, 23. Juni. Auf Kephalonia wurde gestern ein Erd⸗ beben verspürt; auch herrschten heute Abend in verschiedenen Gegenden Griechenlands heftige Stürme; hier in Athen wüthete ein starker Orkan.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Bern, 24. Juni. (W. T. B.) Unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung ermächtigte der Bundesrath den schweizerischen Gesandten in Paris, mit den Vertretern der anderen, der lateinischen Münzunion angehörenden Staaten einen Zusatzvertrag zum Zweck der Erhöhung des Kontingents von Silber⸗ scheidemünzen zu unterzeichnen.

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88 8

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wildschütz. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lortzing. Anfang 7 ½ Uhr. b Sonnabend: Gastspiel des Herrn Heinrich Bötel.

Sonntag: Carmen. In Vorbereitung: A Basso Porto. (Am

untern Hafen.) v1111XA“X*X“*“;

8 89 Verlobt: Frl. Else von Egen mit Hrn. 1 rft⸗ Assessor und Prem.⸗Lieut. d. R. Curt von Egidy (Kötzschenbroda b. Dresden). Frl. SSe- Pottin mit Hrn. Buchhändler und Sec.Lieut. d. R.

(Le Souspréfet de Chaàteau-Buzard.) Schwank Ernst- Holland (Berlin). Deutsch von Max Beret olland (Berlin)

mit Frl. Olga Kuse (Hirschberg i. Berlin). Deutsch von Geboren: Ein Sohn: hen. Victor von Websky (Carlsdorf). Hrn. Pastor Gerlach (Altöls). Eine Tochter: Hrn. Korv.⸗Kapit. Gildemeister (Kiel). Hrn. Prem.⸗Lieut. von Larisch (Sprottau). Gestorben: Hr. Lehrer emer. Friedrich von Werder (Bremen). Fr. Baronin Melanie von Ayr, geb. von Blanc (Potsdam). Hr. Ju Rath Dr. jur. Moritz Herrmann (Charlottenburg) Hr. Rittm. a. D. Neander (Berlin). Pr. Rittergutspächter Adolf Christ (Rostersdorf).

gesetzt von Sigmund Laukenburg. Anfang 7 ¼ Uhr. Son nd und folgende Tage: Ma celle Lira

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlirn⸗

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 3 Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Besondere Beilage Nt. 1.

Familien⸗Nachrichten.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Vher⸗

zum Deutschen Reichs⸗Anz

No. 146.

Berlin, Donnerstag, den 24. Juni

Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

Qualität Außerdem

wurden am

gering mittel

1 Durch⸗ Am vorigen gut schnitts. Markttage Parsttage

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner für

preis nach über⸗ schläglicher Schaͤtzung

nie, höch⸗ nie⸗

2 ie⸗ 5 2 drigster ster drigster 2 dar höch zentner

1 Doppel⸗ oppel⸗ ster drigster ster

„₰ 88 Preis

Insterburg .. Frankfurt a. O. Stargard.. 15,00 Limburg Dinkelsbühl ... 18,00 Schweinfurt.. 15,75 Braunschweig. 13,20 ““ 14,40

Insterburg.. Frankfurt a. O.. 20 11,40 Stargard.. 11,40 u1““ 10,30 Bromberg.. . enFeharn 11e“ e Dinkelsbühl... 14,30 Schweinfurt... 12,80 Braunschweig... 11,20 e““ 10,60 JEE1X“ 10,50

Insterburg. Bromberg. Limburg Breslau

Insterburg.

Frankfurt a. O. Stargard... 8“ Bromberg.

Paderborn. bböböb177 19,19 Dinkelsbühl.. 13,60 13,80 Schweinfurt 13,75 13,75 Braunschweig. 12,50 12,50 EEEq661660P1ö1616—9“— Neuß

Stolp, 23. Juni: Keine Zufuhr.

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durch⸗

““] 4,800 15,30 15,

unbekannt) Weizen.

16,00 16,00 14,20 14,20 15,30 15,40 18,42 18,68

16,05 16,05 13,40 13,40 15,10 15,60 15,80 16,30

Roggen. 11,00 11,00 11,60 11,60 11,50 11,60 10,50 10,50 10,85 10,85 12,50 12,50 13,19 13,68 14,60 15,00 13,00 13,00 11,40 11,40 10,90 11,10 11,00 11,50

Gerste.

12,70 12,70 11,50 11,50

12,70 13,60

Hafer. 13,20 13,20

15,00 15,00 13,50 13,60 12,90 12,90 12,80 12,80

14,80 14,90 14,35 14,35 13,60 13,60 13,30 13,40 11,80 12,80

Bemerkungen.

8

schnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. Ein liegender Strich E” in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein

Punkt („) in den letzten sechs

alten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag.

235. Sitzung vom 23. Juni 1897, 1 Uhr.

zur Wahl zuzulassen, die zur Deckung der Kosten der Handwerks⸗ kammern herangezogen werden.

Der Antrag wird abgelehnt, ebenso ein weiterer Antrag

Tagesordnung: Fortsetzung der dritten Berathung des d 1 esselben Abgeordneten zu § 103a, wonach di Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung der Ge⸗ welche mindestens seit ihr 81s,Fe eeeber

werbeordnung.

haben und die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen besitzen,

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen wählbar zu den Handwerkskammern sein sollen.

Nummer d. Bl. berichtet.

u § 100 a liegen zwei Anträge des Abg. Richter (fr. dar.) vor, wonach die Betheiligten zur Entscheidung Püenan cictn n, biche. Zentralbehörde

Nach § 103 hh ist bei Felet Handwerkskammer ein Ge⸗ ach den 8 en der zweiten erechtigt sein, anzu⸗

über die Bildung einer Zwangs⸗Innung nicht durch ortsübliche n Bekanntmachung oder desondere Benachrichtigung eingeladen e 8 1“ vea ä-

werden sollen, sondern nur durch besondere Benachrichtigung; G ferner soll nicht die Zustimmung der Mehrheit der Grichtigung; fülechligten Handwerker im Gesellenausschuß vertreten sein

sondern die Mehrheit der Aufgeforderten zur Bildung einer

Zwangs⸗Innung nothwendig sein.

Die Abgg. Richter und Dr. Osann (nl.) empfehlen den Antrag, weil Zwangsinnungen nicht gebildet werden sollen gegen den Willn

der Mehrheit der Betheiligten, während die

Ein Antrag des Abg. Dr. Hitze will dieses Recht den er der bezeichneten Handwerker ohne e wissen.

Abg. Schmidt⸗Berlin (Soz.) hält die Fassung für bedenklich,

Abgg. Dr. Hitze (Zentr.) und Gamp (Rp.) in dem Antrage weil danach der Gesellenausschuß durch Ernennung von Mitgliedern,

nur eine Erschwerung der Bildung von Zwangs⸗Innungen sehen;

nicht durch die Wahl derselben gebildet werden könne. Abg. Gamp hält es für selbstverständlich, daß der Gesellen⸗

wer nicht erschienen sei, dem könne kein Recht auf Mitwirkung gegeben ausschuß nur aus gewaͤhlten Vertretern bestehen solle

werden.

Die Anträge des Abg. Richter werden abgelehnt. Nach § 100 f können Handwerker, die in landwirthschaft⸗ lichen oder gewerblichen Betrieben oder in der Hausindustrie

Geheimer Ober⸗Regi s⸗Rath Wi 9 Auffassung an. egierungs⸗Rath Wilhelmi schließt sich dieser

Der Antrag wird aber zurückgezogen, und die Beschlüsse

beschaͤftigt sind, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde der zweiter Lesung gelangen zur Annahme.

Zwangs⸗Innung zugewiesen werden.

Abg. Richter beantragt die Streichung dieser Bestimmung. 1 Z Peisonen nur zugestanden ermächtigt, die Kosten umzulegen auf die einzelnen Handwerks⸗

Abg. Gamp will den betreffenden

Nach § 103i werden die Kosten der Handwerkskammern von den Gemeinden des Bezirks getragen; die Gemeinden sind

wissen, daß sie vor der Entscheidung der Aufsichtsbehörde gehört betriebe.

werden sollen.

Abg. Stolle (Soz.) weist darauf hin, daß hier diejenigen Hand⸗

Der Antrag Richter wird mit 143 gegen 110 Stimmen weʒrker mitzä - 9 zählen sollen, wel icht b. t abgelehnt und § 100f mit dem Antrage des Abg. Gamp denn diejenigen Handwerter, T1“

angenommen. Bei § 1001 beantragt

Abg. Richter die Wiederherstellung der Regierungsvorlage in⸗

den Innungen angehören, könnten für die Handwerkskammern nicht wählen und gewählt werden, sie müßten aber die Kosten tragen. 8 Abg. Gamp erklärt, daß er mit diesen Ausführungen einverstanden

sofern, als eine Innungskrankenkasse bei Verwandlung der Innung sei und es daher gerne gesehen hätte, wenn die Kommissionsvorschläge

in eine Zwangs⸗Innung geschlossen werden könn

wenn durch das angenommen wären, welche den Gemeinden und größeren Kommunal⸗

1 e 1 Bestehen der Zwangs⸗Innungskasse die Leistungsfähigkeit einer Orts⸗ verbänden die Kosten auferlegen wollten. Redner empfiehlt einen

krankenkasse gefährdet werden würde.

Der Antrag wird, nachdem sich Abg. Dr. Hitze dagegen

erklärt hat, zuruückgezogen.

Bei § 100s wird ein Antrag des Abg. Richter, wonach

Antrag der Abgg. Hitze und Genossen, wonach diejenigen Handwerker welche keine Lehrlinge und Gesellen halten, 5 1 Lasten befreit bleiben sollen und die größeren Kommunalverbände auf eine Unter⸗ vertheilung der Lasten verzichten können.

Abg. Stolle hält diesen Antrag für nicht durchführbar, weil

die 2 iner 8 8 Auflösung einer Hende hennas na Antrag von drei die Gemeinden und Bezirksverbaͤnde schon nicht immer leistungsfähig

ierteln der Innungsmilglieder ohne be sollte erfolgen können, abgelehnt.

Nach § 103a werden die Handwerkskammern gewählt

deren Innungsbeschluß seien für den Wegebau. Die Lasten würden immer diejenigen kreffen,

welche an den Handwerkskammern kein Interesse hätten. Nachdem Abg. Richter sich gegen die Heranziehung der

den Handwerker⸗Innungen und den Gewerbevereinen des Gemeinden zu den Kosten ausgesprochen und Abg. Dr. itze

zirks.

seinen Antrag ebenfalls empfohlen hat, wird § 103 1 nach diesem

Abg. Augst (d. Volksp.) beantragt, auch diejenigen Handwerker 1 Antrag angenommen.

eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger

Nach § 126, die geFetngsverwaltniss betreffend, soll bei Personen unter 17 Jahren, welche mit technischen Hilfs⸗ leistungen nicht lediglich ausnahmsweise oder vorübergehend beschäftigt werden, die Vermuthung gelten, daß sie in einem Lehrlingsverhältniß stehen.

Abg. Richter beantragt, diesen Paragraphen als 128 a unter die Seehhetnxen. zu stellen.

Die Abgg. Gamp u. Gen. beantragen, den § 126, wie folgt, zu fassen:

Durch Abschluß eines Arbeitsvertrages wird die An 1

Lehrlingsverhältni es nicht ausgeschlossen. T

Abg. Freiherr von Stumm (Rp. hält es ebenfalls für richtig, den § 126 umzustellen, wünscht aber dringend, daß die jugendlichen Arbeiter in den Fabriken nicht als Lehrlinge behandelt wuͤrden. Die Lehrlingen seien der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen. Dem Vertreter des Lehrherrn stehe diese väͤterliche Zucht nicht ohne weiteres zu. Aber in der Praxis würden die Meister einer Fabrik ““ 5 gen 1 5 seinem Betriebe

rafen eingeschritten sei, wei i heex die sehrit nicht baffe 8 EE og. Gamp zieht seinen Antrag zurück und erklä den § 126 der Beschlüffe zweiter 3 Abg. Bassermann (nl.) schließt sich den Ausführungen des Freiherrn von Stumm vollständig an und erklärt, er werde auch gegen § 126 stimmen.

126 wird darauf gestrichen.

Zum § 127 b beantragen die Sozialdemokraten, die Auflösung des Lehrverhältnisses dem Lehrling auch dann zu gestatten, wenn er und seine Familienangehörigen von dem Lehrmeister thätlich beleidigt oder gröblich beschimpft werden, oder wenn der Meister in Konkurs geräth.

Beide Anträge werden nach kurzer Debatte abgelehnt. ZMum § 129a beantragen die Abgg. Liebermann von Sonnenberg (Reformp.) und Genossen, den Beschluß der Kommission wieder herzustellen, wonach vom 1. Januar 1905 vuach⸗ zue Zen etung 88 Lehrlingen nur solchen

zustehe, welche die Berechtigung zur Meistertitels haben. eeeeee

Abg. Graf von Bernstorff (b. k. F.) befürwortet di

Aptrng, weil dadurch allein die 8. Mesen

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

1 Meine Herren! Wenn ich den Herrn Vorredner ri tig ver⸗ standen habe, hat er die Wiedereinstellung derjenigen Bestimmung be⸗ antragt, die bei der zweiten Lesung gestrichen worden ist, wonach also von 1905 ab nur diejenigen, welche den Meistertitel haben und also eine Meisterprüfung bestanden haben, das Recht haben sollen, Lehrlinge zu halten. Bereits damals haben sich die verbündeten Regierungen mit aller Bestimmtheit gegen die Aufnahme einer solchen Bestimmung in den Gesetzentwurf aus⸗ gesprochen und ich kann diese Erklärung hier nur wiederholen. Die verbündeten Regierungen stehen auf dem Standpunkte, daß in dieser Bestimmung thatsächlich die Aufnahme des Befähigungsnachweises in das Gesetz enthalten sein würde.

Der Befähigungsnachweis kann ja einerseits die Bedeutung haben, den Eintritt in die selbständige Ausübung des Handwerks zu be⸗ schränken, andererseits die Bedeutung haben, den Eintritt in einen wesentlichen Theil der Ausübung des Handwerks, nämlich in die Lehrlingshaltung, zu beschränken. Das ist ein Unterschied nur quantitativ, qualitativ ist es aber dasselbe: es wird die Ausübung des Handwerks in einem wesentlichen Theile vom Befähigungsnachweise abhängig gemacht. Nun stehen aber die verbündeten Regierungen auf dem Standpunkte, daß sie unter keinen Umständen den Befähigungs⸗ nachweis gesetzlich annehmen wollen, und zwar aus dem Grunde, weil er gerade das verhindert, was sie erstreben. Was erstreben sie denn? Sie wollen eine Hebung des Handwerkerstandes dadurch, daß sie die einzelnen Theile des Handwerks zusammenbinden und vereinigen in einiger Kraft für den gemeinsamen Zweck, das Handwerk zu heben durch Reformen. Dazu ist es nothwendig, daß das Handwerk korporiert werde; dazu ist es noethwendig, daß die Kräfte des Handwerks gebunden und vereinigt werden und zusammenwirken. Der Befähigungsnachweis be⸗ wirkt aber das Gegentheil; der Befähigungsnachweis führt einfach dahin, daß er die Meister mit den Gesellen, die Kleinmeister mit den Personal haltenden Meistern und schließlich die einzelnen Handwerksmeister untereinander verfeindet und in Zank verwickelt über die Grenzen ihrer Berechtigungen. Das wollen wir nicht; wir wollen, daß sie zusammenstehen in einiger Kraft zur Hebung des Handwerks durch gemeinsame Reformen. Das ist der Gesichtspunkt, der ausschlaggebend ist für die verbündeten Regierungen, wenn sie den Befähigungsnachweis nicht wollen.

Sie wollen aber insbesondere den Befähigungsnachweis für die Lehrlingshaltung auch deshalb nicht, weil sie der Meinung sind, daß das Meisterexamen überhaupt nur einen Sinn hat für die ent⸗ wickelteren Stufen des Handwerks. Es kann aber andererseits die Lehrlingshaltung für die niederen Stufen des Handwerks nicht entbehrt werden. Sie ist nöthig für die Barbiere, sowie für diejenigen, die untergeordnete persönliche Dienstleistungen zum Gegenstand ihrer Be⸗ schäftigung machen; ferner für diejenigen, die untergeordnete Waaren erzeugen, Korbmacher, Siebmacher, Holzschuhmacher, Bürsten⸗ macher und dergl., namentlich aber für die große Gesammt⸗ heit der Reparaturarbeiter. Sehen Sie doch, wie die Sache hier in Berlin liegt. Die große Zahl der Portiers sind zugleich Reparaturhandwerker; solche Leute, die auf einer unteren Stufe des Handwerks stehen, sollen also keine Lehrlinge halten dürfen. (Rufe: Nein!) Es soll ihnen die Möglichkeit dazu dadurch verschränkt werden, daß sie ein zweites Examen, das Meisterexamen ablegen sollen. Aber ist nicht da auch für einen Nachwuchs zu sorgen? Und wie wollen Sie dazu gelangen, wenn Sie nicht da auch die Lehrlingshaltung zulassene-! Darum sind wir der Mei⸗ nung, daß es wirthschaftlich ein großer Fehler wäre, wenn wir den Befähigungsnachweis einführten, und die verbündeten Regie⸗ rungen werden deshalb niemals ihre Zustimmung dazu geben. (Zurufe: Niemals! Heiterkeit.) Was hat es aber für einen Sinn,