1897 / 164 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

8 ündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreißig Jahren 8 dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die inner⸗ halb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig eworden, nicht erhobenen Zinsen verjähren zu Gunsten der Stadt. as Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener oder vernichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der §§ 838 ff. der Zivil⸗ prozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 1877 (Reichs⸗ S. 83) beziehungsweise nach § 20 des Ausführungsgesetzes zur Deutschen Zivilprozeßordnung vom 24. März 1879 (Gesetz⸗ Sammlung S. 281). 8 Zinsscheine können weder 5. noch für kraftlos erklärt werden. Doch soll demjenigen, welcher den Verlust von Zinsscheinen vor Ablauf der v Verjährungsfrist bei dem Magistrat an⸗ meldet und den stattgehabten Bei der Zinsscheine durch Vorzeigung des Anleihescheins oder sonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ab⸗ lauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung ausgezahlt werden. Mit diesem Anleihescheine sind halbjährige Zinsscheine bis zum 1. Oktober 1907 ausgegeben; die ferneren Zinsscheine werden für zehnjährige Zeiträume ausgegeben werden. Die Ausgabe einer neuen Reihe von Zinsscheinen erfolgt bei der Stadt⸗Hauptkasse zu Inowrazlaw gegen Ablieferung der der älteren Zinsscheinreihe beigedruckten Anweisung. 88 Beim Verlust der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen insscheinreihe an den Inhaber des Anleihescheins, sofern dessen orzeigung rechtzeitig geschehen ist. 1 ur Sicherung der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadt mit ihrem Vermögen und mit ihrer Steuerkraft. Dessen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift und unter Beidrückung des Stadtsiegels ertheilt. Inowrazlaw, den . . ten 189. Der Magistrat. (Stadtsiegel.) (Eigenhändige Unterschriften des Magistrats⸗Dirigenten anderen Magistratsmitgliedes)

Provinz Posen. Regierungsbezirk Bromberg. Zinsschein .

Reihe zum Anleihescheine der Stadt Inowrazlaw, Buchstabe. 8 N rk zu Prozent Zinsen über

.. Pfennig.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom ab die Zinsen des vorgenannten Anleihescheins für das Halbjahr vom ten bis .sen mit W F. bei der Stadt⸗Hauptkasse zu Inowrazlaw.

Inowrazlaro, den . . kten .. ..... b

Der Päickegt . (Siegel.) (Faksimile der Unterschriften des Magistrats⸗Dirigenten und eines anderen Mazistratsmitgliedes.) (Eigenhändige Unterschrift des Kontrolbeamten.)

Pfse Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit erhoben wird.

Provinz Posen.

189.

Regierungsbezirk Bromberg. Anweisung zu dem Anleihescheine der Stadt Inowrazlaw, BGBuch stahze .. . . .. N Mark.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleihescheine die. insscheinen für die zehn Jahre vom „bI bei der Stadt⸗Hauptkasse zu Inowrazlaw, sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden Inhaber des Anleihescheins dagegen Wider⸗ spruch erhoben wird.

Inowrazlaw, den.

Der Magistrat. (Siegel.) (Faksimile der Unterschriften des Magistrats⸗Dirigenten und eines anderen Magistratsmitgliedes.) (Eigenhändige Unterschrift des Kontrolbeamten.) Anmerkung. Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der nzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken:

.. ter Zinsschein.

. .ier Zinsschein.

Anweisung.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen 1G und Forsten.

Der Oberförster Hartog in Johannisburg, Oberförsterei Wolfsbruch, ist auf die Oberförsterstelle Kudippen, Reg.⸗Bez. Königsberg, versetzt worden.

Die Forst⸗Assessoren Otto Bringmann und Reuleaux sind zu Königlichen Oberförstern ernannt.

Dem Oberförster Bringmann ist die Oberförsterstelle Wolfsbruch, mit dem Amtssitz in Johannisburg, Reg.⸗Bez. Gumbinnen, und

dem Oberförster Reuleaux die Oberförsterstelle Dens⸗ berg, mit dem Amtssitz in Schönstein, Reg.⸗Bez. Cassel, ver⸗ liehen worden.

Die Oberförsterstelle Obereimer im Regierungs⸗ bezirk Arnsberg ist zum 1. Oktober d. J. anderweit zu besetzen.

Forst⸗Akademie Eberswalde. Winter⸗Semester 1897/98.

Land⸗Forstmeister Dr. Danckelmann: Waldbau. Forstliche Zeit⸗ und Streitfragen. Forstliche Exkursionen. 8

Forstmeister Zeising: Forstpolitik. Forstliche Exkursionen.

Forstmeister Dr. Kienitz: Verhalten der Waldbäume. Forst⸗ liche Exkursionen. 8

Forstmeister, Professor Dr. Schwappach: Holzmeßkunde. Forstgeschicht. und Forststatistik. Forstliche Exkursionen. kurst berförster Dr. Möller: Forstbenutzung. Forstliche Ex⸗ ursionen.

Forst⸗Assessor Laspeyres: Methoden der Feorsteinrichtung. Forstliches Repetitorium. B

Professor Dr. Schubert: Mathematische Grundlagen der Forst⸗ wissenschaft 8— und Waldwerthrechnung). Uebungs⸗ aufgaben in der Mathematik. 8

Professor Dr. Müttrich: Meteorologie und Klimalehre. Mechanik. Grundzüge der Differential⸗ und Inte

Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Remelé: Allge⸗ meine und anorganische Chemie. Chemisches und mineralogisches Praktikum. 1

Professor Dr. Ramann: Bodenkundliches Praktikum.

Professor Dr. Schwarz: Allgemeine Botanik mit Praktikum. Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Altum: Wirbel⸗

thiere. Zoologisches Praktikum. Zoologische Exkursionen.

Professor Dr. Eckstein: Fischzucht.

Amtsgerichts⸗Rath Dr. Dickel: Bürgerliches Recht II: Sachen⸗ recht. Mit Rücksicht auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Repetitorium in Rechtskunde.

Landes⸗Oekonomie⸗Rath Dr. Freiherr von Canstein: Land⸗

wirthschaft I. (Acker⸗ und Wiesenbau.) 1]

Dr. Heidemann: Erste Hilfeleistung in Unglücksfällen.

Das Winter⸗Semester beginnt Freitag, den 15. Oktober 1897, und endet Sonnabend, den 26. März 1898.

Meldungen sind baldmöglichst unter Beifügung der Zeugnisse über Schulbildung, forstliche Lehrzeit, Führung, über den itz der erforderlichen Subsistenzmittel, sowie unter Angabe des ilitär⸗ verhältnisses an den Unterzeichneten zu richten.

Eberswalde, den 9. Juli 1897. 1 Der Direktor der Forst⸗Akademie. Danckelmann.

Nichtamtliches. Denutsches Reich

Preußen. Berlin, 15. Juli].

Aus Utne vom 14. Juli berichtet „W. T. B.“:

Das Befinden Seiner Majestät des Kaisers und Königs ist befriedigend; die Nacht war gut. Um 10 Uhr Vormittags wurde an Bord der YNacht „Hohenzollern“ ein Trauergottesdienst für den verunglückten Lieutenant zur See von Hahnke gehalten. Um 12 ½ Uhr lichtete die „Hohen⸗

zollern“ die Anker und trat die Fahrt nach Bergen an. 8 Telegramm aus Bergen von heute Morgen meldet: Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern Das Wetter ist .

prachtvoll

Abend hi

8

Der hiesige Großherzoglich mecklenburgische Gesandte von Oertzen hat Berlin mit längerem Urlaub verlassen.

Der hiesige Königlich rumänische Gesandte A. Beldi⸗ man ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen 8

Elberfeld, 15. Juli. Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold ist gestern Abend hier ein⸗ etroffen und von dem Vize⸗Präsidenten des Staats⸗

inisteriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und dem Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen sowie von dem Ober⸗Bürgermeister, Geheimen Regierungs⸗Rath Jaeger am Bahnhof empfangen worden. Die hiesige Bürgerschaft be⸗ reitete dem Prinzen wiederholt begeisterte Kundgebungen.

Reuß ä. L.

Seine Durchlaucht der Fürst ist am 13. d. M. zum 1 Seebades von Greiz abgereist.

Oesterreich Ungarn.

Der Kaiser und die Kaiserin begeben sich heute Mittag von Wien zu längerem Aufenthalt nach Ischl.

Der König und die Königin von Dänemark sind gestern von Gmunden nach Kopenhagen abgereist.

Wie das „Prager Abendblatt“ meldet, hat der Statthalter Graf von Coudenhove das Ausstellungs⸗Comité in Boden⸗ bach benachrichtigt, daß er unter den gegebenen Umständen der Einladung, nach Bodenbach zu kommen, um die Eröffnung der Ausstellung vorzunehmen, nicht Folge leisten könne.

In der gestrigen Sitzung des Gratzer Gemeinde⸗ raths erklärte der Bürgermeister: das Präsidium des Gemeinde⸗ raths sei infolge der gesetzlichen Bestimmungen nicht in der Lage, die Geschäfte in dem übertragenen Wirkungskreise einzu⸗ stellen. Der Gemeinderath nahm sodann zwei die Vorfälle in Eger betreffende Resolutionen an.

Wie die Budapester Blätter übereinstimmend melden, wird die Regierung beantragen, die Dauer der Sitzungen des ungarischen Unterhauses bis um 4 Uhr Nachmittags zu verlängern, um dadurch der Obstruktion der äußersten Linken gegen die Zuckerprämienvorlage zu begegnen.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen 8 Unterhauses arklärte der Zivil⸗Lord der Admiralität Austen Chamberlain bei Be⸗ antragung der zweiten Lesung der Bill, betreffend die Marinebauten, daß dieselbe eine Erweiterung des Hafens von Dover bezwecke, nach deren Vollendung der eingeschlossene Hafenraum eine Fläche von 610 Acres bilden und zur Aufnahme von 20 Schlachtschiffen und mehreren kleineren Fahrzeugen geeignet sein werde. Der Voranschlag beziffere die Kosten auf 3 ½ Millionen Pfund Sterling. Die Bill erstrebe ferner eine Vergrößerung der Marinewerften in Hongkong und die Errichtung eines Wellen⸗ brechers an der Nordseite des Hafens von Gibraltar, durch welchen der Hafen absolute Sicherheit und einen größeren Flächenraum gewinnen werde. Auch mehrere andere, unter⸗

eordnete Bauten in verschiedenen englischen Häfen und in olombo würden in der Bill verlangt. Für das laufende Finanz⸗ jahr betrage der gesammte Voranschlag 3 300 000 Pfund Sterling, von denen 209000 Pfund für die Bauten in Dover und Hongkong vorgesehen seien. Angesichts der bereits bewilligten Summen sei in diesem Finanzjahre die Ermächtigung zur Auf⸗ nahme weiterer Gelder für die Durchführung der Entwürfe unnöthig. Das Haus genehmigte die zweite Lesung der Bill ohne Abstimmung. ö“

Aus Anlaß des Nationalfestes herrschte gestern in Paris eine lebhafte Bewegung. Vormittags fanden die her⸗ kömmlichen Kundgebungen vor den Statuen von Straßburg, der Jeanne d'Arc und von Gambetta statt, ohne daß ein Zwischenfall vorkam. Der Parade, welche Nachmittags in Longchampsstattfand, wohnte der Präsident Faure mit den Spitzen der Behörden bei. Der Präsident wurde auf der Fahrt nach und von dem Paradefelde, wie auf letzterem selbst von der zahlreichen Menge lebhaft begrüßt. Bei der Rückfahrt nach dem Elysée gelang es einem Manne, trotz der außergewöhnlich großen polizei⸗ lichen Vorsichtsmaßregeln, an den Wagen des Präsidenten heranzudringen und ein Bittgesuch hineinzuwerfen. Der Mann wurde verhaster Er erklärte, er sei ein ausgedienter Soldat und befinde sich in größter Noth. Auch in den Provinzial⸗ städten wurden Paraden abge welchen überall große

Zuschauermengen beiwohnten.

v

Die Deputirtenkammer beendete gestern die Be⸗ rathungen des Budgets und von neun dringenden Vor⸗ lagen, darunter diejenigen, betreffend Maßnahmen gegen die Zitronen⸗ und Orangen⸗Krise, Maßregeln zu Gunsten Sar⸗ diniens sowie betreffend Hafenarbeiten in Genua, und be⸗ schloß, da die zur definitiven Abstimmung über einige Vor⸗ lagen erforderliche gesetzliche Zahl von Deputirten nicht an⸗ wesend war, heute noch eine Sitzung abzuhalten und sich sodann zu vertagen. b

Anläßlich der Feier des französischen Nationalfestes empfing estern der französische Botschafter Billot die Mitglieder der ranzösischen Kolonie in Rom. Der Botschafter brachte einen Trinkspruch aus, worin er, dem „W. T. B.“ zufolge, zunächst an dasjenige erinnerte, was er gelegentlich des Neujahrsempfanges über die Besserung der Beziehungen zwischen Frankreich und Italien gesagt habe, und dann fortfuhr: er habe dem, was er damals gesagt, nichts hinzuzufügen und auch nichts davon zurückzunehmen. Das Annäherungswerk nehme einen normalen Fortgang; er habe das Vertrauen, daß man zu dem Ziele gelangen werde, welches Alle vor Augen hätten.

Türkei.

Das Wiener „Telegr.⸗Corresp.⸗Bureau“ berichtet aus Konstantinopel: es verlaute daselbst, daß in sämmtlichen Antworten der Souveräne der Großmächte dem Sultan ernst⸗ lich angerathen werde, in der Grenzfrage nachzugeben. Der Kaiser von Rußland solle in seiner Antwort mit Repressalien in Klein⸗Asien gedroht haben, wenn Thessalien nicht geräumt werde. Der Sultan habe geantwortet: er werde suchen, die Fürsprache des Kaisers von Rußland zu berücksichtigen; er lehne aber die Verantwortung für die Folgen des Eindrucks ab, den die gänzliche Preisgebung Thessaliens auf das Volk und das Heer machen werde. Es sei noch nicht bekannt, welche Entscheidung der vorgestrige außerordentliche Ministerrath getroffen habe. Die Opposition des pofes und der Minister scheine fortzudauern. Eine Erregung der Volks⸗ massen lasse sich nicht feststellen; nur Offiziere, Beamte und die Geistlichkeit sprächen gegen die Preisgebung Thessaliens. Man nehme an, daß die Bewegung künstlich genährt werde.

Nach einer Meldung des „Standard“ aus Konstantinopel hat der Ministerrath mit Genehmigung des Sultans eingewilligt, die türkische Kriegsentschädigungs⸗Forderung von acht auf sechs Millionen Pfund zu ermäßigen. Demselben Blatte zufolge hat der Sultan ein Irade erkaßsen in welchem es heißt, der Sultan sei überzeugt, daß die Be⸗ strebungen der Mächte lediglich auf Erhaltung des Friedens in Europa gerichtet seien; der Sultan befehle daher den Ministern, die Friedensverhandlungen, wenn möglich, abzu⸗ schließen und die Friedenspräliminarien zu unterzeichnen.

Wie der „Times“ aus Konstantinopel von gestern ge⸗ meldet wird, haben die Botschafter nach ihrer Versammlung vom 13. d. M. Tewfik Pascha mündlich auffordern lassen, der Konferenz der Botschafter, welche heute stattfinden soll, beizuwohnen und eine ausdrückliche Erklärung darüber abzu⸗ geben, ob die Pforte einwillige oder ob sie es ablehne, bufnnse von den Mächten vorgeschlagenen Grundlage zu ver⸗

andeln.

Aus Kanea berichtet die „Agence Havas“, daß gegen⸗ wärtig zahlreiche Aufständische dorthin kämen, um Lebensmittel zum Verkauf zu bringen. Die Mohamedaner eeän sie daran zu verhindern und sagten, es seien Erzeugnisse, die von den verlassenen Besitzungen der Mohamedaner gestohlen worden seien. In Kanea herrsche große Erregung.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Athen vom gestrigen Tage bestätigt sich die von dem genannten Blatte gebrachte und gestern mitgetheilte Nachricht nicht, daß britische Soldaten bei Kandia in einem Kampf mit Baschibozuks gefallen seien.

Rumänien.

Der Fürst von Hohenzollern ist gestern früh in

Sinaia eingetroffen. 8 1

bb1.“ 8

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Washington, daß der Ausschuß des Senats für auswärtige Beziehungen den Bericht über eine Resolution genehmigt habe, welche die Ratifikation des Vertrages, betreffend die Annexion Hawaiis, empfehle.

Aus Havanna wird berichtet: der General Weyler habe die im Gefängniß von Trinidad internierten politischen Ge⸗ fangenen freigelassen. General Weyler sei in Cienfuegos ein⸗ getroffen.

Arbeiterbewegung.

In Neustadt a. Hdt., wo ein Maurerausstand ausge⸗ brochen war, ist es, wie der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ geschrieben wird, durch Vermittelung des Gewerbegerichtes gelungen, eine Einigung herbeizuführen. Die 10 stündige Arbeitszeit, welche die Arbeiter forderten, wurde nicht bewilligt; dagegen gelang es, eine Erhöhung des Arbeitslohns um 2 für die Stunde durchzusetzen. Die Arbeit ist am Montag wieder aufgenommen worden.

Aus Budapest meldet „W. T. B.“: Der Handels⸗Minister habe an des Magistrat einen Erlaß gerichtet, in welchem ausgeführt werde, daß die Ausstandsbewegung der Ziegelarbeiter darauf zurückzuführen sei, daß die Arbeitgeber zum un⸗ erlaubten Schaden der Arbeiter auf ihren Etablissements Einrichtungen unterhielten, welche gesetzlich untersagt seien, und daß die Gewerbebehörden dagegen nicht energisch und streng vorgegangen seien. Solche Einrichtungen seien Lohnabzüge für kreditierte Lebensmittel und erzwungene Spareinlagen. „Der Minister spreche sein Bedauern darüber aus, daß diese Gesetzwidrig⸗ keiten erst durch die Arbeitseinstellung an das Tageslicht gekommen seien. Ferner wird berichtet: Der Ausstand der Ziegelarbeiter nähert sich seinem Ende; in Altofen ist die Arbeit wieder auf⸗ genommen, in Steinbruch hält dagegen der Ausstand noch an.

Aus Brüssel, wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 14. d. M. über den Bergarbeiterausstand im Borinage telegraphiert: Die am Dienstag abgehaltenen Versammlungen der Ausständigen hatten weniger Zuspruch als die früheren. Der Gauverband hat die Zusammenberufung der Arbeiterkammern der betheiligten Kreise ver⸗ langt; er hat ferner die Grubenverwaltungen abermals um die Abschaffung der anzgefochtenen Grubenordnungen ge⸗ beten, jedoch allem Anschein nach ohne Erfolg, da die Ver⸗ waltungen auf ihrem Rechte zu bestehen veg. sind. Die Noth unter den Ausständigen ist groß. Binnen einiger Tage wird auch der Kohlenmangel wohl fühlbarer, dem bis jetzt n durch Abräumen der Lagervorräthe und Zufuhren aus dem ittel⸗ becken und Charleroi abgeholfen werden konnte. Die Zechen diesect

Nachbarreviere kommen denen des Borinage auch dadurch zu Hilfe, daß sie deren vertragsmäßige Lieferungen ausführen.

Aus Glasgow wird der „Financial Times“ berichtet, daß 17 000 Mechaniker auf den dortigen Werften ausständig sind.

Statistik und Volkswirthschaft.

Gewerbeaufsicht und Arbeiterverhältnisse in Berlin⸗ Charlottenburg im Jahre 1896.

Den soeben im Verlage von W. T. Bruer hierselbst erschienenen „Jahresberichten der Königlich preußischen Regierungs⸗ und Gewerbe⸗ Räthe für 1896“ entnehmen wir folgende Mittheilungen des Re⸗ gierungs⸗ und Gewerbe⸗Raths Dr. Sprenger über die Thätigkeit und die Beobachtungen der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten des Bezirks Berlin⸗ Charlottenburg im vergangenen Jahre.

Die 7 Beamten, der Regierungs⸗ und Gewerbe⸗Rath, 3 Ge⸗ werbe⸗Inspektoren und 3 Assistenten, führten zusammen in 2629 Fa⸗ brikanlagen und Werkstätten 3546 Revisionen gegen 3084 im Vor⸗ jahre aus. Von den Revisionen wurden 56 während der Nacht, 233 an Sonn⸗ und Feiertagen vorgenommen. 2215 Anlagen wurden ein⸗ mal, 260 zweimal und 154 drei⸗ und mehrmal besichtigt. Die Zahl der in ihnen beschäftigten Arbeiter belief sich auf 77 577. Eine sehr wesentliche Hilsfe, namentlich bei der Ueberwachung derjenigen Betriebe, die Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter beschäftigen, haben die Gewer be⸗Aufsichtsbeamten an den Beaͤmten der Polizeibehörde, welche sämmtlich e Fabriken monatlich mindestens einmal revidierten. Die Bäckereien wurden von den Polizeibeamten während des Halb⸗ jahres vom 1. Juli bis 31. Dezember je dreimal revidiert.

Der Verkehr zwischen den Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten und den Beauftragten der Berufsgenossenschaften ist zwar noch kein besonders lebhafter, hat erfreulicherweise aber zugenommen. In einem Fall wurde der Berichterstatter von dem Vorstande der „Orts⸗ krankenkasse der Maschinenbauer und verwandten Gewerbe“ um Revision eines Betriebes ersucht, in dem auffallend viele Arbeiter verletzt wurden. Der Vorstand ließ sich bereit finden, über besondere Erkrankungen und namentlich über solche, die auf die Eigenart der Betriebe zurückzuführen sind, regelmäßig Mittheilung zu machen. Auch andere Krankenkassen haben diesen Weg schon eingeschlagen.

Das Verhältniß der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten zu den Ge⸗ werbeunternehmern ist, wie im Vorjahre, im Großen und Ganzen zufriedenstellend gewesen. Je länger die Beamten in ihren Bezirken wirken und bekannt werden, um so mehr gewinnen sie das Vertrauen der Unternehmer. Freilich giebt es auch Fabrikanten, die freundlichem Zuspruch der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten Widerstand ent⸗ gegensetzen und erst mit Hilfe der Polizeibehörde und der Gerichte zur Erfüllung ihrer Pflicht angehalten werden müssen. Eine schwierige Stellung haben die Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten noch Bäckerei⸗ besitzern gegenüber. Im Verkehr mit ihnen bedurfte es in manchen Fällen großer Ruhe und Besonnenheit. Der Verkehr zwischen den Arbeitern und den Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten hat im Laufe des Jahres wohl etwas zugenommen, ist aber immer noch gering. Es ist auch vorgekommen, daß Vertrauensmänner der einen oder der anderen Arbeiterorganisation Beschwerden übermittelten. Diese sind selbstverständlich, wie alle Klagen über Mißstände, die auf irgend einem Wege zur Kenntniß der Beamten kommen, pflichtgemäß untersucht worden. Nähere, auf Vertrauen gegründete Beziehungen hat dies aber nicht zur Folge gehabt, weil dem in solchen Fällen mehr⸗ fach gestellten Verlangen um Benachrichtigung über das Veranlaßte nicht nachgekommen werden konnte. Die lediglich für Arbeiter be⸗ stimmten Sprechstunden an den Sonntagen und an je einem Abend in der Woche sind nie benutzt worden. Die wenigen Arbeiter, die mit den Beamten in persönlichen Verkehr traten, suchten diese in der Mittagszeit auf. Meist zogen jedoch die Beschwerdeführer vor, ihr An⸗ liegen schriftlich vorzubringen. Der Umstand, daß die Schreiben häufiger nicht anonym, sondern mit Namensunterschrift versehen ein⸗ gehen, scheint darauf hinzudeuten, daß das Vertrauen zu den Gewerbe⸗ Aufsichtsbeamten zunimmt.

Die Zahl der in Fabriken beschäftigten Kinder unter 14 Jahren ist von 13 im Vorjahr auf 16 geftiegen. Von ihnen waren 5 in der Textilindustrie, 3 in der Industrie der Holz⸗ und Schnitzstoffe, 5 in der Bekleidungsindustrie, 3 in den polygraphischen Gewerben und 3 in anderen Gewerben thätig. An jugendlichen Arbeitern von 14 bis 16 Jahren wurden in 2497 Fabriken 5612 männliche und 2795 weib⸗ liche, zusammen 8407 gezählt; das sind 302 mehr als im Jahre 1895 und 5,1 % sämmtlicher Fabrikarbeiter. Die Zahl der männlichen jugend⸗ lichen Arbeiter hat gegen das Vorjahr um 858 zugenommen, die Zahl der Mädchen zwischen 14 bis 16 Jahren dagegen um 556 sich ver⸗ mindert. Die sehr gut beschäftigte Metallindustrie hat den größten Zuwachs an jugendlichen Arbeitern aufzuweisen; die Industrie für Be⸗ kleidung und Reinigung zeigt einen erheblichen Rückgang in der Zahl, dafür aber eine der erwachsenen Arbeiterinnen. Zu⸗ widerhandlungen gegen die zum Schutze der jugendlichen Arbeiter erlassenen Bestimmungen der Gewerbeordnung sind in 224 Anlagen festgestellt. Die Mehrzahl der Verfehlungen (188) betraf die Form⸗ vorschriften. In 4 Fällen wurde festgestellt, daß Kinder, in 6 Fällen, daß jugendliche Arbeiter länger als zulässig beschäftigt worden sind. 4 Gewerbeunternehmer wurden zur Rechenschaft gezogen, weil sie jugendliche Arbeiter in den Nachtstunden arbeiten ließen, und 29, weil sie die Pausen nicht richtig inne hielten. Aus nahmen von den Be⸗ stimmungen des § 139 Absatz 1 der Gewerbeordnung sind nicht beantragt worden, wohl aber ist in 84 Fällen auf Grund des § 139 Absatz 2 eine von der üblichen abweichende Regelung der Pausen gestattet worden. Die Erlaubniß wurde ertheilt, wenn die jugendlichen Arbeiter wegen zu gioger Entfernung ihre elterlichen Wohnungen über Mittag ohnehin nicht aufsuchen konnten, und wenn eine Abkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden und weniger zugestanden wurde.

Die Zahl der Anlagen, in denen Arbeiterinnen über 16 Jahre beschäftigt wurden, ist im Berichtsjahre um 133, das heißt von 2049 im Jahre 1895 auf 2182 gestiegen; die Zahl der Arbeiterinnen hat sich hauptsächlich in den Bekleidungs⸗ und Reinigungs⸗ gewerben, der Papier⸗ und Lederindustrie, sowie in der Textil⸗ industrie erhöht und um 1539 zugenommen, da 1895 nur 37 416, 1896 aber 38 955 Arbeiterinnen in Arbeit standen. Von diesen waren 16 360 oder 42 % unter 21, 22 595 oder 58 % über 21 Jahre. Die Zunahme betrifft überwiegend Arbeiterinnen über 21 Jahre, denn von dem Mehr von 1539 Arbeiterinnen hatten nur 39 das Alter von 21 Jahren noch nicht erreicht. Von den im Laufe des Jahres ermittelten Zuwiderhandlungen gegen die gesetzlichen Bestimmungen bezogen sich 40 auf die Bestim⸗ mungen über die Beschäftigung der Arbeiterinnen an Sonnabenden und den Vorabenden der Festtage, 18 auf die Dauer der Arbeit, 13 auf unerlaubte Abkürzung der Mittagspausen, 7 auf Nachtarbeit. Ueberarbeit wurde 30 E die ein dringendes Bedürfniß nachwiesen, gestattet; 23 Anträge wurden abgewiesen. Die Zahl der Arbeiterinnen, für die Ueberarbeit gestattet wurde, betrug 1778. Eine auffallende Erscheinung der letzten Jahre ist die Heranziehung von Arbeiterinnen zu Arbeiten, die früher Männern vorbehalten waren. Es werden jetzt in der Metallwaaren⸗Industrie Arbeiterinnen in zunehmender Zahl mit dem Zusammensetzen kleinerer Massen⸗ artikel, mit dem Fertigstellen von Glocken für elektrische 1719. anlagen, mit dem Zusammenstellen von Schalenhaltern für Be⸗ leuchtungskörper u. s. w. beschäftigt. Die Arbeiten sind leicht und der weiblichen Arbeitskraft angemessen. Wenig angemessen ist aber

die Verwendung von Arbeiterinnen zum Bedienen der Maschinen,

welche zum Gewindeschneiden für größere eiserne Fagonstücke be⸗ nutzt werden.

Infolge des guten Geschäftsganges der Industrie ist die Zahl der erwachsenen männlichen Arbeiter im Berichtsjahre um 10 175, d. h. auf 114 879 gestiegen. Die Zahl der in den 1569 Baͤckereien bescsstcgten Arbeiter ist in dieser Angabe nicht mit Früafschtint. Als Erläuterung für die Entwickelung der Berliner Industrie in den beiden letzten Jahren sei folgende

halle mitgetheilt. Es wurden beschäftigt: Baecg 1

1896

2 693 16 874 42 273 2 169 4 388 3 882 9 153 13 608 7 049 3 532

1894 2 231 14 239 30 262 1 218 3 840 3 779 7 202 11 831 6 595

1895

2 621 14 888 35 696 2 128 3 778 4 060 8 248 12 415 6 969 3 210 3 321 7 434 8 888 9 456 1 824 1 803 957

114 879 104 704 94 931 Die 114 879 Arbeiter waren auf 4933 Fabriken vertheilt, deren Zahl gegen 1895 um 163 gestiegen ist. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt in seltenen Fällen mehr als 10 Stunden, in vielen Anlagen aber weniger. In Nachtschichten arbeiten ungefähr 2130 oder 1,8 % sämmtlicher Arbeiter in 131 Anlagen. An Sonn⸗ und Festtagen waren mit gesetzlich erlaubten Arbeiten in 165 Anlagen 1726 Arbeiter (1,47 %) gegen 1445 Arbeiter (1,38 %) im Vorjahre beschäftigt. Auf Grund des § 105 f der Gewerbeordnung gestattete die Orts⸗ Polizeibehörde einer Wäschefabrik, einer Trägerwellblechfabrik und 2 Druckereien ausnahmsweise Sonntagsarbeit.

In vielen Bäckereien werden die Bestimmungen über die Sonntagsruhe nach Ansicht des Berichterstatters ebenso über⸗ treten, wie eingestandenermaßen die Bundesrathsverordnung vom 4. März 1896. Eine Feststellung der Uebertretungen nament⸗ lich der letzteren Art ist für die Aufsichtsbeamten aber außer⸗ ordentlich schwierig. Der Beamte, welcher natürlich nicht vom Beginn der Arbeit bis zum Ende derselben an der Arbeitsstätte anwesend sein, auch in der Nacht schwer Zutritt zu den Arbeitsräumen erhalten kann, weil die Häuser ver⸗ schlossen sind, kann sich nur auf die Auskunft verlassen, welche er auf Befragen vom Arbeitgeber und von den Gesellen erhält. Die Gesellen aber scheuen sich, so lange sie eine erträgliche Arbeitsstelle haben, die Wahrheit zu sagen, wenn sie den Meister belasten würde. Jedenfalls mögen sie bei einem eingeleiteten Strafverfahren nicht als Zeugen vor Gericht auftreten, weil eine dem Arbeitgeber ungünstige Aussage wohl in den meisten Fällen die Entlassung zur Folge haben würde. Ebensowenig gelingt es, die richtige Führung der Kalendertafeln zu kontrolieren, trotzdem den Beamten bekannt ist, daß dieselben nicht immer, wenn es nöthig ist, durchlocht werden. Wie schwer es ist, selbst die Sonntagsarbeit in denjenigen Betrieben zu kontrolieren, welche außer Bäcker⸗ auch Konditorwaaren herstellen, und auf welche Weise man die revidierenden Beamten zu täuschen sucht, geht aus dem Berichte eines der Gewerbe⸗Inspektoren hervor. Dieser schreibt: „Der Bäckereibetrieb soll Sonntags von spätestens früh 8 Uhr an ruhen, Konditorwaaren dürfen von Konditoren noch bis 12 Uhr Mittags bergestellt werden. Es soll nun vorkommen, daß sich verdienstlustige Bächergesellen, die zugleich Konditorwaaren herzustellen verstehen, um 8 Uhr Morgens mit Konditormütze und Schürze bekleiden und dem revidierenden Beamten auf die Weise als Konditorgehilfen entgegentreten.

Einem der Gewerbe⸗Inspektoren ist bei Durchsicht der neu ein⸗ gereichten Arbeitsordnungen die gegen früher große Zahl von Strafbestimmungen aufgefallen. Die Neigung zur Aufnahme solcher scheint im Wachsen begriffen zu sein. Trotzdem sind den Beamten Klagen über Härten in der Nen. chehg von Strafen nicht bekannt geworden. Die Abneigung der Fabrikanten gegen die Arbeiter⸗ ausschüsse scheint ebenfalls zuzunehmen; wo solche noch bestehen, treten sie selten oder garnicht in Funktion, werden aber beibehalten, weil es bei Abänderung der Arbeitsordnungen bequemer ist, mit dem C1l zu verhandeln, als die ganze Arbeiterschaft zu be⸗ ragen.

Die Zahl der Unfälle hat in auffallender Weise zugenommen. Sie ist von 5010 im Jahre 1895 auf 6260 im Berichtsjahre, also um 1253 gestiegen. Von diesen hatten 111 eine Erwerbsunfähigkeit von mehr als 13 Wochen, 15 den Tod zur Folge. Die Zunahme, die in keinem Verhältniß zur Permehrung der Industriearbeiter steht,

Industrie der Steine und Erden Metallverarbeitung.. Maschinen, Werkzeuge u. s. w.. Chemische Industrie.... Leuchtstoffe, Fette, Oele u. s. w. he-* hten vshd heh. .. .... olz⸗ und Schnittstoffe.. ahrungs⸗ und Genußmittel.. Bekleidung und Reinigung.. Polygraphische Gewerbe.. Verschiedene Gewerbe....

dürfte nicht nur auf den Umstand, daß jetzt selbst die geringfügigsten

Verletzungen angemeldet werden, sondern zweifellos auch auf die in den meisten Industriezweigen, namentlich in den großen Werkstätten der Eisen⸗ und Metall⸗Industrie, Feft ge Thätigkeit zurück⸗ zuführen sein. Aus dem Mangel an chutzvorrichtungen läßt sich die starke Zunahme der Unfälle nicht erklären, denn sämmtliche Gewerbe⸗Inspektoren berichten, daß der Zustand der Fa⸗ briken in dieser Beziehung meist zufriedenstellend sei. Es ist die er⸗ freuliche Wahrnehmung gemacht, daß Werkzeugmaschinen, Trans⸗ missionen u. s. w. jetzt schon in zahlreichen Fällen mit Schutzvorrich⸗ tungen versehen von den Fabrikanten geliefert werden. Beklagenswerth dagegen ist, daß immer noch ungeeignete, z. B. jugendliche Arbeiter mit Arbeiten betraut werden, welche, wie das Bedienen und Schmieren von Kraftmaschinen, das u. s. w. Umsicht und größere Erfahrung erfordern. Namentlich herrscht noch vielfach eine gewisse Sorglosigkeit hinsichtlich der Sicherung des Dampfkesselbetriebes. Obwohl die Staatsanwaltschaft von allen Unfällen Kenntniß erhält, deren Ursache ein schuldbares Verhalten der Unternehmer oder ihrer Vertreter sein könnte, sind dennoch verhältnißmäßig nur wenige Verurtheilungen bekannt geworden. Dies läßt den Schluß zu, daß sich die Arbeitgeber ihrer Pflicht, die Arbeiter nach Möglichkeit gegen Unfälle zu schützen, im Großen und Ganzen bewußt sind, und bcß die Thätigkeit der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten und der Organe der Berufsgenossenschaften in dieser Richtung keine vergebliche gewesen ist. Die Einführung des elektrischen Antriebes für Maschinen ist im Interesse des Schutzes der Arbeiter gegen Unfallgefahr von großem Nutzen. Im Berichtsjahre sind in dieser Beziehung erstaunliche Fortschritte gemacht worden. Die Zahl der Motoren, für deren Betrieb z. B. die „Berliner Elektri⸗ zitätswerke“ Kraft abgeben, ist von 928 mit 3384 Pferdestärken im Verjaher auf 1698 mit 6110,5 Pferdestärken im Jahre 1896 gestiegen. Diese schnelle Entwickelung eröffnet die Aussicht auf eine gänzliche Umwälzung in der Kraftbeschaffung für das Berliner Kleingewerbe. Zum Schutze der Arbeiter bei Feuersgefahr ist in mehreren An⸗ Pges die Beschaffung von Nothtreppen und Nothleitern veranlaßt worden.

Auch der Erforschung und Verbesserung der Fehifor(chen Ver⸗ hältnisse in den gewerblichen Anlagen ist wiederum ““ Auf⸗ merksamkeit zugewendet worden. Von vollständiger Aufzählung dessen, was in Einzelfällen veranlaßt worden ist, muß hier abgesehen werden. Es sei nur hervorgehoben, daß die Sorge für ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, für Beseitigung von Staub und üblen Exhalationen aus den Arbeitsräumen, für Beschaffuug von Waschgelegenheit und für ausreichende reinliche Bedürfnißanstalten obenan stand.

Die Besserung der wirthschaftlichen Lage, über die schon im Vor⸗ jahre berichtet worden ist, hat im Berichtsjahre angehalten. Der Sn der Industrie im Aufsichtsdezirk ist ein fast allge⸗ meiner. Insbesondere gilt dies von der Eisengießerei und dem Ma⸗ schinenbau, von der Bronzewaaren⸗ und der Luxuspapier⸗Industrie, von der Möbeltischlerer der Pianofabrikation, der Herstellung von Zuckerwaaren und von Putzfedern. Auch die Druckereien waren gut beschäftigt. An Arbeitsgelegenheit hat es nicht gefehlt, und größere Arbeitslosigkeit war, wenigstens für Industriearbeiter, nicht vorbanden. Nur die Handweberei geht stetig zurück. Im Jahre 1895 waren noch etwa 5 Stühle, im Jahre 1896 dagegen nur noch etwa 3000. Stühle besetzt. Zu Anfang des Jahres bot die Gewerbeausstellung vielen Arbeitern lohnende Beschäftigung.

Die Löhne sind nicht zurückgegangen, in manchen Industrie⸗ zweigen dagegen, in denen Mangel an brauchbaren Arbeitern war, ge⸗ ftiegen. In der Konfektionsindustrie wurden die anerkanntermaßen ehr niedrigen Löhne der meisten Konfektionsarbeiter während des Ausstandes im Februar etwas aufgebessert, gingen aber sehr bald wieder auf ihr C. Niveau zurück.

Die Ausführung von Wohlfahrtseinrichtungen, von be⸗ sonderen Speise⸗ und Ankleideräumen, von Badeeinrichtungen u. s. w.

stößt in Berlin und 228 angesichts der hohen Grundstücks⸗ und Miethspreise auf besondere Schwierigkeiten. Um so anerkennens⸗ werther ist es, wenn hiesige Fabrikanten dergleichen Einrichtungen dennoch treffen. In dieser Beziehung hat die Firma Beringer in Charlottenburg mit großen Kosten Hervorragendes geleistet, indem sie zu Anfang des Jahres sehr zweckmäßige Umkleide⸗, Wasch⸗, Bade⸗ und Speiseräume eingerichtet hat. 8

Kunst und Wissenschaft.

Am 10. Juli hat im Senatssaal der Universität zu Marburg die Begründung der „Historischen Kommission für Hessen Wund Waldeck“ stattgefunden. Der Münchener „Allgem. Ztg.“ wird darüber berichtet: Der Einladung des provisorischen Ausschusses waren einige dreißig Geschichtsfreunde aus allen Theilen des Hessenlandes gefolgt, darunter die Herren Ober⸗Konsistorial⸗ Rath Rohde und Landesbank⸗Rath Freiherr Wolff von Gudenberg aus Cassel, Ober⸗Bürgermeister Gebeschuß aus Hanau und Antoni aus Fulda, Geheimer Hofrath, Professor Dr. Oncken und Professor Dr. Höhlbaum aus Gießen, Felix von Gilsa zu Gilsa, Sanitäts⸗Rath Dr. Schneider aus Fulda. Zahlreiche Andere hatten ihr Ausbleiben entschuldigt, jedoch zugleich ihre volle Zustimmung zum Werke erklärt. Professor Freiherr von der Ropp eröffnete die Versammlung mit einer Ansprache, welche Zweck und Fiel der historischen Kommission darlegte, und konstatierte, daß den Be⸗ strebungen der Kommission sich bereits eine lebhafte Theilnahme zuge⸗ wandt habe. Die Zahl der Mitglieder belaufe sich auf über 50 und auch die Zahl der Stifter und Patrone mehre sich in erfreulicher Weise, Behörden und Körperschaften bisher noch nicht angegangen seien, weil der provisorische Ausschuß dies bis nach Konstituierung der Kommission verschieben zu müssen geglaubt habe. Als Stifter seien der Kommission beigetreten die Herren Bierbrauereibesitzer Sumpf in Cassel und Prof. Dr. L. von Sybel in Marburg, ferner als Patrone die Direktion der Königlich preußischen Staats⸗Archive mit einem jähr⸗ lichen Zuschuß von 1000 ℳ, die Fürstlich waldeckische Landesregie⸗ rung, das Königliche Konsistorium in Cassel, der oberhessische Geschichtsverein in Gießen, die Herren Obervorsteher und Kammer⸗ herr Freiherr Hugo von Dörnberg auf Hausen, Vize⸗Bürgermeister Heraeus in Hanau, Brauereibesitzer H. Bopp, Rittmeister Freiherr von Pappenheim und Archiv⸗Rath Dr. Reimer in Marburg. Der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde hbabe der Kommission für das laufende Jahr 500 bewilligt. Weitere Beitritte seien in bestimmte Aussicht gestellt, sodaß die Kommission mit Zuversicht der Zukunft entgegensehen könne. Der Vütt g. schloß mit dem Antrage, die Kommission für begründet zu erklären, und stellte so⸗ dann, nachdem der Antrag angenommen, die Liste der Stifter, Patrone und Mitglieder fest. An diese Mittheilungen schloß sich die Vorlegung und Besprechung der Statuten, welche nach längerer Debatte mit einigen Aenderungen angenommen wurden. Bei der hierauf vorge⸗ nommenen Vorstandswahl wurden gewählt die Herren Professor von Below, Freiherr H. von Dörnberg, Ober⸗Bürgermeister Gebeschuß, F. von Gilsa, Vize⸗Bürgermeister Heraeus, Bibliothekar Dr. Kochendörffer, Archiv⸗Rath Reimer, Professor Freiberr v. d. Ropp, Professor Schroeder, Professor Wenck, Ober⸗Bürgermeister Wester⸗ burg. Die Direktion der Staats⸗Archive delegierte in den Vorstand Herrn Archiv⸗Rath Koennecke, der Hanauer Geschichtsverein die Herren Sanitäts⸗Rath Dr. Eisenach und Professor Suchier. Die Vertreter der Vereine in Cassel, Gießen und Fulda behielten sich die Ernennung ihrer Delegirten vor. Zum Schluß wurde der nächste Arbeitsplan besprochen und beschlossen, zu beginnen mit der Bearbeitung der Regesten der Landgrafen von Hessen bis auf Philipp den Groß⸗ müthigen, der hessischen und waldeckischen Chreoniken des 14. bis 16. Jahrhunderts, der hessischen Landtagsakten und der Heraus⸗ abe eines Fuldaer Urkundenbuches, sowie eines historischen Orts⸗ exikons für Hessen und Waldeck. Die Versammelten trennten sich unter allseitigen lebhaften Wünschen für das Gedeihen und die erfolgreiche fruchtbare Wirksamkeit der neu gebildeten „Historischen Kommission für Hessen und Waldeck“. Der gewählte Vorstand hielt alsbald nach Schluß der Versammlung eine Sitzung ab und wählte den Professor v. d. Ropp zum Vorsitzenden, Professor Höhl⸗ baum (Gießen) zum stellvertretenden Vorsitzenden. Zum Schrift⸗ führer wurde Bibliothekar Dr. Scherer (Cassel), zum Schatzmeister ööG Dr. Koennecke, zu seinem Stellvertreter Professor Wenck gewählt.

Die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien hat den Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam, Lrßfese⸗ Dr. H. C. Vogel, den Direktor des Meteorologischen

nstituts in Berlin, prosefsor Dr. W. von Bezold und den Pro⸗ fessor der Anatomie an der Universität in Heidelberg Dr. Karl Gegen bauer zu korrespondierenden Mitgliedern ihrer mathematisch⸗ naturwissenschaftlichen Klasse gewählt, und diese Wahlen sind von Seiner Majestät dem Kaiser Franz Joseph bestätigt worden.

In Sparta sind, wie der M. „Allg. Ztg.“ berichtet wird, im ause des Chrestos Grillas in einer Tiefe von 1 ½ m unter dem ußboden zwei große Mosaiken aus alter Zeit und von vorzüg⸗ icher Erhaltung aufgefunden worden. Das eine von ihnen stellt Orpheus dar, wie er, die Leier spielend, die ihn umgebenden wilden

Thiere zähmt; auf dem anderen sind Blumengewinde in schönem Farbenschmuck zu sehen. Wenige Meter von diesem Hause hat man

fin S Mosait entdeckt, das den Raub der Europa zum Gegen⸗ and hat.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundeitsamts“ Nr. 28 vom 14. Juli.

Pest.

Arabien. Einer Mittheilung vom 28. Juni zufolge wurden in Djeddah vom 15. bis 20. Juni 14, vom 21. bis 27. Juni 13 Todes⸗ fälle festgestellt. Vom 5. bis 27. Juni sind im Ganzen 51 Todes⸗ fälle zur Anzeige gekommen; die durchschnittliche Zahl der Todesfälle betrug täglich 2; schwerere Fälle waren selten. Im Lazareth von El Tor wurden 2 Erkrankungen unter den in Djeddah eingeschifften Pilgern an Bord des egyptischen Dampfers Schibbin festgestellt.

Cholera.

Britisch⸗Ostindien. Kalkutta. Vom 30. Mai bis 5. Juni

starben 29 Personen an Cholera, 2 an Pocken und 129 an

Fiebern. Gelbfieber.

An Bord des am 27. Mai auf der Fahrt von Rio de Janeiro nach Savannah in Blackbeard Island eingelaufenen Schiffes „Parthenope“ wurden 2 Erkrankungen festgestellt; ferner ereignete sich nach einer Mittheilung vom 12. Juni 1 Todesfall auf dem von Colon in der Quarantänestation Staten Island eingetroffenen Dampfer „Advance“.

Zur Anzeige gelangten nach den „Public health reports“ weiter: in Rio de Janeiro vom 9. bis 15. Mai 3 Todesfälle, in Bahia vom 13. bis 19. Mai 5 Erkrankungen (3 Todesfälle), in Panama vom 25. Mai bis 3. Juni ungefähr 20 Erkrankungen (14), auf Cuba in Havanna vom 4. bis 10. Juni bei etwa 130 Neuerkrankungen 37 Todes⸗ fälle ausschließlich im Militär⸗Hospital, in Cardenas vom 30. Mat bis 5. Juni 2 und in Sagua la Grande in derselden Zeit 24 Er⸗ krankungen, in Santjago vom 23. Mai bis 5. Juni 54 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Manzanillo vom 19. bis 31. Mai 1 Todesfall.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Madrid. New⸗York je 3. Warschau 4 Todesfälle; München 2, Paris 6, St. Petersburg 7 Erkrankungen; Rückfall⸗ fieber: Moskau 3 Todesfälle; Genickstarre; Moskau 2, New⸗ YVork 3 Todesfälle; Influenza: Berlin 3, London 4 Todes⸗ fälle. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starben an Masern (DHurchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,30 %): in Hagen Erkrankungen wurden gemeldet in