1897 / 171 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Italien.

8 Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht folgendes Resums der in Rom eingegangenen, auf die Mission des Majors Nerazzini bezüglichen Nachrichten: Der Negus Menelik schlägt unter endgültiger Verpflichtung seinerseits vor, durch einen Vertrag eine bessere Grenze als die von dem Bevoll⸗ mächtigten Italiens in den Verhandlungen im Januar 1891 angenommene festzusetzen. Inzwischen soll der terri⸗ toriale status quo unverändert bestehen bleiben unter der Garantie absoluter Sicherheit und Ruhe von seiten Tigres. Der Abschluß eines Freundschafts⸗ und Handelsvertrages ist verabredet worden mit der Befugniß für Italien, dauernd eine diplomatische Vertretung am Hofe des Negus Menelik zu haben. Die italienischen Besitzungen in Benadir mit der Station Logh Allen gegen jeden Raubzug gesichert sein. In Betreff der Kosten ür die Unterhaltung und die Heimsendung der italienischen Gefangenen ist nichts Neues vereinbart worden, sondern es bleibt der betreffende Theil der Konvention vom 26. Oktober 1896 in Kraft, welcher die Festsetzung der Summe der italienischen Regierung überläßt. Während der ganzen Dauer seiner Mission wurden dem Major Nerazzini die größte Achtung und alle ihm schuldigen Ehrenbezeugungen

zu theil. ““ Türkei.

Die Pforte hat gestern, wie „W. T. B.“ aus Kon⸗ stantinopel meldet, die von den Botschaftern verlangte Er⸗

ärung dahin abgegeben, daß sie die von den Militär⸗ Attachés der Botschaften vorgeschlagene Grenze gegen Thessalien annehme.

Der neu ernannte Kommandant der türkischen Truppen auf Kreta Dschewad Pascha ist mit einem höheren 8s beamten und zwei Generalstabsoffizieren an Bord des S - „Kiamil“ nach Kreta abgereist. ““

Rumänien.

Anläßlich der Genesung des Prinzen Ferdinand ver⸗ öffentlicht der „Monitorul“ ein Manifest des Königs, in welchem dem ganzen Volk der Dank des Königs und der Königlichen Familie für die während der Krankheit des Prinzen bewiesene lebhafte Antheilnahme ausgesprochen wird.

Amerika. Im Repräsentantenhause ist, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington zufolge, gestern eine Vorlage eingebracht worden, durch welche der Präsident Mac Kinley ermächtigt wird, eine Kommission zu ernennen, die untersuchen soll, welche Aenderungen in der Bank⸗ und Währungsgesetz⸗ gebung nothwendig oder förderlich seien, sowie welche künftige Gesetzgebung in Bezug auf das nationale Bankwesen und den Staatspapiergeldumlauf an Noten und Zertifikaten wünschens⸗

werth sei.

In der heutigen (101.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld beiwohnten, gelangte zunächst der vom Herrenhause abgeänderte Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die 1“ ern vom 24. Februar 1870, zur abermaligen

erathung.

Die Abänderungen des Herrenhauses beziehen sich auf folgende Punkte:

Im 3 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen: Von Wahtrecht und Beitragspflicht sind ausgeschlossen: a. die Reichs⸗ und Staatsbetriebe, b. die mit einem land⸗ und forst⸗ wirthschaftlichen Betriebe verbundenen Nebengewerbe, c. die landwirthschaftlichen und Handwerksgenossenschaften, sofern nicht die Aufnahme in die Handelskammer von ihnen beantragt wird. Das Herrenhaus hat dies dahin geändert: . . . b. die mit einem land⸗ und forstwirthschaftlichen Betriebe verbundenen Neben⸗ gewerbe, c. die landwirthschaftlichen und Handwerksgenossen⸗ chaften, die zu b und c Genannten, sofern nicht die Zulassung von ihnen beantragt wird.

Im §7 hat das Herrenhaus die Bestimmung hinzugefügt, daß nicht mehr als der vierte Theil der Mitglieder der Handels⸗ kammer aus Prokuristen bestehen darf.

Den § 8 hat das Herrenhaus dahin geändert, daß die Handelskammer Personen, welche ihre die Wählbarkeit be⸗ gründende Thätigkeit oder Stellung aufgegeben haben, über die Zahl der Mitglieder der Kammer hinaus zuwählen kann. Die Zahl dieser Mitglieder darf den zehnten Theil der Mit⸗ glieder der Kammer nicht übersteigen. Das Abgeordneten⸗ haus hatte deren Wählbarkeit von der Leistung von Beiträgen abhängig machen wollen und bestimmt, daß nicht mehr als der fünfte Theil aus solchen Personen bestehen darf.

Im § 14 hatte das ss beschlossen, daß durch Statut ein von den Vorschriften dieses gfees ab⸗ weichendes Wahlverfahren beschlossen werden kann, daß jedoch auch in diesem Falle den Wahlberechtigten freigestellt bleiben muß, die Wahl durch geheime Abstimmung mittels Stimm⸗ zettel vorzunehmen. Das Herrenhaus hat diesen letzten Satz über die geheime Abstimmung gestrichen. 1

Das Herrenhaus hat ferner einen neuen § 19b hinzugefügt, wonach die Handelskammer beschließen kann, daß neben den Mitgliedern Stellvertreter gewählt werden.

Abg. Dr. Stephan⸗Beuthen (Zentr.) beantragt die Wiederherstellung des Zusatzes in § 14, betreffend die geheime Nüsßer

Abg. zu streichen.

In der Generaldiskussion sucht

Abg. Rickert (fr. Vgg.) nachzuweisen, daß die vom Herrenhause beschlossenen Abänderungen nicht Verbesserungen seien. Das Herren⸗ haus, führt er aus, hat in § 12 die Bestimmung über die geheime Abstimmung gestrichen. Die Fassung war allerdings unglücklich, weil man sie dahin verstehen konnte, daß jeder einzelne die geheime Ab⸗ stimmung für sich beanspruchen könne. Sie war aber dahin zu ver⸗ stehen, daß die anwesende Wählerverfammlung die geheime Abstim⸗ mung beschließen könne. Die konservativen Blätter sehen in dieser Aenderung eine erfreuliche Schmälerung des allgemeinen direkten Wahlrechts. Dieses Gesetz ist eigentlich nicht zeitgemäß in einem Augenblick, wo man den Handel nicht als einen gleichberechtigten Faktor anerkennt. Bei der Interpellation Ring ergab sich, daß die Gesetzgebung gegen die Börse Fiasko gemacht hat. Was soll man dazu sagen, wenn eine Landwirthschaftskammer von dem Schwinden

des Vertrauens zur Reichsregierung spricht, wenn sie behauptet, daß die Politik der Regierung zu Gunsten des internationalen Geldkapitals ausfällt, welches über dem Gesetz zu stehen scheine; der alles überwuchernde

ahensly (Zentr.) beantragt, den § 19 b wieder

iffes

und aussaugende Schmarotzerzwischenbandel müsse beseitigt werden. Wozu eine besondere Organisation für einen solchen Handel? Aller⸗ dings ist ein solches Urtheil über den Handel sonst noch nicht vorgekommen. Da ist es nicht zu verwundern, wenn der Bund der Landwirthe den Reichskanzler zu einem schnöden Bruch der Haendesveetrige auf⸗ fordert durch ein Einfuhrverbot für Getreide auf sechs Monate. Heißt es patriotisch sein und das Ansehen Deutschlands im Auslande stärken, wenn man dem Reichskanzler auf seiner Reise nach St. Petersburg einen solchen Antrag mit auf den Weg giebt? Wir sind es gewöhnt, wenn ein paar loyale königstreue Bauern von ihrem Gebrauch machen wollen, so sind alle Amtsvorsteher auf dem Platze. (Präsident von Köller: Herr Rickert, wir kommen morgen zum Vereinsgesetz.) Aber einem solchen Antrage tritt der „Reichs⸗Anzeiger“ nur in ganz zahmer Weise im nichtamtlichen Theile entgegen. Wenn das Ansehen Deutschlands im Auslande in dieser Weise bedroht wird, dann muß die Regierung einschreiten. Ich freue mich, daß der neue Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums jetzt noch erscheint. Soll die kurze Erklärung des „Reichs⸗Anzeigers“ alles sein, was gegen solche extremen Forderungen vorgebracht wird?

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld*): Die Be⸗ stimmung des § 12 hat Herr Rickert falsch ausgelegt, wenn er sich auf die Wahlkörperschaften und nicht auf die einzelnen Wähler bezog. Man hat sich aber im Herrenhause gesagt, daß es nicht möglich ist, einem Einzelnen das Recht der geheimen Wahl zu geben, wenn im übrigen die Wahl eine öffentliche ist. Der von Herrn Rickert an⸗ gezogene Bericht einer Landwirthschaftskammer ist mir nicht zugegangen.

ch werde ihn mir aber zugänglich machen und behalte mir vor, was ich dann thun werde.

Vize Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel *): Ich habe Herrn Rickert's Rede nicht ganz gehört; er verlangte, daß die Regierung sich die heftige Ausdrucksweise der selbst aneignen möge. Das muß ich aber ablehnen. Der

ntrag ist an den Reichskanzler gerichtet, und was darauf geschehen wird, weiß ich nicht. Es handelt sich um eine Eingabe wegen Aende⸗ rung der Gesetzgebung, worauf die Regierung Antwort zu geben nicht geneigt ist, denn sie würde in eine fortwährende Korrespondenz mit Privaten einzutreten haben. Ich glaube, daß der Reichskanzler die Meinung vertreten wird, daß die bestehenden Handels⸗ verträge die Genehmigung dieses Antrags vollständig ausschließen. Es ist keine Veranlassung, über die weiteren Motive sich noch auszusprechen. Dem Wunsche des Herrn Rickert, diesen Antrag als einen Unfug zu bezeichnen, kann ich nicht entsprechen. Aufgabe der Regierung ist es, eine Politik der Sammlung zu treiben.

Abg. Reichardt (nl.): Ich unterschreibe alles, was der Abg. Rickert in Bezug auf die Landwirthschaftskammer von Pommern ge⸗

sagt hat. Der angezogene Antrag des Bundes der Landwirnthe wider⸗

spricht den Handelsverträgen und ist daher unzulässig. In Bezug auf die Handelskammervorlage werden wir den Beschlüssen des Herren⸗ hauses trotz mehrfacher Bedenken zustimmen, weil die Vorlage doch manche Vortheile für den Handel bringt. Die Streichung des geheimen Wahlrechts aus dem Gesetze bedauere ich und ein großer Theil meiner Freunde; ich hoffe aber, daß die Mehrzahl der Herelsrebeenern es doch bei der geheimen Wahl belassen wird. Die vom Herrenhause beschlossene Einführung der Stellvertreter werden wir ebenfalls an⸗ nehmen. Aber der Meinung des Herrn von Stumm muß ich widersprechen, daß er, wenn er behindert ist, seinen Stellvertreter schicken kann. Die Stellvertreter sind durchaus selbständig und haben ihre 1 Auffassung zu vertreten und keinerlei Anweisungen zu folgen.

Abg. Dr. Stephan (Zentr.) bedauert, daß die Nationalliberalen dem Herrenhause nachgeben wollen; denn in prinzipiellen Fragen dürfe man nicht nachgeben, selbst wenn infolge dessen garnichts zu stande kommt, und eine solche Frage ist die des geheimen Wahlrechts.

Abg. Gamp (fr. kons.): Da der Handels⸗Minister sich bereit erklärt hat, den Bericht der Landwirthschaftskammer in Stettin einer Prüfung zu unterziehen darauf hin, ob darin Angriffe auf den Handel enthalten sind, so möchte ich den Landwirthschafts⸗ Minister bitten, die Berichte der Handelskammern zu prüfen, ob sie nicht Angriffe auf die Landwirthschaft enthalten. Ich glaube, er hat mehr Ursache einzuschreiten als der Handels⸗Minister. Ein Verein, der einen Antrag stellt, der vielleicht nicht dem Sinne, aber doch dem Wortlaut der Handelzverträge entspricht, ist doch noch nicht revolutionär. Wenn Herr Rickert die revolutionären Tendenzen be⸗ kämpfen will, dann hoffe ich, ihn morgen an unserer Seite zu seben. Die Beschlüsse des Herrenhauses zum Handelskammergesetz kann ich nicht durchweg als Verschlechterung bezeichnen. Die Zulassung der land⸗ wirthschaftlichen Nebenbetriebe, soweit sie in das Handelsregister ein⸗ etragen sind, entspricht dem neuen Handelsgesetzbuch. Die Frage des

ahlrechts hat keineso erhebliche Bedeutung. Hätte das Abgeordnetenhaus den Anträgen des Redners in Bezug auf das Wahlrecht zugestimmt, so würde das Herrenhaus vielleicht die Vorlage garnicht beanstandet haben. Die Einführung der Stellvertreter ist eine durchaus dankens⸗ werthe Verbesserung; man hat damit bei den Eisenbahnräthen durch⸗ aus günstige Erfahrungen gemacht. Redner empfiehlt die Annahme der Herrenhausbeschlüsse.

Abg. Gothein (fr. Vgg.): Die Berichte der Handelskammern enthalten keine Angriffe gegen die Landwirthschaft, sondern höchstens gegen die agrarische Bewegung, die doch mit der Landwirthschaft nicht identisch ist. Revolutionär ist es, wenn die Regierung aufgefordert wird zu einem Treubruch, wenn sie verdächtigt wird, im Solde des internationalen Großkapitals zu stehen. Es wäre fkein Unglück, wenn das Gesetz heute noch nicht zu stande kommt, zumal es manche bedenkliche Vorschriften enthält, so bezüglich des Wahl⸗ rechts, der Stellvertreter u. s. w. Ein Nothstand, der eine Renderung des bestehenden Gesetzes so dringend nothwendig mache, ist durchaus nicht vorhanden. 3

Abg. von Brockhaufen (kons.): Die beiden Redner von der freisinnigen Vereinigung haben Dinge in die Debatte gezogen, die

arnicht hierher gehören. Die Beschlüsse des Herrenhauses bringen er⸗ hebliche Verbesserungen der Vorlage, so die Zulassung land⸗ und forst⸗ wirthschaftlicher Nebenbetriebe, die in das Handelsregister eingetragen sind, zur Handelskammer. Eine Aenderung bezüglich des Wahlrechts hätten wir gern vermieden gesehen; aber sie ist nicht von so großer Be⸗ deutung, daß wir deshalb das Gesetz verwerfen müßten. Die Fendna. kammern können durch Statut selbst ihr Wahlrecht feststellen und werden dabei nicht gegen ihre Interessen handeln, und wo das der Fall sein sollte, wird der Minister vor Genehmigung des Staturs eine Aenderung herbeiführen. Die Wahl von Stellvertretern halten wir nicht für günstig. Da aber den Handelskammern auch hier nur die Befugniß ertheilt ist, werden wir Aenderungsanträge nicht stellen. Wir werden den Beschlüssen des anderen Hauses zustimmen und glauben, damit der Organisation des Handelsstandes einen guten Dienst zu erweisen.

Abg. Dr. Eckels (nl.): Es wird den Handelskammern für die Aufstellung ihrer Statuten große Freiheit gelassen, und ich hoffe, daß die Regierung bei Genehmigung der Statuten auch die größte Frei⸗ heit gewähren wird. Dem gegenüber sind die Aenderungen des Herren⸗ hauses nicht bedenklich; denn die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses reichten durchaus nicht aus, um das geheime Wahlrecht nachdrücklich zu schützen. Wenn die Vorlage an das Herrenhaus zurückgehen und vom Herrenhause wieder abgeändert würde, würden wir dann noch ein beschlußfähiges Haus haben, um die Vorlage zur Er⸗ ledigung zu bringen? Wenn morgen das Abgeordnetenhaus das ablehnt und vielleicht das Abgeordnetenhaus aufgelöst wird und Neuwahlen ausgeschrieben werden, dann bleibt das Gesetz unerledigt. Das würde für die Handelskammern sehr bedauerlich sein.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld): Die Aenderungen des Herrenhauses sind durchweg von praktischen Erwägungen aus⸗ gegangen, so bezüglich der Zulassung der landwirthschaftlichen Neben⸗ gewerbe, welche in das Handelsregister eingetragen sind, be⸗ züglich der Zulassung von Prokuristen und alten Kaufleuten und au bezüglich des geheimen Wahlrechts, welches in den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses nicht verständlich

) Der Wortlaut der Rede wird morgen mitgetheilt werden.

1896 103 260 9 894] 82 882 3 491

eregelt war. Sehr zweckmäßig ist auch die Zulassung von 8 2 wo der Bezirk der Hondelskancmen er. großer ist. Es wäre lebhaft zu beklagen, wenn eine von allen Seiten als erkannte Reform an solchen Kleinigkeiten scheitern würde.

In der Spezialberathung werden sohann die bezügli des Wahlrechts und der Stellvertreter gestellten Anträge gegen die Stimmen des Zennramms der Polen und der Freisinnigen abgelehnt und schließlich die Vorlage nach unerheblicher Debatte nach den Beschlüssen des Herrenhauses angenommen.

(Schluß des Blattes.)

Arbeiterbewegung.

Aus Kattowitz wird der „Köln. Ztg.“ vom gestrigen Tage ge⸗ meldet: Auf Kaiser Wilhelm⸗Schacht und Richthofen⸗Schacht in Janow haben 500 Bergarbeiter die Arbeit eingestellt. Ein Hinübergreifen des Ausstandes auf die Nachbargruben wird befürchtet.

In den Meuselwitzer fowie auch in den Rofitzer Kohlen⸗ werken ist unter den dortigen Arbeitern, einer Mittbeilung der „Magdb. Ztg.“ aus Lucka zufolge, ein allgemeiner Ausstand aus⸗

ebrochen. Berittene Gendarmerie traf zur Aufrechterhaltung der

rdnung aus Altenburg ein. Wie die „Geraer Ztg.“ aus Meusel⸗ witz berichtet, ist auf den Werken „Vereinsglück“ und „Union“ die Arbeit nicht eingestellt worden. 1

In Bergedorf haben 300 Arbeiter der Stuhlrohrfabrik von R. Sieverts die Arbeit eingestellt. Veranlassung hierzu gab, wie der „Vorwärts“ mittheilt, die Entlassung von 19 Arbeitern dieser

irma.

Aus Barcelona meldet „W. T. B.“: Die Ausständigen in Manresa griffen eine Fabrik mit Steinwürfen an. Es wurden me hrere Verhaftungen vorgenommen. (Vgl. Nr. 167 d. Bl.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Lage der Viehzucht im Jahre 1896.

Es ist nicht zu verkennen, daß die Viehzucht im Deutschen Reiche in den letzten 15 Jahren, abgesehen von der Schafzucht, einen be⸗ deutenden Aufschwung genommen hat. Folgende Uebersicht über die Er⸗ gebnisse der Viehzählungen möge dies in großen Zügen veranschaulichen:

der iüclas Pferde Rindvieh Schafe Schweine Ziegen Stückzahl

10. Jan. 1873 3 352 200 15 776 700 24 999 400 7 124 100 2 320 000 10. Jan. 1883 2 522 500 15 786 800 19 189 700 9 206 200 2 640 000 1. Dez. 1892 3 836 300 17 555 700 13 589 600 12 174 300 3 091 300 Verkaufswerth in Millionen Mark 10. Jan. 1883 1678,7 3074,3 306,6 476,7 39,6 1. Dez. 1892 1880,8 3547,3 217,8 684,7 48,0

Wenn trotz dieser Entwickelung des Viehbestandes Klagen laut

geworden sind, so beziehen sich diese weniger auf den Preisstand

Vieh und thierische Produkte als darauf, daß ein Theil des Vieh

bestandes durch Seuchen, wie vor allem durch die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche und die Tuberkulose, verloren geht und der daven betroffene einzelne Viehproduzent einen erheblichen Schaden erleidet.

Auf die Rentabilität der Viehzucht bleiben indessen auch die Ein⸗ und Ausfuhr von Vieh und thierischen nicht ganz

ohne Einfluß. Im Deutschen Reiche stellte sich nun nach den amt⸗ lichen Veröffentlichungen die Ein⸗ und die Ausfuhr von lebendem Vieh in den Jahren 1875 79 und 1885—96, wie folgt: ferde Kühe Schweine Schafvieh außer Span⸗ Aus⸗ Ein⸗ Aus⸗ ferkeln Ein⸗ fuhr fuhr fuhr Ein⸗ Aus⸗ fuhr fuhr fuhr

Aus⸗ fuhr

Ein⸗

Jahr fuhr

1875 68 919 28 9059 112 315 59 379 903 553 361 571 344 413 991 890

1876 87 07151 514 88 376 62 571 1201 663 304 395 483 337 1877 44 701 39 116 117 892 62 148 1290 237 236 724 582 782 1878 66 214 45 423 58 762 68 735 996 141 308 934 864 315 1879 81 87342 526 61 620 ,38 008 /1057 854 358 761 259 294 1885 69 763 15 770 45 456 35 235 545 633 423 293 9 126 1886 72 74814 030 65 311 24 821 568 570 289 317 6 390 1887 73 519 11 428 74 110 21 009 382 966 284 052 6 038 1888 87 06611 596 67 673 20 252 291 799 365 043 1889 84 329 9 201 93 241 5 227 327 649 10 122 1890 83 506 9 534 106 548 3 041 596 811 4 329 1891 90 129 8 869 133 527 3 005 738 599 8 386 1892 82 055 8 895 135 487 3 221 861 253 4 853 1893 65 234 10 069 83 407 3 199 800 852 4 172 1894 85 312 7 283/153 310 3 907 710 128 4 356 1895 103 967 7 980 113 712 4 479 345 594 29 897 108 091] 18 456

Wie diese erkennen lassen, hat die Ausfuhr von lebendem Vieh aus dem Deutschen Reich seit dem Jahre 1875 sehr bedeutend

1 341 597 972

1 366 382 644

abgenommen, dagegen ist die Einfuhr von Rindvieh und Pferden

während der letzten zwölf Jahre fast ununterbrochen erheblich gestiegen

Besonders auffallend ist die zunehmende Einfuhr von Pferden, von denen im Laufe des letzten Jahres aus den Vereinigten Staaten von

Amerika 4285 Stück (gegen 2479 im Jahre 1895), aus Oesterreich Ungarn 11 633, aus Dänemark 15 876, aus Belgien 21 453 und au Rußland 31 862 Stück eingeführt worden Ked. Die Einfuhr von Schweinen ist erst in den beiden letzten Jahren erheblich zurück gegangen.

Es darf indeß nicht unerwähnt bleiben, daß auch bei der Vieh zucht, ebenso wie beim Getreidebau, die Witterung eine große Rolle

spielt; denn in Jahren der Futternoth hat der Landwirth sein Vieh oft zu Schleuderpreisen verkauft, aus Besorgniß, es nicht den Winter

hindurch erhalten zu können. Dies ist auch bei der Beurtheilung der nachstehenden, dem kürzlich erschienenen „Bericht über die Verhand⸗ lungen der 25. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschafts⸗

raths“ entnommenen Uebersicht über die Viehpreise mit in Rechnung zu ziehen. In Berlin und München gestalteten sich seit dem Jahre

1881 die Durchschnittspreise von Schlachtvieh in Mark für 100 kg

wie folgt: Berlin München Rinder Schweine Kälber Hammel Rinder Fleisch⸗ Lebend⸗ Fleisch⸗ Fleisch⸗ gewicht gewicht gewicht cht Mittel⸗ Höchst⸗ niedr. preis preis Preis f. II f. II a f. II a

98,51 110,42 107,19 97,94 108,23 108,12 101,70 103,47 101,28 98,17 92,31 94 58 97,00 99,31 7 93,50 94,23 86,50 91,94 87,19 1 90,06 85,80 95,94 110,61 109,93 115,68 110,93 102,17 107,93 110,04 99,49 108,97 109,58 101,83 109,66 90,13 103,42 86,23

Jahr

1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896

4 653 1188 016

2 801 399 039 5 132 225 992 12 307 317 901 1 915 422 365

2 092 334 818 1 591] 215 015

Im allgemeinen zeigen hiernach, mit Ausnahme der Preise für Schweine, die Viehpreise eine Tendenz zum Verharren auf der bis⸗ berigen Höhe. Allerdings ist hierbei noch zu berücksichtigen, daß man leider über die Höhe der den Landwirthen wirklich gezahlten Preise keine hinreichend umfangreiche Nachrichten besitzt, um sie mit den obigen Preisen an den Viehhöfen vergleichen zu können. Der auf⸗ fallende Sturz der Preise für Schweine in den Jahren 1894 bis 1896 um ca. 15 pro 100 kg Lebendgewicht am Berliner Viehhof dürfte wohl auf die infolge der hohen Preise früherer Jahre ver⸗ mehrte inländische Produktion zurückzuführen sein, die den Bedarf Deutschlands an Schweinen im letzten Jahre fast vollständig be⸗

friedigte.

tschland und der Handel der Vereinigten Staaten Dentsglanarn in landwirthschaftlichen Erzeugnissen.

In den die Berichterstattung der land⸗ und forstwirthschaftlichen Sachverständigen bei den Kaiserlichen Vertretungen im Auslande ent⸗ baltenden Beilagen zu den letzten Heften der itttegtangen der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft“ hat der landwirthschaftliche Sachver⸗ ständige in Washington einen eingehenden Bericht mit tabellarischen Uebersichten über den landwirthschaftlichen Außenhandel der Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlicht, dem folgende Angaben über den zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten sich vollziehenden Handel in landwirthschaftlichen Erzeugnissen entnommen seien.

Während die Gesammt⸗Einfuhr und ⸗Ausfuhr von landwirth⸗ schaftlichen Erzeugnissen in der Handelsstatistik der Vereinigten Staaten für das Jahr 1896 382 bezw. 571 Millionen Dollar auf⸗ weist, kommen davon bei der Einfuhr 5,7 % oder 22 Millionen Dollar der deutschen Landwirthschaft zu gute, wohingegen 12,2 % oder über 70 Millionen von der Gesammt⸗Ausfuhr der amerikanischen Farmer nach Deutschland gehen. 8

Wenn man aber den Handel Deutschlands mit den Vereinigten Staaten im Ganzen betrachtet (den Gold⸗ und Silberversand aus⸗ genommen), so findet man, daß für das Jahr 1896 der Werth der aus Deutschland eingeführten landwirthschaftlichen Erzeugnisse nur 23,8 % aller deutschen Waaren ausmachte, während die Ausfuhr dieser Artikel aus den Vereinigten Staaten 72 % aller nach Deutschland verschifften

üter betrug. 8 3 8 Als weitaus wichtigster Posten der deutschen landwirthschaftlichen Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten steht der Zucker obenan: im Jahre 1896 für 12 528 755 Doll. (gegen 6 335 727 Doll. 1895 und 11 200 769 Doll. 1894). Ihm zunächst, aber in weitem Abstande, folgt in der Werthsumme die Ausfuhr von Häuten und ellen und dann diejenige von Wein, von Borsten, Branntwein und Spiritus, Fle und Hopfen. Die in der Statistik aufgeführte Ausfuhr von Reis im Werth von über 1 Million Dollar kommt hier nicht in Betracht, da dieser kein Erzeugniß der deutschen Landwirthschaft darstellt. Der Werth der deutschen Ausfuhr von Thieren und deren Erzeug⸗ nissen (ausschl. Wolle) nach den Vereinigten Staaten betrug im vorigen Jahre 3 546 465 Doll. (gegen 3 399 935 Doll. 1895 und 2130 778 Doll. 1894), der von Textil⸗Roh⸗ produkten 325 627 Doll. (gegen 398 387 Doll. 1895 und 30 748 Doll. 1894), der von Thee, Kaffee, Kakao ꝛc. 469 311 Doll. (gegen 1 143 424 Doll. 1895 und 1 642 845 Doll. 1894), der von Gekreide 7081 Doll. (gegen 12 414 Doll. 1895 und 10 508 Doll. 1894) und der Werth der Einfuhr sonstiger landwirthschaftlicher Er⸗ zeugnisse aus Deuschland 5 307 924 Doll. (gegen 5 814 941 Doll. 1895 und 3 996 544 Doll. 1892).

Was nun die Ausfuhr landwirthschaftlicher Er⸗ zeugnisse aus den Vereinigten Staaten nach Deutsch⸗ land anbetrifft, so steht die Baumwolle mit 42 Millionen Dollar (gegen 44 Millionen 1895 und 35,6 Millionen 1894) obenan und das Getreide mit über 7,33 Millionen Dollar (gegen 4,2 Mil⸗ lionen 1895 und 8,19 Millionen 1894) an Werth erst an dritter Stelle, während die Ausfuhr von Thieren und thierischen Erzeugnissen mit nahezu 15 Millionen Dollar (14,933 Millionen, 1895: 15,015 Millionen, 1894: 16,058 Millionen)

mehr als das Doppelte der Getreideausfuhr beträgt. Der Werth der

Ausfuhr sonstiger landwirthschaftlicher Erzeugnisse aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland belief sich auf 6,416 Millionen Dollar gegen 9,194 Millionen 1895 und 13,086 Millionen 1894).

Man findet also beim Spoezialhandel der Vereinigten Staaten mit Deutschland, daß die Baumwolle für den landwirthschaftlichen Außenhandel der Vereinigten Staaten die wichtigste Rolle spielt, und daß ihr an Bedeutung nicht mehr das Getreide zunächst steht, sondern die Thiere und deren Erzeugnisse (Schweineschmalz, Margarineöl), welche zu ihrer Herstellung bedeutendere Kapitalanlagen, vielfach auch höhere Bildung bedingen, als sie der extensive Weizenbau erfordert.

„Die Amerikaner“, bemerkt der Berichterstatter, „wollen sich nicht mehr damit begnügen, lebende Thiere und Theile davon auf den europätschen Markt zu bringen, sie gehen vielmehr einen Schritt weiter und suchen durch Gründung einer Abtheilung für Molkereiwesen im Landwirthschaftlichen Ministerium in Washington, durch Abhaltung von Lehrgängen und durch Einrichtung von Molkereischulen durch Erlaß von Margarine⸗Gesetzen und endlich durch unter die Farmer vertheilte Abhandlungen über den Welthandel in Molkerei⸗ erzeugnissen diesen Betriebszweig zu entwickeln. Es ist somit als Folge dieser systematischen Arbeit in den nächsten Jahren eine stärkere Aus⸗ fuhr von Butter, Käse und kondensierter Milch zu erwarten.

Auffallend ist die starke Zunahme in der Ausfuhr amerikanischer Pferde nach Deutschland, ebenso diejenige im Versand von Obst und Taback, während die Einfuhr von Branntwein (Whisky) aus Amerika nach Deutschland im Jahre 1896 ganz bedeutend zurück⸗ gegangen ist.

Die russische Getreide⸗Ausfuhr nach dem Deutschen Reiche.

Die Ausfuhr an Getreide von Rußland nach dem Deutschen

Reiche betrug in Tausenden Doppelzentner in der Zeit:

b. im Monat März

1897 1896 1897 1896 an Weizen 1 310 gegen 1 770 377 gegen 382 Roggen 878 1 423 ö4066 Hafer 868 372 E161I1 Herste 727 830

a. vom 1. Januar bis 31. März

Kunst und Wissenschaft.

„Von der VII. Internationalen Kunstausstellung zu München 1897 wird berichtet: Die Preis⸗Jury ist am Dienstag, den 20. Juli, Vormittags 9 Uhr, im Glaspalast inferrmengetreten. In der konstituierenden Sitzung wurden gewählt: 68 F. A. von Kaulbach, München, zum Ersten Vorsitzenden; Professor Albert Keller, München, zum Zweiten Vorsitzenden; Maler Fritz Burger,

lünchen, zum Ersten Schriftführer; Fegsear Karl Seiler, München, zum Zweiten Schriftführer. Die zury setzt sich zusammen wie fenig. Amerika: Arthur Bridgman, Maler; Belgien: Albert Des Enfans,2 ildhauer; Berlin, Professor Nicolaus Geiger, Bildhauer; England und Schottland: Georg Sauter, Maler; Frank⸗ reich: Fritz Burger, Maler; Holland: Professor J. H. L. de Haas, Maler; Italien: Professor Filippo Cifariello, Bildhauer; Oester⸗ reich: Eugen Felix, Maler; Rußland: Professor Franz Roubaud, Maler; chweiz: Albert Anker, Maler, Karl Theodor Meyer⸗ Basel, Maler; Spanien: Professor AÄAlbert Keller, Maler; Ungarn: Mramns Eisenhut, Maler; Münchener Künstler⸗Genossen⸗ scaft. alerei: Professor Wilh. von Diez, Professor F. A. zen Kaulbach, Frank Kirchbach, Professor Otto 8.g Bildhauerei: garl Georg Barth; Graphik: Michael Joseph Holzapfel, Theodor Besing. Luitpold-Gruppe: Malerei: Fegess Karl Seiler, Karl 8los. Bildhauerei; Franz Bernauer; Graphik: Konrad Strobel.

zession: Professor Albert Keller, Maler, Professor Fritz von Uhde,

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Maler, Professor Heinrich Zügel, Maler, Joseph Floßmann, Bild⸗ hauer. Pfe er Nünn h, Z5 Theodor Fischer, Vorstand des Stadt⸗ erweiterungs⸗Bureaus, Professor Gabriel Seidl, Professor Georg Hauberrisser. ““

Das „Dresdner Journal“ bringt folgende Mittheilung: Der Rath der Königlichen Kunst⸗Akademie zu Dresden hat beschlofsen, von der Veranstaltung einer akademischen Kunst⸗Ausstellung im Jahre 1898 abzusehen. Für diesen Beschluß war die Ansicht maßgebend, daß zunäͤchst die Ergebnisse der diesjährigen inter⸗ nationalen Kunst⸗Ausstellung abzuwarten seien. Die Erfabrungen, welche man auf dem mit sichtlichem Erfolge betretenen Wege der Aus⸗ stellung dieses Jahres gemacht hat, sollen für die zukünftigen akademischen Kunstausstellungen nutzbar gemacht werden. Insbesondere wird vor der Fortsetzung der a ““ Kunstausstellungen in Dresden noch darüber zu berathen und zu entscheiden sein, mit welchem rogramm zur Beschickung dieser Ausstellungen aufzufordern ist, in welchem Aus⸗ stellungsraume und während welcher Jahreszeit sie abzuhalten sind.

Das Königliche Lapidarium zu Stuttgart, die Samm⸗ Iung römischer Steindenkmäler, welche sich im Gebäude der Königlichen Bibliothek (in der Neckarstraße) befindet, hat, wie der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ berichtet, in den letzten beiden Jahren eine sehr erfreuliche Vermehrung erfahren, theils an Originalen, theils, wo eine Erwerbung dieser selbst nicht möglich war, an Gips⸗ abgüssen von solchen. Durch letztere sind die außerhalb der Sammlung befindlichen, im Lande zerstreuten Steine nunmehr nahezu vollständig im Lapidarium vertreten. Besonders werthvolle Bereicherung an Originaldenkmälern brachte das laufende Jahr durch die Funde auf dem Weißenhof bei Besigheim und die in der Martins⸗Kirche in Langenau gemachten Entdeckungen. Schon früher hatte der Weißen⸗ hof, welcher eine bedeutende römische Niederlassung enthält, deren Umfassungsmauer noch genau zu bestimmen ist, zahlreiche Denkmäler geliefert, wie den Kopf eines Merkur, den Torso eines Herkules, Reste, die auf einen Apollo oder eine Artemis hinweisen, das Stück eines Grabdenkmals und zwei Inschrift⸗Fragmente, von denen leider eines aus der Sammlung selbst vor Jahren verloren ging. Im verflossenen Frühjahr wurden ferner bei Feldarbeiten zwei besonders wichtige Funde gemacht: ein Jupiter auf einem Zwei⸗ gespann und die Rundfigur eines zweiten Herkules. Ist es bei letzterer die über die gewöhnliche, handwerksmäßige Darstellung sich erhebende künstlerische Ausführung, was dem Denkmal seinen Werth verleiht, so hat der Jupiter auf dem Zweigespann seine Bedeutung darin, daß er bis Pt das erste Denkmal dieser Gattung ist. Der Gigant, welcher die Vorderfüße der galoppierenden Pferde trägt, bringt das Denkmal in Beziehung zu den so häufigen Darstellungen des reitenden Jupiter mit Giganten, über deren Deutung die Ansichten freilich weit auseinander gehen. Zusammen mit den genannten zwei Denk⸗ mälern wurde ferner gefunden das Bruchstück eines Löwen, wie solche sich häufig auf Grabdenkmälern der Halsch ermantschee Pro⸗ vinzen finden. Die in der Kirche von Langenau zum Vorschein gekommenen Steine sind die zwei größten Grabdenkmäler, die sich in Württemberg erhalten haben (Gewicht je 40 bis 50 Ztr.). Der eine, ohne Inschrift, stellt auf der Vorderseite einen bewaffneten Krieger dar: das erste Beispiel dieser Art aus Württemberg, auf den Nebenseiten zwei unbekleidete Tänzerinnen, wie solche häufig auf Grabdenkmälern vorkommen (vergl. die Steine von Eltingen und Neuenhaus O.⸗A. Nürtingen). Der zweite Langenauer Grabstein trägt eine Inschrift, aus der man ersieht, daß das Denkmal von einem gewissen Serenus seiner siebzigjährigen Mutter, seiner vierzigjährigen Gattin und seinem neunzehnjährigen Sohne errichtet worden ist. Vier Steine, welche, schon längst bekannt, bisher im bischöflichen Garten zu Rottenburg standen, hat das Lapidarium der Freigebigkeit des Landesbischofs zu verdanken; es ist einer der in Württemberg g. häufigen Viergöttersteine, dazu drei weitere Steine, die mit einem schon vorher im Lapidarium befindlichen zusammen⸗ gehören, mit Darstellungen von Musen, anderen mythologischen Ge⸗ stalten und Scenen des Lebens: Denkmäler, die offenbar mit einem einstigen antiken Theater zusammenhängen. Aus Cannstatt gelangten in das Lapidarium das kleine Relief einer Quellnymphe und ein ebensolches mit Darstellung der Epona, der keltischen Göttin der Pferde. Bruchstücke einer solchen fanden sich auch bei den Ausgrabungen im Kräherwalde bei Stuttgart. Das schönste und zugleich wohlerhaltene Beispiel dieser Art aber ergab die Ausgrabung des Kastells Köngen; dort wurden Stücke gefunden, die zu dem im Lapidarium aus früherer Zeit befind⸗ lichen Herkules gehören. Es ist indeß zu bemerken, daß diese Denk⸗ mäler, wie alle anderen bei den Limesgrabungen gemachten Funde, der Reichs⸗Limeskommission I und im Lapidarium nur vorläufig deponiert sind. Das Bruchstück eines Aeon, des in den Mithras⸗Mysterien verehrten Gottes der Zeit, wurde bei Wahlheim gefunden, das Fragment einer Grabschrift bei Olnhausen; schon früher gefunden, aber gewissermaßen neu entdeckt wurde das Stück eines Grabdenkmals bei Essingen. Von Kusterdingen wurde der dem Jupiter und der Juno geweihte Altar erworben, aus Röthenberg bei Alpirsbach eine Säule von dem nahen Schänzle. Die mit Inschriften versehenen Basen zweier Statuen, einer Diana und eines Genius, welche vor Jahren bei Bonfeld gefunden sind, wurden von den Freiherren von Gemmingen auf Schloß Bonfeld dem Lapidarium als Deposita übergeben. In Abgüssen sind jetzt in der Sammlung vertreten die zahlreichen Inschriften von Jagsthausen, drei weitere aus Oehringen (im Schloß zu Neuenstein auf⸗ bewahrt), die Ehreninschrift für Gallienus aus Hausen ob Lonthal, und die Grabschrift des Kalagurritaner Bürgers aus Heidenheim, die Votivsteine für Apollo Grannus aus Brenz und aus Ennetach O.⸗A. Saulgau, die dem Jupiter und der Juno geweihten Altäre aus Niederstotzingen und vom Michelsberg bei Gundelsheim, die Grab⸗ schrift des Kelten Jumma aus der Kirche von Meimsheim, von ebendort der Denkstein für den Kaiser Caracalla und seine Mutter Julia Domna, errichtet zu Ehren des Sieges über die Alemannen im Jahre 213 n. Chr., die Chreninschriften für Julia Domna, die Gemahlin des Kaisers Septimius Severus und für den Kaiser Alexander Severus aus Murrhardt (jetzt in Backnang), endlich die Reliefdarstellung des an der Arbeit befindlichen Vulkan aus Waib⸗ lingen, deren Original sich in der Tübinger Sammlung befindet.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand und Ernte in Oesterreich.

Bericht des österreichischen Ackerbau⸗Ministeriums nach dem Stande um Mitte Juli.

Um die Mitte Juni trat in allen Ländern mit Ausnahme von Galizien und der Bukowina, wo regnerische Witterung vor⸗ herrschend blieb heiteres, warmes Wetter ein, welches in Mähren und Schlesien bis zum Ende der ersten Juli⸗Woche, sonst meist bis zum Ende der Berichts⸗Periode anhielt, wenn auch nicht selten unter⸗ brochen durch Gewitter, die häufig von überaus heft gen Gußregen und hie und da auch von verheerenden Hagelschlägen begleitet waren. Die durchschnittliche Temperatur war im Ganzen, obwohl oft andauernd sehr hoch, etwas unter normal, da auch in jenen Gegenden, in welchen die Hitze eine bedeutende Höhe erreichte, kühle Nächte und Gewitterregen mildernd wirkten. In Kärnten und Tirol kamen in einzelnen Thälern Schnee⸗ fälle, an manchen Orten in Tirol und in der Bukowina Fröste noch in der dritten Juni⸗Woche vor. Die Niederschlagsmenge war, von den Ostländern abgesehen, geringer als gewöhnlich; namentlich aus den Südländern sowie aus dem westlichen Böhmen liegen Nachrichten über bis zu drei, ja auch vier Wochen anhaltende Dürre vor. In den ersten Tagen des Juli traten vielfach heftige Stürme auf, namentlich in den Alpen⸗ und den Karstländern sowie in Böhmen. Ueberschwemmungen werden aus der Bukowina gemeldet. Zur allgemeinen. Charakterisierung des Standes des Getreides fast sich sagen, daß sehr häufig schartige Aehren und Rostbildung zu beo achten nd, und zwar infolge der Lagerung, welche in einem ungewöhnlich ausgedehnten Maße auf⸗

1 ist und nicht selten auch die Entwickelung der Körner ungünstig eeinflußt hat. Oft erstreckt sich die Rostbildung bis auf die Aehren. Doch hat die im Ganzen sehr günstige Witterung der Berichtsperiode diese Uebelstände vielfach verringert, indem sich die Saaten unter gleichzeitigem Zurückgehen des Rostes wenigstens theilweise wieder erhoben. Später wurden freilich an vielen Orten die Halme durch Gewitterregen neuerlich niedergedrückt, ohne aber sehr wesent⸗ lichen Schaden dabei zu leiden, da die Blüthe bereits vorüber war. Die Vegetation ist im allgemeinen kräftig; namentlich zeigen die Halme 8 eine ungewöhnliche Längenentwickelung, freilich allerdings häufig bei minder entsprechender Körnerbildung. Die Lage⸗ rung verlangsamt an vielen Orten die Ernte, da dieselbe nur mit der Sichel vorgenommen werden kann. Die Nachrichten über den Stand, beziehungsweise die Ernte des Roggens lauten sehr ungleich. Im allgemeinen läßt sich aus denselben die Aussicht auf eine Mittelernte ableiten. Da die Witterung zur Zeit der Bluͤthe sehr oft ungünstig war, so sind die Klagen über schartige und taube Aehren sowie über mangelhafte Ausbildung der Körner mindestens ebenso zahlreich, als die Nachrichten über sehr schöne Entwickelung. Die Klagen über das Auf⸗ treten von Mutterkorn sind zwar vereinzelt, immerhin aber, nament⸗ lich in Galizien, häufiger als in anderen Jahren. Dagegen war die Ernte des Roggens durch die Witterung sehr begünstigt und konnte in den dger Getreidelagen der mittleren Zone 8. Ende Juni oder Anfangs Juli, in jenen der nördlichen Zone im Laufe der ersten Juli⸗Woche vorgenommen werden; auch in den höheren Lagen steht eine ö“ zeitige Roggenernte bevor. Freilich ist diese frühe Ernte in vielen Fälen, namentlich in der Westhälfte von Böhmen, eine Folge der Nothreife, welche durch die anhaltende Dürre verursacht worden war. Ueber Auswachsen der Körner wird nur in den Ostländern, aber auch dort nur ausnahmsweise, geklagt. Der Weizen bietet so ziemlich die gleichen Ernte⸗Aus⸗ sichten wie der Roggen. Die Blüthezeit war im Ganzen vom Wetter begünstigt; hingegen ist der Rost am Weizen ungewöhnlich stark aufgetreten und hat oft auch die Aehren ergriffen; 11 Brand wird, besonders in Galizien, nicht selten beobachtet. Schütterer Stand, aber auch lange Aehren und Halme sind seltener als beim Roggen. Die Ernte des Weizens hat in den besseren Ge⸗ treidelagen der mittleren, theilweise auch der nördlichen Zone bereits begonnen. Der Stand der Gerste ist sehr ungleich und hängt von der Zeit des Anbaues ab. Zeitig gebaute Gerstensaaten stehen oft sehr gut, haben vielfach auch bereits gute Ernten gegeben, während die in der zweiten Mai⸗Hälfte S Saaten häufig sehr kümmerlich geblieben und, wie vielfach in Böhmen, nicht zum Schossen gelangt, sondern vertrocknet sind. In Galizien wurde die Entwickelung durch stauende Nässe gehindert. Auch Verkrustung und Verunkrautung des Bodens sowie Rost haben vielfach schädigend eingewirkt. Im allgemeinen stehen die Saaten auf sandigem Boden und auf Anhöhen und Ab⸗ hängen gut, jene auf schweren Böden und in Tiefebenen schlecht. Das Gleiche gilt vom Hafer. Beide Sommerungen lassen, mit Ausnahme der mindere Aussichten bietenden Ostländer, Mittelernten erwarten. Der Mais zeigt, wieder mit Ausnahme der Ostländer, einen guten Stand, soweit er rechtzeitig bearbeitet werden konnte; sonst hat er durch Unkraut sehr gelitten. Gegen⸗ wärtig steht er in Blüthe. Die Kulturarbeiten sind in den Ostländern weit zurück, und dort kann kaum eine Mitttelernte erwartet werden. Von den Hülsenfrüchten, welche theils in Blüthe, theils im Begriffe stehen, Schoten anzusetzen, stehen jene, welche an Stangen gezogen oder behäufelt werden, zumeist nicht schlecht, während die anderen häufig faul geworden sind; dies ist be⸗ sonders in den Ostländern der Fall. In den von Dürre heim⸗ gesuchten Gegenden beginnen die Hülsenfrüchte hie und da zu ver⸗ trocknen. Ueber den Schotenansatz lauten die Nachrichten sehr un⸗ gleich. Bei den Kartoffeln richtet sich der Stand nach der Zeit des Anbaues und nach der Bearbeitung. Viele Kartoffeln sind in zu nassen Boden gekommen und verfault oder doch lückenhaft au gegangen; vielfach war wegen Bodennässe der Anbau oder, bei Ausbleiben, der Nachbau nicht möglich, sodaß die Anbaufläche eine Reduktion erfahren haben dürfte. Auch das Unkraut, dessen Bekämpfung sehr oft nicht rechtzeitig in Angriff genommen werden konnte, hat nicht selten einen unguͤnstigen Stand der Kartoffeln verursacht; ferner ist in den Süd⸗ ländern und in Böhmen unter der Einwirkung der Dürre oft das Kraut vertrocknet und der Knollenansatz sehr gering geblieben. Dagegen werden Schäden durch Peronospora und Engerlinge nur vereinzelt gemeldet. Es fehlt aber keineswegs an Nachrichten über sehr guten Stand der Kartoffeln, der infolge dessen im Durchschnitt als mittel bezeichnet werden kann. Zuckerrüben haben unter der Nässe weniger, unter der Dürre aber mehr gelitten als die Kartoffeln. Klagen über Schädlinge und Wurzelbrand sind nicht als sonst; dagegen wird vielfach über wegen späten Anbaues zurückgebliebene Entwickelung und Gelbwerden der Blätter, besonders aber über massenhaftes Auftreten von Unkraut, eine Folge der zurückgebliebenen Kulturarbeiten, geklagt. Die Ernte auf Wiesen und Kleefeldern ist in der Westhälfte zumeist, in den Ostländern zum theil beendet; sie hat nach der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Nachrichten der Menge nach ein sehr gutes Ergebniß gehabt. Da die Witterung dem Aufdörren überaus günstig war, so ist auch die Qualität des Heues in den meisten Fällen zufriedenstellend. Die vorkommenden Klagen beziehen sich vorwiegend auf Verschlämmung des Heues, auf das Vorkommen minderwerthiger Futterpflanzen und auf das Faulen von zu üppigem und daher ge⸗ lagertem Klee. In den Ahlpenländern ist die Mahd der ein⸗ schürigen Wiesen im Zuge. In Galizien konnte vielfach die Heuernte wegen Ueberschwemmung noch nicht begonnen werden. Die Aussichten auf die Grummeternte sind nicht günstig, da in den regen⸗ losen Lagen die Grasnarbe und die Kleefelder stark ausgedörrt sind; dies ist namentlich im westlichen Böhmen der Fall. Die größtentheis beendete Rapsernte ist der Erwartung gemäß in Böhmen und Mähren wie auch in Nieder⸗Oesterreich gut, dagegen in Schlesien und in Galizien schlecht ausgefallen. Die Blüthe des Weinstocks war vom Wetter sehr begünstigt. Die Weingärten in Steiermark, Krain und Tirol, besonders aber jene in Böhmen, zeigen zumeist einen sehr guten Stand, sodaß sich die Aussichten auf eine gute Weinlese bedeutend gehoben haben. Der Traubenansatz ist zwar selten sehr reich, doch sind die Trauben voll, groß und gut ent⸗ wickelt. Die Peronospora wird zwar in den meisten Wein⸗ ländern beobachtet, doch nur in Nieder⸗Oesterreich und Dalmatien in einigermaßen namhafter Ausbreitung. Die schon früher aufgetretenen Rebenkrantheiten (Oidium, Antraknose und Chlorose) und Schädlinge (Sauerwurm, Rebenstecher, Otiorhynchus sulcatus und Phytoptus Nitis) sind zwar nicht verschwunden, haben aber abgenommen. In Dalmatien ist auch eine Coccusart .e. vitis) beobachtet worden. In den Karstländern hat die Bora vielfachen Schaden an den Weingärten angerichtet. Die im allgemeinen geringen Aus⸗ sichten bezüglich der Obsternte haben sich kaum irgendwo wesentlich gebessert, dagegen häufig durch fortwährenden Abfall der Fruchtansätze noch vermindert.

Nach dem „Journal officiel“ war der Stand der Saaten in Frankreich um die Mitte des Monats Juli folgender: Winter⸗ weizen in 27 Departements gut, in 37 ziemlich gut, in 12 genügend, in 8 mittelmäßig. Sommerweizen in 2 Departements sehr gut, in 16 gut, in 24 ziemlich gut, in 7 genügend und in einem mittelmäßz

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Seft 13 der „A wirthschafts⸗Gesellschaft“ vom 20. Juli enthält die Wanderversammlung zu Hamburg und die landwirthschaftliche Gesellschaftsreise nach Ungarn vom 11. Mat bis 1. Juni d. J.

„Mittheilungen der Deuts

erichte über

In der der Berichterstattung der land⸗ lichen Sachverständigen bei den Kaiserlichen Vertretungen im Auslande gewidmeten Beilage berichtet der Sachverständig in St. Petersburg über die russische Getreide⸗Ausfuhr nach dem Deutschen Reich und der Sachverständige in Washington über den landwirthschaftlichen Außenhandel der Vereinigten Staaten von Amerika im allgemeinen und mit dem Deutschen Neich im besonderen,

sowie über den Holzbestand und Holzverbrauch in Nord⸗Amerika.

en Land-.

und forstwirthschaft.