Die Verletzung des Betriebsleiters einer Steinkohlenzeche, der bei Gelegenheit der von den Mitgliedern eines Vereins technischer Grubenbeamter vorgenommenen Besichtigung einer Versuchsstrecke bei den hierbei angestellten Versuchen mit Sprengstoffen infolge einer Kohlenstaub⸗ Entzündung einen Unfall erlitten hatte, ist als Betriebsunfall auf Grund der Annahme anerkannt worden, daß die Theilnahme des Klägers an jenen Versuchen in erster Linie Betriebszwecken diente, näͤmlich durch das Bestreben veranlaßt war, Belehrun darüber zu erhalten, welcher Sprengstoff von ihm in Zukun auf den ihm unterstehenden Kohlenwerke anzuwenden sei. (1626.)
Der Entschädigungsanspruch eines Bergarbeiters, der ver⸗ spätet auf der Zeche zur Nachischicht erschienen, aber dessen⸗ ungeachtet, obwohl ihm die Kontrolmarke und die Uebergabe der Sicherheitslampe verweigert worden war, eigenmächtig eingefahren war und hierbei einen Unfall erlitten hatte, ist zurückgewiesen worden. (1627.) . G
Dem Verbot der Benutzung gewisser bergbaulicher Betriebs⸗ einrichtungen (Fördertrumme u. s. w.) durch die fahrende Mannschaft wohnt nur dann eine den Betrieb abgrenzende und demgemäß die Entschädigungspflicht der Knappschafts⸗ Berufsgenossenschaft gegebenenfalls ausschließende Wirkung bei, wenn seitens der Grubenverwaltung ausreichend dafür gesorgt ist, daß das Bestehen des Verbots äußerlich erkennbar in die Erscheinung tritt, und die Be⸗ theiligten sich seiner dauernd bewußt bleiben. (1628.)
sind folgende Bescheide und Beschlüsse mit⸗ etheilt: . Das Verfahren nach § 59 Absatz 4 des Unfallver⸗ sicherungsgesetzes (§ 64 Absatz 4 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes) tritt nur aushilfsweise und zwar dann ein, wenn der Betrieb, in dem der Unfall vor⸗ ekommen ist, einer Berufsgenossenschaft nicht angehört; es ann dagegen nicht zur Anwendung kommen, wenn nur streitig ist, ob der Unfall sich bei einem zweifellos einer Genossenschaft angehörenden Betriebe ereignet hat. (1629.)
Oeffentliche und private Wohlthätigkeits⸗ (Siechen⸗, Blinden⸗) Anstalten, in denen die Zöglinge wesentlich nur aus humanitären Rücksichten beschäftigt werden, können selbst dann, wenn die von ihnen hergestellten Waaren veräußert werden, nicht als „gewerbsmäßige“, d. h. auf Erzielung von Gewinn gerichtete Betriebe im Sinne des § 1 e)¹ des Unfallversicherungsgesetzes angesehen werden. (1630
Eine Glimmerwaarenfabrik, in der hauptsächlich Gegenstände aus Metall und Glimmer für Beleuchtungszwecke hergestellt werden, ist gemäß § 37 Abs. 4 bes Unfallversiche⸗ rungsgesetzes der Norddeutschen Edel⸗ und Unedelmetallindustrie⸗ Berufsgenossenschaft überwiesen worden, da die mittels Dampf⸗ kraft stattfindende Be⸗ und Verarbeitung von Metallen einen hervorstechenden Bestandtheil des Betriebes bildete. (1631.)
Die auf die Fabrikation von Kinder⸗Musik⸗ instrumenten (Kinderklaviere, Metallophone u. s. w.) gerichteten Betriebe sind nicht bei der Berufsgenossenschaft der Musikinstrumenten⸗Industrie, sondern bei derjenigen Berufs⸗ genossenschaft zu versichern, zu welcher sie nach dem ver⸗ arbeiteten Material gehören. (1632.)
Aus dem Gebiet der Invaliditäts⸗ und Alters⸗ rsicherung ist ein Rundschreiben an die Vorstände der Invaliditäts⸗ und “A““ und der zuge⸗ lassenen Kasseneinrichtungen vom 12. Juli 1897, betreffend das Ergebniß der Vertheilung der während des Jahres 1896 gezahlten Renten und Beitragserstattungen, mitgetheilt. Ferner sind folgende Revisions⸗Entschei⸗ dungen veröffentlicht: 8 Die Schiffsbesatzung ausländischer Seeschiffe, die sich in deutschen Häfen und Gewässern aufhalten, unter⸗ steht nicht der Versicherung nach dem Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesetz. Dagegen erstreckt sich die Versicherung auf die nicht zur Schiffsbesatzung solcher Schiffe gehörenden Per⸗ sonen. Ausgenommen sind nur die Personen auf einem unter der Flagge eines fremden Souveräns fahrenden Seeschiffe und auf einem fremden Kriegsschiffe. Diejenige durch Krankheit gedeckte Kalenderwoche, in welche der Eintritt der Invalidität fällt, kann als Krank⸗ heitswoche im Sinne des § 17 Abs. 2 des Invaliditäts⸗
und Altersversicherungsgesetzes nicht angerechnet werden.
Die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden nach § 122 des Invaliditäts⸗ und Altersversiche⸗ rungsgesetzes dienen nur der Regelung der laufenden Ver⸗ sicherung, und, wenn sie darüber hinaus auch für den Renten⸗ anspruch insoweit maßgeblich wirken, als dieser Anspruch von der Beitragsentrichtung mit abhängig ist, so kommt ihnen doch an sich eine weitere, die Spruchbehörden einschränkende Wirkung nicht zu. Wie dies das Reichs⸗Versicherungsamt bereits hin⸗ sichtlich der Beurtheilung der vorgesezlichen Thätigkeit eines Rentenbewerbers entschieden hat, so muß es auch in Bezug auf die Frage gelten, ob jemand im Sinne des Bundesraths⸗ beschlusses vom 27. November 1890/22. Dezember 1891 zu den Personen gehört, welche berufsmäßig Lohnarbeiten über⸗ haupt nicht verrichten. (589.)
Es ist angängig, eine mit Erwerbsunfähigkeit ver⸗ bundene Krantheit als festgestellt anzunehmen, ungeachtet des Fehlens objektiver Merkmale für eine bestimmte Art der Erkrankung. (590) 3 1
Das Rechtsmittel der Berufung, wie es im §. 77 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes vorgesehen ist, setzt einen Bescheid des Vorstandes der Versicherungs⸗ anstalt voraus, welcher als Entscheidung einer Spruchbehörde erster Instanz bestimmt ist, formales Recht zu schaffen. In dem Verfahren nach § 84 a. a. O. sind die unteren Ver⸗ waltungsbehörden nicht berufen, unter Abwägung der beiderseits beigebrachten Beweismittel einen an sich zulässigen neuen Antrag sachlich zu prüfen, vielmehr haben sie nur dann, wenn ein erst vor kurzer Zeit rechtskräftig abgewiesenes Gesuch in äußerlich unzulänglicher Weise, nämlich ohne eine Be⸗ scheinigung, wiederholt wird, durch einen Vorbescheid den be⸗ theiligten Amtsstellen die nutzlose Arbeit eines abermaligen förmlichen Rentenverfahrens zu ersparen. (591.)
Weiter enthält die Nummer noch folgende Bescheide und Beschlüsse:
Nur volle Kalenderwochen sind als Wochenmilitärischer Dienstleistung anzurechnen. Militärische Dienstleistungen, die in eine nach Eintritt der Invalidität liegende 82 fallen, sind ebenso wie Krankheitswochen nach Eintritt der Invalidität oder Beiträge für derartige Zeiten für die Rentenvertheilung ohne Werth. (592.)
Die Anfechtung einer nach dem Sitzungsprotokolle über
8
„sei (§ 380
die mündliche Verhandlung vor dem Schiedsgericht erklärten Zurücknahme der Berufung ist an sich zulässig und kann darauf gestützt werden, daß der Vorgang Fsracec beheeder
bs. 2 der Zivilprozeßordnung). Die Entscheidung urücknahme in der That nicht in verbind⸗ iedsgericht; auch ist ache zu verhandeln.
darüber, ob die licher Weise erfolgt sei, gebührt dem S “ im geordneten Verfahren zur 593.
1b In dem nichtamtlichen Theile ist mitgetheilt, daß der Königlich preußische Minister der öffentlichen Arbeiten unter Hinweis auf das an die Vorstände der gewerblichen und land⸗ wirthschaftlichen Berufsgenossenschaften und der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalten erlassene Rundschreiben des Reichs⸗Versicherungsamts, betreffend das Zusammenwirken der Einrichtungen des Vaterländischen Frauenvereins mit den Organen der Arbeiterversicherung, vom 29. Mai 1897 die zu⸗ ständigen Behörden ersucht habe, etwaigen seitens der Verbände, Zweig⸗ oder Hilfsvereine des Vaterländischen H“ im Sinne jenes Rundschreibens hervortretenden Wünschen und Vorschlägen, soweit dabei die staatliche Unfallversicherung und die Interessen der für die staatlichen Betriebe errichteten Betriebs⸗ und Bau⸗Krankenkassen betheiligt seien, auch ihrer⸗ seits thunlichst entgegenzukommen. Ferner ist ein Gutachten des Professors Dr. Kast in Breslau, betreffend einen durch starke Anstrengung des Herzens verursachten Todes⸗ fall, veröffentlicht. “ “
— E“
Der am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte Kaiserlich russische Botschafter Graf von der Osten⸗Sacken hat sich nach St. Petersburg begeben. Für die Dauer seiner Ab⸗ wesenheit fungiert der Botschafts⸗Rath Graf Pahlen als Geschäftsträger.
Der hiesige Königlich württembergische Gesandte Freiherr von Varnbüler hat Berlin mit Urlaub verlassen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich sächsische Wirkliche Geheime Rath Dr. von Heerwart ist mit Urlaub von Berlin abgerest.
Wilhelmshaven, 3. August. Die 3. Division des II. Geschwaders ist heute Vormittag unter dem Kontre⸗ Admiral Hoffmann formiert worden, welcher seine Flagge auf dem Panzerschiff „Hildebrand“ hißte.
Baden. Der „Karlsruher Zeitung“ zufolge hat Seine Königliche Hoheit der Großherzog an den General der Infanterie, Freiherrn Röder von Diersburg, den Präsidenten des 18. 1““ des Badischen Militärvereins, welcher am 31. v. M. in Wertheim zugleich mit dem Krieger⸗ feste des Taubergaus und der Enthüllung des Denkmals für den Kaiser Wilhelm I. abgehalten wurde, das nachstehende Schreiben gerichtet: Lieber General der Infanterie Freiherr Röder von Diersburg
z. Z. Wertheim a. M. Wie gerne würde ich zum 1. August nach Wertheim kommen, um mich an dem 18. Abgeordnetentage des Badischen Militärvereins⸗ verbandes zu betheiligen. Ich betrachte es als eine ernste Prüfung, fern von Ihnen bleiben zu müssen, und fühle daher um so mehr das Bedürfniß, den Theilnehmern an dem Abgeordnetentage einen Gruß aus treuem Herzen zu senden. Ich ersuche Sie, allen Vertretern der Landesvereine Folgendes auszusprechen: Von Herzen danke ich für die vielen Bethätigungen der Liebe, die Sie mir im vergangenen Jahre so reichlich bekundet haben. Ich wiederhole diesen Dank um so lieber, als ich an solchen Kundgebungen treuer Gesinnung stets erkennen konnte, daß dieselben auf der un⸗ erschütterlichen Grundlage des geschworenen Fahneneides beruhen. — Diese Grundlage erkennen wir alle in ihrem wahren Werthe, da wir die Schule des Heeres als ein Bildungs⸗ und Er⸗ ziehungsmittel kennen gelernt haben, das uns befähigt, die Aufgaben des bürgerlichen Lebens mit der Hingebung treuer Selbstverleugnung zu erfassen, welche jede Arbeit mit Erfolg krönt. Mit Treue und Muth erlangen wir die Kraft zur Bekämpfung so mancher Versuche, die Ordnung des Staats, den Segen der Familie zu zerstören. Solcher Kampf muß zum Frieden führen, denn er hat als ehrenvolles Ziel die Wahrung von Recht und Sicherheit.
In solcher Gesinnung bewährt sich auch der Wille, für Heimath⸗ land und Reich mit ganzer Treue einzutreten. Nicht nur, wenn der Ruf „Zu den erschallt, sondern auch, wenn es gilt, patrio⸗ tischen Geist zu bekennen, muß der treue Bürger dafür einzustehen wissen. Die Interessen des Reichs und des Landes dürfen wir uns nie im Gegensatz denken; wo es gilt, das Ansehen des Reichs in der Welt zu stärken, muß das Land daßür einstehen zum eigenen Schutz. Halten Sie Alle fest an dieser Pflicht der Einigung, welche alle Tren⸗ nungsversuche ausschließt. 8 11
Ich vertraue auch fortan auf Ihre erprobte Gesinnung, die Sie im Kriege und bisher auch im Frieden bewährten und womit Sie Sich stets als treue Krieger bethätigen werden.
Bringen Sie diese meine wohlgemeinten Mahnungen in Ihre heimathlichen Kreise und verbreiten Sie in denselben den Geist patriotischer Hingebung, der unserem Heimathlande Segen und Frieden bereitet!
Ihr stets wohlgeneigter
Friedrich.
Oesterreich⸗Ungarn.
Das ungarische Unterhaus erledigte gestern die Spezialberathung der Vorlage, betreffend die Zuckerprämien, und nahm die von dem Finanz⸗Minister vorgeschlagenen Ab⸗ änderungen an.
Großbritannien und Irland.
Im Oberhause erklärte gestern der Premier⸗Minister Marquis von Salisbury, daß zur Entschuldigung der Ver⸗ zögerungen bei den griechisch⸗türkischen Friedensverhandlungen vielerlei anzuführen sei. Wenn es sich nur um ein Arrange⸗ ment zwischen dem Sieger und dem Besiegten handelte, so würde ein solches wahrscheinlich schon hergestellt sein. Da aber das von der Türkei eroberte Gebiet Griechenland durch ein internationales Abkommen zugewiesen worden sei, so hätten auch andere Mächte außer Griechenland mitzusprechen Es handle sich darum, die Nichtrückgabe Thessaliens an die Türkei mit dem Rechte des Sultans auf Sicherstellung gegen Einfälle in Einklang zu bringen. Er glaube, es sei jetzt dahin ge⸗ kommen, daß der Sultan eingewilligt habe, die strategische Linie anzunehmen und Thessalien an Griechenland zurückzugeben; es bleibe nur noch das Recht der Türkei
auf eine Entschädigung; die Zahlung dieser Entschädigung durch 1 Griechenland cha mit vielen Schwierigkeiten Hebnlnfl Die
türkische Regierung habe vorgeschlagen, daß strategische Punkte besetzt werden sollten, bis die Entschädigung gezahlt sei. könne noch nicht sagen, wie die Entscheidung der Mächte ausfallen werde, denn die Sache sei gewissermaßen noch Gegenstand einer Kontroverse. Dazu komme die schwierige Frage der deutschen Bondsinhaber. Er glaube nicht, daß Europa die internationale Pflicht obliege, für Bezahlung der deutschen Bondsinhaber Sorge zu tragen; aber so „ die 5 Bondsinhaber nicht bezahlt seien, werde der Kredit Griechen⸗ lands auf dem europäischen Markt ein äußerst geringer sein. Eine Kontrole der griechischen Einnahmequellen werde u vermeidlich sein, falls Geld zur Befriedigung gerechter An⸗ sprüche an Griechenland zu beschaffen sei. Die Unterhandlungen in dieser Richtung seien noch nicht weit vorgeschritten und könnten noch Ursache einer bedeutenden Verzögerung sein, er laube aber, daß ein befriedigendes Ergebniß in Aussicht ehe. Was Kreta betreffe, so hätten die Mächte allgemein das Gefühl, daß es nutzlos sei, definitive Arrangements zu treffen, bis die wichtigere Frage des Friedensschlusses zwischen Griechenland und der Türkei geregelt sei. 8 Im Unterhause richtete Sir Edward Gourley die Anfrage an die Regierung: ob die Kündigung des Handel⸗ vertrags mit dem deutschen Zollverein England in den Stand setze, auch denjenigen Schiffen Zölle aufzulegen, die, in England gebaut, vielfach an deutsche Rheder verkauft und zollfrei in englischen Häfen zugelassen 8 Der Erste Lord des Schatzamts Balfour erwiderte: die Regierung habe Deutschland den Wunsch angedeutet, wegen eines neuen Handelsvertrags zu unterhandeln. S lange die Verhandlungen nicht beendet seien, sei es verfrüh eine Ansicht über die Wirkung auszusprechen, welche das Ab⸗ laufen des Vertrags auf die Sölle haben könne. Der Parla⸗ ments⸗Sekretär des Aeußern Curzon erklärte: das britische Protektorat über die Insel Palmyra sei schon im Mai 1889 erklärt worden. Die Besetzung werde aufrecht erhalten werden Es wäre unnöthig gewesen, den Mächten oder Hawaii hiervon Mittheilung zu machen.
würde
8
Frankreich.
Der Präsident Faure ist gestern von Valence in Orang eingetroffen. Abends wurde daselbst ihm zu Ehren in dem antiken Theater von Mitgliedern der Comédie française eine große Vorstellung 8e. Der Präsident wurde von den “ deren Zahl 10 000 überstieg, lebhaft begrüßt.
. Rußland.
Zur Begrüßung Ihrer Majestäten des Deutschen Kaisers und der Deutschen Kaiserin werden, w „W. T. B.“ meldet, Abordnungen der deutschen Kolonien i Riga, Reval, Moskau, Warschau und Odessa in St. Peter burg eintreffen.
Italien. 1
Die „Agenzia Stefani“ veröffentlicht einen Bericht, welchen die überlebenden Offiziere der Expedition Botteg an die italienische Geographische Gesellschaft erstattet haben. Hiernach ist die Expedition am 22. Februar 1895 von Sancurar aufgebrochen, hat Vollamo berührt, den Pogadesee besucht und ist am 1. Juni 1896 nach Omo gekommen. Infolge der fortwä renden Kämpfe mit kriegerischen Stämmen mußte die Exp dition die Monate Juli und August 1896 am Rudolf⸗See zu bringen. Zu dieser Zeit verließ Dr. Sacchi die Expedition unter Mitnahme der bedeutenden mineralogischen und zoolo⸗ gischen Sammlungen, um sich nach Lugh zu begeben. Di Expedition erreichte dann das äthiopische Hochplateau, machte in Sajo Halt und richtete ein Schreiben an den Gallahäupt⸗ ling Degiasmacc. Infolge der freundlichen Versicherungen dieses Häuptlings rückte die Expedition weiter vor und kam am 16. März 1897 in der Näͤhe von Gabo an. Trotz seiner freundlichen Betheuerungen ließ der Häuptling die Expedition von seinen Soldaten umzingeln. m sich einen Weg zu bahnen, mußte die Expedition sich in ein Gefecht einlassen, bei welchem sie 60 von ihren 86 Mitgliedern verlor, darunter Kapitän Bottego. Die Ueberlebenden wurden ge⸗ fangen genommen und mußten vielerlei Leiden erdulden. Am 6. Juni 1897 wurden die Ueberlebenden auf Befehl des Negus nach Schoa geschickt, wo sie am 22. Juni eintrafen und dem Major Nerazzini uͤbergeben wurden. Die Dokumente der Expedition sind gerettet worden, nur die Sammlungen, welche Sacchi anvertraut worden waren, sind verloren gegangen; Sacchi scheint bei einem Streifzuge am Ambara gefere zu sein.
Die „Tribuna“ berichtet über eine lange Unterredung mit dem General Baratieri betreffs der Schlacht bei Adua, in welcher dieser ausgeführt habe, daß sich damals alle anwesenden Generale einstimmig für den Angriff ausge⸗ sprochen hätten, während die ganze Verantwortlichkeit für die Schlacht auf ihn allein zurückgefallen sei. Andererseits seien die Berichte über die schwierige Lage des Heeres Menelik's durchaus zutreffend gewesen, und wenn man mit dem Angriff noch zwei Tage gewartet hätte, so würden die italienischen Truppen einen glänzenden Eaeß errungen haben. Der General Baratieri habe seine Aeußerungen mit der Erklärung geschlossen, daß er im Begriff stehe, ein Werk über
diese Vorgänge herauszugeben, in welchem er niemand an⸗-
greifen, aber auch niemand schonen werde.
* Spanien.
Infolge neuerdings erlassener Verfügungen hinsichtlich der Lebensmittelsteuer haben, wie „W. T. B.“ aus Madrid meldet, die Gewerbetreibenden und Kaufleute innerhalb der Bannmeile von Madrid ihre Geschäfte geschlossen. Einige Bersuche, Unruhe zu stiften, seien sofort unterdrückt und Vor⸗ sichtsmaßregeln gegen etwaige Wiederholungen getroffen worden.
Portugal.
us Lissabon wird der „Agence Havas“ berichtet, daß die Meldungen über eine unruhige Bewegung in Portugal jeder Begründung entbehrten. Allerdings habe die Regierung einige Vorsichtsmaßregeln getroffen, doch sei die Ordnung nirgends gestört worden, und es lägen keine Anzeichen dafür vor, daß eine solche Störung zu erwarten sei
Türkei.
Aus Konstantinopel meldet das Wiener „Telegr. Korresp.⸗Bureau“, daß die Botschafter die Antwort auf die in der letzten Sitzung seitens der Pforte beantragten Ab⸗ änderungen einiger unhe des Präliminarvertrages abgefaßt und übergeben hätten. Die nächste Sitzung in Tophane
finde heute statt
1“ 1 Der bulgarische dipkomatische Agent hat bei der Pforte den Antrag gestellt, dieselbe möge geatten, daß zwei bulgarische Vertreter behufs Abschlusses Konvention üder die Rechte der Handelsagenten nach Konstantinopel kommen dürften. 8 Zu Ehren der deutschen und österreichischen Aerzte sowie der deutschen Schwestern, welche zur Pflege der Verwundeten dorthin gesandt sind, fand, dem „W. T. B.“ zu⸗ olge, gestern im Yildiz Kiosk ein Diner statt, an dem der Pige. Henenom enkeigter Munir Pascha, der Chef der Militär⸗ kanzlei, Marschall Schakir Pascha, der Divisions⸗General von Gruͤmbckow Pascha, der erste Dragoman der deutschen Botschaft Testa, der Hauptmann Morgen, der österreichisch⸗ ungarische Militär⸗Attache Oberst⸗Lieutenant Freiherr von Giesl und der Legations⸗Sekretär Otto theilnahmen. In einer Audienz, welche sich an das Diner anschloß, drückte der Sultan den Aerzten und Schwestern seinen Dank für ihre ausgezeichneten Dienste aus und beschenkte dieselben reich.
Wie dem „W. T. B.“ aus Belgrad mitgetheilt wird,
haben sich die Einfälle der Arnauten seit dem 28. v. M.
11“
nicht erneuert. Seitens der Türken sowie der Serben seien alle Maßregeln zur Wiederherstellung der Ruhe an der Grenze getroffen worden.
ESchweden und Norwegen. Das Storthing hat, nach einer dem „W. T. B.“ zuge⸗ angenen Meldung aus Christiania, dem Antrage der Tarifkommission gemäß folgende Zollsätze angenommen: Lein⸗ wand 40 Oere für das Kilogramm, Fischgarn 12 Oere, un⸗ gebleichtes Baumwollengarn 10 Oere, sammetgewebte Stoffe, darunter Plüsch, 125 Oere, gedruckte Baumwollenwaaren 110 Oere, Blumenzwiebeln 25 Oere, frische und getrocknete Blumen 300 Oere, gesalzenes Fleisch 10 Oere. Das radikale Mitglied des Storthing Sigurd Blekast ad ist am 31. v. M. gestorben. 8 “
8 Dänemark. 8
Die Kaiserin⸗Wittwe von Rußland, der Groß⸗ fürst Michael, die Großfürstin Olga sowie der Prinz Johann se Schleswig⸗Holstein⸗Senderburg⸗Glücks⸗ b. sind, wie „W. T. B. meldet, an Bord der YNacht „Polarstern“ gestern Nachmittag vor Dragoer eingetroffen, bis wohin ihnen der König von Dänemark auf seiner Nacht „Danebrog“ entgegengefahren war. Die Höchsten Herrschaften setzten von Dragoer die Fahrt an Bord des „Danebrog“ fort nd trafen Nachmittags um 3 Uhr in Kopenhagen ein.
Amerika. 8 Das „Reuter’sche Bureau“ erfährt aus Buenos Aires, daß die Mitglieder des revolutionären Comités in
Uruguay nach Montevideo abgereist seien, um über den Abschluß des Friedens zu verhandeln.
Eine Depesche des „Reuter'schen Bureaus“ aus Mala⸗ kand meldet den Entsatz des Forts Tschakdara.
Die Angelegenheit Gangadhar Tilak'’s, des eingeborenen Mitglieds des Gesetzgebenden Raths, dessen Verhaftung wegen Aufreizung zur Unzufriedenheit vor einigen Tagen gemeldet wurde, ist vom Polizeigericht dem Geschworenengericht über⸗ wiesen worden.
8.
Arbeiterbewegung.
Aus Stettin wird dem „Vorwärts' berichtet, daß nun auch die Arbeiter der zweiten Oelmühle, in der ein Ausstand aus⸗ gebrochen war, zur Arbeit zurückgekehrt, nachdem ihre Forderungen bewilligt worden sind (vgl. Nr. 175 u. 178 d. Bl.).
Aus Altenburg wird der „Köln. Ztg.“ telegraphiert: Die Ver⸗
handlungen der letzten Tage über Beilegung des Ausstandes im Meuselwitzer Kohlenbezirte führten zu befriedigendem Er⸗ gebniß. Man nahm an, daß die Wiederaufnahme der Arbeit auf allen Werken gestern erfolgen werde. Aus Delmenhorst wird der „Weser⸗Ztg.“ über den Ausstand in der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarn⸗ spinnerei (vgl. Nr. 169 d. Bl.) geschrieben, daß ein Vermitt⸗ lungsversuch des Bürgermeisters Münzebrack vergeblich war. Die Arbeiter haben durch Zettelabstimmung die Fortsetzung des Ausstandes beschlossen. Gestern Morgen haben sich nur etwa 40 Personen an der Wollkämmerei zur Arbeit gemeldet, welche sich auf die einzelnen Abtheilungen, als Sortierung, Wäscherei, Spinnerei, Weiferei, Zwirnerei, Doublierung u. s. w. vertheilen, so⸗ daß auf jede durchschnittlich 4 Mann kommen — eine Zahl, die na⸗ türlich zu dem großen Betriebe außer Verhältniß steht. Nur die Arbeiter der stätte und die Hofarbeiter, im Ganzen vielleicht 150, arbeiten weiter. Wie „W. T. B.“ meldet, hat die Gesellschaft gestern den Betrieb überhaupt eingestellt.
Aus Berlin berichtet der „Vorwärts“, daß der Ausstand in “ . eöö 188 Louis Grunauer u. Co. eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beigelegt worden ist. (Vgl. Nr. 173 und 174 d. Bl.) . ees
Aus Triest wird dem „Wolff'schen Bureau“ zur Ausstands⸗ bewegung gemeldet: In dem Ausstand der Bäckergesellen hat sich nichts geändert. Das Militär sollte gestern Nachmittag an⸗
an Stelle der Ausständigen zu arbeiten. Die Stadt zunächst noch mit Brot versorgt. Auch in mehreren Fabrikbetrieben haben die Arbeiter die Arbeit eingestellt, darunter auch die gesammte Arbeiterschaft des Stabili- mento teecnico. Die Gesammtzahl der Ausständigen beträgt 2300. Der größte Theil von ihnen hat die Arbeit niedergelegt, um 3 8 Sreig grag⸗ — Iasgcbafteten Ngktatonh Camber zu demon⸗ sjeren. Die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln sind getrsffen worden. (Vgl. Nr. 179 d. Bl.). Fes 8 .
Kunst und Wissenschaft. Zum Rektor der hiesigen Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗
Universität für das Studienjahr 1897/98 ist gestern Nachmittag
von den ordentlichen Professoren der Hochschule Professor Dr.
gewählt worden. Die Wahlen der Dekane der einzelnen
Fakultäten hatten folgendes Resultat: Theologische Fakultät: Pro⸗
pesor D. Pfleiderer; juristische Fakultät: Geheimer Justiz⸗Rath
afsle Pef P Fnic; : Bebeixer v
— Heubner; philosophische Fakultät: Geheimer Regierungs⸗Rath Ercseßun Dr. Kekule 1 E Febhits,
Im Seminar für orientalische Sprachen zu Berlin werden im Winter⸗Semester 1897 folgende Vorlesungen von kolonialpolitischem Interesse stattfinden:
Guzerati. 1) Dienstags, Donnerstags, 6—7 Uhr, Herr Vacha.
2) Praktische Uebungen in Guzerati: Montags, Mittwochs, Freitags, 6—7 Uhr, Herr Vacha.
Neuarabisch mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von
Syrien.
1) Zweiter Kursus: täglich 8—-9 Uhr, Herr Prof. Dr. Hartmann. 1G
2) Anfänger⸗Kursus: täglich außer Mittwochs, 9—10 Uhr, Herr Prof. Dr. Hartmann.
3) Uebungen der Selekta im Erklären und Abfassen von öffent⸗ lichen und privaten Urkunden in neuarabischer Sprache: Mittwochs, 10 — 11 Uhr, Herr Prof. Dr. Hartmann.
4) Geographie und moderne Geschichte Syriens: Mittwochs, 9— 10 Uhr, fr Prof. Dr. Hartmann.
1) Praktische Uebungen mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von Syrien: täglich, außer Sonnabends, 5—7 Uhr (5 bis 6 Uhr für den zweiten Kursus, 6—7 Uhr für den Anfänger⸗Kursus), Herr Amin Maarbes. 1 8 Neuarabisch mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von Egypten.
1) Zweiter Kursus: Dienstags, Mittwochs, Donnerstags, Sonn⸗ abends, 9— 10 Uhr, Herr Dr. Fischer. 8
2) Anfänger⸗Kursus: in noch zu bestimmenden Stunden, Herr Dr. Fischer. 8 “ 8
1) Praktische Uebungen mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von Egvpten: täglich außer Sonnabends, 5—8 Uhr (5— 6 ½ Uhr für den Anfänger⸗Kursus, 6 ½ — 8 Uhr für den zweiten Kursus).
2) Schreibübungen: Montags, Freitags, 4—5 Uhr.
Neuarabisch mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von Marokko. 1
1) Zweiter Kursus: Mittwochs, Donnerstags, Freitags, Sonn⸗ abends, 8 bis 9 Uhr, Herr Dr. Fischer. .
2) Anfänger⸗Kursus: Dienstags, Mittwochs, Donnerstags, Frei⸗ tags, 12 bis 1 Uhr, Herr Dr. Fischer.
3) Geographie und neuere Geschichte Marokkos: Sonnabends, 10 bis 12 Uhr, Herr Dr. Fischer. b
1) Praktische Uebungen mit besonderer Berücksichtigung des Dialekts von Marokko: täglich außer Sonnabends, 5 bis 8 Uhr (5 bis 6 ½ Uhr für den Anfänger⸗Kursus, 6 ½¼ bis 8 Uhr für den zweiten Kursus), Herr Sid Gilani Schirkawi.
2) Schreibübungen: Montags, Donnerstags, 4 bis 5 Uhr, Herr Sid Gilani Schirkawi. 8 8
Neuarabisch. Einführung in die heutige arabische Schrift⸗ e Sertsesnnc): Dienstags, 8 bis 9 Uhr, Freitags, 9 bis 10 Uhr,
err Dr. Fischer.
Suaheli. 1) Anfänger⸗Kursus: täglich 8—9 Uhr, Herr Dr. Neuhaus.
2) Zweiter Kursus: täglich außer Mittwochs und Sonnabends, 9 — 10 Uhr, Herr Dr. Neuhaus. 8
3) Ost⸗Afrikas Handel und Verkehrswesen: Mittwochs, 9—10 Uhr, Herr Dr. Neuhaus. b
4) Kolloqguium über die deutschen Schutzgebiete in Afrika: Sonn⸗ abends, 9 — 10 Uhr, Herr Dr. Neuhaus.
1) Erklären und Abfassen von öffentlichen und privaten Urkun⸗ den: Mittwochs, 10—11 Uhr, Herr Velten.
2) Praktische Uebungen im Suaheli: täglich außer Sonnabends 5 — 7 Uhr (5—6 Uhr für den Anfänger⸗Kursus, 6—7 Uhr für den zweiten Kursus), Herr Velten.
3) Schreibübungen: Montags, Mittwochs, Freitags, 4—5 Uhr, Herr Velten.
Herero. Anfangsgründe: Dienstags, Freitags, 10—11 Uhr, Herr Velten.
Haussa. Herr Dr. Lippert, beauftragt mit den Geschäften eines Lektors des Haussa, d. Z. abwesend auf einer wissenschaft⸗ lichen Reise.
1) Mathematische Grundbegriffe und Einführung in das Studium der sphärischen Astronomie und Erdphysik (erster Theil): Dienstag, Freitags, 12 bis 1 Uhr, Herr Professor Dr. Güßfeldt.
2) Praktische Uebungen mit Instrumenten, welche den astronomi⸗ schen Ortsbestimmungen und topographischen Messungen auf Reisen dienen: Mittwochs, 12 bis 2 Uhr, Herr Professor Dr. Güßfeldt.
Herr Assistent Schnauder wird auf dem Gebiet des Königlichen Geodäatischen Instituts bei Potsdam die praktischen Uebungen leiten, soweit die Witterungsverhältnisse des Winters dies gestatten.
Ueber Tropenbygiene, verbunden mit Demonstrationen und prak⸗ tischen NUebungen: Mittwochs, Freitags, 4 bis 5 Uhr, Herr Stabsarzt Dr. Steinbach (in Vertretung).
Ueber die wichtigsten tropischen Rutzpflanzen und deren Ver⸗ wendung, mit Demonstrationen: Montags, Donnerstags, 12 vis 1 Uhr,
Herr Dr. Warburg. —
Landeskunde der deutschen westafrikanischen Kolonien (Deutsch⸗
Südwestafrika, Kamerun und T —: Dienstags, Freitags, 4 bis L1“ v““
5 Uhr, Herr Dr. Dove.
8 — 8
Max Ring, der bekannte Erzähler, welcher am 4. August zu Schreiberhau in Schlesien seinen achtzigsten Geburtstag begeht, hat soeben ein neues Werk, „Erinnerungen“ betitelt, abgeschlossen. Das Buch, aus dem soeben einige Kapitel in der von Franzos herausgegebenen Zeitschrift Deutsche Dichtung“ veröffentlicht werden, erscheint im Herbst d. J. im Verlage der „Concordia“, Deutschen Verlagsanstalt in Berlin.
— Die wohlfeile Lieferungsausgabe von Georg Ebers' ge⸗ sammelten Werken (Stuttgart, Deutsche Verlags⸗Anstalt) schreitet rüstig vorwärts. Ursprünglich war diese Auegabe nur auf 105 Liefe⸗ rungen berechnet, aber während ihres schrieb der Dichter eine Reihe weiterer Werke; auf rsuchen zahlreicher Sub⸗ scribenten entschloß sich der Verlag daher, diese unter den
leichen günstigen Bedingungen und in derselben guten lusstattung den früheren Schriften hinzuzufügen. Nunmehr liegen die Lieferungen 106 bis 121 dieser erweiterten Fejastetausgabe vor; sie enthalten den Roman „Kleopatra“, der sich den 1be egyp⸗ tischen Kulturbildern ebenbürtig anreiht, und den Roman „Im Schmiedefeuer”, worin Georg Ebers wieder seine Meisterschaft in der lebendigen Vorführung von Episoden der älteren deutschen Kultur⸗ geschichte bekundet. Dem Aen Gebiet gehören an die Romane „Im blauen Hecht“ und „Barbara Blomberg“, mwährend in dem den Schluß der neuen Folge bildenden Märchen „Die Unersetzlichen“ sich der Dichter auch als ein vortrefflicher Humorist erweist. — Georg Ebers' gesammelte Werke erscheinen in 135 Lieferungen zu je 60 ₰ und e-7. durch jede Buchhandlung auch jetzt noch nach und nach bezogen werden.
— Die Berliner Thierärztliche Wochenschrift, welche von Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz und Dr. R. Lothes herausgegeben wird und im Verlage von Richard Schoetz in Berlin NW. erscheint, hat in der Nr. 30 vom 29. Juli d. J. fol⸗ genden Inhalt: Peter: Hippologische Streiflichter. — Moebius: Koppen bei einer Kuh. — Referate: Steeger: Behandlung von Gelenkwunden mit Sublimatstäben. — Frick: Operative Beseitigung von Hornhauttrübungen. — Ueber Tannalbin als Darmadstringens. Trasbot: Ueber “ — Power: Keratom am Pferdehuf. Unperricht: Die Epilepsie. — Senator: Ueber die Beziehungen zwischen Diabetes mellitus und insipidus. — Benedikt: Eine spezifische Behandlung des Diabetes insipidus. — Kleine Mitthei⸗ lungen. — Thierhaltung und Thierzucht: Schweineversicherung unter Kreisgarantie. — Tagesgeschichte: Bericht über die Frühjahrsversamm⸗ lung des thierärztlichen Vereins im Reg.⸗Bez. Köslin. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei:
Thierseuchen in Deutschland pro I. Quartal 1897. — Fleischschau
und Verbreitungswege der Bücheranzeigen und Be⸗
und Viehverkehr: Infektionspforten Schweinetuberkulose, von Dr. Ströse. — sprechungen. — Personalien. — Vakanzen.
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85 8 Land⸗ und Forstwirthschaft. Die Deutsche Landwirtbschafts⸗Gesellschaft hat seit mehreren Jahren eine agrikulturchemische Versuchsstation eingerichtet. In musterhafter Weise ausgestattet, hat dieselbe in rascher Entwickelung die Anstellung einer Anzahl von Assistenten nöthig gemacht, um ihrer Hauptaufgabe gerecht zu werden. Diese besteht vor allem in der Bearbeitung der von der D. L.⸗G. eingeleiteten wissenschaftlichen Versuche (Stallmist⸗, Kalk, und Gründüngunzs⸗Versuche u. s. w.). Die Station übernimmt aber auch analytische und sonstige chemische Arbeiten aller Art gegen Hen⸗ wobei indessen Kontrol⸗Analysen für Dünge⸗ und uttermittel sowie für Saatwaare ausgeschlossen sind. Demgemäß führt sie also die Untersuchung aller landwirthschaftlichen, milchwirthschaftlichen und gewerblichen Rohstoffe und Erzeugnisse aus, so namentlich die Untersuchung von städtischen Abfallstoffen, Stallmist, Kompost, Erdproben, Fabrikations⸗Zwischenprodukten, Nähr⸗ und Genußmitteln u. s. w. Des weiteren ertheilt sie auf Grund chemischer oder bakteriologischer Untersuchungen Gutachten und Auskünfte aller Art. Als ein wesentlicher Theil des Gesammt⸗Organismus der D. L.⸗G. ist die Versuchsstation auch räumlich mit deren übrigen Abtheilungen in einem Hause, Berlin SW., Kochstraße 73, vereinigt.
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Ungarns Landwirthschaft.
Das Königlich ungarische statistische Bureau hat soeben den ersten Theil der „Landwirthschaftlichen Statistik der Länder der ungarischen Krone“ veröffentlicht, in welchem die Hauptergebnisse der im Jahre 1895 durchgeführten statistischen Erhebungen dargelegt sind: Der „Pester Lloyd“ entnimmt der Statistik folgende “ b
Die Gesammtzahl der Landwirthschaften beträgt in Ungarn mit Einschluß Fiumes 2 831 802, in Kroatien und Slavonien 579 884, also im Ganzen 3 411 686. Die Größe der Territorien berechnet sich für die sieben Kulturzweige in Ungarn mit Fiume, Kroatien und Slavonien nach Katastraljochen, wie folgt: Ackerfeld 23 276 347, Garten 748 845, Wiesen 5 751 625, Weingärten, bearbeitet, 385 730, Weingärten, unbearbeitet, 190 763, Weide 7 302 869, Wald 15 617 380, Schilf 146 058.
Gegenüber der Katasteraufnahme zeigt sich in Ungarn eine Zu⸗ name des Ackerfeldes von 772 482, der Gartengründe um 48 481, da⸗ gegen eine Abnahme der Wiesen um 224 348, der Weingärten um 282 606, der Weiden um 84 483, des Waldes um 214 808 Joch. Diese Veränderungen hängen mit dem Wechsel der Kulturen zu⸗ sammen, sind aber bei der Abnahme der Weingärten auf die Ver⸗ heerungen der Phvlloxera zurückzuführen. Welchen Umfang diese letzteren angenommen haben, erhellt daraus, daß in der Gegend des rechten Theiß⸗Ufers der Umfang der Weingärten von 44 315 auf 7034 Joch, demnach um 84,29 % abgenommen hat, in der Theiß⸗Maros⸗Ecke von 91 723 auf 25 255 Joch, demnach um 72,48 %.
Werthvoll und neu sind die Daten über die Form der Bewirth⸗ schaftung, nämlich ob sich die Territorien in der Hand des Eigen⸗ thümers, der Nutznießer oder von Pächtern befinden; hierüber giebt folgender Ausweis Aufschluß:
Von den gesammten bewirthschafteten Territosrien waren, nach
Katastraljahren gerechnet, beim . Eigenthümer Nutznießer Pächter
in Ungarn mit Einschluß Fiumes 41 673 564 1 492 510 5 670 572 Kroatien und Slavonien —. 6 997 884 107 981 243 816
Fortale 28 671 1728 1 600 292 5 917 388
Der Thierbestand in den Ländern der ungarischen Krone ist nach verschiedenen Zähljahren zusammengestellt. Demnach waren vorhanden
in Stücken: 1851 1869 1895
1 975 4091 2 86 88 2 282 888
8 266 19 F; 14“ Hornbieh . . . . . . . 4 9b 16161611111 Schafe 10 687 837 15 1686.86668
egen.. b“ 1 060 700 572 951 308 810
wehne . . . .. 4 958 900 449006
„Auch die Obstbäume sind gezählt worden und ergaben in Ungarn mit Einschluß von Fiume 65 049 498, in Kroatien und Slavonien 12 937 077, demnach insgesammt 77 987 175 Bäume. Nach der Gattung stehen an erster Stelle Pflaumenbäume 40,11 Millionen, Aepfelbäume 10 78 Millionen, Birnbäume 5,3 Millionen, Maulbeer⸗ bäume 5,1 Millionen, Weichtelbäume 4,8 Millionen.
Auch die versicherten Objekte waren Gegenstand der Zählung und es ergab sich, daß gegen Feuerschaden 809 988 Gebäude, betreffend Getreide und Futter aber 67 888 Wirthschaften versichert waren. Gegen Hagel waren nur 50 439 Wirthschaften assecurirt.
ferde. aulthiere -
Esel
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln.
Ueber die Erfolge der Haffkine'schen Schutzimpfun gegen Cholera (Haffkine: A lecture on “ ee Cholera, London 1895, und Anticholera Inoculation, Report to the Government of India, Calcutta 1895) wird in den “ des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Folgendes mit⸗ getheilt:
Die von Haffkine in Indien angewandte Schutzimpfungemethode gegen Cholera besteht darin, daß eine Aufschwemmung 1Ses lebender Choleravibrionen in zwei Sitzungen unter die Haut gespritzt wird. Für die erste Injektion („I vaccin“) wird eine sehr abge⸗ schwächte, für die nach einem Zeitraum von 5 Tagen ausgeführte zweite („II vaccin“) eine viel virulentere Cholerakultur benützt. Die volle Wirkung einer jeden Einspritzung tritt nach 5 Tagen ein, sodaß dageimpfte Individuum 10 Tage nach der ersten Injektion völlig geschützt ist.
Im Ganzen wurden in Indien von April 1893 bis Ende Juli 1895 an 98 Orten 70 000 Einspritzungen bei 42 179 Sehn hönh gemacht und zwar 1) bei 294 englischen Offizieren, 3206 englischen Soldaten, 6629 eingeborenen Offizieren und Soldaten, 2) abgesehen vom Militär, bei 869 Europäern, 125 Curasiern und 31 056 Indiern. Ein Druck auf die Bevölkerung wurde amtlicherseits nicht ausgeübt, nur durch Ueberredung bewog man die Leute, sich impfen zu lassen. In ein⸗ zelnen Orten machte man den Versuch, einen großen Theil der Beyölkerung zu impfen, einen anderen Theil, welcher unter gleichen Bedingungen lebte, ungeimpft zu lassen, um dann einen Verglesch zwischen geimpften und ungeeimpften Personen desselben Ortes machen zu können. Cholera brach in der Zeit von 1 bis zu 459 Tagen nach der Impfung aus, und liegen sorgfältige Untersuchungen über den Erfolg des Ver⸗ fahrens von seiten der betreffenden Zivil⸗ und Militärärzte vor.
Die Resultate lassen sich in 3 Gruppen eintheilen und zwar 1) in ungünstige oder solche, bei denen ein bestimmter Schluß nicht möglich war, 2) in solche, welche Vertrauen zu der Methode erwecken, und 9 5 1 b
u der ersten Gruppe gehören die in den Theeplantagen von Assam gemachten Beobachtungen. Die Kulis Leeeens 8- ganz isolierten FFö“ und stehen in keiner Berührung mit der ein⸗ heimischen Bevölkerung. In allen diesen Fällen wurde nur mit dem ersten Vaccin geimpft. Cholera brach in den Wantagen 1 bis 6 Monate nach der Impfung aus. ie zweite Impfung wurde erst nach der Cholerazeit gemacht. In Adam Tila kam unter 657 Nichtgeimpften kein Fall von Cholera vor, unter den 318 Geimpften dagegen 2 mit 1 Todes⸗ falle. In Chargola wurden unter 1007 Rchtgeimpsten 3 Er⸗