Inhaber lautende, seitens der Gläubiger unkündbare Schuldver⸗ schreibungen unter der Bezeichnung: 1 8 — hn 8 —ve der Rheinprovinniamam auszustellen und auszugeben. 8 b 8
Der Gesammtbetrag der auszugebenden Anleihescheine darf die Summe von zehn Millionen Mark nicht überschreiten. 8
8 2. “ Die Anleihescheine werden in vom eeeee uß zusetzenden Abschnitten nach dem beigefügten uster ausgefertigt. . Die Ausfertigung geschieht durch den Provinzialausschuß. Auf ddem Anleibescheine ist die Unterschrift von drei Mitgliedern des Pro⸗ vinzialausschufses, sowie des Kontrolheamten erforderlich. Der 8 — insbesondere darüber zu wachen, daß die zehn illionen Mark nicht überschritten werden. Die Ausfertigung ist öffentlich bekannt zu machen. Die Anleihescheine werden alljährlich, je nach Bestimmung durch den Provinzialausschuß, mit drei, dreieinhalb oder vier vom Hundert verzinst und die Fensen halbjährlich am 2. Januar und 1. Juli gezahlt. Den Anleihescheinen werden zu diesem Zwecke Zinsscheine uf je zehn halbe Jahre nebst Anweisungen nach dem beigefügten Muster beigegeben. 8 8 Die Zablung der Zinsen erfolgt gegen Rückgabe der betreffenden Zinsscheine vom Verfalltage ab durch die Landesbank der Rhein⸗ provinz. Das Forderungsrecht aus einem solchen Zinsscheine erlischt, wenn derselbe innerhalb fünf Jahren vom Ablauf des Kalenderjahres b, in welchem er fällig geworden ist, nicht zur Zahlung vorgezeigt wird. 2 . . Mit dem Ablaufe der fünfjährigen Zeiträume werden nach vor⸗ heriger öffentlicher Bekanntmachung die neuen Zinsscheine dem Ein⸗ lieferer der Anweisung ausgereicht. 3 . Bei dem Verluste der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheine nach Ablauf der für die Umwechselung bestimmten Frist an den Inhaber des Anleihescheins. 8
“ Die Tilgung der Anleihescheine geschieht durch allmähliche Ein⸗ lösung mit jährlich mindestens einhalb vom Hundert der ausgegebenen Anleihescheine unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Anleihe⸗ scheinen. Die Tilgung nach Ablauf des auf die erste Aus⸗ gabe folgenden Kalenderjahres. 1 8 Der Provinzialausschuß hat das Recht, die Tilgung zu ver⸗ stärken. .“ b 8 Die Einlösung gn im Wege der Aufkündigung nach vorheriger Bestimmung durch das Loos vorgenommen. .
8 Die Ausloosung erfolgt durch die Landesbank unter Zuziehung des Kuratoriums während des Monats Januar, die Bekanntmachung der ausgeloosten und zu kündigenden Anleihescheine, welche die
letzteren nach Reihe, Nummer und Betrag bezeichnen muß, innerhalb der Monate Februar und Mai, die Einlösung am 1. Juli desselben Jahres. .
8 E“ 8- das Recht, sämmtliche noch um⸗
aufende Anleihescheine zu kündigen. B
. .A. Landesbank der Rheinprovinz bleibt das Recht vorbehalten, anstatt der Ausloosung Anleihescheine auch im Wege des Rückkaufs wieder zu erwerben und zur planmäßigen Tilgung zu verwenden. Im Falle des Rückkaufs zum Zweck der Tilgung hat auch die Bekanntmachung des stattgehabten Ankaufs unter Angabe des Be⸗ trages der angekauften Anleihescheine stattzufinden.
2
§ 5.
Die Auszahlung des Kapitals für die ausgeloosten Anleihescheine erfolgt nach dem Nennwerth derselben durch die Landesbank an den Vorzeiger der Anleihescheine gegen Rückgabe derselben. 1
Mit den Anleihescheinen sind zugleich die ausgereichten, nach dem Zahlungstermin fällig werdenden Zinsscheine einzuliefern. 3
Der Betrag der fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital gekürzt und zur Einlösung dieser Zinsscheine ve “ .
Die Nummern der ausgeloosten, nicht zur Einlösung eingereichten Anleibescheine sind in den nach § 4 zu erlassenden Bekanntmachungen in Erinnerung zu bringen.
8 Werden die laleibescheine dessen ungeachtet binnen dreißig Jahren nach dem Zahluangstermine nicht zur Einlösung vorgezeigt, oder ist deren Aufgebot und Kraftloserklärung (§ 7) innerhalb dieser Frist nicht beantragt worden, so werden die Anleihescheine nach Ablauf der gedachten Frist zum Besten der Provinz als getilgt angesehen
§ 6.
Alle die Anleihescheine betreffenden Bekanntmachungen einschließ⸗ lich der Kündigung erfolgen durch den „Deutschen Reichs⸗ und Preusischen Staats⸗Anzeiger“, die „Kölnische“ und „Frankfurter Zeitung“, sowie die „Kölnische Volkszeitung“ in Köln.
Sollte eines dieser Blätter eingehen oder die Landesbank andere Blätter für die Veröffentlichung wählen, so muß die Wahl anderer Blätter in den bisher benutzten und noch erscheinenden Blättern be⸗ kannt gemacht werden. 87
1.
Das Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener oder ver⸗ nichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der §§ 838 ff. der Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 1877 Reichs⸗Gesetzblatt Seite 83) beziehungsweise nach § 20 des Aus⸗ führungsgesetzes zur deutschen Zivilprozeßordnung vom 24. März 1879 (Gesetz⸗Sammlung Seite 281). Zinsscheine und Anweisungen können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Es kann edoch nach dem Ermessen der Landesbank demjenigen, welcher vor
lauf der fünfjährigen Bezlatrungefrift (§ 3) den Verlust eines insscheins bei der Landesbank anmeldet und bescheinigt, der etrag des Zinsscheins, wenn letzterer bis zum Ablauf der Ver⸗ jäbrungsfrist nicht vorgezeigt worden ist, nach Ablauf derselben aus⸗ gezahlt werden. v 1.“ 1
Für die Sicherheit der ausgegebenen Anleibescheine und deren Zinsen haftet die Rbeinprodinz. § 9. Der Provinzialausschuß überwacht die Befolgung der der Landes⸗ bank übermwiesenen Geschäfte.
einprovinz verschuldet dem Inhaber dieses Anleihe⸗ Mark Reichswährung, verzinslich mit. vom
Jes das kontra⸗
vimzialausschuß der Rheinprovim. 1 chrift von drei Mitgliedern.)
Anleihescheln der Rheinprovinz.
a. Vorderseite der Zinsscheine. * Reihe „“ * Reile.... Nr. 1 (bis 10). 1* 2 3 Nr. 1 (bis 10). Erster (bis zehnter) sschein erster Reihe Ahnleiheschein der Rheinprovinz y.. ter Ausgabe. G
D ber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe am. b Fee “ achan c; 2 die Füinsen des vor⸗
iten Anleihescheins für jahr vom ien u— 19. II...Ze. vf⸗ bei der Landesbank der Rheinprovinz zu Düsseldorf.“
Düsseldorf, den... 8 b1“
(Faksimile.) u“
b. Rückseite der Zinsscheine. Zahlbar am. 18
Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht bis jum.. sen 18 . erhoben wird. 8 8
a. Vorderseite der Anweisungen. Rheinprovinz. Anweisung zum Anleiheschein der Rheinprovinz ... ter Ausgabe.
ber .. . . Mark, verzinslich mtt. .vom Hundert.
b. Rückseite der Anweisungen.
Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem vorbezeichneten Anleiheschein die b Reihe Zinsscheine für die fünf Jahre vom. bis. ... bei der Landes⸗ bank der Rheinprovinz in Düsseldorf, sofern von dem Inhaber des Anleihescheins nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben worden ist.
Düsseldorf, den.. ten. .18 8
Der beieese⸗ der Rheinprovinz
8 (Faksimile von drei Mitgliedern.)
Der Kontrolbeamte.
(Faksimile.)
8
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und
Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der Gymnasial⸗Oberlehrer Dr. Joh. Nikel ze Breslau ist zum außerordentlichen Professor in der katholisch⸗theologischen Fakultät der dortigen Universität ernannt worden.
Dem Dozenten an der Technischen Hochschule in Aachen Dr. Wilhelm Borchers ist das Prädikat „Professor“ bei⸗ gelegt worden. “
Angekommen:
der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium für Handel und
“
1“ zersonal⸗Veränderungen in der Armee befinden sich in der Ersten Beilage.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 20. Oktober. 1
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag in Wiesbaden den Chef des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus zum Vortrage.
“
Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen und die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Hetrlebs⸗Ergoöhnisse deutscher Eisenbahnen im Monat September 1 ergiebt für 64 Bahnen, die schon im Sep⸗ tember 1896 im Betriebe waren, Folgendes:
Gesammtlänge: 40 738,54 km.
Einnahme V alen vas Sorjah 18 das Vorjahr ℳ ℳ ℳ ℳ — % für alle Bahnen im September 1897 aus dem Per⸗
sonenverkehre 40 226 566 + 1 654 422 1 008 + 24 + 2,44 aus dem Güter⸗
verkehre . 86 648 628 43969 5971 2133 + 60, + 2,89 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April — 31. März in der Zeit vom 1. April bis Ende September 1897 aus dem Per⸗ sonenverkehre 208748419 + 9 741 73 aus dem Güter⸗ verkehre 416491623 + 1983712
6172 + 186 + 3,11
1 12 091, + 360 + 3,07 für die Bahnen mit dem “
an
1. Januar — 31. vE in der Zeit vom 1.
bis Ende September 180b7 sonenverkehre 51 179 330 + 2 482 157] 8 645 + 357 + 431 verkehre 95 665 392 + 4 083 945 15 920 + 554, + 3,60 Eröffnet wurden: am 1. September: Duderstadt — Leinefelde 19,30 km und Wolfhagen— Obervellmar 25,46 km
Die eisenbahnfachwissenschaftlichen en. sinden im Winter⸗Halbjahr 1897/98 folgender Weise ttatt:
In Berlin werden in Räumen der Universität Vor⸗ lesungen über preußisches Eisenbahnrecht sowie über die Ver⸗ waltung der preußischen Staatseisenbahnen gehalten. Das Nähere, namentlich auch bezüglich der Anmeldung zu den Vor⸗ lesungen, ist aus dem Anschlage in der Universität ersichtlich.
In Breslau erstrecken sich die Vorlesungen auf Eisen⸗ bahn⸗Betriebslehre und auf geologische Technologie.
Köln werden Vorlesungen über Eisenbahnrecht und Eisenbahn⸗Verwaltungslehre, sowie über Elektrotechnin, in Elberfeld über Technologie, — in Halle a. S. über Elektrotechnik gehalten.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath Schnell ist hier angekommen.
Der Regierungs⸗Assessor Freiherr von Quadt⸗Wykradt⸗ Hüchtenbruck ist der Königlichen Regierung zu Arnsberg ur dienstlichen Verwendung überwiesen und der Regierungs⸗
ssessor Dr. Steputat zu Jautecken dem Landrath des Kreises Regenwalde zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Irene“, Kommandant Kapitän zur See du Bois, heute in Hongkong angekomme
Wiesbaden, 20. Oktober. Seine Majestät der Kaiser von Rußland und Seirne , Hoheit der Groß⸗ herzog von Hessen trafen, wie „W. T. B.“ meldet, heute Mittag 12 ½ Uhr hier ein und wurden am Bahnhofe von Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm und Seiner Durchlaucht dem Prinzen Adolf zu Schaumburg⸗Lippe empfangen. Die Majestäten begrüßten Sich auf das herzlichste und fuhren darauf unter den lauten Hoch⸗ rufen der zahlreichen Volksmenge zum Schlosse. In den Straßen bildete die Garnison Spalier. Im Schlosse fand ein Déjeuner statt, zu welchem das beiderseitige Gefolge geladen war. Um 2 ½ Uhr gedenken Seine Majestät der Kaiser von Rußland und Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen nach Darmstadt zurückzukehren.
Bayern.
„W. T. B.“ meldet, gestern Abend in Schillingsfürst ein⸗ getroffen. 8
Die Kammer der Abgeordneten hat gestern einen Antrag des Abg. Stöcker berathen: es möchten Erhebungen darüber stattfinden, ob die Straßen und Wege in dem diesjährigen Manövergelände ungewöhnlich beschädigt worden seien, und, falls dies erwiesen würde, den betreffenden Gemeinden und Distrikten entsprechende Bei⸗ träge zur Wiederherstellung der Wege und Straßen gewährt werden. Im Laufe der Debatte sprachen sich Redner aller Parteien für den Antrag aus. Der Kriegs⸗Minister Freiherr von Asch und der Minister des Innern Freiherr von Feillitzsch bekämpften den Antrag mit dem Hinweise, daß aus der Annahme desselben weitere Konsequenzen entstehen würden. Man könne dann auch Entschädigung für die Abnutzung der regelmäßig vom Militär benutzten Straßen fordern. Das Natural⸗ leistungsgesetz kenne solche Entschädigungsansprüche nicht. Würde die bayerische Regierung darauf eingehen, dann würden im ganzen Reich dieselben Ansprüche erhoben werden. Außer⸗ dem würde es schwer sein, jetzt noch durch Erhebungen fest⸗ zustellen, welche Wegbeschädigungen von den Truppen her⸗ rührten. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Sodann begann die Berathung der Anträge auf Einfüh⸗ rung des direkten Wahlrechts bezw. des Pro⸗ porktionalsystems in Bayern. Dieselbe wird heute fort⸗ gesetzt werden.
Württemberg.
Die evangelische Landessynode ist gestern in Stuttgart zu einer außerordentlichen Session zusammengetreten. In der von dem Staats⸗Minister des Kirchen⸗ und Schulwesens Dr. von Sarwey verlesenen Eröffnungsrede wurde, dem „St.⸗A. f. W.“ zufolge, zunächst mitgetheilt, daß es infolge des Beschlusses der Kammer der Abgeordneten geboten erschienen sei, den kirchlichen Gesetzentwurf über die Ausübung der landesherrlichen Kirchen⸗ regimentsrechte, obwohl derselbe durch den ständischen Be⸗ schluß eine Abänderung nicht erfahren, der erneuten Berathung und Beschlußfassung der Landessynode zu unterstellen. Sodann kündigte der Minister neben einem die Christenlehrpflicht be⸗ treffenden kirchlichen Gesetzesentwurfe einen solchen über änderung des Gesetzes, betreffend die Verkündigung Trauung der Ehen, sowie eine Mittheilung der Ober⸗Kirchen⸗ behörde, betreffend die Gehaltsverhältnisse der evangelischen Geistlichen, an. 8 “
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Heinrich von Preußen sind gestern von Wies⸗
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eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
sch 8 Weinisge Le⸗ eee ae g. Graf Goluchowski hat ich heute n udapest begeben. Bei Beginn der gestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnekenhauses wurden drei namentliche Abstim⸗ mungen vorgenommen; als die dritte Abstimmung die Beschl unfahigkett des Hauses ergab, wurde die Sitzung au ehoben und auf den Abend eine Sitzung anberaumt. b elbe begann um 6 ¼ Uhr. Nachdem der Abg. Wolf (deutsch⸗national) die Anberaumung einer Abendsitzung be⸗ mängelt hatte, beantragte die Linke eine Reihe namentl Abstimmungen. Gegen 1 Uhr Nachts, nach der 13.
mopicz, Beantwortung einer von den
lichen Abstimmung, erklärte der Vize⸗Präsident von “ Liberalen gestellten Anfrage betreffs einer Berichtigung
*
8
Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe ist, wie
baden zum Besuch am Großherzoglichen Hofe in Darmstadt
8
eenographischen Protokolls, nunmehr z Tagesordnung — zu wollen. Die Protestrufe der Linken: Wir haben uns zur formalen Geschäftsordnung — Worte gemeldet“ beachtete der Vize⸗Präsident nicht, son ertheilte dem Abg. Herold das Wort zu der auf der Tages⸗ ordnung stehenden Ministeranklage. Hierauf entstand auf der linken Seite ein großer Tumult. Einzelne Abgeordnete der Linken schlugen auf die Pulte und klappten die Deckel nieder. Mitglieder der Rechten entrissen ihnen die Pultdeckel, und es entstand ein Handgemenge. Der Präsident Dr. Kathrein übernahm darauf unter stürmischem Beifall der Linken den Vorsitz und unterbrach die Sitzung. Nach einer Viertelstunde erschien der Präsident Dr. Kathrein wieder im Saale und erklärte die Sitzung bis 11 Uhr Vormittags für unterbrochen. In der gestrigen Sitzung des Wiener Gemeinderaths wurde die Mittheilung gemacht, daß das von dem Gemeinde⸗ rath beschlossene und von dem niederösterreichischen Landtage genehmigte Gesetz, betreffend Erhebung einer 100 prozentigen Steuer von dem Erträgnisse des Totalisators zu Gunsten der Armen Wiens, die Kaiserliche Bestätigung nicht erhalten habe.
Frankreich.
Der Wiederzusammentritt des Parlaments hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in vollkommener Ruhe vollzogen. Der Senat vertagte sich nach einer nur der Er⸗ ledigung von Formalitäten gewidmeten Sitzung bis Freitag. Die Deputirtenkammer berieth über die Festietung der Tagesordnung und beschloß auf Antrag des Minister⸗Präsidenten Mäöline, die Sitzungen an den Sonnabenden der Berathung von Interpellationen zu widmen. Die Sitzung wurde sodann aufgehoben.
In der Deputirtenkammer gelangte gestern ein Gelb⸗ buch zur Vertheilung, welches den Wortlaut des am 23. Juli zu Paris unterzeichneten Abkommens über die Grenzregulierung von Togo enthält.
Bei einem gestern in Nancy aus Anlaß der Ein⸗ weihung der neuerrichteten höheren Handelsschu le ver⸗ anstalteten Festmahl hielt der Handels⸗Minister Boucher in Erwiderung der ihm gewidmeten Trinksprüche eine Rede, in der er bemerkte, die Vereinigten Staaten von Amerika hätten eine barbarische Maßregel eingeführt, nämlich die Besteuerung der in den Koffern von Reisenden enthaltenen Gebrauchsgegenstände, sobald solche im Gesammtwerth von mehr als 100 Dollars von Bürgern der Vereinigten Staaten eingeführt würden. Es seien Verhandlungen über diesen Punkt eingeleitet worden, und er zweifle nicht, daß die Regierung der Vereinigten Staaten diese Bestimmung beseitigen werde. Sodann führte der Mi⸗ nister bezüglich der Handelsbeziehungen Frankreichs aus, die⸗ selben seien gegenüber den südamerikanischen Republiken beim Amtsantritt des gegenwärtigen Kabinets sehr gespannte gewesen; seitdem habe jedoch die Regierung 11 Abkommen geschlossen, durch welche die Handels⸗ und politischen Beziehungen neu geknüpft worden seien. Mit Bezug auf Italien äußerte der Minister, dasselbe scheine sich weder mit der Gegenwart, noch mit der Vergangen⸗ heit oder der Zukunft zu beschäftigen; die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen sei noch nicht einmal irgendwie in Angriff genommen. Der Minister hob sodann hervor, daß er sich bemüht habe, die Beziehungen Frankreichs zu fremden Ländern zu erweitern und die Zolltarife zu erniedrigen. Er müsse gegen die Behauptung protestieren, daß die Regierung eine Regierung des Schutzzolles sei. Sie wolle nur ein kommerzielles Gleichgewicht, welches Frankreich ein dem Stande des Handels Europas entsprechendes ökonomisches Regime geben könne. „Wir sind Anhänger einer Zollvereinigung“, schloß der Minister, „wir werden neuen Bedürfnissen Rechnung tragen und werden zeitweilige zollfreie Einlagerungen gestatten, durch welche die Ausfuhr begünstigt werden kann.“
Der König und die Königin sowie der Prinz und die Prinzessin von Neapel sind gestern in Mailand ein⸗ getroffen, um den von der Historischen und von der Numis⸗ matischen Gesellschaft veranstalteten Feierlichkeiten beizuwohnen. Ihren Majestäten und insbesondere dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, Höchstwelche nach ihrer Vermählung zum ersten Male nach Mailand gekommen sind, wurden von allen Schichten der Bevölkerung begeisterte Huldigungen dargebracht
Spanien. 8
Der Marschall Blanco hat sich gestern in La Coruna nach Cuba eingeschifft. 2
Wie „W. T. B.“ aus Barcelona meldet, sind daselbst in der Nacht zum Dienstag alle jene Personen freigelassen worden, welche als Anarchisten verhaftet worden waren, aber in keinen Prozeß verwickelt sind
Türkei.
Aus Konstantinopel meldet das Wiener „Telegr.⸗ Korresp.⸗Bureau“, daß die türkischen und griechischen Bevoll⸗ mächtigten sich in der am Montag abgehaltenen Sitzung lediglich mit formellen Fragen beschäftigt hätten. Es sei beschlossen worden, wöchentlich drei Sitzungen, am Montag, Donnerstag und Sonnabend, abzuhalten. Die nächste Sitzung solle morgen stattfinden. Der Präsident des Rechnungshofes Hassan Zehm⸗ ascha wurde zum zweiten Bevollmächtigten und der
eneral⸗Sekretär des Ministeriums des Aeußern Nuri Bey sum Adjunkten des türkischen Delegirten ernannt. — Die
otschafter Deutschlands, Rußlands und Großbritanniens haben ihre Attachés nach Thessalien entsandt, damit diese der Heimkehr der figen Thessalier beiwohnen.
Der Verweser des orthodoxen Bisthums Uesküb Firmi⸗ lianos ist, obwohl die bulgarischen Berats noch nicht er⸗ lassen worden sind, infolge des dringenden Ersuchens der russi⸗ schen vur. vorgestern in Uesküb eingetroffen. Die bulgarischen Kirchen und Schulen waren zum Zeichen des Protestes gegen die Ankunft Firmilianos' chlossen und die Schlüssel dem Vali übergeben worden. Inso edessen hat die Pforte den bulgarischen Exarchen und den Geschäfts⸗ träger Markow aufgefordert, der bulgarischen Gemeinde von Uesküb anzurathen, von jeder feindlichen Haltung abzustehen.
Griechenland.
Der italienische Delegirte zur Finanzkontrol⸗Kommission Bodigo ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Athen an⸗ S Die Abgrenzungskommission hat sich nach 8
8
olo begeben. Die Kommission zur Ueberwachung der eimkehr der flüchtigen Thessalier hat gestern ihre erste Unterredung mit Erem Pascha in Domoko gehabt.
Der Minister⸗Präsident Simitsch hat gestern dem König die Demission des gesammten Kabinets über⸗ reicht. Dieselbe wurde von dem König angenommen und das Ministerium mit der Leitung der Geschäfte bis zur Neubildung des Kabinets betraut.
Ueber die Gründe und den Verlauf der Ministerkrisis erfährt „W. T. B.“ von maßgebender Seite, daß gestern nach der Ankunst eine Unterredung des Königs mit den Ministern statt⸗ gefunden habe, aus welcher hervorgegangen sei, daß die Meinungs⸗ verschiedenheiten, die schon während der Abwesenheit des Königs zwischen der Krone und dem Kabinet über verschiedene laufende Angelegenheiten finanzieller, militärischer und S Natur hervorgetreten sich weiterhin noch erfer Dies 8. namentlich der
i eer Regierung, die assungsfrage aufzu „ der Fall, während der König der Weaflcht sei, Ferbien solle die gegenwärtige Ruhe und voraussichtlich längere Friedens⸗ periode im Orient und in Europa in erster Linie zu einer ökonomischen und finanziellen Reorganisierung und Konsolidierung durch Feststellung des Budgets auf einer Grundlage der Ordnung und Sparsamkeit und durch Erfüllung einer internationalen Verpflichtungen benutzen. Nach dieser
nterredung habe der Minister⸗Präsident Simitsch die Entlassung des gesammten Kabinets eingereicht. Die Lösung der Krisis könne erst in einigen Tagen, nämlich nach Ankunft des gegen⸗ wärtig in Karlsbad weilenden serbischen Gesandten in Kon⸗ stantinopel Dr. Wladan Georgewitsch erfolgen, welchen der König mit der Neubildung des Kabinets betrauen wolle. 8 b“ v“ 11“
1“ Bulgarien. Die Sobranje ist auf den 27. Oktob
Amerika.
2 Der Gesandtschaft von Guatemala in Washington ist, wie „W. T. B.“ erfährt, die telegraphische Nachricht zu⸗ gegangen, daß die Revolution in Guatemala nieder⸗
eworfen und die Ordnung im ganzen Lande wieder⸗
Auf britischer Seite sind, wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Simla meldet, bei dem vorgestrigen Gesecht in den Samanabergen ein Offizier und 10 Mann gefallen und 53 Mann verwundet worden. Die Verluste der Eingeborenen sollen schwere gewesen sein.
Nach einer Meldung aus Peschawur ist eine Auf⸗ klärungsabtheilung der bengalischen Kavallerie, welche vom Fort Bara aus auf der Straße gegen Mammanne vorrüͤckte, in einen Hinterhalt gerathen, wobei ein Ein⸗ geborenen⸗Offizier und 14 Sowar⸗Reiter getödtet wurden; 21 Pferde mußten auf dem Platz gelassen werden.
Afrika.
DAus Abuhamed vom 17. d. M. berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß eine Patrouille berittener Derwische eine Ortschaft 7 Meilen nördlich von Berber überfallen, 11 Einwohner getödtet, eine Anzahl Weiber und Kinder gefangen genommen und Vieh weggetrieben habe. Von Berber aus zur Ferfene der Derwische entsandte berittene Truppen seien mit denselben 15 Meilen östlich von Berber zusammengestoßen. Nach heftigem Kampfe hätten die Derwische alle Gefangenen und die Beute im Stich gelassen und seien in der Richtung nach den Atbara geflohen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Redakteur Grillenberger, Mitglied des Reichs⸗ ags für den 1. Mittelfränkischen Wahlkreis, ist gestern n München gestorben. — 8 “
Nr. 36 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 16. Oktober, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfracht⸗ verkehr beigefügte Liste, vom 4. Oktober 1897. — Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 30. September 1897, betr. Gewährung von Tagegeldern und Reisekosten an Betriebskontroleure; vom 1. Oktober 1897, betr. Dienstgut⸗Transport⸗Ordnung; vom 4. Oktober 1897, betr. Gewährung von Verlustentschädigungen an Hilfsbeamte; vom 7. Oktober 1897, betr. Beziehungen zur Reichs⸗ Telegraphenverwaltung. — Nachrichten.
Arbeiterbewegung.
Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.“ von einer Versammlung der Schneider und Schneiderinnen, in welcher beschlossen wurde, für das nächste Feüphehe eine Arbeitseinstellung vorzubereiten, wenn die Arbeitgeber ihnen die Forderung der Errichtung von Be⸗ triebswerkstätten nicht bewilligen sollten.
In Schwabach in Bagyern haben, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, die Arbeiter und Arbeiterinnen der Gußstahl⸗ Kugelwerke, etwa 140 an Zahl, die Arbeit eingestellt.
In Bern sind nach demselben Blatt 85 Buchbinder zweier Geschäftsbücher⸗Fabriken ausständig. Die Arbeiter fordern neun⸗ stündige Arbeitszeit und Festsetzung von Mindestlöhnen.
Kunst und Wissenschaft.
Im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum sind zur Zeit in dem oberen, vom vorderen Treppenaufgang zugänglichen Oberlichtraum von Herrn Richard Heyer, Lehrer an der Kunftschule zu Hannover, 64 Aquarelle von älteren Bauwerken aus Hildesheim ausgestellt. Die Aufnahmen geben in flotter, ö er Darstellung, welche der malerischen Erscheinung jener Baulichkeiten gerecht wird, die künstlerisch bemerkenswerthen Holzbauten und namentlich eine Reihe der reizwollen und pittoresken Straßenansichten der alterthümlichen Stadt wieder. Hieran schließen sich Darstellungen der hervor⸗ ragenderen Einzelheiten, welche die Aufnahmen vervollständigen und auch für Detailstudien nutzbar machen. Ein größerer Theil dieser Aufnahmen ist bereits für eine Veröffentlichung bestimmt. 1
In der Schlußsitzung der internationalen Lepra⸗ Konferenz haben die Schriftführer derselben die Gesammtergebnisse der Berathung, die den derzeitigen Stand des Wissens von der Lepra darstellen, wie folgt, zusammengefaßt: „Als Krankheitserreger der Lepra wird nach dem gegenwärtigen Stande der Forschung der Bacillus leprae von der Konferenz angesehen, der der wissenschaft⸗ lichen Welt d die Entdeckung sen's und die Arbeiten Neisser's seit 25 Jahren bekannt ist. Zwar sind die Bedingungen, unter denen dieser Bacillus gedeiht und sich weiter entwickelt, noch unbekannt, ebenso die Art und Weise seines Eindringens in den menschlichen Körper; jedoch deuten die Verhand⸗ lungen der Konferenz darauf hin, daß eine Einigung sich anbahnt über die Wex auf denen er im menschlichen Körper verbreitet. Einheitlich ist die Auffassung darüber, daß nur der Mensch der Träger dieses pathogenen Bacillus ist. Ueber die Massenhaftigkeit der Aus⸗ scheidung des Bacillus aus dem kranken Organismus, namentlich von der Nasen⸗ und Mundschleimhaut, sind interessante Beobachtungen mitgetheilt worden, deren Nachprüfung an einem großen Beobachtungs⸗ material dringend wünschenswerth erscheint. Diesen Fragen von ausschließlich medizinisch⸗wissenschaftlicher Bedeutung steht die That⸗ sache gegenüber, die praktisch einschneidende Bedeutung hat für Alle, denen die Sorge für das Volkswohl anvertraut ist: die Thatsache der Anerkennung der Lepra als einer kontagiösen Krankheit. Jeder Lepröse bildet eine Gefahr für seine Umgebung. Diese Gefahr wächst, je inniger und länger andauernd die Beziehungen des Kranken zu seiner gesunden Umgebung und je schlechter die sanitären Verhältnisse sind, unter denen sie sich abspielen. Mithin bedeutet ganz besonders unter der ärmsten Bevölkerungsschicht jeder Lepröse eine stete Gefahr der Uebertragung für seine Familie und seine Arbeits⸗ genossenschaft. Jedoch kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Fälle von Uebertragung auf Menschen in besser situierter Lebenslage nicht mehr vereinzelt beobachtet werden. Zu Gunsten der kontagio⸗ nistischen Auffassung der Lepra hat die Anschauung, daß die Lepra durch Vererbung sich verbreite, immer mehr Anhänger verloren. Die Behandlung der Lepra erzielt bisher nur palliative Erfolge. Auch die Serumbehand⸗ lung hat in dieser Beziehung bisher keinen Wandel gebracht. Angesichts der Unheilbarkeit der Lepra, angesichts der Entstellung, die sie hervor⸗ ruft, und der schweren persönlichen und öffentlichen Schäden, die sie mit sich bringt, hält die Lepra⸗Konferenz in logischer Schlußfolgerung ihrer kontagionistischen Auffassung der Lepra die Isolierung für das einzige radikale und am raschesten wirkende Mittel zur Unterdrückung der Lepra, insbesondere wo sie in herdenweiser oder epidemischer Verbreitung sich findet. Die Bestätigung dieser Ansicht sieht sie in den Erfolgen, die die Bekämpfung der Lepra in Norwegen errungen hat, dort, wo die Isolierung der Kranken zielbewußt durchgeführt, d. h. gesetzlich eine Handhabe geschaffen worden ist, die Isolierung bei denjenigen Kranken auch gegen ihren Willen durchzusetzen, die durch die elenden Verhältnisse, unter denen sie ihr Dasein führen, eine ganz besonders große Gefahr für ihre Umgebung bedeuten.⸗ Die Konferenz brachte ihre Anschauungen über das, was zum Besten der Allgemeinheit in der Leprabekämpfung zu geschehen hat, zum Ausdruck durch die einstimmige Annahme des von Dr. Armauer Hansen (Bergen) eingebrachten Antrages: „1) In allen Ländern, in denen die Lepra herdweise oder in größerer Verbreitung auftritt, ist die Isolation das beste Mittel, um die Verbreitung der Seuche zu verhindern. 2) Das System der obligatorischen Anmeldung, der Ueberwachung und der Isolation, wie es in Norwegen durchgeführt ist, ist allen Nationen mit autonomen Gemeinden und hinlänglicher Zahl der Aerzte zu empfehlen. 3) Es muß den gesetzlichen Behörden überlassen werden, dh deerae der sünttcren Fathetäten 8n G vasschene ie den speziellen sozialen Verhältnissen angepaßt werden müssen, fe
zustellen.“ “ ““
Der Mineralog und Geolog Dr. Otto Volger, welcher im Jahre 1859 das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt a. M. zur Pflege und Förderung von Wissenschaft, Kunst und höherer Bildung ins Leben rief und bis 1881 als dessen Obmann und freier Lehrer seines Fachs fungierte, im Jahre 1862 das bis dahin völlig vernach⸗ lässigte Vaterhaus Goethe’'s kaufte, um es der Jugendzeit Goethe’s entsprechend wiederherzustellen und dem Deutschen Hochstift zur Er⸗
S 8
Sulzbach bei Soden gestorben.
““
Fheater und Musik.
Lessing⸗Theater.
Seit Sonnabend wird im Lessing⸗Theater der dreiaktige Schwank „Hans Huckebein“ von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg gegeben, der gestern wie bei seiner ersten Aufführung von dem vollbesetzten Hause sehr beifällig aufgenommen wurde. Das neue Stück unterscheidet sich in seiner Anlage und Durchführung nur wenig von den Komödien, welche dieses Dichterpaar bereits früher geschaffen hat. Es will den Zuschauern und Hörern auch nur einen fröhlichen Abend be⸗ reiten, und die Erfindung einiger lustigen typischen Personen reicht völlig als Grundlage für den Aufbau der erheiternden komischen Scenen aus, welche die Verfasser aus den menschlichen Schwächen dieser Personen geschickt ableiten. Diesmal bildet die Säule des Schwankaufbaues ein reicher junger Ehemann, Martin Hallerstädt, hinter dem sich der Titelheld „Hans Huckebein, der Unglücksrabe,“ verbirgt. Dieser Unglücksrabe 88 freilich nach sonstigen menschlichen Begriffen ein Glückskind; er ist jung und reich, besitzt eine hübsche, elegante Frau und sogar einen nachsichtigen, hilfreichen Schwiegervater, der im Bewußtsein seiner eigenen Schwächen dem Schwiegersohn mit Ausflüchten und Entschuldigungen wie ein guter Kamerad beisteht; aber jedesmal, wenn dieser junge Martin einen Schritt vom Wege thut, deren sein freilich unvermählter Freund Boris Mensky so viele macht, wird er erwischt, einmal sogar mit Hilfe der modernsten Erfindung, des Kine⸗ matographen, der lebenden Photographie. Durch den Kinematographen wird nicht nur der Held Hans Huͤckebein, sondern auch sein Freund und sein Schwiegervater geschreckt und moralisch vernichtet. Alle drei erscheinen nach einander gesenkten Hauptes wie ertappte Schulknaben vor den Frauen, und so werden viele witzigen Pointen dreimal variiert und in der Wirkung verstärkt vorgeführt; alle drei laufen nach einander vor einem thatendurstigen Athleten davon, und alle drei führen der Schwiegermutter gegenüber denselben garnicht existierenden Kommerzien⸗Rath aus Kottbus ins Feld, um mit ihrer Ausrede eine schmähliche Niederlage zu erleiden. Diese scenischen Scherze und viele Wortwitze erhielten das Publikum in heiterster Laune. Die Darstellung ließ nichts zu wünschen übrig. Für die liebenswürdige und reiche sese des Hans Huckebein ist Fräulein Groß die rechte Dar⸗ tellerin; sie blieb auch in ihrer Empörung über des Gatten Missethaten und in dem Heiterkeitsausbruch über seine Miß⸗ erfolge immer anmuthig. err Schönfeld gerieth über sein stets wachsendes Unglück in drollige Verzweiflung, und Herr Guthery rief große Heiterkeit als rachedurstiger Athlet hervor. Das Schwieger⸗ elternpaar wurde durch Frau Carlsen und Herrn Waldow sehr launig dargestellt; Herr Klein spielte einen beschränkten Russen, den Freund Boris Mensky, mit wirkungsvollem Humor, und Fräulein Jäger gab eine junge Naive, welche sich das Herz des reichen Russen erobert, mit Frische und Munterkeit.
Konzerte.
Am Montag fand im Königlichen Opernhause der zweite Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Kapell⸗ meister Felix Weingartner's Leitung statt. Derselbe wurde mit Gluck's Ouvertüre zu der Oper „Alceste“ eröffnet, deren ernste Klänge in vollendeter Schönheit zu Gehör kamen. Es folgte als Snchr. stück des Programms Liszt's umfangreiches, tonmalerisches erk „Eine Faustsymphonie in drei Charakterbildern (nach Goethe)ö. Man muß das Werk öfter gehört haben, um sich in seine vielen geistreichen Einzelheiten zu vertiefen. Die
mustkalische Charakterisierung der drei Hauptfiguren der Goethe⸗
haltung zu übergeben, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ in
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