1897 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

dienst bestanden.

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ernannt worden.

abe der Zone zur Berechnung des Portos für Packete und Wert sendungen von und nach Berlin. lin C., den 12. November 1897. Der Kaiserliche Ober⸗Postdirektor, Geheime Ober⸗Postratmh Griesbach.

1““ In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird die erste der von jetzt an halb⸗ monatlich erscheinenden Uebersichten über die Ein⸗ und Ausfuhr von Getreide und Mehl veröffentlicht.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den in die Pfarrstelle zu Lauenburg berufenen Pfarrer Bogdan, bisher in Garzigar, zum Superintendenten der Synode Lauenburg, Regierungsbezick Köslin, und ddeen in die Pfarrstelle zu Eilsleben berufenen Gefängniß⸗ Geistlichen, Pastor Dr. von Koblinski in Düsseldorf zum Superintendenten der Diözese Eilsleben, Regierungsbezirk Magdeburg, zu ernennen. .. Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bekanntmachung.

Bei den Schiedsgerichten der Arbeiterversiche⸗ rung sind nachfolgende Beamte zu Vorsitzenden bezw. stellver⸗ tretenden Vorsitzenden ernannt worden:

der Regierungs⸗Assessor von Lucke in Neumarkt zum Vor⸗ sitzenden der Schiedsgerichte daselbst;

der Amtsrichter Hoenscheid in Aachen zum Vorsitzenden der daselbst bestehenden Schiedsgerichte:

mia. VII der Berufsgenossenschaft der Fein⸗

mechanik,

der Sektion V der Rheinisch⸗Westfälischen Hütten⸗ und Watzwerks⸗Berufsgenossenschaft,

der Sektion VI der Rheinisch⸗Westfälischen Textil⸗ Berufsgenossenschaft,

der Sektion VI der Rheinisch⸗Westfälischen Bau⸗ gewerks⸗Berufsgenossenschaft,

der Sektion XXIV der Fuhrwerks⸗Berufsgenossen⸗

schaft;

der Amtsrichter Bröcher in Sensburg zum Vorsitzenden und der Amtsrichter Gemlau ebenda zum stellvertretenden

der Schiedsgerichte daselbst. 8

erlin, den 13. November 1897. 1

8 Der Minister für Handel und Gewerbe In Vertretung: Lohmann.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 15. Novembe

Seine Majestät der Kaiser und König trafen, aus Schlesien kommend, heute früh 8 Uhr 5 Minuten auf der Station Wildpark ein und nahmen im Laufe des Vor⸗ mittags im Neuen Palais den Vortrag des Chefs des Zivil⸗ kabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus, und daran anschließend die Marinevorträge entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin sind

en aus Plön im Neuen Palais wieder eingetroffen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.

Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗An⸗ gelegenheiten Dr. Schneider ist nach der Rheinprovinz ab⸗ gereist.

Die Regierungs⸗Referendare Dr. jur. Dionysius aus Minden, Schwendy aus Schleswig, Lympius aus Wies⸗ baden, Heidborn aus Köln und Schrabder aus Köslin haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungs⸗

aut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando

der Marine ist S. M. S. „Gneisenau“, Kommandant Kapitän

zur See Hofmeier, am 12. November in Rio de Janeiro angekommen und beabsichtigte, gestern nach Trinidad in See

zu gehen.

Sachsen. Seine Majestät der König gedenkt, dem „Dresdner

Journal“ zufolge, morgen nach Bebenhausen bei Tübingen zu

reisen, um, einer Einladung Seiner Majestät des Königs von Württemberg folgend, an den daselbst geplanten Hof⸗ jagden vom 18. bis einschließlich 20. d. M. theilzunehmen.

Baden.

Der Landtag ist auf den 23. d. M. nach Karlsruhe. ein⸗

berufen worden. Zum Präsidenten der Ersten Kammer ist von Seiner Königlichen Hoheit dem S Seine Prostherzogliche Hoheit der Prinz Karl, zum Ersten Vize⸗ Präsidenten Freiherr e von Bodman, zum Zweiten Vize⸗Präsidenten der Geheime Kommerzien⸗Rath Diffené

Hessen.

Ihre Königlichen Fheer der Prinz und die Prin⸗

899 Heinrich von Preußen haben gestern Abend Darm⸗

1 verlassen und sind nach Kiel zurückgereist. Sachsen⸗Altenburg.

Der Landtag ist, wie die „Magd. Ztg.“ meldet, auf den

25. d. M. nach Altenburg einberufen worden.

nommen.

Der Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses hat am Sonnabend die Verhandlung über das Ausgleichs⸗Provisorium feortgesetzt. Bei Be⸗

inn der Sitzung fand eine formelle Debatte über die Zu⸗ ässigkeit einer Spezialdebatte und die eventuelle Wiedereröffnung der Generaldebatte statt. Nachdem die Wiedereröffnung der letzteren beschlossen worden war, sprach zunächst der Minister Freiherr von Glanz, der auf eine sachliche örterung einzelner Reden einging. Bezüglich der von den Sozialdemokraten angeregten Frage des Arbeiterschutzes in Ungarn meinte der Minister, die Herbeiführung einer Uebereinstimmung mit Oesterreich sei nur auf dem Boden der paritätischen Be⸗ thätigung denkbar. Sie würde nothwendig eine Art Veto⸗ recht des anderen Theiles implizieren und möglicherweise daher eine Verschlimmerung der betreffenden Verhältnisse herbeiführen. Der Minister besprach sodann die gleichfalls von den Sozial⸗ demokraten angeregte zeitweilige Suspension der Kornzölle und bemerkte, diese würde allerdings eintreten müssen, wenn eine Gefahr für die Ernährung breiter Volksschichten bestände und dieser Gefahr durch die Suspension zu begegnen sei. Daß aber die Sache so liege, sei bisher nicht hervorgetreten, und keinerlei Wünsche nach dieser Richtung hin seien der Regie⸗ rung bekannt geworden. Nach Erörterung der Frage des Marken⸗ und Musterschutzes, dessen Einheitlichkeit in beiden Staatshälften die Regierung fördern werde, kündigte der Minister die Einbringung eines bereits vorbereiteten Gesetzentwurfs über die Einführung einer österreichischen Zwischenverkehrs⸗ Statistik an. Eine definitive Regelung des Mahlverkehrs könne die Regierung nur in der Pen süse gen Beseitigung desselben erblicken. Nachdem noch mehrere Redner gesprochen hatten, wurde die Verhandlung abgebrochen.

Der ungarische Katholiken⸗Kongreß wählte den Grafen Julius Szäpäry zum weltlichen Präsidenten und nahm sodann die Wahl eines Ausschusses zur Ausarbeitung des Entwurfs, betreffend die Organisation der katholischen

Autonomie, vor.

Frankreich.

In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Berathung der Interpellation über die land⸗ wirthschaftliche Krisis wieder aufgenommen, welche seit der vergangenen Session an jedem Sonnabend auf der Tagesordnung steht. In Beantwortung der Ausführungen verschiedener sozialistischen Redner hob der inister Präsident Méline hervor, daß die

ahl der kleinen Landwirthe zunehme. Die sozia⸗ listischen Theorien würden unheilvolle Folgen haben; der Kollektivismus, welchen sie predigten, sei eine Utopie; Acker⸗ bauer, welche auf einem Kollektivbesitzthum arbeiteten, würden den Geschmack an der Arbeit und die Liebe zu ihrem Boden verlieren. Das einzige Heilmittel für die gegenwärtige Lage liege nicht in dem Kollektivismus, sondern in der Zunahme der Produktion und in einem intensiven Landbau. Das indi⸗ viduelle Besitzthum allein könne diesen Fortschritt verwirk⸗ lichen. Die Fortsetzung der Rede Méline's wurde auf nächsten Sonnabend vertagt.

Der „Soleil“ versichert, daß die Umbildung des fran⸗ zösischen Artillerie⸗Materials bereits soweit vor⸗ geschritten sei, daß 100 Batterien mit dem neuen Material

ausgerüstet werden könnten.

Italien.

8 Der Minister⸗Präsident di Rudini hat am Sonnabend Nachmittag dem deutschen Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister von Bülow einen Besuch abgestattet.

Spanien. Der Bischof von Mallorca, welcher vor kurzem über

den damaligen Finanz⸗Minister Navarro Reverter die Er⸗

kommunikation verhängt hatte, ist, nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Madrid, plötzlich gestorben.

Wie aus La Corusa berichtet wird, haben die An⸗ hänger des Generals Weyler, welche demselben bei seiner Ankunft eine Ovation darbringen wollten, davon Abstand ge⸗

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Türkei.

Der deutsche Botschafter, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein ist, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend in Konstantinopel eingetroffen.

Wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ meldet, hat der österreichisch⸗ungarische Boischafter Freiherr von Calice am Sonnabend dem Minister des Auswärtigen eine Note überreicht, in welcher als Genugthuung für das vertragswidrige Vorgehen gegenüber dem eFercteber Staatsangehörigen Brazzafolli und für die Mißachtung der österreichischꝛungarischen Konsularbehörde in Mersina die Ab⸗ setzung des Valis von Adana und des Mutessarifs von Mersina sowie ein Salut der österreichisch⸗ungarischen Flagge im Hafen von Mersina verlangt und für Erfüllung dieser Forderungen eine bestimmte Frist gestellt wird.

Die griechischen Bevollmächtigten sind von ihrer Regierung angewiesen worden, 12 Artikel des Friedensvertrages zu paraphieren.

Amerika.

In der Provinz Pinar del Rio haben, wie aus Havanna gemeldet wird, mehrere Zusammenstöße mit den Aufständischen stattgefunden. Letztere leisteten hart⸗ näckigen Widerstand und hatten 41 Todte, wahrend auf spanischer Seite 31 Mann, darunter ein Offizier, getödtet und

4722 Mann, einschließlich eines Offiziers, verwundet wurden.

Nach einem in New⸗York eingetroffenen Telegramm haben die Aufständischen bei Nuevitas in der Provinz Puerto Principe einen Eisenbahnzug mit Dynamit in die Luft gesprengt; 12 Personen wurden getödtet, 27 verwundet.

Aus Rio de Janeiro vom 13. d. M. berichtet die „Times“, daß nach der Proklamation des Kriegsrechts eine Anzahl von Deputirten sowie andere Personen verhaftet worden seien. Die Beweise für das Bestehen einer politischen Ver⸗ schwörung mehrten sich.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Caräcas gemeldet wird, ist die Meldung, daß in Venezuela durch Auf⸗ ständische Unruhen veranlaßt worden seien (siehe Nr. 261 d. Bl.), unbegründet.

Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Simla, daß der Feind in einer Stärke von mehreren hundert Mann am

Sonnabend eine Fouragier⸗Abtheilung angegriffen habe, jedoch

mit Verlusten zurückgeschlagen worden sei. Auf britischer Seite seien ein Major, ein Kapitän und vier Mann verwundet worden. Die Vertreter der Orakzais schienen geneigt, die Bedingungen der Regierung anzunehmen

Nach einer Meldung der „Times“ aus Maidan vom 13. d. M. würden die Afridis, da sie jetzt allein daständen, sich wahrscheinlich bald ergeben. Eine verhältnißmäßig schnelle Beendigung der Feindseligkeiten sei nicht unwahrscheinlich.

Afrika.

Aus Prätoria erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß sich der Präsident Krüger sowie der General Joubert und Burger endgültig entschlossen hätten, als Kandidaten bei der nächsten Präsidentenwahl aufzutreten.

Nr. 45 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 12. November, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat⸗Wesen: Ernennung; Bestellung eines Konsular⸗Agenten; Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstands⸗ Akten; Entlassung; Exequatur⸗Ertheilung. 2) Bank⸗Wesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Oktober 1897. 3) Justiz. Wesen: Grundsätze, welche bei dem Vollzug gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen bis zu weiterer gemeinsamer Regelung zur Anwendung kommen. 4) Zoll⸗ und Steuer⸗Wesen: Abänderung der Aus⸗ führungsbestimmungen zum Zuckersteuergesetz in Bezug auf kondensierte Milch; Abänderung des § 12 der Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz über die Erhebung einer Abgabe von Salz; Veränderungen in dem Stand oder den Befugnissen der Zoll⸗ und Stenerstellen; Abänderung des § 9 des Begleitschein⸗Regulativs; Bestellung eines Reichsbevollmächtigten und mehrerer Stationskontroleure. 5„ Metes. Ausweisung von Ausländern aus dem Reichs⸗ gebiet. 8

Arbeiterbewegung.

In Magdeburg haben, wie die „Magdb. Ztg.“ mittheilt, in den letzten Wochen mehrere Maurer⸗, Zimmerer⸗, Bau⸗ arbeiter⸗ und Erdarbeiter⸗Versammlungen stattgefunden, in denen die Lohnforderungen für das Jahr 1898 festgesetzt worden sind. Die Maurer fordern einen Stundenlohn von 43 ₰, während der jetzige, bis zum 1. April 1893 gültige Tarif einen Stundenlohn von 40 1n Die Arbeitszeit soll wie bisher bestehen bleiben. Die

immerer haben die gleiche Lohnforderung von 43 für die Stunde gestellt und auch bezüglich der Arbeitszeit denselben Beschluß wie die Maurer gefaßt. Eine Versammlung der Bau⸗, Erd⸗ und gewerb⸗ lichen Hilfsarbeiter beschloß, nicht mehr im Accord zu arbeiten; sie forderte für Tragen 55 ₰. für Staken den ortsmäßigen Zimmerer⸗ lohn von 43 , für Wasserarbeit 10 % Aufschlag sowie Lieferung wasserdichter Stiefel, für Tagelöhner 35 Stundenlohn, für Putzer im Accord 55 für die Stunde.

In Gotha haben, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, die Tischler der Möbelfabrik von Christ u. Quark die Arbeit niedergelegt, weil sie mit einer ihnen vorgelegten Fabrikordnung nicht einverstanden waren.

Aus London berichtet die „A. K.“: Der Londoner Gewerkrath hat am Freitag beschlossen, den parlamentarischen Ausschuß des Ge⸗ werkvereins⸗Kongresses aufzufordern, sofort die nöthigen Schritte zum einer nationalen Konferenz von Arbeitervereinen zu thun.

8. Das Zentral⸗Comité zur Errichtung eines National⸗Denkmals für den Fürsten von Bismarck in Berlin trat vorgestern in der Akademie der Künste zu einer Sitzung zusammen, in welcher mit großer Mehrheit folgender Beschluß gefaßt wurde: „1) Die Aus⸗ führung des Denkmals durch den Herrn Professor Reinhold Zegas nach dessen Entwurf auf dem dafür vorgesehenen Platze wird genehmigt mit den Modifikationen, welche in Bezug auf Einzelheiten des Ent⸗ wurfs und auf die Platzfrage von dem geschäftsführenden Ausschuß für nöthig erachtet werden sollten; 2) der geschäftsführende Ausschuß wird bevollmächtigt, alles hierfür und für die Enthüllung des Denkmals Erforderliche zu veranlassen, namentlich den Vertrag mit dem Herrn Professor Reinhold Begas in der dem geschäftsführenden Ausschusse erwünschten Gestalt abzuschließen, die Genehmigung zur Benutzung des Platzes einzuholen und über die dazu erforderlichen Mittel na

bestem Ermessen zu verfügen.“ 8—8

In dem engeren Wettbewerb um ein als Marktbrunnen aufzu⸗ fassendes Krieger⸗Denkmal in Gießen, zu welchem drei Architekten und zwei Bildhauer aufgefordert worden waren, ist gemäß dem am 9. d. M. erfolaten Spruch des Preisgerichts der in dem Auf⸗ trage der Ausführung bestehende Preis dem Bildhauer L. Habich in Darmstadt und München zugefallen.

Das Germanische National⸗Museum in Nürnberz hat, wie uns von dort geschrieben wird, in jüngster Zeit ein Denkmal erworben, das durch seine Schicksale, wie durch seine hervorragende Seltenheit und Schönheit eine werthvolle Bereicherung der groß⸗ artigen keramischen Sammlung der Anstalt bildet. Es ist ries eine ganz in buntglasiertem Thon ausgeführte Gedenktafel eines Rupprecht Heller aus dem Jahre 1554. Die Familie Heller, deren Wappen oben im Giebel des Denkmals angebracht ist, blühte im 16. und 17. Jahrhundert in der Gegend von Wasserburg (Oberbayern), und das vorliegende Werk dürfte in einer Kirche dieser Stadt eder der Umgegend angebracht gewesen sein. Die Erwerbung ist um so freudiger zu begrüßen, als damit ein fast als Unikum in bezeichnendes Stück deutscher Kunst, das bereits vor langer Zeit ins Ausland gewandert war, in der Heimath nun wieder einen würdigen und dauernden Aufstellungsplatz gefunden hat. Die Gedenktafel er⸗ innert in ihrer Form diejenige einer Aedicula lebhaft an italienische Tabernakel, wie denn auch die in Deutsch⸗ land für figürliche plastische Werke (wenn nicht die Oefen hierher gerechnet werden) äußerst seltene Verwendung von buntglasiertem Thon auf die Blüthe italienischer Thonplastik, die Werke der Familie della Robbia in Mittel⸗Italien hinweist. Dieser Hinweis liegt um so näber, als auch Art und Farben der Glasur die gleichen sind. Die von einem mit geschmackvollem leichtem Ranken⸗Ornament gezierten architektonischen Rahmen um⸗ gebene Darstellung der Mitteltafel zeigt in flachem Relief das Bild der Dreifaltigkeit. Die Komposition lehnt sich an Albrecht Dürer Bearbeitungen desselben Gegenstandes in dem Wiener Allerheiligen⸗ bilde undsin dem großen Holzschnitt von 1511 an oder ist viellei t nur mittelbar von diesen beeinflußt. Gerade die derb naturalistisch Auffassung der Figuren, die das kräftige, starkknochige Geschlecht der Altbayern, in deren Gauen die Arbeit entstand, charakteristisch wider⸗ spiegeln, und die hohe Farbenfreudigkeit ebenfalls, wie die gleich⸗ zeitige Holzplastik beweist, ein hervorragender Zug der bayerischen Kunst machen das Monument im Verein mit der guten führung und im Ganzen ausgezeichneten Erhaltung zu einem besonderen Schmuck der Sammlungen des Germanischen National⸗Museums.

Im Lichthofe des esglscen Kunstgewerbe⸗Museums

ist zur Zeit eine in der Werkstatt von Kimbel & Friederichsen hier⸗ selbst erfundene und ausgeführte Einrichtung zu einem Damen“

ausgestellt, welche für einen Leipziger Auftraggeber bestimmt

seloge Einrichtung, welche auch die Möbelstoffe, Decken und Bezüge miteinschließt, besteht aus einem Ecksopha mit Bichestaltetem Schrankaufsatz, einem Schreibtisch, einem seichzettig als Gestell ausgebildeten Schrank, einem von Schrank estellen eingefaßten, baldachinartig abgeschlossenen Divan, wei ischen und mehreren verschieden ausgebildeten Stühlen. Einzelne eile, wie z. B. ein erhöhter umschlossener Fensterplatz mit Näh⸗ sssch, konnten nicht mit ausgestellt werden. Die Möbel sind in An⸗ lebnung an moderne englische und amerikanische Arbeiten in Mahagoniholz ausgeführt und reich geschmöckt durch Schnitzerei, Intarsien und farbige Verglasung. Als Grund für die Ein⸗ sogen dient Fichtenholz mit seinem natürlichen warmen Ton; die Einlagen bestehen theils aus naturfarbenen, sorgfältig in vm Schichtung und Aederung ausgewählten, theils farbig gebeizten und gebrannten Hölzern. Für die ornamentalen Theile der Ver⸗ gasung sind farbige Tiffany⸗Gläser auf Grund von Kathedralglas verwendet. Für die einzelnen Stücke ist ein reicher, abwechselungs⸗ voller Aufbau in dem freien Stil der englischen Möbel erstrebt, der Entwurf aller Theile aber genau für die gegebenen Raumverhältnisse

berechnet.

Ein „Hohenzollern⸗Jahrbuch“ kündigt die Verlagbuch⸗ handlung von Giesecke und Devrient in Berlin und Leipzig an. Das⸗ selbe soll nach dem vorliegenden Prospekt einen Mittelpunkt bilden für die heute überall verstreuten Forschungen über die Geschichte der Hohenzollern und ihre Thätigkeit für den Staat. Von anderen histo⸗ rischen Zeitschriften soll sich das Hohenzollern⸗Jahrbuch“ dad urch wesent⸗ lich unterscheiden, daß es sich nicht nur an die Historiker von Fach, sondern an ein größeres Publikum wendet. Für den literarischen Theil erfreut sich der Herausgeber Dr. Paul Seidel, Dirigent der Kunstsammlungen in den Königlichen Schlössern und Direktor des Hohenzollern⸗Museums, der beionderen Beihilfe des Königlichen Haus⸗Archivars, Archiv⸗Raths Pro⸗ fessor Berner, des Hof Bauraths Geyer, des Oberst⸗Lieutenants a. D. Dr. Jähns und des Direktors der preußischen Staats⸗Archive Pro⸗ fessor Koser. Neben der literarischen Darstellung wird auf die Fllustrierung nach zeitgenössischen Quell en ganz besonderer Werth gelegt werden. Die Pflege und Ausbildung dieses für die allgemeine wie für die Kunst⸗ und Kultur⸗Geschichte gleich wichtigen Materials wird sich der Herausgeber im Verein mit dem Verlagsbause vor allen Dingen angelegen sein lassen. Die illustrative Aus⸗ stattung soll demnach in Abbildungen und Faksimiles darbieten: Porträt⸗ Galerien des brandenburg preußischen Königshauses und solcher Männer, die sich um das Haus Hohenzollern und den brandenburg⸗ preußischen Staat besonders verdient gemacht haben, zeitgenössische bildliche Darstellungen von wichtigen Ereignissen, wie Schlachten⸗ darstellungen und ⸗Pläne, Darstellungen von Staatsaktionen u. s. w., Denkmäler der Hohenzollern, die eigenen Leistungen der Hohenzollern auf künstlerischem, literarischem und wissenschaftlichem Gebiete, Wahl⸗ sprüche der Hobenzollern und Abbildung besonders bemerkenswerther Ürkunden derselben, die Baugeschichte der Königlichen Schlösser und Gärten mit besonderer Berücksichtigung der Thätigkeit der Hohenzollern für Kunst und Kunstgewerbe, die Baugeschichte der Hofkirchen und Fürstengrüfte, die Geschichte der Musik, der Oper und des Theaters unter den Hohenzollern, Jagd⸗ und Marstall⸗Wesen, Wappen und Medaillen. Der erste Band 1897 soll noch im Laufe des Monats November eischeinen und auf ca. 200 Seiten (Groß⸗Quartformat) folgende Bei⸗ träge enthalten: Dr. Schmoller, Professor, z. Z. Rektor der Universität Berlin: „Der erste Hohenzollern⸗Kaiser“; von Mischke, General der Infanterie und General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs: „Kaiser Friedrich III.“; Dr. Seidel, Direktor des Hohenzollern⸗ Museums und Dirigent der Kunstsammlungen in den Königlichen Schlössern: „Die Wandteppiche mit den Darstellungen der Siege des Großen Kurfürsten über die Schweden“; Dr. Jähns, Oberst⸗Lieute⸗ nant a. D.: „Der Große Kurfürst bei Fehrbellin, Wolgast und Stettin, 1675 bis 16779; Dr. Thouret, Oberlehrer: „Die Musik am preußischen Hofe im 18. Jahrhundert“; Dr. Krauske, außerordent⸗ licher Professor an der Universität Göttingen: „Der Regierungs⸗ antritt Friedrich Wilhelm's I.“; Dr. Koser, Professor, Direktor der Königlich preußischen Staatsarchive, und Dr. Seidel, Direktor des Hohen⸗ zoller⸗Museums: „Die äußere Erscheinung Friedrich's des Großen“; Dr. Friedlaender, Geheimer Staats⸗Archivar und Geheimer Archivp⸗ Rath: „Briefe Fürstlicher Frauen aus dem Hohenzollernhause“; Dr. Bailleu, Geheimer Staats⸗Archivar und Archiv⸗Rath: „Vor hundert Jahren“; Dr. Großmann, Erster Königlicher Haus⸗Archivar und Geheimer Archiv⸗Rath: „Nachlese zur Korrespondenz Friedrichss des Großen mit dem Grafen Francesco Al⸗ garotti; Geyer, Königlicher Hof⸗Baurath: „Zur Bau⸗ . des Königlichen Schlosses in Berlin: I. Der Fest⸗ saal des Großen Kurfürsten. II. Die Kapelle Friedrich's I.“; Dr. Schneider, Prälat und Domkapitular in Mainz: „Wiedergewinnung den Miniaturen aus dem Aschaffenburger Prachtkoder des Halleschen Heligthums, einer Stiftung des Kardinals Albrecht von Branden⸗ kurg“; Dr. Bailleu, Geheimer Staats⸗Archivar und Archiv⸗Rath: „Aus der Brautzeit der Königin Luise“; Miscellanea Zollerana mit Beiträgen von Dr. Friedlaender, Geheimem Staats⸗Archi var und Geheimem Archiv⸗Rath, und Dr. Seidel, Direktor des Hohenzollern⸗Museums. Die illustrativen Beigaben des Bandes werden 27 selbständige, ganzseitige Ilustrationen in Heltogravüre, Lichtdruck und Autotypie sowie 80 Abbil⸗ dungen im Text umfassen. Die Verlagshandlung verspricht alles auf⸗ zubieten, um das Werk in einer seiner Bedeutung entsprechenden, würdigen Weise auszustatten. Der Preis wird in dauerhafter Heftung 20 ℳ, in elegantem Linband 24 betragen. Außerdem wird eine Lieb⸗ haber⸗Ausgabe hergestellt werden und zwar in 100 numerierten Exemplaren zum Preise von 60 Abgesehen von der noch feineren Ausstattung (auf Velinpapier, mehrere der ganzseitigen Illustrationen auf chinesischem und japanischem Papier) werden dieser Ausgabe die selbständigen Vollbilder in Heliogravüre, Lichtdruck und Autotypie in einer separaten eleganten Mappe vereinigt beigegeben werden. Der erste Band des „Hohenzollern⸗Jahrbuches“ dürfte sonach, da er rechtzeitig vor dem Weihnachtsfeste erscheint, sich zu einem hervorragend werthvollen Fest⸗ geschenk gestalten. 3 Anfang Dezember wird die neunte Auflage der „Natür⸗ lichen Schöpfungsgeschichte“ von Ernst Haeckel im Verlage von Georg Reimer hierselbst erscheinen. Als vor 30 Jahren die erste Auflage dieses Buches veröffentlicht wurde, befand sich die moderne, von Charles Darwin begründete Entwickelungslehre noch im Beginn ihrer Ausbildung. Die acht deutschen Auflagen der „Natür⸗ lichen Schöpfungsgeschichte“ und die Uebersetzungen derselben in zwölf verschiedene Sprachen haben nicht wenig dazu beigetragen, dem Dar⸗ winismus die Wege zu ebnen und die weitreichenden allge⸗ meinen Folgeschlüsse desselben zur Anwendung zu bringen. Inzwischen ist Professor Haeckel unablässig bemüht gewesen, die wichtigen Fortschritte auf allen Gebieten der Entwicke⸗ lungslehre für die von ihm begründete Stammesgeschichte der Fähanischen Formen zu verwerthen. Die wissenschaftliche Durch⸗ ührung derselben hat er in den drei Bänden seiner „Systematischen

hylogenie“ versucht; der erste Band (1894) behandelt das natürliche System der Protisten und Pflanzen, der zweite Band (1896) dasjenige der wirbellosen Thiere, der dritte Band (1895) das der Wirbelthiere. Die wichtigsten allgemeinen Ergebvisse dieser historischen Forschungen sind in populärer Form in die neunte Auflage der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte aufgenommen und demgemäß namentlich der zweite Theil wesentlich verbesen⸗ und theil⸗ Feüise umgearbeitet. Zußleich ist durch eine größere Zahl von Ab⸗ bildungen für leichteres Verständniß Sorge getragen. Zu den 20 Tafeln er achten Auflage sind 10 neue hinzugekommen.

Sohr⸗ Johann Jacob Engel. Ein Vortrag von Dr. Carl H chröder. Mit Porträt in Lichtdruck. Schwerin, Verlag der Därensprung schen Hofbuchdruckerei. 80. 67 S. Pr. 2 Der b erfasser schildert das Leben und Wirken des bekannten Philosophen g hmen der literarischen Bestrebungen der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Die wechselseitigen Beziehungen Engel’s zu den

Geistesberoen dieser Zeit, besonders zu Lessin

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Thätigkeit für das deutsche Theater, seine Stellung als Lehrer des späteren Königs Friedrich Wilhelm III. lassen die geistige Bedeutung des Verfassers von „Lorenz Stark“ klar hervortreten. Der Charakter Engel's ist fein und lebenswahr gezeichnet, auch seine Schwächen werden nicht verschwiegen. Die dem Vortrag beigefügten An⸗ merkungen enthalten ein reiches Material fleißiger Quellenforschung, welches für ähnliche Arbeiten willkommen sein dürfte. Im Anhang sind einige in Engel's Schriften nicht aufgenommene Prologe und Epiloge aus seiner Leipziger Zeit zum Abdruck gelangt sowie einige seiner Gedichte beigefügt.

Am Lebensborn. Gesammelte Gedichte von Franz oppe. Oldenburg, Schulze'sche Hof⸗Buchhandlung (A. Schwartz). r. geheftet 3 Der Herausgeber des zum vorjährigen Weihnachts⸗

este im gleichen Verlage erschienenen „Albums oldenburgischer Dichter⸗ tritt hier mit einer Auswahl seiner eignen „Gesammelten Gedichte“ bervor. Der Verfasser nennt sie „Blumen, die er am Lebensborn in sonnigen und trüben Stunden zum Strauße gepflückt, Ideen und Empfindungen, die er seit langen Jahren aus dem geistigen und wirk⸗ lichen Leben geschöpft und dichterisch gestaltet“ habe. Die Sammlung, in der sich manche schöne lyrische Gabe findet, verdient eine ebenso günstige Aufnahme, wie sie jenem Album zu theil geworden ist.

Patentwesen, uster⸗ und Waarenzeichenschutz von Otto Sack. Mit drei Abbildungen. Verlag von J. J. Weber in Leipzig. In Original⸗Leinenband Pr. 2 50 ₰. Der Ver⸗ fasser, Patentanwalt und vereideter Sachverständiger für Patent⸗ und Gebrauchsmusterschutzwesen am Landgericht zu Leipzig, giebt zunächst eine kurze, allgemein verständliche Erläuterung der verschiedenen Ge⸗ setze zum Schutz des gewerblichen geistigen Eigenthums und dann unter Anführung von Beispielen eine praktische Anleitung zur richtigen Gestaltung der Gesuche um Erlangung von Schutzrechten. Auch über den Gang der amtlichen Behandlung der Schutzgesuche wird die nöthige Aufklärung gegeben. Erfindern, die sich vor Fehlern bei der Anmeldung ihrer Patentansprüche bewahren wollen, sei das kleine Buch als Rathgeber empfohlen.

Katechismus weiblicher Erwerbs⸗ und Berufs⸗ arten von Constanze von Franken. Max Hesse's Verlag in Leipzig. Preis geh. 2 Die Verfasserin dieser Schrift hat sich nicht damit begnügt, möglichst viele Berufsarten anzugeben und deren Vortheile und Nachtheile für das weibliche Geschlecht gegeneinander abzuwägen, sondern sie stellt in klarer und knapper Weise, überall bestimmte Zahlen nennend, die Wege, die zu gehen, und die Ziele, die zu erreichen sind, fest. In den verschiedenen Kapiteln über die Thätigkeit der Frauen in Heuntmage und Krankenpflege, Rechtskunde und Lehrsach, Haushalt und öffentlichem Verkehr, im Staats⸗ und Gemeindedienst, im Handel und Gewerbe, auf den Gebieten der Literatur, der Musik, der Kunst und des Kunstgewerbes finden sich die dazu vorbereitenden Schul⸗ und Unterrichtsanstalten, Werkstätten und Ateliers mit dem zu zablenden Schul⸗ oder Lehrgeld, sowie Namen und Adressen von auf dem be⸗ treffenden Gebiete maßgebenden, zu Auskünften bereiten Persönlich⸗ keiten angegeben. Mädchen und Frauen, die, ihrer Neigung oder dem emnac⸗ der Verhältnisse folgend, einen Beruf ergreifen oder ihre

räfte in den Dienst erwerbender Arbeit stellen wollen, sei das Buch als ein praktischer Berather empfohlen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Max Dreyer's dreiaktiges Lustspiel „In Behandlung“, welches am Sonnabend zum Male auf einer Berliner Bühne erschien, fand auch hier den Erfolg, den es schon an anderen Orten errungen hat. Max Dreyer gehört zu den zeitgenössischen Dichtern, welche sich vom ernsten Schauspiel der Lustspielgattung zugewandt haben und die nun zumeist mit Glück in ihren dramatischen Arbeiten den Gehalt an komischer Kraft, den auch ernste gesellschaftliche Fragen besitzen, in den Vordergrund der Handlung und der Charakteristik stellen. Die „moderne Frau“ in ihrem Wissensdrange, die bald im spöttischen, bald im ernsten Sinne seit längerer Zeit ein beliebtes Motiv der Dramatiker bildet, steht auch im Mittelpunkt des Lust⸗ spiels „In Behandlung“. Der Dichter zeigt in der Gestalt eines jungen Mädchens, der Lisbeth Weigel, Dr. med., daß auch bei der „gelehrten“ Frau neben dem geschulten Geist sich die Rechte und die Macht des Herzens unverkümmert geltend machen. Die junge Doktorin, die in ungezügeltem Freiheits⸗ und Selbständigkeitsdrange einen reichen Freier fortschickt, weil er sie in der Ausübung ihres Berufs hindern möchte, ist aber nicht leicht zur Ehe zu bekehren. Sie leidet, wie ihr unvermählter Kollege Dr. Wiesener, unter dem Mißtrauen der kleinen Stadt gegen unverheirathete Aerzte; aber bald wird ihnen fast grenzenloses Vertrauen entgegengebracht, als sie eine fingierte Ehe eingehen, welche jedoch schließlich zu einer wirklichen und glücklichen Ehe führt. Der Dichter behandelt seinen Stoff in derber, fast possenhafter Weise; die Prüderie, die Tugendheuchelei der Kleinstadt wird nicht selten in grober Uebertreibung geschildert; es ergeben sich aber hieraus viele komische, theatralisch wirksame Scenen, deren Existenzberechtigung unanfechtbar erscheint, besonders wenn ihnen, wie es vorgestern der Fall war, eine gute Darstellung zu Hilfe kommt. Die junge Aerztin, welche anfangs gar zu keck und unklug den Tanten und Basen gegenübertritt, wurde von Frau Prasch⸗Grevenberg mit sicherem Wesen und maß⸗ haltendem Geschick dargestellt. Herr Sommerstorff spielte den tüchtigen Kollegen, der die kranke Seele der Kollegin ründlich heilt, mit feinem Humor. In der Rolle eines alten Schiffskapitäns, des Onkels der Doktorin, entwickelte Herr Formes eine prächtige und wirkungsvolle Komik, und doch wurde er fast noch übertroffen von Herrn Bassermann, der einen alten Tugendheuchler zu drastischer Wirkung brachte. Fräulein Schroth gab eine kecke und neugierige Naipe sehr treffend, und Frau Wenk spielte überzeugend die Rolle einer schläfrigen alten Aufwärterin.

Schiller⸗Theater.

Die am Freitag 8 erste Aufführung von „Wallenstein’s Lager“ und den „Piccolomini“ setzt das Schiller⸗Theater nunmehr in die Lage, seinem Publikum an zwei aufeinanderfolgenden Abenden die ganze gewaltige Trilogie Schiller's vorzuführen. Es war aus technischen Gründen nothwendig gewesen, die ersten Aufführungen des Werkes in umgekehrter Folge zu bringen. Dieser Umstand war in mancher Hinsicht störend, es trat aber insofern eine Steigerung der Fasc nc.aig als die Aufführung der ersten Ihcile diejenige von „Wallenstein's Tod“, so ge⸗ lungen diese auch war, noch überbot. Zunächst wurde „Wallenstein's Lager“ in so geschickter, sorgfältiger und fein abgetönter Scenierung gegeben, daß man staunen konnte. Es muß zugestanden werden, daß diese Vorführung des lebensvollen Vorspiels zur Tragödie nicht allein den besten Aufführungen des Schiller⸗Theaters, sondern den besten des Stückes überhaupt zugerechnet zu werden verdient. Reden und Gegen⸗ reden fügten sich harmonisch und ohne Stockung aneinander, die Massen wurden niemals so lärmend, daß sie das Dichterwort übertönt hätten, und dennoch bot das Ganze ein echtes Bild bunt bewegten Lagerlebens. Auf der Höhe der Gesammtaufführung standen ohne Ausnahme auch die Leistungen der Einzelnen, unter denen Herr Merten als markiger Wachtmeister, die Herren Froboese und Bach als temperamentvolle Holkische Jäger, Herr Patry. als Trom⸗ peter, Herr Winterstein als Kürassier und Frau Grete Meyer als Marketenderin sich besonders bhervorthaten. Außer⸗ ordentlich wirkungsvoll war auch der Kapuziner in der Darstellung des Herrn Pehaee oc⸗ welcher ihn mit maßvoller, die künstlerisch ge⸗ botenen Grenzen niemals überschreitender Komik darstellte. Der Geist, der die Wiedergabe des Vorspiels belebte, herrschte auch in der nachfolgenden Aufführung der „Piccolomini“ vor, von welcher mit gesteigerter An⸗ erkennung das zu sagen ist, was von „Wallenstein’s Tod“ (vgl. Nr. 266 d. Bl.) bereits gesagt wurde. Die hier mehr hervortretende Rolle des Illo spielte Herr Froboese mit hinreißendem Temperament und in scharfer Fharakteranlage. Seine Leistung erreichte in der bewegten Bankett⸗ secene ihren Höhepunkt, sodaß ihm lebhafter Beifall und Hervorruf zu theil wurde. Kraftvoller als am Mittwoch erschien dieses Mal Herr Pategg, dem auch als Regisseur große Anerkennung zu zollen ist, in der des Wallenstein. Ihm gegenüber bot der

b Schiller, seine rege

gemessene küͤhle Ffmangeton, welchen Herr Patry dem Oeesenben en

verlieh, einen sta wirksamen Gegensatz. ir Merten hatte das allzu Greisenhafte, welches er am ersten Abend zum Nachtheil der Wirkung dem Buttler verliehen hatte, ausgemerzt und bot dieses Mal eine beachtenswerthe Leistung. Die Herren Laurence (Octavio), Bach (Max), die Damen Barth Gräfin Terzky) und Pauly (Thekla) waren ebenso vortrefflich wie am ersten Abend. Das Haus war wieder voll besetzt und bereitete der auch äußerlich glanzvoll aus⸗ gestatteten Aufführung eine A Aufnahme. Thalia⸗Theater.

„Die Drillingsmutter“ (Motherof three), ein neuer englischer Schwank von Clo Graves, welcher am Sonnabend hier zur ersten Aufführung gelangte, erinnerte lebhaft an „Charley’'s Tante“, ohne jedoch einen gleich starken Heiterkeitserfolg zu erzielen. Auch in ihm bildet eine Verkleidung die Grundlage, auf welcher sich die komischen Situationen aufbauen, nur daß hier, umgekehrt wie in dem vor⸗ erwähnten Schwank, eine Frau die Rolle eines Mannes zu übernehmen hat; und zwar thut das die Frau des auf einer astronomischen Forschungsreise seit achtzehn Jahren in Peru weilenden Professors Murgatroyd, um ihr zum fünften Male verlobtes Drillings⸗ töchter⸗Kleeblatt von dem allen Heirathsplänen bisher verhängniß⸗ vollen Verdachte zu reinigen, daß der abwesende Vater eine mythische Persönlichkeit sei. Kurz entschlossen wirft sie sich in Manneskleider und giebt sich den zukünftigen Schwiegereltern einer ihrer Töchter gegenüber für den Professor aus. Die Komik der Situation wird durch die unvermuthete Rückkehr des Professors selbst noch erhöht, und das drollige Durcheinander hält an, bis im dritten Akte die unvermeidliche lustige Katastrophe Alles zum Besten auf⸗ klärt. Man sieht, das ganze Werk, das auf jegliche Wahrschein⸗ lichkeit verzichtet, hat nicht mehr Anspruch auf literarische Beachtung als etwa eine Zirkuspantomime. Gespielt wurde namentlich von Frau Dora, welche die Titelrolle in den Verkleidungsscenen mit wirksamster Drolerie gab, sowie von den Damen Theren und Fredi⸗Franken und den Herren Ewald und Junkermann ausgezeichnet. Einen Sondererfolg hatte Frau Sigl als Dienstmädchen mit einem Stock⸗

schnupfen. Konzerte.

Am Donnerstag v. W. hatten sich die Pianistinnen Else Strus⸗ dorff und Clara Kuske zusammengethan, um im Saal Bech⸗ stein Vorträge auf zwei Klavieren zu Gehör zu bringen. Sie spielten die Sonate in D-dur von Mozart, Variationen über ein Thema von Beethoven (op. 35) von Saint⸗Sasns, Variationen (op. 46) von R. Schumann und eine Tarantella (op. 82) von J. Raff. Recht anerkennenswerth waren die beider⸗ seits entwickelte, geläufige Technik und die Präzision in der Zu⸗ sammenwirkung: orzüge, die besonders im Vortrag des erst⸗ und letztgenannten Werkes gut zur Geltung kamen. Weniger gelungen waren die Variationen, welche etwas pedantisch zu Gehör gebracht wurden. Die bekannte und geschätzte Groß⸗ herzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Kammersängerin Frau Hermine Galfy, welche für das erkrankte Fräulein Martha Dsirne eingetreten war, steuerte einige Liedervorträge zu dem Konzert bei und zeigte in Gesängen von Schumann, Grieg, Jensen und Feeen ihre hochentwickelte Kunst. Drei Proben aus dem isher bekannten Liedereyelus „Schön Gretlein“ von A. v. Fielitz fanden, trotz einiger darin vorkommenden gewagten

rmonien und Dissonanzen, welche die Sängerin in den falschen

erdacht des Detonierens brachten, eine freundliche Aufnahme. Die Klavierbegleitung führte für den behinderten Herrn Woldemar Sacks Herr Max Sandow anerkennenswerth aus.

Wie großer Beliebtheit sich der Pianist Herr Felix Dreyschock erfreut, bewies am Freitag der Andrang des Publikums zu seinem im Saal Bechstein veranstalteten Klavier⸗Abend. Musikstudierende und Schülerinnen bildeten einen großen Bestandtheil desselben, und der enthusiastische Beifall gipfelte in der Spendung eines Lorbeer⸗ kranzes. Die klare Korrektheit des Spiels und seine ganz saubere Geläufigkeit sind allerdings zu bewundern. Da ist nichts von modernem, nervösem Ueberhasten der Tempi; eine gewisse vornehme Ruhe beherrscht auch noch die rapidesten Zeitmaße, wie in der Ges-dur- Etude von Chopin, deren Schwierigkeit in Läufen auf den Obertasten besteht, und die dem Künstler vorzüglich gelang. Sehr gefiel auch die E-moll-Sonate von Weber, und in der jetzt vielgespielten Liszt'schen H-moll-Sonate erfreute besonders die trotz großartiger Technik mäßig angewendete Kraftäußerung, in welcher sich sonst die Klavierspieler überbieten. Aus den Stücken eigener Erfindung, welche den Schluß bildeten, sprach ein gefälliges Kompositionstalent. Ein weiterer Klavierabend fand zur gleichen Stunde in den Räumen der Philharmonie statt. Der Veranstalter desselben war Herr Josef Weiß. Außer vier bekannten Werken von Brahms trug der Konzertgeber noch sieben eigene Kompositionen vor; zwei, „Früh⸗ lingsglaube“ und „schottische Rhapsodie“ betitelte Werke gefielen von g” am meisten. Leider verhinderte eine Verletzung am Finger den Künstler an der fließenden Ausführung der zum theil recht gelungenen Piècen. Die Aufnahme seiner Vorträge war dennoch eine recht günftige.

Im Königlichen Opernhause geht morgen „Die Walküre“ (erster Abend von Richard Wagner's Bühnen⸗Festspiel „Der Ring des Nibelungen“) in nachstehender Besetzung in Scene: Sieg⸗ mund: Herr Sylva; Hunding: Herr Mödlinger; Wotan: Herr van Rooy; Sieglinde: Frau Sucher; Brünnhilde: Frau Lili Lehmann; FIa Frau Goetze; Walküren: die Damen Herzog, Kopka, Weitz,

gli, Rothauser, Reinl, Varena und Pohl. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. Die Vorstellung beginnt um 6 ½ Uhr. Preise der Plätze: I. Rang und Parquet 10 ℳ; II. Rang 7 ℳ; III. Rang 5 ℳ; IV. Rang Sitzplatz 2,50 ℳ, Stehplatz 1,50

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen zum vierten Male das vieraktige Lustspiel „Das neue Weib“ von Rudolf Stratz gegeben. Die Damen Poppe, Schramm, Conrad, von Hochen⸗ burger, Abich und Hausner, die Herren Vollmer, Blencke, Keßler, Pohl, Kraußneck, Oberländer, Hartmann, Heine, Hertzer, Winter und Eichholz sind darin beschäftigt.

Die öffentliche Hauptprobe zu dem Konzert des König⸗ lichen Opernchors (⸗Legende von der heiligen Elisabeth“) findet am Mittwoch, Mittags 12 Uhr, im Königlichen Opernhause statt. Eintrittskarten zu 2 und 1 sind bei Bote u. Bock (Leipziger⸗ straße 37) und an der Kasse des Königlichen Opernhauses zu haben.

Im Schiller⸗Theater findet am Mittwoch (Bußtag) ein Geistliches Konzert unter Mitwirkung der Damen Emma Carel (Sopran), Hertha Johnsohn Megze Sopren Hedwig Joel (Alt) und der Herren Kammersänger Eduard Feßler (Bariton), Heinrich Brühl (Tenor), Leo Schrattenholz (Cello), A. Sendtler (Orgel) zum Abonnementepreise (I. Parquet 1 ℳ) statt. Das Pro⸗

ramm enthält Kompositionen von Bach, Mendelssohn⸗Bartholdy, ruch, Braga, Händel, Hiller, Beethoven und Gounod.

Im Sr a. IV. Philharmonischen Konzert unter Arthur Nikisch's Leitung (am 29. November) tritt Edouard Risler, der bekannte Pariser Klavier⸗Virtuose, als Solist auf. An dem großen Erfolge, welchen soeben Wagner's „Meistersinger“ an der Großen Oper zu Paris davongetragen haben, ü Edouard Risler insofern hervor⸗ ragend betheiligt gewesen, als die Einstudierung des Werks zum größten Theil in den ve dieses Künstlers lag. Herr Risler wird hier Beethoven's Klavierkonzert in Es-dur und außerdem (zum ersten Mal) die Variations symphoniques für Klavier und Orchester von César Franck zum Vortrag bringen.

Der Stern'sche Gesangverein (Direktor: Professor Germs⸗ heim) veranstaltet zur seines fünfzigjährigen Bestehens am 6. Dezember in der Philharmonie ein großes Konzert unter Mit⸗ wirkung des Herrn eesen Joseph Joachim, der König⸗ lichen Hof⸗Opernsängerin Frau Marie Götze, der Konzert⸗ sängerin Mme. Sobrino, sowie der Herren 2eneen Carl Dierich und van Rooy (Bariton). Das Programm bietet eine

Reihe von Werken klassischer und moderner Komponisten.

Am Bußtage fällt der Orgelvortrag in der Marien⸗Kirche aus. Der nächste Vortrag findet am Mittwoch, den 24. November,

Mittags 12 Uhr, statt. 1“ 8 8—