mehreren siegreichen Gefechten der Engländer unterdrückt wurde. Theil der Leute, 450 bis 460, trat mit Mwanga zu uns über, wurde nach Bukoba gebracht und dort entwaffnet (45 Hinterlader, ungefähr 200 Vorderlader u. s. w.). Der andere Theil, 1500 bis 2000 seiner besten Leute unter dem Führer Madzasi, ist in Nkole und, von den Engländern hart bedrängt, anscheinend gewillt, auf deutsches Gebiet überzutreten. Es läßt sich über die Gründe der Flucht, sowie über die augenblickliche politische Lage, die dadurch hervor⸗ gerufen ist, Folgendes zusammenzustellen. Durch die Begünstigung der großen Katikeros in Uganda war unter der Hand die absolute Monarchie Mwanga's in eine konstitutionelle umgeändert. Dies paßte diesem in keiner Weise. Verschiedene andere Umstände, wie eee bei Ein⸗ und Ausfuhr seiner Waaren, scharfe Kontrole über ein Thun und Lassen, ließen ihn schließlich zu dem Entschlusse kommen, zur Vertreibung aller Europäer am See einen allgemeinen Aufstand im Geheimen vorzubereiten. Die Gelegenheit schien ihm jetzt gerade günstig, da die Manjema, welche eine belgische Expedition niedergemacht haben und sich im Besitze un⸗ zähliger Hinterlader, Geschütze und ihrer Munition befinden sollten, drohten, in Uganda einzufallen. Mwanga sandte an alle Eultane des westlichen Ufers, gleichgültig ob deutsch oder englisch, Gesandtschaften, die, falls die Manjema siegreich wären und die von den Engländern ihnen Gvreee 2000 Waganda zurückschlügen, aufforderten, gemeinsame Sache zur Ver⸗ treibung der Weißen mit den Manjema zu machen. Die Manjema ließen sich jedoch mit den Waganda garnicht ein, sondern zogen nach Süden ab. Daraufhin handelte Mwanga auf eigene Faust, flob in seine süd⸗ lichste Provinz Buddu in dem Glauben, daß sich nun ganz Uganda erheben würde. Mit großer Schnelligkeit kamen die Engländer aber dem zuvor, indem sie mit einer großen Troppenmacht ihn mehrere Male schlugen und in deutsches Gebiet drängten. Zum Schutze der Grenze war ich sofort beim Ausbruch der Wirren abgerückt, und es gelang mir, ihn gerade in dem Augenblick in Empfang nehmen zu können, als er den Fuß auf deutsches Gebiet setzte. Ich beeilte mich, ihn sofort von der Grenze nach Bukoba zu bringen, um jede Unruhe auf deutscher Seite zu vermeiden.
In derselben Angelegenheit meldet der Premier⸗Lieutenant Schlobach aus Bukoba unter dem 16. August:
Es ist natürlich, daß der Uebertritt Mwanga's, des Kabeka von Uganda, auch hier im Seengebiet großes Aufsehen erregte. Die Aufregung hat sich jedoch bereits gelegt, eine Gefahr ist nicht mehr vorhanden. Mwange ist entwaffnet. Die etwa 2000 Waganda, deren Eindringen in unser Gebiet befürchtet wurde, sind von der Grenze von Deutsch⸗Mbuddu über Nkole, Mpororo abgezogen, wahr⸗ scheinlich in der Richtung nach Unioro und Toro, um sich dort eventuell mit Feinden der Engländer gegen diese zu verbinden. Es handelt sich nunmehr nur darum, Mwanga unterzubringen. Es ist ausgeschlossen, ihn am Westufer des Sees zu belassen. Die Sultane des Bukobagebiets wollen ihn dort nicht haben; auch ist sicher, daß er von hier aus mit Ruanda konspirieren, dorthin eventuell flieben würde; denn er wünscht, wie die Missionare behaupten, sich dort ein neues Reich zu gründen. Von dort aus würde dann auch unserem Gebiet Ge⸗ fahr drohen. Eine mögliche Lösung der Frage besteht darin, daß Mwanga dicht bei der Station Muanza dauernd untergebracht wird, unter der beständigen Aufsicht derselben. Kaufmann Sixdorf, welcher augenblicklich hier in Bukoba anwesend ist, hat sich bereit erklärt, Mwanga vorläufig in seine Niederlassung aufzunehmen, die etwa 300 m von der Station Muanza entfernt ist. Da Sixdorf mit Mwanga seit Jahren bekannt ist, verliert der Tranẽport des Mwanga nach Muanza den Charakter der gewaltsamen Ueberführung, sowie sein Aufenthalt daselbst den Charakter der Haft. Bis eine Entscheidung des Gouvernements eintrifft, wird für ständige Bewachung des Mwanga durch einen Ehrenposten gesorgt werden. Die Zahl der hier be⸗ findlichen Anhänger beträgt etwa 450. In Bukoba bvefinden sich augen⸗ blicklich das englische Dampfboot sowie die drei Segelboote „Fürst Wied“, „Herrmann“ und „Wilhelm“. Das Dampfboot fährt am heutigen Tage nach Muanza und wird Sixdorf und Mwanga mitnehmen, sowie Lieutenant von Wulffen, der die Ueberbringung leiten soll, da er alle bisherigen Schauris mit Mwanga erledigt hat. Vermittels der drei Segelboote werden zunächst 100 Waganda heute nach Muanza trans⸗ portiert. Die Stationen werden sich bemühen, die fleißigen geschickten Waganda seßhaft zu machen. Den Transport der Segelboote leitet Sergeant Wassilewski mit neun Askaris. Lieutenant von Wulffen kehrt mit dem englischen Dampfboot in wenigen Tagen hierher zurück, worauf ich selbst auf dem Landwege durch die Länder westlich und füdlich des Sees nach Muanza zurückkehren werde, wozu 14 Tage bis 3 Wochen erforderlich sind.
Der Kaiserliche Gouverneur hat sich mit den von dem Premier⸗Lieutenant Schlobach getroffenen Maßnahmen, be⸗ sonders der vö Mwanga’'s in dem Sirdorf'schen
ause bei der Station Muanza, einverstanden erklärt und den efehl ertheilt, daß Mwanga auch weiterhin dort ver⸗ bleiben soll.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern den Prinzen und die Prinzessin Albrecht zu Schaum⸗ burg⸗Lippe.
Die österreichische Delegation trat vorgestern Mittag zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Bei Beginn derselben gab der Delegirte Hofmann von Wellenhof (Deutsche Volks⸗ partei) die ““ daß er an den Verhandlungen der Delegationen mit Rücksicht auf die innere politische Lage, insbesondere den ungeklärten Stand der Ausgleichsver⸗ handlungen mit Ungarn, nur unter dem Vorbehalt theil⸗ nehmen könne, daß daraus kein Schluß auf die Haltung seiner Partei betreffs einer entsprechenden Vertheilung der Lasten sowie überhaupt betreffs der verfassungsmäßigen Er⸗ ledigung des Ausgleichs gezogen werden dürfe. Dieser Erklärung schlossen sich der christlich⸗soziale Delegirte Dr. Scheicher und der deutsch⸗fortschrittliche Delegirte Groß im Namen ihrer Parteien an. Bei der sodann vorgenommenen Wahl des Präsidiums wurde der Delegirte Graf Franz Thun mit 35 von 36 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Die deutschen Delegirten hatten unbeschriebene Stimmzettel ab⸗
egeben. Zum 1“ wurde der Delegirte von .scss ea⸗ der Obmann des Polenklubs, gewählt. Der Präsident Graf Thun führte hierauf in seiner Er⸗ öffnungsrede aus, daß die Delegation von dem patrio⸗ tischen Wunsche getragen sei, die Großmachtstellung der Monarchie kräftig und zu erhalten sowie die Würde und das Ansehen des Habsburger Reiches feierlich nach innen wie nach außen zu dokumen⸗ tieren. Die Delegation werde die Mittel, welche zur Er⸗ reichung dieses hohen Zieles nothwendig seien, opferfreudig bewilligen und dabei die Forderungen für die Gemeinsamkeit mit der Leistungsfähigkeit der Bevölkerung in Einklang bringen. Sodann gedachte der Präsident der tapferen Armee, welche des Reiches Stolz und Schutz sei, der Kulturmission in Bosnien und in der Herzegowina und gab seiner Freude über den durch die Einmüthigkeit der mächte zwischen zwei kriegführenden Staaten gestifteten Frieden, sowie dem Wunsche baldiger Wiederherstellung der Ordnung auf Kreta Ausdruck. Es sei ein hohes Ver⸗ dienst der leitenden Staatsmänner und ierungen, daß es elungen sei, die volle Einmüthigkeit aller Großmächte in der
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Beurtheilung dieser beiden im Orient aufgetauchten Fragen im vollsten Maße zu erweisen und so der Friedensliebe der Kabinette ein glänzendes Zeugniß auszustellen. „Für das große Verdienst, welches unser Auswärtiges Amt sich dabei erworben hat“, fuhr der Präsident fort, „zollen wir ihm gerechten Dank, und egen die Zuversicht, daß dasselbe im Festhalten an der Basis treuer ndesgenossenschaft fortfahren möge, unsere Beziehungen zu allen Mächten zu den freundschaftlichsten zu gestalten. Die glücklich herbeigeführte Uebereinstimmung unserer und der russischen Regierung in der gg der orientalischen Frage ist eine neue, freudig zu begrüßende Bürg⸗ schaft des Friedens.“ Der Präsident schloß seine Rede mit einem Hoch auf den Kaiser, in welchem Alle den Friedens⸗ fürsten verehrten, der nun bald ein halbes Jahrhundert mit väterlichem Wohlwollen die Geschicke seiner Völker lenke. Nachdem alsdann die Wahl der Ausschüsse vorgenommen worden war, wurde die Sitzung geschlossen.
Die ungarische Delegation hielt vorgestern Nach⸗ mittag ihre Eröffnungssitzung ab. Zum Präsidenten wurde Graf Julius Szäpäry, zum Vize⸗Präsidenten Koloman gewählt. Der Präsident wies in seiner Ansprache auf verschiedene, in der letzten Zeit von gekröntern Häuptern gethane Aeußerungen hin, welche bewiesen, daß die Monarchen ebenso die Aufrechterhaltung des Friedens wünschten, wie die Völker. Er sprach ferner von dem Dreibunde, dessen Grundlage ebenfalls die Erhaltung des Frie⸗ dens sei, und betonte sodann die Nothwendigkeit der Eintracht zwischen beiden Staatshälften als der Hauptgarantie der Großmachtstellung der Monarchie. Zuletzt gedachte der Präsident der Millenniumsfeier und schloß mit einem von den Mitgliedern der Delegation begeistert aufgenommenen Eljen auf den König Franz Foseph.
Gestern Mittag wurde von dem Kaiser und König zuerst die ungarische und sodann die österreichische Delegation empfangen.
Der Präsident der ungarischen Delegation Graf Szäpäry gedachte in seiner Ansprache an den König zunächst der letzten Allerhöchsten Entschließungen, welche die öffentliche Meinung in Ungarn elektrisiert hätten. Im Laufe des Jahres seien im Orient mancherlei Differenzen aufgetaucht; es sei aber dem König in Gemeinschaft mit den anderen Großmächten gelungen, den Krieg zu lokalisieren und den Frieden wiederherzustellen. Diese Verwicke⸗ lungen hätten den auswärtigen Vertretern des Königs reiche Gelegenheit zur Thätigkeit geboten. Die Ungarn hätten mit Freuden von jener geachteten Stellung, jenem Einflusse ver⸗ nommen, den das Auswärtige Amt des Königs auf diesem Gebiete erworben habe. Graf Szäpäry gedachte so⸗ dann der Anwesenheit des Deutschen Kaisers und des Königs und der Königin von Rumänien in Budapest. Hierbei sei hervorgetreten, wie treu die ungarische Nation zu dem Drei⸗ bunde stehe, welcher die Grundlage der auswärtigen Be⸗ ziehungen Oesterreich⸗Ungarns bilde, und wie freudig das ungarische Volk Verbündete des Beherrschers Oesterreich⸗ Ungarns empfange. Graf Szäpäry fuhr hierauf fort: „Wir wissen, welche Sorgen Eurer Majestät die Erneuerung des Ausgleichs zwischen Ungarn und den übrigen Königreichen und Ländern bereitet. Aber je schwieriger die Verhältnisse sind, desto nothwendiger ist es, daß wir uns zur Lösung dieser Fragen aneinanderreihen, und daß diejenigen zusammenhalten, welche die Schöpfungen des Jahres 1867 aufrecht zu erhalten wünschen.“ ach Erwähnung der Nothlage der Landwirth⸗ schaft schloß Graf Szäͤpäry mit Eljen⸗Rufen auf den König.
Der Präsident der österreichischen Delegation Graf Thun betonte in seiner Ansprache an den Kaiser, daß die verschiedenen österreichischen Völker den sichersten Schutz ihrer geistigen und wirthschaftlichen Interessen im festen A“ sowie in der Kraft und Stärke der Monarchie fänden; deshalb erfülle die Delegation nur ihre Pflicht gegen die Bevölkerung, wenn sie unter sorgfältiger Bedachtnahme auf die Leistungs⸗ fahigkeit der Steuerträger die Mittel für die Wahrung er Würde und der Großmachtstellung der Monarchie be⸗ willige. Graf Thun schloß mit heißen Segenswünschen für den Kaiser, als den von ganz Europa verehrten Hort des Rechtes und des Friedens.
Die Ansprachen beider beantwortete, dem „W. T. B.“ zufolge, der Kaiser und König mit folgender Thronrede:
„Die Versicherungen treuer Ergebenbeit, welche Sie soeben an Mich gerichtet haben, nehme Ich mit aufrichtigem Danke entgegen. Im Laufe des letzten Jahres hat die Lage im Ortent zu manchen Besorgnissen Anlaß gegeben, die aber heute dank dem einmüthigen Vorgehen der Grohmaͤchtr, lücklich beseitigt erscheinen. Das europäische Konzert hat sich während dieser Zeit als mächtiger Faktor zur Beilegung der orientalischen Wirren be⸗ währt; und wenn es demselben auch nicht gelungen ist, den Ausbruch des sehr bedauerlichen kriegerischen Konflikts zwischen der Türkei und Griechenland zu verhindern, so ist es doch seiner un⸗ ermüdlichen und zielbewußten v* zuzuschreiben, daß dieser Konflikt lokalisiert und schließlich infolge der Intervention der Mächte auch beendigt wurde. Es wird jetzt die Aufgabe des europäischen Konzerts sein, an die Regelung der Zustände auf Kreta zu schreiten, welches unter Wahrung der Souveränitätsrechte Seiner Majestät des Sultans eine weitgehende Autonomie und damit die Bürgschaften für eine bessere Zukunft erhalten soll. Mit Befriedigung kann Ich betonen, daß Unsere Beziehungen zu allen Mächten die besten sind. Nach wie vor bildet Unser Bundesverhältniß zu Deutsch⸗ land und Italien die unverrückbare Basis Unserer Politik. Diese Basis zu erhalten und zu kräftigen, ist das beständige Bestreben Meiner Regierung. Zu den bisher bestehenden Bürgschaften des Friedens ist die freundschaftliche Ausgestaltung Unseres Verhältnisses zum russischen Reich hinzugekommen. Die wiederbolten Zusammenkünfte, die Ich mit Seiner Majestät dem Kaiser von Rußland hatte, überzeugten Mich von der Uebereinstimmung Unserer Gesinnungen und begründeten ein Verhältniß gegenseitigen ertrauens zwischen Unseren Staaten, dessen Konsolidierung nur Erfreuliches für die Zukunft verheißen kann. Mit Gefühlen warmer Genugthuung gedenke Ich der Besuche, mit welchen Mich Seine Majestät der Deutsche Kaiser, Mein treuer Freund und Bundesgenosse, hier in Wien und kürzlich in Budapest erfreut hat. Eine nicht minder dankbare Erinnerung be⸗ wahre Ich Meinem vorjährigen Aufenthalte in Rumänien und dem Gegenbesuche Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Rumänien. Die Wahrung der Interessen des europäischen Friedens wird auch fernerhin die Hauptaufgabe Meiner Regierung sein, und hoffe Ich, daß wir der Zukunft in dieser Hinsicht mit Zuversicht entgegensehen können. Meine Kriegsverwaltung hat auch in diesem Jahre bei ihren Forderungen der wirthschaftlichen und finanziellen Lage der Monarchie gan2 end Rechnung getragen, obgleich die Er⸗ eignisse zu Beginn dieses Jahres eine raschere Ergänzung des Kriegsmaterials als nothwendig erscheinen ließen, welche theils durchgeführt, theils eingeleitet werden mußte. Diese Vorkehrungen bewegten sich edoch innerhalb des für den Ausbau Meines Heeres fixierten Rahmens, welchem im übrigen auch daos pro 1898 aufgestellte Gesammtbudget Meiner Kriegsverwaltung entspricht An⸗ gesichts der normal fortschreitenden wirthschaftlichen Entwickelung Bosniens und der Herzegowina werden diese Länder auch in diesem
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Jahre ebenso wie bisher in der Lage sein, alle Erfordernisse ihrer Verwaltung aus eigenen Einnahmen zu bestreiten. Indem Ich die Ihnen zugehenden Vorlagen Meiner Regierung Ihrer bewährten Einsicht und patriotischen Opferwilligkeit anempfehle, wünsche Ich Ihren Arbeiten den besten Erfolg und heiße Sie herzlichst willkommen. Das österreichische Abgeordnetenhaus wählte in seiner gestrigen Sitzung den Abg. Dr. Kramarz zum Ersten Vize⸗Präsidenten und setzte sodann die Berathung der Nothstandsvorlage fort. UInter dem Vorsitz des Kardinal⸗Fürstbischofs von Prag Schönborn fanden am Dienstag Vormittag Vorberathungen für die am 23. d. M. beginnenden Bischofskonferenzen statt.
Großbritannien und Irland.
In einer am Dienstag in der Albert Hall zu London e großen Versammlung sprach, dem „W. T. B.“ ufolge, der Premier⸗Minister Lord Salisbury seine volle
nerkennung des glänzenden Beispiels von Patriotismus und Hingebung aus, welches die Eingeborenen⸗Truppen in Indien ge⸗ geben hätten. Gegenüber den scharfen Beurtheilungen der bri⸗ tischen Politik gegen Frankreich im Auslande vertheidigte Lord Salisbury die Politik der gegenwärtigen Regierung in Bezug auf Siam und Madagaskar, indem er erklärte, baß es Glad⸗ stone gewesen, welcher in diesen Ländern vor Frankreich zurück⸗ gewichen sei. Schließlich wiederholte Lord Salisbury seine jüngst auf dem Lord⸗Mayors⸗Bankett gethane Aeußerung, daß das europäische Konzert überall erfolgreich gewesen sei, nur nicht bei der Bemühung, Griechenland vom Kriege zurückzuhalten, welches daher auch die ganze Verantwortung für den Krieg mit der Türkei zu tragen habe.
Der Ober⸗Befehlshaber der britischen Armee, Feldmarschall Viscount Wolseley, sagte am Dienstag in einer Ansprache an die Mitglieder der „United Service Institution“: Die Nothwendigkeit, die Stärke der Armee zu erhöhen, werde allgemein anerkannt. Die allgemeine Dienstpflicht könne aber für ein Heer, wie das britische, welches zumeist außerhalb Englands Dienst thue, nicht eingeführt werden. Wenn man den Mannschaften dagegen ausreichenden Sold oder Aussichten auf spätere Verwendung im Dienste der Regierung gewähren würde, würde man bald genug Rekruten
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erhalten. — Frankreich.
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In dem vorgestern abgehaltenen Ministerrathe berichtete der ’ des Aeußern Hanotaux über die Be hecglichtet mit Großbritannien in der Nigerfrage und theilte mit, daß dieselben einen regelmäßigen Fortgang nähmen.
Die Frage, ob der Hauptmann Dreyfus, welcher im Jahre 1894 mit Deportation nach Französisch⸗Guyana bestraft wurde, weil er vertrauliche militärische Papiere dem Militär⸗Attaché einer fremden Macht ausgeliefert haben sollte, unschuldig verurtheilt worden und deshalb eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihn erforderlich sei, ist in letzter Zeit von dem Vize⸗Präsidenten des Senats Scheurer⸗Kestner und dem Bruder des Verurtheilten Mathieu Dreyfus wieder aufgeworfen worden und vorgestern in beiden Häusern des Parlaments zur Sprache gekommen. Im Senat beantragte der Senator Le Provost de Launay, daß in der nächsten Sitzung der gegenwärtig in der Kommissionsberathung befind⸗ liche Gesetzentwurf über die Spionage berathen werde, damit bei Gelegenheit dieser Diskussion der Kriegs⸗ Minister, General Billot und der Vize⸗Präsident des Senats Scheurer⸗Kestner aufgefordert werden könnten, um⸗ fassende Erklärungen über die Angelegenheit, welche allgemeine Erregung verursache, abzugeben. Redner sprach sein Bedauern darüber aus, daß Scheurer⸗Kestner mit Insinuationen vor⸗ gegangen sei, statt die Angelegenheit von der Tribüne des Senats herab vorzubringen. Der Justiz⸗Minister Darlan und der Senator Morellet bemerkten, die Besprechung der Frage würde dadurch gewinnen, daß sie auf eine ruhigere Zeit 8 werde; übrigens habe auch die Kommission sür das Spionage⸗ Gesetz ihre Arbeiten noch nicht beendet. Der Antrag des Senators Le Provost de Launay wurde hierauf abgelehnt und die Sitzung geschlossen. — In der Deputirtenkammer richtete der Deputirte Graf d’ Alsace eine Anfrage an die Regierung bezüglich eines Schreibens des Senators Scheurer⸗ Kestner an einen anderen Senator und eines Schreibens des Bruders des Hauptmanns Dreyfus, Mathieu Dreyfus, an den Kriegs⸗Minister. Der Redner forderte die Regierung auf, so klare und bestimmte Erklärungen abzugeben, wie sie die Armee und das Land erwarteten. Hierauf erwiderte der Kriegs⸗Minister, General Billot: er habe mit dem Vize⸗Präsidenten des Senats Scheurer⸗Kestner eine vertrauliche Unterredung gehabt, in
welcher dieser ihm seine Absicht angezeigt habe, die Revision des
rozesses Dreyfus zu betreiben; Scheurer⸗Kestner habe ihm dabei Schriftstücke gezeigt, welche er ihm aber nicht überlassen habe und welche er, der Minister, auch nicht in Empfang zu nehmen befugt gewesen sei. Scheurer⸗Kestner habe eine Unter⸗ suchung gefordert. Er (der Minister) habe geantwortet, diese Untersuchung sei ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Durch das Ergebniß derselben sei aber die Autorität des gefällten Urtheils in keiner Weise erschüttert worden. Die Regierung, welcher die Angelegenheit vorliege, sei der Ansicht, daß es Zeit sei, derartigen Schritten und wiederholten Indiskretionen ein Ziel zu setzen, und habe den Vize⸗Präsi⸗ denten des Senats Scheurer⸗Kestner aufgefordert, die An⸗ gelegenheit der zuständigen Justizbehörde in der vom Gesetz vorgeschriebenen Form vorzulegen. Scheurer⸗ Kestner scheine nicht geneigt, diesen Weg zu be⸗ schreiten; aber die Familie Dreyfus habe in die Sache eingegriffen, indem sie ein Schreiben an den Kriegs⸗Minister erichtet habe, worin sie einen Offizier anklage, der wirklich Schuldige zu sein. Der Regierung sei somit eine formelle Anzeige zugegangen. Sie habe die Pflicht, den Urheber dieser Anzeige in den Stand zu setzen, seine Behauptung zu be⸗ gründen; sodann werde die Sache gesetzmäßig zur Entschadung kommen. Er, der Kriegs⸗Minister, sei zum Hüter Ehre der Armee berufen und werde seiner Pflicht nach⸗ kommen. Das Haus trat hierauf in die Berathung des Unterrichts⸗Budgets ein. Der frühere Minister⸗Präsident Bourgeois hielt hierbei eine Rede, in welcher er für den Laien⸗Unterricht eintrat. Die Kammer beschloß mit 320 gegen 94 Stimmen den öffentlichen Anschlag der Rede in allen Gemeinden.
Die Armeekommission der Deputirtenkammer hat einen Antrag des Kriegs⸗Ministers, Generals Billot an⸗ genommen, in welchem vorgeschlagen wird, daß die Generale, welche vor dem Feinde als Oberbefehlshaber kommandiert haben, eo ipso Mitglieder des Obersten Kriegsraths sein sollen, welches Lebensalter sie auch erreicht haben mögen.
Der ehemalige spanische Botschafter in London, Marquis
a Iglesia ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in
Ciudad⸗Real estorben. Der Pron gegen die Mörder des deutschen Banquiers
geßner in Tanger ist vorgestern in Cadiz vor dem zuständigen hatchushofe (die Morder sind spanische Unterthanen) zu Ende geführt worden. Der Hauptangeschuldigte Perez Gallego purde für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt, wäh⸗
und der Mitangeklagte Galindo freigesprochen wurde.
Türkei.
Gestern hat, wie „W. T. B.“ meldet, in Konstantin opel ine Sitzung der Bevollmächtigten für die Friedens⸗ unterhandlungen stattgefunden zur Paraphierung des Artikels 7 des Friedensvertrages, welcher die freie Aus⸗ wanderung betrifft. 8 ““
Zur a der jüngst wegen jungtürkischer Um⸗ riebe verhafteten Personen i neuerdings ein außerordent⸗ liches Kriegsgericht eingesetzt worden.
Das Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ meldet aus Kanea vom 16. d. M.: Der dortige “ Bischof Rikiforo habe durch den russischen Konsul die Mittheilung nhalten, daß der Kaiser von Rußland das abgebrannte hristliche Stadtviertel von Kanea auf seine Kosten wieder mfbauen und die Kirche vergrößern lassen werde. Ferner r8 der Kaiser eine bedeutende Summe für die Armen von Fandia, Rethymon und Kanea zur Verfügung
Griechenland.
Bei der am Dienstag vorgenommenen Wahl des Vize⸗ Präsidenten und der Schriftführer der Deputirten⸗ sammer wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, die delyan⸗ nistischen Kandidaten mit Mehrheiten von 85 bis 79 Stimmen gewählt.
Amerika.
Der Präsident Mac Kinley hat, wie „W. T. B.“ aus Pashington meldet, gestern die jüngst beschlossenen Zusatz⸗ jesimmungen zu dem Welt⸗Postvertrag, welche am 1. Ja⸗ muar 1898 in Kraft treten, unterzeichnet.
Die Konferenzen zwischen den britischen, canadischen und amerikanischen Sachverständigen in der Robben⸗ sangfrage und zwischen den canadischen und ameri⸗ sesfschen Bevollmächtigten in der Angelegenheit der Keziprozität sind, ohne daß ein endgültiges Uebereinkommen getroffen wäre, geschlossen worden; die Verhandlungen sollen aber auf schrifllichem Wege fortgesetzt werden.
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuter’schen Bureaus“ aus Maidan vom 16. d. M. ist der Zo halit des Mullah von Akbar zerstört worden. Es seien daselbst viele interessante Schrif tstücke gefunden worden, darunter eines von dem Mullah von Hadda, in welchem es heiße: die Türken hätten die Griechen geschlagen; die Mugänge nach In⸗ dien befänden sich in den Händen der Mohamedaner; die britischen Verstärkungen seien abgeschnitten; es sei daher für den Islam die Stunde gekommen, einen Hauptschlag zu thun.
us Simla vom gestrigen Tage wird gemeldet, daß die Brigade des Generals Kempster am 15. d. M., als sie sich auf dem Rückwege vom Auran⸗Thale, wohin sie eine Expedition unternommen, befunden habe, in einer Entfernung von 4 Meilen von Maidan heftig vom Feinde angegriffen worden sei. Eine Abtheilung des Dorsetshire⸗Regiments sei in der Dunkelheit h caüner worden. Zwei Lieutenants und neun Mann dieseer Abtheilung seien gefallen, ebenso zwei andere Offiziere, und drei seien verwundet worden. Die Sikhs hätten bei decken des Rückzuges große Tapferkeit gezeigt und den Feind unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Ihr Verlust betrage 12 Todte und 25 Verwundete. 1b
Aus Maidan vom gestrigen Tage erfährt die „Times“: g sei sehr wahrscheinlich, daß die jüngsten Gefechte, welche nt schweren Verlusten an Menschen und Waffen ver⸗ vunden gewesen seien, alle Eingeborenen⸗Stämme angefeuert lüsten, und daß die Furchtsamen und Schwankenden durch in einem für die Engländer ungünstigen Sinne beeinflußt verden seiuu. — 1 1 8
Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Kairo meldet, hat die egyptische Regierung an die diplomatischen Vertreter ein Kundschreiben, betreffend die Erneuerung der Ge⸗ mischten Gerichtshöfe, gerichtet. 8 ist die Re⸗ gierung bereit, die Machtvwollkommenheiten dieser Ge⸗ richte aufrechtzuerhalten; sie beantragt jedoch eine schärfere Fassung des Artikels 11, wonach die Gerichte befugt sein sollen, die Verwaltungsmaßnahmen der Regierung zu interpretieren, aber nicht zu beaufsichtigen. Ferner schlägt die Regierung eine Aenderung des Artikels 9 vor, welcher die Grenzen der Rechtsprechung im Zivilprozeß zwischen Ein⸗
vorenen und Ausländern, sowie zwischen Ausländern ver⸗ chiedener Nationalität feststellt.
Nach einer Meldung der „Times“ aus Johannesburg wird der Präsident Krüger in der nächsten Woche, wier all⸗ jährlich, eine Reise durch die Bezirke des Landes antreten. Die Reise werde etwa drei Wochen in Anspruch nehmen.
Aus Cape Coast Castle erfährt das „Reutersche Bureau“, daß die Mehrzahl der Traͤger der Hinterland⸗ Erpedition des Oberst⸗Lieutenants Northcott, nachdem man ihnen die Iu“ Fleischrationen bewilligt habe, wieder aufgebrochen setr. “
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Arbeiterbewegung.
In Trebbin haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge die im merleute auf zwei Bauplätzen die Arbeit niedergelegt, als die Mitglieder einer Arbeiter⸗Kommission, welche den Arbeitgebern Forderungen vorlegen sollten, entlassen wurden.
Aus London meldet „W. T. B.: Ju einer gestern abgehaltenen vorläufigen Konferenz der Arbeitgeber und der ausständigen
rbeiter der Maschinenbaubranche wurde beschlossen, am
d. M. in London eine förmliche Konferenz ab⸗ zuhalten, zu welcher Arbeitgeber und Arbeiter je 14 Vertreter entsenden sollen. Bis zu der Konferenz werden beide Theile sich eines feindlichen Vorgehens enthalten. — Nach einer Bekanntmachung, ie am Dienstag in der Londoner „Shipping Exchange“ angeschlagen wurde, haben die Kesselschmiede nnd die Eisenarbeiter der F iffsbauwerften zu den am 14. Oktober vereinbarten Bedingungen e Arbeit wieder aufgenommen.
und byzantinischer Grabfunde aus Palästina an das
Aumst und Wissenschaft.
Im oberen Umgang des Lichthofs im Königlichen Kunst⸗ ewerbe⸗Museum sind gegenwärtig Stickereien der Geschwister ucy und Rose du Bois⸗Reymond ausgestellt, deren Arbeiten schon von früher ber vortheilhaft bekannt sind. Das Bestreben der Künstlerinnen, in Anlehnung an natürliche Pflanzenformen Flach⸗ muster zu schaffen, findet auch in diesen jüngsten Werken glückliche Anwendung. Zur Ausstellung gelangten meistens Stickereien auf Leinen, die in flottem Platt⸗ oder Stilstich ausgeführt sind.
Ueber neue römische Funde in Köln berichtet die „Köln. Ztg.“: Bei einem Neubau der Versicherungsgesellschaft „Concordia“ am Maria⸗Ablaßplatz stieß man auf Reste von Brandgräbern mit ansehnlichen Beigaben, welche dem Museum Wallraf⸗Richartz überwiesen wurden. Darunter befinden sich eine unversehrte Kanne aus azurblauem Glase von seltener Größe sowie Sigillata⸗Schalen mit Relief⸗ und Kerbverzierungen, dem Ende des ersten Jahr⸗ hunderts n. Chr. angehörig. Ein ungefähr gleichaltriges Grab wurde von dem städtischen Tiefbauamt bei der Lindenthaler Kanalanlage an der Aachenerstraße freigelegt. Es war gemauert und enthielt eine roße gläserne Urne mit der Knochenasche sowie andere Beigaben aus Lhen und Glas. Ein Brandgrab aus der ersten me des ersten Jahrhunderts am Eigelstein enthielt als Hauptstück eine große Ge⸗ sichtsurne aus Thon, die mit drei originell kombinierten Feees in plastisch aufgelegter Arbeit verziert ist, dabei eine thönerne Waschschüssel, eine Lampe mit tragischer Maske und kleine Thongefäße. Aus einem Grabfunde an der Severinstraße stammt u. a. eine schöne Lampe von etwa 50 n. Chr. mit einem Relief im Diskus, Jupiter und Antiope dar⸗ stellend. — Neben diesen Fundstücken kam als Geschenk des Mitgliedes einer der ältesten Familien der Stadt eine ““
Museum. In den letzten Jahren wurden dort bei Eisenbahnbauten zahlreiche Felsen⸗ gräber aufgefunden und ihr wohlerhaltener Inhalt durch Händler in Europa zerstreut. Die dem Museum geschenkten Gegenstände, Gläser, Lampen und Thongefäße, zeigen zum theil charakteristische griechisch⸗ orientalische Formen. Unter den mitaufgefundenen Münzen sind die Kaiser von Konstantin dem Großen bis Justinian vgeereten.
Einen Wettbewerb um originale Werke graphischer Kunst schreibt die Verlagsbuchhandlung von Seeman⸗ v. Co. in Leipzig für die „Zeitschrift für bildende Kunst“ aus und hat dafür folgende Preise ausgesetzt: I. Preis 500 ℳ, II. Preis 300 ℳ, III. Preis 200 ℳ Verlangt werden originale Werke in beliebige: technischer Ausführung (Holzschnitt, Radierung, Lithographse, diese auch mit mehreren Steinen) in einer dem Format der ge⸗ nannten Zeitschrift (25)34 cm) entsprechenden Größe (Maximal⸗ bildgröße: 17 cm breit, 24 cm hoch). Die Wahl des Gegenstandes ist freigestellt, doch dürfen die eingesandten Arbeiten noch nirgends veröffentlicht sein. Die Einsendung hat bis spätestens zum 1. April 1898 anonym an die Verlagsbuchhandlung von See⸗ mann u. Co. in Leipzig, Gartenstraße 17, zu geschehen. Von jeder Arbeit sind zwei Probedrucke (uneingerahmt), nur mit Kennwort ver⸗ seben, einzuschicken; es ist ein verschlossenes Kuvert beizulegen, das außen das Kennwort trägt und innen den Namen und die vollständige Adresse des Urhebers enthält. Die Jury tritt noch im Monat April 1898 zusammen; das Ergebniß des Wettbewerbs wird öffentlich be⸗ kannt gemacht. Alle dazu eingesandten Drucke gelangen mindestens acht Tage lang zur öffentlichen Ausstellung in Leipzig. Durch ö“ lung werden die Originalplatten bez. Steine und Probedrucke ausschließ⸗ liches Eigenthum der He be las ung. Die käufliche Erwerbung einer größeren Anzahl Platten ist in Aussicht genommen. Das Preis⸗ richteramt haben außer den Herausgebern (Dr. Richard Graul und Dr. Ulrich Thieme) und den Verlegern der „Feitscheit für bildende Kunst“ folgende Herren übernommen: Professor Otto Eckmann in Berlin, Professor Max Klinger in Leip ig, Professor Carl Koepping in Berlin, Max Liebermann in Berlin, Professor Dr. Theodor Schreiber, Direktor des städtischen Museums in Leipzig, Professor Dr. von Tschudi, Direktor der Königlichen National⸗Galerie in Berlin, Dr. Julius Vogel, Kustos am städtischen Museum in Leipzig.
Bauten.
Zur Erlangung von Entwürfen für den Neuhau der evangelisch⸗lutherischen Lukaskirche in Chemnitz wird von dem Kirchenvorstande ein Wettbewerb unter den deutschen evangelischen Architekten ausgeschrieben. Die Entwürfe sind bis zum 15. Februar 1898 einzureichen. Die Preise betragen 3000, 2000 und 1000 ℳ Preisrichter sind die Herren Geheimer Baurath Orth in Berlin, Baurath Dr. Roßbach in Leipzig und Professor H. Stier in Die Baubedingungen werden vom Kirchenvorstande auf
unsch kostenfrei zugesandt.
— Bei dem Wettbewerb um den Neubau einer evan⸗ gelischen Kirche im Hammerbrook in Hamburg ist der erste Preis dem Professor JFohannes Vollmer in Berlin zuerkannt worden. Den zweiten Preis erhielt Architekt Fernando Lorenzen in
Hamburg, den vi Preis Architekt Karl Voß.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ernteergebniß und Getreidehandel in Galizien.
Aus Lemberg liegt folgende Nachricht vor:
Nach den bisherigen Feststellungen soll die diesjährige Ernte in Galizien einer ziemlich schwachen Mittelernte gleichkommen. Wenn auch einzelne Gegenden namentlich in Weizen ein gutes Ernteergebniß aufweisen, so brachte doch die Mehrzahl der Weizen⸗ und insbesondere der Roggensaaten in schlechter Qualität kaum eine größere Ernte, als für den Samen erforderlich ist. Infolge dieses ungünstigen Ernte⸗ ergebnisses deckten aus der heurigen Ernte vor allem die galizischen Mühlen ihren Bedarf, zumal da aus den Vorräthen der letzten Ernte nahezu garnichts übrig geblieben sein dürfte.
Von einem Export galizischen Getreides, welcher sonst, wenn auch nicht in größerem Maßstabe, stattzufinden pflegt, wird für die nächste Zukunft daher wohl nicht die Rede sein können. Galizien ist in diesem Jahre vielmehr zum theil auf die russische Einfuhr angewiesen. Ueber die beiden galizischerussischen Grenzstationen Brody und Podwoloczyska sollen angeblich in letzter Zeit monatlich etwa 900 bis 1100 Waggons, und zwar gegen 200 über Brody und gegen 700 bis 900 über Podwoloczvska, nach Galizien eingeführt worden sein. Zum größeren Theil wurden diese Zufuhren an der Grenze ver⸗ zollt und für den galizischen Konsum verwendet; ein Theil davon, ins⸗ besondere Weizen und Roggen, geht nach Böhmen, Mähren und Schlesien. Die Einfuhr nach Deutschland. namentlich über Pod⸗ woloczyska, soll sich mehr auf Erbsen, Wicken, Linsen und Bohnen beschränken. Das Getreidegeschäft in Podwoloczyska gestaltet sich in diesem Jahre ziemlich schwach, was hauptsächlich den billigen Fehe anderer Grenzpunkte und den billigen Wasserfrachten via
dessa und Nikolajew zuͤgeschrieben wird. In letzter Zeit trat außer⸗ dem in Brody wie in Podwoloczyska Waggonmangel ein, wodurch das Geschäft ins Stocken gerieth.
Wie das Direktorium der Deutschen Landwirthschafts⸗ Gesellschaft mittheilt, werden die Tagungen der Ausschüsse und Abtheilungen der Landwirthschafts⸗Gesellschaft sowie ihre Haupt⸗ versammlung in der 82. vom 14. bis 18. Februar 1898 in Berlin stattfinden und die Sitzungen der bedeutendsten Fachvereinigungen deutscher Landwirthe sich, wie in früheren Jahren, daran anschließen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin war 31. Oktober bis 6. November etwas weniger ünstig, die Sterblich⸗ keitsziffer jedoch eine noch kleinere als in der Vorwoche (von je 1000
in der Woche vom
Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 14,4 gegen 15,3 der Vor⸗
woche). Unter den Todesursachen kamen akute Darmkrank. heiten wieder in größerer Zahl zum Vorschein und führten auch in gesteigerter Zahl (in 50 Fällen gegen 30 der Vorwoche) zum Tod Die an diesen Krankbeitsformen Gestorbenen standen fast ausschließli im jugendlichen Alter von unter 2 Jahren. Die theiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blie⸗ fast die gleich niedrige wie in Vorwoche; von 10 000, Einwohnern starben in Berlin, aufs Jahr berechne 41 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der Athmungs organe kamen mehr zum Vorschein, doch zeigten sie im allgemeine einen milden Verlauf. Erkrankungen an Influenza traten gleich falls zahlreicher hervor, und es wurde auch von 5 Todesfällen infolg von Influenza berichtet. — Von den anderen Infektionskrankheite kamen Erkrankungen an Masern mehr, an Scharlach und Diphtheri nahezu in gleicher Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige, und zwa zeigten sich Erkrankungen an Masern und Scharlach in keinem Stadttheile in besonders nennenswerther Zabl, während Erkrankungen an Diphtherie aus den westlichen Theilen der jenseitige Luisenstadt, aus dem Stralauer Viertel und aus der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten zur Meldung gelangten. Erkrankungen an Unterleibstyphus sind nicht zur Anzeige gekommen. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt. Seltener als in der Vorwoche wurden rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut beobachte Auch Erkrankungen an Keuchhusten, die in 6 Fällen mit dem Tode endeten, kamen weniger zur ärztlichen Behandlung. Erheblich seltene als in den Vorwochen wurden ferner rheumatische Beschwerden alle Art, namentlich akute Gelenkrheumatismen, zur Beobachtung gebrach
Bombay, 16. November. (W. T. B.) Alle Eisenbahn⸗ passagiere zweiter und dritter Klasse, welche aus den Gebieten, in denen die Pest herrscht, hier eintreffen, werden einer Quarantäne vo mindestens sechs Tagen unterworfen. — Vier weitere an der Pest e krankte Europäer sind gestern in das Hospital in Po auf⸗ genommen worden.
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Verkehrs⸗Anstalten.
Tilsit. 17. November. (W. T. B.) Die Memel geht mit Eis; be Schiffahrt ist geschlossen.
Rostow am Don, 17. November. (W. T. B.) Nachdem nunmehr Thauwetter eingetreten ist, können die Schiffe, welche
urch den bisherigen Frost im hiesigen Hafen festgehalten waren,
wieder auslaufen.
Bremen, 16. November. (W. T. B.) Der Schnelldampfer des deutschen Lloyd,Kaiser Wilhelm der Große’ ist heute Bamiteg 11 Uhr wohlbebalten in New⸗York angekommen. Der Dampfer ging am 9. d. M. von Bremerhaven und am 10. d. M., 5 Uhr Nachm., von Sounthampton (Needles) ab. Die Reisedauer betrug 5 Tage 23 Stunden, was unter Zugrundelegung der Distanz der nördl chen Ronte von 3056 Seemeilen eine mittlere Geschwindigkeit von 21,4 Meilen in der Stunde ergiebt, — wiederum ein glänzendes Resultat. — PD. „Wartburg', v. Brasilien kommend, 16. Nov. Mrgs. d. Weser angekommen. Nopember. (W. T. B.) PD. „Darmstadt“ 16. Nov. Mrgs. Relse v. Genua n. Southampton fortges. „Koblenz“, n. Brasilien best., 16. Nov. Vm. Ouessant passiert. „Trave“, v. New⸗Yeork kommend, 16 Nov. Nm. Seilly passiert. „Olden⸗ burg“, v. Baltimore kommend, 16. Nov. Nm. auf d. Weser an⸗ gekommen. vurg, 16. November. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Lin e. PD. Persia“, von New⸗York kommend, hat heute Nachmittag Lizard passiert. PD. „Normannia“, von Ham⸗ burg kommend, ist heute Morgen in New⸗York eingetroffen. London, 17. Neovember. (W. T. B.) Castle⸗Linie. Dampfer Tantallon Castle“ ist auf der Ausreise heute in Madeira angekommen. 8 Union⸗Linie. Dampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise heute von Madeira abgegangen. „Arab“ hat auf der Aus⸗ reise gestern die Canarischen Inseln passiert. D. ⸗„Goorkha“ ist heute auf der Heimreise in Southampton angekommen.
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8 FEFheater und Musik. 8 Konzerte. *
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Am Abend des sestrigen Bußtages brachte der Königliche Opernchor unter Mitwirkung einer Reihe von Solisten sowie
der Königlichen Kapelle die „Legende von der heiligen Elisabeth“ von Franz Liszt zur Aufführung. Dieses, zuerst im Sommer des Jahres 1865 bei dem ungarischen National⸗Musikfest in Budapest und später, im Herbst des Jahres 1881 und im Früh⸗ jahr 1884 in Weimar in dramatischer Inscenierung aufgeführte Oratorium ist auch in Berlin bereits mehrfach zu Gehör gebracht worden. Liszt strebt darin eine Art geistlicher Oper an und hat in diesem Sinne die von Otto Roquette nach den Schwind'schen Wandgemälden in der Wart⸗ burg gedichteten Scenen, unter Anwendung des von Wagner erfundenen „Motivs“, mit sbrgfältiger Charakterisierung der einzelnen Personen, treffender orchestraler Stimmungsmalerei sowie reichlicher Ver⸗ wendung von Chören wirkungsvoll musikalisch gestaltet. Von den sechs Bildern machten einen besonders tiefen Ein⸗ druck das zweite mit dem Rosenwunder“ und das fünfte und sechste: Elisabeth's Tod und feierliche Bestattung. In den letztgenannten Bildern fand namentlich der Chor Gelegenheit, sich oft und wacker hervorzuthun. Die schwierige Partie der Elisabeth wurde von Fräulein Hiedler sehr lobenswerth aussesct auch die anderen Soli waren mit den besten iesigen und auswärtigen Kräften besetzt, nämlich: Fhe Goetze (Landgräfin Sophie), Großherzoglich sächsischer ammersänger Herr Franz Schwarz (Landgraf Ludwig), Herr Stammer (Landgraf Herrmann und Kaiser Friedrich II.), Herr Hoffmann (ungarischer Magnat) und Herr Mödlinger (Seneschall), die ihre Aufgaben mit Einsetzung allen Könnens lösten. Das Quartett der Engel wurde von den Hammen Dietrich, Weitz, Rothauser und Pohl innig ergreifend gesungen. An der Orgel saß Herr Professor Dr. Reimann. Unter hoöm Kapellmeister Dr. Muck's energischer Leitung ging die Auf⸗ ührung präzis von statten. Gegen sonstige Gepflogenbeiten ließ sich das Publikum durch die eindringliche Wirkung der Hauptscenen des Oratoriums und der vortrefflichen Einzelleistungen öfter zu lautem Beifall hinreißen. b Am Dienstag Abend fand im Saal der Sing⸗Akademie das letzte der vier Abonnements⸗Konzerte der Meininger Hofkapelle statt, welches nicht minder rühmlich für die Kapelle verlief, als die vorangegangenen. Zur Ausführung gelangte an erster Stelle Jo⸗ hannes Brahms' vierte Symphonie in E-moll, eins der be⸗ deutendsten, aber auch schwierigsten Tonwerke des Meisters; ihr folgte Beethoven's „Coriolan“⸗Ouvertüre, die in ihrer knappen Form und inneren Klarbeit in einem bemerkenswerthen Gegensatz zu der Brahms'schen Symphonie steht; beide Tonwerke wurden unter Herrn General⸗Musikdirektor Fritz Steinbach's Leitung künstlerisch tadellos vorgetragen. In einer Tarantella für Flöte und Klarinette mit Orchester von Salnt⸗Saöns konnten die Solisten, Ferr Julius Manigold und Herr Richard Mühlfeld ihre irtuosität aufs neue glänzend entfalten. Franz Schubert’s oft und immer gern gehörte liebliche und Zwischenakt⸗ und Balletmusik aus der Oper „Rosamunde“ schien den örern einen besonders willkommenen Genuß zu bereiten, zumal auch hier die Leistung des Orchesters völlig auf der Heis stand. Den Beschluß machte Richard Wagner's Vorspiel zu den Meistersingern von Nürnberg“, welches nach minutenlangem Beifall wiederholt werden mußte. — Dem Konzert wohnte Ihre Majestät die Kaiserin und Königin bei. — An demselben Tage gab Fräulein Marianne Geyer aus Wien im Saal Bechstein einen Liederabend, in welchem 8 hier zum ersten
Mal erschien. Die Sängerin gebietet über eine tiefe, recht Feegäan Altstimme, deren Verwendung von guter Schulung zeugt, die edoch