E1
Legenden von Liszt vollauf Gelegenheit, während er in der poetischen Pidce aus dessen „Années de blerinage“, betitelt „Les cloches de Genève“, wieder ste, daß er auch über das duftig zarteste Pjiano und einen entzückend perlenden Passagenvortrag verfügt. Eine Ueberraschung bereitete der Konzert⸗ geber den Hörern dadurch, daß er anstatt der auf dem Programm angekündigten 11. Liszt'schen Rhapsodie die von Hans von Bülow be⸗ sorgte geistvolle, aber äu schwlerige Transscription der, Meistersinger“⸗ Duvertüre von Richard Wagner spielte, wie um an seine verdienstliche Mitwirkung bei der neulichen [ Aufführung dieser Oper zu erinnern. Der rauschende Beifall, der nach dieser eminenten Leistung folgte, war ein besonders wohlverdienter und veranlaßte den Künstler noch zur Zugabe des „Spinnerliedes“ aus dem „Fliegenden Holländer“ von Wagner⸗Liszt. Der erste dierwinterliche Lieder⸗ und Balladen⸗Abend des Kammersängers Eugen Gura, der am Sonntag stattfand, hatte den Saal der Sing⸗Akademie fast bis auf den letzten Platz selbst der Estrade gefüllt. Auf dem Programm überwogen wieder die Kompositionen Carl Löwe's, dem der hochgeschätzte Sänger eine besondere Vorliebe schenkt; daneben waren aber auch Schumann und Alexander Ritter vertreten. Die Vorzüge und die Eigenart seiner Gesangskunst sind bereits so oft gewürdigt worden, daß dem früher Gesagten kaum noch etwas hinzuzufügen ist, es sei denn der Ausdruck der Verwunderung über die scheinbare Unverwüstlichkeit seiner prächtigen Stimme und die stetige Vervollkommnung seiner Kunst. Die von Loewe komponierte Ballade des polnischen Dichters Adam Mizkiewitsch „Die Lauer“, mit der der Künstler schon in früheren hiesigen Konzerten eine tiefgehende Wirkung erzielte, wurde von ihm auf Verlangen vollständig wiederholt. Auch „Der Fischer“ von Goethe (in der Komposition Loewe’'s) wurde stürmisch da capo verlangt und ewährt. Am Schluß des ersten Theils legte der Konzertgeber, dem ebhaften Beifall folgend, ferner noch die Loewe'sche Ballade „Es ist schon spät“ ein, am Schluß aber ließ sich der Sänger trotz zehnmaligen ervorrufs zu keiner weiteren Zugabe mehr bewegen. In Herrn ofessor Heinrich Schwarz hatte er wieder einen feinfühligen und geschmackvollen Begleiter. . Gestern ließ sich die Pianistin Germaine Polack aus Paris im Saal Bechstein zum ersten Mal hierselbst hören. Sie begann mit dem Präludium und der Fuße in E-moll von Mendelssohn, denen sich drei bekannte Stücke von Chopin, sowie Präludium, Choral und Fuge von Céösar Franck anreihten. In der Absicht, den Hörern einige hier noch unbekannte französische Salonstücke vorzuführen, spielte die Künstlerin einen Walzer von Vincent d'Indy, „Kir de Ballet“ von Alphonse Duvernoy, eine Transscription für Klavier von Charles Lefebvre und zwei Stücke von Gabriel Fauré, denen zwei bekanntere Pidcen, Toccata“ von Saint⸗Sasns und „Les Myrtilles“ von Th. Dubois hinzugefügt wurden. Mit Ausnahme der letztgenannten Stücke waren die übrigen leicht erfundene, recht gefällige Kompo⸗ die jedoch auf musikalischen Werth nicht nspruch machen önnen. Den Abschluß des Programms bildeten Mosz⸗ kowski's „Etincelles“ und das beliebte „Valse-Impromptu“ von Listz. Die noch junge Virtuosin besitzt einen kraftvollen, wenn auch zuweilen etwas harten Anschlag. eine große technische Sicherheit und eine recht belebte Vortragsweise. Die wenig zahlreich erschienenen Hörer spendeten der Künstlerin wohlverdienten Beifall. — An dem⸗ selben Abend gab die bereits bekannte Sängerin Fräulein Gertrud Grunow (Mennosopran im Saal der Sing⸗Akademie ein Konzert, in welchem sie mit ihrer kleinen, aber wohlklingenden Stimme sowie ihrem ausdrucksvollen Vortrag in der Pagen⸗-Arie aus der Oper „Die Hugenotten“ von Meyerbeer und in Liedern von Schubert, Rubinstein, E. E. Taubert und Anderen einen schönen Er⸗ folg erzielte. Der Violoncellist Herr Felix Schumacher, der hier schon öfter mit Glück konzertierte, bot dem ziemlich zahlreich er⸗ schienenen Publikum durch den Vortrag einiger Stücke von Piatti, Davidoff, Saint⸗Saëns und Popper eine angenehme Abwechselung. Die Sängerin fügte als Schlußnummer noch eine Arie aus Doni⸗ zettis „Linda di Chamounix“ hinzu. Beiden Vortragenden wurde reicher Beifall zu theil.
Im Königlichen Opernhause g. — des „Mozart⸗Cyclus⸗ „Don Giovanni“ mit Herrn d'Andrade in der Titelrolle in italienischer Sprache in Scene. Die Donna Anna singt Frau Lili Lehmann, den Don Octavio: Herr Cremonini, die Donna Elvira: Fräulein Rothauser, den Leporello: Herr Tomaschek, den Comthur: Herr Stammer, den Masetto: Herr Krasa, die Zerline: Frau Gradl. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. üör.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Schiller's
geht morgen als 5. Abend
bürgerliches Trauerspiel „Kabale und Liebe⸗ in folgender Besetzung
erdinand: Herr Matkowsky;
egeben: Präsident: Herr Molenar; 52 t ollmer; Lady Milford:
fmarschall von Kalb: Herr
8
oppe; Wurm: Pohl; : H länder; Frbhr Päiler Frau Kammerdiener: Herr Kahle. Als Seh setzt Fräulein Wachner vom Deutschen Volks⸗Theater in Wien ihr Gastspiel fort.
In dem Kirchenkonzert des Organisten Bernhard Irrgang, welches am Donnerstag, den 9. Dezember, Abends 7 bis 8 Uhr, in der H, . (am Blücherplatz) stattfindet, wirken Fräulein Hanna Kuschel (Mezzosopran), Herr Hermann Teucke (Serbos) und Herr Robert Reske (Violine) mit. Der Eintritt
rei.
Als Festgeschenk für die musikalische Jugend eignet sich vortreff⸗ lich der sseben abheschtfiene zwölfte Jahrgang der „Musikali⸗ schen Jugendpost“ (Verlag von Carl Grüninger in Stuttgart). Auch dieser Band enthält viel Anregendes, Belehrendes und Unter⸗ haltendes in Gestalt von Erzählungen aus dem Leben berühmter Tonkünstler, Charakterbildern, Auffatzen, Märchen, Aneldoten ꝛc. Die beigegebenen Musikstücke umfassen 96 Seiten und bestehen aus leicht spielbaren, dabei melodischen Klavier⸗ und Violinstücken sowie Liedern. Da der Inhalt der Zeitschrift dem Fassungsvermögen der Jugend überall geschickt angepaßt ist, so wird damit das Ziel erreicht, bei derselben Lust und Liebe zur Tonkunst zu wecken, zu fördern und auf diese Art leichter über die Mühsale hinwegzukommen, ohne welche es beim Mustikunterricht nicht abgeht. Der Preis von 6 ℳ 50 ₰ für den geschmackvoll illustrierten und auch äußerlich hbübsch ausgestatteten Band darf im Verhältniß zu der Fülle des Gebotenen ein billiger genannt werden. Eltern und Erziehern sei ein Abonnement auf diese vortreffliche Jugendzeitschrift für ihre Pfleglinge empfohlen. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 1 ℳ 50 ₰. Probenum⸗ mern versendet die Verlagsbuchhandlung kostenfrei.
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Am Donnerstag, den 9. d. M., findet Königliche Parforce⸗Jagd statt. Stelldichein: 12 ³¾ Uhr im Jagd⸗ schloß Grunewald, 1 ༠Uhr am Saugarten.
Offizieller Strecken⸗Rapport der Königlichen Hofjagd
im Königs⸗Wusterhausen⸗Hammer'’'schen Gehege
am Sonnabend, den 4. Dezember 1897.
Auf der am Sonnabend, den 4. Dezember, in den Königlichen Hausfideikommiß⸗Revieren Königs⸗Wusterhausen und Hammer (Forst⸗ meister Oppenhoff und Gallasch) abgehaltenen Hofijagd wurden in zwei abgestellten Jagen auf Dam⸗ und Schwarzwild in den Katzen⸗ bergen und dem Forstort Duberow 47 Schaufler, 190 Stück Dam⸗ wild und Spießer sowie 181 meist grobe Sauen gestreckt.
Seine Majestät der Kaiser und König erlegte hiervon 8 Schaufler und 37 grobe Sauen, Seine Majestät der König von Sachsen 10 Schaufler, 5 Stück Damwild, 18 grobe und 12 geringe Sauen. b
Das Wetter war, nachdem es am Tage zuvor geschneit hatte, zwar leidlich trocken, aber sehr dunkel, und daher ließ das Büchsen⸗ licht manches zu wünschen übrig. 85
Mannigfaltiges. 8
Die gestrige Einweihung des Standbildes Andreas Schlüter's in der Vorballe des Alten Museums fand ihren in einer Schlüter⸗Feier, welche in dem reichgeschmückten großen Saale des Architektenhauses stattfand. An der Fensterwand zwischen zwei Prunkbannern stand das Modell des am Vormittag enthüllten Denkmals, das sich wirkungsvoll von einer Gruppe tropischer Pflanzen abhob. An den änden des Saales war eine reiche Auswahl von Handzeichnungen und Reproduktionen Schlüter'scher Werke ausgestellt. Das Königliche Schloß, das Knupferstich⸗Kabinet, das Kunstgewerbe⸗Museum ꝛc. auserlesene Schätze für die Ausstellung hergegeben. Feier war eine nicht aber gewählte erschienen,
große, in der sich der Direktor der Königlichen Schloß⸗
bau⸗Kommission, Ober⸗Hof⸗Baurath Tetens, der Ober⸗Baudirektor „Reuter'schen Bureaus“.) Die Bevölkerung verhält sich jetzt
Wirkliche Geheime Rath Wiebe, der Geheime Ober⸗ Baurath, Professor Adler, der Geheime Regierungs⸗Rath Kriesche, der Geheime Ober⸗Baurath Reimann, der frühere Stadt⸗ Baurath Blankenstein und Andere befanden. Außer dem „Architekten⸗ verein“ waren auch der „Verein Berliner Künstler“, der „Verein für die Geschichte Berlins“ und der „Kunstgewerbe⸗ verein“ offiziell vertresen. Mit kurzen Worten eröffnete Ober⸗Bau⸗ direktor Hinckeldeyn die festliche Veranstaltung; dann betrat Architekt 8 Wallé die Rednertribüne, um einen Vortrag über Schlüter's eben und Wirken zu halten.
a. D.,
hatten Zu der
Am vergangenen Sonnabend bielt en „Urania ee Herr Direktor Schultz⸗Hencke ennen sehr bei⸗ ällig aufgenommenen Vortrag, den er „Die Kinder des Lichts“ betitelt hatte. Damit meinte er die Illustrationen der heutigen scchriften, welche jetzt gräßtentheils mit Hilfe des Lichts bergechent werden. Der Vortragende ging ron dem Hockhdruck, als dem Buchdruck, aus und dann zu dem Tiesdruck, wie wir ihn im Kupfer⸗ und Stahlstich kennen, und zum Flachdruck öber, welcher die von Senefelder erfundene Litho⸗ Evße darstellt. Diesen drei Arten des Drucks begegnen wir wieder
der Herstellung der Illustrationen unserer Tagesliteratur. Die Stelle des Künstlers vertritt hierbei das Licht. Da ist zunächst der Aephaltdruck, welcher, durch Belichtung von Zeichnungen auf Asphalt⸗ schichten entstanden ist und sich als Hochdruck zeigt. Diesem stellt sich, an Bedeutung ihn jedoch weit überragend, der Chromogelatinedruck, kurzweg auch Leimdruck genannt, an die Seite. Die Chromogelatine verliert unter dem Einfluß des Lichts die Fähigkeit, Wasser auf⸗ zunehmen; die belichteten Stellen bleiben daher unlöslich im Wasser; infolge dessen kann man sie mit fetter Druckerschwärze einreiben und dieselbe auf Papier, Metall⸗ oder Steinplatten übertragen. Dies ist die Photolithographie, von der die Autotypie nicht wesentlich verschieden ist. Eine Reihe einfacher Experimente, wie die Herstellung eines Asphaltbildes oder eines Gelatinereliess, das in Gips abge⸗ gossen wurde, führte der Vortragende unter allgemeinem Beifall vor. Nach einer kurzen Pause erläuterte er das Wesen des Lichtdrucks, dessen Bedeutung für den Aufschwung des Kunstgewerbes in gegen⸗ wartiger Zeit nicht hoch genug ongeschlagen werden könne. Zum Schluß kam Herr Direktor Sckultz⸗Hencke auf die farbigen Drucke mittels dreier photographischen Platten, die sogenannten Dreifarben⸗ drucke zu sprechen, denen er eine große Zukunft in Aussicht stellte.
Hirschberg i. Schl., 6. Dezember. „W. T. B.“ meldet: Bei den Flußräumungsarbeiten keschäftigte aus ländische Arbeiter begingen gestern in Erdmannsdorf grebe Ausschreitungen dadurch, daß 36 Mann in trunkenem Zustande sich gegenseitig schlugen. Die requirierte Gendarmerie hat heute die galizischen Rädelsführer über die österreichische Grenze gebracht.
Hildesbeim, 6. Dezember. Nachdem für die Errichtung eines Kaiser Wilhelm⸗Denkmals in Hilderheim 37 000 ℳ zusammen⸗
gekommen sind, hat, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, nunmehr
die Stadt einen Beitrag von 20 000 ℳ bewilligt.
Schaffhausen, 7. Dezember. Bei Herblingen entgleiste, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern Abend ein Schnellzug. Zwei Personenwagen stürzten einen drei Meter hohen Damm hinab. Von 18 Reisenden wurden sieben verletzt.
Fiume, 7. Dezember. Der Dampfer „Bathory“, der Adria⸗Gesellschaft gehörig, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ bei Port Patrick, 110 Meilen von Glasgow, gescheitert. Die Lage ist gefahrvoll, es sind indessen Rettungsarbeiten im Gange. Die Mannschaft ist nicht in Gefahr.
Madrid, 6. Dezember. Nach einer Depesche des „Imparcial“ aus New⸗York, wurden in der Stadt Jaruco auf Cuba (Provinz Havanna) durch eine Feuersbrunst 110 Gebäude zerstört. Ob böswillige Brandstistung vorliegt ist noch nicht festgestellt.
Alexandrien, 6. Dezember. Der Anchor⸗Dampfer „Asia“, der heute hier eintraf, brachte, nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“, im Schlepptau den dienstunfähig gewordenen Dampfer „Australien“ der Messageries Maritimes ein, auf dem sich 500 Passagiere befanden.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Port au Prince (Haiti), 6. Dezember. (Meldung des vuhig. Die gegenwärtigen Anzeichen bestätigen die Annahme, aß die
Regierung von Haiti, um Unruhen zu vermeiden, die Forderungen Deutschlands erfüllen werde.
Nichtamtlichen in de
8 Beilage.)
Wetterbericht vom 7. Dezember,
8 Uhr Morgens.
Bar. auf 0 Gr. zu. d. Meeressp red. in Millim
Wind.
Wetter.
us 2nc. Selag.
in 0 Cel
Temperatur
Belmullet.. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen.
Stockholm. Moskau .. .
751 751 751 763 763 777
7 bedeckt 4 bedeckt 1 wolkig 3 Nebel 2 Regen 1 heiter
— EEEEe
—
Cork, Queens⸗ own ... Cherbourg. ööö Sylt .. amburg.. winemünde Neufahrwasser Memel...
760 767 764 760 763 765 767 766
6 Regen 7 wolkig 3halb bed. 1 Regen 4 bedeckt 3 Dunst 4 bedeckt 3 bedeckt
—
ünster... Karlsruhe.. Wiesbaden. München.. Chemnitz.. Berlin.. Wien.. Breslau..
769 765 770 768 770 769 766 771 768
2 Nebel
2 bedeckt 4 bedeckt 2 bedeckt 5 bedeckt 2 bedeckt 3 bedeckt
still Nebel still Nebel
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Ile d'Aix..
772 765 766
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Uebersicht der Witterung. Eiin tieses Minimum ist nördlich von Schottland
erschienen,
über West⸗ und Nord⸗Europa stark gefallen ist. Hochdruckgebiet über Ost⸗ verändert. In Deutschland ist b
00 B
bei dessen Herannahen das Barometer
Das
Europa hat sich wenig ei schwachen süd⸗
ichen Winden das Wetter trübe und wärmer, im eutschen Nordseegebiet ist allenthalben Niederschlag efallen. Windiges, mildes Wetter mit Nieder⸗
chlägen wahrscheinlich.
2
Deutsche Seewarte
FTheater. “
Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 208. Vorstellung. Mozart⸗Cyelus. Fünfter Abend: Don Giovanni. (In italienischer Sprache.) (Donna Anna: Frau Lili Lehmann, Don Giovanni: Herr d'Andrade, Don Octavio: Herr Cremonini, Leporello: Herr Thomascheck.) Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 277. Vorstellung. Kabale und Liebe. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. Regie: Ober⸗Regisseur Max Grube.
Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Opernhaus. 209. Vorstellung. Mozart⸗Cyclus. Sechster Abend: Cosi Tan tutte. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 278. Vorstell. Der G'wissens⸗ wurm. Bauernkomödie in 4 Aufzügen von Ludwig
Anzengruber. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Mittwoch: Zum ersten Male: Mädchentraum. Spiel in 3 Akten von Max Bernstein. Anfang 7 ½ Uhr. 8
Donnerstag: Die versunkene Glocke.
Freitag: Mädcheutraum. 3
Berliner Theater. Mittwoch, Nachmittags 3 Uhr: Dornröschen. — Abends 7 ½ Uhr: In Behandlung. —
Donnerstag: Faust II. Theil.
Freitag (14. Abonnements⸗Vorstellung): In Be⸗ handlung. “
Goethe⸗Theater. (Direktion: Intendant A. Prasch.) Bhf. Zoologischer Garten. Kantstr. 12. Mittwoch: Die Journalisten. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Circusleute.
Freitag (14. Abonnements⸗Vorstellung): Circus⸗ leute. “
Schiller Theater. (Wallner⸗Theater.) Mittwoch: Zum ersten Male: Heimg'sunden.
Anfang 8 Uhr. onnerstag: Heimg’funden. Anfang 8 Uhr.
Freitag: Heimg funden. Anfang 8 Uhr.
Berliner Fahrten. 8
Lessing-Theater. Mittwoch: Hans Hucke⸗ bein. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Hans Huckebein.
e Zum 50. Male: Haus Huckebein.
onnabend: Zum ersten Male: Bartel Turaser.
Drama in 3 Akten von Philipp Langmann. Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a. /5. Direktion: Sigm. Lautenburg. Mittwoch: Die Logenbrüder. Schwank in 3 Akten von C. Laufs und C. Kraatz. In Scene gesetzt von Herm. Werner. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag und Freitag: Die Logenbrüder.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthümlichen Preisen: Die Waise von Lowood.
Residenz⸗Theater. Direktion: Theodor Brandt. Mittwoch: Dorina. Sittenbild in 3 Akten von Gerolamo Rovetta. Deutsch von O. Eibenschütz. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag und folgende Tage: Dorina.
Montag, den 13. Dezember, beginnt das Gastspiel der Mlle. Josset mit ihrer französischen Gesellschaft mit: Ferdinand le Noceur und Chausons.
Theater Unter den Linden. Mittwoch: Offenbach⸗Cyclus. Orpheus in der Unterwelt. Burleske Oper in 4 Bildern von Hector Crémieux, neu bearbeitet von Eduard Jacobson. Musik vpon Jacques Offenbach. In Scene gesetzt von Julius seiß che. Dirigent: Herr Kapellmeister Korolanyi. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Orpheus in der Unterwelt.
Thalia⸗Theater. (Vormals: Adolph Ernst⸗ Theater.) Mittwoch: Bitte, recht freundlich. Burleske mit Gesang in 1 von Benno Jacobson. Musik von G. Steffens. Hierauf: Berlin über Alles. Schwank in 3 Akten von Benno Jacobson. e 1üUbhhh
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung. 8
Tentral Theater. Alte Jakobstr. 30. Direktion: Rich. Schultz. Mittwoch: Emil Thomas, als Gast. Burleske Ausstattungspofse
mit Gesang und Tanz in 6 Bildern von Julius Freund und Wilhelm Mannstädt. Musik von Julius Einödshofer. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag und die folgenden Tage: Berliner Fahrten.
Konzerte.
Sing-Akademie. Mittwoch, Anfang 7 ½ Uhr: IV. Joachim⸗Quartett⸗Abend.
Saal Bechstein. Mittwoch, Anfang 7 ½ Uhr: Loewe⸗Abend von Hermann Gura.
mgRnrbmmmmngggng— Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Emma von Oechelhaeuser mit Hrn.
Sec⸗Lieut. Carl von Rettberg (Karlsruhe).
Verehelicht: Hr. Landrath Ernst Frhr. von Troschke mit Frl. Else von Bonin (Dresow). — Hr. Hauptmann Franz von Uckermann mit Frl. Lydia Boltz (Königsberg i. Pr.). 2
Geb oren: Ein Sohn: Hrn. Forst⸗ Assessor Kohlbach (Magdeburg). — Hrn. Norwin Frhrn. Leutrum von Ertingen (Nippenburq).
Gestorben: Hr. Hofmarschall Dr. phil. Graf Max von Zeppelin (Stuttgart). — Hr. Baurath Bruhn (Lüͤbeck). — Hr. Sec⸗Lieut. Oskar Ritter und Edler Herr von Berger (Köln). — Hr. Prem.⸗Lieut. Ulrich von Reichel (Grünhoff). — Fr. Ordalie von Nickisch⸗Rosenegk, geb. Ke stan auf Schwarzau (Oberau b. Lüben). — Stifts⸗ dame Ellenor Cox (Charlottenburg).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenro th in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32,
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li Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf lees easgerteseemssre ceheshes 9. Novemb bis 4. T
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8 Neun Beilagen “ (einschließlich Börsen⸗Beilage, sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗
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4. Sitzung vom 6. Dezember 1897, 1 Uhr. 8
t Tagesordnung: Erste Berathung des Entwurfs eine Gesetzes, betreffend die deutsche Flotte.
Neicheskanzler Fürst zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst: Meine Herren! Die verbündeten Regierungen haben sich dazu entschließen müssen, einen anderen Weg als den bisher verfolgten ein⸗ zuschlagen, um mit Ihrer Hilfe zu dem Ziel zu gelangen, welches wir erstreben: der Schaffung einer zwar nicht großen, aber leistungsfähigen und achtunggebietenden Kriegsflotte. Man hat bisher versucht, den Ausbau unserer Marine — der in thesi von der Majorität dieses hohen Hauses steis als nothwendig anerkannt worden ist — dadurch einer gewissen Vollendung entgegenzuführen, daß man in jedem Jahre mit Einzelferderurgen für Ergänzung und Vermehrung des vorhandenen Schiffsbestandes an Sie herantrat. Wir haben es dann erlebt, daß wegen eines oder zweier Kreuzer sich Kämpfe entwickelten, deren Heftigkeit mit dem Objekte, um das es sich im gegebenen Falle handelte, nach meiner Auffassung keineswegs in Einklang stand (sehr wahr! rechts), und die verbitternd auf das politische Leben der Nation wirkten. Führten diese Kämpfe zu der Ablehnung einzelner Forde⸗ rungen, so waren vorgeschrittene Gegner der Regierung auf dem Plane, um die Ablehnung zu einer schweren Niederlage der Regierung zu stempeln, während der größte Theil derjenigen, die hier im Hause in ablehnendes Votum abgegeben hatten, der Forderung nicht prinzipiell feindlich gegenüberstand, sondern nur j⸗weilig aus Gründen verschledener Art deren Bewilligung nicht für opportun erachtete. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Das Ergebniß dieser Art der Behandlung der Marinefragen ist gewesen, daß trotz bedeutender Aufwendungen unsere Flotte sich nicht so entwickelt hat, wie Deutsch⸗ lands Lebensinteresse dies erfordert. Die Marine hat gewissermaßen von der Hand in den Mund leben müssen, und auch der Versuch, für ihre Fortentwickelung eine bestimmte Linie vorzuzeichnen, ist nicht geglückt. Wir sind daher zu der Ueberzeugung gelangt, daß hier ein Fehler
im System vorliegt. Es geht nicht an, ein festgefügtes Gebäude zu
errichten, ohne daß die Bauleute klar und einig werden über den Plan, nach dem die Fundamente gelegt und die Mauern aufgeführt werden sollen. Die Vorlage, welche Ihnen jetzt zugegangen ist, will in dieser Beziehung Klarheit und Einigkeit zwischen allen mitwirkenden Faktoren schaffen.
Wäre unsere Marine eine althistorische Organisation, die wir nur gelegentlich zu verbessern und auszugestalten hätten, so hätte sich vielleicht mit dem gegenwärtigen System der jährlichen Forde⸗ rungen und Bewilligungen auskommen lassen — ganz ohne Zweifel hierüber bin ich freilich nicht. Hat man es doch, wie ich glaube, mit vollem Recht für erforderlich gehalten, die Friedensstärke der Armee für eine Mehrzahl von Jahren fest zu bestimmen, obgleich die Armee in der allgemeinen Dienstpflicht eine unerschütterliche gesetzliche Basis ihres Bestandes findet. Für die Marine aber muß nicht nur der Ersatz an Menschen, sondern auch der Ersatz an Schiffen gesichert sein, wenn ihre Organi⸗ sation auf einer gesunden Grundlage beruhen soll. Zudem findet die Armee elnen unanfechtbaren Rechtstitel für ihr Dasein in einer langen und ruhmreichen Geschichte, durch die der gesammten Nation zu lebendigem Bewußtsein gebracht ist, daß von ihrer Tüchtigkeit und Kraft die Ehre und die Existenz des Vaterlandes abhängen. (Sehr richtig! Bravo!)
Was aber die Marine betrifft, so war sie noch während des letzten Krieges zu schwach und unentwickelt, um eine irgendwie bedeutsame Entscheidung auszuüben. Mit der Gründung des Reichs fand sich wohl ein lebhaftes Interesse für die Aufrichtung einer deutschen Seemacht. Aber dieses Interesse ist nicht immer gleich stark ge⸗ blieben. Vielleicht hat gerade der Umstand, daß wir eine glänzende Machtstellung in der Welt ohne Mitwirkung einer Flotte erworben hatten, den Durchbruch der Erkenntniß verlangsamt, daß wir einer tüchtigen Flotte absolut benöthigen, um diese Stellung aufrecht zu erhalten. Der Gang der Ereignisse jedoch, die ungeheure Ent⸗ wickelung unserer überseeischen Interessen, die für Deutschland ungünstige Verschiebung der Stärkeverhältnisse zwischen unserer eigenen und den fremden Kriegsmarinen hat allmählich in den weitesten Kreisen unseres Volkes die Ueberzeugung gestärkt, daß unsere jetzige Flotte nicht im stande ist, die ihr auf maritimem Gebiete in den kommenden Jahren erwachsenden Aufgaben zu erfüllen. Der gleichen Ansicht sind die verbündeten Regierungen, die namentlich, soweit sie Seeuferstaaten angehören oder wichtige Exportinteressen ihres Landes verkreten, ein maßgebendes Urtheil beanspruchen können. In ihrem Namen habe ich zu erklären, daß sie einmüthig die jetzt geforderte mäßige Vermehrung der zur Zeit vorhandenen und im Bau begriffenen Kriegsschiffe für eine nicht mehr von der Hand zu weisende Noth⸗ wendigkeit halten.
Der Gesetzentwurf trägt diesem Bedürfniß Rechnung in einer Form, welche den Zwang enthält, die Flotte innerhalb eines bestimmten Zeitraumes auf eine bestimmte Höhe zu bringen, und ihren Bestand auf dieser Höhe sichert. Geht man von der Voraussetzung aus, daß eine solche Nothwendigkeit vorliegt, so wird man an der gewählten Form nicht Anstoß nehmen dürfen, nachdem die Erfahrung uns Alle gelehrt hat, daß die Form stückweiser Bewilligung der planmäßigen
und raschen Vollendung eines noch unfertigen Instituts, wie es unsere
Marine thatsächlich ist, hinderlich entgegensteht.
Diese Erwägungen haben zu dem Entschluß geführt, die Form des Gesetzes zu wählen, welche die verbündeten Regierungen nach ihrer pflichtmäßigen Ueberzeugung einstimmig als unerläßlich erachten. Ich will ja nicht leugnen, daß die Vorlage von dem Reichetage eine gewisse Entsagung fordert; was ich aber in Abrede stelle, ist, daß sie eine Verletzung des Etatsrechts enthält. Ueber die Zeiten sind wir nach meiner Meinung hinaus, in denen eine doktrinäre Auffassung aus dem Bewilligungsrecht der Parlamente deren Befugniß ableitete, durch Nichtbewilligung den Staatsorganismus ganz oder theilweise lahm
n Reichs⸗Anz
zu legen. Es können daher füglich die Ausgaben für gewisse, als dauernd nothwendig erkannte Zwecke durch Gesetz für bestimmte Zeit⸗ räume oder für immer bewilligt werden, ohne daß das Essentielle des parlamentarischen Bewilligungsrechts eine Einbuße erlitte. So wird denn auch niemand darüber im Zweifel sein können, daß nach der Annahme dieses Gesetzentwurss dem Reichstage noch ein weiter Spielraum bleiben wird, um bei der jährlichen Feststellung des Marine⸗Etats seinen berechtigten Einfluß auf die Gebahrung der Marineverwaltung auszuüben. Und dann, meine Herren: nehmen Sie den Gesetzentwurf an, so binden Sie nicht nur sich bis zu einem gewissen Grade die Hände, Sie binden sie auch den verbündeten Re⸗ gierungen. Was diese erstreben, zeigt Ihnen der Gesetzentwurf in vollkommener Klarheit; die jetzt erhobenen Forderungen sind so be⸗ messen, daß ihnen gegenüber die Ausstreuungen über die angeblich ufer⸗ losen Mazinepläne endlich ein Eade finden sollten. Ich will es dem Herrn Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts überlassen, Ihnen hier oder in der Kommission nachzuweisen, daß ein zweckmäßiges Funktionieren des Marineorganismus geradezu abhängig davon ist, daß ihm eine gewisse Stärke gegeben wird, und daß dessen Leistungs⸗ fähigkeit eigentlich erst beginnt mit dem Augenblick, wo er diese Stärke erreicht hat.
Gestatten Sie mir persönlich noch einige Worte. Die Vorlage zeigt Ihnen, daß wir nicht daran denken, mit den großen Seemächten zu rivalisieren, und für den, der Augen hat, zu sehen, zeigt sie, daß uns der Gedanke einer Politik der Abenteuer fern liegt. Gerade aber zur Führung einer friedlichen Politik, wie wir sie wollen, muß unsere Flotte einen Machtfaktor bilden, der in den Augen von Freund und Feind ausreichendes Gewicht besitzt. Deutschland kann und darf keine quantité négligoable sein, wenn es gilt, internationale und unsere Interessen wesentlich berührende Probleme zu löfen, die sich nicht auf dem Boden des europäischen Kontinents abspielen. Wollen wir unsere weitere gedeihliche Entwickelung auf wirthschaftlichem Gebiete und unsere Stellung im Konzert der Mächte sichern, so müssen wir auch hier ein, wenn auch bescheidenes Wort, jedenfalls aber ein deutsches Wort mitzureden haben.
Meine Herren, es handelt sich um eine Vorlage von hervor⸗ ragender Bedeutung, an der das ganze deutsche Volk, alle Parteien und alle Erwerbszweige in gleicher Weise interessiert sind. Ich hege die sichere Erwartung, daß es dem Patriotismus dieses hohen Hauses gelingen wird, sie in der von den verantwortlichen Faltoren für er⸗ forderlich erachteten gesetzlichen Form zum Abschluß zu bringen. Das Vaterland wird Ihnen hierfür Dank wissen. (Bravo!)
Staatssekretär des Reichs⸗Marincamts, Kontre⸗Admiral Tirpitz:
Meine Herren! Der dem hohen Hause zugegangene Gesetz⸗ entwurf, betreffend die deutsche Flotte, enthält im wesentlichen zwei Forderungen: die eine, die der Herr Reichskanzler eben ausgeführt hat, die gesetzliche Fundierung der Marine, wie sie alle großen Reichs⸗ institutionen besitzen; die zweite enthält eine Verstärkung der Marine, bestehend in der Vermehrung der Schiffe und der Vermehrung der Indiensthaltung.
Ich wende mich zunächst zu der gesetzlichen Fundierung der Marine. Es soll nach der Absicht des Gesetzentwurfs gesetzlich fest⸗ gelegt werden: erstlich der Sollbestand der Hauplschiffsklassen der Linienschiffe, der Küstenpanzerschiffe, der großen und kleinen Kreuzer, zweitens die Frist, bis zu welcher dieser Sollbestand erreicht werden soll. Drittens soll gesetzlich geregelt werden die Frage der Ersatz⸗ bauten unbrauchbar werdender Schiffe; viertens diejenigen Indienst⸗ haltungen, welche auf organisatorischer Grundlage beruhen, und endlich fünstens die Grundsätze für die Berechnung des Personal⸗ bestandes.
Was zunächst die gesetzliche Festlegung des Sollbestandes der Schiffe anbetrifft, so sind, wie ich der Presse entnommen habe, eine Reihe Bedenken nach dieser Richtung vorhanden. Zunächst wird das Bedenken ausgeführt, die Technik könne sich ändern, und demzufolge ließe sich der Sollbestand der Schiffe nicht festlegen. Meine Herren, die Fassung des Gesetzentwurfs läßt der Entwickelung der Technik vollständig freien Spielraum. Unbeschadet des Gesetzes könnte das Linienschiff ein alter Dreidecker aus Nelson's Zeiten sein, es könnte die Panzerfregatte „König Wilhelm“, wie sie vor 30 Jahren gebaut wurde, und es können diejenigen Schiffe sein, die wir jetzt als Linien⸗ schiffe bezeichnen, „Kaiser Friedrich der Dritte“, „Kaiser Wilhelm der Zweite“ und „Ersatz König Wilhelm“, welche dieses hohe Haus in den letzten Jahren bewilligt hat. Der große Kreuzer könnte eine Fregatte wie früher sein, und er kann auch der jetzige Panzerkreuzer sein, d. h. ein Schiff, bei welchem ein Panzerdeck über das ganze Schiffsinnere vorhanden ist, und außerdem ein schwacher Seitenpanzer. Der kleine Kreuzer könnte eine Segelbrigg, oder ein Schooner der alten Zeit sein, eder der jetzige moderne, geschützte kleine Kreuzer. Sie sehen, wenn wir das Glück gehabt hätten, ein Deutsches Reich von Ansang des Jahrhunderts zu besitzen, und ein solches Flotten⸗ gesetz bestanden hätte, daß die Technik keine Schwierigkeiten gemacht hätte, das Gesetz durchzuführen.
Es ist dann weiter das Bedenken geltend gemacht worden, daß die Kriegskunst veränderlich sei und daß man daher eine Flotte nicht derartig gesetzlich binden könne. Ja, meine Herren, die Möglichkeit liegt vor, daß nach 10, 15 Jahren ein Gesetzgeber hier zu einer etwas anderen Zusammensetzung der Zahlen kommen würde. Diese Zahlen sind — in der Hauptsache wenigstens — abhängig von den Formationen der Schlachtflotte so, wie sie den Berechnungen des Gesetzes zu Grunde liegen. Ich für meine Person glaube, daß diese Formationen auf sehr lange Zeit die Grundlage unserer Flotte bilden werden.
Man könnte dann weiter sagen, daß wir künftig einmal in die Lage kommen könnten, die Auslandsschiffe zu vermehren. Das ist ja möglich; die Auslandsschiffe sind nach den heutigen Seeinteressen des Reichs berechnet. Es wäre schließlich aber doch ein sehr günstiges Zeichen, wenn ein solches Bedürfniß hervorträte; denn es wäre ein Beweis, daß unsere Seeinteressen sich noch wieder von neuem ver⸗ mehrt hätten. Sie können, meine Herren, die Frage
rathsam
eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 7. Dezember
ist, einen Sollbestand gesetzlich festzulegen, doch an dem Beispiel prüfen, welches wir an der Zahl der 14 Linienschiffe haben. Im Jahre 1873 ist diese Zahl als zweckmäßig und nothwendig anerkannt worden, und diese Zahl würde bis zu Anfang der neunziger Jahre anstandslos als eine gute, zweckmäßige Zahl funktioniert haben, zum Besten des Reichs und zum Besten der Flotte. Nun, meine Herren, wenn eine solche Zahl 20 Jahre lang funktioniert hat, dann lohnt es sich doch schon, eine gesetzliche Festlegung dieser Art zu machen. Es ist dann weiter der Fassung des Gesetzes entgegengehalten worden, daß eine unbegrenzte Gültigkeitsdauer für diesen Sollbestand durch das Gesetz verlangt worden sein. Ja, meine Herren, ich glaube kaum, daß diese unbegrenzte Gültigkeitsdauer eine Frage grund⸗ sätzlicher Bedeutung für die verbündeten Regierungen sein würde. Zu kurz könnte man in Anbetracht der Lebensdauer der Schiffe und in Anbetracht der langen Bauzeiten eine solche Gültigkeitsdauer nicht nehmen; man müfte mindestens zehn, zwölf Jahre nehmen; denn sonst würde man das Gesetz in dem Augenblick außer Kraft setzen, wo es gerade erst im stande ist, vollständig zur Ausführung zu kommen. Ich sollte auch meinen, daß das hohe Haus keinen besonders hohen Werth auf eine Begrenzung der Gültigkeitsdauer legen würde; denn so viel scheint doch sicher, daß bei einer solchen periodisch wieder⸗ kehrenden Eeneuerung des Gesetzes die Wahrscheinlichkeit größer ist, daß die Flotte jedesmal vergrößert, als daß sie vermindert werde. Das wäre dasjenige, was ich über die Festlegung des Soll⸗ bestandes dem hohen Hause zu sagen hätte. Ich komme nunmehr zu der Frage der Beschaffungsfrist. Dieser Punkt des Gesetzentwurfs scheint ja am meisten beanstandet worden zu sein. Ich möchte hier noch einmal hervorheben, meine Herren, daß in keiner Weise die Auf⸗- nahme dieses Punktes einem Mißtrauen diesem hohen Hause gegen⸗ über entsprungen ist. Ich möchte Sie bitten, gütigst ermessen zu wollen, daß die verbündeten Regierungen nach dieser Richtung hin folgender Thatsache gegenübergestanden haben. Im Jahre 1873 sind 14 Panzer⸗ schiffe als nothwendig anerkannt worden, und erst im Jahre 1894, also nach 21 Jahren, sind thatsächlich diese Schiffe vorhanden gewesen. Ich weiß sehr wohl, daß bei diesen Thatsachen eine ganze Reihe von Faktoren mitgewirkt haben. (Sehr richtig! in der Mitte.) Das hindert aber nicht, die Thatsache selbst anzuerkennen, die eben dahin drängt, eine gesetzliche Regelung eintreten zu lassen. Dann aber, meine Herren, kommt noch vor allen Dingen ein Punkt hinzu, der mir vielfach nicht in vollem Maße gewürdigt zu sein scheint, das ist der Vortheil, der für die Verwaltung erwächst, wenn sie ein gewisses Verfügungsrecht oder wenigstens die Sicherheit, daß die erheblichen Ausgaben bewilligt werden, vor sich hat, wenn sie im stande ist, die Bauten in zweckmäßiger Weise auf die vorhandenen Gtablisse⸗ ments, Staats⸗ und Privatwerften zu vertheilen, wenn sie im stande ist, die Arbeiterfrage der Werften günstig zu regeln, wenn sie im stande ist, die Leistungsfähigkeit der Industrie durch das Geld, das durch die Marine flüssig gemacht wird, zu heben. Was steht denn nur einer solchen Festsetzung der Frist entgegen, die sosiel geschäft⸗ liche Vortheile hat? Es ist zunächst als eine Beschränkung des Budgetrechts aufgefaßt worden. Darüber hat ja der Herr Reichs⸗ kanzler schon eingehend gesprochen. Es ist dann weiter ein⸗ gewendet worden, man könne doch nicht Dinge bewilligen, von denen man die finanziellen Konsequenzen zu übersehen nicht im stande wäre. Ja, meine Herren, es erscheint das als ein ganz plausibler Grund, aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß eine Reihe gesetz⸗ licher Bestimmungen bestehe, die finanzielle Konsequenzen im Gefolge haben, die man nicht vollständig übersieht. Es handelt sich im vor⸗ liegenden Falle nur um Neubauten im Betrage von 160 Millionen, die innerhalb der nächsten vier Jahre in Angriff genommen werden sollen: das sind 7 Linienschiffe, 2 große Kreuzer und 7 kleine Kreuzer; meine Herren, gerade für diese Neubauten, wenigstens 1 für den größten Theil derselben, das heißt für die Linienschiffe und kleinen Kreuzer, besitzen wir nicht nur Kostenanschläge, sondern wir besitzen bereits vorhandene Kontrakte von in Ban begriffenen Schiffen.
Die Typs, die hier beabsichtigt sind, sind genau dieselben, welche das
hohe Haus in früheren Sessionen bewilligt hat. Es machen nur die zwei großen Kreuzer eine Ausnahme davon, welche aber genau nach dem Typ gebaut werden sollen, welchen mein Herr Amts⸗ vorgänger in der vorigen Session hier dargelegt hat. Ich bin sogar so vorsichtig gewesen, den Anschlag, der damals auf 14 Millionen gemacht ist, noch um 1 Million zu vermehren, um in der Beziehung möglichst sicher zu gehen. Sie sehen aus diesen Dar⸗ legungen, meine Herren, daß der Einwand, daß es sich um finanzielle Konsequenzen handele, die nicht zu übersehen seien, von großer praktischer Bedeutung nicht ist. Es ist da nicht anzunehmen, daß die Preissteigerungen in vier Jahren nennenewerthe sein werden. b Jedenfalls kann man wohl mit vieler Bestimmtheit sagen, daß die
etwaigen Preissteigerungen von keinerlei Einfluß auf den Reichshaus⸗
halt sein könnten. Die Sache liegt, wenn man sie mal vom rein praktischen Standpunkt auffaßt, doch so: auf der einen Seite würde, wenn das hohe Haus sich entschließen sollte, Sollbestand und Be⸗ schaffungsfrist für die Flotte zu genehmigen, dem nächsten Reichstage die Möglichleit genommen werden, das Tempo dieser Neubauten etwa zu verzögern; auf der anderen Seite aber, meine Herren, wenn Sie nicht zustimmen, nehmen Sie der Marineverwaltung die Mög⸗ lichkeit, rationell über diese Gelder zu disponieren. Ich per⸗ sönlich bin mir nicht zweifelbaft, meine Herren, daß, wenn die Frist festgesetzt wird, die Schiffe billiger und besser werden, die 8 Industrie, die in Betracht kommt, leistungsfähiger auch für den inter⸗ nationalen Wettbewerb gemacht werden würde. Ich stehe nach dieser Richtung hin auf dem Standpunkt meines hochverehrten alten Chefs, des Admirals von Stosch, der es für eine Aufgabe der Marine⸗ verwaltung hielt, daß die für die Beschaffung des Materials für die Marine nöthigen Gelder nach Möglichkeit benützt werden, die Leistungsfähigkeit der in Betracht kommenden Industrien für den 8 Wettbewerb zu erhöhen. Ich habe persönlich eine Erfahrung nach dieser Richtung. Ich bin seiner Zeit betheiligt gewesen an der Beschaffung der 70 Torpedoboote, welche im Jahre 1884