Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 31. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag den Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherrn von Hammerstein, den Chef des Zivil⸗ kabinets, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus, den Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts, Kontre⸗Admiral Tirpitz und den Chef des Marinekabinets, Kontre⸗Admiral Freiherrn
on Senden⸗Bibran zum Vortrage. “
In der Zeit vom 1. April 1897 bis zum Schlusse des Monats Dezember 1897 sind im Deutschen Reich nach dem „Centralblatt für das Deutsche Reich“ folgende Ein⸗ “ (einschließlich der kreditierten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern sowie andere Einnahmen zur Anschreibung gelangt:
Zölle 357 324 240 ℳ (gegen denselben Zeitraum des Vor⸗ jahrs + 4 393 480 ℳ), Tabacksteuer 8663565 ℳ (+ 579 543 ℳ), Zuckersteuer und Zuschlag zu derselben 69 346 936 ℳ . 8,419 436 ℳ), Salzsteuer 36 594 689 ℳ (+ 583 906 ℳ),
aischbottich, und Branntweinmaterialsteuer 7 368 442 ℳ (+ 2 255 867 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 95 249 197 ℳ (+ 498 810 ℳ),
ennsteuer 466 816 ℳ (— 107 681 ℳ), Brausteuer 22 427 156 ℳ (+ 1 29.215 ℳ9⸗ Uebergangsabgabe von Bier 2 885 482 ℳ (+ 59 651 ℳ), Summe 600 326 523 ℳ (+ 1 067 106 ℳ). Stempelsteuer für: a. Werthpapiere 11 164 593 ℳ (+ 87 860 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige An⸗ schaffungsgeschäfte 10 098 314 ℳ (+ 476 897 ℳ), c. Loose zu: Privatlotterien 2 364 267 ℳ (— 824 529 ℳ), Staats⸗ aex 9 635 063 ℳ (— 1 050 385 ℳ), Spielkartenstempel 1 077 748 ℳ (+ 11 778 ℳ), Wechselstempelsteuer 7 362 905 ℳ (+ 551 322 ℳ), Post⸗ und Telegraphenverwaltung 243 033 628 ℳ 17 978 804 ℳ), Reichs⸗Eisenbahnverwaltung 57 209 000 ℳ (+ 2 669 000 ℳ). . “
Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme, abzüglich der “ und Verwaltungskosten, beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende Dezember 1897: Far. 317 889 165 ℳ (+ 8796 402 ℳ), Tabacksteuer
653 417 ℳ (+ 147 921 ℳ), Zuckersteuer und Zuschlag zu derselben 57 292 032 ℳ (— 16 104 992 ℳ), Salzsteuer 33 168 193 ℳ (+ 179 198 ℳ), Maischbottich⸗ und Brannt⸗ weinmaterialsteuer 9 613 0995 ℳ (+ 1 702 220 ℳ), Ver⸗ brauchsabgabe von Branntwein un Suschlag zu derselben 77 024 280 ℳ (— 711 338 ℳ), Brennsteuer 160 934 ℳ — 106 514 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von
ier 21 509 861 ℳ (+ 1 090 596 ℳ), Summe 526 310 977 ℳ (— 5 006 507 ℳ). — Sgielkartenstempel 1 003 480 ℳ (+ 10 088 ℳ).
Nach der im Reichs⸗Versicherungsamt gefertigten Zusamm en⸗ stellung, welche auf den Mittheilungen der Vorstände der In⸗ validitäts⸗ und tersversicherur gnanalten und der zugelassenen Kasseneinrichtungen beruht, betrug die zahl der seit dem Inkraft⸗ treten des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes von den 31 Versicherungsanstalt nd den 9 vorhandenen einrichtungen
Kassen⸗
bis zum
. 30. Sep⸗ 31. De⸗ tember zember 1897 1897
bewilligten In⸗ validen⸗ renten: davon sind infolge Todes oder Aus⸗ wanderung der Berech⸗ tigten, Wieder⸗ erlangung der Erwerbs⸗ fähigkeit, Bezuges von Unfallrenten oder aus anderen Gründen weggefallen:
sodaß am
8 liefen.
Die Zahl der
8*
277 859 296 452:
258 742
59 445
1. Januar 1897
161 670
1. Oktober 1897
198 854
31. De⸗ b zember 8 1896
bewilligten Alters⸗ renten EEEEA11““; davon sind E 3 oder Aus⸗ wanderung der Berech⸗ tigten oder aus anderen Gründen weggefallen:
108 798 114 765,
1. Oktober1. Januar 1897 1898
203 910 203 644
L“
203 659
1“
Beitragserstattungen sind bewilligt bis zum
180 Sep⸗ 30. Juni 0. Sep⸗ 1897 tng.
a. an weib⸗ liche Ver⸗ sicherte, die in die Ehe ge⸗ treten sind:.
b. an die
Hinterblie⸗ benen von Versicherten: 18 952 30 560 36 253
zusammen: .] 90 615 148 181] 177 225 212 983.
Hiernach ist in der Zahl der laufenden Invaliden⸗ renten, welche seit dem 1. Januar 1898 zum ersten Mal die Zahl der laufenden Altersrenten überschritten haben, während des Jahres 1897 eine ziemlich gleichmäßige erhebliche Steigerung eingetreten, während bezüglich der laufenden Altersrenten der Beharrungszustand erreicht zu sein scheint. Bei den bewilligten Beitragserstattungen läßt sich nur eine langsame Steigerung erkennen.
b
Der Kaiserliche Gesandte in Mexiko Freiherr von Ketteler ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf saänen Posten zurückgekehrt und hat die Geschaͤfte der Gesandt⸗ chaft wieder übernommen. v6“
Laut telegraphischer Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Geier“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Jacobsen, am 29. Januar in Santiago de Cuba angekommen und beabsichtigt, am 1. Februarzwieder in See zu gehen; der Dampfer „Crefeld“ mit der Matrosen⸗ artillerie⸗Kompagnie, Führer: Kapitän⸗Lieutenant Grapow (Franz), ist am 29. Januar in Hongkong ange⸗ “ und beabsechtigt, am 1. Februar nach Kiaotschau in See zu gehen.
SDesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser begab sich, wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, gestern früh nach der Gruft in der Kapuzinerkirche und verrichtete an dem Sarkophage des Kronprinzen Rudolf ein Gebet. Später empfing Allerhöchstderselbe den un arischen Minister⸗Präsidenten Baron Banffy in einstündiger Audienz.
Gestern Nachmittag hatten, wie die „Budapester Cor⸗ respondenz“ meldet, die in Wien eingetroffenen ungarischen Minister von Lukacs und Dr. von Daranyi eine Unter⸗ redung mit den österreichischen Ministern Freiherr von Gautsch, von Böhm⸗Bawerk und von Körber über den Ausgleich. Die beiden Finanz⸗Minister werden heute die Verhandlungen fortsetzen.
In einer vorgestern in Wien abgehaltenen Versammlung der deutschen Studierenden der ““ für Boden⸗ kultur, die in Anwesenheit des Rektors von Liebenberg tagte, wurden ähnliche Beschlüsse gefaßt wie in der Versammlung der Studenten und Techniker am 27. d. M.
In Leitmeritz wurde vorgestern ein Akademiker⸗Tag abgehalten, welchem auch der Rektor der deutschen Universität in Prag, Professor Ulbrich beiwohnte. Es wurden zwei Resolutionen beschlossen, deren erste die sofortige Verlegung der deutschen Hochschulen von Prag in eine Stadt im deutschen Gebiete Böhmens fordert. In Prag sei bis zur vollendeten Verlegung auszuharren, falls den Studenten ihre Rechte zurückgegeben und gewahrt würden. Die zweite Reso⸗ lution geht dahin, die Vorlesungen in Prag nicht zu besuchen, falls nicht bis heute Mittag das Verbot des Farbentragens aufgehoben werde. — Gestern fand ebendaselbst ein deutscher Volkstag unter dem Vorsitz des Abg. Funke statt, an welchem zahlreiche Bürgermeister der umliegenden Städte und unter Anderen auch der Abg. Wolf theilnahmen. Es wurde eine Resolution angenommen, in welcher von der Regierung die Gewährleistung vollen Schutzes für die uneingeschränkte persönliche Freiheit sowie für die statutarisch festgestellten akademischen Rechte und Freiheiten der deutschen Hochschüler in Prag gefordert wird. Ferner wurde unter Hinweis auf die Angriffe, denen die deutschen Hochschüler in Prag von seiten der czechischen Bevölke⸗ rung ausgesetzt seien und welche eine Verlegung der “ Hochschulen in den Bereich des deutschen Sprachgebietes Böhmens erforderlich machten, die Zustimmung zu den Beschlüssen des gestrigen Akademikertages ausgesprochen. — Dem „Prager Abendblatt“ zufolge äußerte der Statthalter Graf Coude n. ove gegenüber einer Deputation von Professoren der deutschen Universität und der Technischen Hochschule, daß das Verbot des Farbentragens voraussichtlich mit dem Schluß des Landtages werde aufgehoben werden können. Er erwarte, daß die Professoren im eigenen Interesse der Hochschulen und der Studierenden bestrebt sein würden, die letzteren von unbesonnenen Schritten zurückzuhalten.
Der Landtag von Kärnten hat am Sonnabend den Antrag auf sofortige Aufhebung der Sprachenverordnungen angenommen.
Im ungarischen Unterhause richtete vorgestern der Abg. Meltzl die Frage an den ““ ob es wahr sei, daß Eisenbahn⸗Oberbeamte auf die untergeordneten Beamten einen Einfluß ausübten, um deren Namen magyarisieren zu lassen, wie dies unter der sächsischen Bevölkerung vorgekommen ein solle. Er hoffe, daß die bö“ dieser Aktion fern⸗ seche fordere deshalb amtliche Aufklärung und stelle die Frage, ob der Minister geneigt sei, solchen Ee a von seiten der Oberbeamten, falls er begangen werden sollte, sofort abzu⸗ stellen. 8 1116“
Großbritannien und Irland.
Der Staatssekretär der Kolonien Chamberlain erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, in einer am Sonnabend in Birmingham gehaltenen Rede, daß die hauptssächlichste Gefahr für den britischen Handel eine allmähliche Abschllehung solcher Märkte sei, die früher für alle Welt frei gewesen seien. Die britische Politik müsse die Besitzungen Großbritanniens ver⸗
theidigen, neue Märkte, wo immer dies möglich sei, erschließen und verhindern, daß alte Märkte zu Ungunsten Großbritanniens verschlossen oder in ausschließliche Monopole irgend eines einzelnen Staats umgewandelt würden. Im gegenwärtigen Augenblick habe Großbritannien letzteres in West⸗Afrika und “ zu befürchten. Mit Bezug auf die Kolonien an der Goldküste und in Lagos führte der Staatssekretär aus, daß die britischen Ansprüche auf deren Hinterland, welche Großbritannien durch Verträge für genügend und zuverlässig verbürgt gehalten habe, jetzt bestritten und Landschaften, welche Großbritannien zu e Eigenthum gerechnet habe, von Anderen besetzt würden. Die Großbritannien anhänglichen Häuptlinge seien abgesetzt oder getödtet worden, andere hätten sich nunmehr an 88” britannien um Schutz gewandt. Großbritannien blicke nicht mißgünstig auf die Ausdehnung seiner Nachbarn, es verlange nur Achtung für sein Recht. Betreffs Chinas wünsche es, daß, was immer für neue Vortheile dort gewonnen werden würden, dieselben allen in gleicher Weise offen stehen sollten. Er glaube, daß alle handeltreibenden Mächte im all⸗ gemeinen in dieser Politik übereinstimmten. Großbritannien habe nicht den Wunsch, das chinesische Reich zu zerbröckeln, es wünsche vielmehr, daß die vorhandenen Verträge und Rechte aufrecht erhalten würden.
Frankreich.
Der Staatsrath Bousquet ist zum General⸗Direktor ölle ernannt worden.
ie Kommission der Deputirtenkammer, welche den Antrag auf strafrechtliche Verfolgung der Deputirten Graf de Bernis und Görault⸗Richard wegen der Vorfälle am 22. d. M. zu prüfen hatte, hat sich einmüthig gegen die Ver⸗ folgung ausgesprochen.
Bei einem gestern in Royat (Puy de Dôme) zu Ehren des Deputirten Bourgeois veranstalteten Festmahl hielt dieser eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, die Gründe seiner Gegnerschaft gegen die Regierung auseinander⸗ setzte. Er bestritt zunächst, daß er die republikanische Partei entzweien wolle; vielmehr wolle er die Vereinigung auf demokratischem Boden herbeiführen. Sodann entwickelte Bourgeois sein Programm für die Revision der Ver⸗ fassung und Schaffung eines Systems der Einkommen⸗ steuer, wobei er die Forderung der Gleichheit der sozialen Lasten aufstellte. Er berief sich auf das Beispiel der monarchischen Länder, in denen die Einkommensteuer in Geltung sei, und erinnerte daran, daß der Adel und die Reichen 1789 ihre I aufgegeben hätten. Redner rechtfertigte sodann die Haltung der Radikalen in der Dreyfus⸗Angelegenheit und sagte, daß sie gegen die Regierung gestimmt hätten, weil diese der für die Vaterlandsfreunde betrübenden Kampagne ein kurzes Ende hätten bereiten können. Die Radikalen haͤtten die Armee über jede Diskussion stellen wollen. Sie wollten, fügte Bourgeois hinzu, die religiöse Duldung. Endlich wandte sich der Redner scharf gegen die Gemäßigten, welche mit den Konservativen und brachte schließlich ein Hoch auf die republikanisch gesinnte Auvergne aus.
In Limoges hielt gestern bei einem von dem Blatte „Petit Centre“ veranstalteten Bankett der Deputirte Poin⸗ caré eine Rede, in welcher er die Freiheit der Presse pries und ihr rieth, die öffentliche Meinung zu leiten, anstatt sich von ihr fortreißen zu lassen. In Bezug auf dje nächste Wahlen hob der Redner hervor, daß eine Ver besserung der parlamentarischen Sitten nöthig sei, wohl in Frankreich wie auch im Auslande, was leidenschaftlichen Scenen in den belgischen und österreichischen Parlamenten bewiesen. Er wünsche eine starke und feste Re gierung; in dieser Beziehung sei die Festigkeit des Kabinets Möline, das eine einige Majorität hinter sich habe und ein Reform⸗ programm besitze, welches weder furchtsam noch abenteuerlich sei, zu rühmen. Poincaré erklärte ferner, er sei der Demokrati ergeben, verbreitete sich über die Arbeit der künftigen Kammer welche vor allen Dingen die anstößigen Ungleichheiten in der Besteuerung zu beseitigen habe, und bekämpfte alsdann die Sozialisten. Die Kammer müsse die landwirthschaftliche Frage, die Arbeiterfrage und diejenige der natig Erziehung studieren. 8
der
Rußland.
Der Dampfer „Saratow“ ist, wie „W. T. B.“ berichtet von Odessa nach Ost⸗Asien abgegangen. An Bord befinden sich einige Offiziere des Geschwaders im Stillen Ozean mi einer Anzahl von Rekruten für die Truppen des Amur Militärbezirks. 3
Italien.
Nachdem der Minister⸗Präsident di Rudini in der
gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer die Erklärung
abgegeben hatte, daß die Regierung die Ordnung mit aller Strenge aufrecht erhalten werde, ist die von den Sozialisten für gestern in Rom beabsichtigte Demonstration zu Gunsten der
Aufhebung der Getreidezölle fallen gelassen worde De gestrige Tag ist ohne jeden Zwischenfall verlaufen. Türkei. di 97 sche Gesandtschaft Freit dem e abessynische Gesan a am Freitag von Sultan empfangen, welcher dem König Menelik den Groß⸗ cordon des Imtiaz⸗Ordens mit Brillanten verliehen und dem⸗
8
„W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, wurde
selben kostbare Geschenke gemacht hat. Die Gesandtschaft wird
demnächst nach Adis⸗Abeba zurückkehren. Die kretische Nationalversammlung ist zum 1. Fe⸗ bruar einberufen worden.
Lamia stammende Nachricht, nach welcher
8
Die Telegraphenagentur in Athen verbreitet eine aus Seifullah
Pascha mit seinen Truppen bei der Steuerbeitreibung in
Lazarina bei Trikkala in v von den Bauern mit Flintenschüssen empfangen worden sei. weigerten die Bauern die Steuerleistung. Serbien. Der 88 Milan ist, wie „W. T. B.“ meldet, in Ju
Begleitung des als Vertreter des Königs am Sonnabend von Belgrad na
Vranja abgereist, um an der feierlichen Begehung des 20. Jahres⸗
tages der Befreiung Serbiens theilzunehmen.
Schweden und Norwegen. Bezüglich der in dem norwegischen Blatte „Verdens
Gang“ veröffentlichten Mittheilungen über die Arbeiten — as
„Union⸗Comités (s. Nr. 26 d. Bl.) ist „Svenska⸗Telegram⸗Byran“ in der Lage, aus bester Quelle zu
Wie es heiße, ver⸗
stiz⸗Ministers und des EZöö 8 8
8 5
erklären, daß diese Mittheilungen nicht korrekt seien. Ueber die
Arbeiten des Comités würden keine offiziellen Mittheilungen
Vereins bei.
geschädigt zu werden. Fürst Bismarck wird auf eine gleiche
emach ie Verhandlungen ge ruckt seien. as Comité habe am Sonnabend seine Verhandlungen beendet. Bei dieser Gelegenheit habe der König eine Ansprache gehalten und an seine Ausführungen bei Beginn der Comité⸗Verhandlungen erinnert. Er könne nichts Definitives in der Sache selbst sagen, bevor er die und vee efg geprüft habe. Der König habe folgender⸗ maßen ge oder diejenigen — auf welcher Seite sie immer zu finden sein mögen —, welche nach dem Urtheil Unparteiischer die Schuld dafür tragen, daß die Einigung nicht erreicht worden ist, haben sich meiner Meinung nach mit einer schweren historischen Verantwortung belastet. Möge der Allmächtige seine Hand über die Zukunft meiner geliebten Vörker halten! Möge er auch im zwanzigsten Säkulum die Vereinigung, welche im 19. Jahrhundert den Brüder⸗Reichen Sicherheit und ihren Einwohnern Glück schenkte, erhalten.“
8 Vorgestern Abend wohnte der König, wie „W. T. B.“ berichtet, der Jahresfeier des schwedischen Journalisten⸗ In seiner Antwort auf die Begrüßungs⸗ ansprache betonte Allerhöchstdeselbe, daß dasjenige Land un⸗ schätzbare Vortheile besitze, welches eine lange, ruhige und kon⸗ sequente Entwickelung auf der Basis gesetzmäßiger durch⸗ gemacht habe, wie Schweden. Ein solches Volk sei würdig, eine freie Presse zu haben; es vermöge seine vielseitigen Kräfte zu benutzen und habe Mißbräuche derselben nicht zu fürchten. Er hege den daß die Wirksamkeit der schwedischen Presse sich immer des Volkes würdig zeigen möge, und danke herzlich für die Einladung.
Amerika.
Aus Havanna wird gemeldet, daß die Aufständischen das vom Militär nicht besetzte Dorf Veras überfallen und mehrere Bauern verwundet hätten. Ferner hätten die Auf⸗ ständischen bei Soledad einen Feldbahnzug zum Entgleisen ge⸗ bracht, wobei fünf Personen verwundet worden seien. — Der Aufständischenführer Torres habe sich unterworfen.
Nach einer aus Lima in New⸗York eingetroffenen Depesche ist in La Paz der Belagerungszustand proklamiert worden; Zoilo, Flores und andere hervorragende Mitglieder der
pposition seien verbannt worden.
Asien.
8
Von dem General Westmacott ist, wie das „Reuter'sche
Bureau“ erfährt, eine Depesche in Kalkutta eingetroffen, nach welcher die vierte Brigade der britisch⸗indischen Truppen am Sonnabend in einem Engpaß des Afridi⸗Landes in einen Hinterhalt gerathen ist. Fünf britische Offiziere und acht Mann seien gefallen, zwei Offiziere und siebzehn Mann verwundet worden; weitere siebzehn Mann würden vermißt. Die Brigade sei auf dem Wege gevesen, sich mit den übrigen Brigaden zu vereinigen, um die Eingeborenen von den Weideplätzen auf der Kajuri⸗Ebene zu vertreiben. Diese Bewegung sei, wie eine weitere Depesche melde, von den anderen Brigaden, fast ohne auf Widerstand zu stoßen, durch⸗ geführt worden.
Der „Times“ wird aus Rangun berichtet: aus Moul⸗ mein werde gemeldet, daß ein französisches Kanonen⸗ boot die Stromschnellen des oberen Mekong mit Erfolg überwunden habe und jetzt in tiefer Wasserstraße auf der Breite von Mongtsin sich beinde.
Afrika. Das „Reuter'’sche Bureau“ die Regierung den Staatsvoranschlag für 1898 auf der Grundlage der Einnahme des letzten Jahres aufgestellt habe. Sie veranschlage den nach Deckung der nothwendigen Ausgaben beim Jahresschlusse verbleibenden Ueberschuß auf etwa 400 000 Pfund, wobei der Ueber Lchuß des Etatsjahres 1897 im Betrage von 360 000 fund ein⸗ em sei. Zur Deckung der Ausgaben für die geplanten isenbahn⸗ und anderen öffentlichen Bauten solle eine Staats⸗ Anleihe aufgenommen werden, und der Präsident werde bei dem Volksraad um die Ermäͤchtigung nachsuchen, diese Anleihe zu der ihm geeignet erscheinenden Zeit zu begeben.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (29.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner beiwohnte, setzte das Haus die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1898 bei dem Etat des Reichskanzlers und der Reichskanzlei fort. b
Das Gehalt des Reichskanzlers (bisher 54 000 ℳ) ist auf 100 000 ℳ einschließlich 64 000 ℳ Repräsentationskosten (bisher 18 000 ℳ) festgesetzt.
Berichterstatter Abg. Bassermann (nl.) empfiehlt namens . die Genehmigung dieser Ausgaben⸗ erhöhung.
Abg. Singer (Soz.) erklärt, daß seine Partei gegen diese Erhöhung stimmen werde. Er bitte den Präsidenten, die Ent⸗ scheidung über diese Frage durch eine besondere Abstimmung herbei⸗ zuführen, da seine Partei auch den Anschein vermeiden wolle, als stimme sie stillschweigend dem Titel zu.
Abg. von Kardorff (Rp.): Der erste Beamte des Deutschen Reichs muß in seinem Gehalt mindestens ebenso gestellt werden, wie unsere Botschafter in London, Paris und St. Petersburg und wie die Botschafter hier in Berlin, die mit dem ersten Beamten des Reichs in Verkehr stehen. Es handelt sich hier nur um eine Be⸗ lastung der deutschen Steuerzahler um einige 40 000 ℳ, während die Gehaltserhöhung allein der Postbeamten im Sinne einer uns zugegangenen Petition 13— 14 Millionen kosten würde. Es liegt im allgemeinen deutschen Interesse, das Gehalt des Reichs⸗ kanzlers so zu normieren, daß auch ein minder vermögender
r als der gegenwärtige Reichskanzler diesen Posten aecceptieren kann, ohne befürchten zu müssen, in seinen merasenheca scsen orde⸗ rung wahrscheinlich im Hinblick auf die reiche Dotation vom Deutschen Reich verzichtet haben, sch weiß aber aus wiederholten persönlichen
Unterredungen mit ihm, daß er das Gehalt des Reichskanzlers für
durchaus unzureichend hält. Dieser Ansicht wird sich sicherlich die große Mehrheit des Reichstages g . Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Das Deutsche Reich kann sich nicht
auf spartanische Suppe und Wasser beschränken; es muß den gesellschaftlichen Anforderungen entsprechen und mit ihnen Schritt balten. Das Gehalt des Reichskanzlers leibt auch in der jetzigen Höhe noch erheblich hinter dem Aufwand für unsere Botschafter in Paris und London zuxück. Meine Freunde
lossen: „Nur eins kann und will ich sagen: der⸗
meldet aus Pretoria, daß
werden für die Erhöhung stimmen; denn was den anderen Beamten recht ist, muß dem höchsten Beamten billig sein.
Abg. von Massow (d. kons.) erklärt, daß er, wie in der Kom⸗ mission, für die Genehmigung der Erhöhung stimmen werde, und daß er sich den Ausführungen des Abg. von Kardorff anschließe. Die Position werde nicht nur für den sepiqen Inhaber des Reichskanzleramts, sondern für jeden späteren Inhaber desselben gefordert.
Püg Dr. Hammacher (nl.) empfiehlt ebenfalls die Annahme er Position.
Die Erhöhung des Gehalts des Reichskanzlers wird darauf gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der freisinnigen Volkspartei genehmigt.
Sodann wird die zweite Berathung des Etats des Reichs⸗ amts des Innern bei den Ausgaben für das Kanalamt fortgesetzt. In der Debatte nehmen bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Dr. Hammacher (nl., Molkenbuhr (Soz.) und ö. (nl.) und der Staatssekretär des Innern, Staats⸗ Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner das Wort.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (11.) Sitzung, welcher der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, die zweite Be⸗ rathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1898/99 bei den dauernden Ausgaben der landwirthschaftlichen Verwaltung fort.
Abg. Schröder (Pole): Auch meine Frenbe meinen, daß die Höhe der Dispositionsfonds dieses Etats noch nicht in einem richtigen Verhältniß zum Bedürfniß steht. Wünschenswerth wäre es, wenn die Wirksamkeit der Landwirthschaftskammern tiefer griffe, bis in die untersten Schichten des Kleinbesitzes. Die Aufhebung des Getreide⸗ terminhandels hat der Landwirthschaft großen Nutzen ge⸗ bracht; der Handel verläuft jetzt in geregelten Bahnen und ist nicht mehr vom Berliner Markt abhängig. Die kleinen Mittel zur Hebung der Landwirthschaft dürfen nicht vernachlässigt werden, denn durch sie würde auch der ärmste Landwirth Nutzen haben. Zur Beseitigung des Arbeitermangels muß man die Ansiedelung kleiner Landwirthe fördern, die ihr Besitzthum mit ihrer Familie selbst bewirthschaften können und nicht fremder Arbeitskräfte bedürfen. Redner empfiehlt eine ganze Reihe kleiner Mittel zur Besserung der land⸗ wirthschaftlichen Lage, wie Erleichterung der Gemeindelasten, Förderung des Kleinbahnwesens, Rggeeg zur Regelung der Ent⸗ und Bewässerung, Verkauf kleinerer Partien von Holz auf Holzauktionen der Forstverwaltung, damit auch der kleine Landwirth dort seinen Bedarf decken kann, Hergabe von Waldstreu, Mefrecghete gegen Vieh⸗ seuchen u. s. w. Die Hebung der Landwirthschaft sei keine Interessen⸗ Feeer “ eine Frage der gesammten volkswirthschaftlichen
ohlfahrt.
Abg. Reimnitz (nl.) billigt auf Grund seiner eigenen Erfahrung und Kenntniß der Verhältnisse des kleinen landwirthschaftlichen Grund⸗ besitzes die Grenzsperre zur Beseitigung der Viehseuchengefahr. Zur Verbilligung der Futtermittel set eine Herabsetzung oder Auf⸗ hebung des Maiszolls erforderlich. Die Viehzucht sei die Hauptsache für den kleinen Landwirth.
Abg. Graf von Schwerin⸗Löwitz (kons.) vertheidigt die pommersche Landwirthschaftskammer gegen die Vorwürfe des Abg. Rickert. Schon vor Erlaß des Börsengesetzes habe er sich im Börsen⸗ ausschuß dagegen ausgesprochen, daß die Börsennotierungen durch Notierungen der Landwirthe ersetzt würden, weil diese ebenso das Mißtrauen des Handels finden würden, wie bisher die Notierungen der Börse das Mißtrauen der Land⸗ wirthschaft. Daß diese Entwickelung nun thatsächlich eingetreten, sei Schuld der Börse, welche sich dem Börsengesetz nicht gefügt habe. Die Zentralnotierungsstelle der Landwirthschaftskammern sei zum Entgegenkommen bercit und wole die Händler gern mit⸗ wirken lassen. Der Landwirthschaft habe diese Entwickelung jedoch nicht geschadet. Nicht nur die Landwirthe und die Händler richteten sich nach den Notierungen der Zentralnotierungs⸗ stelle, sondern auch die Herren Rickert und Gothein stützten sich bei ihren Angriffen gegen uns auf dieselben, obwohl sie diese Notierungen für falsch erklärten. Die Disparität der Getreide⸗ preise zwischen Berlin und New⸗York sei vor der Aufhebung des Getreideterminhandels viel größer gewesen als jetzt. Durch die Aufhebung des Terminhandels sei eine stetige und ruhige Gestaltung der Getreidepreise in Deutschland herbeigeführt, während im Auslande das Börsenspiel nach wie vor bei der Preisbildung mitwirke. Diese ruhige Entwickelung sei für unsere Land⸗ wirthschaft ein großer Segen. Ein weiterer Erfolg der Aufhebung des Termingeschäfts bestehe darin, daß zum ersten Mal seit Jahren die Einfuhr fremden Getreides erheblich abgenommen habe. Trotzdem sei aber auch die Aufhebung der gemischten Transitlager und der Zollkredite der Regierung wieder in Erinnerung zu bringen.
Abg. Jansen (Zentr.) weist darauf hin, daß das alljährlich vom Hochwasser heimgesuchte Neissethal unter den schweren Katastrophen des letzten Jahres ganz besonders gelitten habe. Der Arbeitermangel sei für viele Landwirthe eine ernste Gefahr, die Reglerung weise aber die fremden Arbeiter aus; diejenigen Arbeiter aus dem Auslande, die sich als gute Arbeiter bewiesen haben, müsse man dauernd im Lande behalten dürfen.
Abg. Klose (Zentr.) erklärt, daß seine Ausführungen über den Arbeitermangel von manchen Zeitungen mißverstanden worden seien. Wenn er verlangt hätte, daß für bessere Arbeiterwohnungen auf dem Lande gesorgt werde, dann hätte er mindestens hinzugesetzt, daß die Landwirthschaft auch dazu in den Stand gesetzt werde müsse. Redner spricht sodann gleichfalls den Wunsch aus, daß die tüchtigen ausländischen Arbeiter länger im Lande bleiben dürfen, und tritt für die Ertscheg gung für an Seuchen gefallene Thiere ein.
Abg. zmula (Zentr.) beklagt ebenfalls den Mangel an ländlichen Arbeitern. Die Frage des Schadens oder Nutzens der Aufhebung des Terminhandels in Getreide sei durch die Ausführungen des Abg. Grafen von Schwerin er⸗ ledigt. Großer Schaden entstehe der Landwirthschaft durch die Einflüsse des Bergwerks⸗ und Hüttenbetriebes; für den Häuferein⸗ sturz gebe das Gesetz allerdings eine Entschädigung, aber nicht für die Schädigung der Felder und des Viehes durch Gas und Rauch, die trotz hoher Schornsteine eintrete. ö11X“
(Schluß des Blattes.) 8
Bei der am 28. d. M. vorgenommenen Stichwahl zum Reichstage im 5. Pfa sisch en (Homburg⸗ Kusel) erhielten, der „Pfälzischen Presse“ zufolge, chmidt (nl.) 8851 und Lucke (Bund der Landwirthe) 7846 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.
Der Ober⸗Bürgermeister von Stralsund Tamms, Mit⸗ lied des Herrenhauses, ist gestern an den Folgen eines schlaganfalls gestorben.
Bei der F. Ersatzwahl zum Landtage im 4. Posener ahlbezirk (Meseritz⸗Bomst) wurde nach amtlicher Fefeenrens der eneral⸗Landschafts⸗Direktor von Stau 92e (kons.) mit 244 von 366 abgegebenen Stimmen zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt. Der Gegenkandidat Propst Enn (Pole) erhielt 122 Stimmen.
— Im Reichstage ist von den Abgg. Münch⸗Ferber und Genossen nachstehender Antrag eingebracht worden: Der Reichstag wolle beschließen: dem folgenden Gesetzentwurfe die verfassungsmäßige Genehmigung zu ertheilen:
Einziger Artikel.
In dem Zolltarif (s. Bekanntmachung, betreffend die Redaktion des Zolltarifgesetzes, vom 24. Mai 1885, Reichs⸗Gesetzbl. S. 111) wird hinter Nr. 30 e 1 eingefügt:
2) Ganzseidene, glatte, geköperte oder brochierte Rohgewebe in ebleichtem und ungebleichtem Zustand, nur aus Seide des Maulbeer⸗ (Bombyx Mori) bestehend, ohne jede Beimischung von Floretseide oder Seide vom Eichenspinner, beiderseitig mit festen Kanten oder mit Verbind oder gerissenen Leisten gewebt
1 per 100 E. 300 ℳ Die b hegen Positionen unter Nr. 30 0: 3) Gaze u. s. w. erhalten die Bezeichnungen: Spitzen u. s. w. 4) Gaze u. s. w.
— Die nächste (3.) Plenarsitzung des Herrenbhauses findet am Dienstag, den 15. Februar 1898, Nachmittags 2 Uhr, statt. Die Tagesordnung für dieselbe lautet: Zweite Berathung des Antrags des Herzogs von Ratibor in Betreff der Bereitstellung von Mitteln zur dauernden Verbesserung der Hochwasserabflußverhältnisse besonders ge⸗ fährlicher Privatflüsse der Provinzen Schlesien und Brandenburg — auf Grund mündlichen Berichts der X. Kommission. Berichterstatter: Herr Büchtemann. Kommissionsantrag: Ueberweisung sämmtlicher zu dieser Angelegenheit gestellten Anträge als Material.
Statistik und Volkswirthschaft.
1“ Zur Arbeiterbewegung.
Ja Gera haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge di Schlosser, Dreher und Klempner der Firma Bromme und Biele die Arbeit eingestellt.
„Hier in Berlin fanden am Sonnabend vor dem Gewerbegericht die Verhandlungen zwischen den ausständigen Schuhmachern und ihren Arbeitgebern statt. Nachdem alle Paragraphen der neuen Fabrikordnung besprochen, Vorschläge zur Abänderung gemacht waren und beide Parteien ihren Standpunkt ausführlich klar⸗ gelegt hatten, zog sich der Gerichtshof zur Berathung zurück. Dann verkündete er der „Voss. Ztg.“ zufolge einen Vergleichs⸗ vorschlag, der in vielen Punkten den Arbeitern entgegenkommt und in einer redakrionellen Verbesserung der Fabrikordnung besteht. Die Arbeitnehmer und die Fabrikanten nahmen den Vergleich vor⸗ behaltlich der Zustimmung ihrer Auftraggeber an. Für den Fall, daß der Vergleich nicht endgültig angenommen werden sollte, wird in einem neuen Termin am Dienstag, 1. Februar, vom Einigungsamt ein Schiedsspruch gefällt werden.
Kunst und Wissenschaft.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe hielt am Mitt⸗ woch v. W., Abends, Herr Direktor Schultz⸗Henke einen Vortrag über das Thema „Kunstgewerbe und Photographie?, in welchem er die ver⸗ schiedenen Verfahren zur photochemischen Dekoration der Metalle, der Thonwaaren, des Glases und anderer Materialien darlegte. Schon vor der Erfindung der Photographie war es, wie er ausführte, be⸗ kannt, daß sich Metallplatten mit Hilfe einer Asphaltschicht nach direkter Belichtung ätzen lassen. Dieses langwierige Asphaltverfahren hat man jetzt durch die weit kürzeren Prozesse ee bei denen die Chrom⸗ gelatine zur Anwendung kommt. Auf diesem Wege werden Metallätzungen erzielt und Reliefbilder oder Zeichnungen in Schmelzfarben auf Thon⸗ waaren erzeugt. Zu mannigfachen Wirkungen sind neuerdings die photochemischen Mittel bei der Herstellung transparenter Glasbilder verwerthet worden, besonders in der Weise, daß drei farbig überfangene Scheiben geätzt werden und, hintereinander gelegt, einheitliche Farben⸗ bilder darbieten. Die Erläuterung dieser und der verwandten Ver⸗ — durch zahlreiche Experimente zu lebendiger Anschauung gebracht.
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Von der s. Zt. angekündigten neu Publikation des Hirth'schen Kunstverlages in München und Leipzig: „Der Stil in den bildenden Künsten und Gewerben aller Zeiten“, heraus⸗ gegeben von Georg Hirth, liegt nunmehr das erste Heft vor. Die erste Serie ist betitelt „Der schöne Mensch⸗, und behandelt in der ersten, von Dr. Heinrich Bulle bearbeiteten Abtheilung das Alterthum. Da die alten Kulturvölker Mesopotamiens und Vorderasiens die Dar⸗ stellung des nackten Menschen in der Regel vermieden und es daher nicht zu einer selbständigen künstlerischen uffassung des unbekleideten Körpers gebracht haben, so bleibt die Kunst dieser Völker zunächst ausgeschlossen; aus ihr werden jedoch in der zweiten Serie („Trachten und Sitten“) charakteristische Beispiele gebracht werden. Die erste Serie beginnt mit der egyptischen Kunst, von der auf 22 Tafeln die künftlerisch werthvollsten Werke aus der Zeit des alten, mittleren und neuen Reichs, sowie aus der Periore der persischen und griechischen Herrschaft über Egypten wiedergegeben werden sollen. Hierauf folgt die griechische Kunst, eingetheilt in vier Abschnitte: Die alterthümliche Kunst, Die Epoche des Phidias, Das 4. Jahrhundert v. Chr., Die hellenistische Zeit. Da die altitalische und etruskische sowie die römische Kunst in ihrer Auf⸗ fassung des Körperlichen im wesentlichen von griechischen Vorbildern abhängig sind, so werden aus diesen Gebieten nur einzelne Proben ein⸗ gefügt werden. Im Ganzen sind für die griechische Kunst 170 Tafeln be⸗ stimmt, sodaß die erste Abtheilung der ersten Serie 16 Lieferungen mit je 12 Tafeln (also 192 Tafeln) umfassen wird. Bei der Auswahl der Denkmäler werden in erster Linie solche berücksichtigt, die den Körper in voller Nacktheit zeigen. Doch sind auch halb und ganzbekleidete Gestalten
bracht werden, die für das Schönhe bezeichnend sind. Da die kunstgeschichtlich wichtigsten Werke der griechischen Plastik zum weitaus größten Theil nur aus Kopien römischer Zeit bekannt sind, so ließ es sich nicht vermeiden, auch diese Erzeugnisse einer reproduzierenden Kunstübung heranzuziehen. Doch er⸗ halten ortginale griechische Werke, auch wenn sie für ihre Zeit keineswegs eine Leistung ersten Ranges bedeutet haben, wo immer es geht, den Vorzug. Außer der Skulptur sind aber auch noch andere Denkmälerklassen berücksichtigt, namentlich die bemalten griechischen Vasen, die in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. auf einer beachtenswerthen künstlerischen Höhe gestanden haben (Tafel 42 der ersten Lieferung giebt eine Probe davon); ferner Münzen, geschnittene Steine, Gravierungen auf Bronze ꝛc. Die Ausführung der Lichtdrucktafeln der vorliegenden ersten Lieferung ist meist vortrefflich gelungen, sodaß die Werke sich klar und plastisch dem Auge darbieten. Man findet in dem Heft u. a. Abbildungen der lebensvollen sitzenden Porträtstatuen (in Kalkstein) des egyptischen Prinzen Rahotep und seiner Gemahlin Nefert des ersten Königs Sneferu der 4. Dynastie, um 2800 v. Efer owie der berühmten Holzstatuette des „Dorfschulzen“, aus dem Museum von Gizeh, ferner die Aufnahme des Obertheils einer schönen archaischen Mädchenstatue von der Akropolig in Athen, von Bild- werken aus den Tempelgiebeln von Aegina, Olympia und Athen, der sogenannten Venus vom Esquilin im Konservatoren⸗Palast zu Rom ꝛc. Die den Tafeln beigegebenen kurzen Bemerkungen geben die nöthigen historischen Daten an und machen auf charakteristische Einzel⸗ heiten aufmerksam. — Die erste Serie „Der schöne Mensch“ soll in 42 rasch nacheinander erscheinenden Lieferungen mit je 12 Tafeln nebst Textbeilage ausgegeben werden. Alsdann werden nachstehende weiteren Serien folgen: II. Sitten und Kostüme; III. Thiere, Mythen⸗ und Fabelwelt; IV. Die flanze. Allgemeine Or⸗ namente; V. Aeußere Baukunst; VI. Innere Dekoration, Wand⸗ und Deckenmalerei; VII. Stickerei und Weberei; VIII. Das Möbel, Tischlerei, Holzschnitzerei IX. Geräthe und Werkzeug, Musikinstrumente; X. Gefäße, Keramik; XI. Schmiede, vnd Schlosserarbeit;
XII. Heraldik, Wehr und Waffen; XIII. Schmuck, Medaillen u.
dgl.; XIV. Allegorien, Genre; XV. Schrift, Druck, Bu erornamente, Ex libris ꝛc.; XVI. Die Landschaft. Jede Serie nch sowohl als abgeschlossener Band wie in einzelnen Lieferungen separat abgegeben; eine Verpflichtung zur Abnahme aller Serien besteht nicht. Die einzelnen Bände werden zwischen 150 und 400 Blätter (mit kurzem erläuternden Text) enthalten. Der Preis jeder Lieferung beträgt 1. ℳ