1898 / 33 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Feb 1898 18:00:01 GMT) scan diff

solche besitze.

mißbrauchen.

für das zweite Semester haben die Studierenden schriftlich das

zu erneuern beziehungsweise zu bekräftigen, den akademischen Gesetzen gewissenhaft nach⸗ leben und den akademischen Behörden stets Achtung und Gehorsam bezeugen wollen. Ohne dieses Gelöbniß ist die Inscription zu Die akademischen Senate werden aufgefordert, gegen Studierende, welche sich diesem Gelöbniß entziehen, der Verletzung der akademischen Ordnung und Disziplin durch Störung der Vorlesungen oder des Vollzuges anderer akademischer Funktionen oder der Herbeiführung von Konflikten zwischen Studierenden schuldig machen, nach durchgeführter Disziplinarverhandlung sofort mit Rele⸗ gierung vorzugehen. Studierende, welche bis zur Inscription für das zweite Semester aus Anlaß einer gröblichen Ausschreitung sich in Disziplinaruntersuchung befinden, sind vor Ab⸗ schluß des Disziplinarverfahrens zur Inscription für das zweite Semester nicht zuzulassen. Ein gleicher Erlaß erging an die Rektorate der Technischen Hochschulen in Wien, Prag (deutsche), Brünn, Graz sowie an die Hoch⸗ schule für Bodenkultur in Wien.

Gelöbniß daß sie

Deutschnationale und slavische Studenten hielten

gestern in Wien Versammlungen ab. Zur Verhinderung von Zusammenstößen waren umfassende Polizeimaßnahmen ge⸗ troffen. Die Versammlungen verliefen ruhig, jedoch wurden 10 Studenten wegen Widersetzlichkeit gegen die Wache arretiert.

In der vorgestrigen Sitzung des oberösterreichischen Landtages interpellierten die Abgg. Ebenhoch, Bischof Doppelbauer und Genossen die Regierung wegen eines in einem Linzer Blatt enthaltenen blasphemischen Ausdrucks, der von der Staatsbehörde nicht beanstandet worden sei. Der Statt⸗ halter Freiherr von Puthon erwiderte, der Ausdruck sei nicht bemerkt worden, weil er in der Erzählung des Feuilletons ent⸗ halten gewesen sei. Im Verlaufe der Sitzung kam der Abg. Bischof Doppelbauer auf die Interpellation zurück und sprach die Hoffnung aus, daß Ausfälle gegen die Grunddogmen der Kirche in den Blättern würden vermieden werden. Der Abg. Bäuerle griff die Geistlichkeit wegen ihrer Theilnahme an dem politischen Leben, besonders in der Presse,

an und bezeichnete es als ein Unglück für den Staat,

wenn die Hierarchie ein maßgebender Faktor der Politik sei. Der Abg. Bischof Doppelbauer bemerkte, er

beanspruche für die Geistlichkeit das gleiche Recht der Theil⸗ nahme an dem politischen Lehen, wie für jeden anderen

Staatsbürger. Der Abg. Ebenhoch betonte, daß der Klerus

jederzeit mit Patriotismus für das Vaterland und für das Kaiserhaus eingetreten sei; die Religion gehöre in die Politik.

Im mährischen Landtage begründete am Sonnabend der Abg. Skala einen Antrag, betreffend die Veranstaltung iner Gedenkfeier zum 100. Geburtstage des Dichters Palack den auch die Deutschen mitfeiern könnten, da Palacky ein ichtige Oesterreicher gewesen sei. Redner empfahl aus iesem Anlaß u. a. die Errichtung von Stipendien an der seaälchen Universität in Prag, solange Mähren keine

Die Würdigung dieses Antrages würde r als einen vrsihnungsaft ansehen. Der Antrag wurde dem Schulausschusse überwiesen. Der Abg. Merores be⸗ Fpünden einen Antrag auf Errichtung von Zentral⸗Genossen⸗ chaftskassen mit der Fundierung aus Staatsmitteln, nach dem Muster der in Preußen sich vorzüglich bewährenden Institu⸗ ion. Der Antrag wurde einem Ausschusse überwiesen.

Der schlesische Landtag genehmigte vorgestern nach mehrstündiger Debatte den Antrag des Spezialausschusses, be⸗ treffed die Annahme der Resolution, in welcher der Entschluß, an der bestehenden Reichsverfassung fest⸗ zuhalten, ausgesprochen wird, unter Ablehnung eines von czechischer Seite beantragten Minoritätsvotums, welches sich für die föderative Ausgestaltuug des Reiches erklärt. Im Laufe der Debatte erklärte der Abg. Kardinal⸗Fürstbischof Kopp seine Zustimmung zu dem weil der⸗ selbe die Idee der Reichseinheit vertrete, die für ein macht⸗ volles Staatsgebiet unerläßlich sei, diese Reichseinheit aber gleichzeitig die einzelnen Länder und Völker Oesterreichs in ihrer freien Entwickelung nicht hindere.

Telegramme, welche slavische Studenten in Wien und Graz an den dalmatinischen Landtag gerichtet hatten und in denen über die gewaltsame Behinderung des Kollegienbesuchs durch deutsche Studenten Klage geführt wurde, veranlaßten den Landtag in seiner Sitzung vom 4. d. M., eine Resolution anzunehmen, in welcher der Präsident auf⸗ gefordert wird, telegraphisch dem Minister⸗Präsidenten Freihern von Gautsch die Entrüstung des Land⸗ tages über die Vorfälle in Wien und Graz aus⸗ zusprechen und das Begehren auszudrücken, daß die persönliche Sicherheit der Studenten sowie die Freiheit des Besuches der Vorlesungen, überhaupt die akademischen Rechte gewährleistet würden. In der Debatte hatte der Abg. Cingria die Hoffnung ausgesprochen, daß die Behörden nicht ge⸗ statten würden, die Hochschule für politische Zwecke zu bräuche Der Abg. Klaic betonte die gegenüber der Solidarität der Deutschen bestehende Solidarität aller Slaven. Der Abg. Biancini hob hervor, daß die Slaven, welche zu dem Staatsaufwande für die Universität beitrügen, mit großen Opfern in der Fremde studieren müßten. Der Abg. Baljac wies darauf hin, daß die Deutschen auf Millionen Deutscher außerhalb der Reichsgrenze sich beriefen, und daß selbst die Einmischung von Professoren und anzen Lehrkörpern des Deutschen Reiches vorkomme; den

laven dagegen werde jede Gemeinschaft und Antheilnahme an ausländischen Kulturfestlichkeiten verwehrt oder verübelt. In der vorgestrigen Ssphag verlas der Präsident Dank⸗ sagungs Telegramme slavischer Studenten für diese Kundgebung es Landtages. 1

Im Unterhause erklärte am Sonnabend der Handels⸗Minister Daniel bei der Berathung des Bud⸗ gets des Handels⸗Ministeriums: hinsichtlich der Industrie sei eine Aenderung des auf das Genossenschafts⸗ wesen bezüglichen Theiles des Handelsgesetzes und die Revision des Gewerbegesetzes in Aussicht genommen. Was den Außenhandel beczefe. so werde die Regierung binnen kurzer Zeit einen Ge Fenesf betreffend die Unter⸗ stützung einer Seeschiffahrts⸗Gesellschaft am Schwarzen Meere, vorlegen. Die Regierung gedenke, die Wasserstraßen in

engere Verbindung mit den Eisenbahnen zu bringen; sie hoffe, Kreta, Admiral Canevaro ist, wie „W. T. B.“ meldet, an

Budapest werde durch die Errichtung eines entsprechenden Hafens der Knotenpunkt des Schiffavertehrs gg 3 Frankreich.

Die Deputirtenkammer berieth am 8o 8 Budget des Mini eriums des Awasesnane Der

Deputirte Cochin, von der Rechten, warf der Regierung vor, in der türkisch⸗griechischen Angelegenheit stets die deutschen Maßregeln Griechenland gegenüber unterstützt zu haben, welches Letztere die Freiheit und Zivilisation vertrete. Der Deputirte Decrais vertheidigte die Politik der Regierung, welche für die Größe Frankreichs gearbeitet habe. Griechenland sei, dank dem europäischen Konzert, welches den Konflikt lokalisiert habe, vor einer Katastrophe bewahrt worden. Frankreich habe nicht eine Rolle im Hintergrunde gespielt, im Gegentheil lasse Europa ihm Gerechtigkeit widerfahren. Der Redner fügte hinzu, es handele sich um ein ernstes Problem, bei welchem die Interessen Europas sich gegenüͤberständen. Das Interesse Frankreichs sei, den status quo aufrecht zu erhalten, aber Frankreich müsse sein Geschwader verstärken, um sein Ansehen zu wahren. Er begrüße mit Freuden die auf Madagascar und in Tunis erzielten Resultate, die Konvention hinsichtlich des Togolandes und die Niger⸗ Konferenz. Decrais erinnerte sodann an die gegenwärtigen Störungen in einigen Staaten, wie in Oesterreich, und schloß, indem er die französisch⸗russische Allianz und deren erhabenen Zweck rühmte, der aber nicht hindere, mit England auf freund⸗ Fuße zu leben. Die Sitzung wurde sodann auf⸗ gehoben.

Der russische Kreuzer „Wladimir Monomach“ ist vorgestern gegangen.

1““ Rußland.

Ein am Sonnabend Fhscfiegtlchees neues Gesetz über die Umgestaltung des Ministeriums des Auswärtigen verfügt, wie „W. T. B.“ meldet, die Vermehrung des Per⸗ sonals und die Konzentrierung der gesammten politischen Korrespondenz, einschließlich der die Angelegenheiten im Orient betreffenden, in der Kanzlei des Ministers.

Italien.

Die Deputirtenkammer seßte vorgestern die Berathung

der Vorlage, betreffend die Herabsetzung der Getreide⸗ zölle, fort. In namentlicher Abstimmung wurde ein von den Deputirten Taroni und Genossen eingebrachter Antrag auf Abschaffung der Zölle auf Getreide und Mehl mit 251 gegen 39 Stimmen verworfen. Im weiteren Verlauf der Sitzung gelangte ein Zusatzantrag der Deputirten Nicolini und Ge⸗ nossen, die Getreidezölle auf 2,50 Fr. herabzusetzen, zur Ab⸗

stimmung. Der Antrag, welcher von der Regierung nicht

aeceptiert war, wurde mit 204 gegen 96 Stimmen abgelehnt. Der Minister⸗Präsident di Rudini bemerkte, als er vor der Abstimmung die Erklärung abgab, daß die mit dem Antrage nicht einverstanden sei: es sei ein Glück, daß angesichts der Bedeutsamkeit der Frage das unheilvolle parlamentarische Gruppenwesen nicht zur Geltung gekommen sei, sodaß man in Ruhe über die Angelegenheit verhandeln könne. Dies werde ein guter Präzedenzfall sein. Das Haus nahm hierauf die Herabsetzung des Weizenzolls auf 5 Fr. bis zum 31. Mai d. J. und die Ermäßigung der Zölle um 1 Fr. für den Zentner Gerste, um 1 ½ he. für den Zentner Roggen und um 2 ½ Fr. für den Zentner weißen Mais an und genehmigte die Ermäßigung der Mehlzölle auf 8 Fr. sowie die entsprechende der Zölle auf andere Mühlenprodukte und auf Mehl aus minderwerthigen Getreide⸗ sorten. Die ganze Vorlage wurde schließlich in geheimer Abstimmung mit 198 gegen 37 Stimmen angenommen. Türkei. 8

Wie das Wiener „DTelegr.⸗Corresp.⸗Bureau“ aus Konstantinopel meldet, wohnte der österreichisch⸗ungarische Botschafter Freiherr von Calice, welcher infolge des Ultimatumsin der Mersina⸗Angelegenheit dem Selamlik cine Bi lang ferngeblieben war, am Freitag dem Selamlik wieder ei. Nach demselben empfing der Sultan den Botschafter in Privataudienz, wobei Allerhöchstderselbe die absolute Unmög⸗ lichkeit der Kandidatur des Prinzen Georg von Griechenland für den Posten des Gouverneurs von Kreta eingehend und mit mannigfachen Gründen darzulegen suchte. Freiherr von Calice wies in Bezug auf die Stellung Oesterreich⸗Ungarns auf dessen bisherige konservative Fattung hin und beschwerte sich darüber, daß, obgleich allen Reklamationen der Botschaft bezüglich der Einhaltung vertragsmäßiger Rechte von der Pforte selbst Folge gegeben worden sei, die Provinzial⸗ behörden dennoch die Durchführung derselben verzögerten, was 1. der durch lange Jahre erprobten freundschaftlichen Haltung Oesterreich⸗Ungarns gegenüber der Pforte sicherlich den Intentionen des Sultans nicht entspreche. Der Sultan bestätigte dies und versprach, entsprechende strenge Weisungen ertheilen zu wollen.

Der bulgarische Agent Markow wurde, demselben Bureau zufolge, vorgestern in den Yildiz⸗Palast berufen, wo ihm die Antwort auf die von ihm überreichte Denkschrift (s. Nr. 30 d. Bl.) übergeben wurde. Danach sollen der Vali von Uesküb und alle Provinzialbehörden für weitere Gewaltthaten persön⸗ lich verantwortlich gemacht und alle als verdächtig Ver⸗ hafteten sofort entlassen werden. Ein aus türkischen hüee in Konstantinopel gebildetes und nach Uesküb entsandtes Militärgericht soll morgen mit der Untersuchung beginnen. Der Sultan verbürge eine ordnungsmäßige Führung des Prozesses. Bulgarien dringe jedoch noch auf die Entlassung des kompromittierten Kamaikams.

Bezüglich einer 16 Punkte enthaltenden Adresse des armenischen Patriarchats wird eine Veröffentlichung für heute erwartet, welche die Erfüllung der zusagt. Unter anderem sollen die Noehe gachs ubvention, der zeitweise Nachlaß der Militärtaxe, die Erlaubniß der Rückkehr der Emigranten, die Nelsefreiheit der Armenier im Inlande, die Regelung der Katholikosfragen und die Erlaubniß, die Sitzungsprotokolle und Verordnungen des Patriarchats in den Zeitungen zu veröffentlichen, bewilligt werden.

Nach einer der „Agence Havas“ zugegangenen Meldung aus Athen finden in Thes noch fortwährend blutige Zusammenstöße zwischen türkischen Soldaten und griechischen Bauern statt. Meldungen aus Lamia besagen, es seien etwa 100 Personen getödtet und verwundet worden; diese Nach⸗ richten seien aber wahrscheinlich übertrieben. Den türkischen Truppen sei es gelungen, mehrere Dörfer zu 5

Der Höchstkommandierende der internationalen Flotte vor

Bord des italienischen Admiralschiffs „Sardegna“ nach Smyrna abgefahren und wird in etwa zehn Tagen nach der Suda⸗Bay zurückkehren. In dem Admiralsrath wird inzwischen der öster⸗ Saelche a ges scse öhehchal den Vorsitz fübper Die Admirale haben die Botschafter ersucht, die Hälfte der Löhnung für die

Algier nach den chinesischen Gewässern in See

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Gendarmen aus der Konsulatskasse vorwegzunehmen, um 8 die regelmäßige Ablöhnung einen besseren Dienst zu

b Dänemark. Der Prinz Christian von Dänemark ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern von Fohencsagen nach Schwerin uch der Prinzessin nach Oedenburg be⸗

abgereist und wird sich von dort zum Be L1““ zu Schaumburg⸗Lippe geben.

Amerika. ““

Dem „New York Herald“ wird aus Panama gemeldet, daß sich in Costarica und 1gang eine stalte revo⸗ lutionäre Bewegung bemerkbar mache, die gleichzeitig die Regierungen beider Staaten bedrohe. An vier Stellen seien u derselben Zeit Aufstände ausgebrochen. In Nicaragua ielten die Aufständischen die Stadt San Juan besetzt; uͤber den Aufruhr in Costarica lägen bisher wenige Meldungen vor. Dem Staatsdepartement in Washington ist die Nachricht zugegangen, daß in San José (Costarica) eine Revolution aus⸗ gebrochen sei.

Asien.

Die „Times“ meldet aus Kobe vom gestrigen Tage, daß die koreanische Regierung beschlossen habe, keine Konzessionen zum Bau von Eisenbahnen an Ausländer zu vergeben; der japanische Gesandte in Söul fordere, daß der auf Grund eines Uebereinkommens vom Jahre 1894 von Japan aufgestellte Kontrakt für den Bau der Söul⸗Fu Eisenbahn unterzeichnet werde.

Das Auswärtige Amt in London hat, wie „W. T. B.“ berichtet, die Bestätigung der in Nr. 31 d. Bl. mitgetheilten Meldung erhalten, daß die aufständischen Sudanesen in Uganda am 9. Januar Fort Lubwas geräumt und alle Streitkräfte in einer großen Dhow und mehreren Booten über eine Bucht des Viktoria Nyanza fortgeschafft hätten. Der Kapitän Harrison sei mit 2000 Mann, zwei Feldgeschützen und 1000 Wagandas abmarschiert, um die Aufrührer zu ver⸗ hindern, den Nil zu überschreiten.

Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Pretoria vom 5. d. M. meldet, hat der Präsident des Obersten Gerichts⸗ hofes ein weiteres Schreiben an den Präsidenten Krüger

erichtet, in welchem er erklärt, daß das Uebereinkommen vom ärz vorigen Jahres, betreffend die Abänderung des Grund⸗ gesetzes und die Klarstellung der Lage der Richter, nicht erfüllt worden sei; er lehne daher das Uebereinkommen, nach welchem die Gesetze der Bestätigung durch den Obersten Gerichtshof nicht bedürfen, ab.

Dasselbe Bureau erfährt aus Akassa vom 5. d. M.: es verlaute daselbst, daß eine Truppenabtheilung aus dem Niger⸗ Küsten⸗Protektorat, welche am Assay⸗Creek einige Ortschaften zerstört habe, nüedergemehelt worden sei. Die Truppen seien von zwei europäischen Offizieren kommandiert gewesen. Der Agent der Royal⸗Niger⸗Company habe Truppen abgesandt, vm. die Angelegenheit aufzuklären und etwaige Gefangene zu efreien.

Die Thätigkeit der preußischen Staats⸗Archive im Jahre 1897. 8 (ericht für 1896 in Nr. 25 vom 29. Januar 1897.)

Während des Jahres 1897 haben in den preußischen Staats⸗Archiven 803 amtliche und 2091 außeramtliche Be⸗ nutzungen stattgefunden. Letztere setzen sich zusammen aus 721 Benutzungen, welche durch die Benutzer persönich n Ort und Stelle erfolgt sind, und 1270, welche durch die Archiv⸗ beamten auf schriftlichem Wege durch Uebersendung von Be⸗ scheiden und Berichten ihre Felehigemg gefunden haben. Im Ganzen benutzten die Archive 1840 Privatpersonen. Die Ge⸗ sammtzahl der Arbeitstage aller persönlichen Benutzer be⸗ trug 11 356.

Die entsprechenden Zahlen des Vorjahres waren 798 amt⸗ liche, 1999 außeramtliche, 677 persönliche Benutzungen und 1322 schriftliche Berichte und Bescheide, 1668 Privatpersonen und 9251 Arbeitstage. .

Die auf Veranlassung und mit Unterstützung der Archiv⸗ verwaltung im Verlage von S. Hirzel in Leipzig erscheinenden „Publikationen aus den Preußischen Staats⸗Archiven“ sind im Jahre 1897 um 3 Bände weitergeführt worden.

Es sind erschienen:

Band 67. Priebatsch: „VPolitische Korrespondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles.“ 2. Band Lc.

Band 68. Forst: „Politische Korrespondenz des Grafen Franz Wilhelm von Wartenberg, Bischofs von Osnabrück, aus den Fehren 1621 1631.“

and 69. Reimer: ,hHessisches Urkundenbuch. 2. Ab⸗ theilung. Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau.“ 4. Band.

Ebenso ist von dem durch das Königlich preußische historische Institut in Rom und die Königlich preußische Archivverwaltung herausgegebenen Werke „Nuntiaturberichte aus Deutschland ö.12 öu“ Aktenstücken“ eine Fortsetzung erschienen, nämlich:

Band 8 der ersten Abtheilung, bearbeitet von Friedens⸗ burg und enthaltend „Die Nuntiatur des Verballo 1545/46 (Verlag von Friedrich Andreas Perthes in Gotha), und

Band 2 der vierten Abtheilung, bearbeitet von Kiewning und enthaltend „Die Nuntiatur des Pallotto 1628/30“ (Verlag von A. Bath in Berlin, Mohrenstr. 19).

Das historische Institut hat ferner in diesem Jahre mit der Fertager. des Werkes „Repertorium Germanicum, Regesten aus den paästlichen Arch ven zur Geschichte des Deutschen Reichs und seiner Territorien im 14. und 15. Jahr⸗ hundert“ begonnen und zwar Band 1 der Abtheilung „Pon⸗ tificat Eugen’'s IV. 1431/47“ erscheinen lassen.

Der Band ist von dem Archivar Arnold unter Mitwirkung von Faller, Kaufmann, und Lulvèés bearbeitet worden. „Endlich hat das historische Institut in diesem Jahre eine Zeitschrift „Ouellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken“ (Verlag von E. Loescher u. Comp. in Rom, Via del Corso 307) ins Leben gerufen und Heft 1 derselben herausgegeben.

Andere Arbeiten von Archivbeamten sind: Ausfeld: „Beschwerden der Juden des Erzstifts Trie in den Jahren 1573/74“, v Zeitschrift, Pef 4.

„Bailleu: „Der Kriegsverfassung“, in der historischen Zeitschrift, Band

11X1X“¹“”;

im Korrespondenzblatt der West⸗ dorehen⸗ und die Reform der deusschen

„Vor hundert Jahren“ und „Aus der Brautzeit der Königin Luise“, im Hohenzollern⸗Jahrbuch, 1. Jahrgang. „Der Preu⸗ ßische Hof im Jahre 1798“, in den Veröffentlichungen des Berliner Geschichtsvereins, Heft 34. 1“ 1 de Boor: „Zur Geschichte der Großfürstlichen Archive in Holstein“, in der Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig⸗ Holgein. auenburgische Geschichte, Band 26. ¹ Erhardt: „Wilhelm von Humboldt als Staatsmann“, in der Münchener Allgemeinen Zeitung, Beilage 68. „Die periodische Wiederwahl der besoldeten Magistratsbeamten in reußen“, in den Forschungen zur brandenburgisch⸗preußischen Befäfcne Band 10. „Staat und Wirthschaft der Germanen zur Zeit Cäsar's“, in der historischen Zeitschrift, Band 79. Friedlaender: „Rechnungen des Cisterzienser⸗Klosters Mariawald aus dem 15. Jahrhundert“, in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 32. „Mozart's Beziehungen zu Berlin“, in den Mittheilungen für die Mozart⸗Gemeinde, Heft 4. „Briefe Fürstlicher aus dem Hohenzollern⸗ hause“, im Hohenzollern⸗Jahrbuch, 1. Jahrgang. Granier: „Der Feldzug von 1864, mit einer Uebersichts⸗

Skizze“. Berlin 1897. Militär⸗Verlag A. Felix und Deutsche

Heereszeitung. Mai⸗Juli 1897. „Nekrologe deutscher Generale für 1896“, in dem Deutschen Nekrolog. Berlin 1897.

Grünhagen: „Zerboni und Held in ihren Konflikten mit der Staatsgewalt 1796—1802.“ Berlin bei Vahlen. „Friedrich Sicheles II. Huldigungsreise in Schlesien 1786“, in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens, Band 31. „Eine südpreußische Kriegslieferung von 1794“, in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, Pehrgan 10.

Hoogeweg: „Westfälisches Urkundenbuch. Abtheilung Minden“, Heft 2 und 3. Münster, Regensberg.

Keller: „Grundfragen der Reformationsgeschichte. Eine Auseinandersetzung mit literarischen Gegnern“, in den Monats⸗ heften der Comenius⸗Gesellschaft. Berlin bei Gaertner.

Knipping: „Die Kölner Stadtrechnungen des Mittel⸗ alters mit einer Darstellung der Finanzverwaltung“, 1. Band („Die Einnahmen und die Entwickelung der Staatsschuld“), in den Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichts⸗ kunde 15. b “]

Krusch: „Studie zur Geschichte der päpstlichen Juris⸗ diktion und Verwaltung des Erzstifts Mainz, Kommissar Johann Bruns und die kirchliche Eintheilung der Archidiakonate Nörten, Einbeck und Heiligenstadt“, in der Zeitschrift des histo⸗ rischen Vereins für Niedersachsen. „Die Zusätze zu den Chroniken Isidor's“, in den Mittheilungen des österreichischen Instituts für b

Küch: „Beiträge zur Kunstgeschichte Düsseldorfs“, in den Beiträgen zur Geschichte des Niederrheins, Band 11. „Die

olitik des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm 1632 —1636.“ benda, Band 12.

Liebe: „Die Universität Erfurt und Dalberg.“ Halle. Hendel. „Requisitionen aus dem Zeughaus auf S. Moritz⸗ burg 1547“, in den Neuen Mittheilungen des Tpegrinahch Sächsischen Alterthumsvereins, Band 19. „Drei Aktenstücke zur Blockade Emdens durch die Wassergeusen 1585“, in den Jahrbüchern der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer zu Emden, Band 12. „Die Wallfahrten des Mittelalters und ihr Einfluß auf die Kultur“, in den Neuen Jahrbüchern für klassisches Alterthum, Geschichte und Literatur.

Meinardus: „Volksschauspiele und Studentenauf⸗ führungen in Herborn im 16. und 17. Jahrhundert“, in den Mittheilungen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschicht forschung an seine Mitglieder. „Nachlaß des Archiv⸗Diretiors Freiherrn von Preuschen“, 1. Theil. Ebenda. Besprechung von „Breysig Geschichte der brandenburgischen

Finanden von 1640 bis 1697“, in den Göttinger Gelehrten nzeigen.

8 Mülverstedt: „Kritische Bemerkungen zu der Druckschrift des Herrn Dr. Kekule von Serghaniß. Die Ahnen der Modeste von Unruh“. Guben. „Die Münzstätten in der Altmark nebst zwei Tafeln Abbildungen“, im 26. Jahres⸗ bericht des altmärkischen Geschichtsvereins. „Die altmärkischen Frauenklöster auf dem Lande“. Ebenda.

von Petersdorff: „Der erste Hohenzollernkaiser im Dienste preußischer und deutscher Größe zum 100 jährigen Geburtstage Wilhelm's IJ.“ Leipzig. Verlag von Breitkopf und Härtel. 1. und 2. Auflage.

von Pflugk⸗Harttung: „König Wilhelm in Ferrières und Versailles“, in der Münchener Allgemeinen Zeitung, Beilage 56, 57. 38 1 1

Philippi: „Zur Osnabrücker Verfassungsgeschichte“ und „Rückblick auf die Thätigkeit des historischen Vereins zu Osnabrück während der ersten 50 Jahre seines Bestehens“, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Landes⸗ kunde zu Osnabrück, Band 22. 4

Prümers: „Gefangennahme preußischer Beamten im Insurrektionskriege des Jahres 1794“, in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, Band 12.

Redlich: „Französische Vermittlungspolitik am Nieder⸗ rhein im Anfang des 16. Jahrhunderts“, in den Beiträgen zur Geschichte des Niederrheins, Band 11. „Französische Rheingelüste im Jahre 1492“, in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 32. „Urkundliche Beiträge zur Ge⸗ schichte Aachens im 15. Fagebgaiete⸗ in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Band 19.

Sauer: „Nachträge zur Geschichte der Herren von Grei⸗ fanigebn . in den Annalen des Vereins für Nassauische Ge⸗

chichte, Band 29.

Schaus: „Beiträge zu den Papstregesten des 12. Jahr⸗ hunderts“, im Neuen Archiv der Gefellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, Band 23. 1

Schuster: „Autorenregister und chronologisches Ver⸗ zeichniß der abgedruckten Urkunden und Briefe“, zu Band 1 bis 30 der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alter⸗ thum Schlesiens. Breslau.

heuner: „Niederlausitzer Urkundenbuch. I.: Urkunden⸗ buch des Klosters Neuzelle.“ Magdeburg. „Das von Gaden⸗ stedt'sche Haus in Wernigerode“, im 3. Jahresbericht des Vereins zur Erhaltung der Denkmäler der Provinz Sachsen.

Wachter: „Akten des Kriegsgerichts von 1763 wegen der Eroberung von Glatz 1760 und 1 1761.“ (Scriptores rerum Silesiacarum, Band 16.) Abtheilung „Schlesien 1893/5“‧, in den Jahresberichten der Geschichts⸗ wissenschaft, 1895, Jahrgang 18.

Warschauer: „Die mittelalterlichen Stadtbücher in der Provinz Posen. Theil 2 und 3.“ „Uebersicht der Er⸗ scheinungen auf dem Gebiete der Posener Provinzialgeschichte 1896“, in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die

11““

Provinz Posen, Band 12. Kapitel „Posen“, in den Jahres⸗ berichten der Geschichtswissenschaft 1895, Jahrgang 18.

Winter: „Deutsche Geschichte im Zeitalter der Hohen⸗ staufen Theil der Zwiedineck⸗Südenhorstschen Bibliothek deutscher Geschichte —“, Band 1. Stuttgart. J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger. (Herausgabe und Fortsetzung des von J. Jastrow begonnenen Werkes.

Außerdem haben Archivbeamte ebenso wie in früheren Jahren biographische Skizzen in der „Allgemeinen deutschen Biographie“ sowie kleinere Mittheilungen und Rezensionen in verschiedenen historischen Zeitschriften veröffentlicht, auch die Redaktion einiger historischer Zeitschriften geführt oder sich an einer solchen betheiligt.

Parlamentarische Nachrichten. Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (34.) Situn des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, nahm das Haus zunächst in dritter Berathung den Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Kautionspflicht der Reichsbeamten an und setzte dann die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1898 bei dem Etat der Reichspost⸗ und Dele⸗ graphenverwaltung fort.

Bei den Besoldungen für die Ober⸗Postdirektionen weist der -

Abg. Werner (Reformp.) darauf hin, daß es unzweckmäßig sei, vorzuschreiben, daß die Beamten der Ober⸗Postdirektion Berlin inner⸗ halb des Weichbildes von Berlin wohnen müßten; diese unzweck⸗ mäßige Bestimmung sollte aufgehoben werden.

Bei den Ausgaben für die Post⸗ und Telegraphen⸗ ämter führt der

Berichterstatter Abg Dr. Paasche (nl.) aus, daß in der Kom⸗ mission erklärt worden sei, daß die Postverwaltung nicht beabsichtige, die Zahl der 132 Militär⸗Postämter zu vermehren.

Abg. Kopsch (fr. Volksp.) beantragt, „den Herrn Reichs⸗ kanzler zu ersuchen, die erforderlichen Schritte zu thun, um ohne bereits erworbener Rechte die Verminderung und endliche Aufhebung der Offiziers⸗Postvorsteherstellen eintreten zu lassen.“

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (15.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten D. Dr. Bosse und der Justiz⸗ Minister Schönstedt beiwohnten, stand die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Disziplinarver⸗ der Privatdozenten an den Landes⸗Universitäten, der Akademie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu S auf der Tagesordnung.

Zur Begründung desselben nahm zunächst der Minister der geistlichen ꝛe. Angelegenheiten D. Dr. Bosse das Wort, dessen Rede morgen im rtlaut mitgetheilt werden wird.

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes noch die Abgg. Dr. Dittrich (Zentr.), Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) und Dr. Virchow (fr. Volksp.).

Statistik und Volkswirthschaft. 3 Zur Arbeiterbewegung. 8

Aus Braunschweig wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die

dortigen Faßfabriken und diejenigen von Helmstedt wegen des Ausstandes der Böttcher geschlossen worden sind. (Vergl. Nr. 20 d. Bl.) 8

In St. Johannis bei Nürnberg ist der Ausstand der Former in der Metallgußwaaren⸗Fabrik von Löblein u. Kraft nach nur eintägiger Dauer wieder beendet worden; die Forderungen der Arbeiter sollen, wie der „Vorwärts“ berichtet, bewilligt worden sein. (Vergl. Nr. 32 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

Durch die Blätter geht die Nachricht von einer „Aufsehen erregenden Entdeckung“, die der Direktor des egyptischen Museums im Vatikan, Professor Orazio Marucchi, in den Ruinen der Kaiser⸗ paläste auf dem Palatin zu Rom gemacht habe. Auf einer Wand im „Palaste des Tiberius“ hat er eine in den Stuckbewurf mit einem spitzen Griffel eingeritzte Zeichnung (sgraffito) gefunden, welche nichts Geringeres sein soll, als eine zeitgenössische Darstellung der Kreuzigung Chrißti. Eine der Figuren unter dem Kreuze sei inschriftlich als PILATVS bezeichnet und der Name CRESTVS 8 veve, stehe an der Spitze einer langen, über der Zeichnung erhaltenen Inschrift, die, soweit sie habe entziffert werden können, sich auf die Lehre und die Passion Christi beziehe. Das Ganze sei wahrscheinlich von einem römischen Soldaten, der Augen⸗ zeuge der Kreuzigung gewesen sei, für seine Kameraden auf die Wand gezeichnet worden.

Mancher deutsche Leser wird vielleicht bei dieser Beschreibung an den effektvollen Schluß von Geibel’s „Tod des Tiberius“ erinnert worden sein und der vom Entdecker versprochenen authentischen Publikation der Zeichnung (denn die bisherigen Nachrichten stützen sich nur auf S;. Mittheilungen des Herrn M.) mit Spannung entgegen⸗ sehen. Leider dürften solche Erwartungen arg enttäuscht werden, denn die angebliche Entdeckung erweist sich bei genauerem Zusehen als eine merkwürdige Sinnestäuschung. 1G

Unveröffentlicht ist freilich die figürliche Darstellung derartige Kritzeleien werden überhaupt nur selten einer Faksimile⸗Publikation für werih gehalten. Die Inschrift über der Eihnung ist hingegen längst von früheren, auch deutschen chern bemerkt, ab⸗ geschrieben und veröffentlicht worden. n der schwer leserlichen Cursive der Kgiserzeit geschrieben, ist sie doch bei der guten Erhaltung der Buchstaben in allem Wesentlichen sicher zu entziffern: sie enthält nicht Sätze aus der Lehre und Leidensgeschichte Christi, den in recht derben Ausdrücken abgefaßten Liebesseufzer eines Sklaven, der seinen Freund anredet: „O Crescens, den Rivalen, der mir mein Mädchen verführt, den soll in den wilden Bergen der Bär fressen.“ Eine wörtliche Wiedergabe des Textes, mehr 885 der folgenden Verse, die einen neuen Belag bilden zu dem Ausspru „La muraille est le papier de la canaille“, verbietet sich an dieser Stelle: der Epigraphiker sei auf Corpus Inscr. Lat. IV 1645 und Buecheler, Carmina epigraphica p. 50 verwiesen. Der Name am Anfang kann dem Metrum zufolge nicht CRESTVsS, sondern nur CRESCENS gewesen sein.

Daß durch diese Lesung die von Marucchi vorgeschlagene Deutung des figürlichen Graffito (und es sieht ganz aus, als wären Schrift und Zeichnung von gleicher Hand oder mindestens aus gleicher Zeit) sehr bedenklich wird, dürfte einleuchten. Es scheint überhaupt nicht, daß eine Hinrichtungsscene dargestellt sei. Man erkennt zwei hohe, unten durch Stützen gesicherte Masten, die oben Querhölzer haben und durch einen Strich verbunden sind. Seile oder Bänder hängen herab, an die Masten sind Leitern gelehnt, und das Ganze macht den Eindruck, als sollte eine V- ahgebildet sein, namentlich da die Höhe der Masten im Verhältniß zu den Figuren bedeutend ist. Der angebliche Name PILATVS wird mit größerer Wahrscheinlichkeit FILETVS (ein gewöhnlicher römischer

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Sklavenname) zu lesen sein. Uebrigens gehört die Wand, auf der das Graffito sich befindet, nicht zum wahren „Palast des Tiberius“’, sondern zu einem Agbau, der, nach Aueweis der Ziegelstempel, 83z aus der Regierungszeit des Hadrian (117— 138 n. Chr.) ammt. Nicht besser steht es mit einer zweiten christlichen Entdeckung auf dem Palatin, wo in demselben Raum, aus dem das berühmte „Spoktkruzifix“ stammt, eine Antwort des verhöhnten Christen Alexamenos gefunden sein soll, nämlich die Füße einer Fiaur, vielleicht eines Kruzifixes mit der Inschrift B9 EI14 ZIUEoT B4oldzvoo „die Hilfe (meines) Gottes, des Königs“. In Wahrheit ist auf der Wand ein isolierter Fuß (der Kalk aben, rechts und links ist gut erhalten und zeigt keine Spur von Fort⸗ setzung der Zeichnung) eingeritzt mit der (schon vor vierzig Jahren von P. Garrucci ganz richtig gelesenen) Inschrift B0EIATHToT BACIAdEo0. Der Fuß hat die respektable Sohlenlänge von 35 cm, wird also wohl ein Hohn eines Sklaven auf einen Kameraden sein, dem ob seines Piedestals der Spvitzname „König Ochsentrampel“ beigelegt war. Füttegehe ng Observanz wird man von den jungen afrikanischen Sklaven, die jene Räume (das ädagogium) bevölkerten, nicht erwarten dürfen: aber die vorgeschlagene ristliche Deutung geht doch über das Maß dessen, was man auch diesen an Fehlern gegen griechische Orthographie zutrauen kann, hinaus.

In der Sitzung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe, am Mittwoch, den 9. d. M., Abends 8 ½ Uhr lim Architektenhause), wird Herr Dr. Adolf Brüning, Direktorial⸗Assistent am König⸗ lichen Kunstgewerbe⸗Museum, einen Vortrag halten über „Die Gold⸗ schmiedekunst im Dienste der christlichen Kirche’. Der Vortrag wird durch Projektionsbilder mittels des elektrischen Bildwerfers erläutert werden. Außerdem wird eine Anzahl älterer Kirchengeräthe in Originalen, Nachbildungen und Abbildungen ausgestellt werden.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Königlich preußisches Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium.

IV.

Den ersten Berathungsgegenstand der vorgestrigen, dritten Sitzung bildete „Die Gesetzgebung, betreffend die Weinbereitung und den Verkehr mit Wein“. Als Regierungs⸗Kommissare waren zu der Ver⸗ handlung erschienen: der Direktor des Kaiserlichen Gesundheitsamts, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Köhler, der Geheime Regierungs⸗Raͤth Bumm vom Reichsamt des Innern und der Regierungs⸗Rath, Professor Dr. von Buchka vom Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamt. Als Sachverständige waren hinzugezogen: der General⸗ Sekretär des deutschen Weinbau⸗Vereins Dahlen (Wiesbaden), der Gutsbesitzer Keller (Staadt bei Saarburg), der Direktor, Oekonomie⸗ Rath Goethe (Geisenheim) und der Domänen⸗Rath Czéh (Wiesbaden). Das Referat hatte der General⸗Sekretär Dahlen übernommen. Der Redner verbreitete sich in längerer Ausführung über die Weinbereitung und die ver⸗ schiedenen Vorschläge, betreffend die Weingesetzgebung. Er kam zu dem Schluß, daß eine Aenderung der gegenwärtigen Bestimmungen in den wei⸗ testen Kreisen verlangt werde. Unter der Herrschaft der Handelsverträge und so lange übermäßig gestreckte Weine in den Verkehr gebracht werden könnten, würde es indessen schwer sein, eine Abhilfe zu schaffen. Erlaubt wäre vielleicht eine Steuer auf das bei den Verschnitten ver⸗ wendete Wasser, das den übermäßig verdünnten zugeführt wird, und dabei ergebe sich auch eine Kontrole von selbst. Die Ein⸗ führung einer besonderen Reichssteuer auf Kunstwein würde unerläßlich sein, wenn sich ein Verbot der Herstellung von Kunstwein nicht er⸗ möglichen lassen sollte. Nur eine über das ganze Deutsche Reich sich ausdehnende Besteuerung könne hier zum Ziele führen, da die Her⸗ stellung der betreffenden Produkte sich nicht auf einzelne Staaten beschränke. Die Einführung einer solchen Steuer würde selbstverständ⸗ lich eine genaue Ueberwachung der Herstellung und des Vertriebes der Kunstweine erfordern, und wenn eine räumliche Begrenzung der ehe Platz greife, müßte diese auch hierauf ausgedehnt werden. ine darauf bezügliche Kontrole biete immerhin große Schwierigkeiten, und ihre Durchführung werde jedenfalls bedeutende Geldsummen erfordern. Die Interessen von Weinbau und Wein⸗ handel seien gemeinsam; beide litten unter den jetzigen Ver⸗ hältnissen in der empfindlichsten Weise. Zu ihrem Schutze sei eine Aenderung unbedingt nothwendig, denn von dem Ge⸗ deihen des Weinbaues und des Weinhandels sei das Wohl und Wehe weiter schöner Kreise unseres Vaterlandes und die Existenz von vielen Hunderttausenden friedlicher Bürger abhängig. Landes⸗Direktor Sartorius⸗Wiesbaden befürwortete folgende Resolution: „Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium wolle beschließen: den Herrn Minister zu ersuchen, bei der Reichsregierung dahin zu wirken, daß das Gesetz vom 20. April 1892, betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken, dahin abgeändert werde, daß 1) als Naturwein nur dasjenige Getränk angeboten und verkauft werden darf, welches aus alkoholischer Gährung des Traubensaftes ohne irgend einen Zusatz entstanden ist, 2) die maßlose Vermehrung des Naturweins mit Wasser und Zucker geseßlich wirksamer einge⸗ schränkt wird als bis jetzt (eine zeitliche Beschränkung des Zusatzes von Wasser und Zucker erscheint nicht zweckmäßig), 3) daß die Herstellung und der Vertrieb des Kunstweines verboten und daß von der Einführung einer Reichssteuer auf Kunstweine abgesehen werde, 4) daß nach Ablauf der gegenwärtig zu Recht bestehenden I“ e der Verschnitt von Weißwein mit Rothwein und der Vertrieb des so hergestellten Weines als Rothwein verboten werde, 5) daß unter allen Umständen die seitens des Bundesraths bestimmten Grenzzahlen für den Extrakt⸗ und Aschengehalt des Weines aufgehoben werden.“ Die⸗ selbe gelangte nach längerer Debatte fast einstimmig zur Annahme.

Es folgten die Berichte der Landwirthschaftskammern und land⸗ wirthschaftlichen Zentralvereine. Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Maerker⸗Halle a. S berichtete über technische Nebengewerbe. Der Redner bemerkte: Es gebe den technischen Nebengewerben nicht besser als der Landwirthschaft selbst. Der Kleinbetrieb der Müllerei sei in rapidem Rückgange begriffen. Die Pachtsumme einer Mühle sei von 4000 auf etwa 300 zurückgegangen. Der Spirituskonsum habe sich auf bisheriger Höhe gehalten. Die Spiritus⸗Glühlichtlampe führe sich immer mehr ein, sie habe nur noch den einen Uebelstand, daß sie in den 89 zwei Minuten nach der Anzündung kein Licht gebe. Nothwendig sei es, einen kon⸗ stanten Preis für den Breunnspiritus, ähnlich wie beim Petroleum, zu schaffen. Er halte dafür, daß dies am besten durch Bildung von Verkaufs⸗Genossenschaften ausführbar sein werde. Die Molkerei habe einen großen Aufsc 15 genommen, die Preise seien jedoch sehr ge⸗ drückt; es werde sich daher empfehlen, der übermäßigen Bildung von Molkerei⸗Genossenschaften möglichst Einhalt zu thun. Ferner sei es erforderlich, der Butter denselben Schutz wie dem We und allen anderen landwirthschaftlichen Produkten zu gewähren Rittergutsbesitzer von Blanckenburg⸗Zimmerhausen in Pommer führte aus, daß die Erwartungen, die man an das Margarinegese leüüco habe sic nicht erfüllt hätten. Es sprachen noch Ritterguts⸗ esitzer von Sto hausen⸗Trendelburg bei Cassel und Rittergutsbesitzer von (Rheinpreußen).

Alsdann berichtete Her.Serstn e Dr. Danckelmann⸗Ebers⸗ walde über Fez scatt Der Redner begründete folgende Resolution: „Das Kollegium wolle erklären: 1) Um den zur Tc beugung von 8Se in Aussicht genommenen gesetzlichen Maßregeln volle Wirksamkeit zu sichern, erscheint ihre Ausdehnung auf die Erhaltung, Neubegründung und ordnungsmäßige Be⸗ wirthschaftung von Wasserschutzwaldungen im Quellengebiet der lüfse geboten. 2) Es ist vee e ein namhafter Theil des jährlichen Schwellenbedarfs der drende Staatsbahnen durch inländische Buchenschwellen gedeckt werde. Auch ift es rathsam, die Ausschreibungen von Holzschwellen⸗Lieferungen jeder Art vor Beginn des Winters zu bewirken. 3) Es empfiehlt sich, in den wirthschaftlichen Ausschuß für die Zolltarifreform wenigstens eine Forstmann als Mitglied zu berufen. 4) Die Landwirthschaftskammern entbehren zur Zeit noch einer ausreichenden forstlichen Interessen⸗

vertretung. Es ist wünschenswerth, daß sie von den ihnen