Eo.““
liches und Gefährliches, und wir müssen da mit großer Vorsicht ver⸗
meine daher, jeder sollte sich dieser großen Aufgabe nach seiner Kraft
gabe zu lösen. Man wird auch hier erkennen, glaube ich, daß wir
eine größere
ommißwesens, so ist dos wieder ein großer Schritt.
Grund und Bodens und des Eigenthumsbesitzes in guten Zeiten in
essieren, welche in den landwirthschaftlichen Vereinen thätig sind, in dieser Beziehung eine größere Aufklärung über das Wesen des An⸗ erbenrechtes in der Bevölkerung zu verbreiten. Meine Herren, wenn wir die Gegenagitation ansehen, und ich bin ja wohl davon der allermeist Angegriffene, man braucht nur den süddeutschen Herrn Pro⸗ fessor Brentano zu lesen, der mir vorwirft, ich wollte die Bauern wieder in Abhängigkeit bringen (Heiterkeit), ein Obereigenthum ein⸗ führen, und was dergleichen Verkehrtheiten mehr sind — ich sage, wenn man die Gegenagitation und den Begriff der Freiheit der Disposition über das Eigenthum, der doch tief eingewurzelt ist, in Betracht nimmt, wenn man die Anschauungen, die auf Grund der Stein⸗Hardenberg'schen Gesetzgebung in den östlichen Provinzen tief in den Bauernstand hineingedrungen sind, in Betracht zieht, so wird man sich sagen müssen, daß, so lange die Meinung noch besteht, daß das Anerbenrecht etwas Weiteres sei, als das den bäuerlichen An⸗ schauungen, Interessen und wirthschaftlichen Verhältnissen entsprechende gemeine Recht, welches aber durch Disposition unter Lebenden und von Todeswegen durch den Inhaber des Landguts geändert werden kann, so lange die Bevölkerung das nicht allgemein begriffen hat, sondern immer noch befürchtet, daß man sie in neue Fesseln legen wolle, so lange wird das Anerbenrecht nicht die nöthige Sympathie finden. Also wer sich für diese Sache wirklich lebendig interessiert, wer darin eine wichtige Grundlage des ganzen Bestandes einer leistungsfähigen Landwirthschaft erblickt, der kann wohl die Nothwendigkeit fühlen, in den landwirthschaftlichen Vereinen einmal einen Abend, wo über Zollfragen gesprochen wird, abzuwechseln mit einem andern Abend über diese Frage. (Heiterkeit.) Ehe diese com- munis opinio in der Bevölkerung nicht vorhanden ist, gewissermaßen von oben, von dem kleinen Comité der Wissenden eine solche Gesetz⸗ gebung der Bevölkerung aufzudrängen, das ist etwas sehr Bedenk⸗
fahren. Wir könnten sonst eine Reaktion hervorrufen in den Stim⸗ mungen der ländlichen Kreise, die doch sehr bedenklich wäre. Ich
widmen, und dann wird es an der Staatsregierung nicht fehlen, daß wir nach Maßgabe der dann erreichten Aufklärung in der Bevölkerung mit Entschiedenheit diesen Weg weiter verfolgen.
Wir sind uns auch, wie der Herr Landwirthschafts⸗Minister ge⸗ sagt hat, voll bewußt, daß die entscheidende Frage für die Erhaltung und Herstellung einer leistungsfähigen Landwirthschaft keineswegs mit einer solchen Gesetzgebung abgeschlossen ist. Das Anerbenrecht kann manche alte verständige Einrichtung, Sitte und Gewohnheit erhalten, aber keineswegs ist es im stande, diese eben bezeichnete größere Auf⸗
zum theil provinziell, jedenfalls nur schrittweise vorgehen dürfen, und daß es ein Allheilmittel auf diesem Gebiet überhaupt garnicht giebt. Wenn es jetzt beispielsweise gelingt, in dem nächsten Land⸗ tage da, wo ein weitergehendes Bedürfniß hervortritt, noch Beschränkung der willkürlichen Disposition des jeweiligen Besitzers eintreten zu lassen durch eine Reform des Fidei⸗ Man wird da vielleicht auch unterscheiden müssen zwischen großen Fideikommissen und kleinen, zwischen Fideikommissen und Stammgütern; man wird uch da nicht nach einer Schablone handeln können. Aber, meine Herren, wenn man erwägt, daß die Verschuldungsfrage, die hier be⸗ rührt worden ist, nach meinen Erfahrungen um so gefährlicher ist, je besser es der Landwirthschaft geht, daß die Verschuldungen nach meiner Ueberzeugung durch ein falsches Erbrecht für die Landwirthschaft in guten Zeiten rapider steigen als in schlechten Zeiten, daß der Werth des
Weise überschätzt wird, daß die Lebenshaltung, vor vh.e 8g der Abfindungen bei ungetheiltem Gutsübergang in guten Zeiten am allergefährlichsten sind (sehr richtig!), so muß man nach meiner Meinung allerdings in dieser Agrargesetzgebung die wesentliche Voraussetzung der dauernden Befestigung und Erhaltung dieses großen⸗ Bollwerks unseres heutigen Staats⸗ und Gesellschafts⸗
wesens erblicken. (Lebhaftes Bravo.) “
1 ister Bräsicke⸗Bromberg bestreitet entschieden, daß 2 d8. Anerbenrecht Boden finden könne oder gar schon gefunden habe. Ueberhaupt sei es bedenklich, aus Nützlichkeits⸗ rücksichten neues Recht zu erfinden. Mit der zwangsweisen Einführung des Anerbenrechts nehme man den ostpreußischen Grundbesitzerfamilien
den ethischen Grund und Boden. 1 “ Helldorff⸗Bedra hält die Ausführungen des Vor⸗ redners über die ostpreußische Abneigung gegen das Anerbenrecht für mißverständlich. Daß die Testierfreiheit durchaus erhalten bleibe, stehe infolge der Beschlüsse über das Bürgerliche Gesetzbuch fest. Deshalb werde ja auch von einem allgemeinen Gesetz für die ganze Monarchie Abstand genommen. Der große Grundbesitz sei stärker verschuldet als der mittlere und kleine, und dieser Vorzug des letzteren sehe zurück auf seine Bewegungsfreiheit, an der man nichts ändern solle. Renteninstitute zur Ablösung der Renten müßten unter Staats⸗ oder Provinzialgarantie sobald als möglich ins Leben treten. Die Landwirthschaftskammern seien für derartige sozialpolitische Fragen
kein kompetentes Forum. ber⸗Bü⸗ ister Westerburg⸗Cassel protestiert gegen die eF sias Hessen⸗Nassau, wo dafür tehn Boden
vorhanden sei. b 8 des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
r. von Miquel:
8 Meine Herren! Ich möchte doch, da ich die Verhältnisse auch eenau kenne, dem Vorredner widersprechen, wenn er meint, das An⸗ erbenrecht sei in der ganzen Provinz Hessen⸗ Nassau nicht möglich. Ich bin selbst Mitglied des Provinzial⸗ Landtages in Cassel gewesen. Damals wurde uns vom Ministerium die Landgüterordnung vorgelegt, und was geschah? Es geschah, daß die Mehrheit des Provinzial⸗ Landtages diese Landgüterordnung, die das Höferecht einführen wollte durch Eintragung, zu einer Austragungs⸗Landgüterordnung verwandeln wollte in dem Sinne, daß die Regel das Anerbenrecht wäre und die Aus⸗ nahme nur die Form des Protestes des Eigenthümers gegenüber seinem Verbleiben in der Landgüterordnung. Das war also der Gedanke, daß für das alte Kurhessen sich die Einführung des Intestaterbrechts auf der Basis des Anerbenrechts durchaus empfehle. . Wenn der Herr Ober⸗Bürgermeister Westerburg von der Provinz Hessen⸗Nassau ge⸗
Zerkehrtes ge⸗ sprochen hat, so hat er, meiner Meinung nach, etwas Ver sagt (Heiterkeit); wenn er aber von seiner Heimath gesprochen hat,
von Nassau, so hat er etwas Richtiges gesagt. Meine Herren, wie liegt die Sache Ich habe, so lange ich in Süddeutschland war, an der Hand meiner seit 40 Jahren
in Süddeutschland? mich viel betriebenen Studien
der Sache beschäftigt, und ich glaubte bald zu finden, daß die
Verschiedenheit in dem Erbrechtswesen, in der Geschlossenheit und
Theilbarkeit der Höfe in ganz West⸗ und Süddeutschland fast genau
mit der Richtung des römischen Pfahlgrabens zusammenhängt. Von
Düsseldorf bis Regensburg ist alles — nur mit einer ganz
charakteristischen Ausnahme im Schwarzwalde — südlich vom
Pfahlgraben in der Raturaltheilung und nördlich regelmäßig
alles — das springt natürlich auch einmal herüber und
hinüber — in der geschlossenen Hofesvererbung. Man hat
eben vergessen — man muß das in Betracht ziehen,
um diese Zustände zu begreifen, — daß in diesen Landestheilen südlich
vom römischen Pfahlgraben ein städtisches Recht drei⸗ bis vierhundert
Jahre durch einen hochgebildeten römischen Richterstand gehandhabt
wurde. Daß der römische Judex kein Verständniß für deutsche
Bauernhöfe und deren wirthschaftliche Bedeutung haben konnte, das
liegt klar auf der Hand; er hat wohl dies als Barbareirecht angesehen,
wie wir heute in Kamerun das Negerrecht als Barbarei betrachten.
(Heiterkeit.) Haben wir erst einmal vierhundert Jahre dort regiert,
dann wird vom Negerrecht auch nicht mehr viel übrig bleiben.
(Heiterkeit.)
Davon unterscheiden sich blos einzelne gewisse Landestheile dies⸗
seits der Elbe und unmittelbar an der Elbe. Dazu gehören auch die
meisten Landestheile thüringischen Stammes. — Ich will aber das
Haus mit dieser historischen Vorlesung nicht weiter behelligen. In
der Provinz Sachsen werden wir schwerlich das Anerbenrecht
einführen können in demjenigen Theil, wo thüringische Bevölkerung
wohnt. Da ist meines Wissens wesentlich freie Naturaltheilung. Ebenso
ist es regelmäßig in den jetzigen thüringischen Fürstenthümern,
auf dem Eichsfeld, in der Grasschaft Hohenstein u. s. w. Die
Thüringer haben sich früh aus ganz bestimmten Gründen, wenigstens
in viel ausgedehnterem Maße der Naturaltheilung hingegeben, wie
die sächsische Bevölkerung, die der eigentliche Träger der Untheilbarkeit
des Hofes ist (Zuruf); nicht die Westfalen allein, sondern ganz Nieder⸗
sachsen im weiteren Sinne. Es wird auch im Großen und Ganzen
in den östlichen Provinzen diese Sitte am festesten gehalten sein, in
denjenigen Bezirken, wo die Kolonisation diesseits der Elbe von Sachsen
bewirkt worden ist. Das können Sie verfolgen selbst in Pommern,
während beispielsweise in Schlesien die fränkischen und thüringischen
Anstedelungen meines Wissens vielfach die reine Naturaltheilung haben.
Man wird im allgemeinen finden, daß der eigentliche Träger des alt⸗
deutschen Erbrechts der Sachse ist, und ich sage daher: wenn man die
Dinge beurtheilen will, ob man für eine bestimmte Gegend das
Anerbenrecht einführen soll, so muß der Landrath des Kreises
die Geschichte der Bodentheilung seines Kreises fünfhundert
Jahre zurück verfolgen. Aus dieser Geschichte ergiebt sich im
Menschen ein unbewußtes Rechtsgefühl, dessen Ursprung er selbst
nicht kennt, aber doch thatsächlich vorhanden ist, wie denn vielleicht
in uns Menschen das Unbewußte stärker ist, als das Bewußte. Und
diesem Rechtsgefühl müssen wir nachspüren. Wo es ins Schwanken gekommen ist, wollen wir es halten und befestigen; wo es ohne Schwanken in der Sitte besteht, wird die Aufgabe um so leichter sein. Wo sich ein ausgesprochenes entgegengesetztes Rechtsgefühl, wie in Loandestheilen mit freier Natural⸗ theilung — wie ich das vollständig anerkenne — gebildet hat, da wird man zwar noch immer Hoffnung haben können, aber doch nur anfangen können mit einem fakultativen Anerbenrecht. So liegen die Dinge. Das ist eine Frage, die kann oft nicht einmal für eine ganze Provinz entschieden werden, wie denn auch das Gesetz ja nur theil⸗ weise in die Rheinprovinz eingreift. Das sind eben sächsische Nieder⸗ lassungen. Ich sage, so wird vorsichtig geprüft werden müssen, und der historische Sinn unserer Beamten kann sich in dieser Frage zeigen und ich glaube, es wird gerade das Herrenhaus sich auf den Standpunkt stellen, daß man hier nicht von oben reglementieren kann, sondern daß man an die ganze Entwickelung in einer bestimmten Gegend anschließen muß, dann werden wir die Sache durchsetzen. Daneben aber habe ich die Ueberzeugung, daß diese Sitte und Gewohnheit, verbunden mit den dringenden wirth⸗ schaftlichen Bedürfnissen der Landwirthschaft doch im all⸗ gemeinen auch in den zstlichen Provinzen so stark ist, daß wir den größten Theil Preußens unzweifelhaft mit diesem, meiner Meinung nach, wohlthätigen Gesetz werden behandeln können. Der Herr Ober⸗Bürgermeister von Bromberg hat soeben das be⸗ wiesen, was ich vorhin sagte. Er hat dargethan, daß er auch seiner⸗ seits dieses Anerbenrecht für ein auf die Verhältnisse in Ostpreußen garnicht passendes hält, wahrscheinlich hätte er es am liebsten genannt ein feudales, längst überwundenes Institut. (Heiterkeit; fehr gut!) Seine ganze Ausführung ist aber dahin gegangen: das, was das Gesetz zur regelmäßigen gesetzlichen Uebung erheben will, das thun wir in Ostpreußen freiwillig in unseren Familien. Aber ich frage: warum sollen Sie denn das thun durch Chekontrakt und durch Verträge, wenn das allgemeine Gesetz eben diesem vermuthlichen Willen der Bevölkerung entspricht? (sehr gut!) Warum sollen wir denn die Leute, die keinen solchen Vertrag gemacht haben — es stirbt doch auch ein Mensch oft in der Jugend oder ohne kontraktliche Vor⸗ sorge — in die Unbequemlichkeit bringen, daß nur der römische oder landrechtliche Zwangsrichter kommt und die Theilung erzwingt, weil eben solche Verträge nicht bestehen. Wonach muß man denn ein Intestaterbrecht einrichten? Doch nach dem vermuthlichen Willen des Sterbenden, des⸗ jenigen, der nicht testiert. Das ist das wahre Intestaterbrecht. (Zustimmung.) Und das römische Recht, welches ein Zwangsrecht stärkster Art in Bezug auf die Größe des Pflichttheils ist, entspricht eben nicht dem allgemeinen Rechtsgefühl, dem sozialen und wirthschaftlichen Interesse
“
Ober⸗Bürgermeister Schmieding⸗Dortmund befürwortet eben⸗ falls den Antrag. 8 Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Holtermann weist noch darau hin, daß auch der Ober⸗Präsident bahs des Kreises Brilon sich Ff das fakultative Anerbenrecht ausgesprochen hat.
§ 11 wird mit dem Antrage von Landsberg angenommen, ebenso nach den Kommissionsbeschlüssen der Rest der Vorlage und das Gesetz im Ganzen. Um 5 ¼ Uhr geht das Haus zur Berathung von Petitionen über. Ueber die Petitionen des Vorstandes des Westpreu⸗ ßischen Städtetages und des Magistrats von Berlin um Abänderung des § 56 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 behufs Feststellung der Anstellungsverhältnisse gewisser Klassen von Gemeindebeamten berichtet namens der Kommunal⸗ kommission Ober⸗Bürgermeister Fuß⸗Kiel. Die Kommission beantragt Ueberweisung zur Berücksichtigung.
8 des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel: Ich sehe keinen Vertreter aus dem Ministerium des Innern hier, wahrscheinlich ist der Herr Minister selbst und seine Kommissare im Abgeordnetenhause beschäftigt. Eine genaue Auskunft über die Lage der Sache kann ich per⸗ sönlich nicht geben, aber ich kann bestätigen aus mündlichen Be⸗ sprechungen mit dem Herrn Minister des Innern, daß er, was das Bedürfniß einer gesetzlichen Regelung dieser Frage etwa im Sinne des Herrn Berichterstatters anbetrifft, sich auf dem Boden der Kommission befindet, und daß der Herr Minister gewillt ist, thunlichst schnell, womöglich noch in diesem Land⸗ tage, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen. (Bravo!) Meine Herren, die Frage der Anstellungsbedingungen, ob auf Kündigung oder Nichtkündigung u. s. w., der Gemeindebeamten hängt aber — das kann ich nur persönlich sagen — doch sehr eng mit der Frage der Versorgung in Beziehung auf Pension und Relikten zusammen. Ich weiß nicht, ob der Herr Minister diese Frage wird trennen können und wollen. Ein großer Theil der Beamten kann in ausgedehnterem Maße, als nach den Entscheidungen des Reichs⸗ gerichts jetzt für eine Reihe von Provinzen angenommen wird, zweckmäßig auf Kündigung angenommen werden. Aber das kann man nur dann durchführen, wenn nicht gekündigte Beamte, beim Austritt aus dem Dienst oder im Todesfall, doch die Sicherheit der Person bezw. der Versorgung ihrer Relikten bekommen. Wir haben ja solche Einrichtungen in unserer Staatsverwaltung auch. Ein großer Theil der Staatsbeamten ist etatsmäßig angestellt, hat also die allgemeinen Rechte der etatsmäßigen Beamten auch in Bezug auf Pensionen und Reliktenversorgung. Trotzdem, daß sie etatsmäßig an⸗ gestellt sind, stehen sie auf Kündigung, und das beruht auf bestehenden allgemeinen Einrichtungen; da hat das Reichsgericht noch keine entgegengesetzte Entscheid ung geben können. Wenn nun die Be⸗ stallung der Gemeindebeamten auf Kündigung etwa ausgedehnt würde
scheidung des Reichsgerichts nicht auf Kündigung angestellt werden dürfen und nicht angestellt sind, dann liegt es doch nahe, die andere Frage wegen der Reliktenversorgung und Pensionierung damit in untrennbarem Zusammenhang zu sehen. Ich bin der Meinung von jeher gewesen, daß eine Anstellung auf Kündigung keineswegs die Pensionierung und die Reliktenversorgung ausschließen soll. Ob ein Beamter auf Kündigung steht oder nicht — wenn er seine Schuldigkeit gethan hat, wenn er in keiner Weise eine Kündigung provoziert, wenn er jahrelang einer solchen Kommune oder auch dem Staat treu gedient hat, so hat er nach meinem Gefühl genau denselben Anspruch auf Pension und Versorgung seiner Relikten, wie ein etatsmäßiger, nicht auf Kündigung angestellter Beamter, und daher habe ich persönlich — ich weiß aber nicht, wie der Herr Minister des Innern gegenwärtig darüber denkt — das Gefühl, daß diese beiden Fragen zusammenhängen. Ich werde dem Herrn Minister namentlich auch den Wunsch mittheilen, den der Herr Berichterstatter persönlich ausgesprochen hat, einen solchen Gesetz⸗ entwurf zuerst hier an das Herrenhaus zu bringen, und ich persönlich würde nicht anstehen, das zu befürworten. (Bravo!) “ Bü ter Becker⸗Köln tritt für möglichste Beschleuni⸗ Irnh de e 82 Vorlegung eines Gesetzentwurfs noch in ““ ier Schmieding polemisiert gegen das bekannte Büͤ ister miedin kannt neceanee meiste welches awese Schwierigkeiten für die Kommunalbverwaltungen den Anlaß gegeben habe. Der Kommissionsantrag wird angenommen. 1 Die Agrarkommission beantragt zu dem Nachweis über die im Jahre 1897 stattgehabte Aus⸗ und Einrangierung 8.. den Landgestüten des Staates, sowie zu den Her G 5 4 der Haupt⸗ und Landgestüte in den Jahren 1893/94 — 2 1) die Nachweise durch Kenntnißnahme für erledigt zu v 2) an die Regierung die dringende Bitte zu richten, der Ges⸗ 3 verwaltung erhöhte Mittel zu gewähren zur Hebung der Pfer 5 zucht im allgemeinen und insbesondere zu . Pesae h künstlicher Düngung auf den Wiesen und Weiden des Friedr Wilhelms⸗Gestüts zu Neustadt a. Dosse. Nachdem Herr von Bemberg⸗Flamersheim die Re⸗ solution empfohlen hat, gelangen die Kommissionsanträge zur
Annahme.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 12 ½ Uhr. (Interpellation von Woyrsch, betreffend das der Gräfin Pfeil bei dem Bahnübergang in Brieg widerfahrene Unglück; Ueber⸗
sichten; Petitionen.)
8 t.
erer Landwirthschaft und deswegen setzen wir es als Intesta 1nen endlich bei Seite, nachdem der deutsche Bauer gegen das römische Recht 500 Jahre mit Erfolg gekämpft hat. (Lebhaftes Bravo!) Damit schließt die Generaldiskussion. In der Spezial⸗
ür wortet zu § 11 v E11“” einen Antrag, nach welchem von den dort aufgezählten Ausnahmen von dem Geltungs⸗ bereich des Gesetzes eine Anzahl von Amtsgerichtsbezirken Ffttri gen, dagegen eine Reihe anderer Bezirke aufgenommen werden soll. Pes den Ermittelungen des Westfälischen Bauernvereins bedürfe die Vor⸗ lage dieser Korrektur, wenn sie herrschenden Rechtssitte decken solle.
geeignet seien, um Ablehnung des Antrages.
ber die historische Entwickelung des Grund und Bodens mit
8 11
Erfahrungen, die er vor Jahren dort als Richter gemacht habe, ein
ch das Gesetz überall mit der vor⸗
jerungs⸗Rath Dr. Holtermann bittet unter Hinweis auf ver n. Feeeeslgen⸗ nach denen die betreffenden 1 der Kreise Brilon und Höxter für das obligatorische Anerbenrecht nich
.2 tter Westerburg tritt für den Antrag, soweit er b1“ bezieht, auf Grund der persönlichen
auf Kategorien, die nach dem jetzigen Rechte in Gemäßheit der Ent-
zum
113“ EEE116“ 9 88 8 8
No. 42.
Haus der Abgeordneten.
23. Sitzung vom 16. Februar 189b3.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Berathung des Antrags der FJee. usch (fr. kons.) und Genossen um Abänderung der Bestimmungen des Kommunalabgaben⸗
esetzes über die Vertheilung der Kommunalabgaben auf die ealsteuern und die Einkommensteuer im Sinne einer Entlastung des Haus⸗ und Grundbesitzes in Verbindung mit dem von den Abgg. Mies (Zentr.) und Genossen beantragten Gesetz⸗ entwurf, welcher eine Aenderung des Gesetzes in demselben
Sinne vorschlägt.
Abg. Weyerbusch (fr. kons.): Ich bedaure, daß die Kommission des vorigen Jahres diese Anträge dem Hause nicht zur Annahme empfohlen hat. Die Ablehnung erfolgte, weil das Kommunalabgaben⸗ gesetz erst zu kurze Zeit bestehe, als daß schon genügende Erfahrungen zur Abänderung vorlägen. Die Klagen über die Härte des Gesetzes und die Ungerechtigkeit der Realsteuern sind aber immer zahlreicher geworden. Das Drückendste ist, daß die Grundsteuern vom Brutto⸗ ertrage erhoben werden und daher den verschuldeten Besitz mehr be⸗ lasten als den unverschuldeten. Herr von Eynern wünscht auch eine Revision der Steuerreform, allerdings nur des Einkommensteuergesetzes, aber die Klagen über dieses Gese üen verschwindend gering gegen die Klagen über die Real⸗
euern in den Gemeinden. In meiner Vaterstadt Elberfeld hat die Steuerkommission gefonden, daß eine Grund⸗ und Gebäudesteuer keine besonders hohen Erträge ergeben würde. Solche sind auch von der Bauplatzsteuer und der Umsatzsteuer nicht zu erwarten. Der gegen meinen Antrag erhobene Einwand, daß noch nicht alle von dem Gesetz zugelassenen Steuerquellen erschöpft seien, ist also nicht zu⸗ treffend, höchstens könnte eine kommunale Getränkesteuer in Betracht kommen. Aber alle diese Steuern, auch die Gewerbesteuer, könnten die unberechtigte Belastung des Grundbesitzes nicht beseitigen. Ich habe desbalb meinen Antrag gestellt, habe mich aber diesmal auf eine Resolution beschränkt und es der Regierung überlassen, bestimmte Vorschläge zu machen. Ich hoffe, daß sie über meinen vorährigen S noch hinausgehen, um den Grundbesitz in gerechter Weise zu entlasten.
Abg. Mies (Zentr.): Der Antrag Weyerbusch geht uns nicht weit genug, und wir haben deshalb einen Gesetzentwurf ein⸗ gebracht. Das Kommunalabgabengesetz hat seinen Zweck einer gerechten Vertheilung der kommunalen Lasten auf die Realsteuern und die Einkommensteuer nicht erreicht. Redner weist ziffer⸗ mäßig die hohe prozentuale Belastung des Grundbesitzes infolge der Besteuerung nach dem Bruttoertrage nach, bleibt aber in seinen einzelnen Ausführungen unverständlich. Das Gesetz wolle die Besteue⸗ rung in den Gemeinden nach dem Grundsatze von Leistung und Gegenleistung regeln; der Grundbesitz sei aber auch für Ge⸗ meindeeinrichtungen belastet, die nicht ihm allein zu gute kämen. Nur Aufwendungen der Gemeinde, welche in überwiegendem Maße dem Grundbesitz und dem Gewerbebetrieb zum Vortheil gereichen, wie sein Antrag bestimme, sollten durch die Realsteuern gedeckt werden; Auf⸗ wendungen, die in überwiegendem Maße der Allgemeinheit zum Vor⸗ theil gereichen, seien durch Einkommensteuerzuschläge, und Auf⸗ wendungen, bei welchen ein überwiegender Vortheil nach der einen oder anderen Seite hin nicht erkennbar ist, seien durch gleiche Prozent⸗ sätze der Realsteuern und der Einkommensteuerzuschläge zu decken. Um eine solche Berechnung komme man nicht herum. § 54 des Ge⸗ setzes habe diese Vertheilung nicht richtig geregelt, er beantrage des⸗ halb eine neue Fassung. Auch die Untervertheilung zwischen den ein⸗ zelnen Realsteuern regele sein Antrag gerechter, wenn er vorschlage, daß je nach dem verschiedenen Vortheil der Gemeindeaufwendungen Grund⸗ und Gebäudesteuer höchstens dreimal (nicht doppelt) so stark herangezogen werden dürfen wie die Gewerbesteuer und umgekehrt. Die Annahme des Antrags werde viele berechtigte Klagen beseitigen.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Nöll: Der Antrag Mies dient nicht der Autonomie der Gemeinden, und er trägt die härtesten Interessenkämpfe in die kleinsten Gemeinden hinein. Ich halte den Antrag nicht für berechtigt. Nachdem der Staat auf die Realsteuern verzichtet hat zu Gunsten der Gemeinden und nur die Einkommen⸗ und Ergänzungssteuer für sich behalten hat, kann er nicht zulassen, daß die Gemeinden die Einkommensteuer zu hoch belasten mit Zu⸗ schlägen. Haben sich die Antragsteller auch mit der Ausführbarkeit ihres Antrags beschäftigt? Der Antrag bezieht sich auch auf die Landgemeinden. Dort ist immer an einer möglichst gleichen Be⸗ lastung mit direkten Steuern festgehalten worden. Wir haben rund 37 000 Landgemeinden und 1200 Stadtgemeinden, wir können also bei einer solchen Reform an den Landgemeinden nicht ruhig vorüber⸗ gehen. Nach dem Antrog Mies würden namentlich in den Land⸗ gemeinden die Einkommensteuerzuschläge gewaltig wachsen, denn es müßten dadurch gedeckt werden die Schullasten, die Armenlasten und die Kosten der allgemeinen Verwaltung, und das sind in den Landgemeinden die Hauptausgaben. Nach einer von mir aufgenommenen Statistik würden in vielen Gemeinden des Westens wie des Ostens die Einkommensteuerzuschläge wieder auf 500, 600, 800, ja sogar bis auf 1500 % steigen, wenn diese Kosten allein durch die Einkommensteuer zu decken wären; in einer Gemeinde im Bezirk Marienwerder müßten sogar 1708 % erhoben werden. Und dazu kämen noch die gemischten Aufwendungen, von denen ein Theil auch auf die Einkommensteuer entfiele. Ich halte einen solchen Antrag nicht für möglich. Wenn die Antragsteller auf die Vorderseite ihres Antrags noch das Wörtchen „Unausführbar“ drucken lassen wollten, würde ihnen niemand ein Hinderniß entgegenstellen. Allerdings hält der Antrag den § 55 des Gesetzes aufrecht, 9 Ab⸗ weichungen vom § 54 aus besonderen Gründen zulässig sind. Diese Be⸗ stimmung hat aber wohl bei dem jetzigen Inhalt des § 54 einen Sinn, aber bei dem Inhalt des § 54 nach dem Antrag hat sie keinen Sinn mehr; denn jede Abweichung würde doch eine steuerliche Un⸗ EreHeisen im Sinne der Antragsteller darstellen. Und wie wollen
ie eine Abweichung erzwingen, wenn einmal solche Grundsätze auf⸗ gestellt sind, wie Sie beantragen? Wohin kämen wir, wenn wir bei der Ausführung des Gesetzes auf jede Einheitlichkeit in der Monarchie verzichteten, wie Sie es mit der Streichung der Genehmigung der Gemeindehaushalte durch die Ressort⸗Minister herbeiführen würden? Jeder Bezirksausschuß würde eine andere Au assung haben, und durch den Mangel an Einheitlichkeit würde das Staatsinteresse gefährdet. Keine Gemeinde hat ein Interesse daran, die Dinge so zuzuspitzen, wie es die Anträge wollen. Der Antrag Weyerbusch ist ebenso un⸗ ausführbar, wie der Antrag Mies. 16 größere Städte haben es noch nicht einmal für gut Dae die Einkommensteuer über 100 % hinaus zu belasten. Von einer allgemeinen Unzufriedenheit im Lande über das Kommunalabgabengesetz kann keine Rede sein, im Gegen⸗ theil, dieses Gesetz hat sich schon eingelebt. Manche Härten sind on bei der Ausführung beseitigt worden und werden weiter be⸗ seitigt werden. Abg. Noelle (nl.): Die Antragsteller vertreten große industrielle Wahlkreise, und die Anträge geben der Stimmung der industriellen Freise am Niederrhein und in Westfalen Ausdruck, und diese Stimmun 9 nicht unberechtigt. Das Kommunalabgabengesetz berücksichtigt nich⸗ ie Verschiedenheiten der Hausbesitzerverhältnisse. In Berlin gehören se Häuser meist großen Gesellschaften, Kapitalisten, Rentiers, 1 auunternehmern, aber in den Industriegegenden des Westens esteht das Bestreben, den kleinen Leuten und Arbeitern
s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeig
Berlin, Donnerstag, den 17. Februar
möglichst eigenen Besitz zu verschaffen: eine an sich fördernde Ent⸗ wickelung. Allerdings hat die Agitation auch über das Ziel binaus⸗ geschossen, aber das Kommunalabgabengesetz hat mit der Heranziehung der Realsteuern für den Westen etwas völlig Neues geschaffen. Der Mittelstand ist durch die Steuerreform nicht genügend entlastet worden. Wenn das Gesetz einmal geändert wird, müssen auch einige andere kleine Abänderungen gemacht werden, z. B. in Bezug auf die Steuervertheilung einer Person auf zwei verschiedene Gemeinden. Eine radikale Abänderung des bestehenden Gesetzes bietet der Antrag Mies garnicht, aber ich balte ihn auch für sehr schwer durchführbar. Es werden sich in jeder Gemeinde die Interessengruppen trennen, und, jede wird die Steuern nach ihrem Vortheil resormieren wollen. Vielleicht ließen sich in dem Antrage die einzelnen Aufwendungen genau angeben, z. B. Straßenanlagen, welche dem Besitze zufielen, Beamtenbesoldungen, welche der Allgemeinheit zufielen, ꝛc. Mit der Form der Bruttobesteuerung bin ich einverstanden; wenn man einmal Realsteuern erhebt, müssen sie auch vom Bruttoertrag erhoben werden; als Einkommensteuern hätten die Realsteuern keinen Zweck. Mit der Einschränkung der staatlichen Genehmigung der Steuerordnungen bin ich nicht einverstanden. Die Statistik des Regierungskommissars beweist mir die Nothwendigkeit, die kleinen leistungsunfähigen Land⸗ gemeinden zu Zweckverbänden zu verbinden. Viele kleine Gemeinden sind in Schulden gerathen, weil der Staat Anforderungen an sie stellte, die er selbst zu erfüllen hat, wie z. B. bezüglich des Baues von Amtsgerichtsgebäuden, zu welchen der Staat von den Gemeinden Beiträge fordert. In dieser Beziehung muß endlich einmal Wandel geschaffen werden. Das Kommunalabgabengesetz ist erst drei Jahre in Geltung und kann nicht alle drei Jahre abgeändert werden; wenn es aber einmal abgeändert werden muß, dann wollen wir die Sache wenigstens gründlich prüfen, und ich beantrage deshalb die Ueber⸗ weisung des Antrages an eine Kommission von 14 Mitgliedern.
Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.) unterstützt den Antrag Mies. Der Regierungskommissar befürchte von dem Antrag eine Störung des Friedens in den Gemeinden. Wie stebe es denn aber jetzt mit der Erregung in den interessierten Kreisen? Es könnten auch Real⸗ steuern von 800 % vorkommen, und das bedeute so viel wie 3000 % Einkommensteuer. Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung sei in dem jetzigen Gesetze nur verschleiert, es müsse offen und klar zur Geltung gebracht werden.
Geheimer Finanz⸗Rath Dr. Strutz: Die Staatsregierung liest durchaus nicht aus den Bestimmungen der §§ 54 und 55 etwas heraus, was das Abgeordnetenhaus nicht hineingelegt haben wollte. Die Ausführung und Auslegung des Gesetzes durch die Regierung hat die Zu⸗ stimmung der Majorität des Hauses und die Bestätigung durch das Ober⸗Verwaltungsgericht gefunden. Mit dem Hinweis auf die pro⸗ zentuale Belastung mit Realsteuer und Einkommensteuer ist nichts bewiesen. Das geht wohl bei der Einkommensteuer, aber nicht bei der Realsteuer; denn die Realsteuer kann der Hausbesitzer auf den Miether abwälzen. Die Tendenz der Henshefiber geht allerdings auf eine gänzliche Beseitigung der Bruttobesteuerung hinaus. Die Zeit ist zu kurz, um ausreichende Erfahrungen gemacht zu haben. Die Ge⸗ meinden können sich nicht schon wieder auf eine Aenderung einrichten. Daß die Bewegung unter den Miethervereinen gegen diesen Antrag noch nicht weiter gegangen ist, liegt daran, daß e nach der Haltung des Hauses und der Regierung: im vorigen Jahre nicht erwarten können, daß diese Anträge Gesetz werden würden. Das Kommunal⸗ abgabengesetz hat in vielen Städten zu einer Belastung des Grund⸗ besitzes geführt, nur in sechs Städten zu einer Mehrbelastung, aber auch nicht einseitig, sondern in Verbindung mit einer Mehr⸗ belastung durch Einkommensteuer. In Breslau ist sogar eine Ent⸗ lastung der Hausbesitzer eingetreten gegenüber einer Mehrbelastung durch Einkommensteuer. Die Hausbesitzer wissen sich in ihren Petitionen ihrer Haut wohl zu wehren; sie sind überhaupt nicht zufrieden, wenn nicht die Realsteuern ganz aufgehoben werden. Aber wenn das
eschehen ist, dann werden sie gegen Beiträge und Gebühren ihre gitation richten. Die Gewerbesteuer ist stärker herangezogen als früher vom Staate und von den Gemeinden. Wenn Sie die Anträge annehmen, so werden Sie wohl die Agitation der Hausbesitzer be⸗ seitigen, aber einen Sturm bei allen denen erregen, die nicht Haus⸗ besitzer sind. Mein Chef wird niemals einer solchen Abänderung seine Zusttmmnnne seben.
Abg. Winckler (kons.) erklärt sich gegen die Anträge. Die stärkere Heranziehung der Realsteuern entspreche doch dem Zweck der Ueber⸗ weisung der Realsteuern an die Gemeinden. Vor allem müsse die Genehmignng der Regierung für die Gemeindehaushalte aufrecht er⸗ halten werden, sonst würde eine zu große Verschiedenheit im Staate eintreten. Er erkenne aber bereitwillig an, daß vielleicht Aenderungen in der Belastung des Grundbesitzes mit der 82 vorgenommen werden müssen; er verkenne auch nicht das soziale Moment, daß Gewerbe⸗ treibende und Arbeiter angesessen sind, und er halte daher eine Be⸗ rathung in einer Kommission für angebracht, schon damit die Regierung Material für eine künftige Reform erhalte.
Abg. Freiherr von Dobeneck (kons.): Ich gehe mit einigen meiner Freunde weiter als der Vorredner. Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung ist im ganzen Kommunalabgabengesetz aufrecht er⸗ halten worden. Das Abgeordnetenhaus hat sich mit dem § 54 nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, daß er keine zwingenden Bestimmungen für die Gemeinde enthalte, sondern nur einen Anhalt geben soll. Das Ober⸗Verwaltungsgericht hat aber die Bestimmungen des § 54 für zwingend erklärt, und seitdem geht das Bestreben der Regierung dahin, daß nur 100 % Einkommensteuer erhoben werden und alles Andere auf die Realsteuern gelegt wird. Ein Kapitalist mit 5000 ℳ Einkommen zahlt nur 118 ℳ Staats⸗ und Gemeinde⸗ Einkommensteuer; ein Hausbesitzer, dem das Haus 5000 ℳ einbringt, zahlt dazu noch 400 ℳ Grund⸗ und Gebäudesteuer. Wir haben nicht ahnen können, daß die Verhältnisse der Kommunalsteuern sich in den Gemeinden so ungünstig stellen würden. Es kommen immer mehr Petitionen von Hausbesitzern an uns. Ich scheue mich nicht, ein Gesetz sofort zu ändern, wenn ich die Ueberzeugung habe, daß ich mich bei der Berathung des Gesetzes geirrt habe. Der Antrag Mies geht allerdings zu weit und ist nicht ausführbar; aber es ist der Wunsch des Landes, daß eine Aenderung eintritt, und deshalb trete ich dem Antrage Weyerbusch bei.
Abg. Ehlers (fr. Vagh: Ich stimme dem Antrage auf Kom⸗ missionsberathung zu und bin auf Grund meiner Erfahrungen als Stadtkämmerer der Ueberzeugung, daß eine Aenderung des Kommunal⸗ abgabengesetzes in dieser Beziehung eintreten muß. Auch Einkommen⸗ steuerpflichtige giebt es, die der Meinung sind, daß die Realsteuern zu stark herangezogen sind, daß aber eine Abhilfe nicht möglich ist, weil der Buchstabe des 289. entgegensteht. Es bleibt den Gemeinden nichts Anderes übrig, als die Regeln des Gesetzes glatt zu erfüllen; denn die von Ausnahmen begegnet immer den größten Schwierigkeiten bei den Behörden. Es giebt viele Arbeiter, welche ein eigenes Häuschen befitzen, die nicht zur Einkommensteuer herange⸗ zogen sind, aber die hohen Realsteuern zahlen müssen. Diese Ver⸗ hältnisse sind so traurig, daß eine gesetzliche Aenderung eintreten muß. Eine Steuervertheilung, welche die Interessenten in den Gemeinden selbst beschließen, ist besser, als jemals ein preußischer Regierungs⸗ Rath sie erfinden kann. Die Absicht sowohl des Antrags Weyerbusch, wie die des Antrags Mies ist als dankenswerth anzuerkennen. Die jetzige Gesetzgebung zwingt die Gemeinden oft gegen ihren Willen, schlecht situierte Hausbesitzer zu stark zu den Gemeindelasten heran⸗ zuziehen. In der Kommission müssen wir eine Fassung finden, die
geeignet ist, den begründeten Beschwerden abzuhelfen.
Abg. von Eynern (nl.): So sehr übereilt sind die Anträge nicht gekommen, wir arbeiten bereits seit Jahren an diesem Gegenstand und haben im vorigen Jahre dieselben Anträge und Reden gehört. neber eine Kritik sind wir bisher nicht hinausgekommen; über den Weg zur Abhilfe konnte sich die vorjährige Kommission nicht einigen, und es ist fraglich, ob diesmal die Kommission zu einem anderen Ziele kommt. Der Staat hat die Grund⸗ und Gebäudesteuer den
emeinden überwiesen, als sie für ihn nicht mehr paßte, und wir haben nun die Erfahrung gemacht, daß sie auch für die Gemeinden nicht mehr paßt. Die Bruttobesteuerung ist allerdings nicht zu ver⸗ meiden; denn sonst würden die Hausbesitzer ihre Häuser voll mit Hypotheken belasten, und dann entschlüpft uns die Steuer ganz; aber an sich ist die Bruttobesteuerung eine ungerechte, und darin lieg der eigentliche Grund der Unzufriedenheit der Hausbesitzer. Durch eine kleine Verschiebung in der Steuervertheilung wird aber die Un⸗ zufriedenheit nicht beseitigt. In den Landgemeinden ist eine solche Verschiebung überhaupt nicht möglich, und der Regierungskommissar hat Recht, der Antrag Mies ist unausführbar. Wir hätten eben seiner Zeit das radikale Mittel anwenden müssen, die Grund⸗ und Gebäudesteuer nicht nur als Staats⸗, sondern auch als Kom⸗ munalsteuer ganz aufzuheben. Zum Ersatz 1“ der § 5 des Zoll⸗ vereinsvertrages aufgehoben werden, wonach die Gemeinden keine Getränkesteuern erheben dürfen. Der Finanz Minister sollte doch auf eine Beseitigung dieser Bestimmung einwirken können, aber dahinter steht allerdings die Weinsteuer. Mit der Einführung von Getränke⸗ steuern könnten sich die großen Gemeinden helfen, die kleinen aber auch nicht. Der Finanz⸗Minister sorgt wohl für die Vortrefflichkeit der Staatsfinanzen, auf die Gemeinden aber wird keine Rücksicht i nommen, wie Herr Noelle mit Recht ausführte. Ich stehe namentlich 1e-e.g. dem Weyerbusch gegenüber und bin mit der Kommissionsberathung einverstanden.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Nöll bemerkt, daß siß 8r Getränkesteuern, auf Wein und Bier, diese Frage nicht
en lasse.
Darauf wird die Diskussion geschlossen.
Im Schlußwort konstatiert als Mitantragsteller
Abg. Dr. Arendt (fr kons.), daß der Antrag Weyerbusch bei allen Parteien sympathische Aufnahme gefunden habe, bedauert aber, daß die Regierung sich gegen die allgemeinen Klagen so schroff ab⸗ lehnend verhalte. Wenn die Regierung in vielen 19 Abweichungen vom Gesetz gestattet hätte, wäre vielleicht die Erregung nicht ent⸗ standen; aber im ganzen Lande sei die Erregung der Faußbefiter all⸗ gemein wegen der schroffen Ablehnung einer Herabsetzung der Real⸗ steuern durch die Regierung. Man sehe die Realsteuern zu sehr durch die Brille der großstädtischen Verhältnisse mit ihren Häuserspekulanten an; aber in den kleineren Städten befinde sich der Hausbesitz in den Händen des Mittelstands. Wenn man Mitttelstandspolitik treiben wolle, müsse man hier ansetzen. Dem Abg. von Eynern müsse er sagen, daß der Finanz⸗Minister nicht den Vorwurf verdiene, daß er die Gemeinden überlaste; denn gerade dieser Minister habe den Ge⸗ meinden die Realsteuern überwiesen.
Abg. Herold (Zentr.) bemerkt in seinem Schlußwort für den Antrag Mies, daß die Art, wie der Regierungs⸗Kommissar sich dem Antrag aus einer großen Fraktion gegenübergestellt habe, von einem Selbstbewußtsein zeuge, das jedenfalls nicht angenehm berührt habe Redner widerspricht ferner einzelnen Ausführungen des Kommissars.
Nachdem Abg. von Eynern in einer persönlichen Be⸗ merkung den Vorwurf aufrecht erhalten hat, daß der Finanz⸗ Minister durch Abwälzung von Staatsaufgaben auf die Gemeinden diese überlaste, werden die Anträge Weyerbusch und Mies an eine Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Schluß 5 Uhr. Nächste Situng Donnerstag 11 Uhr. (Etat der Forstverwaltung; Etat des Ministeriums des Innern.)
Handel und Gewerbe.
Tägliche Feee; estellung für Kohlen und Koks an der * und in Oberschlesien. 8
An der Ruhr sind am 16. d. M. gestellt 13 421, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 1
In Oberschlesien sind am 16. d. M. gestellt 4725, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht zu Charlotten burg standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundstück zu Charlottenburg, Knobelsdorffstraße 22, dem Direktor Paul Blumenreich zu Charlottenburg gehörig; Fläche 6 a; Nutzungs⸗ werth 6350 ℳ; für das Meistgebot von 111 500 ℳ wurde der Kaufmann Edmund Krentzlin zu Berlin, Bülowstraße 55, Er⸗ Se — Grundstück zu Charlottenburg, Carmerstraße 10, dem
aumeister Bernhard Sehring gehörig; Fläche 14,33 a; Nutzungswerth 20 100 ℳ; für das Meistgebot von 403 000 ℳ wurde Frau Wittwe Elise Giese, geb. Kolbom, zu Berlin, Friedrich⸗ straße 209, Ersteherin. — Aufgehoben wurde das Verfahren der
eesree wegen des Grundstücks zu Charlottenburg, armerstraße 11, dem Baumeister Bernhard Sehring gehörig.
— Vom oberschlesischen Kohlen⸗ und Koksmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“”: Die milde Witterung hat auch in der ersten Hälfte des Februar die Gesammtlage des Markts kaum un⸗ ünstig beeinflussen können, denn die täglichen Verladungen bewegten sich noch immer auf einer Höhe von etwas über 5000 Wagen und weisen gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres eine Stetgerung um rund 3 % auf. Es darf dies als ein sicherer Beweis dafür gelten, daß der Bedarf der Industrie noch fortgesetzt steigend ist. In der That herrschte auch gerade nach den speziell für die Zwecke der In⸗ dustrie dienenden kleineren Körnungen eine so lebhafte Nachfrage, daß ihr nicht immer glatt entsprochen werden konnte. Ebenso sind Gas⸗ kohlen fortgesetzt überaus stark begehrt. Die Leuchtgasinduftrie ist dank zahlreicher technischer Verbesserung in stetig fortschreitender Ent⸗ wickelung begriffen, und der Gasverbrauch vieler Orte hat eine bis dahin nicht gekannte 8 erfahren. Hand in Hand damit pet naturgemäß eine entsprechende Erhöhung des Kohlenbedarfs. — Die Ausfuhr nach Oesterreich zeigt eine kleine Abschwächung, wie nach den außerordentlich starken Versendungen im Januar bei der auch in Oester⸗ reich fortdauernd milden Witterung nicht anders zu erwarten war. — Auf dem Koksmarkt entwickeln sich Produktion und b-. weiter in normaler Weise. Eine Einschränkung der Produktion wie in West⸗ falen ist in Oberschlesien nicht erfolgt, und die erzeugten Mengen werden von den Hüttenwerken glatt “ Auf dem Borsigwerk wird die neue, für den Bedarf des eigenen erweiterten Hochofenbetriebes bestimmte Koksanstalt in allernächster Zeit in Betrieb kommen. Der Markt für schwefelsaures Ammoniak liegt still und die Preise haben etwas nachgelassen, doch kann die Tendenz nach wie vor a fest bezeichnet werden. In Benzol macht sich etwas lebhaftere Nachfrage geltend, ohne daß indessen die Preise bisher eine Aufbesse⸗ rung erfahren konnten.
—. In der gestrigen Generalversammlung der Essener Kredit⸗ Anstalt in Essen wurde die Tagesordnung den Anträgen der Verwaltung gemäß erledigt und die Vertheilung von 7 ½ % bidende,
6