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gering
mittel gut 8 Verkaufte
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner
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niedrigster ℳ
höchster
niedrigster höchster höͤchster
ℳ ℳ ℳ ℳ
niedrigster Doppelzentner
Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1)
Durchschnitts⸗ preis
für Durch⸗ 1 Doppel⸗ schnitts⸗
zentner preis
ℳ ℳ
Am vorigen Markttage
Schätzung verkauft
12,50 14,00 12,67 13,75
14,50 14,00 13,00 14,80 15,00 14,50
Marne.. Goslar.. Duderstadt. Lüneburg . Paderborn. inkelsbühl Schweinfurt Biberach.. Ueberlingen. Braunschweig ltenburg . Brumath. Dramburg. Breslau.
Neuß..
Laupheim
„.11“1“
Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Ein liegender Stri pp
Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht ist; ein Punkt
Noch: Hafer. 13,00 13,50 15,50 15,60 14,00 14,00 14,50 14,50
— 15,00 14,80 14,90 14,25
14,75 15,00 15,20 15,14 15,80 15,40 15,70 15,50
16,50 13,75
13,20
14,40
13,00 15,10 13,33 14,00
14,70 14,25 14,40 15,14 15,40 15,50
13,20 14,20
13,50 16,00 14,67 15,30 15,00 15,00 14,75 15,60 15,80 15,70 16,50 14,00
14,80 14,00
9 100 13,00
341 13,64 1 500 15,00 180 15,00 467 14,82 14,64
4 671 15,00 14,96
3 875 15,50 15,80 1 380 13,80 13,90
658 13,71 13,40
13,00
13,66 14,50 14,91
14,60 15,00
— 13,00 14,60 8 Bemerkungen.
206 14,75 15,01
Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
(.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Deutscher Reichstag.
48. Sitzung vom 23. Februar 1898, 2 Uhr. Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats 85 1898 wird bei dem Elat des Reichsheeres, und zwar
ei den einmaligen Ausgaben fortgesetzt.
Die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats sind auf 74 524 968 ℳ Süienlaßt; davon hat die Kommission 71 522 088 ℳ bewilligt und 3 002 880 ℳ gestrichen; von den inmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats, die auf
812 000 ℳ veranschlagt sind, ist nichts gestrichen. Berichterstatter ist der Abg. Gröber (Zentr.): Gestrichen ind, wie derselbe mittheilt, u. A. 21 000 ℳ für den Neubau von Magazingebäuden in Celle (erste Rate); 2 000 000 ℳ von iner Forderung von 3 000 000 ℳ zur Vermehrung der Reserven an Verpflegungsmitteln; 100 000 ℳ zum Neubau on Gebäuden für das Eisenbahn⸗Regiment in Berlin; 3 000 ℳ zum Neubau des Kommandanturgebäudes in Glatz; 05 380 ℳ für das Generalkommando in Altona; 50 000 ℳ ür das Garnisonlazareth in Schleswig ꝛc.
Ueber den Etatsvoranschlag hinaus hat die Kommission
eantragt, für Ersatzbauten in Koblenz aus Anlaß des Verkaufs von Festungsgrundstücken statt der geforderten
250 000 ℳ 322 000 ℳ zu bewilligen.
Gestrichen werden 340 000 ℳ von einer 400 000 ℳ be⸗ tragenden Forderung für den Umbau einer Trainkaserne in Darmstadt.
„Sugesetzt dagegen werden für den Bau von Infanterie⸗
kasernen in Mannheim 200 000 ℳ für den Grunderwerb; es waren nur 8000 ℳ für den Entwurf beantragt.
Bei den Ausgaben zur Ausstattung von Garnisongebäuden
in Elsaß⸗Lothringen bedauert der
Abg. Dr. Hoeffel (Reichep.), daß die im vorigen Jahre gestrichene Ausgabe für einen Kasernenbau in Zabern nicht wieder aufgenommen sei; die Verhältnisse dort seien so bedenklich, daß ein Neubau dringend nothwendig sei.
Preußischer stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗Lieutenant Freiherr von Gemmingen: Meine Herren! In den beiden letzten Etats befand sich ein Betrag von 450 000 ℳ als erste Baurate, um für die geschilderte Kaserne einen Neubau herzustellen. Wahrscheinlich mangels einer genügenden Beredsamkeit ist es uns nicht gelungen, das hohe Haus von der Nothwendigkeit dieses Baues zu über⸗ zeugen. Beide Male hat die Forderung nicht Ihre Billigung gefunden. In der Befürchtung, daß auch abermals der Bau ihre Zustimmung nicht finden würde und überzeugt von der Nothwendigkeit desselben ist die Militärverwaltung mit einem Unternehmer in Verbindung getreten, welcher bereit ist, für die Wellblech⸗Baracken ein Kasernement herzustellen, auf kurze Zeit auch die städtischen Baracken noch auszubessern und sie später durch einen Neubau zu ersetzen. Sie finden die Ermächtigung dazu auf Seite 142 des Etats im Kap. 27 Titel 10a. Da das hohe Haus diesen Posten unbeanstandet bewilligt hat, so hoffen wir, daß der Bau in kurzer Zeit, vielleicht schon in Jahresfrist, hergestellt wird und die Wellblechbaracken ersetzt; durch die Ausbesserungen wird es auch möglich sein, einstweilen noch die Unterkunft in den Baracken leidlich erträglich zu machen.
Zum Neubau einer katholischen Garnssonkirche in Straß⸗ burg im Elsaß werden 88 000 ℳ als letzte Rate bewilligt; der Bau eines L wird abgelehnt.
Für den Ersatzbau der abgebrannten Kaserne in Zwickau sind 225 000 ℳ gefordert.
Auf eine Anregung des Abg. Stolle (Soz.) erklärt der
Königlich sächsische Major Gilbert, daß weder fahrlässige noch absichtliche Brandstiftung vorliege. Der Brand sei nach einer Periode starker Hitze ausgebrochen; die ÜUrsache des Brandes sei nicht aufge⸗ klärt. Die Kaserne sei neueren Datums und erst in den achtziger Jahren erbaut. 8
Abg. Stolle behauptet, die Löscheinrichtungen seien nicht aus⸗ reichend gewesen; es habe in dem Gebäude an Brandmauern gefehlt. Redner fragt, weshalb man die Brandruine noch nicht niedergelegt habe, die eine Gefahr für die Umgegend sei.
Königlich sächsischer Major Gilbert: Die Löscheinrichtungen waren ausreichend, auch die Brandmauern. Die sächsische Militär⸗ verwaltung hat daraufhin sämmtliche Kasernements und Verwaltungs⸗ gebäude untersucht und Verbesserungen angeordnet. Von der Brand⸗ ruine droht der Umgegend keine Gefahr mehr.
Die Ausgaben werden bewilligt.
In dem württembergischen Militär⸗Etat beantragt der Abg. Dr. Lieber Kent), entgegen dem Kommissionsbeschlusse, den Titel 186: Zur Erweiterung des Bekleidungsamts des “ in Ludwigsburg, erste Rate 6500 ℳ, zu streichen.
Abg. Müller⸗Fulda (Zentr.) befürwortet den Antrag, weil die Frage dieses Neubaues noch nicht spruchreif sei.
Württembergischer stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundes⸗ rath, Wirklicher Geheimer Kriegsrath von Horion: Meine Herren! Es handelt sich hier um eine kleine Summe von 6500 ℳ zur Be⸗ arbeitung eines Entwurfs für die Erweiterung des Bekleidungsamts in Ludwigsburg. Die württembergische ilitärverwaltung be⸗ absichtigt das Bekleidungsamt in einer Weise auszudehnen, daß es die ganzen Bekleidungen für den Frieden und für den Krieg für das Armee⸗Korps anfertigen kann. Bis jetzt ist das Bekleidungs⸗ amt nur in der Lage, die Leder⸗ und Schuhmacherarbeiten ausführen
eintreten, daß in Zukunft alle Bekleidungsarbeiten dort angefertigt werden können. Meine Herren, die Einführung der zweijährigen Dienstzeit hat es mit sich gebracht, daß die Regimenter nicht mehr wiefrüherin der Lage sind, sich ihre Bekleidung selber anfertigen zu können, sondern daß ein dringendes Bedürfniß eingetreten ist, sie von dieser Last zu befreien und ihnen die Bekleidungsstücke durch die Bekleidungsämter zu liefern. Es ist das keine neue Idee der württembergischen Militärverwaltung, denn die sächsische Militärverwaltung verfährt schon seit langer Zeit so. Auch in Preußen ist ebenfalls dieses Prinzip aufgestellt Eund bei perschiedenen Bekleidungsämtern durchgeführt, wozu der Reichstag auch schon besondere Gelder bewilligt hat. Nun glaube ich, sollte man der C Militärverwaltung nicht das Geld versagen, um wenigstens einen Entwurf zur Durch⸗ führung eines gleichen Programms zu machen. Die württembergische Militärverwaltung hält gerade dieses Jahr für ganz besonders ge⸗ eignet, weil sie unter den einmaligen Ausgaben nur 330 000 ℳ für Bauten fordert und, wenn von dieser Summe noch 70 000 ℳ abge⸗ setzt werden, wie dies ja bei späteren Titeln der Fall sein wird, ihr für das ganze Jahr 260 000 ℳ übrig bleiben. Dies Jahr wäre also am allergeeignetsten, einen Entwurf ausarbeiten zu lassen. Wenn der Herr Abg. Müller (Fulda) gesagt hat, die Sache ist zu wenig vorbereitet, so muß ich das zugeben. Sie soll erst vorbereitet werden, wir wollen erst das Geld haben, um den Entwurf zu machen. Die Generalidee steht fest und die habe ich vorhin vorgetragen. Ins Einzelne natürlich können wir jetzt nicht gehen, weil wir eben das Geld haben wollen, um den Entwurf zu stande zu bringen. Ich möchte daher bitten, der Militärverwaltung die Summe zu elassen. Herr Abg. Müller hat auch noch darauf aufmerksam gemacht, die württembergische Militärverwaltung hätte in den letzten Jahren durch ungenaue Veranschlagung Veranlassung zu Beschwerden gegeben. Meine Herren, einer dieser Fälle bezieht sich auf die Erwerbung des Korps⸗Uebungsplatzes bezw. auf die Anlage des Lagers. Bei dem Bau der Uebungslager haben allgemein Verhältnisse vor⸗ gelegen, die überhaupt neu in der Militärverwaltung waren, und unter denen, glaube ich, in jedem einzelnen Fall Ueberschreitungen der früheren Entwürfe vorgekommen sind, also auch in der württem⸗ bergischen Militärverwaltung; daraus ist ihr, glaube ich, kein Vor⸗ wurf zu machen. Wenn der Entwurf zur Erweiterung des Bekleidungs⸗ amts dem hohen Hause vorgelegt sein wird, so wird der Reichstag durch den heutigen Beschluß in keiner Weise gebunden sein, er kann im nächsten Jahre immer noch die Mittel zur Ausführung ablehnen, wenn der Entwurf so ausfallen sollte, daß er das Gefallen des Hauses nicht findet. Nun hat die Budgetkommission sich für die Position ausgesprochen. Es ist von keiner Seite bis jetzt ein Beschluß der Budgetkommission angefochten worden. Wenn ich auch zugeben muß, daß die Majorität in der Kommission keine große war, so ist es doch auffallend, daß jetzt bei dieser kleinen Summe, und zwar zur Vor⸗ bereitung eines Bauprojektes nun der Beschluß der Kommission um⸗ gestoßen werden soll. Ich bitte Sie, an dem Beschluß der Budget⸗ kommission festzuhalten.
„Abg. von Massow (d. kons.): Zur besseren Durchführung der zweijährigen Dienstzeit ist die Entlastung der Kompagnien von den Schneiderarbeiten nothwendig; deshalb muß das Bekleidungsamt er⸗ weitert werden.
Nach wiederholter Befürwortung des Antrages Lieber durch den Abg. Müller⸗Fulda nimmt noch einmal das Wort der
Württembergische stellvertretende Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, Wirkliche Geheime Kriegsrath von Horion: Der Herr Vor⸗ redner bemängelt auf der einen Seite, daß die Bauvorschläge nicht innegehalten worden sind, auf der anderen Seite will er von der württembergischen Militärverwaltung jetzt, ehe der Entwurf fertig ist, schon eine Summe benannt wissen, die für den Bau von Ma⸗ schinen u. s. w. aufgewendet werden soll. Die württembergische Militärverwaltung ist in diesem Fall zu vorsichtig gewesen, um eine bestimmte Summe anzugeben; gerade der Entwurf sol letztere genau feststellen. Es ist nur der Betrag von 500 000 ℳ als eine ungefähre Summe genannt worden für die Bauten, die erforderlich werden; was an Maschinen gebraucht wird, das entzieht sich zur Zeit noch der Berechnung.
Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrums, der Polen und der deutsch⸗sozialen Reformpartei wird der Antrag Lieber abgelehnt und die Forderung bewilligt.
Bei den Ausgaben für die Errichtung eines Remonte⸗
depots für das Württembergische Armee⸗Korps hat die Kom⸗ mission 715 000 ℳ für ein Wohngebäude angesetzt. „Abg Dr. Schultz⸗Lupitz (Rp.) bemängelt, daß ein Offizier an der Spitze des Remontedepots stehe; dahin gehöre ein tüchtiger Landwirth. Das Haus tritt dem Antrage der Budgetkommission bei. Die einmaligen Ausgaben des außerordentlichen Etats werden ohne Debatte genehmigt.
Schluß 4 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2 Uhr. (Anträge wegen der Berufsvereinl)
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 29. Sitzung vom 23. Februar 189 Ueber den ersten Theil der Sitzung ist schon berichtet worden.
Bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend das Anerbenrecht bei Landgütern in der
Provinz Westfalen und in den Kreisen Rees, Essen (Land),
b können, dagegen von den Schneiderarbeiten nur den allergerin sten heil. Es soll also eine wesentliche Vergrößerung in der Vezie ung
8 283
bemerkt in Erwiderung auf die Ausführungen der Abgg Noelle (nl.), Dr. Freiherr von Heere entr. Gamp 8 n 88 1 8 1
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Meine Herren! Ich will aus den Ausführungen des Herrn Abg. Gamp nur zwei Bemerkungen herausgreifen, die unmittelbar das Justizressort betreffen. Der Herr Abg. Gamp hat geglaubt, den Mißerfolg der Landgüterordnung in Westfalen zum wesentlichen Theil zurückführen zu müssen auf die Abneigung oder das mangelnde Ent⸗ gegenkommen der mit der Ausführung des Gesetzes betrauten Richter. Nun will ich nicht in Abrede stellen, daß manche Richter den wesentlichen
es giebt eine größere Zahl von Richtern, die, in römisch⸗rechtlichen An⸗ schauungen aufgewachsen, von vornherein dem Gesetz eine gewisse Ab⸗ neigung entgegengetragen haben, und die es deshalb unterlassen haben mögen, auf die Angewöhnung der Bevölkerung an die Bestimmungen des Gesetzes in einer Weise hinzuwirken, wie es wohl ihrer Stellung entsprochen haben möchte. Solche Klagen sind auch schon früher in diesem Hause laut geworden, und daß sie der Begründung nicht überall entbehren, will ich ohne weiteres zugeben. Aber darauf den Mißerfolg des Gesetzes zurückzuführen, würde ich doch für gewagt halten. Ich kann demgegenüber wiederum anführen, daß es eine ganze Reihe von Richtern in Westfalen giebt und gegeben hat, die sich die allergrößte Mühe gegeben haben, dem Gesetze in den Kreisen der betheiligten Bevölkerung Eingang zu ver⸗ schaffken, daß aber nach mir vorliegenden amtlichen Be⸗ richten diese Bemühungen gänzlich gescheitert sind an der natürlichen Abneigung der ländlichen Bevölkerung West⸗ falens, einen Sprung ins Dunkle zu machen, wie man sich hier und da ausgedrückt hat, und eine Eintragung in die Landgüter⸗ rolle vornehmen zu lassen, von der sie nicht wußten, ob sie nicht dadurch eine Beeinträchtigung in ihren Rechten erleiden würden. Es
angehört, gesagt worden, daß auch dort ähnliche Erfahrungen gemacht seien, daß man sich auch dort vielfach die größte Mühe gegeben habe, die Bauern zur Eintragung in die Landgüterrolle zu bewegen, aber alle Bemühungen seien vergeblich gewesen. verpflichtet, hierauf hinzuweisen, damit nicht etwa aus den Ausführungen des Herrn Abg. Gamp die Schlußfolgerung gezogen würde, es bedürfte des heute vorgelegten Gesetzes nicht, sondern es werde bei geeigneter Einwirkung der Justizverwaltung auf die Richter schon mit der Landgüterrolle der Zweck des Gesetzes erreicht werden können. Das würde ich für im höchsten Grade verfehlt halten, eund deshalb bitte ich Sie, aus diesen den Richtern gemachten Vorwürfen, deren Begründung ich übrigens in dem Umfange, wie dies der Herr Abg. Gamp gethan hat, keineswegs zugeben will, keine für das Gesetz nachtheilige Folgen zu ziehen.
Zweitens hat der Herr Abg. Gamp den Zweifel angeregt, ob gegenüber den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Vorschläge dieses Entwurfs überhaupt zulässig seien. Ich glaube, dieser Zweifel entbehrt jeder Begründung. Wenn das Einführungsgesetz zum Bürger⸗ lichen Gesetzbuch die selbständige Regelung des Anerbenrechts aus⸗ drücklich der Landesgesetzgebung vorbehält, so hat dafür doch nur der Gedanke maßgebend sein können, daß auf diesem Gebiet die erbrecht⸗ lichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und damit auch das Pflichttheilsrecht desselben außer Anwendung gesetzt werden könnten. Denn darin liegt ja gerade das Wesentliche des Anerbenrechts, daß es für die demselben unterworfenen ländlichen Besitzungen an die Stelle der Regeln des gemeinen Erbrechts andere Grundsätze für die Erbfolge in das Anerbengut aufstellt. Das ist im wesentlichen Grunde der Sinn des Vorbehalts des Einführungsgesetzes, und darüber, glaube ich, be⸗ steht kein Zweifel, daß die Landesgesetzgebung vollkommen befugt und in der Lage ist, solche Bestimmungen einzuführen, wie sie der Ent⸗ wurf dieses Gesetzes enthält.
Abg. Brandenbur entr.) führ a f . säͤbrigen⸗ Erfahrung mit 8— s.nac seiner lang⸗ Thätigkeit in Hannover die Hofbesitzer das Anerbenrecht als ihr Bestes ansähen und daher †aller Hofbesitzer von der Eintragung der An⸗ erbengutseigenschaft Gebrauch gemacht hätten. Wirthschafilsche Nachtheil⸗ seien durch das Anerbenrecht in Hannover nicht hervorgerufen worden. Dieselben Verhältnisse beständen in Westfalen, und daher hätten auch der Westfälische Bauernverein und der Westfälische rovinzial⸗Landtag den Vorschlag der gesetzlichen Einführung des Anerbenrechts gut⸗ geheißen. Dieses Erbrecht solle ja nur eintreten, wenn der Erblasser nicht selbst eine andere Verfügung getroffen habe, und nur in den
Bezirken, wo die wirthschaftlichen Voraussetzungen dafür vor⸗ handen seien.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
Dr. von Miquel:
Meine Herren! Da ich und meine Herren Kollegen sehr bald
Essen (Stadt), Duisburg, Ruhrort und Mülheim a. d. Ruhr,
1“ 111“
n eine Sitzung des Staats⸗Ministeriums gehen m
nach überschläglicher
Grundprinzipien dieses Gesetzes sich nicht freundlich gegenübergestellt haben;
2 2 1 2 1 2 8 — ist mir noch soeben von einem Mitgliede dieses hohen Hauses, das als Richter einer anderen Provinz, der Provinz Schleswig⸗Holstein
Ich halte mich für 3
Ferührt.
Herr Abg. Gamp hat gemeint, daß es allerdings wünschens⸗ werth sei, daß die als Abfindungsbetrag konstituierte Rente mittels Rentenbriefe in Kapital verwandelt werden könnte. Ich theile diese Ansicht durchaus. Wenn er nun aber gemeint hat, daß, wenn der Staat das nicht übernehmen wolle, die
Provinzen es noch viel weniger könnten, so ist das ein Trugschluß, — er mag mir das nicht übel nehmen. Hier liegt vorläufig ein aus⸗ schlie ßlich provinzielles Interesse für eine einzelne dortige Be⸗
völkerungsklasse vor. Wenn also wirklich ein Risiko vorliegt, so müssen gerade provinzielle Institute diese Aufgabe lösen, aber keines⸗ wegs staatliche. Der Herr Abg. Gamp ist ja selbst im höchsten Grade bedenklich dabei, diese provinzielle Vorlage auszudehnen auf die übrigen Landestheile. Wie würde der Staat es verantworten können, zu Gunsten einer einzelnen Provinz solche Risiken auf sich zu nehmen und solche Institute zu begründen? .
Aber, meine Herren, auch weiter: so sehr ich das Bedürfniß anerkenne, ein Institut zu haben, welches diese Renten in Renten⸗ briefe verwandelt, so unbedenklich scheint es mir, die Lösung dieser Aufgabe der Provinz zu überweisen. Ich bin der Meinung, daß die⸗
jenigen Abfindungen — und auf solche Renten allein könnte sich ja eine solche Verwandlunghin Rentenbriefe nur beziehen —, also die⸗ jenigen Renten, welche auf Grund dieses Gesetzes und innerhalb der Grenzen desselben konstituiert sind, genügende Sicherheit bieten, um darauf ein provinzielles besonderes Institut oder ein Institut im An⸗ schluß an die Pfandbriefinstitute der Provinz zu errichten. Nach meiner Meinung haben wir hier eine genügende reale Unterlage, um solche Rentenbriefe, wenn ich so sagen darf, kursfähig zu machen. Ich erblicke also darin gar kein so großes Risiko. Ich hoffe, daß die Provinz Westfalen, die ja nicht bloß in der ländlichen Bevölkerung,
sondern, wie die Verhandlungen im Provinzial⸗Landtage bewiesen haben,
ebenso in der städtischen Bevölkerung von der Nothwendigkeit eines
solchen Gesetzes durchdrungen ist, auch den Beschluß faßt, nun sich selbst zu helfen durch Errichtung eines provinziellen Instituts. Daß
ein solches Institut, weil der Staat ja in vollem Maße anerkennt, daß es im höchsten Grade wünschenswerth wäre, ein solches Institut zu haben, jede Förderung dabei erfahren würde, das brauche ich nicht noch besonders zu betonen.
Meine Herren, sodann haben mehrere der Herren Redner, namentlich auch die Abgg. Gamp und Freiherr von Heereman, darauf bingewiesen, daß dieses Gesetz nicht den Erfolg haben dürfe, Anstedelungen von Arbeitern, namentlich in den mehr industriellen durch den Erwerb einer kleinen Scholle Land zu . Der Herr Abg. Gamp hat allerdings behauptet, das schiene ihm doch der Fall zu sein nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Das ist nun ein vollkommener Irrthum. In dieser Frage ändert das vorliegende Gesetz nicht das Geringste. Denn that⸗ sächlich hat ja das Anerbenrecht bisher in voller Kraft bestanden in⸗ folge der Sitte und des Rechtsgefühls der Bevölkerung. Thatsächlich werden auch in Zukunft die Hofbesitzer vollkommen berechtigt sein, zu dem Zweck einzelne Theile ihres Hofes abzuverkaufen. Nichts in diesem Gesetz hindert sie in dieser Beziehung in der freien Verfügung. Ja, meine Herren, das Vorkaufsrecht, welches den abgefundenen Erben zusteht innerhalb einer bestimmten Zeitperiode beim Verkauf des ganzen Hofes, bezieht sich nicht einmal auf solche Abverkäufe, worüber man sogar zweifelhaft sein könnte, ob das nicht eine zu große Bevorzugung des Anerben wäre. Also diese Auffassung ist irrig, und ich würde auch meinerseits ein Gesetz für
sehr bedenklich halten, welches die sehr heilsame Entwickelung, daß die Industriearbeiter in Westfalen so weit wie mög“ lich auch etwas Landbau betreiben, was glücklicherweise in einem größeren Theil Westfalens oft der Fall ist, hinderte. Ich würde Bedenken haben, eine solche Vorlage zu vertheidigen, wenn dieser nachtheilige Erfolg daraus entstände. Meine Herren, ich habe daneben noch das Wort ergriffen, um nochmals ausdrücklich den weitverbreiteten Mißverständnissen gegen⸗ über und den systematischen Verdunkelungen, die in dieser Be⸗ ziehung durch die Gegner des Anerbenrechts versucht werden, zu betonen, daß wir hier ein Gesetz nicht vor uns haben, welches in irgend einer Weise die freie Disposition des jeweiligen Eigenthümers beschränkt. „Unter Lebenden und von Todes wegen“ wird die freie Disposition des Eigenthümers garnicht Während ich noch vor einiger Zeit in einem angesehenen Blatte gelesen habe, daß ich zuerst den Junkern den Muth gemacht hätte, mittels des Anerbenrechts neue Beschränkungen der Eigenthums⸗ freiheit hier einzuführen, während ein süddeutscher Gelehrter mir zutraut, daß ich das Obereigenthum wieder einführen wollte und die Bauern wieder in die Sklaverei bringen möchte, während selbst
also gelehrte Männer solchen irrigen Ansichten huldigen, lege ich das
größte Gewicht darauf, zu betonen, wie verkehrt und wie irrig alle solche Vorstellungen sind. Meine Herren, ich thue das aus dem Grunde, weil ich bei wachsender Aufklärung der ländlichen Bevölke⸗
sondern allmählich weitere Eroberungen machen wird. (Hört, hört!) Das ist meine Hoffnung. Meine Herren, ich stehe dabei vollkommen auf dem Standpunkt, den die beiden Herren Redner aus dem Zentrum bezeichnet haben, daß man ein solches Gesetz keiner widerwilligen Bevölkerung von oben herab auf⸗ legen darf. (Sehr richtig! im Zentrum.) Das muß von der Be⸗
sehen, daß ein solches Gesetz in ihrem sozialen und wirthschaftlichen Interesse liegt, und daß es dem Rechtsgefühl in der Familie, nament⸗ lich in dem Verhältniß der Kinder untereinander, in keiner Weise widerspricht. Soweit und solange das nicht der Fall ist, meine Herren, kann man nach meiner Meinung dies Gesetz nicht ausdehnen. 1 Warum habe ich aber die Hoffnung, daß dennoch in einem
großen Theile der östlichen Monarchie ähnliche Gesetze schließlich auf
der allgemeinen Grundlage des Entwurfs, abgesehen von pro⸗ vinziellen Modifikationen, durchdringen werden? Weil diese Art der Vererbung nicht bloß eine historisch zufällig entstandene oder, wie einige Rechtslehrer und Historiker glauben, aus dem gutsherrlichen Verbande entstandene Institution ist und dergleichen, sondern weil dies das Vererbungsrecht ist, welches dem wahren
theilen entspricht. Mieiinne Herren, wenn dafür überhaup
wäre für den, der die ländlichen Verhältnisse kennt, so würde die Thatsache genügen, daß die Grundlage des Anerbenrechts in einem großen Theile Preußens und Norddeutschlands zwar nicht als s. g. gemeines Recht besteht, aber trotz des entgegen⸗ stehenden gemeinen Rechts, des Landrechts, thatsächlich gehandhabt wird. Meine Herren, ein entschiedener Gegner des Gesetzes im Herrenhause erzählte: was brauchen wir in Preußen ein folches Gesetz? wir machen das ja alles in den Familien selbst so, da brauchen wir doch kein Gesetz. Ich sage umgekehrt: weil ihr es in den Familien so macht, weil das eurem Rechtsgefühl, euren wirth⸗ schaftlichen Interessen, den Verhältnissen des Grundbesitzes entspricht, da könnt ihr gerade das Gesetz brauchen, und ihr seid dann nicht mehr verpflichtet, in jedem Fall eine besondere testamentarische oder Ehe⸗ stiftsverfügung und dergleichen zu machen.
Wenn in diesen Provinzen ohne besondere Disposition ein Bauerngutsbesitzer stirbt, dann tritt das dort geltende gemeine Recht ein gegen denvermuthlichen Willen desjenigen, der aus irgend welchen zufälligen Umständen nicht testiert hat oder nicht testieren konnte; da kann nun die Theilung des Hofes erzwungen werden, und ich sage, das entspricht nicht dem vermuthlichen Willen, und, meine Herren, ein Intestaterbrecht muß sich aber an den vermuthlichen Willen desjenigen anschließen, der nicht testiert hat.
Meine Herren, man spricht immer davon, dieses sei ein Aus⸗ nahmegesetz, die besondere Konstituierung eines Erbrechts, das vom gemeinen Recht abweiche. Das bestreite ich wenigstens für die west⸗ lichen Landestheile, da, wo nicht die Naturaltheilung besteht, voll⸗ kommen. Welch' einen Anspruch können die römischen Juristen er⸗ heben, daß das römische Erbrecht, welches nie in das Landvolk auf diesem Gebiet gedrungen ist, seit der Einführung des römischen Rechts thatsächlich nicht gegolten hat, das gemeine Recht sei? Dieses deutsche Recht, von dem wir hier sprechen, ist das wahre, gemeine Recht, und dieses gemeine Recht wollen wir jetzt wieder gesetzlich sichern und anerkennen.
Meine Herren, kann denn die Landwirthschaft — seien Sie doch mal gerecht — es ertragen, daß, wenn der Hof nun einmal nicht getheilt werden kann, bei jeder Beerbung große Kapitalien nach Außen abgegeben werden müssen, die dem Boden nicht zu gute kommen, — und die meisten solcher Höfe sind ja wirthschaftlich, nicht rechtlich, untheilbar; das möchte ich dem verehrten Herrn Juristen sagen, der uns vom rein juristischen Standpunkt die Sache darlegte: weil ein bestimmtes Verhältniß von Acker, Wiese, Wald oder Weide zu dem Gebäude vorhanden ist, das die Theilung eines solchen Hofes unwirthschaftlich und zur Kapitalverschwendung macht. (Sehr richtig!) Ist nun einmal ein solcher Hof thatsächlich untheilbar, ist es daher in Wahrheit nur rationell, daß einer den ganzen Hof bekommt und behält — und es gilt dann das römische Pflichttheilsrecht, wenn eine Verfügung vor⸗ handen ist und eine Theilung nicht erzwungen werden kann, und das römische Pflichttheilsrecht ist ein starkes Zwangsrecht für den Eigenthümer, viel mehr als diese Bestimmungen, die wir hier im Anerbenrecht haben — dann wird der Hof in der ersten Generation vielleicht noch nicht überlastet, in der zweiten Generation, da die für die hbohen Abfindungen auf⸗ genommenen Schulden nicht abgezahlt werden konnten, ist schon wenig mehr zu theilen, und für die dritte Generation sind die Schulden schon so gestiegen, daß überhaupt nichts mehr zu theilen ist.
Meine Herren, ich behaupte, in meiner Heimath, im Osna⸗ brückschen — wovon ja auch der verehrte Herr Vorredner gesprochen hat, der die Verhältnisse dort ganz zutreffend geschildert hat — bekommen die abgefundenen Kinder mehr, als in den⸗ jenigen Landestheilen, wo hauptsächlich infolge des römischen Erbrechts die starke Belastung der Höfe mit Schulden durch die zu hohen Ab⸗ findungen entstanden ist. Fügen Sie dem noch hinzu, daß es in der menschlichen Natur liegt, in dem guten Glauben des Besitzers an den Werth seines Gutes, daß bei derartigen Abfindungen in der Regel der Werth des Gutes überschätzt wird, und dadurch schon eine zu große Schuldenbelastung des Hofes eintritt; bedenken Sie weiter, daß der dauernde Werth des Hofes doch stets rekonstruiert werden muß von Jahr zu Jahr durch die eigene Arbeit des Gutsabnehmers, der überdies das ganze Risiko hat, während die abgefundenen Erben baares Geld bekommen, und dann eine andere wirth⸗ schaftliche Thätigkeit beginnen können; denn der Werth des Hofes muß, wie Goethe sagt, Jahr aus Jahr ein von den Vätern erworben, neu gewonnen werden, und er wird er⸗ halten allein durch die Arbeit und die Leistungen des Gutsabnehmers —
so werden Sie die Dinge richtig sehen, dann werden Sie finden, daß alle diese Verhältnisse nothwendig auf eine solche, thatsächlich schon bestehende Vererbung drängen, und ich rufe zum Zeugniß die Herren Abgeordneten aus den verschiedenen Landestheilen auf, ob nicht in vielen Landestheilen des Nordens Preußens diese Zustände sich so ge⸗ staltet haben, wie ich sie eben hezeichnet habe. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, deswegen kommt es für diejenigen, die einen ersten Schritt zur Erhaltung einer leistungsfähigen, kräftigen, auf ihrem Boden seßhaften Landbevölkerung in diesem Gesetz er⸗ blicken, darauf an, über das Wesen desselben Aufklärung zu verbreiten. Ich habe mir — ich moöchte sagen, scherzhafter Weise — im Herrenhause zu sagen erlaubt, die landwirthschaftlichen Vereine in den östlichen Provinzen könnten wohl mal einen Tag über⸗ schlagen, wo sie sonst von Zollfragen gesprochen hätten, und von dem Wesen des Anerbenrechts und dem großen Interesse, welches die Er⸗ haltung eines tüchtigen Bauernstandes hier zu vertreten hat, reden, um die nöthige Aufklärung zu verbreiten; dann wollen wir abwarten — ob nicht in einigen Jahren, vielleicht in zehn, zwanzig Jahren, ein großer Theil von uns wird es ja nicht erleben — ob die künstlichen Schranken, welche diesem natürlichen Rechtszustande der Landbevölke⸗ rung bisher entgegenstanden, weggeräumt werden, ob nicht die In⸗ telligenz des deutschen Bauern⸗ und Grundbesitzerstandes soweit reicht, sich auch allen Nutzen anzueignen, der nach meiner Meinung heute durch dieses Gesetz der Provinz Westfalen zufällt. (Bravo! rechts.)
stein:
Meine Herren! Nur wenige Wortetee! 6
Der Herr Abg. Gamp hat an die Staatsregierung die Frage ge⸗ richtet, ob und welche Maßnahmen sie zu ergreifen beabsichtige, um der zunehmenden Verschuldung des Grundbesitzes vorzubeugen. Ich kann hier nur wiederholen, was ich auf eine ähnliche Anfrage im Herrenhause bereits ausgeführt habe, nämlich, daß die Staatsregierung gewillt ist, ernstlich dieser Frage näher zu treten, auch insofern
Schritte bereits gethe
Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗
eine ganze Reihe hierauf bezüglicher Fragen den land⸗ wirthschaftlichen Interessenvertretungen vorgelegt hat. Ein Theil der Antworten liegt vor, ein anderer steht noch aus. Die Staatsregierung wird demnächst mit dieser außerordentlich schwierigen Frage sich eingehend zu beschäftigen haben, rücksichtlich deren ichlaber jetzt schon anführen möchte, daß sie viel leichter zu lösen ist zu einer Zeit, in der die Landwirthschaft nicht im Niedergang, als wenn dieselbe im Aufblühen begriffen ist. Alle in Frage kom⸗ menden Maßnahmen berühren tief die realen Kreditverhältnisse, und das ist um so bedenklicher, je schwieriger die Lage der Landwirthschaft an sich schon ist. Das, meine Herren, zu der allgemeinen Anfrage Der Herr Abg. Gamp wird sich einstweilen noch gedulden müssen. Eine fernere Aeußerung des Herrn Gamp giebt mir zu einer kurzen Erwiderung Veranlassung. Herr Gamp hat abfällig kritisiert, daß in der Ausführung’ dieses Gesetzes der General⸗Kommission eine Mitwirkung übertragen wird. Er hat die Begründung dafür mit der allgemeinen Bemerkung sich sehr leicht gemacht, daß er ausführte, die General⸗Kommissionen erfreuen sich im Ganzen in der Monarchie
nicht des Vertrauens der betheiligten Bevölkerung. b Meine Herren, die Gründe, weshalb man die General⸗Kommissionen — mit dem Geschäfte betraut hat, sind in der Begründung ausführlich dargelegt; ich will sie nicht wiederholen. Es ist da auch des weiteren ausgeführt, weshalb man Kreisausschüsse bezw. Selbstverwaltungs⸗ organe mit dieser Funktion nicht betrauen zu können glaubt. Die allgemeine Behauptung des Herrn Abg. Gamp, daß die General⸗ Kommissionen das Vertrauen der Bevölkerung nicht besitzen, ist zweifellos nicht richtig. Ich könnte Ihnen das Gegentheil beweisen. Aber, meine Herren, in dem vorliegenden Falle, glaube ich, ist doch gerade die Provinzialverwaltung für Westfalen am berufensten, die Frage zu beurtheilen, ob die Geschäfte einer General⸗Kommission in Münster anzuvertrauen sind; gegen die Anvertrauung dieser Geschäfte an die General⸗Kommission in Münster ist auch nicht von einer Seite Widerspruch erhoben worden. Daraus geht hervor, daß, wenn selbst die Behauptung an sich richtig wäre, was ich bestreite, sie für Westfalen jedenfalls nicht zutrifft. Aber ich glaube auch, die General⸗Kommissionen gegen den hier oft aufgetretenen Vorwurf — sie unterstehen meiner Verwaltung — in Schutz nehmen zu sollen. 8
Wenn man der Sache auf den Grund geht, sind es gewöhnlich Personenfragen, die da in Frage kommen. Irgend ein Mitglied der General⸗Kommission, ein Spezialkommissar, hat bei Theilungen, bei Konsolidationen, bei Auseinandersetzungen Differenzen gehabt und hat nicht aller Betheiligten Wünsche erfüllen können, oder es sind Ver⸗ zögerungen im Verfahren eingetreten ohne Schuld der General⸗ Kommissionen, sofort erhebt man Vorwürfe gegen die General⸗ Kommissionen im allgemeinen. Meine Herren, ich stehe diesen Ver⸗ hältnissen sehr nahe und habe, weil so häufig dieser Vorwurf auftritt, mir Mühe gegeben, festzustellen, ob denn wirklich ein allgemeiner sachlicher Grund für dieses Mißtrauen vorliegt. Ich habe im Gegentheil, je näher ich den Verhältnissen getreten bin, gefunden, daß für solches Mißtrauen wesentliche Gründe nicht geltend zu machen sind. In der Presse wird dann die Sache aufgebauscht sehr zum Nachtheil der Ver⸗ waltung wie der Betheiligten selbst. Im allgemeinen ist die Be⸗ völkerung dankbar für die Thätigkeit der General⸗Kommissionen in Theilungen und Verkoppelungen; diese zwei richterlichen Behörden erfreuen sich durchgehends eines berechtigten und wohlbegründeten Ver⸗
trauens.
Abg. Wintermeyer (fr. Volksp.): Wenn die deutsche Rechts einheit durch ein solches Gesetz unterbrochen werden solle dann müsse nachgewiesen werden, daß wirthschaftlich ein dringendes Bedürfniß für die Einführung des Anerbenrechts vorliege. Die Tendenz gehe dahin, überhaupt das Anerbenrecht zum Erbrecht des Grundbesitzes zu machen, und da müsse seine Partei sich doch fragen, ob sie dafür stimmen könne. Unter dem bisher in Westfalen Erbrecht sei der Grundbesitz keineswegs zurückgegangen; auch in Hessen⸗Nassau habe die freie Theil⸗ barkeit des Gnünöbeste eine solche Wirkung nicht gehabt. Im Interesse der Ansiedelung von Arbeitern müsse eine Zersplitterung des Grundbesitzes offen bleiben. In der Kommission müsse dahin gestrebt werden, daß das Auerbenrecht wenigstens nur für die Höfe eingeführt werde, für welche ein wirkliches Bedürfniß vorliege. Die Verschul⸗ dung sei bei der freien Theilbarkeit geringer, als beim Bestehen des Anerbenrechts. Das w.gegs-e⸗ gebe nur dem Anerben einen Vorzug,
ereiche aber den Miterben zum Nachtheil; für eine solche Bevorzugung öönne er nicht stimmen.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Holtermann führt aus, daß die Verschuldungsstatisti in Westfalen keinen Beweis zu Gunsten der freien Theilbarkeit ergebe, denn in Westfalen sei ja von dem emeinen Erbrecht kaum Gebrauch gemacht worden. Die Ver⸗ eeen in Westfalen sei geringer als in den anderen Provinzen; das sei dem dort geübten Anerbenrecht zuzuschreiben. Die Statistik beweise ferner, daß das Anerbenrecht die Miterben nicht benach theilige, daß diese vielmehr zum größten Theile selbständige Unter⸗ nehmer in der Landwirthschaft oder im Gewerbe oder Beamte, Rechtsanwalte, Geistliche, Lehrer und Aerzte geworden seien. Auch die weiblichen Abfindlinge seien in guten Vermögensverhältnissen geblieben. 1 Abg. Willebrand (Zentr.) bekennt sich auf Grund seiner lang. jährigen richterlichen Erfahrung in Westfalen als ein Freund d Vorlage. Das römische Erbrecht habe bei den westfälischen Bauern niemals Wurzel gefaßt. Die Vorlage entspreche in allen wesentlichen unkten den westsal en Gewohnheiten. Herr Gamp köͤnne nicht eweisen, deß die Richter in Westfalen die Bauern von der Ein⸗ tragung in die Höferolle zurückgehalten hätten. Abg. Dr. Langerhans 6 r. Volksp.) bestreitet die Richtigkeit der Behauptung, daß die Freiheit der Verfügung des Besitzers über ein Gut unbeschränkt gelassen werde. Das Bürgerliche Gesetzbuch sine die Rechtseinheit ein; das Fortbestehen der verschiedenen Rechte n den verschiedenen Gegenden des einen gemeinsamen Vaterlandes sei unerträglich, aber diese Vorlage schaffe verschiedenes Recht. Wenn unter dem bisherigen Erbrecht, fährt Redner fort, sich vernünftige ustände entwickeln konnten, so dürfen wir es nicht ändern. Die Festände, beweist, daß die Latifundien den Ruin des Staats be⸗ deuten; 88 werden schlecht bewirthschaftet und sind das Schädlichste für die Landwirthschaft. Der Freiherr vom Stein, dessen Bildsäule vor unserem Hause hier steht, hat, als das Vaterland im tiefsten Elend war, unseren Bauernstand geschaffen durch die 8. der Beschränkungen des Grundbesitzes. Ob der Groß⸗ oder der Klein⸗ besitz mehr verschuldet ist, lasse ich ve die Statistik ist ja eine liebenswürdige Dame, die sich nach der einen oder anderen ite zureden läßt. Wenn der Herr Minister von Miquel sich im Herrenhause dahin aussprach: „Wir gehen weiter in der Beschränkung der Hiüapofittgazefugnisse dfr 5 Grundbesitzer“, so kann ich nur sagen: Vor mit diesem Gese enn ne serungs⸗ bemnn Dr. Holtermann bestreitet, daß der Minister sich 88 Herrenhause in diesem Sinne ausgesprochen habe. Abg. Sielermann l(kons.) spricht sich namens seiner Freunde für die 83 aus. Die Höferolle habe nicht genügt, und deshalb müsse das Anerbenrecht gesetzlich eingeführt werden. Manche einzelne ö Vorlage entsprächen allerdings nicht ganz den
Gewohnheiten in Westfalen, 3 B. nicht die Bestimmung über die