ihr politisches Leben opfern sollte. Noskie betonte, daß seine Partei die wirthschaftlicen Vorlagen der Re⸗ gierung nicht in Berathung ziehen werde; denn man könne nicht das Schauspiel bieten, daß das Parlament Vor⸗ mittags scharfe Obstruktion treibe und des Abends ruhig ver⸗ handele. Die Regierung möge den Muth und die Entschlossen⸗ eit sinden, mit einem einzigen Federstrich das Reich aus den irnissen herauszuführen. Die Verhandlung wurde sodann abgebrochen. Die nächste Sitzung findet heute statt. Die Obmänner der Klubs traten gestern zu einer Konferenz zusammen, in welcher die Abgg. Kaiser, Groß und Daszynski erklärten, daß die von ihnen vertretenen Klubs es für unzulässig hielten, durch außerordentliche Abend⸗ sitzungen die Berathung der weiteren e . zu unterbrechen, und daß sie demnach auf das Entschiedenste eine geschäftsordnungsmäßige Behandlung der von der Re⸗ gierung eingebrachten Vorlagen bekämpfen würden. Der Abg. Wolf bemerkte, seine Partei stehe auf dem Stand⸗ punkt der am 29. April vom Abg. Funcke im Namen aller Oppositionsparteien abgegebenen Erklärung, nach welcher jede positive Arbeit des Parlaments durch An⸗ wendung der Obstruktion werde verhindert werden, solange die Sprachenverordnungen nicht aufgehoben seien. Abg. Freiherr von Malfatti trat dafür ein, daß in den Vormittagssitzungen die Sprachendebatte ee1. e und in den Abendsitzungen über die Regierungsvorlagen verhandelt werde. Von den Klub⸗Obmännern der Majorität ergriff niemand
das Wort. In der gestrigen Sitzung des ungarischen Ab⸗ * etenhauses, der ersten nach den Pfingstferien, rachte der Finanz⸗Minister Dr. von Lukacs die Gesetz⸗ entwürfe, betreffend die Spiritusverkehrssteuer, die Bierkonsum⸗ und die Zuckerkonsumsteuer, ein. Vor Eintritt in die Tages⸗ ordnung erwähnte der Abg. Stefan Rakovszky eine angeb⸗ liche Verletzung der Immunität des Abg. Lepesenyi. bg. Eoetvoes verbreitete sich eingehend über diesen Vorfall und über den „Verleumdungsfeldzug“ gegen Ludwig Kossuth und seine Partei, die in einen Gegensatz zum Monarchen gebracht werde. Die ökeees erstrebe die Unabhängig⸗ keit Ungarns nur im Einvernehmen mit dem König, durch und mit dem Monarchen, ohne mit den anderen Ländern der Monarchie in feindlichen Gerrtce kommen zu wollen. Abg. Moesy interpellierte über das Verhalten der Polizei bei der Insultierung des Abg. Lepesenyi vor dem Abgeord⸗ netenhause am 24. v. M. 8
Großbritannien und Irland.
Bei der gestern im Unterhause zu Ende geführten zweiten Lesung der Finanzbill vertheidigte der S-e 8. Beach, dem „W. T. B.“ zufolge, die Finanzvorschläge der Regierung und führte aus: die Regierung habe die Voranschläge auf Grund der gegenwärtigen Sachlage aufgestellt; aber jede Machtverschiebung werde von der Regierung auf das sorg⸗ fältigste erwogen werden. Irgend etwas Alarmierendes ent⸗ hielten weder die Vorschläge zur Landesvertheidigung, noch die Reden der Minister. Nach seiner Ansicht sei die Politik der offenen Thür in China aufrechterhalten worden; es sei ihm unverständlich, wie durch die Ueberlassung von Port Arthur an Rußland dieser Grundsatz durchbrochen sein solle. Die Rede Lord Salisbury’s vor den Banquiers sei nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt gewesen; wenn dieselbe nach sonstigen öffentlichen Auslassungen Lord Salisbury's beurtheilt werde, so sei er, Redner, überzeugt, daß niemand sagen könne, sie sei eine alarmierende Rede gewesen. Auch könne er in Chamberlain’'s Rede nichts entdecken, das einen alarmierenden Charakter trage oder mit den Vorschlägen der Regierung über die Vertheidigung des Reichs unvereinbar sei.
In Belfast fand gestern, am Jahrestage des Ausbruchs des Aufstandes vom Jahre 1886 und der Erschießung von sieben Zivilisten durch die Polizei, eine Prozession der irischen Nationalisten statt. Nach derselben griffen mehrere Tausend Orangisten die Polizei wiederholt an. Letztere wurde überwältigt und in ihre Kasernen zurückgedrängt. Mehrere berittene Schutzleute wurden schwer verletzt, einer konnte nur dadurch vom Tode gerettet werden, daß die Polizei die Revolver zog. Der Pöbel riß sodann das Straßen⸗ pflaster auf, um die Steine als Wurfgeschosse zu benutzen. Als eine Schwadron Dragoner und zwei Kompagnien Infanterie auf dem Platze erschienen, wurde die Ruhe wiederhergestellt. Die Menge begrüßte die Truppen jubelnd und sang das englische Nationallied „Rule, Britannia“. Es wurden etwa 20 Verhaftungen vorgenommen. Man befürchtet neue Aus⸗ schreitungen, da die Stimmung der Orangisten äußerst erbittert ggegen die Polizei ist. 8 “
113“*“
Frankreich.
In parlamentarischen Kreisen verlautet, nach einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ aus Paris, die Radikalen und die Sozialisten wollten sich bei der endgültigen Präsidentenwahl im ersten Wahlgange der Wahl enthalten, um eine Beschlußunfähig⸗ keit des Hauses herbeizuführen. Ferner solle eine Interpellation über die allgemeine Politik erst eingebracht werden, sobald die
Mandate mehrerer konservativen Deputirten für ungültig rklärt sind, da das Kabinet dann leicht die Mehrheit ver⸗ lieren könne.
Rußland.
Anläßlich des Geburtstages der Kaiserin fand gestern, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, im Großen Palais zu Zarskoje Sselo in Gegenwart der Mitglieder des Kaiser⸗ lichen Hauses und der hohen Würdenträger ein Gottesdienst statt. Später wurde von der Kaiserlichen Familie im Alexanderpalais das Frühstück eingenommen. Der Großfürst Wladimir ist gestern Abend nach dem Auslande abgereist. .“
Spanien. 1“
6 Der Finanz⸗Minister Puigcerver unterbreitete, nach einer Meldung des „Temps“ aus Madrid vom gestrigen Tage, dem Ministerrath die neuerdings getroffene Vereinbarung über die Kreditoperationen, zu deren Durchführung weder g. des ausländischen Kapitals, noch eine Garantierung durch die Ein⸗ nahmen aus dem Taback erforderlich sein werde. Die Bank von Spanien werde auf die genehmigte innere Anleihe von einer Milliarde Pesetas Vorschüsse geben. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer . der Minister 5 die Kolonien Romero Giron in Beantwortung einer Anfrage, dem „W. T. B.“ zufolge, mit, daß er über die von Lloyd's Agentur in London gemeldete Explosion des amerikanischen Kriegsschiffs „Baltimore“ vor Manila keinerlei Nachricht erhalten habe.
von Warschau
“
Der Minister des Auswärtigen Herzog von Almodovar äußerie auf eine Anfrage: eine Note uͤber die Zuwiderhand⸗ lungen der Amerikaner gegen das Völkerrecht sei in Vor⸗ bereitung, und es sei möglich, daß das Kabinet diese die Mächte richten werde. “
Schweiz.
Die “ trat gestern in Bern zur ordentlichen Sommersession zusammen. Der Nationalrath wählte, dem „W. T. B.“ zufolge, zu seinem Präsidenten Thelin⸗Waadt (radikal), zum Vize⸗Präsidenten Heller⸗ Luzern (radikal), der Ständerath zum Praäsidenten Hildebrand⸗Zug (ultramontan), zum Vize⸗Präsidenten Simen⸗Tessin (radikal).
In der heutigen Sitzung des Nationalraths wurde der Antrag gestellt: der Bundesrath möge die Einführung des Tabackmonopols unter entsprechender Betheiligung der t m Ertrage in Erwägung ziehen. 8
8
Die Räumung Thessaliens meldeten, dem Wiener „K. K. Telegr.⸗Korresp.⸗ Bureau“ zufolge, nach Konstantinopel, daß die letzten drei türkischen Bataillone gestern Volo verlassen haben.
Griechenland.
Die Wißchiichen Truppen haben, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Athen, gestern Turnavo und auch Volo, den letzten Punkt des von den Türken geräumten Gebiets, wieder besetzt. Edhem Pascha verließ Thessalien, um sich nach Konstantinopel zu begeben.
Amerika. Der spanische Lieutenant Carranza und der frühere
spanische v in Washington du Bosc sind,
B.“ aus Montreal berichtet, gestern auf Veranlassung des Detektives Kellert wegen Kon⸗ spiration verhaftet worden. Die Verhaftung steht mit der Inhaftnahme Kellert's im Zusammenhang, welcher beschuldigt wird, einen Brief Carranza's im Interesse der Regierung der Vereinigten Staaten entwendet zu haben. An das Ministerium der auswärtigen Una vegenteiten in London ist ein Brief des Lieutenants Carranza, datiert aus Montreal vom 26. Mai, im Wortlaut durch Kabeltelegramm übermittelt worden, welcher an den Admiral Inay in Madrid gerichtet it und eine genaue Kenntniß der Be⸗ wegungen der Amerikaner zur See verräth. Derselbe beweist nach Ansicht der Amerikaner, daß Carranza in den Ver⸗ einigten Staaten eine Spionage⸗Organisation eingerichtet habe. Carranza giebt zu, der Verfasser des Briefes zu 8 bestreitet aber, sich der Spionage schuldig gemacht zu haben.
Der Senat der Vereinigten Staaten hat gestern den vom Repräsentantenhaus bereits genehmigten 1“ betreffend die Kriegskredite, angenommen; die Höhe der be⸗ willigten Kredite beläuft sich nach demselben auf 17 845 000 Doll., von denen 10 Millionen Doll. auf die Flotte entfallen. — Das Repräsentantenhaus hat die vom Senat zu dem Gesetz, betreffend die Frhehane neuer Steuern zur Deckung der Kriegskosten, angenommenen Amendements verworfen und die Vorlage an eine gemeinschaftliche Kommission der beiden Kammern verwiesen.
Das vor Santiago de Cuba liegende, aus 20 Schiffen bestehende amerikanische Geschwader begann, wie dem Madrider „Imparcial“ gemeldet wird, am Sonnabend Abend 10 Uhr wiederum das Bombardement der Stadt; dasselbe dauerte 45 Minuten, doch erreichten die Geschosse die Batterien nicht, welche deshalb auch garnicht antworteten.
Nach einer dem New Yorker „Evening Journal“ aus Kingston zugegangenen Depesche vom gestrigen Tage hätten die Amerikaner bei Punta Cabrera, weetlich von Santiago de Cuba, 5000 Mann elandet. Dieselben hätten sich mit etwa 3000 Aufständischen unter Garcia vereinigt. Es werde behauptet, daß die Amerikaner nur geringen Schwierigkeiten bei der Landung begegnet seien, während der Admiral Sampson die Gehölze am Lande durch die Kanonenboote unter Feuer gehalten habe. Auch einige große Belagerungsgeschütze seien mit gelandet worden. Das⸗ selbe Blatt veröffentlicht eine weitere Depesche aus Cap Haitien, der zufolge gestern früh nach Tages⸗ anbruch amerikanische Truppen wenige Meilen östlich von Santiago bei Aguadones ausgeschifft worden seien. Die Geschütze des Geschwaders des Admirals Sampson hätten die Landung unterstützt, nachdem sie zunächst die Strand⸗ batterien an jenem Platze zum Schweigen gebracht hätten. Das Blatt fügt aber hinzu: es sei zweifelhaft, ob es sich um eine andere oder um dieselbe Landung handle, über die bereits aus Kingston eine Meldung ein Mangen sei.
Eine von Cap Haitien e ee. ittag 1 Uhr 30 Min. nach New York abgesandte Depesche besagt, die Landungen der amerikanischen Truppen sowie die Beschießung der Be⸗ festigungen von Santiago dauerten fort.
Das amerikanische Schlachtschiff „Oregon“ soll nach einer aus Kingston in New York Ange hangenen Meldung einen spanischen Torpedobootzerstörer bei dem Versuche, in den Hafen von Santiago einzulaufen, in den Grund gebohrt haben. Alle an Bord des Torpedobootzerstörers Befindlichen sollen umgekommen sein. Es sei vneh. ob es der „Terror“ oder der „Furor“ gewesen. Der „Oregon“ habe ein lang⸗ geformtes Boot die Küste entlang fahren heen und durch Signale zum Anhalten aufgefordert. Als die Signale nicht in der richtigen Weise beantwortet worden seien, habe die „Oregon“ 25 den Torpedobootjäger eine 13 zöllige Granate ab⸗
efeuert, die ihn in der Mitte des Rumpfes getroffen habe.
ie indeß ein an Bord der „New York“ (des Flaggschiffes des vor Santiago liegenden amerikanischen Geschwaders) be⸗ findlicher Berichterstatter telegraphiert, ist die Nachricht, das Schlachtschiff „Oregon“ habe einen spanischen Torpedoboots⸗ jäger zum Sinken gebracht, unbegründet.
Der Aufstand in der Dominikanischen Republik ist, wie der „Weser⸗Zeitung“ dem „W. T. B.“ zufolge aus New York gemeldet wird, unterdrückt; im ganzen Lande herrsche Ruhe.
wie „W. T.
Asien.
Die „Times“ meldet aus Peking vom gestrigen Tage: Es sei amtlich bekannt gegeben worden, daß die Bestimmungen über die Dampfschiffahrt auf den chinesischen Binnen⸗ gewässern, welche von Sir Robert Hart entworfen waren, vom Tsung⸗li⸗Namen genehmigt und durch Kaiserliches Edikt bestätigt worden sind. Die Bestimmungen seien aber vom Tsung⸗li⸗Yamen so abgeändert worden, daß sie die Groß⸗
“
der Staatsanwalt Vanleeuwen
ina Der britische Gesandte 280. Doßden, Tasr
britannien nach seinen Verträgen mit Rechte verletzten. daher eine bänderung dieser Bestimmungen verlanged. Aus Manila bringt das britische Kanonenboor „Swift“ welches von dort in Hongkong “ ist, dem „Reuter’schen Bureau“ zufolgs, die Nachricht: die Aufständischen auf den Philippinen hätten die Eisenbahnen außerhalb der Stadt auf⸗ . und seien auf vier Meilen an Manila herangerückt. in spanisches Regiment habe gemeutert und seine Offiziere erschossen. Es fänden häufig Kemöse zwischen den Aufständischen und den Spaniern statt. Die ersteren hätten 1000 Gefangene nach Cavite gebracht. Die Amerikaner sollen die Auf⸗ ständischen mit Schnellfeuergeschützen unterstützt haben. Priester, welche die Aufständischen gefangen genommen hätten, sollen von ihnen furchtbar mißhandelt worden sein. Die Be⸗ wohner Manilas britischer Nationalität blieben in der Stadt, die übrigen Ausländer hätten sich auf die fremden Schiffe vurüeggh⸗ en. ie dem „W. T. B.“ zufolge in Washington verlautet, benachrichtigte der Admiral Dewey das Marine⸗Departement der Vereinigten Staaten davon, daß in der Provinz Cavite die Spanier wiederholt von den Aufständischen geschlagen worden seien. Fünfzig spanische Offiziere und 1800 Mann seien gefangen genommen worden. Das Arsenal von Cavite sei zur Aufnahme der amerikanischen Truppen bereit. Der Kapitän Gridley von dem Kriegsschiff der Ver⸗ einigten Staaten „Olympia“, der in dem Kampf vor Manila verwundet worden war, ist in Kobe in Japan gestorben.
. Afrika.
Aus Pretoria wird dem „W. T. B.“ mitgetheilt, daß en als vierter, Kock als fünfter Richter und Smuts, der früher der Advokatur im Kapland angehörte, als Staatsanwalt werde beeidigt werden.
Statistik und Volkswirthschaft.
Der deutsche Außenhandel im Jahre 1897. “““
Im 2. „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs“ sind
jetzt auch die endgültigen Ergebnisse des deutschen Außen⸗ handels für das Jahr 1897 und eine Darstellung des Spezial⸗ handels und Veredelungsverkehrs in der deutschen Handelsstatistik für 1897 veröffentlicht. Darnach betrug die Gesammteinfuhr im Spezialhandel 401 623 169 dz im Werthe von 4 864 644 (1000 ℳ), die Gesammtausfuhr 280 199 486 dz im Werthe von 3786 2410( 1000 ℳ), daher Ueberschuß der Einfuhr über die Ausfuhr (in 1000 ℳ) 1 078 403. Nach den im Dezemberheft 1897 veröffentlichten, nach den 1896 er Einheitswerthen berechneten vorläufigen Ergebnissen betrug der Gesammteinfuhrwerth in 1000 ℳ 4 832 891 gegen 4 557 951 im Jahre 1896 und 4 246 111 im Jahr 1895, der Gesammtausfuhrwerth dagegen in 1000 ℳ 3 808 131 gegen 3 753 822 im Jahre 1896 und 3 424 076 im Jahre 1895. Die endgültigen Werthe ergeben daher gegenüber den vorläufigen für die Einfuhr ein Mehr von 31 753 (1909 88 für die Ausfuhr dagegen ein Weniger von 21 890 Schon bei der damaligen Besprechung der vorläufigen Ergebnisse war auf die veränderte Darstellung des Spezialhandels hingewiesen worden, der seit 1897 den Veredelungsv erkehr für inländische Rech⸗ nung vollständig enthält, während vorher von diesem Verkehr nur der Mühlen⸗ und Mälzereilagerverkehr und der Verkehr mit Reis und Reisstärke in den Reisstärkefabriken mit berücksichtigt wurden.
Weiter enthält der Spezialhandel jetzt auch Menge und Werth der ein⸗ .
und ausgeführten Schiffe, die vor 1897 in der Handelsstatistik nicht dargestellt wurden. Will man daher die 1897er Ergebnisse mit denen der Vorjahre vergleichen, so sind für 1897 für den Veredelungs⸗ verkehr in der Einfuhr abzusetzen (in 1000 ℳ) 1 “ 1 89 659, in der Ausfuhr 106 330, für die Schiffe in der Einfuhr . . 1 971, „ „ 8 8 041, 1 zusammen 91 630, 114 371.
Der mit den Vorjahren vergleichbare Einfuhrwerth im Spezial. handel beträgt daher (in 1000 ℳ) 4 773 014, der Ausfuhrwerth 3 671 870. Nach Abzug der Edelmetalle stellt sich das vergleichbare Ergebniß in der Einfuhr (in 1000 ℳ) auf 4 589 067, für die Ausfuhr auf 3 520 604. Daraus ergiebt sich für die Einfuhr ein Ueber⸗
schuß gegen 1896 (in 1000 ℳ) von 281 904, gegen 1895 von
468 398, für die Ausfuhr gegen 1896 ein Weniger von 4526 und gegen 1895 ein Ueberschuß von 202 704.
Das 2. Heft der „Vierteljahrshefte zur Satistik des Deutschen Reichs“ enthält u. a. zum ersten Male eine übersichtliche Darstellung über die Zollfreiheit der Schiffsbaumaterialien. Nach dem Zolltarifgesetz sollen Stoffe, welche zum Bau, zur Reparatur oder zur
Ausrüstung von Seeschiffen verwendet werden, einschließlich der ge-
wöhnlichen Schiffzutensilien, nach näherer Bestimmung des Bundesraths vom Eingangszoll befreit sein. Unter den fü das Rechnungsjahr 1897 (1. April 1897 bis 31. März 1898) nach⸗
gewiesenen zollfreien Waaren ragen hauptsächlich hervor rohe Plarten 1 und Bleche aus schmiedbarem Eisen, Eck⸗ und Winkeleisen, Roheisen,
Anker und Ketten, gesägtes Bau⸗ und Nutzholz, Kanthölzer ꝛc., be⸗ schlagenes Bau⸗ und Nutzholz, Maschinen aus Guß⸗ und schmiedbarem Eisen, Dampffkessel. rohen Platten und Blechen aus schmiedbarem Eisen ganz erheblich zugenommen; sie betrug 291 729 dz gegen 164 637 und 166 300 in den beiden Vorjahren. 1A1A“
Die Branntwein⸗Brennerei und ⸗Besteuerung im Deutschen Reiche 1896/97. 88
Die im neuesten Heft der „Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ veröffentlichte Statistik der Branntwein⸗Brennerei und „Besteuerung ergiebt, daß während des Betriebsjahres 1. Oktober 1896/97 im deutschen Branntweinsteuergebiet (d. i. das Zollgebiet ohne Luxemburg) 3 100 505 hl reinen Alkohols (1895/96 3 333 648 hl) erzeugt worden sind, davon 2 398 279 hl (1895/96 2 655 323 hl) in Kartoffelbrennereien, 545 566 hl (1895/96 529 583 hl) in Getreidebrennereien, 127 794 hl (1895/96 122 285 hl) in Melasse⸗ brennereien und 28 594 hl (1895/96 26 103 hl) in Material- brennereien. Im Vergleich zu 1895/96 ist daher nur die Erzeugung der Kartoffelbrennereien zurückgegangen. Während die Kartoffel⸗ ernte im Jahre 1895 sowohl nach der Menge, als auch nach der Be⸗ schaffenheit sehr gute Erträge geliefert hatte, war sie 1896 nicht nur der Menge nach etwas geringer ausgefallen als 1895, sondern es stand auch der Stärkemehlgehalt der geernteten Kartoffeln infolge des nassen Sommers erheblich gegen das Vorjahr zurück, und es mußten diese meist rasch verbraucht werden, da sich vielfach schon verhältnißmäßig früh Fäulniß einstellte. Zu Branntwein verarbeitet wurden 2 116 139 b Kartoffeln gegen 2 210 370 t 1895/96. Die Getreidebrennereien haben etwas mehr Branntwein erzeugt als 1895/96, jedoch nur
die landwirthschaftlichen (224 721 hl r. A, gegen 202 603 hl 1895/96),
während die gewerblichen in ihrer Erzeugung ein wenig zurückgeblieben 88 was damit im Zusammenhange fteßt, daß in den größeren Hefen⸗
rennereien das Lüftungsverfahren mehr und mehr Eingang findet,
wobei mehr Hefe, aber weniger Branntwein gewonnen wird. Der
Aufschwung der Melassebrennereien erklärt Spirituspreise wesentlich in die Höhe gegangen waren, während gleich⸗
zeitig die I verhältnißmäßig billig war; ohne Zweifel wäre die Erzeugung dieser Brennereien noch weit stärker gewesen, wenn
nicht im Branntweinsteuergesetz von 1895 durch die erhöhte
Brennsteuer von 15 ℳ für 1 hl r. A. eine Schranke festgesetzt wäre, 1
Im letzten Jahre hat die zollfreie Einfuhr von
Astatten ging. Mit Berücksichtigung aller dieser Momente dürfte sich der
ch daraus, daß die
die mit Aussicht auf Gewinn kaum zu überschreiten ist. Auch die Materialbrennereien haben im Ganzen mehr Branntwein erzeugt als 1895/96, weil infolge der guten Weinernte des Jahres 1896 er⸗ heblich mehr Weintreber und Weinhefe zu Branntwein verarbeitet worden sind als im Vorjahre, auch die Herstellung von deutschem Kognak aus Wein Fortschritte gemacht hat. Dagegen wurde wegen der geringen Obsternte des Jahres 1896 erheblich weniger an Stein⸗ und Kernobst abgebrannt als in früheren Jahren.
Was den Branntwein⸗Verbrauch betrifft, so sind gegen Ent⸗ richtung der Verbrauchsabgabe und des Eingangszolls in den freien Verkehr gesetzt worden 1896/97 2 280 763 :hl r. A. und 1895/96 2 286 459 hl r. A., aus welchen Mengen sich der Trinkverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung berechnet zu 4,3 1 r. A. gegen 4,4 1 r. A. im Vorjahre. Der kleine Rückgang dieses Verbrauchs wird den erhöhten Spirituspreisen zugeschrieben, durch welche die Veranlassung gegeben worden ist, den gewöhnlichen Trinkbranntwein noch mehr, als bisher üblich, zu verdünnen. An steuerfreiem Brannt⸗ wein wurden in den freien Verkehr gesetzt 867 458 hl r. A. (1,6 1 auf den Kopf der Bevölkerung) gegen 808 279 hl (1,5 1 auf den Kopf) 1895/96. Namentlich hat die steuerfreie Verwendung von Spiritus zu Brennzwecken Fortschritte gemacht, da die Spiritus⸗ kocher im häuslichen Wirthschaftsbetrieb immer weitere Verbreitung finden, auch die Spiritusmotoren mehr und mehr in Aufnahme kommen. Einer wesentlichen Steigerung des Spiritusverbrauchs zu Beleuchtungszwecken stand jedoch, obgleich brauchbare Spirituslampen hergestellt worden sind und denaturierter Spiritus von mindestens 80 % Alkoholgehalt jetzt überall verkauft wird, der Umstand entgegen, daß dieser Spiritus im Kleinverkauf noch bedeutend theurer 1” als Petroleum.
11“ 68
Zur Arbeiterbewegung. . 8 8
In Münster sind, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, die Dachdecker in eine Lohnbewegung eingetreten und haben den Meistern ihre Forderungen überreicht. Da diese 11 ab⸗ exönt haben die Gehilfen am 2. Juni ihr Arbeitsverhältniß
ekündigt. 8
Aus Hamburg wird der „Frkf. Ztg.“ gemeldet: Gegenüber dem von den Bäckergesellen beabsichtigten Ausstand zur Herbeiführung besserer Löhne und ꝛc. beschlossen die bisher in freier Innung vereinigten Bäckermeister, bei der Behörde die Um⸗ wandlung der freien Innung in eine Zwangsinnung zu beantragen.
In München ist, nach dem „Vorwärts“, der Ausstand der Bildhauer als beendet zu betrachten, da die größeren Möbel⸗ fabriken den „Neunstundentag“ bewilligt haben. — In einer Schuh⸗
anrichten wird. Auch Unkraut verursacht vielen Schaden.
fabrik Münchens ist ein Ausstand wegen Lohnstreits ausgebrochen, an dem 105 Arbeiter betheiligt sein sollen. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft. Saatenstand in Ungarn. 8
Nach den beim Königlich ungarischen Ackerbau⸗Ministerium ein⸗
gelaufenen Berichten war der Saatenstand am 30. Mai folgender:
In dem letzten Drittel des Monats Mai war das Wetter über⸗ wiegend regnerisch, an vielen Orten stürmisch und sporadisch neblig. Gußregen und Hagel gehörten auch nicht zu den Seltenheiten, und obzwar die Saaten infolge der vielen Nieder⸗ schläge rapid entwickelten, ist doch im allgemeinen die Spur eines Rückgangs an mehreren Orten zu verzeichnen, indem sich das Getreide an vielen Orten zum großen Theil oder ganz legte und eine Verbreitung des in den letzten Wochen beobachteten Blattrostes zu konstatieren ist. Für Hackfrüchte war die Witterung im allgemeinen günstig, doch hat sich das Unkraut vermehrt. Die Ernte⸗Aussichten für das Getreide haben sich in den Gegenden, in denen es infolge des Windes und Regens auf größeren Flächen, namentlich in den oberen Gegenden infolge der zu reichlichen Niederschläge viel gelitten hat, verschlechtert, und zwar hauptsächlich die des Roggens. Im Alföld aber, wo der Monat Mai zum größten Theile trocken ablief und nur das in den letzten Tagen einzgetretene Regenwetter die Entwickelung der Vegetation änderte, hat sich der Saatenstand im allgemeinen gebessert, aber bei weitem nicht in dem Maße, daß man ihn im Ganzen als gut bezeichnen könnte. In den westlichen und östlichen Komitaten haben sich die Saaten wenig geändert. Stellenweise haben sie sich gebessert, an anderen Punkten stehen sie unverändert oder haben sich infolge des reichlichen Regens und des Auftretens von Rost verschlechtert. Auch in Siebenbürgen ist der Stand der Saaten vorläufig ein unveränderter. Den allgemeinen Stand zusammenfassend, kann man zwar nicht behaupten, daß sich das Getreide im Lande durchschnittlich bedeutend verschlechtert hätte, da sich aber der Rost schon an vielen Orten zeigt, ist eine weitere Schä⸗ digung hauptsächlich in jenen Gegenden zu erwarten, in denen ein be deutenderer Theil der Saaten sich schon gelegt hat. Bei den Auf⸗ nahmen im Jahre 1895 wurdedie Weizenfläche auf 1 842 000, die Gerste⸗ fläche auf 1 788 000 und die Haferfläche auf 1 685 000 Katastraljoch geschätzt. Da sich aber die bebaute Fläche von Jahr zu Jahr ändert, ist es wahrscheinlich, daß sich dieselbe auch in diesem Jahre, theils infolge des im Herbst bestandenen Mangels an Anbaukorn, theils infolge der Steigerung des Frühjahrsanbaues, bedeutend geändert hat. Wenn man für Elementarschäden, ohne Berücksichtigung dessen, daß an vielen Orten Frühjahrsweizen gebaut wurde, bei Weizen 9 bis 10, bei Roggen 12 bis 15 % in Abzug bringt, beträgt die Weizen⸗ fläche eigentlich 5 Millionen Katastraljoch, d. i. um beiläufig 515 000 Katastraljoch weniger, als im Vorjahre bebaut wurde, während die mit Roggen bebaute Fläche auf 1 600 000 Katastraljoch geschätzt werden kann.
Die Anbaufläche der Sommergerste, des Hafers, des Nais und der übrigen Frühjahrssaaten hat sich bedeutend vergrößert.
genn nun angenommen wird, daß die mit Herbst⸗ und Frühjahrs⸗ beizen bebaute Fläche in der That 5 Millionen Katastraljoch beträgt, und man bedenkt, daß sich die Saaten im Landesdurchschnitt in der letzten Zeit nur wenig veränderten und der zu erhoffende Ertrag auch heute eher zu 7 als zu 6 Meter⸗Zentnern zuneigt, kann man es für wahrscheislich halten, daß der in dem letzten Saatenstandsbericht auf⸗ gestellte Schätzungsertrag auch heute noch aufrecht besteht. Wenn nunmehr der in einem großen Theil des Landes aufgetretene und sporadisch sich auch schon verbreitende Rost in Betracht gezogen wird, aann der zu erhoffende Ertrag an Weizen derzeit auf 33 bis 34 Millionen Meter⸗Zentner geschätzt werden.
Der Weizen hat schon zum großen Theile Aehren angesetzt, das Wetter hat sich zum Trocknen gewendet, und es ist zu bof. daß der Blütheprozeß des Weizens günstig verlaufen werde.
Ueber die Ausbreitung des Rostes wird am meisten in den Theilen dies⸗ und jenseits der Donau und in der Theiß⸗Gegend geklagt. Es hängt vom Wetter ab, welche Ausbreitung der Rost noch weiter finden wird.
Die mit Roggen bebaute Fläche kann mit Berücksichtigung der Elementarschäden auf 1 600 000 Katastraljoch geschätzt werden. Da ch aber der Winterroggen nur äußerst selten tadellos entwickelte, ndem er stark ausfror und stellenweise stark schütter wurde, konnten nur die bedeutende Stärke der Halme und ihre gute Entwicklung die Ertragsaussichten bessern; das in den letzten Tagen herrschende stürmische und regnerische Wetter hat bedeutenden Schaden verursacht, weil sich die Saat an vielen Orten legte und der Blütheprozeß nicht gut von
wahrscheinliche Ertrag im Landesdurchschnitt annähernd um 6 Meter⸗ jentner per Katastraljoch bewegen, und es kann der gesammte Ertrag auf 9 bis 10 Millionen Meterzentner geschätzt werden. Das Resultat dürfte daher gegenüber dem des Vorjahres doch ein etwas besseres se penn nur die Witterung diese Aussichten bis zur Ernte nicht ädigt.
Wintergerste hat zum theil schon abgeblüht, Sommer⸗ gerste setzt jetzt Aehren an. Zu viel Regen schadete auch hier, indem in den einzelnen Theilen Rost auftrat. Da sich die Saaten auch hier
aufräumen.
beilweise legten, ist es wahrscheinlich, daß der Rost auch hier Schaden
111““
Dies in im Landesdurchschnitt zum
Betracht gezogen, theilweise als gut mittel
großen Theil als mittel und bezeichnet werden. Die bebaute Fläche kann mindestens auf zwei Millionen Katastraljoch geschätzt werden. Im Landesdurch⸗ schnitt dürfte der Ertrag per Katastraljoch auf wenigstens 7 Meterzentner geschätzt werden, daher im Ganzen auf 14 Millionen Meterzentner.
Die mit Hafer bebaute Fläche beträgt 1 850 000 Katastraljoch. Infolge des Regens besserten sich die zurückgebliebenen Saaten. Doch kann infolge reichlichen Regens in Ober⸗Ungarn und infolge verschiedener Schäden der Hafer im Landesdurchschnitt nur als mittel und nur zum theil als gut mittel bezeichnet werden. Der zu erhoffende Ertrag per Katastraljoch beträgt 6 ½ bis 7 Meterzentner und der gesammte vor⸗ aussichtliche Ertrag beiläufig 12 Millionen Meterzentner. Der vor⸗ sägrigs Ertrag belief sich auf. 8 ½ Millionen.
ie Rapsaussichten sind im allgemeinen mittel, der Mais
stann im allgemeinen gut, der Stand der Hülsenfrüchte zufrieden⸗ ttellend. Gartengewächse zeigen einen günstigen Stand, ebenso Hanf und Flachs. Zuckerrübe ist zufriedenstellend, Futterrübe sehr gut. Kartoffeln werden voraussichtlich einen günstigen Ertrag liefern. Der Stand der Wiesen ist mittelgut; der Weinstock entwickelte sich im allgemeinen genügend gut.
kann die Gerste
7 Eöö Saatenstand in Transkaukasien. 8
Aus Ti flis liegt folgende Nachricht vor:
Der im letzten Winter in großen Mengen gefallene Schnee und die reichlichen Regengüsse im Frühjahr haben den Saaten viel Nahrung zugeführt, sodaß sie sich derart gut entwickelt haben, daß ihr Stand zur Zeit im allgemeinen als „ziemlich befriedigend“ be⸗ zeichnet werden G
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus. 8
Gestern begann eine Gesammtaufführung von Richard Wasner'’s Bühnen,Festspiel „Der Ring des Nibelungen“ mit dem Vorabend: „Das Rheingold“. Nachdem in den letzten Jahren die Wiedergabe des großen Werks grundsätzlich unter Hinzuziehung auswärtiger, namentlich in Bayreuth er⸗ probter Kunstkräfte erfolgt war, soll die diesjährige Aufführung lediglich mit den dem Verbande der Königlichen Oper angehörenden Künstlern bewerkstelligt werden. Schen der erste Abend hatte mehrfach Neubesetzungen der Hauptpartien aufzu⸗ weisen. In das Rheintöchter⸗Terzett ist Fräulein Krainz mit bestem Gelingen eingetreten; ihre ausgiebige Mezzosopranstimme behauptete sich neben der strahlenden Höhe der Frau Herzog und dem dunkel gefärbten 2. des Fräuleins Rothauser gut. In der Erklä⸗ rung der acht des Goldes für den, „der der Minne Macht entsagt“, legte Frau Herzog aufs neue für die Meisterschaft, mit welcher sie ihre musikalischen und dekla⸗ matorischen Ausdrucksmittel zu verwenden versteht, den Beweis ab. Die Götter der Oberwelt wurden von Herrn Bachmann (Wotan), Frau Sucher (Fricka), Herrn Mödlinger 8.-neh Herrn Philipp (Froh), Fräulein 88 (Freia) und Herrn Sommer (Loge) verkörpert. Die stattliche Gestalt des Erstgenannten ist hervorragend dafür geeignet, die machtvolle Persönlichkeit Wotan's glaubhaft in die Erscheinung treten zu lassen. Seine zwar klang⸗ volle, aber etwas weiche, mehr dem Lyrischen zuneigende Stimme verlieh indessen dem Wesen des Gottes auch da etwas Schwermüthiges, wo der Ausdruck markigere Töne erfordert hätte; im Ganzen jedoch war namentlich die musikalische Lösung der umfangreichen Aufgabe sehr anerkennenswerth. Frau Sucher verlieh der Gestalt der Fricka, welche sie ebenfalls zum ersten Mal verkörperte, ein charakteristisches Gepräge. Fräu⸗ lein Egli fand sich mit der kleinen Partie der Freia gut ab. Herr Mödlinger, der sonst den Fafner gegeben hatte, war als Donner weit besser am Plaß, während der Riese in der Darstellung des Herrn Stammer glaubhaftere Gestalt gewonnen hatte. Als Fasolt bewährte sich wiederum Herr Krasa. Die Leistungen der Herren Schmidt (Alberich) und Lieban (Mime) sind be⸗ reits als vortrefflich bekannt, auch die gesangliche Wiedergabe der Erda durch Frau Goetze ist bend hervorzuheben. Verfehlt erschien dagegen die Gestaltung des Loge durch Herrn Sommer, der nicht als der überlegene, listige Schalk, sondern wie ein närrischer, tänzelnder Spaßmacher erschien. Das Orchester löste unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung seine schwierige Aufgabe, von einigen Fehltönen bei den Blechbläsern abgesehen, zur Zu⸗ friedenheit. Minder gut funktionierte dieses Mal der mit kom⸗ plizierten, mittlerweile aber veralteten technischen Mitteln arbeitende scenische Apparat; namentlich gingen die Verwandlungen auf der Bühne nicht geräuschlos genug vor sich. Auch sollte die Regie mit einzelnen, freilich traditionell überkommenen Stilwidrigkeiten endlich
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Im Königlichen Opernhause gebt morgen der zweite Abend von Richard Wagner's Bühnen⸗Festspiel „Der Ring des Nibelungen“, „Siegfried“ in Scene. Die Besetzung lautet: Siegfried: Herr Ernst Kraus; Mime: Herr Lieban; Wanderer (Wotan): Herr Bachmann; Brünnhilde: Frau Sucher; Erda: Frau Goetze; Alberich: Herr Schmidt; Fafner: Herr Stammer; Wald⸗ vogel:; Fräulein Dietrich. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert.
Im Kön iglichen Schauspielhause gelangt morgen der dritte Theil von Franz Grillparzer's dramatischem Gedicht „Das oldene Vließ“, „Medea“ zur Aufführung. Die Meßdea spielt Fräulein Poppe, den Jason Herr Matkowsky, den Kreon Herr Kahle,
die Kreusa Fräulein Lindner. .“
Morgen gehen im Theater des Westens (Direktion Morwitz) zum ersten Male „Die lustigen Weiber“ in Scene. Die Damen Clara Stolzenberg, Ida von Igo sowie Herr Adolf Carlhof treten darin zum ersten Male auf. Am Donnerstag singt Signora Franceschina Prevosti die Titelpartie in Donizetti's Oper „Lucia von Lammermoor“, und Herr Kammersänger Alfred Oberländer tritt zum ersten Male als Edgardo auf. Am Freitag wird „Die schwarze Kaschka“ von Jarno wiederholt. Neu einstudiert wird Verdi's „Maskenball“. 1
Morgen, Mittwoch, Mittags 12 Uhr, wird Herr Otto Dienel in der Marienkirche das dritte Orgel⸗Konzert von Händel vor⸗ tragen. Fräulein Marie Lindow, Herr Karl Raché, Herr Karl Wendt, Herr Ad. Bolte und der Cellist Herr Franz Borisch werden bei dem Orgelvortrage mitwirken. Der Eintritt ist frei.
Der Studentenchor der schwedischen Universität Upsala unternimmt eine größere Konzertreise und wird im Laufe dieses Monats auch in Berlin auftreten. Der in seiner Heimath berühmte Chor steht unter Leitung des Universitäts⸗Musikdirektors Ivar Hedenblad.
Frau Margarete Pix, Mitglied des Deutschen Theaters, wird morgen, Abends 8 ½ Uhr, im „Königshof“ (Berlin W., Bülowstr. 37) eine neue epische Dichtung „König Ring“, von Vietor Laver⸗ renz, zum Vortrag bringen. Kunst⸗ und Literaturfreunden steht der Eintritt unentgeltlich frei.
Mannigfaltiges.
„Der „DeutscheFlotten⸗Verein“ zählte laut Mittheilung des Sekretariats am 3. d. M. bereits ühber 4000 angemeldete einzelne Mitglieder; außerdem haben sich ihm eine Reihe von Korpo⸗ rationen, wie der „Berliner Krieger⸗Verein ehemaliger
Matrosen der Kaiserlichen Marine“, der „Mäünchener über⸗ seeische Verein“, der „Königlich Sächsische Militär⸗Verein Leipzig und Umgegend“ und andere patriotische Vereine angeschlossen. Ferner sind wegen des Anschlusses mit dem „Deutschen Flotten⸗ Verein“ in Verbindung getreten die Kriegervereine in Thüringen, der Marine⸗Verein in Lübece, Akademische Segler⸗Vereine ꝛc. Auch die deutschen studentischen Korps haben gelegentlich ihres am 28. Mai in Kösen abge haltenen Kongresses ihren Beitritt erklärt Dem Präfidenten des Vereins, Seiner Durchlaucht dem Fürsten zu Wied, ist in einem Schreiben des Geheimen Zivilkabinets, datiert aus Urville vom 14. Mai, mitgetheilt worden: Seine Majestät der Kaiser habe mit be⸗ sonderem Interesse von den Satzungen des Deutschen Flotten⸗Vereins Kenntniß genommen und sei gern damit einverstanden, daß das Protek⸗ torat über diesen Verein Seiner Koͤniglichen Hent dem Prinzen Heinrich von Preußen angetragen werde. Das Abzeichen, welches der Verein seinen Mitgliedern zur Verfügung stellen will, hat Seiner Majestät vorgelegen und die Allerhöchste Billigung gefunden. Wie bereits bekannt „ hbat die Generalversammlung des Vereins Seine Königliche Hoheit den Großberzog von Baden zum ersten Ehrenmitgliede des Vereins ernannt. Der Großherzog hat auf die Höchstihm durch den Präsidenten des Vereins gewordene Mittheilung hiervon ein Schreiben an den Fürsten zu Wied gerichtet, in welchem Seine Königliche Hoheit Seine besondere Freude darüber ausspricht, daß Seine Majestät der Kaiser die Ueber⸗ nahme des Protektorats des Prinzen Heinrich, genehmigt habe, und des weiteren sagt: 6
„Ich betrachte diesen Beschluß (die Ernennung zum Ehrenmi glied) als eine ehrende Auszeichnung, für die ich den Vertrauens⸗ männern und Begründern dieses so nützlichen patriotischen Vereins herzlich dankbar bin und Eure Durchlaucht bitte, der Vermittler meiner Dankbarkeit sein zu wollen.
spreche es gerne aus, daß ich die Gründung des Vereins freudig begrüßt habe als eine dauernde Belebung der großen r-n. welche das Deutsche Reich zu vollziehen hat, um seine Machtste ung in der Welt fester zu begründen.
Ich schließe mich freudig dem Verein an und werde ihm Freunde suchen, damit seine Verbreitung fortschreite und seine Wirkung immer fühlbarer werde. Ich habe Auftrag gegeben, daß ein erster Beitrag Eurer Durchlaucht zugestellt werde, den ich bitte, dem Verein zu übermitteln. Mit dem nochmaligen Ausdruck meines Dankes ver⸗
bleibe ich Eurer Durchlaucht freundwilliger Vetter Karlsruhe, den 20. Mai 1898. Friedrich.“
Alsbald nach Begründung des Deutschen Flotten⸗Vereins traten der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst, der Vize⸗Präsident des preußischen Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister des Innern Freiherr von der Recke, der Staatssekretär des Reichs⸗ Marineamts, Staats⸗Minister Tirpitz, der Chef des Zivilkabinets, Wirkliche Geheime Rath Dr. von Lucanus, die Mitglieder des badischen Staats⸗Ministeriums, zahlreiche andere hohe Reichs⸗ und Staatsbeamte, sowie viele Offiziere der Armee und Marine dem Verein bei.
Die Mitglieder des Vereins vertheilen sich über das ganze Reich und zum theil auch auf das Ausland. Es sind Anmeldungen aus London. Antwerpen, New York, Alexandrien und auch aus Oesterreich von deutschen Reichsangehörigen zugegangen. Unter den Mitgliedern des Vereins sind alle Schichten der Bevölkerung vertreten: Handel, Industrie und Landwirthschaft, Handwerk, Groß. und Klein⸗ gewerbe, Arbeiter und Bauern, und dementsprechend stufen sich auch die Jahresbeiträge von 1000 ℳ bis zu 50 ₰ ab.
„Ueber Ruanda und den Rikwa⸗See’ berichtete am letzten Sonn⸗ abend Herr Hauptmann Ramsay von der ostafrikanischen Schutz⸗ truppe in der Berlin er Gesellschaft für Erdkunde. Ruanda ist das mächtige Negerreich südwestlich vom Victoria Nyanza, über das zuerst Graf Götzen bei Gelegenheit seiner ostwestlichen Durchquerung Afrikas genaueren Bericht erstattet hat, während der Rikwa⸗See als ein großer, von Dr. Kaiser beschriebener und vermessener See östlich vom Süd⸗Ostende des Tanganyika in unsern Karten verzeichnet ist. Beide Expeditionen gingen von der Station Udjidji am Nordufer des Tanganyika aus, mithin nach entgegengesetzten Richtungen: die erste wurde zwischen dem 29. Januar und Ende April vorigen Jahres, die zweite auf dem Rückmarsch zur Küste zwischen dem 21. August und Ende September ausgeführt. Der Auftrag des Vortragenden ging bezüglich Ruandas dahin, das Land zwischen Tanganyika u Victoria⸗See zu erforschen, womöglich genaue Auskunft über die dem letzteren See zuströmenden Gewässer zu verschaffen und in Ruanda Freundschafts⸗ und Handelsbeziehungen anzuknüpfen. Die erste dieser Aufgaben hat dem Hauptmann Ramsay die Ueberzeugung verschafft, daß das besuchte Gebtet der schönste Theil unserer deutschen Kolonie, wasserreich und fruchtbar ist und wegen seiner dichten Bevölkerung ein großes Absatzgebiet zu werden verspricht, sobald erst Verkehrsmittel geschaffen sein werden. Stellenweise, so namentlich an den Südabhängen der Gebirge zwischen den beiden großen Seen, ist das Land — Ruvanga und Urundi von paradiesischem Charakter, und bei der dichten Bevölkerung einem Garten vergleichbar. Die Dörfer liegen zumeist in Bananen⸗ ö“ Die Menschen sind von verhältnißmäßiger Harmlosig⸗ eit, mit den Feuerwaffen kaum bekannt, fröhlich und sorg⸗ los. Hauptmann Ramfay's Zug glich zuweilen einem Triumphzug, da ihm die Bevölkerung von einer Dorfschaft zur anderen unter Singen und Tanzen das Geleit gab. Nur in einem Punkt fand man sich ethnologisch enttäuscht. Bei dem hohen Kulturzustand der Be⸗ völkerung glaubte man verschiedene Gewerbthätigkeiten vorzufinden, begegnete davon aber kaum einer Spur, während am Tanganyika⸗See selbstgebaute Baumwolle von den Eingeborenen gesponnen und gewebt wird. Selbst der Ackerbau zeigte sich unentwickelt, dagege „ war Viehzucht reichlich vertreten. — Von Flüssen, oie theils dem Tanganyika, theils dem Victoria⸗See zuströe nen, wurde eine beträchtliche Anzahl überschritten und theilweise auf wärts verfolgt, um die Frage nach den eigentlichen Quellen des Nil z ihrer endlichen Lösung entgegenzuführen. Doch nur die Quelle des in großem östlichen Bogen sich dem Tanganyika zuwendenden N Nlagarassi wurde erreicht, dagegen bewiesen die nach Norden zum N „ctorta⸗See strömenden Gewässer durch ihren großen Wasserreichthum, daß sie von weither kamen. Festgestellt konnte werden, daß * Akanjaru und Njawarango zusammenfließen, aber die Nilquellen, blieben auch bei dieser Expedition unentdeckt. — Bei Ueberschee’ tung der Grenze von Ruanda, das etwa zur Hälfte der deutschen Machtsphäre, zur anderen Hälfte dem Congostaat zugehört, änderr sich die Landschaft. Ruanda ist ein baum: und strauchloses, aber to efflich angebautes und reich bevölkertes Hochland von 1800 — 2000 m Meereshöhe. Ent⸗ sprechend seinem Hochlandsklima, das zumeif en empfindlich rauh wa (bis + 12° C.), treten die tropischen Prodau⸗ te hinter Ackerbau, Vieh⸗ zucht und einem lebhaften Zwischenhanda! zurück. Die Männer sind mit Stoffen, die Frauen meist mif Fellen bekleidet. König Kigeri, dessen Bekanntschaft s. Z. Graf C Ftzen gemacht, war inzwischen gestorben. Mit seinem Nachfolger Kön Hui, der nach langem Zaudern auptmann Ramsay empfing und ihe in einem mit kostbaren Perlen⸗ chnüren geschmückten Leopardensell er tgegentrat, schloß letzterer Bluts⸗ freundschaft. Abweichend von der gewöhnlichen Form der Bluts⸗ vermischung erfolgte die Zeremonig in der Art, daß um beide eine Seiden⸗ schnur gelegt wurde, waährend „sie sich kräftig die Hände schüttelten Gleich dem Grafen Götzen war der Vortragende erstaunt über die enorm Größe dieses Volksstammes. Seine europälschen Begleiter nahmen einige 20 Messungen vor, die Körpermaße von 2— 2,20 m ergaben. Merkwürdig war, daß bei der weiteren Fortsetzung des Marsches, welcher durch den Argwohn der Uruanda, namentlich der vom König mitgegebenen Führer sehr er chwert wurde, man auch auf Zwerge traf: bei kurzem Körper darch große Köpfe ausgezeichnet und bvon der anderen Bevölkerung als schlimme Zauberer sehr gefürchtet. —
Ganz abhweichende Bilder entrollte die Beschreibung des
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