1898 / 214 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Sep 1898 18:00:01 GMT) scan diff

21 Kanonenschüsse ab; einer derselben zerstörte eine Moschee, ein zweiter ein Haus, wobei 2 Kinder getödtet wurden. Die ersten von Kandia geflüchteten Christen sind in Kanea ange⸗ kommen. Die Zahl der unter den Häusertrümmern liegenden Leichen ist noch nicht bekannt.

Aus Kandia vom 8. d. M. meldet das „Reuter'sche Bureau“: Die internationalen Truppen⸗Abtheilungen sind eingetroffen und haben die Befestigungen der Stadt ohne Zwischenfall besetzt. Ein neuer Brand ist in der ver⸗ angenen Nacht ausgebrochen und hat drei Häuser zerstört.

bgleich die türkischen Truppen das Leben der zu ihnen ge ö“ Christen schützten, thaten sie doch nichts, um das Eindringen in die Wohnungen der Christen so⸗ wie Brandstiftung und Raub zu verhindern. Die theilweisen

Plünderungen dauerten bis zum Morgen fort, haben jedoch jetzt, nachdem die türkischen Behörden begonnen haben, energisch zu handeln, aufgehort. Die Zahl der Opfer wird auf etwa 200 geschätzt. Sämmtliche Konsuln sind abwesend, mit b des französischen Vize⸗Konsuls, welcher auch Italien vertritt.

In Athen sind, wie die „Agence Havas“ erfährt, Nach⸗ richten aus Kandia von gestern Abend 8 Uhr eingetroffen. Nach denselben zeigten sich die Baschibozuks sehr zu Ge⸗ waltthätigkeiten geneigt. Die Admirale hätten beschlossen, die Entwaffnung der Baschibozuks und die Aus⸗ lieferung der Hauptanstifter der Unruhen zu verlangen. Die Zahl der getödteten Christen be⸗ trage 300. 67 Engländer seien getödtet worden. Die Ge⸗ bäude der Konsulate Deutschlands, Großbritanniens, Griechen⸗ lands und Spaniens seien geplündert und in Brand gesteckt worden. Die Plünderungen und Brände dauerten fort. Acht Kriegsschiffe lägen im Hafen. Es sei möglich, daß eine abermalige Beschießung stattfinden werde. Die überlebenden Christen flüchteten an Bord der Schiffe. Die Christen in den Distrikten von Kanea und Sphakia bewaffneten sich, um ihren Glaubensgenossen in Kandia zu Hilfe zu kommen.

Dem Wiener „Telegr.⸗Korresp⸗Bureau“ zufolge hat das Exekutiv⸗Comité der Aufständischen die Admirale

davon verständigt, daß es ihm unmöglich sei, vor der Aba;

berufung der türkischen Truppen und der Aufhebung der Amtswirksamkeit der türkischen Behörden irgendwelche Funktionen u übernehmen. Das Comité verlangt die Ermächtigung zum e der Nationalversammlung. Wie die „Agence avas“ berichtet, haben die Admirale hierauf erwidert, sie würden ihren Regierungen die definitive Lösung der Frage durch die Entfernung der türkischen Truppen die Er⸗ nennung eines Gouverneurs anempfehlen. e

Afrika.

Aus Khartum vom 5. d. M. meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß eines der Kanonenboote, welche den Weißen Nil hinaufgefahren waren, zurückgekehrt sei; die anderen würden ebenfalls demnächst zurückerwartet, nachdem sie 60 Meilen stromaufwärts vorgedrungen seien. ö111“

Nr. 36 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 7. September hat folgenden Inhalt: Personal⸗Nachricht. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrank⸗ heiten. Sterbefälle im Juli. Verwaltungsbericht des Medizinal⸗ und Sanitätswesens im Reg.⸗Bez. Wiesbaden 1892/94. Gesetz⸗ eebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Geflügelcholera. (Preußen.)

estes Diphtherieserum. (Reg. Bez. Köln.) Zentrifugenschlamm. (Sachsen. Dresden.) Wohnungsordnung. (Württembera.) Geflügel⸗ cholera. Maul⸗ und Klauenseuche. (Hessen.) Milchverkauf. (Elsaß⸗Lothringen.) Metzgergewerbe und Fleischhandel. Einfuhr von Pferdefleisch. (Oesterreich. Kärnten) Auftreten der Krätze. (Schweden.) Fleischausfuhr. Fleischbeschauer. (Deutsch⸗ Ostafrika.) Kontrole von Seeschiffen. Gang der Thierseuchen im Deutschen Reich, August 1898. Desgl. in Italien, 2. Vierteljahr 1898.— Desgl. in Serbien. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bezirke Bromberg, Posen; Bayern, Anhalt, Oester⸗ reich.) Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Ver⸗ einen, Kongressen u. s. w. (Großbritannien.) Bekämpfung der Lungentuberkulose. Vermischtes. (Kolumbien.) Gesundheits⸗ verhältnisse in Bogatà 1897. Geschenkliste Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Nr. 29 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ begeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 5. September, at folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfracht⸗ verkehr beigefügte Liste, vom 23. August 1898. Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 30. August 1898, betreffend Abänderung der Dienstanweisung für das Zentral⸗Wagenabrechnungsbureau der preußischen Staatsbahnen. Nachrichten.

Nr. 30 vom 6. September enthält die Ausführungsanweisung der Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern vom 13. August 1898 zu dem Gesetze über Kleinbahnen und Privat⸗ anschlußbahnen vom 28. Juli 1892.

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Statistik und Volkswirthschaft.

Der innere Personenverkehr der Berliner Stadt⸗ und Ringeisenbahn.

Nach dem „Archiv für Eisenbahnwesen“ wurden im inneren Ver⸗ kehr der Stadt, und Ringbahn einschließlich des Grunewaldverkehrs in den 14 Jahren 1884 bis 1897 rund 646 Millionen Personen (76 185 457 in II. und 569 729 421 in III. Wagenklasse) befördert und dafür rund 68 369 000 (11 167 625 für die II. und 57 201 315 für die III. Wagenklasse) vereinnahmt. Die Anzahl der im Vorort⸗ und Fernverkehr beförderten Personen ist nicht fest⸗ zustellen; nach überschläglicher Ermittelung betrug diese im Jahre 1895 im Vorortverkehr 14 170 000, im Fernverkehr 2 720 000, 1896 5 14 880 000, 8 2 990 000, 1897 8 16 070 000, 5 3 170 000, daß sich die Gesammtbeförderung auf der Stadt⸗ und Ringbahn im ahre 1895 auf rund 92 372 000 Personen = 253 000 täglich, 1896 107 867 000 8 295 000 stell 1897 106 987 000 = 293 000 ellt.

In der II. Wagenklasse wurden im Jahre 1897 Fahrten zurückgelegt: Im inneren Personenverkehr der Stadtbahnstationen

I

und 1895), auf der Ringbahn 2 801 889 (gegen 3 002 902 bezw. 2 093 242 in den beiden Vorfahren), in eG Lür. Wag enktafft. im inneren Personenverkehr der Stadtbahnstationen 46 450 813 85 229 960 bezw. 41 505 204), auf der Ringbahn 28 398 911 28 648 950 bezw. 23 649 316). Von der Gesammtzahl der Fahrten in II. und III. Wagenklasse entfielen auf die Stationen der Stadtbahn im Jahre 1897 64,4 % (gegen 64 8 bezw. 65,9 % in den Jahren 1896 und 1895), auf die Stationen der Ring⸗ bahn 35,6 % (gegen 35,2 bezw. 34,1 % in den beiden Vorjahren); von der Gesammtzahl der Fahrten in II. Wagenklasse auf die Stationen der Stadtbahn 78,3 (77,1 bezw. 79,7) %, auf die der Ringbahn 21,7 (22,9 bezw. 20,3) % von der Gesammtzahl der Faüeta in III. Wagenklasse auf die Stationen der Stadtbahn 62,1 62,7 bezw. 63,7) %, auf die der Ringbahn 37,9 (37,3 bezw. 36,3) %.

Vereinnahmt wurden im Jahre 1897 für die II. Wagen⸗ klasse: auf den Stadtbahnstationen 1 251 253 (gegen 1 318 980 bezw. 1 051 910 in den Jahren 1896 und 1895), auf den Ring⸗ bahnstationen 411 993 (gegen 455 784 bezw. 311 003 in den beiden Vorjabren), für die III. Wagenklasse: auf den Stadtbahn⸗ stationen 4 234 924 (4 437 409 bezw. 3 789 097 ℳ), auf den Ringbahnstationen 2 417 284 (2 569 542 bezw. 2 067 217 ℳ). Von der Gesammteinnahme der II. und III. Wagenklasse ent⸗ fielen im Jahre 1897 auf die Stationen der Stadtbahn 66 % (gegen 65,5 bezw. 67,1 % in den Jahren 1895 und auf die Stationen der Ringbahn 34 % (gegen 34,5 bezw. 32,9 % in den beiden Vor⸗ jahren); von der Gesammteinnahme der II. Wagenklasse auf die Stationen der Stadtbahn 75,2 (74,3 bezw. 77,2) %, auf die der Ringbahn 24,8 (25,7 bezw. 22,8) %; von der Gesammteinnahme der III. Wagenklasse auf die Stationen der Stadtbahn 63,7 (63,3 bezw. 64,7) %, auf die der Ringbahn 36,3 (36,7 bezw. 35,3) %.

Die Verkehrssteigerung war in der II. Wagenklasse erhebli größer als in der III., und die des Gefammiverkehes 89- der beblich bahn viel bedeutender als auf der Stadtbahn, namentlich bei den Arbeiterkarten. Die II. Wagenklasse wird auf der Stadtbahn weit mehr benutzt, als auf der Ringbahn. Im Verkehr auf Arbeiterkarten ist auf der Stadtbahn mit der Einführung der ermäßigten Monatskarten 1. April 1893 E’ Uhssgeh eingetreten, der seinen Grund darin hat, da die Benutzbarkeit der Arbeiterkarte eingeschränkt ist und ihnen daher vielfach die keiner Beschränkung unterliegenden, nur wenig theureren Monatskarten vorgezogen wurden.

Arbeitslöhne und Versuch Fe Lohnstatistik in Württemberg. 8

In seinem Ueberblick über die „Statistik des Arbeitslohns“ im Finwesfisuch der Staatswissenschaften (Band I, S. 1929 stellte iktor Böhmert mit vollem Recht fest, daß es allen bisherigen, wenn auch zahlreichen Untersuchungen und Veröffentlichungen über Löhne an innerer Einheit und Vergleichbarkeit fehle. „Die Lohnstatistik“, sagte er, „ist als Massenstatistik, die sich über verschiedene Länder verbreitet, bisher kaum versucht worden. Alle Länder sind in der Lohnstatistik noch weit hinter den Aufgaben, welche den Verwaltungen obliegen, zurückgeblieben, und es erscheint dringend nöthig, die Arbeitstheilung unter den Volkswirthen und Statistikern auch nach dieser Richtung hin zu organisieren“. Nicht etwa die Furcht der Arbeitgeber ist es in erster Linie, welche, wie manchmal von gewisser Seite behauptet wird, das Zustandekommen einer zuverlässigen Lohnstatistik verhindert, auch nicht eine Gleichgültig⸗ keit der Behörden, vielmehr sind es vor allem die zahlreichen in der Sache selbst liegenden Schwierigkeiten. Unterschätzt wird oft zu⸗ nächst die Schwierigkeit, die verschiedenen Lohnformen (Natural⸗ lohn, Stunden⸗, Tag⸗, Monats⸗, Jahreslohn, Stück. [Accord⸗] Lohn, Mischformen von diesen u. s. w.) auf einen Hauptnenner zu bringen. Dazu kommen die Unmöglichkeit, auf bloße Durchschnitts⸗ angaben einzelner Arbeiterlöhne Schlußfolgerungen zu bauen, die Schwierigkeiten, die Angaben zuverlässig und in breitem Umfang zu erhalten und auf ihre Richtigkeit zu prüfen u s. f. Die nach⸗ folgenden Zeilen haben den Zweck, auf den Versuch hin⸗ zuweisen, der in dem neuesten Jahrgang der „Württem⸗ bergischen Jahrbücher für Statistik und Landeskunde“ gemacht wird, diejenigen Arbeitergruppen Württembergs, für welche bis jetzt jährlich Lohnziffern berechenbar sind, im Zusammenhang vor⸗ zuführen. In erster Linie sind dies die Arbeiter der württem⸗ bergischen Staatseisenbahn⸗Verwaltung, deren Löhne seit 1891/92 unter Hervorhebung der Beschäftigungsarten in den „Ver⸗ waltungsberichten der Königlich württembergischen Verkehrsanstalten“ veröffentlicht werden. Ferner bietet das Urmaterial der gewerblichen Berufsgenossenschaften des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 die Grundlagen für eine zuverlässige Lohnstatistik. § 71 dieses Gesetzes, welcher das Umlage, und Erhebungsverfahren einleitet, setzt ausdrücklich fest, daß jedes Mitglied der Genossenschaft binnen sechs Wochen nach Ablauf des Rechnungsjahres dem Genossen⸗ schaftsvorstand eine Nachweisung einzureichen hat, welche enthält „die während des abgelaufenen Rechnungsjahres im Betriebe beschäftigten versicherten Personen und die von denselben verdienten Löhne und Gehälter“. Dieses eingereichte Material kommt aber nicht zur Bearbeitung, sondern es wird (laut § 72) vom Genossenschaftsvorstand auf Grund der ihm vorliegenden vollständigen Nachweisungen eine summarische Gesammtnachweisung der versicherten Personen und der von denselben verdienten „anrechnungsfähigen“ Gehälter und Löhne aufgestellt. Die „anrechnungsfähigen“ Lohnsummen unterscheiden sich von den wirk⸗ lichen einmal dadurch, daß alle jugendlichen Arbeiter oder solche Personen, welche wegen noch nicht beendigter Ausbildung keinen oder einen geringen Lohn beziehen, mit dem ortsüblichen Tage⸗ lohn gewöhnlicher Tagearbeiter (vergl. § 3) eingestellt werden; ferner dadurch, daß Löhne und Gehälter, welche während der Beitragsperiode durchschnittlich den Satz von 4 täglich über⸗ steigen, mit dem 4 übersteigenden Betrag nur zu ¼ in kommen 10). Von 34 in Betracht kommenden gewerblichen Berufsgenossenschaften haben „15 dem Statistischen Landesamt mehr oder weniger eingehende Auszüge für das Königreich Württemberg ge⸗ liefert, nämlich die Württembergische Baugewerks⸗, Süddeutsche Textil⸗, Südwestdeutsche Holzberufsgenossenschaft, die Stein⸗ bruchs⸗, die Brauerei⸗, Mälzereiberufsgenossenschaft, die der chemischen Industrie, die Taback⸗, Knappschafts⸗, Töpferei⸗, Zucker⸗, Glas⸗, rennerei⸗, Schornstein⸗ feger⸗, Privatbahn⸗ und Straßenbahnberufsgenossenschaft.

Ehe man dazu übergehen kann, die von diesen Berufsgenossen⸗ schaften gemachten Lohnangaben im Zusammenhang zu bäeetaaf ist eine Uebersicht über die Zahl der württembergischen Lohnarbeiter über⸗ haupt erforderlich. Geht man auf die Berufsstatistik vom 14. Juni 1895 zurück, so erhält man unter Ausschluß der mithelfenden Familienangehörigen, sofern sie nicht eigentliche Gewerbsgehilfen sind, ufn e höheren Personals folgende Liste von Lohnarbeitern aller Art:

in Land⸗ und Forstwirthschaft im Ganzen in Gewerben aller Art.

männliche weibliche zusammen 60 079 51 013 111 092

EEE“ 176 113 55 564 231 677

in Verkehr und Handel aller Art 20 021 18 682 38 703 Arbeitskräfte für Landwirthschaft, Gewerbe, Verkehr, Handel und liberale Berufe 260 028 83 953 343 981 Arbeitskräfte für persönliche Bedienung

und wechselnde Lohnarbeit 3 010 64 336 67 346¼ Arbeitskräfte überhaupt. 263 038 148 289 411 327 Man ersieht hieraus, daß in Württemberg am 14. Juni 1895 mindestens 411 327 = 20 % der ortsanwesenden 1egan derünn als gewöhnliche Arbeiter aller Art gegen Lohn beschäftigt waren. Leider ist nur für die Landwirthschaft im engeren Sinne festgestellt worden, wie viele dieser Arbeiter bei ihrem Unternehmer wohnten. Jedenfalls aber stehen außer den landwirthschaftlichen Knechten und Mägden alle häuslichen Dienstboten, also wenigstens 118 077 = 28,7 %

10 095 301 (gegen 10 114 862 bezw. 8 234 566 in den Jahren 1896

angaben aus den oben erwähnten Quellen vorli 2 fo gende Uebersicht für das Jahr 1895: rliegen, so erhält man

„Zahl der Arbeiter Gesammt⸗ 1 verge, ttene gais Aeche Aissehee, Kögehs fähigen“ Vollarbeiters schäftigte Tagen

Baugewerke 7 598 70 417 18 403 Textilindustrie 377 27 538 Steinbruch 935 9 764 3 668 Brauerei, Mälzerei 442 chemische In⸗ dustrie 184 Taback 80 Knappschaft 9 Töpferei 9 Zuckerindustrie 4 Glasindustrie 8 Brennerei Schornstein⸗ feger 162 Privatbahnen 4 Straßenbahnen 2

ℳ.

15 493 133 841,88 2,81 15 799 648 573,74 1,91 2 704 417 737,30 2,46

3 788 878 852,50 2,84

2 255 044 780,97 2,60 1 433 584 443,99 1,48 533 739 836,60 2,79 296 868 749,91 2,50 559 786 867,66 2,89 255 680 792,97 2,64 246 220 745,68 2,48

157 082 643,78 2,15 247 47 40 2,60 olzindustrie 2 711 7 790 283 732,94 2 82 taatseisen⸗

bahn . 5 381 554 835,96 2,79 zusammen 12 618 57 057 922 712,61 2,37

„Diese Uebersicht ist auf Grund der „anrechnungsfähigen“ Löhne gebildet. Nun haben außer der württembergischen Ehe ahegelre Lühn⸗ verwaltung fünf Berufsgenossenschaften (die chemische, Taback., Zucker⸗, Glas⸗, Straßenbahn.) auch die wirklichen Löhne angegeben, nach denen daher bei diesen bereits in vorstehender Uebersicht die Durchschnitts⸗ löhne berechnet sind, und es ist von Bedeutung, festzustellen, in wie weit etwa in Württemberg ein Unterschied zur Erscheinung kommt:

anrechnungsfähige wirkliche . 2 255 044 2 316 36

.1 433 584 1 290 226

569 786 593 480

255 680 538 257 9881

Straßenbahn⸗ 247 479

Die große Minusdiffere i

sieht, durch die Plusdifferenzen bei den übrigen vier Industrien an⸗ nähernd aufgehoben und würde sich wohl, wenn für alle aufgeführten Arbeiter die wirklichen Löhne angegeben wären, in ein Plus ver⸗ wandeln, sodaß der Gesammtdurchschnitt von 712,6 im Jahre 1895 eher etwas zu niedrig als zu hoch sein wird.

Die Bildung des Durchschnittslohnes in der gegebenen Uebersicht beruht auf der Unterstellung, daß alle Arbeiter voll beschäftigt waren, d. h. auf einem künstlich gewonnenen Vergleichsmaßstabe. Dieser Maßstab ist besonders deshalb nörhig, weil ohne ihn kein Vergleich nach rückwärts möglich ist. Versucht man einen solchen, indem man unter Ausschaltung „der erst von 1894 an streng vergleichbar werdenden Ziffern für die Holzarbeiter Württembergs Baugewerks⸗, Textil-, Steinbruch⸗, Brauerei⸗, Mälzerei⸗, chemische, Taback⸗, Zucker⸗, Glasindustrie, Knappschaft, Töpferei, Brennerei, Schornsteinfeger, Privatbahn, Straßenbahn zusammennimmt und noch die württembergischen Staatseisenbahnarbeiter nach dem jeweiligen Kalenderjahr hinzufügt, so erhält man folgende Uebersicht:

nel 2 1n h.. anrech I Hati hschn l nungsfähigen bezw. ahreslohn Tagesl Jahr 300 Tagen wirklich. ““ eines Saee

1891. 61 654 42 286 124 8 .“ 1. 1892. 62 921 43 478 372

1893 65 346 46 421 374

1894. 67 074 lII P1s

1895. 69 442 49 279 412 708,20

In den letzten 35 Jahren hat sich das durchschnittliche jährliche Einkommen der württembergischen Arbeiter etwa ebee 60 Jahren annähernd verdreifacht.

Die 69 442 „Vollarbeiter“, für welche ein Durchschnittstagelohn von 2,36 im Jahre 1895 ausgerechnet worden söschakties gelohn nur 16,9 % oder ungefähr den sechsten Theil der 411 327 gegen Lohn in Württemberg beschäftigten Arbeitskräfte und zudem, wie in der Veröffentlichung des Statistischen Landesamts bemerkt wird, „in gewissem Betracht die zu den besser entlohnten gehörigen“ dar. Die für das Jahrfünft 1891 95 festgestellte Erhöhung des durchschnitt⸗ lichen Jahreslohns dieses Sechstels der Lohnarbeiter Württembergs um 22,34 = 3,26 % des Anfangslohnes darf auch nicht ohne weiteres als Lohnsteigerung betrachtet werde

Es wäre vielmehr noch zu 5 Jahren die männlichen Erwachsenen unter diesen Lohnempfänge

verhältnißmäßig rascher oder langsamer als die weiblichen, ob vielleicht die jungen Leute beiderlei Geschlechts rascher als die erwachsenen männlichen Personen oder als die Erwachsenen überhaupt ang Zahl zugenommen haben. Nachweise hierüber liegen nicht vor, da die in Fabriken beschäftigten erwachsenen männlichen Arbeitskräfte nicht jährlich aufgenommen werden. Nach den Berichten der Gewerbe⸗ aufsichtsbeamten in Württemberg haben sich von 1892 bis 1896 in den der Aufsicht unterstellten Betrieben die jugendlichen männlichen Fahrik⸗ arbeiter unter 16 Jahren von 5682 auf 6190 oder um 8,9 %, die jugen

lichen weiblichen unter 16 Jahren von 4975 auf 5921 oder um 190

die Arbeiterinnen von 16 bis 21 Jahren von 12 156 auf 14 633 oder

oder um 23 % vermehrt. Es ist kaum anzunehmen, daß sich die Zahl der männlichen Erwachsenen in demselben Maße erhöht hat; man wird also daraus schließen müssen, daß die Lohnerhöhung durch verhältniß⸗ mäßig raschere Vermehrung der erwachsenen weiblichen Arbeitskräfte den jugendlichen gegenüber wesentlich mit hervorgerufen ist.

Auch wenn nun die Steigerung des Jahresdurchschnittlohns be⸗ den außer Betracht selashe übrigen ⁄1 der Lohnarbeiter eine ähn⸗ liche gewesen wäre, so wäre damit allein doch weder ein Beweis noch ein Maßstab für die materielle Besserstellung der Arbeiterklasse er bracht. Für die Hebung der Lohnarbeiter in materieller Hinsicht ist vielmehr der durch die jeweilige thatsächliche Kauftraft des Geldlohns bedingte Reallohn maßgebend. Damit thut sich für eine gewissenhafte Untersuchung der Lohnlage der Arbeiter ein neuer Abgrund vo Schwierigkeiten auf, weil nunmehr auch die Preise derjenigen Lebens⸗

welche die Lohnarbeiter ihre Löhne verausgaben müssen. Dieser un⸗ mittelbare Zusammenhang macht es erforderlich, auf das, was ma unter „Haushaltungsbudget“ zu verstehen pflegt, einzugehen. Eine im Jahresbericht der württembergischen Gewerbe⸗Inspektoren für 189 mitgetheilte Statistik der Zimmerer Ravensburgs nimmt bei 1040,655 Jahresausgabe 718,765 = 69,07 % für Nahrung und 134,5 = 12,9 % für Wohnung an. In den „Wuͤürttemb. Jahrbüchern“ wird außer einer Anzahl summa⸗ rischer Arbeiterbudgets nach verschiedenen Ortsgrößenklassen das aus führliche Budget einer Stuttgarter Arbeiterfamilie mit 2 bis 3 Kin dern aus dem Jahre 1884 angegeben, nach welchem bei einem gesammten Jahresverbrauch von 1340,35 z. B. die Ausgaben für Brot jährlich 130 oder rund 10 % betragen. Steigt der Jahresdurchschnittslohn einer Familie in einem Jahre um 2 %, so macht dies bei einem Jahres einkommen von 1340 % den Betrag von 26,8 aus. Fällt nun glei zeitig der Brotpreis für 1 kg von 25 auf 20 ₰, so braucht d Familie statt 134 nur noch 107,2 ℳ, also 26,8 weniger aus zugeben: mit anderen Worten, dieses gleichzeitige Sinken des Brot

der Lohnarbeiter, noch nicht in reinem Geldlohnverhältniß. Nimmt man des Vergleichs wegen alle Arbeiter zusammen, für ürg⸗ Lohn⸗

preises um 20 % bringt für den Arbeiterhaushalt denselben Erfolg hervor, wie wenn der Geldlohn bei gleichbleibendem Brotpreis um

““ 11“ 8

Jahreslöhne im Jahr täglich

en Tabackarbeitern wird, wie man

untersuchen, ob in den

um 20,4 %, die Arbeiterinnen über 21 Jahre von 15 565 auf 19 173 8

bedürfnisse in den Kreis der Betrachtung gezogen werden müssen, für

% gestiegen wäre. Nun ist der Preis für 1 kg Schwarzbrot in

Stuttgart nach den Notierungen der Wochenmärkte gewesen: 1891 25 ₰,

892 24 ₰, 1893 21 ₰, 1894 18 ₰, 1895 19 ₰, 1896 20 ₰. Der durchschnittliche Schwarzbrotpreis fiel also in Stuttgart in den 5 Jahren 1891/95 um 20 %. Streng genommen, wäre es erforderlich, alle für die Ausgaben der Arbeiterfamilien wesentlich in Betracht

kommenden Waarenpreise in dieser Weise zu untersuchen, um hieraus

in durchschnittliches Steigen bezw. Fallen der Reallöhne zu berechnen. Das Statistische Landesamt unternimmt auch dies, stellt u. a. fest, daß von 1891 bis 1896 nach dem Landesdurchschnitt der Preis für 1 kg Mehl zur Speisebereitung von 41 auf 36 ₰, für 1 dz Kar⸗ offeln von 7 auf 6,04 (in Stuttgart sogar von 7,98 auf 3,52 ℳ), für 1 kg Schweinefleisch von 1,44 auf 1,18 gefallen war, und gelangt zu dem Schluß: „Auch wenn man in Rechnung tellt, daß in den 5 Jahren 1891/95 bei den Wohnungen eine all⸗ gemeine Steigerung stattgefunden hat, so wird man doch annehmen müssen, daß die an sich schon nicht ungünstige Entwicklung der Geldlöhne der gewerblichen Arbeitskräfte in den Jahren 1891—95 durch die gleichzeitige Preisentwicklung ganz wesentlich unterstützt worden ist.“ . 1 Nun ist noch die Frage zu erörtern, ob 708,2 im Jahre über⸗ haupt ein „genügendes“ Einkommen sind. Wie schon oben dargethan wurde, ist dieser Jahreslohn für die Gesammtarbeiterzahl, also ein⸗ chließlich der jugendlichen und der weiblichen, der in Betracht ge⸗ ogenen Industrien ausgerechnet worden. Der Durchschnittslohn eines rwachsenen männlichen Arbeiters muß daher den Betrag von 08,2 übersteigen. Auch wenn man also zugiebt, daß mit 708 m Jahr oder 194 täglich, wenigstens in den größeren Orten, keine Familie ernährt werden kann, so ist damit doch nicht gesagt, daß dies natürlich immer durchschnittlich genommen überhaupt erforder⸗ lich ist. Nach der Altersgliederung vom 14. Juni 1895 sind nämlich

pon den gewöhnlichen Arbeitskräften einschließlich der gewerbsthätigen

amilienangehörigen in Württemberg unter 20 Jahre alt gewesen in: Ihndustrie aller Art .83 348 = 38,3 % von 217 461, Handel und Verkerl 8 574 = 25,3 % von 33 824, Lohnarbeit wechselnd . . . 1 295 = 16,7 % von 7731, in nichtlandwirthschaftl. Arbeit 616111I1DTTIV araus geht hervor, daß über aller Lohnarbeiter nichtlandwirth⸗ chaftlichen Gewerbes noch nicht 20 Jahre alt waren; desgleichen waren von den 259 016 volle 174 004 oder 67,2 %, d. h. je 2 von 3, edig, mußten also keine Familie ernähren. Diese Verhältnißzahlen sind ja freilich bei den einzelnen Industrien verschieden, aber sie zeigen doch, daß der Durchschnittslohn der verheiratheten Erwachsenen den Gesammtdurchschnitt erheblich übersteigen wird. Ein anderer Punkt allerdings verdient volle Beachtung, weil er bis jetzt überhaupt noch nicht untersucht worden ist, nämlich das Verhältniß der in einem Jahre in die einzelnen Be⸗

triebe einer Industrie überhaupt eingetretenen Per⸗

onen zu der Zahl der Vollarbeiter bezw. Arbeitstage. Auf die eingestellten Personen sind Arbeitstage entfallen in den

Jahren 1891 bis 1896 bei: 1891 1892 1893 1894 1895 1896

Baugewerksberufsgenoss. 84 80 80 79 78 76 Steinbruchsberufsgenoss. 112 107 108 109 113 112 Straßenbahnen. 280 188 293 257 194 159 Hheraäah 1193 189 172 1869 164 185 lasfabriken.. 8 2 899 890 185 208 Bergwerke 287 291 291 289 288 294 Leider werden diese Zahlen nur von einzelnen Genossenschaften erhoben, auch ist zu bemerken, daß dadurch die thatsächliche jährliche Arbeitszeit der einzelnen Personen nicht gegeben ist, weil ja ein und derselbe Arbeiter bald da bald dort in einen Betrieb eintreten kann; allein die Zahlen geben jedenfalls den thatsächlichen Umfang des Arbeiter⸗ wechsels an. 8 5

1 Zur Arbeiterbewegung.

Aus Köslin wird der „Ostsee⸗Ztg.“ berichtet, daß am 2. Sep⸗ ember eine gemeinschaftliche Sitzung der dortigen Baugewerksmeister und einiger ausständigen Maurergesellen stattfand, in welcher nach längeren Besprechungen die Meister zwei Forderungen der Ge⸗ ellen bewilligten; das dritte Verlangen, die Löhne auf den Arbeits⸗ stellen auszuzahlen, wurde als schwer durchführbar wieder abgelehnt. Am letzten Montag sollte die Arbeit allgemein wieder aufgenommen werden.

Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.“: In unserem Nachbar⸗ orte Groitzsch ist es in einer Schloßfabrik zu einem Ausstand

er Schlosser gekommen. Die Fabrikleitung hat dort die von den Gehilfen gestellten Forderungen als unbegründet abgelehnt. Es schweben Ausgleichsverhandlungen.

Kunst und Wissenschaft. An jener geweihten Stätte, an der einst die Kämpfe der Völker⸗

chlacht stattfanden, auf der Höhe südöstlich von Leipzig, wird am 8. Oktober d. J. der erste Spatenstich für das gewaltige Völker⸗ chlacht⸗Denkmal erfolgen, dessen Pläne Professor Bruno Schmitz⸗ Berlin entworfen hat und zu dem Beiträge aus ganz Deutschland esammelt wurden. Infolge der großen Ausdehnungen des Denkmals wird die Bauzeit mehrere Jahre dauern. u“

1 Der Name Hamdy Bey ist durch die Entdeckung der wunder⸗ vollen Sarkophage in Sidon des sogenannten Sarkophags des Alexander, des Satrapen, der Klageweiber, des lykischen mit der herrlichen

uadriga und der zahlreichen anderen, die sämmtlich zugleich mit dem von

ihm entdeckten egyptisch⸗phönizischen Todtenschrein des Königs Tabnit von

Sidon dank der Thatkraft und dem Kunstsinn des verdienstvollen Mannes m Museum zu Konstantinopel vereinigt sind für alle Zeiten mit er Entdeckung der herrlichsten Kunstschäbe der ältesten Vergangenheit

dauernd verknüpft. Hamdy Bey hat in den letzten Tagen wiederum einen neuen werthvollen Fund gemacht. Auf einer orschungsreise durch Kleinasien hat er, der „Köln. Ztg.“ zu⸗ olge, unterhalb des alten Ikonion, des heutigen Konia,

einen prachtvollen Sarkophag ausgegraben. Wenn dieser zuletzt auf⸗ gefundene Sarkophag auch nicht an die hohe künstlerische Schönheit er Gräberfunde von Sidon heranreicht, so ist er doch als ein sehr edeutendes Kunstwerk aus frührömischer Zeit anzusehen, also aus derselben Zeit, aus der die meisten alten Todtenschreine stammen, die man in den italienischen Museen und sonstigen großen Kunst⸗ sammlungen findet. ö“

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ff. Fersungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, herausgegeben von Otto Linge. 11. Bd., 1. Hälfte. Leipzig, Duncker u. Pumblot, 1898. Das Heft wird eröffnet durch ein Lebensbild des Historikers Gustav Adolf Harald Stenzel von Felix Rachfahl. Stenzel (geboren 1792, gestorben 1854) war der gkt⸗ deutsche Forscher, der das Mittelalter in seinem wahren historischen Charakter erkannte und es frei von der Voreingenommenheit des Rationalismus des 18. Jahrhunderts betrachtete. Von der roman⸗ tischen Geistesrichtung ausgehend, verfiel er doch nicht in den Fehler dieser Schule, die im Mittelalter die höchste Kulturblüthe deutschen Wesens sah, sondern bewahrte sich stets nüchterne Besonnenheit und kritische Schärfe, die ihn zu einer gesunden Aufsefsung der mittel⸗ alterlichen Zuflände und Personen kommen ließ. Sein Haupt⸗ arbeitsfeld war die schlesische Geschichte, wo er wahrhaft bahnbrechend wirkte, namentlich wegen der Setstc gun der wirth⸗ schaftlichen und sozialen Geschichte. Seine Arbeiten hierüber ver⸗ dienen 2u heute noch Beachtung, während die übrigen von der Fonschung ängst überholt sind. Seinem jüngeren Zeitgenossen Ranke reilich bei weitem nicht gewachsen, darf er neben ihm doch als einer der Mitbegründer der neueren deutschen Geschichtswissenschaft ange⸗

sehen werden. In einem Aufsatze über die Jugendzeit des Markgrafen Albrecht Achilles schildert Viktor Bayer die Erziehung und das Leben des berühmten Markgrafen bis zum Tode seines Vaters (1440). Hervorstechende Charakterzüge finden sich da noch nicht, seine großen Eigenschaften als Feldherr und Staatsmann entfalteten sich erst später. Ein wichtiges, aber wenig bekanntes Kapitel aus der Geschichte der auswärtigen Politik Brandenburgs im 16. Jahrhundert behandelt 785b Karge: die Bemühungen Joachim's II., einem Pandenberfüschen Prinzen die polnische Königskrone zu verschaffen. Der Verfasser beschreibt genau die inneren Wirren in Polen, die diesen Plan reifen ließen, die Opposition, die sich am Berliner Hofe selbst dagegen erhob, und die Umstände, unter denen er endli scheiterte. Da Karge auch schwer zugängliches polnisches Materia benutzt, so ist seine Studie um so verdienstlicher. Im letzten Aufsatz des Heftes endlich bringt Reinhold Koser eine Reihe guellen⸗ kritischer Erörterungen über die Schlacht von Kollin, welche die in seiner Geschichte Friedrich's des Großen gegebene Schilderung zu ergänzen bestimmt sind. Hierauf folgen einige kleinere Mittheilungen und wie üblich die Zeitschriftenschau und Rezensionen neuer Bücher. Darunter ist besonders die Literatur über die Zeit um 1870 reich⸗ haltig vertreten.

ff. Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. 39. Jahrgang. Würzburg, Stahel'sche Buch⸗ handlung, 1897. Zwei Aufsätze von großem Umfange enthält das vorliegende Heft. Der erste, von Justiz⸗Rath Stein über die Urgeschichte der Franken und die Gründung des Frankenreichs durch Chlodwig, ist eine außerordentlich fleißige Zusammenstellung und Besprechung der Nachrichten über die ältesten Zeiten der Germanen bis zum Beginn des 6. Jahrhunderts. Die Arbeit beschäftigt sich nicht mit den Franken allein; sie bespricht auf Grund der Qvyvellen, wie Tacitus, Dio, Strabo u. a., die ersten Kämpfe sämmtlicher Germanen⸗ stämme mit den Römern, um dann die Geschichte der Franken, die zum ersten Male im 3. Jahrhundert eine bedeutendere Rolle spielen, aus⸗ führlich zu behandeln. Der Verfasser schildert ihr allmähliches Vordringen nach Süden und Westen, das mit der Gründung eines neuen Staats in Gallien endete. Mit Recht betont er, daß der fränkische Staat einen kräftigeren, selbständigeren Charakter trug als die übrigen germanischen Staatengründungen jener Zeit; vielleicht hätte die ziel⸗ bewußte Stärkung der Königsmacht durch Chlodwig etwas aus⸗ führlicher behandelt werden sollen. Lobenswerth ist, daß der Ver⸗ fasser auch die an jene Zeiten sich knüpfenden Mythen bespricht und zu deuten versucht. In dem anderen Aufsatz schildert Freiherr von Bibra die Schlacht bei Würzburg vom 3. September 1796. Die Franzosen unter Jourdan waren während des ersten Revolutions⸗ krieges den Main herauf vorgedrungen und hatten Würzburg besetzt, wurden aber hier von Erzherzog Karl mit Uebermacht angegriffen und geschlagen. In der Schlachtschilderung tritt besonders die ausgiebige Verwendung der österreichischen Kavallerie hervor.

Hannoversche Verfassungs⸗ und Verwaltungs⸗ geschichte 1680 1866. Von Ernst von Meier. Erster Band: Die Verfassungsgeschichte. Leipzig, Verlag von Duncker u. Humblot. Preis 11,60 Wer einen Blick in die Lehrbücher der deutschen Rechtsgeschichte wirft, dem muß sich die Ueberzeugung aufdrängen, daß wir in der Erkenntniß der Rechts⸗ und Verwaltungsverhältnisse des 17., 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts seit Eichhorn wenig vor⸗ wärts gekommen sind. Namentlich bezüglich der Rechtsgestaltung in den Territorien wissen wir wenig. Die Schuld liegt nicht an den Verfassern der Kompendien, sondern an dem Mangel genügender Vorarbeiten. Nur für Brandenburg⸗Preußen ist man neuerdings um Ausfüllung der bisherigen Lücken bemüht gewesen; die Quellenpublikationen und Spezialforschungen, welche aus den Zeiten des Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm's I. und Friedrich's des Großen immer weiter vordringen, nehmen in der Geschichtswissenschaft unserer Tage eine zentrale Stellung ein. Es darf deshalb das vorgenannte Werk, welches die Verfassungs⸗ und Verwaltungsgeschichte des ehe⸗ maligen Kurfürstenthums und späteren Königreichs Han⸗ nover darstellt, einer dankbaren Aufnahme sicher sein. Die dortige Entwickelung bietet vielfach interessante Besonderheiten dar. Zwar sind die Hauptphasen in dem Entwickelungsprozesse mittelalterlicher Territorien zu modernen Staaten in Hannover dieselben gewesen wie in Preußen; aber die rein deutsche Bevölkerung, die Zähigkeit des niedersächsischen Stammes im Festhalten am Bestehenden, die Srac Ffeftenhenr gegen die Außenwelt, vor allem der gänzliche Mangel an jener Energie, welche Preußen zum europäischen Großstaat emporsteigen ließ, haben zur Folge gehabt, daß die Entwickelung sehr viel langsamer vor sich gegangen ist, daß sie mehr Schritt für Schritt verfolgt werden kann, 5 manche Einrichtungen sich dort viel vollständiger ausgelebt haben, da namentlich die Physiognomie des 18. Jahrhunderts eine völlig ver⸗ schiedene ist. Die Arbeit des Verfassers, der schon lange als Publizist eine hervorragende Stellung einnimmt, beruht auf eingehenden Studien. Nicht nur das gedruckte Material hat er herangezogen, sondern auch zahlreiches ungedrucktes, in den Archiven vergrabenes. Dabei kommt es ihm zu statten, daß er schon in der preußischen Rechtsgeschichte eingehende Studien gemacht hat, selbst dem nieder⸗ sächsischen Stamm angehört und bei langem Aufenthalte in Hannover durch Autopsie die gegenwärtigen Zustände kennen gelernt hat, die doch vielfach sich als Abschluß der früheren Entwickelung charak⸗ terisieren. Nach einer Einleitung, welche die Literatur und die Quellen erörtert, behandelt der Verfasser zunächst Land und Herrscherhaus, dann das Verhältniß des Landesherrn zur obersten Landesregierung, das infolge der Personalunion Han⸗ novers mit England viele Eigenthümlichkeiten darbietet, die Rechtsstellung der Landstände und den Staatsdienst. Das Buch, in welchem vergleichsweise auch die preußischen und sächsischen Einrichtungen und Zustände derselben Zeit herangezogen werden, ent⸗ hält auch eine Fülle kulturhistorisch interessanter Notizen. Es liest sich angenehm und leicht, die Darstellung ist klar und präzis und be⸗ zeugt, daß der Verfasser vollkommen Herr seines Stoffes ist. Ein zweiter Band soll noch die Geschichte der Verwaltungsorganisation geben, sowohl der Behörden, des Ministeriums, der Kammer, der Kriegskanzlei, der Landdrosteien und der Aemter, als auch der Kom⸗ munalverbände, der Städte und der Landgemeinden, unter Beifügung einer Anzahl von Aktenstücken. 5

Unter dem Titel „Kleines Bürgerliches Gesetzbuch “hat der Ober.Landesgerichts⸗Rath Friedri Hofmockel in Augsburg bei Gebrüder Reichel daselbst ein Büchlein erscheinen hes. die Quintessenz des B. G.⸗B. enthält. Der Ferfi. folgt Titel für Titel dem B. G.⸗B., indem er das, was jeder Jurist als unverlier⸗ baren Besitz im Gedächtniß tragen, was er sich zu eigen machen muß, geschickt auszieht und in knappen, präzisen 85* zusammenfaßt. Zum Studium und Gebrauche neben dem B. G.⸗B. sowie zur Repetition wird das Buch recht dienlich sein. 1

Gerichtsverfassungsgesetz, Zivilprozeßordnung, Konkursordnung und Anfechtungsgesetz in der jetzigen und der ursprünglichen Fapfung. Ein Band 80, X und 557 S. Berlin, Verlag von O. Häring. Preis kart. 4 Diese Ausgabe enthält, wie schon im Titel angedeutet ist, den Text der hier vereinigten vier Reichsgesetze in der jetzigen und der ursprünglichen Fassung. Wo beide sesarveen eines Paragraphen übereinstimmen, ist der Text durchlaufend in deutscher Schrift gedruckt; wo sie von einander irgendwie abweichen, steht der jetzize Text des ganzen Para⸗ graphen in der linken Spalte in deutscher, der ursprüngliche Text in der rechten in lateinischer Schrift. Die neuen Paragraphenzahlen sind in gewöhnlicher, die alten in halbfetter Schrift ausgeführt. Wo in sonst unveränderten Paragraphen nur die Zahlen von Ver⸗ wessangen geändert sind, sind die alten Zahlen, ebenfalls halbfett, in Klammern beigefügt. Dies wird namentlich für diejenigen eine erwünschte Hilfe sein, welche aus den alten Zahlen sofort die angezogenen Gesetzesvorschriften erkennen, mit den neuen aber noch keine bestimmte Vorstellung verbinden. Wo der Feyigc Gesetzestert auf älteren Gesetzen als den erwähnten vom 17. Mai 1898 beruht, sind diese Gesetze jedesmal in Anmerkungen bezeichnet. Ebenso ist da, wo durch ein solches Gesetz der ursprüng⸗

dieser geänderte Text beseitigt ist, der letztere in einer Anmerkung an⸗ deele So führt die Ausgabe, der auch ein ausführliches Sach⸗ register beigefügt ist, dem Benutzer die ganze innere Geschichte der im Tftel genannten Gesetze vor Augen. Textausgaben der Zivilprozeßordnung und des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes nebst den Einführungsgesetzen 2 ℳ), sowie der Konkursordnung nebst dem Einführungsgesetze und dem Gesetze, betreffend die Anße tung von a.S eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (Preis 1 ℳ), in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 unter Hervorhebung der Aenderungen, mit Sachregistern und vergleichenden Zusammen⸗ stellungen der alten und der neuen Paragraphenzahlen, sind ferner im Verlage von Franz Vahlen, Berlin, erschienen. Eine übersichtliche Zusammenstellung der Abänderungen der Reichs⸗ ustizgesetze durch die Gesetze vom 17. Mai und die Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 hat die Verlagsbuchhandlung von C. L. Hirschfeld in Leipzig herausgegeben (Preis 35 J). Handbuch für preußische Sparkassen. Gesetze und Verordnungen mit Berücksichtigung der Rechtsprechung, herausgegeben von H. Kappelmann, Stadtrath. Verlag von Duncker u. Humblot, Leipzig. Preis geb. 3,60 ℳ, Die Hauptquelle für das preußische Sparkassenwesen bildet das Sparkassen⸗Reglement vom 12. Dezember 1838; dazu kommen die zahlreichen im Laufe der Jahre ergangenen Verfügungen der Aufsichtsbehörden, die, wenn auch keine Rechtsquelle, so doch für die Sparkassen⸗ verwaltungen maßgebend sind. Pieses Material wird, unter Berück⸗ sichtigung der Rechtsprechung der ordentlichen und der Verwaltungs⸗ feriee zum praktischen Gebrauch zweckmäßig gesichtet und geordnet, n dem vorliegenden Buch geboten. Bei der Anordnung des Stoffes ist das Schwergewicht auf das Reglement von 1838 gelegt, dieses an die Spitze gestellt und mit eingehenden Erläuterungen versehen. Daran schließen sich, nach Materien geordnet, Erlasse der Zentral⸗ instanzen sowie einzelne in das Gebiet einschlagende gesetzliche Vorschriften; es ist wohl keine der heute noch maßgebenden Verordnungen ꝛc. über⸗ sehen worden. Mit Rücksicht auf den nahen Zeitpunkt des Inkraft⸗ tretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Herausgeber auch dieses mit herangezogen. Von einer Kritik hat er fast überall Abstand ge⸗ nommen; dagegen ist in einem Anhang ein vom Verfasser auf dem Verbandstage des Sächsisch -Thüringischen Sparkassenverbandes zu Hall⸗ a. S. am 30. November 1896 erstatteter Bericht über das nach gesetzlicher Reuregelung des Sparkassenwesens wieder⸗ gegeben. Die Untersuchung der optischen Dienstfähigkeit des Belenha bg. .. Leitfaden für Aerzte und Ver⸗ waltungsbeamte von Dr. Hugo Magnus, Professor der Augenheil⸗ kunde in Breslau. Mit einer Abbildung. J. U. Kern's Verla e Müller), Breslau. Preis 3 Die vorliegende Arbeit i estrebt, die SStess welche zwischen dem Auge und der Be⸗ fähigung für den Eisenbahndienst obwalten, nach ihren verschiedensten Seiten hin einer eingehenden Spezialuntersuchung zu unterwerfen. Auf Grund der praktischen Erfahrungen, welche der Verfasser im Laufe einer langen bahnärztlichen Praxis gemacht hat, behandelt er im ersten Abschnitt die Untersuchung des Sehvermögens der Be⸗ diensteten an den preußischen Staatsbahnen, im zweiten die Unter⸗ suchung und Begutachtung des Sehaktes auf seine Tauglichkeit zum Eisenbahndienst und die verschiedenen Krankheiten des Auges. Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. 57. Jahrgang, Heft 1 bis 35. Leipzig, Verlag von Fr. Wilh. Grunow. Ein reiches Feld von Erörterungen und Betrachtungen liegt in diesen Heften wieder vor uns ausgebreitet. Es sind Früchte fleißiger Arbeit, zum theil von echt deutscher Gründlichkeit, die hier zusammengetragen sind. Auf einzelne Aufsätze ist bereits früher im „R.⸗ u. Sr.⸗A.- hingewiesen worden. Unter den Beiträgen des begonnenen zweiten Semesters erwähnen wir besonders die vortrefflichen Aufsätze über „Fürst Bismarck's Vermächtniß“, „Die Staats⸗ angehörigkeit als Mittel zur Erhaltung des Deutschthums“, „Aus SeSn Ostmark“, „Vorgeschichte der Kolonisation in Südwest⸗Afrika“, „Bauerngüter und Großbetriebe in der Landwirthschaft“, „Gelegent⸗ liche Beobachtungen über den Kleinhandel“, „Mittelalterliches Bauern⸗ leben“, „Die Versicherungsbedingungen der privaten Feuerversicherungs⸗ gesellschaften“, „Die einheitliche Regelung des Notariats durch die Reichsgesetzgebung“, ferner aus den Gebieten der Literatur und Kunst die Aufsätze „Wilibald Alexis ein Gedenkblatt zum 100. Geburtstage des Dichters“, „Friedrich Nietzsche“, „Kanzler von Müller über Goethe“, „Ungedruckte Briefe von Robert Schumann“, „Wagner's Musik“ und „Der japanische Farbenholzschnitt“. Damit haben wir indeß den reichen Inhalt der Hefte keineswegs erschöpft.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

1898 zu verzeichnen, die um so mehr auffällt, als die Tabackbauern, wie die „Soz.⸗Korr.“ mittheilt, in den letzten Jahren im allgemeinen zufrieden waren, sowohl mit den geernteten Quantitäten, wie mit den Preisen. Im Hauptsteueramts⸗Bezirk Mannheim ist die Zahl der Pflanzer von 2671 im Jahre 1897 auf 1716 im laufenden Jahre esunken; die Zahl der Grundstücke sank von 4980 auf 2984 und der

lächengehalt derselben von 102 359 a auf 61 569 a. Es muß daraus geschlossen werden, daß der Anbau anderer Pflanzen den Land⸗ wirthen ebenfalls lohnend erschien und weit weniger Arbeitskräfte er⸗ fordert als der Tabackbau. In zahlreichen Gemeinden hat man Ver⸗ suche mit besserer Düngung (künstlichen Dungmitteln) und besserem Samen gemacht, und so werden die Erträge aus Taback in diesem Jahre aus doppelten Gründen lohnender sein. 1

Verkehrs⸗Anstalten. 8 Laut Telegramm aus Dortmund hat die zweite Inhische Post über Vlissingen vom 7. September den

Sperrung in Büdrich (Kreis Mörs).

Danzig vom 1. Oktober enthält folgende wichtigeren Aende⸗ rungen gegenüber dem Sommer⸗Fahrplan 1898: Der Entwurf für die voraussichtlich am 1. November d J. dem Betriebe zu über⸗ ebende Nebenbahn Rheda Putzig wird bereits mitgetheilt: ab Rheda Westpr. 8,35, 2,25, 7,22, an Putzig 9,25, 3,15, 8 44; ab Putzig 7,15, 12,50, 4,56, an Rheda 8,03, 1,38, 5,44. Zug 13 Berlin Danzig ab Berlin 11.22 erhält in Dirschau Anschluß an den Personen⸗ zug 541 nach Kaens hes. Zug 206 Konitz— Neustettin —Ruhnow ab Konitz 9,30 erhält Aufenthalt in Domslaff und Birkholz. Auf den Strecken Danzig Neufahrwasser und Danzig —Zoppot ist der übliche Winter⸗Fahrplan hergestellt.

Der Fahrplan der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Münster i. W. vom 1. Oktober 1898 enthält gegenüber dem Sommer⸗Fahrplan folgende wesentlichere Aenderungen: I. Neue

üge: Gemischter Mhug 634. Münster ab 4,42, Emden an 9,45. ersonenzug 711. Münster ab 5,258, Osnabrück an 6 39 und Per⸗ ern Küs. Osnabrück ab 11,42, Münster an 12,22 bilden eine direkte Verbindung zwischen Münster und Hamburg ohne Wagen⸗ wechsel. II. Ausfallende Züge: Gemischter Zug 2011. Münster ab 5,24, Osnabrück an 6,40 (wird durch 711 Münster ab 5,2 ersetzt). Ferner fallen die für den Vergnügungsverkehr und den Verkehr nach den Nordseebädern im Sommer vorgesehenen Züge aus. III. Veränderte Züge: Zug 651 (Emden Leer) fährt 56 Min. früher 6,57) aus Emden und erreicht in Leer Anschluß an Zug 29 nach

ldenburg. Zug 335 fährt 35 Min. später (5,22) von Lippstadt nach Paderborn. Zug 87 ist zur Abkürzung der Liegezeit in Norden von Norden bis Wittmund früher gelegt (Norden ab 1,15, Witt⸗ mund an 3,10).

liche Text geändert war, durch eines der Gesetze vom 17. Mai 1898 aber !

CEine Abnahme des Tabackbaues in Baden ist im Jahre

Anschluß an Sg 7 nach Berlin nicht erreicht; Grund: Gleis⸗

Der Fahrplan der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion