1898 / 245 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Oct 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich⸗Ungarn. 1 8

Der Kaiser ist gestern Abend 8 ½ Uhr von Wien nach Budapest abgereist. Allerhöchstde selbe wird heute den Minister⸗ Präsidenten Baron Banffy in Audienz empfangen und sich sodann zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Gödöllö be⸗ geben.

Wie die „Politische Korrespondenz“ aus Rom erfährt, beabsichtigen die österreichische und die ungarische Re⸗ gierung zu der demnächst in Rom zusammentretenden Kon⸗

erenz zur Berathung von Maßnahmen gegen die

Inarchisten je einen Delegirten ihres Ministeriums des Innern zu entsenden, welche als Beiräthe für Fragen, die ihre Ressorts betreffen, dem diplomatischen Vertreter der Monarchie würden beigegeben werden.

In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses ecrwiderte, wie „W. T. B.“ meldet, der Licnister⸗Prästdent Graf Thun auf cine Interpellation über die Stellung, welche das Auswärtige Amt zu der von dem Kaiser von Rußland vorgeschlagenen Konferenz ein⸗ nehme: „Unser Auswärtiges Amt, welches diesem hoch⸗ herzigen, eminent humanitären Gedanken sympathisch

egenübersteht, hat das St. Petersburger Kabinet ver⸗ tändigt, daß die österreichisch⸗- ungarische Regierung, weit ent⸗ fernt einem solchen Plane irgendweiche Hingernisse in den Weg zu legen, gern bereit sei, denselben nach Thunlichkeit zu för⸗ dern. Wie ich wohl kaum besonders hervorzuheben brauche, besteht zwischen unserem Auswärtigen Amt und mir die vollste Uebereinstimmung hinsichtlich dieser Auffassung. Die

russische Regierung hat sich übrigens, wie dieses auch aus

den Tagesblättern bekannt ist, bei allen Regierungen mit ihrem Vorschlage einer sympathischen Aufnahme zu erfreuen gehabt, und wenn ich auch die Schwierigkeiten nicht verkenne, die sich der Verwirklichung dieser großen Idee entgegenstellen, so möchte ich doch meine Ausführungen mit den wärmsten Wünschen für deren Gelingen schließen.“ In Beantwortung der Interpellation des Abg. Gambini über die Ausschreitungen in Parenzo gab der Minister⸗Präsident Graf Thun eine Dar⸗ stellung der Vorfälle, welche weder auf politische noch auf nationale Motive zurückzuführen seien. Was die Interpellationen bezüglich der Angriffe auf italienische Unterthanen angehe, so werde er diese Interpellationen nach Sammlung der erforder⸗ lichen Daten beantworten. Bei den Ausschreitungen in Triest, wo die ersten bedauerlichen Vorfälle stattgefunden hätten, dürfe der Umstand nicht außer Acht gelassen werden, daß, während ganz Oesterreich durch das entsetzliche Ereigniß in Genf in die tiefste Trauer versetzt gewesen sei, in Triest Belustigungen stattgefunden hätten, durch welche das Gefühl der Loyalität und der Anhänglichkeit an das Herrscherhaus auf das tiefste verletzt worden sei. Er könne schließlich nicht unerwähnt lassen, daß der Regierung daran gelegen sein müsse, die freundschaftlichen Beziehungen, welche die Monarchie mit Italien verbänden, ungetrübt zu erhalten. Die Regierung werde daher, speziell von diesem Standpunkte aus, sicherlich bemüht sein, alles u vermeiden, was Störungen dieser freundschaftlichen Bezie⸗ hamzn zur Folge haben könnte. Er, der Minister⸗Präsident, werde daher in erster Linie alle Maßregeln treffen, durch welche eine Wiederholung der Ausschreitungen gegen italienische Staatsangehörige auf österreichischem Gebiete wirksam ver⸗ hütet werde könne. In zweiter Linie werde die Regierung gegen Alle, welche sich solcher Angriffe gegen Italien schuldig machen, mit der vollsten Strenge des Gesetzes einschreiten, um den Angegriffenen rasch vollkommene Genugthuung zu eben. Sodann ging das Haus zur über und feßre die Debatte, betreffend die Kaiserlichen Verordnungen über das Budgetprovisorium, fort. Zuvor erklärte der Abg. Iro (Anhänger Schönerer’s), seine Partei habe die Obstruktion nicht aufgegeben, sie könne dieselbe aber allein nicht wirksam ausführen, und dies sei die Schuld der anderen deutschen Par⸗ teien. Ueber das Budgetprovisorium sprachen die Abgg. Freiherr d’'Elvert (deutsche Fertschrittspartei), Dr. von Grabmayr C Großgrundbesitz) und Rieger (Sozialdem.) er Abg. Dr. von Grabmavyr erklärte: Der verfassungs⸗ treue Großgrundbesitz werde für die Zuweisung der Ver⸗ ordnungen an den Budgetausschuß stimmen, doch sei das kein Beweis des Vertrauens zur Regierung; die Gesundung des staatlichen Organismus sei ohne Beseitigung der Sprachenverordnungen unmöglich. Der von der Regie⸗ rung eingeschlagene Weg maf zum Konflikt mit der Verfassung führen. Der verfassungstreue Großgrundbesitz bringe der Regierung kein Vertrauen entgegen und werde dieser Gesinnung dadurch Ausdruck geben, daß er alle Akte dieser Regierung einer besonders eingehenden, das Staats⸗ interesse nie vergessenden Kritik unterziehen werde. Die Ver⸗ handlung wurde hierauf abgebrochen. Nach Erledigung einiger Nothstands⸗ und anderer dringlichen Anträge wurde die Sitzung geschlossen.

Der Ausschuß des Abgeordnetenhauses für die Vorberathung der Vorlagen, betreffend den Ausgleich mit Ungarn, hielt gestern eine Sitzung ab. In derselben wies der Minister⸗Präsident Graf Thun die von dem Mitgliede des Ausschusses Abg. Groß aufgestellte Behauptung, daß die österreichische Regierung unter dem Kommando des ungarischen Minister⸗Präsidenten Baron Banffy stehe, auf das entschiedenste zurück. Beide Regierungen seien sich der großen ökonomischen Tragweite des Ausgleichs für beide Theile voll bewußt. Die Regierung habe die entschiedene Absicht, den Ausgleich fertig⸗ zustellen, damit die Segnungen der Stabilität der materiellen Interessen beiden Neichshälften zu gute kämen. Hier Kon⸗ flikte konstatieren zu wollen, sei nicht am Platze; ein solcher Plas werde auch hoffentlich nicht von Erfolg sein. Er (Redner) und Baron Banffy seien in gegenseitigem vollsten Vertrauen bestrebt, ihre Verpflichtungen, welche sie im gegenseitigen Einvernehmen übernommen hätten, zu erfüllen. Der Ausschuß ging sodann zur Generaldebatte über die Ausgleichsvorlagen über. Der Abg. Chiari (deutsche

Volkspartei) erklärte, die Deutschen seien durchaus nicht gegen einen Ausgleich, jedoch müsse derselbe auf der Grundlage der Gerechtigkeit herbeigeführt werden. Nach einer kurzen persönlichen Bemerkung des Handels⸗Ministers Freiherrn von Dipau li beleuchtete der Abg. von Bilinski die Ausgleichs⸗ vorlagen in längerer Rede und erklärte in seiner Eigenschaft als früherer Finanz⸗Minister, er stehe noch immer auf dem Standpunkte, daß der Ausgleich im Großen und Ganzen für Oesterreich günstig sei; ohne eine entsprechende Hrrabsehung der Quote sei jedoch kein Ausgleich durchführbar. Die Weiterberathung wurde sodann auf heute vertagt. Im ungarischen Unterhause brachte gestern der Finanz⸗Minister von Lukäͤcs eine Indemnitätsvorlage für 1 die ersten vier Monate des Jahres 1899 ein.

Großbritannien und Irland.

Der neuernannte Parlaments⸗Sekretär des Aeußern Brodrick hielt gestern in Hawick (Schottland) eine Rede, in welcher er, dem „W 1 s eignisse der allerletzten Tage bewiesen, daß keinerlei Zweifel über die Stimmung des Landes in Bezug auf die von Lord Salisbury im Sudan verfolgte Politik bestehen könne. Lord Salisbury habe, als er sich über Faschoda äußerte, nicht lediglich im Namen einer einzelnen Partei gesprochen, sondern mit Zustimmung jeder Gruppe von Politikern im ganzen Lande.

8S 1““ WE1111“

In Paris waren gestern Gerüchte von einem militärischen

Anschlag gegen die Regierung verbreitet, welcher heute zur

Ausfüh ung habe gelangen sollen, da der Krie zs⸗Minister Paris verlassen und sich nach Chaumont hegeben wolle. Infolge dessen veroffentlichte gestern die „Agence nationale“ folgende Note des Kriegs⸗Ministeriums: „Wir sind ermächtigt, die Meldung der Zeitungen betreffs eines angeblich angezetteiten Militärkompots zur Ausführung eines Staats⸗ streichs formell zu dementieren. Der Kriegs⸗Minister hat keineswegs abreisen wollen, er wird dem Ministerrath am Sonnabend beiwohnen.“

Der General Bois deffre wurde Karbunkel operiert. Der Zustand des Generals ist befriedigend.

8 .“ Rußland. 6

Aus St. Petersburg wird der „Politischen Korr spondenz“ berichtet, daß der Kaiser am 20. Oktober wieder in Livadia eintreffen werde, wohin Graf Murawjew für den 29. Ok⸗ tober beschieden sei.

8

Spanien.

Dem „Liberal“ zufolge, werde der Marschall Blanco in

kurzer Zeit nach Spanien zurückkehren Türkei.

Den Deutschen Kaiserlichen Majestäten werden, wie „W. T. B.“ meldet, heute der Justiz⸗Minister Ab⸗ durrahman Pascha, der Präsident des Siaatsraths Said Pascha, der Chef der Militärkanzlei Marschall Schakir b der Marschall Kamphövener Pascha, die

ivisions⸗Generale Ahmed⸗Ali Pascha und Nassir Pascha sowie der Unter⸗Staatssekretär Selim Melhame Effendi auf der Nacht „Izzeddin“ nach den Dardanellen entgegenfahren. Mit der „Loreley“ fahren der deutsche Botschafter Freiherr Marschall von Bieberstein, der Dragoman von Eckardt und der Hauptmann Morgen Ihren Majestäten entgegen.

Nach dem für den Aufenthalt Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm und Ihyhrer Majestät der Kaiserin Auguste Victoria in Konstantinopel aufgestellten Programm erfolgt die Ankunft daselbst am 17. d. M., Vormittags um 11 Uhr. Am Abend findet im MileiPalais Galatafel statt, an welcher die Mitglieder der deutschen Botschaft, des deutschen General⸗Konsulats, die in türkischen Diensten befind⸗ lichen Deutschen sowie die Notabeln der deutschen Kolonie theilnehmen. Am 18. ist Frühstück auf der deutschen Botschaft, Empfang der Deputation der deutschen Kolonie sowie Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin im Harem Seiner Majestät des Sultans. Am 19. folgt ein Ritt um die Stadtmauer, der Empfang des diplomatischen Korps, eine Bosporusfahrt auf der „Hohenzollern“ oder der „Sultanie“ und Abends Theatervorstellung im Nildiz⸗ Palais. Am 20. findet eine Fahrt auf der anatolischen Eisenbahn nach der Kaiserlichen Teppichfabrik Hereke, am 21. Parade der Truppen vor dem Talim Hane⸗Kiosk und nach dem Selamlik, welchem Seine Majestät der Kaiser Wilhelm nicht beiwohnt, Abends Galatafel für das diplomatische Korps im Yildiz⸗Palais statt. Am 22. erfolgt, nach einem Frühstück im Kaiserlichen Palais von Dolma Bagtsche, die Abreise Ihrer Majestäten.

Die Botschafter Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Rußlands haben, nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“, gestern der Pforte die Ent⸗ schließungen ihrer Regierungen bezüglich der Ant⸗ wort des Sultans auf das Ultimatum mitgetheilt. Die Mächte halten die in dem Ultimatum gestellten Bedingungen durchaus aufrecht, geben jedoch ihre Bereit⸗ willigkeit zu erkennen, später der Pforte einiges Entgegen⸗ kommen hinsichtlich der Beibehaltung eines Symbols der türkischen Oberherrschaft auf Kreta zu zeigen.

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Dänemark.

Der König empfing, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Mittag im Schlosse Amalienborg sämmtliche in Kopenhagen eingetroffenen Fürstlichkeiten und Vertreter der Höfe und Regierungen. Nachmittags um 4 Uhr fand im Schlosse Bernstors ein Trauergottesdienst füͤr die Königin Luise statt; sodann wurde der Sarg von dem König von Dänemark, dem Kaiser von Rußland, dem König von Griechenland, dem Kronprinzen von Dänemark und mehreren anderen Mitgliedern der dänischen Königs⸗ familiczum Leichenwagen getragen, welchem die ganze Königliche Familie nach dem nahegelegenen Bahnhof Gjentofte zu Fuß folgte. Eine große Menschenmenge bildete längs des Weges Spalier und grüßte ehrfurchtsvoll durch Entblößen der Häupter. In den Eisenbahnwagen wurde der Sarg wieder von denselben Fürstlichkeiten getragen. Um 4 ¾ Uhr setzte sich der Trauerzug nach Roeskilde in Bewegung, wo er um 6 Uhr eintraf. Der König und die anderen Fürstlichkeiten trugen auch hier personlich den Sarg zum Leichenwagen. Während der Fahrt nach dem Dom streuten Frauen in Trauerkleidung vor dem Wagen Blumen. Hinter dem Wagen folgte der König mit der Kaiserin⸗Wittwe von Rußland, der Prinzessin von Wales und der Her⸗ zog in von Cumberland. Beim Dom angelangt, trugen

ie Fürstlichkeiten den Sarg in das Gotteshaus. Nach einem kurzen Trauergottesdienst verließ die Königliche Familie die Kirche und kehrte mittels Sonderzuges 1ag Gjentofte zurück.

Amerika.

Nach einem in New York eingetroffenen Telegramm aus Santiago de Cuba ist die Meldung, daß Maximo Gomez zum Präsidenten der „Republik Cuba“ gewählt worden sei, nicht richtig. Die Nationalversammlung werde zur Wahl des Präsidenten erst am 20. d. M. zusammentreten. b

6.“

; gestern an einem

Aus Simla meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß das britische Kriegsamt der indischen Regierung mitgetheilt habe,

T. B.“ zufolge, ausführte: Die Er⸗ es benöthige der Dienste des bekannten Erforschers von Tibet,

Majors Bower, welcher gegenwärtig Offizier eines indischen Eingeborenen⸗Regiments ist. Derselbe solle nach China gehen, um ein Bataillon chinesischer Truppen aufzustellen.

Demselben Bureau zufolge hat der französische Ge⸗ sandte in Peking nachdrücklich die sofortige Freilassung der Franzosen gefordert, welche sich in den Händen der Auf⸗ ständischen in der Provinz Sz'tschwan befinden, und strenge Maßnahmen sowie die Entsendung französischer Truppen in chinesisches Gebiet angedroht, falls die Franzosen nicht in Freiheit gesetzt würden.

In Manila verlautet, der Anführer der Aufständischen in den fünf nördlichen Provinzen Macabulos habe sich gegen Aguinaldo aufgelehnt. Ein scharfer Kampf zwischen den der Aufständischen sei im Gange.

Afrika.

Das „Reuter’'sche Bureau“ berichtet aus Kairo, daß die Depesche des französischen Ministeriums des Aeußern dem Major Marchand in Faschoda zugegangen sei. Derselbe habe daraufhin einen der ihm unterstehenden Offiziere nach Kairo entsandt. Der Dampfer, auf welchem dieser Offizier reise, sei bereits in Khartum eingetroffen.

Die Polizei von Alexand ien verhaftete in der vorletzten Nacht neun italienische Anarchisten, darunter den In⸗ haber eines Cafés, in dessen Wohnung zwei mit Kugeln gefüllte Bomben gefunden wurden.

Das neue Ministerium des Kaplandes ist folgender⸗ maßen zusammengesetzt: Premier⸗Minister und Kolonial⸗ Minister: Schreiner, Schatzmeister: Merriman, Sekretär der öffentlichen Arbeiten: Sauer, Sekretär für Ackerbau: Fenfegt. Attorney General: Salomon, Minister ohne Portefeuille: te Water. Die Zusammensetzung des Ministeriums findet in den Kreisen der Afrikander im allgemeinen Zustimmung.

beiden Gruppen

Nr. 42 des „Centralblatts für das Deutsche Reich⸗, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 14. Oktober, hat fol⸗

genden Inhalt: 1) Konsulat⸗Wesen: Ernennungen. Ermächtigung zur Vornahme von Zioilstands⸗Akten. Exequatur⸗Ertheilung. 2) Bank⸗Wesen: Status der deutschen Notenbanken Ende September 1898. 3) Zoll⸗ und Steuer⸗Wesen: Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Charakter⸗ erhöhung eines Stations⸗Koutroleurs. 4) Polizei⸗Wesen: Aus⸗ weisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 3

Nr. 41 rer „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge sundheitsamts“ vom 12. Oktober hat folgenden Inhalt: Gesun heitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Sterbefälle im August Zeitweilige Maßregeln gezen Pest. Desgl. gegen Gelbfieber. Desgl. gegen Pocken. Sterblichkeit in Preußen, 1896. Gesund heitswesen in Oresden, 1896. Sterblichkeit in Moskau, 1896/97 Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Wiederbelebungsprämien. Sublimatpastillen. (Schöneberg). Ansteckende Krankheiten. (Reg.⸗Bez. Breslau) Mittelohrenentzündung. Augenentzündung. Nabelschnurreste. Hebammenwesen. (Schaumburg⸗Lippe). Abdecker⸗Gewerbe. (Oesterreich)h. Lebensmittelproben. Arznei⸗ handel ꝛc. (Böhmen). Krankenanstalten. (Italien). Speziali⸗ täten. Gang der Thierseuchen im Deutschen Reiche. September.

Desgl. Rindertuberkulose, 2. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln

egen Thierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bez. Königsberg, Liegnitz, Stade, Breun chweig. WVermischtes. (Preußen, Berlin.) Kanalisation, 1896/97. (Köln.) Bakteriologisches Laboratorium. (Vereinigte Staaten von Amerika, Michigan.) Geburten und Todesfälle, 1894/95

Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Deegl. in

Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, August. größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbe⸗ fälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Stärten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Ent⸗ scheidungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege (Thier⸗ seuchen, Fleischbeschau). 8 1 8

Statistik und Volkswirthschaft.

Der Direktor der Münze zu Paris, Herr de Foville, hat an

den Finanz⸗Minister den Jahresbericht für 1897 erstattet. Dieser S enthält außer den statistischen Daten über die Prägungs⸗ thätigkeit der Münze auch werthvolles Material über Produktion, Zirkulation und industriellen Verbrauch der Edel⸗ metalle. Einem von dem „Berliner Börsen⸗Courier“ daraus mit⸗ getheilten Auszuge entnehmen wir Folgendes:

Was die Prägungsthätigkeit der Pariser Münze anbelangt, so wurden im Jahre 1897 Münzen im Gesammtbetrage von 344,5 Mil⸗ ionen Francs (im Vorjahre 239,9 Millionen) geprägt, davon 222,8 Millionen (113,3 Millionen) für Frankreich, 18,9 Mil⸗ lionen (662 Millionen) für die Kolonien, 93,5 Millionen (56,5 Millionen) für Rußland, 4 Millionen (1,8, Millionen) für Marokko, 3,7 Millionen für Acthiopien u. s. w. Die Prägungen der 5 Länder der lateinischen Union im Jahre 1897 beliefen sich zu⸗ sammen auf 233,5 Millionen. Obige 222 8 Millionen rebräsentieren davon 95 %, während auf Italien im Ganzen 2,.5 Millionen, auf die Schweiz 8.2 Millionen (auf Belgien und Griechenland nichts) entfallen. Im gleichen Jahre wurden in Deutschland 128,3 Millionen Mark, in England (und Australien) 10,491 Millionen Pfd Sterl., in Oesterreich⸗Ungarn 164,6 Millionen Kronen, in Rußland (mit Be⸗ rücksichtigung der Prägungen in Paris und Brüssel) 400,3 Millionen Rubel, in den Vereinigten Staaten 95,6 Millionen Dollars geprägt. Den Betrag der Gold. und Silbermünzen in Frankreich schätzt Herr de Foville auf 6375 Millionen Francs, die sich folgendermaßen ver⸗

theilen: 1— Millionen ranzösische Goldmünzen.. 3675 Fremde 8 ö11XqX.““ ranzösische Silber⸗Fünf⸗Francs⸗Stücke 1380 remde 8 6655 ranzösische Silber⸗Divisions⸗Münzen 205 Fremde 5 . 111“; 35 Von den europäischen Notenbanken hatte am 31. Dezember 1877 die russische Staatsbank den größten Goldvorrath, nämlich 3095 Mil⸗ lionen Franes; danach kamen die Bank von Frankreich mit 1945 Mil⸗ lionen, die österreichisch⸗ungarische Bank mit 764 Millionen, die Bank von England mit 762 Millionen, die Deutsche Reichsbank mit 710 Millionen, die drei italienischen Zettelbanken mit 397 Millionen, die Bank von Spanien mit 235 Millionen Francs. Der Silbervorrath war dagegen bei der Bank von Frankreich am höchsten: 1205 Millionen; er betrug 102 Millionen bei der Bank von

Ruhland, 259 Millionen bei der österreichisch⸗ungarischen Bank,

323 Millionen bei der Deutschen Reichsbank, 68 Millionen bei den 8

Jahren.

drei ltalienischen Zettelbanken, 258 Millionen Francs bei der Bank

8

on Spanien. Die Gold⸗ und Silberproduktion hat im Jahre 1897 weiter zu⸗

enommen. Die Goldgewinnung hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt; sie betrug im Jahre 1887 548 Millionen Francs nd erreichte im Jahre 1897 1211 Millionen. Aber auch die Silber⸗ roduktion hält sich trotz der Baisse des Metalls auf sehr ohem Niveau. Seit 1893 werden jährlich über 5 Millionen Kiloaramm gewonnen, gegen 4 Millionen in den früheren Bekanntlich hat man im Mittelalter den Edelmetall⸗ Stock der alten Welt als erschöpft betrachtet, und die Erschließung er Schätze der neuen Welttheile rief im 16. Jahrhundert eine förm⸗ liche ökonomische Revolution hervor. Seither wurden für 105 Milliarden Franes Gold und Silber aus der Erde ge⸗ zogen (das Silber zur Parität der französischen Währung gerechnet0, aber mehb als die Hälfte dieser enormen Produktion war das Werk der letzten 47 Jahre. Insbe⸗ sondere in den fünf Jahren von 1893 bis 97 wurden für mehr als 10 Milliarden Francs Edelmetalle gewonnen (nämlich für 5052 Millionen Gold und für 5740 Millionen Silber, zu pari ge⸗ rechnet). Die vier hauptfächlichsten goldproduzierenden Mittelpunkte sind die Vereinigten Staaten, Transvaal, Australien und Rußland. Die Produktion der Vereinigten Staaten im Jahre 1897 wurde noch nicht bekannt gegeben (im Jahre 1896 war sie 79 880 kg), doch dürften die Vereinigten Staaten in diesem Jahr ihren ersten Rang zu Gunsten Transvaals verloren haben. Die Produktionsziffer Transvaals erhöhte sich von 66 819 kg auf 102 316 kg brutto (im ersten Semester 1898 betrug sie schon 60 998 kg). Australien förderte 83 900 kg (gegen 67 825 kg im Jahre 1896), Rußland 34 977 kg (gegen 32 405 kg). Silber ist dagegen weiter ein vor⸗ nehmlich amerikanisches Produkt geblieben. Im Jahre 1896 hat Amerika von der Gesammtproduktion von 5,1 Millionen Kilogramm 4,) Millionen geliefert, Australien dagegen keine halbe Million. In Europa haben nur zwei Länder (Deutschland und Spanien) über 100 000 kg produziert.

Den industriellen Verbrauch an Edelmetallen im Jahre 1897 schätzt der Bericht unter Benutzung der Angaben des New Yorker Münzamtes auf 89 154 kg Gold und 928 301 kg Silber: dies wäre ein Drittel der Goldproduktion und ein Fünftel der Silber⸗ produktion. In Betreff des Goldkonsums steht Frankreich mit 16 000 kg an erster Stelle; nachher kommen England, die Bereinigten Staaten, Deutschland, Schweiz. Der Silberkonsum ist am bedeutendsten in den Vereinigten Staaten mit 219 000 kg; dann folgen Deutschland

mit 150 000 kg, Frankreich und England mit je 140 000 kg, Ruß⸗

land mit 95 000 kgG.

1““ ö6 Zur Arbeiterbewegung. Hier in Berlin hat das Gewerbegericht gestern wegen des

16 Ausstandes der Vergolder das Urtheil gefällt und die von der

Firma August Werkmeister jun, Brunnenstraße, verklagten 18 Ar⸗ beiter verurtheilt, die angefangenen Accordarbeiten bedingungslos wieder aufzunehmen (pgl. 243 d. Büg

Aus Paris wird dem „W. T. B.“ vom gestrigen Taße über die Ausstandsbewegung weiter berichtet: Der Ausschuß des Bahn⸗ arbeiter⸗Syndikats ersuchte den Friedensrichter des 10. Arron⸗ dissements brieflich, er möge, bevor der Konflikt akut ge⸗ worden, die Vertreter der Bahngesellschaften zu Verhandlungen mit den Vertretern des Syndikats einladen. Nachmittags wurden bei verschiedenen Personen, welche in den öffentlichen Arbeiter⸗ versammlungen als Redner aufgetreten sind, und bei Anarchisten Haussuchungen vorgenommen. Auf dem Nordbahnhof ist, wie es heißt, keine Arbeitseinstellung des Personals ein⸗ getreten. Zwei Kompagnien des Geniekorps bleiben auf dem Bahnhof zur Verfügung für den Fall, daß man ihrer technischen Kenntnisse zur Aushilfe bedarf. Auch vom Orleans⸗Bahnhof und dem Lyoner Bahnhof ist keine Arbeitseinstellung gemeldet worden. Die Direktion der Eisenbahn Paris —Lyon -— Moͤditerranée empfing sehr beruhigende Depeschen aus der Provinz. Auf allen Bahnhöfen kann man jedoch eine merkliche Abnahme in der Zahl der Reisenden fest⸗ stellen. Guimbert, der Präsident der allgemeinen Vereinigung der Maschinisten und Heizer Frankreichs, richtete ein Rundschreiben an die Eisenbahn⸗Maschinisten und Heizer, in welchem er gegen den vom Eisenbahnarbeiter⸗Syndikat beschlossenen Ausstand als ein Verbrechen am Vaterlande protestiert und die Maschinisten und Heizer auf⸗ fordert, auf ihren Maschinen zu bleiben, vertrauend auf die Kraft der Gesetze und stark im Gefühl der Pflicht. Heute früh haben einige Versammlungen auf der Arbeitsbörse stattgefunden, aber die Betheiligung verringert sich mehr und mehr. Bei Mitgliedern des Eisenbahnarbeiter⸗ Syndikats sind am Morgen Haussuchungen vorgenommen und einige Papiere beschlagnahmt worden. Spätere Meldungen aus den Pro⸗ vinzen berichten, daß auf allen Bahnhöfen und Bahnnetzen Ruhe herrscht. Vom heutigen Tage wird ferner gemeldet: Der Eisenbahnverkehr ist nirgends gestört; die Zahl der ausständigen Eisenbahnangestellten ist unbedeutend. Ein einziger ernster Zwischenfall hat sich ereignet: gestern Abend wurden 5 der Strecke zwischen dem Ostbahnhofe und dem Bahnhofe von Pantin die Signaldrähte zerschnitten. Die Unter⸗ suchung ist eingeleitet.

Aus Brüssel wird der „Voss. Ztg“ geschrieben: In der ost⸗ flandrischen Stadt Grammont, dem Sitze der Anfertigung der Zündhölzchen in Belgien, ist ein Ausstand ausgebrochen; 1500 Arbeiter und Arbeiterinnen haben die Arbeit wegen Lohnkürzung eingestellt.

„Aus Kopenhagen meldet „W. T. B.“: Nach einem lang⸗ wierigen Lohnkonflikt zwischen den öb und den

Bäckergesellen ist gestern ein Ausstand ausgebrochen, welcher 25 Fabriken umfaßt. W161A146“*“

1“

1“ 1 1 8 ö6“ 8 Land⸗ und Forftwirthschaft. 8

Ernteergebnisse und Saatenstand in Holland.

„Amsterdam, den 10. Oktober 1898. Das Wetter der zweiten Hälfte des Monats September war kühl und hat den für die Aussaat der Wintersaaten erwünschten Regen nicht gebracht. 8

Aus verschiedenen Gegenden des Landes verlauten Klagen über die s trockene Bodenbeschaffenheit, welche einer vortheilhaffen Vor⸗ bereitung des Bodens zur Aufnahme der Winter⸗Aussaat einige Schwierigkeiten verursachen dürfte.

Ueber den Ausfall der diesjährigen Ernte liegen in Betteff ver⸗ schiedener Gewächse aus der Provinz Süd⸗Holland ziemlich günstige Nachrichten vor. Das Ergebniß der Roggen⸗ und Weizenernte war im Ganzen gut. Die Menge an Stroh soll reichlich sein. Nur in einzelnen Ortschaften kann infolge Liegens des Getreides der Ernte⸗ ausfall als kaum mittelmäßig bezeichnet werden.

Die Gerste wird voraussichtlich nur einen mittelmäßigen Ertrag liefern, doch wird derselbe immerhin reichlicher ausfallen als im ver⸗ gangenen Jahre.

Eine zufriedenstellende Hafer⸗ und Erbsenernte wird erwartet.

Die Kartoffel verspricht, wenn man von einigen Landstrichen ab⸗ sieht, eine gute Ernte zu liefern. Krankheiten kamen nur bei den Frübkartoffeln vor.

Die Rübengewächse werden voraussichtlich infolge des nassen Füblahrs nur einen mittelmäßigen Ertrag liefern; doch dürfte die hen der letzten Wochen noch vortheilhaften Einfluß ausgeübt

en.

In Betreff der Baumfrüchte werden, trotzdem die Be lich blühten, nur geringe Erwartungen gehegt.

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Ernteergebnisse und Getreidehandel in Bulgarien. Varna, den 4. Oktober 1898. Die Getreidezufuhren nach Varna haben im Monat September im Vergleich zum August zu⸗ rommen, jedoch nicht in gleichem Maße wie in den entsprechenden

züglich der geringen Quantität des diesjährigen Getreides . stätigt haben.

Insbesondere blieb die Menge des Weizens weit hinter den ge⸗ hegten Erwartungen zurück, während Gerste in größeren Quantitäten als sonst auf den Markt kam.

Die täglich hier einlaufenden Getreidemengen umfassen insge sammt etwa 400 bis 500 t; für Bohnen macht sich bei einer Zufuhr von 200 t pro⸗Tag zur Zeit ein lebhaftes Lokalgeschäft beme koar.

Die Varnaer Getreidehändler, welche im Hinblick auf die im letzten Monat in Konstantinopel norierten hohen Getreidepreise größere Getreidemengen angekauft hatten, mußten diese Vorräthe ein⸗ lagern, da Konstantinopel es wider Erwarten unterließ, seine Getreide⸗ stocks in Varna zu kompletieren, und die Preise des europäischen Ge⸗ treidemarktes der hiesigen Spekulation nicht konvenierten.

Anders stand es mit dem Getreidehandel in den Stäoten Baltschik und Kavarna, der ziemlich schwunghaft war, da die aus dem Innern zugeführten Getreidemengen, besonders Gerste, sofort auf den europäischen Markt geworfen werden konnten, sodaß diese Städte auch noch für die Folgezeit auf ein flottes Getreidegeschäft rechnen dürfen.

1 letzten vier Wochen wurden folgende Getreidemengen exportiert:

aus Varna: Weizen nach der Türkei.. nach Griechenland. Gerste nach der Türkei... nach Griechenland. nach Belgien... Bohnen nach der Türkei ...392 nach Griechenland. .235 aus Baltschik: Gerste nach Belgien etwa. 8000 aus Kavarna: 2000 4000

Gerste nach Belgien etwa.. . KHKartweizen nach Frankreich etwa. 8 8 Die Preise stellten sich um die Monatswende in den einzelnen Hafenstädten pro Doppelzentner: 8 in Varna Weizen, minderwerthige Waare (Besatz 25 30 %) auf 13,20 13,50 Fr. bessere Waare (Besatz 8 12 %) 14,00 14,50 Gerftet ohnen 66 in Baltschik und Kavarna: Gerste;. .8. Hartweizen

auf 8,20 8,90 Fr. .15,00

Der Mais war überall im guten Zustande; die Landleute stehen

im Begriff, denselben einzuheimsen; Preisnotierungen sind hierin

bisher nicht erfolgt, da keinerlei Zufuhren diesbezüglich zu verzeichnen

waren.

Mit dem Umackern der Felder und dem Aussäen des Winter⸗ getreides konnte schon unter theilweise recht günstigen Witterungs⸗ verhältnissen begonnen werden, auch wurden in den Gegenden von Schumla und Rasgrad seitens der Landwirthe die Feldarbeiten in An⸗ griff genommen.

Rustschuk, den 8. Oktober 1898. Der Ernte⸗Ausfall in Mais hat, wie jetzt verlautet, nicht überall den gehegten Erwartungen ent⸗ sprochen; die in den letzten Monaten über die Balkangegenden nieder⸗ gegangenen starken Regen, verbunden mit unverhältnißmäßig niedriger Temperatur, haben die Entwickelung stark beeinträchtigt, sodaß in den dem Gebirge näher gelegenen Kreisen nur eine schwache Mittelernte zu verzeichnen ist. In den Donaubezirken ist dagegen das Ergebniß quantitativ und qualitativ ein außerordentlich gutes.

Was die anderen Getreidearten anbelangt, so ist, wie bereits be⸗ richtet, die Ernte mittelmäßig ausgefallen. Die Preise haben sich nicht verändert, und findet Export so gut wie gar nicht statt, da der Bauer die Frucht vorläufig zurückhält in der Hoffnung, daß die Marktlage in Mittel⸗Europa sich vortheilhafter gestalten wird.

Die heurige Weinlese ist im Rustschuker Kreise, wie voraus⸗ zusehen, sehr schlecht ausgefallen, daher der Preis der Trauben die noch nicht dagewesene Höhe von 0,80 bis 1 Fr. pro Kilogramm erreicht hat, im Gegensatz zu 0,20 bis 0,30 Fr. in rüheren Jahren.

„Die Schädlinge des Gemüsebhaues und deren Be⸗ kämpfung. Ein Volksbuch für Gartenfreunde, Gärtner, Samen⸗ züchter ꝛc. von Heinrich Freiherrn von Schilling. Mit vier farbigen Tafeln nach Aquarellen des Verfassers. Preis: 1 Exemplar geb. 2 ℳ, 10 Exemplare 17,50 ℳ, 30 Exemplare 45 Verlag von Trowitzsch u. Sohn in Frankfurt a. d. Oder. Dieses Buch soll nach der Absicht seines Autors der mangelnden Kenntniß der Gemüsebauenden von den Schädlingen ihrer Kulturen abhelfen. Dazu gehört vor allem eine genaue bildliche Anschauung von den Feinden, sodaß man erkennen könne, mit welchem Schädling man es zu thun hat, ferner aber, daß man über dessen Lebensgang unterrichtet werde und wisse, wie man gegen ihn vorgehen muß. Das alles zeigt und lehrt das vorliegende, mit 77 farbigen Abbildungen ausgestattete Buch. Berücksichtigt sind darin alle Arten von Gemüsen bis zu den Küchenkräutern und Apothekerpflanzen. Praktische Register ermöglichen die sofortige Orientierung: unter der Rubrik „Spargel“, „Kohlrabi“, „Linse“, „Radies“, „Kresse“ u. s. w. findet man die Seiten, auf denen deren Feinde beschrieben sind. Die Verlagsbuch⸗ handlung und die mit ihr verbundene Kunstanstalt waren bemüht, durch möglichst sorgfältige Wiedergabe der vortrefflichen Abbildungen den Absichten des Verfassers gerecht zu werden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch ist die zweite englische Fen über Vlissingen vom 14. d. M. ausgeblieben. rund: Verspätete Abfahrt des Schiffs von Queenborough.

Bremen, 14. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd.

Dampfer „Kaiser Wilhelm II.“ 13. Okt. Nm. v. New York in Neapel angek. „Barbarossa“ 13. Okt. v. New Yort n. Bremen abgeg. „Trave“ 13. Okt. Mrgs. v. Bremen in New York angekommen. Ham burg, 14. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Ascania“, von Hamkurg kommend, gestern in St. Thomas, „Augusta Victoria“ heute Morgen in Sout⸗ hampton und „Pretoria“, von New York kommend, heute Morgen in Cuxhaven angekommen.

London, 14. Oktober. (W. T. B.) Castle⸗Linie. Dampfer „Avondale Castle“ auf Ausreise gestern die Canarischen In⸗ seln passiert. „Dunottar Castle“ auf Ausreise heute von Lon⸗ don abg., „Pembroke Castle“ gestern auf Heimreise von Kapstadt abg., „Carisbrook Castle“ auf Heimreise heute in London angekommen.

FTheater und Musik.

Deutsches Theater.

n der gestrigen hundertsten Aufführung der Sudermann'’ schen 1.“ Hiaqt⸗ nes“ spielte 8988 von Winterstein die Titelrolle. Der junge Künstler hatte als Johannes ein zwiefaches Hinderniß zu besiegen: die Erinnerung an seinen ausgezeichneten Vorgänger in der Darstellung der Rolle und die dichterischen Schwächen der Prophetengestalt, die im Brennpunkt des Interesses steben sollte, aber dramatisch hinter anderen Figuren des Stücks wesentlich hmshadeit Diese Hemmnisse völlig zu überwinden, konnte

Leistung zeigte ihn trotzdem auf der Höhe seiner großen Aufgabe;

onaten der Vorjahre, sodaß die bereits gehegten Befürchtungen be⸗

dem jugendlichen Darsteller Bethag gelingen, aber die künstlerische

namentlich verdient die Schlichtheit und Einheitlichkeit in der 8“ 8

Charakteristik lebhafte Anerkennung wie auch der lebendige und klare Vortrag durchaus zu loben war. Eine feinere Schattierung im Aus⸗ druck der wechselnden Empfindungen blieb hier allerdings zu wünschen übrig; der Darsteller hielt fast beständig den eifernden, strafenden Ton des Predigers in der Wüste fest, sodaß für zartere Seelenregungen kein Raum blieb. Im Ganzen hat er das glänzende Zusammenspiel des Deutschen Theaters, in dem auch gestern wieder Herr Reicher als rodes Antipas, Fräulein Dumont als Herodias und Frau Reisen⸗ ofer als sinnbethörende, grausame Salome durch ihr vorzüglich Spiel Bewunderung hervorriefen, sehr glücklich ergänzt. 1

Berliner Theater.

Schiller's Trauerspiel „Maria Stuart“ ging gestern mit

sün Geßner in der Titelrolle neu einstudiert in Scene. Die Auf⸗ hrung war mit Sorgfalt vorbereitet und verlief unter außerordentlich warmer Aatheilnahme von seiten des zahlreich anwesenden Publikums. Der Beifall 8 hauptsächlich der Darstellerin der Maria, welche der Gestalt der unglücklichen Königin ein rührendes Gepräge verlieh. Weichheit und Weiblichkeit hervor⸗ zukehren, gelang ihr besser, als die zornige Erregung bei der Begegnung mit Elisabeth; hier versagte die Kraft der sympathi⸗ schen Künstlerin fast ganz. Ale Elisabeth war Fräulein Frauendorfer sichtlich bestrebt, möglichst natürlich zu wirken, verfiel aber dabei zu sehr in den ihr geläufigen Konversationston, der nun einmal gehobene Jambensprache nicht der rechte ist, und wirkte vermied zwar das Pathos, gerieth aber in Monotoni und Farblosigkeit. Vortrefflich war dagegen Herr Sommerstorff a Leicester; Haltung und Sprache waren in dem Stil Fetets den di Dichtung verlangt, wäbrend der trockene Ton, dessen sich Herr Basser mann als Burleigh befleißigte, gar zu absichtlich klang. E

Platze war Herr Pittschau als Shrewsbury.

ein junger Schauspieler, der bereits in der

von Wildenbruch's historischem Schauspiel „König Heinrich: den Beweis erbracht hatte, daß er ein trefflicher Vertreter des Fach der jugendlichen Helden ist, interessierte als Mortimer durch sei durchdachtes und temperamentvolles Spiel. Alles in allem war e ein genußreicher Abend, den das Theater seinen Abonnenten bereitete und für welchen die letzteren, wie sch

sich dankbar zeigten. 8

1“ Theater des Westens. . Boieldieu's in Berlin fast in Vergessenheit gerathene, drei⸗ aktige Oper „Die weiße Dame“ ging gestern erstmalig in Scene Leider litt die Aufführung unter dem Umstande, daß der Darstelle des George Brown, Herr Werner Alberti, so stark indisponiert war, daß er seine Partie offenbar nur mit Mühe durch⸗ führen konnte. Die trefflichen Leistungen der Frau Schuster⸗Wirth (Anna) und des Herrn Dreßler Baveston) entschädigten aber einiger⸗ maßen für diesen Uebelstand. Auch Fräulein Detschy (Margarethe) erfreute durch die sichere Beherrschung ihrer Partie, was sich leider von Herrn Patek und Fräulein Quilling nicht behaupten läßt. Im Ganzen machte die Vorstellung den Eindruck, als sei sie nicht gan genügend vorbereitet gewesen; denn auch das Orchester, das sonst Se. Präzision erfreute, ließ sich gestern einiges zu Schulden kommen. Die weiteren Wiederholungen der Oper üürften glatter verlaufen als die gestrige Erstaufführung. .

Konzerte.

Der Lieder⸗Abend des Herrn Arthur van Eweyk, welcher am Dienstag im Saal Bechstein stattfand, gewann ein besonderes Interesse durch sein Programm. Der als vortrefflicher Sänger bekannte und bewährte Konzertgeberstellte sein Können an diesem Abend ausschließlich in den Dienst zeitgenössischer Komponisten. Neben bekannteren modernen Tondichtern, wie von Herzogenberg, Becker, Gernsheim und Tschaitkowsky standen auch neue, weniger bekannte Namen, wie Behm, Zumpe, Kaun, Hutter, Fuhrmeister auf dem Programm. Keins der dargebotenen Lieder kann musikalisch und kompositorisch unbedeutend genannt werden; jedes birgt eine gewisse Eigen⸗ art der ev- und des Ausdrucks. urch kräftige rhythmische und klangliche Charakteristik zeichneten sich be⸗ sonders ein ‚Reiterlied“ und „Venetianisch, von Behm aus. Thepdor Storm's „neue Fiedelliedern“ welche von Heinrich van Eyken frisch und gefällig in Musik gesetzt worden sind, machten den Beschluß. Durch die glänzende Fülle und die Wärme des Tons, welche dem Bariton des Vortragenden eigen sind, gelangten auch die weniger bedeutenden Nummern zur Geltung.

In der Sing⸗Akademie ließ sich am Mittwoch der Tenorist

err Ludwig Heß hören, ein Sänger, der bereits früher in Berliner donzerten gesungen hat. Er brachte mit weicher, schmiegsamer, von warmem Empfinden getragener Stimme eine Reihe von Arien und Liedern zum eeea die offenbar einen Len Eindruck auf die Hörer machten. Nur 89 der Sänger nicht vergessen, daß bei aller Zartheit des Tons, die Männlichkeit bewahrt und das Süß⸗ liche vermieden werden muß. Zwei Lieder eigener Erfindung, „Neues Leben“ und „Im Volkstone“ konnten keinen Anspruch auf ernstliche Beachtung machen. Die Violinvorträge des mitwirkenden König⸗ lichen Kammermusikers Herrn Adalbert Gülzow wurden ebenfalle durch Beifall von seiten des Publikums ausgezeichnet.

Am Donnerstag fand im Saale der Sing⸗Akademie ein Konzert des hier noch unbekannten Komponisten und Musik⸗Direktors 8 Krefeld) Herrn Theodor Müller⸗Reuter mit dem Phil⸗

armonischen ..g statt. Zunächst sei über eine neue Kom⸗ position des Konzertgebers: „Auf dem Lande“, eine pastorale Suite, kurz berichtet. Der erste ihrer vier Sätze enthält melodische Motive, die, vorwiegend von Flöten und Hörnern eingeleitet, recht geschickt behandelt sind, im zweiten treten besonders lebendige Rhythmen hervor, der dritte (in E-moll) bat einen vorwiegend elegischen Charakter, während der vierte, als „Scherzo⸗Finale“ bezeichnete Satz, dem Titel nicht recht entspricht und vor allem zu lärmend in der Behandlung der Orchestereffekte erscheint. In dem ganzen Werk ist eine besondere Eigenart nicht zu erkennen. Als Dirigent zeigte sich indessen der Konzertgeber recht tüchtig, wie die Ausführung von Beethoven’'s Symphonie „Eroica“, der bereits bekannten Tondichtung von Richard Strauß: „Tod und Verklärung“ und der E-dur-Polo⸗ naise von Liszt bewies. Das Philharmonische Orchester folgte den Intentionen des Dirigenten aufs willigste und hatte gerechten Antheil an dem Beifall, den das zahlreich erschienene Publikum den Vor⸗ trägen spendete.

Die Gebrüder Borisch, deren künstlerische Leistungen in Solo⸗ vorträgen hier bereits vortheilhaft bekannt sind, vereinigten sich gestern im Saal Bechstein zum ersten Male zu einem Quartett⸗ Abend, den sie mit dem herrlichen Quartett in Es-dur für zwei Violinen von Mozart würdig eröffneten. Die jungen Künstler ließen hierauf das Konzert in A-moll von Saint⸗Saëns und das „Adagio“ und „Allegro“ aus Boccherint's Sonate in A-dur für Violoncello folgen, welche letzteren von Herrn Franz Borisch und Herrn Irrgan (Klavier) trefflich ausgeführt wurden. Den wirkungsvollen Schlu bildete das aus vier Sätzen bestehende Streichquartett in D-moll von Schubert, ein nachgelassenes Werk des Meisters. vͤm Saale des Römischen Hofes trat gestern Herr Hugo Olk, ehemals Konzert⸗ meister des eSee Orchesters, nach längerer Abwesenheit von Berlin in Gemeinschaft mit dem Pianisten Herrn Otto Priebe wieder auf und bestätigte aufs neue den guten Eindruck, den er früher hinterlassen hat. Herr Priebe zeichnete sich ebensowohl als Solist wie als feinfühliger Begleiter am Klavier aus. v1“

Im Königlichen Opernhause wird morgen die Oper Fidelio“ von Beethoven gegeben. Zu Beginn wird die Leonoren⸗ Buvertüre Nr. 3 gespielt. Am Montag endet die Gesammt⸗Auf⸗ führung von Richard Wagner's Bühnen⸗Festspiel „Der Ring des Nibelungen“ mit dem vierten Abend: „Götterdämmerung“.

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dadurch zumeist nicht natürlich, sondern nüchtern; sie