1898 / 278 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Nov 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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praxis entspricht.

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den Hauptgedanken in den Vordergrund zu stellen, die bei der Be⸗ prechung entwickelten Gedankenreihen zusammenzufassen und die auf das praktische Leben nach eigener Auffassung dar⸗ zustellen.

Die Forderung der „Vorschriften“, daß die Schüler den Haupt⸗ inhalt der gelesenen Stücke klar und gewandt wiedergeben lernen sollen, scheint bei einzelnen Lehrern dahin mißverstanden zu sein, daß es auf das Einprägen einer genauen Disposition des Lesestücks ankomme. Mehrfach wurde eine solche wie etwas Auswendiggelerntes, nicht als Produkt logischer Beurtheilung vorgetragen. 8

Beim Unterricht in der Volkswirthschaftslehre und Gesetzeskunde wird noch immer zu viel Gewicht auf die theoretische Erörterung der Grundbegriffe und systematische Darstellungen gelegt. Desinitionen volks⸗ wirthschaftlicher Begriffe (Arbeit, Kapital, Spekulation u. s. w.) zu geben oder wohl gar auswendig lernen zu lassen, ist nicht Aufgabe dieses Unterrichts, vielmehr sollen Einrichtungen des Staats und der Ge⸗ meinde, die für den Haondwerker von besonderer Bedeutung sind, an der Hand guter Lesestücke besprochen werden. Da, wo das Lesebuch den geeigneten Stoff nicht bietet, sind in den Einrichtungen der reichliche Anknüpfungspunkte für die nothwendigen Be⸗

ehrungen zu finden. Das Amtsgericht der eigenen oder benachbarten Stadt, das Statut der Ortskrankenkasse, der Genossenschaften, die städtische Sparkasse, der Haushaltsplan der eigenen Stadt, das Steuerzettel⸗Formular, alles das sind gute Ausgangspunkie für Be⸗ lehrungen in der Gesetzeskunde und Volkswirthschaftelehre.

Bei der Auswahl der Aufsätze allgemeinen Inhalts scheinen ein⸗ zelne Lehrer die Ansicht zu vertreten, daß diese Arbeiten keinen mit dem Gewerbe in Zusammenhang stehenden Inhalt haben dürfen, während doch die „Vorschriften“ ausdrücklich anordnen, daß diese Auf⸗ sätze Fragen aus dem Anschauungs⸗ und Beorufskreise des Lehrlings behandeln sollen. Fast ausnahmslos beschränkt man sich darauf, In⸗ haltsangaben der gelesenen Stücke anfertigen zu lassen, und doch bieten gerade die vom Lehrer bei ihrer Besprechung gegebenen Belehrungen, Ergänzungen und Anwendungen auf das praktische Leben eine sehr ge⸗ eignete Grundlage für die Aufsätze allgemeinen Inhalts. Sehr zu ist es auch, häufiger Arbeiten in Briefform anfertigen zu assen.

Wenn auch bei den Geschäftsaufsätzen die schwierigeren Stoffe (Verträge, Eingaben u. s. w.) vorwiegend den oberen Stufen zufallen mäͤssen, so sind doch auf allen Stufen diejenigen Formen der schrift⸗ lichen Arbeiten, welche am häufigsten im gewerblichen Leben vor⸗ kommen (Rechnungen, Quittungen, Anfragen, Mittheilungen, Be⸗ stellungen u. s. w.), immer wieder zu üben. Bei der Wiederholun dieser Stoffe wird es genügen, entsprechende Entwürfe im Fagebnch anfertigen oder bloß mündlich darstellen zu lassen. Die für den Ver⸗ kehr bestimmten Geschäftsauffätze (Postkarten, Briefe, Postanweisungen, Packetadressen, Depeschen, Frachtbriefe u. s. w.) sind postfertig ber⸗ zustellen, und zwar unter Benutzung der Formulare, deren sich der heutige Verkehr wirklich bedient.

C. Rechenunterricht.

Im Rechenunterricht wird der gewerbliche Beruf der Schüler noch immer zu wenig berücksichtigt. Das ließ sich u. a. daraus

) zu viel Operationen mit unbenannten Zahlen ausgeführt, zu viel Rechenaufgaben ausgewählt wurden, deren Lösung lediglich eine gewisse Geistesgymnastik fördert, die angewandten Aufgaben aus den bürgerlichen Rechnungsarten vielfach falsche Angaben enthielten und nach threr ganzen Anlage den thatsächlichen Verhältnissen nicht entsprachen,

) für Kostenanschläge, namentlich für Verrechnung der Geschäfts⸗ unkosten, kein ausreichendes Verständniß vorhanden war.

Es ist ferner aufgefallen, daß im allgem einen keine genügende

8 daß

Kenntniß unseres Münz⸗, Maß⸗ und Gewichtssystems vorhanden war.

Um diesen Uebelstand zu beseitigen, sind auch auf den oberen Stufen

planmäßige Wiederholungen anzustellen.

Im Kopfrechnen wird noch viel Zeit verschwendet durch Wieder⸗ holung der Aufgabe und langathmige Angabe des Lösungsverfabrens. Es muß demgegenüber darauf hingewiesen werden, daß das Vor⸗ echnen in möglichst knapper Form zu erfolgen hat.

D. Unterricht in der Buchführung. 9

Dem Unterricht in der Buchführung ist in vielen Schulen no

nicht der richtige Platz angewiesen. Es widerspricht den „Vorschriften“, wenn dieser Lehrgegenstand, wie es vielfach noch geschieht, mit dem Unterricht im Deutschen verbunden wird, die Buchungen als Geschäfts⸗

auf ätze betrachtet und mit diesen zusammen in bunter Folge in ein Schreibheft eingetragen werden. Die Belehrungen in der Felgeetr ein

sind vielmehr in besonderen Stunden zu ertheilen, um die der Rechen⸗ unterricht zu kürzen ist.

kürz Die dem Gewerbe der Schüler entnommenen Buchungen sind in besondere, dafür bestimmte Hefte einzutragen. Dabei empfiehlt es sich nicht, die einzelnen Bücher nacheinander zu vollenden, zweckmäßiger ist es, sie nebeneinander zu führen, wie es der Geschäf

Der Kaiserliche Gesandte in Bern, Wirkliche Geheime

Rath Freiherr von Rotenhan hat einen ihm Allerhöchst

bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während der Ab⸗

wesenheit desselben fungiert der etatsmäßige Legations⸗Sekretär der Kaiserlichen Gesandtschaft, Legations⸗Rath von Bülow

als Geschäftsträger.

8 Der Bevollmächtigte zum Bundesrath für das Fürstenthum Waldeck und Pyrmont, Königlich preußische Geheime 88 gierungs⸗Rath und Landes⸗Direktor von Saldern ist in

Berlin angekommen.

Der Regierungs⸗Assessor Kloubert zu Berlin ist zum 1. Dezember d. J. dem Landrath des Kreises Insterburg, öu Gumbinnen, zur Hilfeleistung zugetheilt

WMürttemberg. E11AA“ Der Minister⸗Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht beging gestern das 25jährige Jubiläum als Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und der auswärtigen An⸗ gelegenheiten. Seine ajestät der König, Allerhöchst⸗ welcher von Bebenhausen na Stuttgart gekommen war, sprach dem Minister⸗Präsidenten persönlich seine Glückwünsche aus, während Ihre Majestät die Königin, Allerhöchstwelche telegraphisch gratuliert hatte⸗ durch den ersten Kammerherrn Freiherrn von Rosen ein prachtvolles Blumen⸗ arrangement überreichen ließ. Später statteten dann die Präsidenten beider Kammern, die Staats⸗Minister, die Gesandten von Preußen und Bayern und die anderen Mit⸗ des diplomatischen Korps Gratulationsbesuche ab.

ußerdem trafen schriftliche und telegraphische Gluͤckwünsche von Fürstlichen Persönlichkeiten,

s Diplomaten, hohen Staats⸗ beamten in großer Zahl ein. E11““

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Oesterreich⸗Ungarn.

Der Ausgleichs⸗Ausschuß des österreichischen Abgeordnetenhauses hat gestern nach langer Debatte Artstel 4 des Zoll⸗ und Handelsbündnisses, betreffend die

Mahlverkehrs aus. Die Abag. Kaiser und Mauthner richteten die Anfrage an den Minister⸗Präsidenten, wie er angesichts der gegenwärtigen Lage in Ungarn das Ausgleichs⸗ werk fortzuführen gedenke. b

Die Wiener Blätter veröffentlichen eine Mittheilung des Czechenklubs, nach welcher dieser einstimmig folgende Resolution angenommen hat:

Der Czechenklub spricht seine dahin aus, daß der Zwang czechischer Reservisten, sich bei der Kontrolversammlung aus⸗ schließlich in deutscher Sprach⸗ thatsächlichen milijärischen Vorschriften nicht entspricht und auch mit der dreißigjährigen, bis in die jüngste Zelt geltenden Praxis nicht übereinstimmt. Eine derartige Erniedrigung berührt das nationale Empfiaden des ganzen czechischen Volkes auf das schmerz⸗ lichste, und dies um somehr, als sichergestellt ist, daß anderen Nationalitäten eine solche Erniedrigung nicht zugefügt wird. Um eine gründliche Remedur zu schaffen, beschließt der Klub, eine Denkschrift über die rechtliche Seite dieser Angelegenheit der Regierung zu überreichen. Was jedoch die Leitung des Kriegs⸗Ministeriums anbelangt, so wird der Klub an der entsprechenden Stelle seine Konsequenzen ziehen.

In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses erklärte der Präsioent von Szilagyi, daß die am Tage zuvor gehaltene Rede des Ministers des Innern nichts enthalte, was zu einem Einschreiten des Präsidiums Anlaß bieten könne. Vor Eintritt in die Tagesordnung wurde sodann noch das vorgestrige Verhalten der Polizei zur Sprache gebracht. Die Sitzung wurde später suspen⸗ diert, weil die Opposition wegen angeblicher beunruhigender Gerüchte nicht tagen wollte. Da sich aber diese Gerüchte als grundlos erwiesen, wurde die Berathung alsbald wieder auf⸗ genommen. Der Minister des Innern von Perczel erklärte, er werde die vorgebrachten Fälle prüfen und den Ergebnissen der Untersuchung entsprechend vorgehen. Jedenfalls aber dürften ig Hochschulen nicht als Zufluchtsstätten für die Ruhestörer ienen.

Die Budapester Polizei entließ gestern sämmtliche ver⸗ hafteten Studenten, nachdem denselben Geldstrafen auferlegt waren. Gestern Mittag kam es vor der Universität aber⸗ mals zu einem Zusammenstoß zwischen der Polizei und Studenten. Die letzteren beklagten sich bei dem Rektor, welcher die Polizei aus der Aula hinauswies. Die Studenten sandten sodann eine Deputation an die oppositionellen Parteien, welche bald darauf mit mehreren Abgeordneten zur Aula zurückkehrte. Die Polizei forderte hierauf die wieder an⸗ gesammelten Studenten abermals auf, auseinanderzugehen, und v dieselben, als sie dieser Aufforderung nicht Folge

zu melden, den

Großbritannien und Irland.

Der Kanzler des Schatzamts Sir Michael Hicks⸗ Beach hielt gestern in Edinburg eine Rede, in welcher er, wie „W. T. B.“ berichtet, äußerte: es sei kein Grund vorhanden, daß die britische Regierung sich nicht mit der französischen Regierung in vollkommen freundschaft⸗ lichen Unterhandlungen behufs gegenseitiger Abgrenzung der Rechte und Pflichten der beiden Mächte und Egyptens begegne. Die Vorgänge der letzten Zeit würden die öffentliche Meinung des Landes in Betreff Egyptens klären, und binnen kurzem werde die öffentliche Meinung der ganzen Welt darüber einig sein, daß die britische Occupation dem allgemeinen Besten diene. Die Aussicht auf ernste Schwierigkeiten mit daee; sei jetzt viel weiter entfernt, als dies seit mehreren

ahren der Fall gewesen sei.

Nach einem Telegramm des Globe“ aus Birmingham hat das Kriegsamt bei dortigen Fabrikanten Bestellungen auf 7 Millionen Patronenhülsen emacht. Die betreffenden Ver⸗ träge seien als dringend bezeichv⸗

Rußland.

Der Minister des Auswärtigen Graf Murawjew ist, wie „W. T. B.“ meldet, nach St. Petersburg zurückgekehrt und hat die Leitung des Ministeriums des Auswärtigen wieder übernommen.

Italien.

„Die Botschafter und die übrigen Chefs der aus⸗ wärtigen Vertretungen stellten, wie „W. T. B.“ meldet, gestern dem Minister des Aeußern Canevaro und dem General⸗Sekretär Malvano die von ihren Regierungen zur Theilnahme an der Konferenz zur Berathung von Maßnahmen gegen die Anarchisten entsandten Vertreter vor.

In der Deputirtenkammer gab der Schatz⸗Minister Vacchelli gestern ein Exposé über die finanzielle Lage, welchem „W. T. B.“ Folgendes entnimmt:

Der Minister hob zunächst das Aufblühen der Industrie und des Handels hervor, welche bei Verbesserung der Steuergesetz gebun noch mehr prosperieren könnten. Es würden Reformen durch Maßnahmen, welche keine Verminderung der gegenwärtigen Steuereinnahmen mit sich bringen würden, eingeführt werden. Bei Durchführung dieser Umgestaltung werde es nöthig sein, sich mit der Herstellun des vollkommenen Gleichgewichts zwischen den thetsächlichen Einnahmen und Ausgaben zufrieden zu geben, indem man zur Tilgung der Schulden und zum Bau von Eisenbahnen nur die vorhandenen Bestände verwende. Es werde jedenfalls nicht nöthig sein, für den Dienst des laufenden Jahres und der nächsten Jahre Anleihen aufzunehmen, da noch -v e. Bestände vorhanden seien. Das Jahr 1897/98 habe mit einem Defizit von nur etwa einer Mil⸗ lion abgeschlossen, trotz der durch die Unruhen im Mai verursachten Ausgaben und trotzz des Ausfalls in den Getreidezöllen. Für das Jäahr 1898/99 werde ein Defizit von rund 14 ½ Millionen und für das Jahr 1899/1900 ein solches von 31 Millionen vorgesehen, welche durch den Bau von Eisenbahnen und die Kapitalbewegung verursacht würden. Diese 46 Millionen Defizit würden durch die Einnahmen aus den durch die Finanzmaßnahmen vom Jahre 1894 genehmigten Operationen mit den tilgbaren Schulden und durch einen Theil der Beträge gedeckt werden, welche dem Staat aus dem Vermögen der verbotenen Religionsgesellschaften zuflössen. Angesichts des tandes der schwebenden Ecgulde welcher auf 560 Millionen zu schätzen sei, werde es erforderlich sein, die Schatzbonds zu vermindern und die ordentlichen Vorschüsse an die Emissionsbanken zu beschränken, um dadurch guch den Papiergeld⸗Umlauf zu verringern, welcher eine der Ursachen der Erhöhung des Wechselkurses sei. Er werde die Umwandlung eines Theils der Schatzbonds in 4 ½ % Konsols in Vor⸗ schlag bringen. Wenn der Kursstand es erfordere, werde er Vor⸗ schlage machen, durch deren Verwirklichung die Bank von Italien n die Lage versetzt werden solle, ihre wirthschaftliche Aufgabe zu er⸗ füllen und ihre Rolle als Reglerin des Wechselkurses und Zinsfußes durchzuführen. Ferner erklärte der Minister, man werde die Ab⸗ schaffung der Octrois auf Brot und Mehl in Vorschlag bringen, indem

man die Gemeinden dadurch entschädige, daß man die Betraͤge, welche sie

von den anderen Octrol Einnahmen an den Staat abzufuͤkren hätten, um den gleichen Betrag verringere und sie ermächtige, hinsichtlich der Lokalabgaben neue Bestimmungen zur Durchführung zu bringen, oder ihnen gestatte, in beschränktem Maße die Accise auf Wein un Flssch

vllgesehgebung und die Zolltarife, unverändert nach Ablehnung aller nderungsanträͤge angenommen. Fast alle Redner

sprachen sich für die im Artikel festge setzte Aufhebung des

Wehrsteuer

der G Fabrikationesteuer, zum theil auch durch die . Umsatzsteuer zu decken

und durch Andersgestaltung der sein. Weitere Gesetzentwürfe würden eingebracht werden betreffend die Abänderung der Steuer auf das Einkommen auz beweglichem Vamzͤgen, die der Besteuerung des Ein⸗ kommens aus Gebäudebesitz und die Rückerstattung der infolge von Steuer⸗Rückständen dem Fiskus zugefallenen Grundstuücke. Ferner würden Gesetzentwürfe eingebracht werden, welche die Gründung von Getreide⸗ Beleihungsbanken und landwirthschaftlichen Kassen, sowie die Urbar⸗ machung von Unland zum Gegenstande hätten. Der Minister fuhr fort, er fei mit den Vorarbeiten für eine Einkommen⸗ Ergänzungssteuer beschäftigt; dieselbe solle den Ausfall decken, der durch die Herabsetzung der die Volksernährung am schwersten belastenden Steuern entstehen werde. Er glaube, daß durch die Vorschläge der Regierung der gegenwärtige Gesammtertrag der Steuern werde beibehalten werden. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, so werde er nicht verfehlen, die erforderlichen Vorschläge zu machen, um die Integrität der Finanzlage und die Solidität des Budgets zu sichern, was er für seine erste Pflicht halte.

Der Papst empfing gestern den bisherigen preußischen Gesandten beim Vatikan von Bülow, welcher sein Acberutschen schreiben überreichte.

Spanien.

Eine offiziöse Note, welche die Frage der cubani⸗ schen und der Philippinen⸗Schuld betrifft, erklärt, wie „W. T. B.“ aus M adrid meldet, daß alle Parteien, welche wünschten, daß Spanien wieder zu gesicherten Verhältnissen gelange, die Schulden anerkennen, für Zahlung der Zinsen ein⸗ treten oderzum mindesten mit voller Aufrichtigkeit trachten müßten, g den durch die Lage der Dinge dem Lande aufgenöthigten Ver⸗ tändigungen zu gelangen. Jeder müsse das Seine dazu bei⸗ tragen, um den nationalen Kredit zu retten. Wenn niemand die Zahlung der cubanischen Schuld übernehmen wolle, so müsse Spanien aus Achtung vor sich selbst das bezahlen, was Cuba nicht leisten könne. Was die Philippinen⸗Schuld anlange, so müsse man erst die Friedensbedingungen abwarten.

Asien. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus 2 okohama ge⸗ meldet, daß es in Söul zwischen den politischen Parteien zu einem Zusammenstoß gekommen sei. Dabei seien auf der einen Seite 23 Personen getödtet worden. Weiteres Blut⸗ vergießen werde befürchtet. Die japanische Regierung sei ge⸗ beten worden, Truppen zu senden, um die Ordnung gufrecht zu erhalten. In Manila sind weitere 4000 Mann

0 amerikanischer Truppen gelandet worden. sc

Afrika.

Der Volksrgad der Südafrikanischen Republik 5 nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Fretoria vom gestrigen Tage, beschlossen, die ihm von zwei Firmen wegen Uebernahme der projektierten Staatsanleihe ge⸗ machten Angebote nicht anzunehmen. mehr dahin schlüssig gemacht, daß die Exekutive eine Anleih von 21 ½ Millionen Pfund Sterling bei der Nationalban aufnehmen oder an anderer Stelle moͤglichst gute Bedingunge

für Uebernahme der Anleihe zu erlangen suchen solle. Wie ein in Paris eingetroffenes Gouverneurs des Senegalgebietes meldet, hat di Garnison von Timbuktu, welche auf einer Rekognoscie⸗

deren Anführer getödtet.

Statistik und Volkswirthschaft. Die Sterblichkeitsverhältnisse in den Orten

während des Jahres 1897.

Ursachen in 270 Orten des Deutschen Reichs (einschließlich der 18 Vor⸗ orte von Berlin) sind die Sterblichkeitsverhältnisse in der Gesammt⸗ heit der Berichtsorte während des Jahres 1897 scheinbar un günstiger als während des Vorjahres gewesen.

In den m264 Orten, welche für beide Jahre, sowohl für 1897, wie schon für 1896, monatliche Ausweise eingesandt haben, ist die Jahl 5 e- ds . daf 1 934, um 11 211 oder fa o der vorjährigen Zahl, gestiegen. Das Mehr entfiel hauptsächlich auf Kinder des ersten Lebensjahres, 8

102 661) gestorben sind. Diese Zunahme der Sterbefälle im Säug⸗ lingsalter um 10,6 % ging mit einem beträchtlichen Ansteigen der Geburtenzahl einher, denn in den betreffenden Orten sind 14 993 Kinder mehr als im Vorjahre lebend geboren (512 328 gegen 497 335) 2 auch die Zahl der Todtgeburten ist von 16 865 auf 17 440 gestiegen.

daß trotz der Zunahme der Sterbefälle der Ueberschuß der Ge⸗ borenen über die Gestorbenen noch höher als in dem bereits durch ein beträchtliches natürliches Anwachsen der Bevölkerung ausgezeichneten Jahre 1896 gewesen ist, er beliecf sich in den zum Verglei stehenden Orten während des Berichtsjahres auf 212 394, während des Vor⸗ jahres auf 208 612. Da die Einwohnerzahl der 264 Orte für die Mitte des Berichtsjahres 1897 auf 14 793 579 geschätzt worden ist, kamen auf 4 10 000 Bewohner dieser Orte letzthin 144 Geburten mehr als Sterbefälle.

Was die Todesursachen betrifft, so ist, wie die höhere Säug⸗ ee. vermuthen läßt, ganz besonders die Zahl der Todes⸗ fälle an akuten Darmkrankbeiten im Jahre 1897 größer ge⸗ wesen, sie betrug 41 740 gegen 30 903 im Vorfahre, hat sich also um mehr als ein Drittel vermehrt. Die Zahl der Todesfälle an Brechdurchfall stieg unter Kindern des ersten Lebensjahres von 13 985 auf 20 326 (um 45 %), unter sonstigen Personen von 1289 auf 1971 (um 53 %). Des weiteren haben sich die Todesfälle an Unterleibstyphus von 1341 auf 1516 (13 %), die tödtlichen Ver⸗ unglückungen von 5060 auf 5297 (4,7 %) und in geringem .e (um 0,3 bezw. 0,5 %) auch die Selbstmorde und die Todesfälle an Lungen⸗ schwindsucht vermehrt; dagegen haben abgenommen die Todesfälle an Masern, Diphtherie, Scharlach, Kindbettfieber und namentlich die Todesfälle an akuten Erkrankungen der Athmungsorgane. Der erwähnten Zunahme der Todesfälle an Lungense windsacht (um 183) steht eine fast 18 mal stärkere Abnahme der Todesfälle an akuten Erkrankungen der Athmungsorgane (um 3277) gegenüber.

Für den dem Sauglingsalter entwachsenen Fben der Bevöoͤlkerung ist die Zahl der Sterbefälle so unerheblich größer als die des Vor⸗ jahres gewesen, daß man für diese Hauptmasse der Bevölkerung die Sterblichkeitsverhältnisse des Jahres 1897 nicht ungün⸗ stiger als die des Jahres 1896 nennen darf. Wenn man von den im ersten Lebensjahre gestorbenen Kindern absieht, sind nämlich unter den ca. 14 ½ Millionen Bewohnern der 264 Berichts⸗ orte nur 288 Sterbefälle mehr als im Vorjahre vorgekommen, während die Einwohnerzahl nach üblicher Schätzung und unter Be⸗ rücksichtigung der Eingemeindung einiger benachbarten W h

346 372 innerhalb Jahresfrist zugenommen hat.

zu erhöhen. Da der Staat keinesfalls auf die gegenwärtigen Ein⸗ nahmen verzichten könne, werde der Ausfall durch Abänderungen

Derselbe hat sich viel⸗

Telegramm des

rung begriffen war, eine Schaar Tuaregs geschlagen und

des Deutschen Reichs mit 15 000 und mehr Einwohnern 8

Nach den in den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ 8 amts“ mitgetheilten Zahlenangaben über die Sterbesälle und deren

Zieles wird dur

in den 264 Orten 10 923 mehr als im Vorjahre (113 584 gegen 8

Die viel höhere Zahl der Lebendgeborenen bringt es mit sich,

dder Landwirth Futtermischung in richtiger Weise gestaltet hat. Der vierte, nicht unwichtigste Theil ist der Geldwerthsberechnung vorbehalten. Am

1899. Verlag von J. Prei Segelleinem schande mit Bleistift, 1 50 (die stärkere Ausgabe

band ist Segfilehi wan

Zur Arbeiterbewegung. .

Aus Krefeld wird der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ geschrieben: Die Ausstände der Weber und Weberinnen bei den Firmen Eugen Vogelsang und Gustav Königsberger u. Co. sind beendet. Gestern früh sollte die Arbeit wieder aufgenommen werden. Die Arbeitgeber sind den Ausständigen entgegengekommen und haben ihre Forderungen anstandslos bewilligt. 1 b

In Flensburg ist der Ausstand der Holzarbeiter beendet. Die geforderte neunstündige Arbeitszeit blieb, wie die „D. W.“ berichtet, unbewilligt.

Kunst und Wissenschaft.

In Wien ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Historiker Professor A. Huber, General⸗Sekretär der Akademie der Wissenschaften, gestern plötzlich auf der Straße verstorben. Alfons Huber war am 14 Ok⸗ tober 1834 zu Fügen in Tirol geboren. studierte in den Jahren 1855 bis 1859 in Innsbruck, habilifierte sich i. J. 1859 als Dozent der Geschichte daselbst, wurde i. J. 1863 ordentlicher Professor an der Innsbrucker und i. J. 1887 an der Wiener Universität. Er schrieb u. a. folgende Werke: „Die Waldstätte Uri, Schwyz, Unterwalden bis zur festen Begründung ihrer Eidgenossenschaft“ (Innsbruck 1861); „Geschichte der Vereinigung Tirols mit Oesterreich“ (das. 1864); „Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Oesterreich“ (das. 1865); „Geschichte Oesterreichs“ (Bd. 1 bis 4 [bis 1609], Gotha 1885— 92); „Oesterreichische Reichsgeschichte. Geschichte der Staatsbildung und des öffentlichen Rechts“ (Wien 1895,). Aus Böhmer'’s Nachlaß gab der Verstorbene den vierten Band der „Fontes rerum Germanicarum“ (Stuttgart 1868) und die „Regesten des Kaiserreichs unter Karl 1V.“ (Innsbruck 1877; Ergänzungsheft 1889) heraus.

Bauwesen.

Von den in der Preisbewerbung um die architektonische Ausgestaltung der Haltestelle Döppersberg der Schwebe⸗ bahn Barmen-— Elberfeld Vohwinkel eingezangenen drei Entwürfen ist, wie das „Centralbl. d. Bauverw.“ meldet, keiner als unmittelbar für die Ausführung geeignet befunden worden. Von der aus⸗ gesetzten Summe von 5000 sind deshalb 2000 für ein zweites Ausschreiben zurückgesetzt worden. Einen Preis von 2000 erhielt der Entwurf des Architekten Bruno Möhring in Berlin, einen solchen von 1000 die Arbeit der Archi⸗ tekten Cornehls u. Fritsche in Elberfeld. Beide Bewerber sollen aufgefordert werden, in engerem Wettbewerbe ihre Entwürfe ent⸗ sprechend zu ändern; ergeben sich hieraus für die Ausführung geelgnete Pläne, so sollen auch die zurückgestellten 2000 nach dem Ermessen der Preisrichter vertheilt werden. 1 8

Literatur.

Die soeben erschienene 16. Lieferung des Prachtwerks „Das 19. Jahrhundert in Wort und Bild, Politische und Kultur⸗ geschichte“, von Hans Kraemer (Deutsches Verlagshaus Bong u. Co., Berlin W.; 60 Lieferungen zu 60 ₰) giebt einen anschaulichen Rück⸗ blick auf die geographischen Forschungen im Anfang unseres Jahr⸗ hunderts. Die regsame Energie und erfolgreiche Thätig⸗ keit der damaligen Forschungsreisenden wird dem Leser in einer ihre Verdienste kritisch abwägenden Darstellung vor Augen geführt. Der durch interessante geographische Karten, land⸗ schaftliche Darstellungen und authentische Porträts illustrierte Abschnitt behandelt besonders eingehend die Jahre 1821.—40, die für die Erweiterung des Wissens auf den noch unerforschten Gebieten

der Kontinente und der Nordpolarregion von großer Bedeutung waren, ihre Krönung jedoch in den glänzenden Erfolgen auf dem Ge⸗

biet der Südpolarforschung erfuhren. Der darauf folgende Abschnitt legt die eminenten Fortschritte des genannten Zeitabschnitts auf dem Gebiet der Physik und Chemie dar. Hervorragendes Interesse bietet auch die Schilderung der Thätigkeit Michael Faraday's, des Be⸗ gründers der Elektrochemie. Die beigegebenen Kunstblätter in Schwarz⸗

und Buntdruck stehen auf der Höhe der modernen Illustrationstechnik.

Katechis mus der Prztabtts banes re mit einem Anhange, enthaltend die Elemente der Perspektive, von Julius Hoch. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 121 in den Text gedruckten

eanee. Verlag von J. J. Weber in Leipzig. Pr. 2 Die Pro⸗

jektionslehre setzt den Künstler und Gewerbtreibenden in den Stand, einerseits seine eigenen Ideen bildlich so zum Ausdruck zu bringen, daß der Sachverständige sofort eine Vorstellung von ihnen bekommt, andererseits den ihm von Anderen mittels Bilder zum Ausdruck gebrachten Wünschen Gestalt und Form zu geben. Der Verfasser boregenden S Fohtt Anachft e Cine Sen drhgs schaffen für sachgemäßes technisches Zeichnen. e Erreichung die

en zahlreiche klare Abbildungen wesentlich erleichtert.

a bei jedem noch so reich ausgestatteten kunstgewerblichen oder

gewerblichen Gegenstande sich nach Hinweglassung der Ornamente stets

ewisse Grundformen erkennen lassen, die immer wieder zum Vor⸗ chein kommen, so ist auf die Einübung dieser Grundformen zur Er⸗

lernung der Projektionslehre mit Recht ein besonderer Nachdruck ge⸗

legt worden.

Die illustrierte Familienzeitschrift „Zur Guten Stunde“

(SDeutsches Verlagshaus Bong u Co., Berlin W.; Preis des vierzehn⸗ 84 (Dlugsch Heftes 40 ₰) bringt in ihrem neuesten Heft 6 (12. Jahr⸗

angs) ein sorgfältiges Faksimile der Einweihungsurkunde für die e1370 18ag, zu Jerusalem sowie eine Abbildung der prächtigen Hülle derselben. Ein reich illustrierter, von fachkundiger Hand geschriebener Beitrag schildert die erste internationale Rad⸗ und Automobil⸗ Wettfahrt durch Süd⸗Tirol. Für Unterhaltung sorgen die Romane Wandlungen“ und „Die Subalternen“, sowie die Novelle „Ver⸗ glühter ohn“. In der Gratisbeilage „Illustrierte Klassiker⸗ Bibliothek“ wird Friedrich Spielhagen's Novelle „Hans und Grete

ortgesetzt

3

G Land⸗ und Forstwirthschaft. Die landwirthschaftlichen Futtermittel, ihr F

3 werth und ihre Verwendung von Dr. E. Haselhoff. Verlag

von J. Neumann zu Neudamm 1898. Preis geb. 3,60 In kurzer, eicht faßlicher —— wird der Landwirth in diesem Buche zur Bemessung einer richtigen Futtermischung angeleitet und über die be⸗

spooönderen Eigenschaften der Futtermittel unterrichtet. Im ersten Theil

und Verdaulichkeit der utterwerth

ndet er Angaben über die Zusammensetzun . edgt eragnhc im zweiten Theil solche über uind Anwendung der einzelnen Futtermittel. Der dritte enthält die Aufstellung der Futterrationen, sodaß sich leicht darüber orientieren kann, ob er seine

Schluß werden dann noch praktisch aufgestellte Tabellen mitgetheilt, 8 . man sofort 8 1 20 Pfunden enthaltenen Näbrftoffe, ohne zu rechnen, ablesen kann. . 8 5 aldheil“, Forst⸗ und Jagdkalender auf das Jahr & 8 6 Neumann, Neudamm. Preis, in grünem mit 160 Seiten Millimeterpapier im Anhange 1 80 ₰). Dieser seit elf Jahren erscheinende Kalender ist vielen Forstbeamten

nd Jägern als ein praktisches Taschenbuch von mannigfaltig nütz⸗ lichem und interessantem Inhalt bereits wohlbekannt. Für den Ein⸗ ewählt, welche den Unbilden des Wetters am besten Widerstand leistet. Im Gegensaß zu andern seiner Art reicht der Kalender „Waldheil“ vom Oktober 1898 bis zum Dezember 1899, kann also fofort in Gebrauch genommen werden.

London, 24. November. (W. T. B) Der Times“ wird aus Buenos Aires gemeldet: Die jüngsten Regenfälle haben nur geringen Schaden verursacht. Der Stand der Saaten ist be⸗ friedigend; die Ausfuhr an Weizen wird der Schätzung nach mindestens 1 800 000 t und die Ausfuhr an Leinsamen 200 000 t betragen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. .

Die Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche im Deutschen Reiche im Jahre 1897.

(Nach dem zwölften Jahresbericht über die Verbreitung von Thier⸗ seuchen im Deutschen Reiche, bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt, Verlag von Julius Springer zu Berlin.)

„Die Maul⸗ und Klauenseuche hat im Berichtsjahre sowohl nach ihrer räumlichen Verbreitung als auch nach der Zahl der betroffenen Thierbestände gegenüber dem Jahre 1896 erheblich abgenommen. Sie erreichte ihren Höhepunkt im 4. Vierteljahre, nachdem sie im 2. und 3. Vierteljahre eine wesentliche Abnahme gegen das 1. Vierteljahr gezeigt hatte, und stand am Schlusse günstiger als bei

Beginn des Jahres.

Verschont geblieben sind nur das oldenburgische Fürstenthum Lübeck, sowie 154 Kreise und ähnliche Bezirke. Verbältnißmäßig wenig ver⸗ seucht waren Mecklenburg⸗Strelitz und die Regierungsbezirke Königs⸗ berg, Gumbinnen, Danzig, Köslin, Stralsund. Betroffen waren im Ganzen 26 Staaten, 83 Regierungs⸗ ꝛc. Bezirke. 883 Kreise zc., 12 520 Gemeinden ꝛc., 55 111 Gehöfte. Die Zahl der wirklichen Erkrankungsfälle ist nicht bekannt; die Gesammtzahl der in den neu betroffenen 40 269 Gehöften vorhandenen, mithin theils erkraskten, theils gefährdeten Thiere betrug 537 969 Stück Rindvieh, 441 547 Schafe, 8127 Ziegen, 176 227 Schweine, zusammen 1 163 870 Thiere gegen 1 548 437 im Vorjahre. Verluste an gefallenen und getödteten Thieren infolge der Maul⸗ und Klauenseuche sind nur von Württemberg, Baden und Anhalt mitgetheilt; sie betrugen 2497 Stück Rindvieh, 66 Schafe, 1 Ziege, 291 Schweine, zusammen 2855 **„ Thiere.

Die Ausbrüche bezw. die weitere Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche sind mehrfach auf Einschleppung aus dem Auslande (Personenverkehr, Futtermittel, Alpenvieh ꝛc.), meistens jedoch auf den Verkehr mit Vieh im Inlande (Märkte, Hausierhandel u. dergl.) zurückgeführt. In zahlreichen Fällen waren die Thiere beim Wechsel des Besitzers bereits erkrankt; es haben ferner die Unterlassung oder mangelhafte Ausführung der polizeilich angeordneten Sperrmaßregeln, der Personenverkehr (Dienstboten, Schlächter, Hausierer), die Be⸗ nutzung verdächtiger Thiere zur Feldarbeit, gemeinsame Weiden, Tränken und Wege, ferner ungürstige bauliche Verhältnisse, sowie die Unterlassung oder mangelhafte Ausführung der Desinfektion zur Ver⸗ breitung der Seuche beigetragen. 1

Die wieder in zahlreichen Fällen vorgenommenen Impfungen, d. h. absichtlichen Uebertragugen der Seuche auf gesunde Thiere, haben fast ausnahmslos den Erfolg eines milderen und schnelleren Verlaufs der Krankheit gehabt. Die zur Bekämpfung der Seuche vielfach erlassenen Verbote der Viehmärkte haben im allgemeinen zur Beschränkung derselben . ohne zugleich erhebliche wirth⸗ schaftliche Nachtheile hervorzurufen.

Uebertragungen der Krankheit auf Menschen haben wieder mehr⸗ fach, namentlich bei der Behandlung kranker Thiere und durch den Genuß ungekochter Milch, stattgefunden. 1

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Beröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 47 vom 23. Novpember.) .“

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Rußland. In Anzob (Samarkand) waren bi zum 15. Dk. tober von 357 Einwohnern 219 gestorben; bis zum 2. November wurden 19 Nerxerkrankungen und 14 Todesfälle festgestellt. Am 3. und 4. November sind neue Fälle nicht zur Kenntniß gelangt. In den übrigen Ortschaften von Samarkand und in Buchara giebt der Gesundheitszustand zu Befürchtungen nicht Anlaß. Von dem Auf⸗ treten der Pest in Taschkent ist zufolge einer Mittheilung vom 8. No⸗ vember an den zuständigen amtlichen Stellen nichts bekannt.

Vereinigte Staaten von Amerika. In den Hafen von San Francisco ist am 28. Oktober die von Hongkong kommende französische Bark Duchesse Anne mit geiber Flagge eingelaufen, weil der Kapitän am 20. August (5 Tage nach der Ausreise) und ein Matrose am 19. September an der Pest gestorben sind. Weitere Er⸗ krankungen sollen auf dem Scheff nicht vorgekommen sein. Die Bark wurde nach der Quarantänestation Angel Island gebracht.

Verschiedene Krankheiten. 1

Pocken: Antwerpen, Madrid, Warschau je 4, Moskau 2 Todes⸗ fälle; Antwerpen (Krankenhäuser) 9, St. Petersburg 32, Warschau (Krankenhäuser) 7 Erkrankungen; Flecktyphus: Warschau 2 Todes⸗ fälle; Edinburg, Warschau (Krankenhäuser) je 6 Erkrankungen; Genickstarre: New York 6 Todesfälle; Kopenhagen 4 Erkran⸗ kungen; Keuchhusten: Reg.⸗Bez. Schleswig 53, Hamburg 63, Kopenha en 41 Erkrankungen; Influenza: Berlin b, London 14, Moskau 2, St. Petersburg 8 Todesfälle; Lungenentzündung: Reg⸗ Bez. Schleswig 53 Erkrankungen; Tollwuth: Madrid 1 Todesfall; Milzbrand: Moskau 1 Todesfall; Wien 1 Erkrankung. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Ducchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1886/95: 1,15 %): in Beuthen Erkrankungen kamen zur Anzeige in Breslau 25, in den Reg⸗Bezirken Aachen 174, Düsseldorf 93, Königsberg 159, Posen 249, Stade 97, in Lübeck 62, Amsterdam 229, Budapest 684, Christiania 24. Edinburg 218, Kopen⸗ hagen 100, New York 57, St. Petersburg 75, Wien 161 desgl. an Scharlach (1886/95: 0,91 %): in Halle, Kiel, Königshütte, Plauen, Antwerpen, Triest, Warschau Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 56, Breslau 52, Hamburg 23, Buda⸗ pest 100, Edinburg 59, Koppenhagen 92, London (Krankenhäufer) 340, New York 108, Paris, St. Petersburg je 55, Prag 29, Wien 40 desgl. an Diphtherie und Eroup in Berlin 99, München 31, Budapest 26, Kopenhagen 37, London (Krankenhäuser) 179, New York 140, Paris 56, St. Petersburg 100, Stockholm 76, Wien 832 desgl. an Unterleibstyphus in London (Kranken⸗ häuser) 43, New York 73, Paris 39, St. Petersburg 124. .

Oesterreich.

In Tirol, dessen südlicher, von Italienern bewohnter Landes⸗ theil eine große Zahl von Pellagrakranken aufweist, ist nunmehr wegen zunehmender Ausbreitung der Krankheit bei der Stadt Rove⸗ reto ein besonderes Krankenhaus (Pellagrosarium) eingerichtet worden. Die Anstalt ist Eigenthum der Stadt Rovereto und wird staat⸗ lich subventioniert. Es ist vorläufig die Aufnahme von 20 Pfleg⸗ lingen in Aussicht genommen. Möglichst ausgedehnte Verwendung der Kranken zu landwirthschaftlichen Arbeiten bei kräftiger Grnährung ist vorgesehen. Die Verlöstigung der Kranken erfolgt nach einem vom Landes.Sanitätsrathe ausgearbeiteten Kostprogramm. b

Die nach dem Beispiele der Anstalten in Italien getroffene Ein⸗ richtung, daß die Kranken in einem Turnus von 3 Monaten wechseln, gestattet, in einem Jahre 80 Pellagröse der Behandlung zuzuführen. Durch ee Ueberweisung von Kranken an das Innebrucker Stadtspital soll es den Studicrenden der Medizin ermöglicht werden, sich mit den Erscheinungen und mit dem Verlauf der Pellagra sowie mit dem Heilverfahren vertraut zu machen. (Nach dem Oest. San.⸗W. S. 286.) eeg

Durch Verfügung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom nrc. N gind die s. Zt. für Schiffe aus Middles⸗

b 1an. wegen dort herrschender Kinderblattern angeordneten gesund⸗

zeilichen Maßnahmen wieder außr Kra

heitspo ft sesetzt worden.

(Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 47 vom 23. Februar d. J.) 8

Verdingungen im Ausland

Belgien. 30. November, 11 ¾ Uhr. Börse in Brüssel: Lieferung von Zinn und Antimon für die belgischen Staatsbabnen. Spezial⸗ Lastenheft Nr. 369. 1. Lieferung in Mecheln: 1. Loss 40 000 kg Zinn, 2 Loos 6000 kg Antimon. 2. Lieferung in Brüssel: 3. Loos 50 000 kg Zinn

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Verkehrs⸗Anstalten

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) ist die zweite eng⸗ lische Post über Ostende vom 23. November ausgeblieben. Grund: Dampferfahrt Dover⸗Ostende wegen Sturmes an der englischen Küste ausgefallen. b

München, 23. November. (W. T. B.) Amtlich wird bekannt gezeben, daß mit der italienischen Mittelmeerbahn und der Schiffahrtsgesellschaft „Navigazione generale italiana“ ein Ab⸗ kommen getroffen ist, wonach der Nord⸗Süd⸗Expreßzu über den Brenner vom 3. Dezember ab einmal wöchentli von Verona über Mailand, Genua und Rom nach Neapel weitergeführt wird und dort direkt den Dampfschiffsanschluß nach Eüepten findet. Vice versa erfolgt der Betrieb in entsprechender eise. Dover, 23. November. (W. T. B.) Wegen Südost⸗Sturmes ist der Dampferdienst auf dem Kanal vorläufig eingestellt worden. Montreal, 23. November. (W. T. B.) Einer Meldung des „R. B.“ zufolge machen die Grand Trunk Railway Company of Canada und die Canadian Pacific Railway Company das Ende des Streites über die Personen⸗Fahrpreise bekannt. Vom nächsten Montag ab treten die früheren ahr reise wieder in [ 1““ 1.“ Bremen, 23. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Trave“ 22. Nov. v. New York n. Bremen abgeg. „Ems“ 22. Nov. v Gibraltar n. New York abgeg. „München“ 22. Nov. v. Baltimore n. Bremerhaven abgeg. Coblenz“ 22. Nov 4 Nm. Reise v. Lissabon n. Brasilien fortgesett

24. November. (W. T. B.) Dampfer „Kaiser Friedrich“ „Prinz Heinrich“, n. Ost⸗

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23. Nov. in New York angekommen. Asien best, 23. Nov. in Suez angek. „Wittenberg“, v. Ost⸗ Asien kommend, 23. Nov. Gibraltar passiert. „Pfalz“ 23. Nov. v. Buenos Aires n. Bremen abgeg. „Lahn“, n. New York best., 23. Nov. in Southampton angek. „Wittekind“, v. La Plata kommend, 23 Nov. in Bremerhaven angek. „Werra“ 23. Nov. v. Genua in New York angekommen.

London, 23. November. (W. T. B.) Union⸗Linie. Dampfer „Briton“ ist heate aaf der Ausreise von Madeira abgegangen, „Moor“ heute auf der Ausreise in Kapstadt angekommen.

Castle⸗Linie. Dampfer „Tintagel Castle“ ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal), „Dunolly Castle“ beute au der Ausreise in Mauritius angekommen. „Raglan Castle“ i heute auf der Ausreise von London abgegangen.

Rotterdam, 23. November. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Amsterdam“, von New York nach Amsterdam, gestern Vormittag Seilly passiert. „Spaarndam“, von Rotter⸗ dam gestern Vormittag in New York angekommen. „Werkendam“, von New York nach Rotterdam, hat heute Nachmittag Seilly

KTCTCvheater und Musik.

Im Königlichen Operuhause beginnt morgen die Gesammt⸗ Aufführung von Richard Wagnen's Bühnenfestspiel „Der Ring des Nibelungen“ mit dem ersten Abend „Das Rheingold“. Die Besetzung lautet: Wotan: Herr Bachmann; Donner: Herr Mödlinger; Froh: Herr Slezak; Loge: Herr Sommer; Alberich: Herr Fehace; Mime: Herr Lieban; Fasolt: Herr Krafa; afner: Herr Knüpfer; Fricka: Fräulein Reinl; Freia: Fräulein Hiedler; Erda: ee. Goetze; Woglinde: Frau Herzo ; Wellgunde: Fräulein Rothauser; Floßhilde: Fräukein Krainz. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert.

Im Königlichen Schauspielhaufe wird morgen Ludwig Fulda's Tragödie „Herostrat“ mit Herrn Matkowsky in der Titelrolle gegeben; außerdem wirken die Herren Christians, Ludwig, Kraußneck, Heine, Purschian und die Damen Poppe, Ellmenreich und von Mayburg mit.

Im Berliner Theater gelangt morgen R. von Gottschall’'s dramatisches Gedicht „Die Rose vom Kaukasus“ zum ersten Male zur Darstellung. Beschäftigt sind darin Frau Geßner sowie die Herren Sommerstorff, Wehrlin, Bassermann, Schläger, Irwin, Monnard, Pittschau und Chony. Hierauf geht, gleschfalls zum ersten Male, das dreiaktige Schauspiel „Die tbörichte Liebe’ von Wilbelm Wolters und K. Gjellerup in Scene. Die Rollen dieses Stücks sind mit den Damen Frauendorfer, Wulf, Schroth und den Herren Stahl, Wehrlin, Schindler, Bassermann, Rohland, Neßler und Chony besetzt.

Das Schiller⸗Theater bringt morgen zum ersten Male Anzengruber’s Volksstück „Das vierte Gebot“ zur Aufführung.

In der morgigen Erstaufführung der „Regimentstochter“ von G. Donizetti im eater des Westens siand außer Frau Schuster⸗ Wirth, welche die Titelpartie singt, noch in größeren Aufgaben be⸗ schäftigt: Fraͤulein Detschy (Marchesa) und die Herren Steffens (Sulpiz), Braun (Tonio) und Patek (Hortensio). Die Regie führt Herr Felix Ehrl, und als Dirigent fungtert Herr Kapellmeister Schuster. Den Schluß der Vorstellung bildet ein größeres, von Fräulein Zimmer einstudiertes Ballet⸗Divertissement.

Morgen tritt Frau Hedwig Niemann⸗Raabe im Lessing⸗ Theater zum letzten Mal als Hertha in Oscar Blumenthal's Schauspiel „Ein Tropfen Gift“ auf, da das Stück nur morgen n wiederholt werden kann. In dem Einakter⸗Cyelus von Otto Eri Hartleben, der am nächsten Dienstag zum ersten Mal in Scene geht, 8 fast das ganze Personal des Theaters beschäftigt. Die Regie führt der Ober⸗Regisseur Adolf Steinert.

Ernst Wichert hat dem Belle⸗Alliance⸗ Theater seine neueste dramatische Dichtung „Die Gräfin von Schwerin“ zur Auf⸗ führung überlassen. Das Werk dürfte voraussichtlich Ende Januar k. J. mit Fräulein Ilka Grüning in der Titelrolle rstmalig in

gehen.

Jagd.

reitag, findet Königliche Parforce⸗Jagd 8 p. Uhr im Jagdschloß Grunewald, 1 ½ Uhr

Worgen, F. statt. Stelldichein: am Saugarten.

Mannigfaltiges.

Die Kommission fur Prüfung und Untersuchung von I11“ en trat heute im großen Saale des Kaiserhofes mit Vertretern der Staate⸗ und städtischen Behörden unter dem Vorsitz des Geheimen Kommerzien⸗Raths Dr. Delbrück⸗ Stettin zu einer Sitzung zusammen. Zu derselben waren erschienen der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld mit dem Unter⸗ Staatssekretär Lohmann, dem Ministerial⸗Direktor Höter und den Geheimen Räthen Dr. Neuhaus, Dr. Fuhrmann und von Ammon;

*) Außerdem mehrere zahlenmäßig nicht näher angegebene noth⸗ geschlachtete Rinder in Anhalt.

ferner waren anwesend Bauinspektor Wittfeld vom Ministerlum der

öffentlichen Arbeiten, Marine⸗Maschinen⸗Baninspektor Veith