1898 / 300 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Dec 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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Seine Majestät der Kaiser und König nahmen m Stadtschlosse zu Potsdam heute Vormittag den Vortrag es Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke entgegen und empfingen um 1 Uhr den österreichisch⸗ungarischen Bot⸗ schafter von Szögyény⸗Marich. vLE11

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r Plenarsitzung.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayeri⸗ scher General⸗Major Freiherr Reichlin von Meldegg und Königlich bayerische Ministerial⸗Räthe von Geiger und von Schnell sind von Berlin abgerest.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ mit der Ablösung für S. M. S. „Möwe“ Transportführer: Unter⸗Lieutenant zur See Kuthe am 18. Dezember in Suez angekommen und am 19. Dezember nach Aden in See

Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von chweden und Norwegen ist am 18. d. M. zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin in Schloß Baden eingetroffen. 1X“

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Oesterreich⸗Ungarn.

In der gestrigen Sitzung des ungarischen

hauses beantragte der Alters⸗Präsident Madarasz, die Präsidentenwahl auf den der Beschlußfassung unmittelbar fol⸗ genden Wochentag anzuberaumen. Der Abg. Kossuth erklärte namens der Unabhängigkeitspartei, er hege Mißtrauen wegen der Kandidatur des Ministers des Innern, und unter⸗ breitete eine Resolution, welche den neuzuwählenden Präsidenten anweist, die Hausordnung vollständig unparteiisch zu handhaben. Der Abg. Pulszky wünschte, daß man die Präsidentenwahl so rasch als möglich vornehme, und sagte, die Ehrfurcht vor dem bisherigen Präsidenten verbiete es, den Rücktritt desselben zu parteipolitischen Zwecken aus⸗ ubeuten. Er sei gegen jede Weisung für den neuen Präfidenten. (Da die Opposition während der Rede lärmte, erklärte der Alters⸗Präsident energisch, daß das Prinzip der Redefreiheit die Anhörung des Redners fordere.) Pulszky führte weiter aus, die lex Tisza habe nur den Zweck, zu konstatieren, daß die liberale Partei die Regierung unter⸗ stütze, er habe volles Vertrauen zu dem Kandidaten für das Präsidium. Der Abg. Graf Apponyi betonte, daß der Ver⸗ dacht bestehe, die liberale Partei strebe beglgtich des Präsidiums nicht nur einen Personen⸗, sondern auch einen Systemwechsel an. Bei Besprechung der lex Tisza erklärte der Redner, durch dieselbe werde die Berathung des Hauses zu einer leeren ormalität erniedrigt. Er erkenne die Forderung der

taatsnothwendigkeit an, doch könne hier nur ein nach⸗ trägliches Absolutorium am Platze sein. Die lex Tisza sei die Revolution der Majorität. Wo bleibe die Verantwortlichkeit der Regierung? Ein solch revolutionärer Schritt müsse verhindert werden. Der Redner forderte die liberale Partei auf, eeng. Zurückziehung der lex Tisza eine Ver⸗ ständigung mit der Opposition zu ermöglichen. Der Abg. Graf Stephan Tisza polemisierte eingehend mit dem Vor⸗ redner. Eine möglichst frühe Präsidentenwahl sei eine hervor⸗ ragende Pflicht des Hauses. Die Resolution des Abg. Kossuth sei nicht zu einer Rechtsnorm geeignet, weshalb er nicht für dieselbe stimmen werde. Die lex Tisza sei nichts als eine Demonstration und enthalte nur die Indemnität und ein kurzes Ausgleichsprovisorium. Sie entspringe dem Nothrecht und billige das Vorgehen einer Regierung, welche das Ver⸗ trauen der Krone und der Majorität besitze gegenüber dem Terrorismus der Minorität, welche die Geltendmachung des Willens der Mehrheit hindere. Was den Schluß der Rede des Grafen Apponyi betreffe, so möge derselbe sich klar äußern. Jedermann werde mit Freuden die Möglichkeit einer Ver⸗ ständigung begrüßen. Graf Apponyi erwiderte, die Be⸗ seitigung der lex Tisza könne keine andere Folgen nach sich iehen, als daß man sich dann mit den Bedingungen einer

erständigung befassen könne, was die lex Tisza von vorn⸗ herein ausschließe. Nachdem noch Graf Stephan Karolyi (Nationalpartei) gesprochen hatte, wurde die weitere Berathung auf heute vertagt.

Großbritannien und Irland.

8 Der General Talbot ist, wie dem „W. T. B.“ aus London berichtet wird, zum Oberbefehlshaber der britischen Besatzungs⸗Armee in Egypten ernannt worden, an Stelle des zum Gouverneur von Malta ernannten Generals Grenfell.

Das „Reuter’sche Bureau“ erfährt, es sei beschlossen worden, die britischen Truppen im britischen Ost⸗Afrika⸗ Protektorat und im britischen Zentral⸗Afrika⸗Pro⸗ tektorat (Nyassaland) um ein Regiment in jedem der beiden Gebiete zu vermehren. Die Truppen sollen unter den Eingeborenen ausgehoben und von britischen dffazenmn be⸗ fehligt werden. Ferner sollen Truppen aus Nyassaland, die von Pritischen Offtzieren aus Indien befehligt und von Sikhs ausgebildet werden, die Besatzungstruppe und die Polizei von Nordost⸗Rhodesia bilden.

18 Frankreich. rag Ueber die gestrige Situng der Deputirtenkammer, in welcher Interpellationen über die Dreyfus⸗Affaire zur Berathung kamen, liegt folgender Bericht des „W. T. B.“ vor: Der Deputirte Lasies interpellierte über die unter dem Kabinet Brisson in Betreff der Revision des Dreyfusprozesses begangenen

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Indiskretionen, beschuldigte und griff sodann die Kriminalkammer des Kassationshofes an, deren Präsident Loew, wie Redner sagte, der Bruder eines deutschen Beamten sei und eine Apotheose Dreyfus' herbeizuführen suche. (Der Redner wurde zur Ordnung gerufen.) Lasies bemerkte schließlich, die Dreyfus⸗ und die Piequart⸗Affaire dienten nur Angriffen auf die Armee zum Vorwand; die Regierung habe sich durch ihre Schwäche mitschuldig gemacht; der Kriegs⸗Minister habe die Pflicht, die Armee zu schuützen. Hierauf nahm der Kriegs⸗Minister de Freycinet das Wort. Derselbe er⸗ klärte: da der Kassationshof mit der Angelegenheit befaßt sei, wolle er nicht den Anschein erwecken, als könne er die Ent⸗ scheidung desselben bessshagers Er werde dem Kassationshofe alle in seinem Besitze befindlichen Akten zur Verfügung stellen, soweit es die Interessen der nationalen Vertheidigung gestatteten. Er werde aber kein Aktenstück mittheilen, bei dessen Auslieferung die Sicherheit des Staates interessiert sein könnte. Wenn die Kammer diese An⸗ schauung nicht billige, sei er bereit, von seinem Posten zurückzutreten. Der Deputirte Montfort fragte, wie der Kassationshof ein Urtheil fällen solle, wenn das betreffende Aktenstück entscheidender Art sei? Hierauf erwiderte der Kriegs⸗Minister de Freyeinet, die offiziellen Aktenstücke befänden sich in den Händen des Kassationshofes. Er, der egenwärtige Kriegs⸗Minister, kenne sie nicht, er habe sie nie gesehen und ser nur im Besitze dessen, was man das „geheime Dossier“ nenne. Es be⸗ fänden sich in diesem Dossier Aktenstücke, welche die Sicherheit des Staates berühren könnten. Er werde dieselben nur mittheilen, wenn er durchaus sicher sei, daß sie der Oeffentlichkeit nicht übergeben würden. Der Deputirte Lasies erklärte, unter diesen Umständen sei die Revision eine Komödie, und er danke dem Minister für seine bündigen und formellen Erklärungen. Es sei nunmehr bewiesen, daß das geheime Dossier bestehe. Er ziehe daher seine Interpellation zurück. Die Kammer ging sodann zur Berathung der Vor⸗ lage, betreffend die Erhöhung der Weinzölle, über. Nachdem einige Redner über die Frage der Weinzölle gesprochen hatten, gelangte die Interpellation des Deputirten Millerand über die Bedingungen, unter denen das „geheime Dossier“ in der Dreyfus dem Kassationshofe mitgetheilt werden solle, zur Besprechung. Millerand erklärte, der Kassationshof müsse Herr darüber sein, die Untersuchung zu leiten, wie er wolle; er müsse in der Lage sein, von allen Akten Kenntniß zu nehmen, wenn die Revision nicht im wesent⸗ lichen hinfällig gemacht werden solle. Der Minister⸗Präsident Dupuy betonte, er wolle eine unabhängige Rechtspflege; aber der Kassationshof selbst erkenne an, daß es da eine Verantwortlichkeit gebe, daß man Vorsicht gebrauchen müsse, und daß es neben seiner (des Kassationshofes) Verantwortlichkeit eine Ver⸗ antwortlichkeit der Regierung gebe. Die Mittheilung des Dossier könne nur unter Vorsichtsmaßregeln und Garantien erfolgen. Es bandle sich um Aktenstücke, deren Verbreitung die Sicher⸗ heit des Staates beeinträchtigen könne. Die Aktenstücke würden nur unter der Bedingung mitgetheilt werden, daß sie nicht der Oeffentlichkeit übergeben würden. Diese Vorsichtsmaßnahmen und Bürgschaften seien vom Kassations⸗ hofe zugestanden worden. Wenn diese Bürgschaften der Regierung nicht gegeben würden, werde sie die Aktenstücke nicht aus⸗ händigen. Der Deputirte Viviani (Sozialist) fragte, ob der Kassationshof das Dossier dem Vertheidiger des Angeklagten werde mittheilen können. Der Minister⸗Präsident Dupuy erwiderte: Wenn die erwähnten Garantien nicht gegeben würden, werde es unmöglich sein, das Dossier dem Kassationshof mit⸗ zutheilen. Das sei alles, was er sagen könne. Der Deputirte Brisson erklärte: Kein Aktenstück in dem Dreyfus⸗Dossier könne die Sicherheit des Staats berühren. Er habe das ganze Dossier mit dem damaligen Justiz⸗Minister Sarrien und mit Cavaignac, der damals Kriegs⸗Minister gewesen, geprüft. Als das Henry’sche Schriftstück als falsch erkannt worden sei, habe er (Brisson) den Entschluß gefaßt, die Revision zu betreiben. Der Deputirte Cavaignac erwiderte hierauf: Jawohl, die Minister Brisson und Sarrien haben im Kriegs⸗Ministerium die Schriftstücke geprüft, welche ich ihnen mitzutheilen für nöthig erachtete. Der Deputirte Brisson entgegnete: Seit der Henry'’schen Fälschung habe ich die Ansicht ge⸗ wonnen, daß der Verdacht auf alle anderen Schriftstücke ausgedehnt werden müsse. Cavaignac bemerkte hierauf: „Sehr wenige von denen, die die Schriftstücke gelesen haben, werden der Ansicht sein, daß sie die Staatssicherheit nicht berühren. Ich habe Brisson angeboten, ihm andere Schriftstücke vorzulesen, die sich in den Händen des Generals Gonse befanden; diese Schriftstücke waren das Ergebniß sicherer Nachrichten. Brisson hielt es für unnöthig, sie zu studieren. In diesen Schriftstücken sind überzeugende Elemente enthalten.“ Der Präsident Deschanel verlas hierauf die eingebrachten Tagesordnungen. Die Kammer nahm mit 370 gegen 80 Stimmen die von dem De⸗ putirten Perier⸗Larsan eingebrachte und vom Minister⸗Präsidenten Dupuy genehmigte Tagesordnung an, welche die Erklärungen der Regierung billigte.

Die Antisemitenliga von Frankreich hat heute in Paris eine Proklamation anschlagen lassen, in welcher darauf hingewiesen wird, daß die Regierung in der gestrigen Kammersitzung erklärt habe, es existiere im Kriegs⸗Ministerium ein geheimes Dreyfus⸗Dossier, welches nicht mitgetheilt werden könne, ohne daß die Sicherheit des Landes ge⸗ fährdet werde. Die Proklamation schließt hieraus, daß Dreyfus ein Verräther und zu Recht verurtheilt sei, und fordert die Regierung aue die Revision des Prozesses gegen einen überführten Verräther einstellen zu lassen und gegen die Beleidiger der Armee einzuschreiten. Wenn die Regierung dies nicht thue, so werde das Volk zur direkten Ausübung seiner unverjährbaren Rechte greifen, indem es das Vaterland in Gefahr erkläre und gegen seine Feinde vorgehe.

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Der „Russische Invalide“ theilt eine Verordnung des Kriegs⸗Ministers mit, wonach im Wilnaer Militärbezirk ein neues, das 20. Sappeur⸗Bataillon mit drei Sappeur⸗ und einer Telegraphen⸗Kompagnie zu bilden, das turkestanische Sappeur⸗Halbbataillon der 2. Sappeur⸗Brigade zu einem vollen Bataillon zu kompletieren und im ostsibirischen Sappeur⸗Bataillon eine neue dritte Kompagnie zu formieren st. 14“

1 111“ CTEE1111“ Italien. .“

Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht, dem „W. T. B.“ zufolge, nachstehende Note: 1

Wir glauben, dem lebhaften Verlangen aller derjenigen zu ent⸗ sprechen, welche der Kirche und dem Papstthum dienen, indem wir den Wunsch zum Ausdruck bringen, daß der in Zeitungen verschiedener Länder geführte Streit wegen der Frage des Protektorats über die Katholiken im Orient aufhören möge. Diese Polemiken haben keine ernsthafte Existenzberechtigung und liefern, wenn auch unberechtigt, der dem Heiligen Stuhle feindlich verhnten sektirerischen Presse einen

Vorwand, die Eintracht der Christenheit zu stören. e 1 8 1116162565 W1111116““

h Spanien.

Mgontero Rios überreichte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, dem Minister des Auswärtigen Herzog von Almodovar die Akten über die Verhandlungen der spanisch⸗ amerikanischen Feichenctonfergg. 8

Der Minister⸗Präsident Sagasta hat sich erkältet und

muß das Bett hüten. Die Lösung der Krisis wird dadurch

Brisson, die Verfassung verletzt a Haben,

Der Marschall Blanco ist gestern Vormittag in Ali cante angekommen und wird heute in Madrid eintreffen. Der Ober⸗Befehlshaber der Nord⸗Armee hat die Schließun aller carlistischn Kluhs und Gesellschaffen in seinem wandh angeordnet. Auch der General⸗Kapitän von Madrid be⸗ absichtigt, den Befehl zur Schliezung aller carlistischen Voe⸗ einigungen in seinem Bezirk und wahrscheinlich auch zur Unterdrückung aller carlistischen Blätter zu geben.

Türkei. 8 Wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ aus Kon⸗ stantinopel meldet, hat der Sultan ein 11 den Kaiser von Rußland gesandt, in welchem er seiner Freude über die freundschaftliche Begrüßung durch den Großfürsten Nikolaus und seinem Dank für die Zu⸗ semmͤenericft Ausdruck giebt. Der Kaiser von Rußland dankte em Sultan telegraphisch für den ausgezeichneten Empfang des hscefoeüen und versicherte denselben seiner freundschaft⸗

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er Großfürst Nikolaus empfing gestern Vormit den bulgarischen Exarchen, machte sodann bei dem ökumenischag Patriarchen, dem Großvezir sowie dem Minister des Aus⸗ wärtigen Besuche und gab bei den Chefs der Missionen seine Karte ab. Abends fand zu Ehren des Großfürsten 88 Aildiz⸗

Der Prinz Georg hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern, nachdem ein Tedeum in der Königlichen Kapelle abgehalten worden war, in Begleitung der Königlichen Familie mittels Extrazuges unter den Ovationen der Menge von Athen nach dem Piräus begeben. Der Prinz wird sich auf der König⸗

ite“ nach der Insel Milos einschiffen. 3“ Amerika.

ng des „W. T. B.“ aus Washington

brachte in der gestrigen Sitzung des Senats der Senator Hanna eine Bill ein, nach welcher der amerikanischen Schiff⸗ fahrt Subsidien gewährt werden sollen zur Förderung des Handels, Vermehrung der auswärtigen Handelsvertreter der Ver⸗ einigten Staaten und Beschaffung von Hilfskreuzern, Transport⸗ schiffen und Seeleuten für Zwecke des Staats, wenn dies er⸗ forderlich sein sollte. Der Senator Mason brachte eine R⸗⸗ solution ein, in welcher gesagt wird, daß die Auf⸗ merksamkeit des amerikanischen Volkes darauf gelentt worden sei, die Gesetzesvorschläge im Deutschen Reichstage gingen darauf aus, die Einfuhr amerikanischer Wurst und anderer Fleischprodukte zu verbieten. Der Ackerbau⸗ Ausschuß müsse angewiesen werden, sich eingehend mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen und, wenn ein derartiger Entwurf Gesetz werde, sofort eine Bill zu unterbreiten, durch welche eine Untersuchung von Zucker, Fleisch, Wein und anderen Nahrungsmitteln, die aus Deutschland kommen, angeordnet

werde. Eine vom Ackerbau⸗Ausschuß des Repräsentanten⸗

hauses eingebrachte Ackerbau⸗Bill enthält eine Bestimmung,

durch welche der Ackerbau⸗Sekretär ermächtigt wird, Einfuhr⸗ artikel, welche für gesundheitsgefährlich gehalten würden, einer Untersuchung zu unterwerfen, und durch welche ferner der Schatzsekretär ermächtigt wird, diejenigen Artikel auszuschließen, die im Ausschußberichte als gefälscht oder sonstwie als gesund⸗ heitsgefährlich bezeichnet seien.

Aus Cap Haültien berichtet die „Agence Havas“, daß daselbst das Gerücht umgehe, der Präsident der dominikanischen Republik Heureaux sei ermordet worden.

Nach einer Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“ aus Lima schickt sich der Präsident von Bolivia . an, mit 2500 Mann auf La Paz zu marschieren, welcher Ort sich in den Händen der Revolutionäre befindet.

Aus Peking vom 18. d. M. berichtet das „Reutery'sche

Bureau“, daß drei weitere Mitglieder des Tsung⸗li⸗Yamens ernannt worden seien. Zwei von ihnen seien Mandschus, der dritte ein Chinese. Einer solle angeblich von dem Vize⸗

Präsidenten des Hentarnehh⸗ Kangyi damit beauftragt sia⸗ er 8

heimlich über

ungen im Tsung⸗li⸗Yamen zu erstatten. 8

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die Verhand v“ Afrika. 111““

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Wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, hat Marchand

estern Vormittag um 11 Uhr Faschoda mit seiner Abthei⸗ 19 verlassen. Nachdem die französische Flagge niedergelassen worden war, wurden die britische und die egyptische Flagge auf dem Fort gehißt, welches sofort von den egyptischen Truppen besetzt wurde. Marchand schlug die Richtung nach

dem Sobat⸗Flusse ein. Der Arzt Dr. Schmidt hat sich von Tanger nach

Marrakesch begeben, vermuthlich

Sultans.

Polynesien. 8 88

In Auckland ist die Nachricht eingetroffen, daß die

ranzosen lebhaft mit Befestigungsarbeiten auf Tahiti be⸗ chäftigt seien.

Hend 1 51 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“’,

herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 16. Dezember, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat⸗Wesen: Ernennung; Charakte

erhöhung; Exequatur⸗Ertheilung. 2) Allgemeine Verwaltungs, Sachen: Herausgabe des Handbuchs für das Deutsche Neich für das Jahr 1899. 3) Zoll⸗ und Steuer⸗Wesen: Bestellung eines Stations Kontroleurs. 4) Polizei⸗Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Nr. 51 des „Centralblatts der Bauverwaltung““ heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 17. Hezember ha⸗ folgenden Inhalt: Amtliches: Feeseegan vom 12, Degem⸗ 8 1898. Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Die neue Rheinbr 5 bei Bonn. Neue reformierte Kirche auf Borkum. Die neuze

liche Ziegelbauweise in England. (Schluß.) Die Rauchbelästi mI. in London. Vermischtes: Wettbewerb um Pläne für den F. einer Schulhausanlage auf Norderney. Badisches Gesetz über 888 Umlegung von Baugrundstücken. Jahrbuch für die gesam

Maschinenindustrie. Bücherschaakzkgz. 1

zur Behand ung des 8

1 Statistik und Volkswirthschaft.

st⸗ und Schankwirthschaften sowie Kleinhandel mit n Branntwein in Bayern 1897. Nach der „Zeitschrift des Königlich bayerischen Statistischen eaus“ (Jahrgang 1898, Nr. 2) bestanden 1897 in Bayern 36 996 Gast⸗ und Schankwirthschaften; 1893 waren es 35 212, und es sind in den folgenden Jahren bis 1897 neu hinzu⸗ getreten (Zu⸗ und Abgang ausgeglichen) 344, 381, 467 und 592.

Diese Zunahme stand im richtigen Verhältnisse zu der Bevölkerungs⸗ zunahme:

sowohl innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke wie im ganzen Königreich ist das Verhältniß der Wirthschaften zur Be⸗ völkerung in den letzten fünf Jahren theils vollständig gleich ge⸗ blieben, theils nur geringfuͤgigen Schwankungen unterworfen ge⸗ wesen; es kamen im Königreich 6,2 bis 6,3 Wirthschaften auf 1000 Einwohner, in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben 5,5 bis 5,8, in Mittelfranken 7,6 bis 7,7, in allen übrigen Regierungs⸗

bezirken zwischen 5,9 und 6,8.

Betriebe mit Konzession zum Kleinhandel mit Brannt⸗ wein und Spiritus gab es in Bayern 1897 3945, 1896 3878, 1895 3870, 1894 3809, 1893 3760, mithin 0,7 auf 1000 Einwohner n jedem der fünf Jahre. Verhältnißmäßig die meisten solcher Klein⸗ handelsbetriebe zählte die Pfalz (1,3 auf 1000 Einwohner), die wenigsten die Oberpfalz (0,3 auf 1000 Einwohner).

1 Zur Arbeiterbewegung.

Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.“”: In der Vorstadt Lindenau fand am 13. d. M. eine Fabrikversammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der chemischen Fabrik von Fr. Schulz jun. statt, in welcher Vorkommnisse, Lohnstreitigkeiten und angebliche „Maßregelungen“ von Arbeitern durch die Firma besprochen werden ollten. Die Arbeiterschaft der Fabrik, rund 300 Personen, war trotz besonderer Einladung zur Versammlung nicht er⸗ chienen, weil die Fabrikleitung die Theilnahme mit sofortiger Kündigung oder Entlassung bedroht hatte. Die Firma selbst hatte sechs Vertreter geschickt, die unter Aufklärung der thatsächlichen Ver⸗

hältnisse die gegen die Firma erhobenen Vorwürfe zurückwiesen. Die

1 Versammlung nahm trotzdem eine Resolution an, in der die Lage der

Arbeiter jener Fabrik in ungünstigem Licht geschildert wurd

Kunst und Wissenschaft. 8

Im Kunstgewerbe⸗Museum sind vom heutigen Tage ab auf Allerhöchsten Befehl die Geschenke ausgestellt, welche Seine Majestät der Kaiser von Seiner Majestät dem Sultan bei Gelegenheit Seines Besuches in Konstantinopel erhalten hat. Die Pracht und der Maßstab dieser Stücke sind ganz außerordentlich. Das Hauptstück ist ein Teppich von nahezu 150 qm Größe, der in er Großherrlichen Teppichfabrik von 300 Arbeiterinnen bergestellt wurde. Dieser Teppich füllt, aufgehängt, die ganze Höhe des mächtigen Lichthofes aus. Die Bewältigung eines so mächtigen Webstücks im Maßstabe von vierzehn zu elf Metern ist eine technische Meisterleistung; das Muster schließt sich den guten alten

raditionen des Orients an, die farbige Gesammtwirkung ist von großer Schönheit. Vor diesem Teppich erhebt sich ein Aufhan von sieben mächtigen Porzellanvasen, von denen drei geradezu kolossal sind. Dieselben sind in der Großherrlichen Fabrik in der Nähe des YVildiz⸗Palastes ausgeführt, und zwar, wie die Inschriften besagen, für Seine Majestät den Deautschen Kaiser. Die Vasen stehen in Form und Dekoration sämmtlich unter dem Einfluß europäischer Kunst, sind aber Geräthe von un⸗ gewöhnlicher Prachtentfaltung. Aus derselben Porzellanfabrik stammen zwei Theeservices, jedes mit zwölf Tassen und allem Zubehör, von denen das eine gleichfalls nach französischen Mustern, das andere nach Art der türkischen Fliesenmalerei dekoriert ist, ferner eine kleinere Vase und ein aus zwei länglichen Kästen bestehendes Rauchservice. In Silber ausgeführt sind ein mächtiges Kohlenbecken, wie man sie (allerdings aus Bronze) in Konstantinopel zum Erwärmen der Zimmer benutzt, ferner eine große Vase mit türkischen Ornamenten und dem Kaiserlichen Adler; letztere trägt in türkischer und deutscher Sprache die Inschrift: „Seiner Majestät Wil⸗ helm II., Kaiser von Deutschland, König von Preußen, im Namen der Bevölkerung Konstantinopels durch die Stadt⸗ präfektur allerehrerbietigst aus Anlaß des zweiten Besuches in der Haupt⸗Stadt des Osmanen⸗Reiches gewidmet, als Zeichen der großen Freude der Bepölkerung über die huldvolle Freundschaft, die Seine Majestät mit unserem allergnädigsten Herrn und Gebieter, Seiner Kalserlichen Majestät Abdul Hamid II., dem Siegreichen, verbindet. 17. Oktober 1898.“ Beide Stücke sind von dem Hofjuwelier Seiner

Majestät des Sultans Nichastadjean in Konstantinopel gefertigt.

Die Ausstellung wird voraussichtlich drei Wochen dauern.

rꝑ†. In der Kunsthandlung von Keller und Reiner, die ihre Räume mit zahlreichen kunstgewerblichen Erzeugnissen der neueren Geschmacksrichtung weihnachtlich geschmückt hat, findet man gegen⸗ wärtig Gelegenheit, die Arbeit Ludwig von Hofmann'’'s eingehend zu studieren. Eine lange Reihe von kleineren Skizzen und Studien fin durch die behaglichen Interieurs verstreut, im großen Oberlicht⸗ gal ist ein Abtheil für seine umfangreicheren Schöpfungen reserviert. ofmann’'s Einbildungskraft wurzelt in einer heiteren Märchenwelt, erauscht sich am zauberischen Wohlklang lichter Farben, jugendlicher Gestalten und Formen. Im Lande des ewigen Frühlings, wo lichte Wellen den Lenzesschmuck der Natur widerspiegeln, zarte rosen⸗ farbene Wölkchen am Himmel ziehen, beelcc. weltabgeschiedene Halden am Bachesrand die Jugend zum Bade einladen, sehen wir Jünglinge und Jungfrauen bald in heiterem Spiel, bald in schwärmerischer Traumverlorenheit ihre Faß⸗ hinbringen. Die Einheitlichkeit dieser elysischen Stimmung zieht den Beschauer in ihren Bann. Bei nüch⸗ terner Nachbetrachtung freilich will sie einseitig und etwas weichlich erscheinen. Der feine dekorative Geschmack aber, den der Maler offenbart, die Kühnheit seiner Farbengebilde locken immer wieder zu seinen Sccpee zurück. Japanismen und klassische Reminiscenzen gehen nebeneinander her; an die Feinfühligkeit eines Puvis de Chavannes und Mards fühlt man sich gemahnt. Zu voller, freier Entfaltung dürfte das schöne Talent Hofmann's gelangen, wenn ihm große, monu⸗ mentale Aufgaben gestellt würden. Vielleicht würde er daran sich auch zu etwas robusterer Formengebung und Zeichnung entwickeln. Die zahlreichen, fein gestimmten Interieurs und Dresdner Veduten von Gotthard Kühl sind Erzeugnisse ausgereifter und durch⸗ ebildeter Künstlerkraft. Von den grellen Wirkungen des mpressionismus ging Kühl zu immer sublimeren Licht⸗ und Farben⸗ experimenten über und kam damit der Natur und ihren intimen eizen immer näher. Die vornehme Haltung seiner kleinen üdch gewährt dem Beschauer einen ähnlichen Genuß wie die silbergrauen Veduten Canaletto's. Besonders seien drei Ansichten der großen Dresdner Elbbrücke im Frübtabr, Herbst und Winter als Kabinetstücke feinsinniger Koloristik gerühmt. Aloys Metz⸗Berlin giebt sich als Stilist im Sinne Thoma's zu erkennen, dessen Naturgefühl aber noch wenig ausgebildet ist. Ein Bild von Fritz von Uhde und ein köstliches Wert von Claude Monet bieten weitere Anziehungspunkte in dieser mit großem Geschick zusammen⸗ gestellten Weihnachtsausstellung. ECE161616 1 187, t egine the . 8h 1“X““ 8 Literauuukuk. Deutschland. Einführung in die Heimathkunde. Von Friedrich Ratzel. Mit vier Landschaftsbildern und zwei Karten. eipzig, Fr. Wilh. Grunow. Pr. geb. 2,50 —., Der Verfasser vermißt, wie er im Vorwort sagt, bei den Deutschen, für die es ein fremdes Land mehr in Europa gebe und die vielfach selbst in gußereuropässchen Ländern bewanderter seien als in der Heimath, eine efere Kenntniß des eigenen Vaterlandes. Man müsse doch mindestens

eine solche Vertrautheit mit der Heimath wie die des Kindes mit seinem Vaterhause verlangen, und vor allem müsse der Deutsche wissen, was er an seinem Lande hat. Der in dem Buche vorliegende Versuch ist der Ueberzeugung entsprungen, daß man diesen Zweck nur erreichen könne, wenn man zeige, wie Boden und Volk zusammengehören. Es ist mit dem Verfasser zu hoffen, daß das Büchlein belebend auf den Unterricht in der Vater⸗ landskunde einwirken und die Lust wecken möge, sich von der Heimath eine Kenntniß und Anschauung zu erwerben, an der nicht bloß der Verstand betheiligt ist. Die illustrative und sonstige Ausstattung ist eine sehr sorgfältige.

Schantung und Deutsch⸗China. Von Kiautschou ins heilige Land von China und vom Jangtsekiang nach Peking im Jahre 1898, von Ernst von Hesse⸗Wartegg. 294 S. Mit 145 in den Text gedruckten und 26 Tafeln Abbildungen, 6 Beilagen, einem ““ der Bucht von Kiautschou in Buntdruck und 3 Karten.

erlag von J. J. Weber in Leipzig. In Originaleinband Preis 18 Der durch sein anziehendes Werk „China und Japan“ als Kenner Ost⸗Asiens wohlbekannte Weltreisende hat bald nach der Besitz⸗ ergreifung von Kiautschou seitens der Deutschen Marine wieder eine Reise nach Ost⸗Asien angetreten und hierauf den größten Theil der den Europäern bis dahin fast ganz unbekannten Provinz durchzogen. Er besuchte alle Orte, welche für Deutschland von irgend welchem Interesse sein konnten: die großen Städte und Waarenmärkte, die Kohlen⸗ und Industriegebiete, die Sitze der deutschen Mission in Schantung, sowie die Gegenden, durch welche die projektierten Eisenbahnen füͤhren werden. Alles Wissenswerthe über Leben, Thun und Treiben der Bevölkerung, über die Mandarine, Kaufleute und Industriellen, über Handel und Gewerbe, Landwirthschaft, Bergbau, Landesprodukte u. s. w. hat er nach eigener Beobachtung gesammelt und zur Belehrung und Unterhaltung des Lesers, zum Nutzen des Geschäftsmannes in dem neuen Buche mitgetheilt. Von besonderem Interesse war der Besuch des „heiligen Landes“ von China mit den Geburts⸗ und Grabstätten des großen Religionsstifters Confucius und seiner Apostel, dem Mekka von China Taingan⸗fu, der Gelehrtenstadt Yentschoufu und dem heiligen Berge Taischan. Dieses heilige Land wird in dem vorliegenden Werke überhaupt zum ersten Mal geschildert und durch Abbildungen veranschaulicht, welche nach den vom Verfasser selbst 11“ Photographien hergestellt sind. Die Rückreife erfolgte auf dem Umwege über das Stromgebiet des unteren Hoanghs, des „Schreckens von China“, wobei der Autor fand, daß die in den bisherigen Karten ver⸗ zeichneten Flußläufe ebenso wie der Lauf des unteren Hoangho selbst sich während der letzten Jahrzehnte erheblich verändert haben. Die Beschreibung dieses Gebiets sowie die Schilderung der vor ihm von keinem europäischen Reisenden unternommenen Fahrt auf dem nördlichen Theil des Kaiserkanals ist ebenfalls von Werth und Interesse. Die reiche und schöne Ausstattung mit Ortginal⸗Illustrationen nach eigenen photographischen Aufnahmen des Verfassers giebt dem Werke einen großen Reiz, der das Auge immer wieder aufs neue anregt. Werthvolle Beigaben anderer Art sind die auf dünnem chinesischem Papier genau im Faksimile wiedergegebenen Schrift⸗ stücke 2c., darunter die Proklamation der Besitzergreifung von Kiautschou und der Kaiserliche Reisepaß des Verfaflers, ferner die Nachbildungen altchinesischer Holzschnitte, darstellend Cenfucius und seine Jünger sowie das Grab des Confucius. Das Buch bildet eine vortreffliche Ergänzung zu dem schon erwähnten, im vorigen Jahre zu Weihnachten erschienenen, nicht minder interessanten Werke „China und Japan“ desselben Verfassers und dürfte, wie dieses, bei Freunden von Reise⸗ schilderungen als Festgabe eine beifällige Aufnahme finden.

„Unter Schutz und Schirm“. (Alt⸗Brandenburg III.) Historischer Koman von M. Frey. Berlin, Verlag von Fr. Zlllessen. Pr. 1,80 Ludwig XIV., die Maintenon, der Große Kurfürst und die französischen Refugiés das sind die geschichtlichen Persön⸗ lichkeiten des vorliegenden Romans. M. Frey giebt in diesem Buch nicht etwa nur zusammengehäufte Resultate fleißiger Studien, es spricht vielmehr ein ernstes liebenswürdiges Versenken in den Stoff, ein mit Entbhusiasmus neues Durchleben der Materie aus den 234 Seiten, die des Dichters Alfred Cheronne früh dornenvollen Lebensgang aufrollen. Das einfach Menschliche überwiegt und verleiht dem Roman ein Interesse für das intim Persönliche, das man in historischen Erzählungen leider so oft vermißt. Die handelnden Personen denken und sprechen freilich in dem uns nicht mehr geläufigen Geiste ihrer Zeit, aber das Altmodische wird durch naiven poetischen Zauber verklärt. „Unter Schutz und Schirm“ ist ein für Alt und Jung gleich fesselndes Buch. Frivolitäten, zu denen die Schilderung des Hofes des „Sonnenkönigs“ leicht ver⸗ führen konnte, sind geschickt vermieden, ohne daß die Erzählung des⸗ wegen ins Fade und Süßliche geriethe. Im Mittelpunkt der Ereig⸗ nisse steht der Große Kurfürst mit seiner urwüchsigen Geisteskraft, Herzensgüte und Vorurtheilslosigkeit, wie eine glänzende Lichtgestalt.

Von zarter Hand. Roman von Johannes Richard zur Megede. Zwei Bände. Stuttgart, Deutsche Verlags⸗Anstalt. Preis geheftet 6M Der Verfasser, der schon mit seinen früheren Arbeiten, zuletzt mit dem großen Roman „Quitt“ sich einen Namen erworben und den besten heutigen Erzählern eingereiht hat, entrollt in dem vorliegenden Buche ein Zeit⸗ und Sittenbild von geschickter Zeich⸗ nung und ergreifender Lebenswahrheit. Seine Handlung spielt sich in

einer jener in Verfall und Zersetzung gerathenen Schichten der vor⸗

nehmen Welt ab, die Fühlung mit der exotischen Finanzwelt ge⸗ wonnen haben und dieser bereits ein gewisses Eindringen gestatten. Der zum künstlerischen Vorwurf gewählte Konflikt wird mit Poßer Wirklichkeitstreue zur Anschauung gebracht und reißt in seiner

arstellung, zumal im letzten Theile derselben, den Leser unwider⸗ stehlich mit sich fort. Mit den trüben und ernsten Bildern wechseln indeß beiterer gestimmte, und von dem Dunkel des Hintergrundes hebt sich namentlich die Lichtgestalt eines weiblichen Wesens ab, von der sich nach allen Seiten Friede und Versöhnung ausbreiten. „Von zarter Hand“ wird sicherlich dieselbe, wenn nicht eine noch größere Anziehungskrast auf das deutsche Lesepublikum ausüben wie sein Vorgänger.

„Carmoisin“ und andere Novellen von Hinrik Endorff. Stuttgart, Deutsche Verlags⸗Anstalt. Pr. geh. 4 Der Verfasser dieser Novellen bewährt schon in der ersten, nach der die Sammlung betitelt ist, ein scharfes Auge für die kleinen Schwächen

und Gebrechen der Gesellschaft, aber er faßt sie von ihrer heiteren ¼

Seite auf und führt sie uns in einem Bilde vor, das vor allem durch die Liebenswürdigkeit seiner Zeichnung und die Frische seines Kolorits erfreut. Auch die anderen Schilderungen intimen Lebens, mögen sie nun den Leser auf einen alten Adelssitz, eine Kleinstadt oder in die gesellschaftlichen und künstlerischen Kreise der Residenz ver⸗ setzen, sind gleich anziehend. In der Residenz spielen sich die Skizze „Gardenien“ und die Novelle „Eine Künstlerin“ ab, zwei Stücke, die der im Titel hervorgehobenen Erzählung nicht nachstehen. Hinrik Endorff’s Sammlung wird um so mehr gefallen, als leider gerade No⸗ vellen mit feiner humoristischer Grundstimmung in der modernen Literatur selten sind.

Er und Sie. Zeitroman von J. von Brun⸗Barnow. Breslau, Schles. Verlags⸗Anstalt von S. Schottlaender. Preis ge⸗ heftet 4 ℳ, gehunden 5 Unter dem sehr allzemein lautenden Titel birgt sich ein Liebespaar, dessen Schicksale, Trennung durch Mißverständnisse, Charaktereigenheiten und widrige Verhältnisse soroie endliche Vereinigung, die lebendige Antheilnahme des Lesers erzwingend, erzählt werden. s ist eine Sehera e eanc von Mann und Weib in dem Sinne des Schiller'schen Spruches: „Nach Freiheit en⸗ der Mann, das Weib nach Sitte“, die der Titel andeutet. Der

oman, der mehr als bloße Unterhaltungslektüre sein soll, ist in ge⸗ wisser Beziehung eine Tendenzschrift, indem er zu der Frauenfraa⸗ Stellung nimmt und, ohne dem berechtigten Streben des weiblichen Geschlechtes nach größerer Selbständiskeit entgegenzutreten, e Ge⸗ fahren, die ein unbesonnener und ungezügelter Freiheitsdcarg für die Frau mit sich beünt. an dem Beispiele der Heldin des Romans den die Verfasserin deshalb einen Zeitroman zn Nennen sich be⸗ welt besonders anziehend sein. aa

g

—.,„Der Roman einer Stadt“. Roman von Karl von Heigel. Berlin W., Deutsches Verlagshaus Bong u. Co. Preis geh. 3 Dieser Roman schildert in zum theil ergötzlichen Scenen

die Entwickelung einer kleinen Stadt Südtirols zu einem Mode⸗Luft⸗ 1

kurort. Eine fesselnde Handlung, sichere Charakteristik der Figuren und ein feiner Humor zeichnen die Darstellung aus, die einen weiteren eigenen Reiz durch die genaue Schilderung der Verhältnisse in Süd⸗ tirol erhält, für welche der am Gardasee lebende Verfasser an Ort und Stelle sorgfältige Studien machen konnte.

Die unter dem Titel „Julklapp“ erschienenen platt⸗ deutschen Gedichte ernsten und heiteren Inhalts von Karl Theodor Gaedertz liegen jetzt bereits in dritter ver⸗ mehrter Auflage vor (Verlagsanstalt und Druckerei A.⸗G., vorm. J. F. Richter, Hamburg; eleg. geb. Pr. 3 ℳ). Das hübsche Büchlein ist diesmal auch mit dem Bilde und Namens⸗ zuge des Verfassers Feschmäch⸗ Ganz besonders hat Gaedertz die lustigen Läuschen und Riemels um erheiternde Stücke bereichert, deren Humor und treffende Pointe an Fritz Reuter erinnert; es sind meist wirklich vorgekommene Geschichten aus Mecklenburg und Lübeck, voller Komik und Spaßhaftigkeit, die in der geschickt gehandhabten Mundart Leser wie Hörer unterhalten und erheitern. Auch diese neue Auf⸗ sha des „Julklapp!“ dürfte daher als Weihnachtsgabe Beifall

en.

Die originelle kleine Sammlung von dichterischen Flu blättern, welche Karl Henckell unter dem Titel Sr im Selbstverlage (Zürich und Leipzig) herausgiebt, ist durch eine weitere Folge voa Nummern vermehrt worden. Sie bringen ausgewählte Proben von Dichtungen nebst biographischen Charakterschilderungen von August Graf von Platen, Josef Viktor von Scheffel, J. G. Fischer, Adam Mickiewicz, Alfred Tennyson, Algernon Charles Swinburne, Charles Baudelaire, Giosus Carducci, sowie den jüngeren Dichtern Wilhelm Arent Evers (Wilmersdorf), Jakob Julius David (Wien) und der Dichterin Marie Eugenie delle Grazie (Wien). Jedes der typographisch fein ausgeführten Blättchen ist mit dem Bildniß des Autors, dem es gewidmet ist, sowie sinnigen Vignetten geziert. Auch der nunmehr abgeschlossene dritte Jahrgang (24 Blätter zum Preise von je 10 ₰) wird solchen Literaturfreunden, welche sich nicht selbst der Mühe unterziehen wollen, poetische Perlen aus umfaͤnglichen Bänden herauszusuchen, willkommen sein, zumal da sie in so gefälliger Fassung dargeboten werden.

„Das Spitzenklöppeln“. Nachgelassenes Werk von Frieda Lipperheide. Berlin, Verlag von Franz Lipperheide. 6 Lieferungen zum Preise von je 75 ₰. Mit den soeben aus⸗ gegebenen Lieferungen 5 und 6 ist dieses Buch zum Abschluß ge⸗ kommen. Mittels der darin dne leicht faßlichen Methode werden kestfranäg⸗ und fleißige Damen in den Stand gesetzt, die prächtigsten Spitzen aus Leinen⸗, Wollen⸗, Seiden⸗ oder Goldfäden unter ihren Fingern entstehen zu lassen. Die in der letzten Lieferung enthaltene Einleitung giebt noch einen kurzen Abriß der Geschichte der Klöppelspitze; ferner ist ihr das Porträt der verstorbenen Ver⸗ fasserin, reifrau Frieda von Lipperheide, sowie der um die Einführung 8 .“ in Deutschland hochverdienten Barbara Uttmann,

eigefügt. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 19. Dezember. (W. T. B.) „Bösmann's Tel. B. meldet: Die vom Norodeutschen Lloyd zur Beförderung spanischer Truppentransporte von Cuba vercharterten Schnelldampfer „Werra“* und „Fulda“ sind gestern in Spanien angekommen und noch für einen zweiten Transport verchartert worden; sie werden bereits in diesen Tagen wieder nach Havanna abgehen.

Bremen, 19. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Oldenburg“ 17. Dez. v. Bremen in New York angek. „Barbarossa“, n. Australien best., 18. Dez. v. Antwerpen abgeg. „Aachen“, v. La Plata kommend, und „Sachsen“, v. Ost⸗Asien kommend, 18. Dez. in Bremerhaven angek. „Crefeld“, n. Bremen best., 18. Dez. v. Galveston abgeg. „Dresden“, v. Baltimore kommend, 18. Dez. Lizard passiert. „Gera“, v. New York kommend, 18. Dez. St. Catharines Point passiert. „Prinz⸗Regent Luitpold“ 17. Dez. auf Reise v. Australien n. Bremen Gibraltar passiert.

20. Dezember. (W. T. B.) Dampfer „Bonn“ 19. Dez. Mrgs. Reise v. Antwerpen n. Corunna fortges. „Pfalz“ 19. Dez. Reise v. Antwerpen n. Bremen fortges. „Ems“ 19. Dez. Reise v. Neapel n. Genua fortges. „Preußen“ 19. Dez. Reise v. Suez n. Aden fortges. „Trier“, n. Brasilien best., 19. Dez. in Oporto angek. „Königsberg“ 18. Dez. v. Hongkong n. Bremen abgeg. „Stolberg“ 19. Dez. v. Port Said n. Bremen abgeg. „Aller⸗ 19. Dez. Reise v. Gibraltar n. New York fortges. „Barbarossa“ 19. Dez. Reise v. Southampton n. Genua fortges.

Hamburg, 19. Dezember. (W. T. B.) Pamburg⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer 1v v. Hamburg kommend, Sonnabend in New York, „Polynesia“ gestern in St. Thomas angekommen.

London, 19. Dezember. (W. T. B.) Union⸗Linie. Dampfer „Norman“ Sonnabend auf Ausreise v. Southampton abgegangen. „Mexikan“ Sonntag auf Heimreise in Southampton angekommen.

Castle⸗Linie. Dampfer „Doune Castle“ Sonnabend auf Ausreise in Mauritius angek. „Garth Castle“ Sonnabend auf Aus⸗ reise von Southampton abgeg. „Raglan Castle“ heute auf Ausreise in Kapstadt angekommen.

Rotterdam, 19. Dezember. (W. T. B.) Holland⸗Amerika linie. Dampfer „Statendam“ v. Rotterdam n. New York bh tern Vorm. in New York angek. „Rotterdam“, v. New York n. Rotterdam, heute Vorm. Lizard passiert.

Ieh Jagd.

. 8 oBekanntnmn

Für den Regierungsbezirk Potsdam wird di

Jagd auf Hasen, Auer⸗, Birk⸗ und Fasanenhennen

ocieg Haselwild mit Ablauf des 17. Januar 1899

geschlossen. 11 Potsdam, den 15. Dezember 1898. 85 ö“ Der Bezirks⸗Ausschuß zu Potsdam.

1 Joachimi.

18 ß ee. Theater u usi Neues Theater.

Das Lustspiel „Die Barbaren“ von Heinrich Stobitzer gn gestern Abend zum ersten Male in Scene. An aufrichtigem Beifall fehlte es dem Luftspiel nicht, das seine Wirkung hauptsächlich auf das patriotische Gefühl und die Weihnachtsstimmung der Zu⸗ schauer stützt. Die Handlung spielt in Frankreich auf dem Schlosse eines sehr einsichtsvollen und ehrenhaften alten Mar⸗ quis im Fe hef 1870. Die Furcht vor den „Barbaren“, wie die feindlichen Deutschen genannt werden, beherrscht eigentlich nur die

(Berlin), Franz

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des Schlosses; der Marquis und seine beiden anmuthigen

Töchter dagegen lassen es arf den Versuch ankommen, mit den rauhen Eindringlingen auf guühe Manier fertig zu werden. Die Brapheit, Tüchtigkeit, der Edekmuth und das weiche Gemüth der Krieger, die sich überall, besonders aber bei der improvisterten nachtsfeier vor einem brennenden Christbaum bei der ganzen E quartierung, vom Rittmeister bis zum Gemeinen herab, Cünuse offenbaren, führen zu einem moralischen Siege der deutschen Goldos⸗ über ihre unfreiwilligen Wirthe. Der Marquis und die Mö. b vertrauen gerührt ihre beiden Töchter den beiden deutschen Off eaut zum ewigen Bunde an. Mit dem Lob des vouisch 1 b Verfasser fast zu verschwenderisch umgegangen, zumal duch der franzbsische