1899 / 20 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Jan 1899 18:00:01 GMT) scan diff

lichst berücksichtigt werden sollen.

christlichen Eltern ihre Kinder aus meiner Schule heraus was soll ich thun? Wir haben uns garnicht ein⸗ gemischt, sondern haben das Einzige gethan, was man nach Lage der Sache thun konnte. Mein Rath erklärte an mich persönlich ist, wie gesagt, die Angelegenheit nicht heran⸗ getreten —: das ist Ihre Sache; wir reden überhaupt in die Sache nicht hinein. Das ist auch vollständig meine Ueberzeugung.

Dabei will ich hervorheben: wenn eine Schulvorsteherin käme

1 und wollte eine Konzession haben etwa ausschließlich für jüdische Schülerinnen mit Freuden würde ich sie ertheilen, selbst für eine paritätische Schule, wenn das Bedürfniß sich herausstellt. Aber weßhalb ich eine Schulvorsteherin hindern soll, wenn sie mit Rücksicht auf ihre Interessen, die ich Ihnen eben dar⸗ gelegt habe, sagt: ich nehme keine jüdische Schülerinnen mehr auf das ist mir unerfindlich. Das ist ganz unabhängig von Semitismus und Antisemitismus. Das ist die eine Sache. 8 Im Anschluß daran will ich gleich auf die andere kommen, auf die Frage der jüdischen Lehrerinnen in den Gemeindeschulen zu Berlin. Der Herr Abg. Richter hat diese Sache so hingestellt, als wenn hier ein Angriff gegen die paritätische Schule vorläge. Meine Herren, das ist ganz verkehrt. Es giebt keine Bestimmung, auch nicht aus dem Jahre 1875, durch welche die Berliner Gemeindeschulen für paritätische Schulen erklärt werden. Sie sind in demselben Sinne konfessionelle Schulen, wie alle Schulen im preußischen Staat, die nicht ausdrücklich für paritätische Schulen erklärt worden sind. Ich stehe nun auf dem Standpunkt, daß, wo das Schulinteresse garnicht anders zu befriedigen ist, als durch eine paritätische Schule, oder da, wo althergebrachte paritätische Schulen bestehen, die sich bewährt haben ich weit entfernt bin, diese etwa anzugreifen. Im übrigen stehe ich einfach auf dem Standpunkt der Verfassung, die von mir vperlangt, daß die konfessionellen Verhältnisse bei den Schulen mög⸗ (Bravo! rechts.) Das ist mein Standpunkt von Anfang an gewesen, auf dem stehe ich heute noch. 1 Run ist im Jahre 1895 durch das Provinzial⸗Schulkollegium eine Reihe von Beschwerden an mich herangebracht worden, worin christ⸗ liche Eltern, deren Kinder hiesige Gemeindeschulen besuchten, sich darüber beklagten, daß ihre Kinder in Klassen sich befänden, in denen kein einziges jüdisches Kind, wohl aber eine jüdische Lehrerin wäre, und daß diese jüdische Lehrerin berufen sei, die christlichen Kinder durch alle Klassen der ganzen Gemeindeschule hindurchzuführen. Nun, meine Herren, dafür habe ich in der That volles Verständniß gehabt, daß christliche Eltern nicht gerade wünschen können, daß ihre Kinder durch die ganze Schulzeit nur von einer jüdischen Lehrerin erzogen werden, auch abgesehen von der religiösen Seite.

Also was habe ich gethan? Ich habe an das Provinzial⸗Sckul⸗ kollegium geschrieben: dieser Zustand ist nicht befriedigend; wenn ihr den jüdischen Lehrerinnen Ordinariate gebt oder wenn die Stadt⸗ Schuldeputation ihnen solche anvertrauen will, so soll sie es wenigstens? in solchen Klassen thun, in denen mehrere jüdische Kinder sind, kurz: nach einem gewissen Verhältniß. Dieser Entscheid ist auch vom Provinzial Schulkollegium der Stadt⸗Schuldeputation mitgetheilt, aber er ist nicht so ausgeführt, wie ich es gemeint habe. Bei der Ausführung der Sache hat man die drei ältesten, seit vielen Jahren bewährten jüdischen Lehrerinnen einfach aus dem Ordinariat entlassen, während

es doch sehr leicht gewesen wäre, sie an eine Klasse zu versetzen, in der überwiegend jüdische Schülerinnen waren. Dann wäre von einer Verletzung dieser Damen gar keine Rede gewesen. Ich kann nur sagen, ich habe von ihrer Treue und der ganzen Auffassung

ihres Berufs einen ausgezeichneten Eindruck gebabt (hört, hört! links), und es hat mir gänzlich fern gelegen, sie aus ihrem Ordinariat zu verdrängen. Sie hatten wohl einen gewissen Anspruch, daß ihnen die Rücksicht zu theil wurde, die man jedem gewährt, der infolge der Nothwendigkeit einer Organisationsänderung in ein anderes Amt geht. Man versetzt ihn an eine andere Behörde und muthet ihm nicht zu, in Verhältnisse einzutreten, die seiner jetzigen Stellung gegenüber etwas Despektierliches haben, wenig⸗ stens die Möglichkeiten bieten, als despekrierlich angesehen zu werden. Daß man ihnen das Ordinariat entzogen hat, ohne sie gleichzeitig an eine andere Schule zu versetzen, hat die Damen verletzt. Ich habe inzwischen Fürsorge getroffen, daß jede persönliche Schärfe in der Ausführung meiner Verfügung vermieden wird, aber die Verfügung selbst kann ich zu Liebe einer exorbitant heftigen Verhandlung in der hiesigen Stadtverordneten⸗ Versammlung, die hauptsächlich von zwei jüdischen Herren geführt worden ist, unmöglich zurücknehmen. (Bravo! rechts.) Ich habe richtig, gewissenhaft und verfassungsmäßig gehandelt jede Tendenz hat mir ferngelegen —, ich habe geglaubt, nur im Sinne der Gerechtigkeit zu handeln; darauf werde ich mich berufen, und werde jede Konsequenz dessen, was ich gethan habe, zu tragen wissen. (Bravo! rechts.)

Dann noch eins. Der Herr Abg. Richter hat gemeint, die jetzige Unterrichtsverwaltung sei den Städten, namentlich den großen Städten gegenüber, in der Bestellung der Kreis⸗Schulinspektoren nicht blos außerordentlich zurückhaltend, sondern geradezu feindselig insofern, als wir nicht einfach die Stadtschulräthe, die diese Städte zu ihren Schul⸗ beamten für ihren Schuldienst wählen, zu staatlichen Kreis⸗Schul⸗ inspektoren ernennen. Meine Herren, der Vorwurf ist ganz unbegründet. Ich habe von jeher auf dem Standpunkt gestanden, daß man den Städten angesichts der großen Leistungen, die man ihnen auf dem Gebiete der Schule zumuthet, und die sie selbst übernehmen und zum theil ausgezeichnet ausführen, nicht mit Nadelstichen kommen darf, welche die Kompetenz betreffen, sondern daß man ihnen entgegen⸗ kommen und sagen muß: wir wollen Hand in Hand gehen. Aber das muß man mir gerechter Weise auch zubilligen: wenn eine Stadt einen Stadt⸗Schulinspektor wählt, ohne mich auch nur im geringsten zu fragen, wenn sie dann nach Jahren seine Ernennung auch zum staatlichen Kreis⸗Schulinspektor verlangt, und wenn sich dann herausstellt, daß die Persönlichkeit nicht geeignet ist oder Tendenzen verfolgt, die mit denen der Staatsregierung sich gerade widersprechen, dann kann man doch unmöglich von mir fordera, daß ich dem Manne noch ein staatliches Amt übertrage. Auf die Besetzung der Staatsämter muß ich doch einen Einfluß haben. Wir haben es in vielen Städten so gemacht, daß wir sagten: wenn ein neuer Schulaussichtsbeamter eingesetzt werden soll, so sind wir bereit, euch Leute zu präsentieren, einen, zwei, drei und noch mehr. Wir wollen uns verständigen; und wenn der Mann auch geeiznet ist, die staatliche Kreis⸗Schulinspektion zu über⸗

hehmen, so werde ich ihm die staatliche Kreis⸗Schulinspektion über⸗

tragen und ich gebe ihm die Erlaubniß, daß er im Nebenamt auch

die städtische Schulinspektion übernimmt. Da, wo dies gemacht ist und es ist in vielen Städten gemacht geht es ausgezeichnet. Es ist kaum eine Beschwerde entstanden. Also auch diesen Vorwurf des Herrn Abg. Richter glaube ich mit gutem Grunde zurückweisen zu können.

Nun, meine Herren, will ich angesichts der geschäftlichen Lage über die Medizinalverwaltung völlig hinweggehen, auch über die ärztlichen Ehrengerichte, die nicht aus meiner Passion zu negieren vorgeschlagen sind, sondern lediglich auf Wunsch der Aerzte. Aber auf einen Punkt muß ich noch eingehen, auf den Fall Delbrück, aus dem mir der Herr Abg. Richter einen schweren Vorwurf macht.

Meine Herren, zunächst muß ich sagen: das Wort „Lehrfreiheit“ bei diesem Anlaß auch nur in den Mund zu nehmen, schäme ich mich. (Bravo! rechts.) Von Lebrfreiheit ist in diesem Falle gar keine Rede, und der Herr Abg. Richter ist ein viel zu logischer Mann, als daß er nicht wissen sollte, daß hier von Lehrfreiheit und Beeinflussung der Lehrfreiheit gar keine Rede sein kann und auch nicht gewesen ist. Der Fall Delbrück liegt nicht aaf dem Gebiete der Lehrfreiheit, sondern auf dem Gebiete des Beamtenrechts und des Beamtentakts.

Die Professoren der Universitäten sind zweifellos Staatsbeamte; ich möchte den sehen, der gegen diese meine Behauptung einen begründeten Widerspruch erheben kann. Sie sind als Staatsbeamte den Gesetzen unterworfen und haben dieselben Pflichten wie die Staatsbeamten. Der Satz: „professor legibus solutus est“ gilt in Preußen nicht und darf auch in Preußen nicht gelten. (Bravo! rechts.) Er darf namentlich im Interesse der Professoren nicht in Preußen gelten. Es giebt zahlreiche Professoren, die vollkommen mit mir einverstanden sind, daß es wesentlich im Interesse der Univer⸗ sitäten und der Professoren lag, daß die Regierung das, was hier im Falle Delbrück geschehen ist, nicht stillschweigend hinnahm. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, der Professor Delbrück ist Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher', einer ernsten geschichtlich⸗politischen Repue, die im allgemeinen, wie ich wohl glaube sagen zu dürfen, mehr kon⸗ servativen und selbst regierungsfreundlichen als kritischen und regierungsfeindlichen Tendenzen zu folgen geneigt ist. Freilich, meine Herren, zuweilen und in Bezug auf gewisse grundsätzliche Maßnahmen der Regierung sind die „Preußischen Jahrbücher“ sehr kritisch gewesen; ich erinnere Sie nur das wissen Sie ja alle an die ich darf wohl den Ausdruck gebrauchen einigermaßen seltsame Haltung in der Polenfrage. Die in den „Preußischen Jahr⸗ büchern“ gebrachte, sehr scharfe Kritik unserer Politik in der Polenfrage vertrat zweifellos das diametrale Gegentheil von dem, was wir thaten, und von dem, was wir wollten. Sie ließ auch an Schärfe und an Freimüthigkeit nichts zu wünschen übrig. Aber, meine Herren, ich glaube, das nicht nur von mir sagen zu können, sondern von meinen sämmtlichen Kollegen im Staats⸗Ministerium: auch nicht einem von uns ist es in den Sinn gekommen, den Professor Delbrück wegen dieser Kritik von Regierungshandlungen zur Rechen⸗ schaft zu ziehen. Dazu lag gar keine Veranlassung vor.

Ueberhaupt, meine Herren, wir fürchten die Kritik nicht und haben sie nicht zu fürchten. Meine Herren, Kritik können wir ver⸗ tragen; Kritik kann unter Umständen sehr nützlich sein; sie kann auch sehr patriotisch sein, auch Kritik an Regierungshandlungen.

Aber, meine Herren, um solche Kritik, um sachliche Kritik handelt es sich hier nicht. Wenn Sie die Güte haben wollen, sich den Artikel der „Preußischen Jahrbücher“ wieder anzusehen, werden Sie selbst sagen: das war nicht nur eine scharfe „scharf“ ist noch lange nicht der ausreichende Ausdruck —, eine völlige Verur⸗ theilung der Regierungsmeßnahmen; sondern diese Verurtheilung war auch in einer Form ausgesprochen, welche dieselbe Regierung, die den, der diese Formverletzung beging, durch ihr Vertrauen in eine hohe Lehrthätigkeit, in die höchste, die es in Preußen giebt, berufen hatte, unmöglich zulassen konnte. Wenn wir das ruhig hingenommen hätten, wenn ich darauf nicht hätte reagieren wollen diesen Eindruck habe ich wenigstens beim Lesen des Artikels mit tiefem Bedauern gehabt; ich mache kein Hehl daraus —, wenn das eine Regierung sich sagen läßt unter solchen Verhältnissen wie hier, wo das Ausland Gift aus diesen Aeußerungen saugen mußte (sehr richtig! rechts) und gefolgert hätte, daß die preußische Regierung nicht den Muth besäße, für ihre Politik einzutreten, meine Herren, wenn sich das eine Regierung gefallen ließe, dann hätte sie überhaupt keinen Anspruch mehr auf Autorität. (Bravo!) Ich bin deshalb auch nicht einen Moment zweiselhaft gewesen. Ich habe im vorigen Jahre Professor Delbrück im Herrenhause vertreten. Er wurde dort scharf angegriffen. Ich habe damals unter dem Widerspruch des größten Theils des Hauses seine wissenschaftliche Be⸗ deutung bervorgehoben. Ich konnte das thun und mußte das als Ressort⸗Chef thun; denn ich war genauer informiert, als die meisten der Herren es sein konnten. Die wissenschaftliche Bedeutung des Professors Delbrück liegt zum theil auf Gebieten, die nicht so populär sind, daß man sagen könnte, jeder Gebildete muß wissen, was der Mann wissenschaftlich bedeutet. Seine wissenschaftliche Bedeutung liegt zum theil auf seinem Lehrgebiet und auf eigen⸗ artigen Gebieten, die nicht jedermanns Sache sind. Ich bin ganz und gar damals für Professor Delbrück eingetreten in dem Gefühl, eine Pflicht zu erfüllen, die ich gern erfüllt habe. Aber, meine Herren, dies ist etwas Anderes, und die Stellung des Professors Delbrück und meine Stellung zu ihm, meine Schätzung für ihn kann nicht maß⸗ gebend sein, wenn es sich darum handelt, die Autorität der Re⸗ gierung und des Staats zu wahren. (Sehr richtig) Das war meine Pflicht und meine Schuldigkeit. Ich bin mir vollkommen bewußt gewesen, daß man auf der ganzen Linie des Liberalismus über Reaktion schreien würde (Widerspruch bei den Nationalliberalen), daß man mir vorwerfen würde: nun stellt dieser Kultus⸗Minister gar eine Disziplinar⸗ untersuchung gegen einen Professor der Geschichte, den Nachfolger von Treitschke, an übrigens eine Legende, die völlig unbegründet ist. Der Lehrauftrag von Treitschke ist nicht vergeben und wird so lange nicht vergeben, bis wir nicht die Ueberzeugung haben, daß jemand da ist, der Treitschke völlig ersetzen kann. (Bravo!) Also den Vorwurf der Reaktion habe ich erwartet. Das konnte mich aber nicht hindern, meine Pflicht zu erfüllen. Ich habe mir gesagt: daß seit 30 Jahren gegen einen Professor aus politischen Gründen keine Disziplinaruntersuchung eingeleitet ist, das ist nicht das Verdienst der Regierung, und daß seit sechs Jahren keine eingeleitet ist, ist auch nicht mein Verdienst, sondern das ist das Verdienst unserer Professoren. Unsere Professoren haben seit

1“

30 Jahren und länger den Takt und das Pflichtgefühl gehabt, daß sie sich sagten: in der Weise, wie es hier geschehen ist, können wir uns unmöglich gegen eie Behörden wenden, deren Autorität wir anerkennen müssen, und durch deren Autorität wir unser Amt verwalten. Darin meine Herren, und darin allein liegt der Grund. 8

Und nun, meine Herren, frage ich Sie, wenn die Regierung gegenüber diesen maglosen, ich kann wohl sagen beschimpfenden Aus⸗ drücken von seiten eines untergebenen Beamten die Hände in den Schoß gelegt hätte, woher hätten wir wohl die Kraft und Autorität bekommen sollen, um gegen die unteren Beamten vorzugehen, bei denen doch so manche Erscheinungen hervorgetreten sind ich brauche nicht zu erinnern, uach welcher Seite hin —, die uns dringend mahnen, die Disziplin in eiserner Hand zu halten (Bravol), ja, meine Herren, in gerechter Hand, aber in eiserner und strenger Hand (lebhaftes Bravo rechts), und das ist der einzige Gesichtspunkt gewesen, der mich hier geleitet hat. Ich bin vorgegangen mit dem vollen Bewußtsein, den allerschärfsten Angriffen ausgesetzt zu werden, aber auch mit dem allerruhigsten Gemüth. Denn ich habe mir gesagt: wenn man ein gutes Gewissen hat, so thut man seine Pflicht, da mag kommen, was da will. (Bravo! rechts.)

Ja, meine Herren, das sind im wesentlichen die Dinge, die ich

dem Herrn Abg. Richter antworten möchte. Es werden ja noch eine ganze Reihe anderer Phasen kommen, wo ich die Maßnahmen meines Ressorts zu vertreten haben werde, und ich werde sie vertreten.

Ich möchte nur noch auf eins zurückkommen. Der Herr Abg. Richter fing seine Ausführungen zum Kultus⸗Etat damit an, daß er sagte, er käme nun zu dem Kultus⸗Ministerium, dem Ministerium des Geistes. Meine Herren, ich aeceptiere diese Bezeichnung; sie rührt nicht von mir her, sie rührt von einem alten hochangesehenen Herrn her ich kann ja auch seinen Namen nennen —, dem Wirklichen Geheimen Rath Wiese, der früher dem Kultus⸗Ministerium angehört und di Bezeichnung, wie ich glaube, auch in Schriften gebraucht hat. Ich acceptiere diese Bezeichnung in vollem Maße, nicht in dem thörichten Sinne, als wenn wir mit einem besonderen Maße geistreichen Sinnes oder geistreicher Rede unsere amtlichen Pflichten zu erfüllen hätten, wohl aber in dem Sinne, daß alles, was wir im Kultus⸗Ministerium zu thun haben, auf geistigem, auf kulturellem Gebiete, auf dem Gebiete der Kirche, dem Geistigsten, was es giebt, liegt. Und, meine Herren, in diesem Sinne ist dies Ministerium ein Ministerium des Geistes, und wenn es das ist, so liegt in der ganzen Bezeichnung nichts anderes für uns, die wir die Ehre haben, in diesen Dingen zu arbeiten, als ein lebendiges, antriebreiches Motiv zu idealer Auffassung unseres Berufs. Und darauf zu wirken bei allen Herren, die mit mir ar⸗ beiten, das halte ich für meine einfache Pflicht, und in diesem Sinne, in diesem demüthigen Sinne acceptiere ich vollständig die Bezeichnung „Ministeriums des Eeistes“, und wenn sie auch sonst noch so sehr ver⸗ höhnt werden sollte. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Sattler (nl.): Der Finanz⸗Minister kann in der That sehr befriedigt sein über den Abschluß des Etats. 100 Millionen Ueberschuß vom abgelaufenen, 74 Millionen Ueberschuß vom laufenden Etatsjahre, ein gutes Verhältniß zum Reiche, mehr kann er nicht verlangen. Der Etat ist äußerst vorsichtig aufgestellt, und es werden sich wohl wieder Mehrerträge gegenüber dem Etatsanschlag heraus⸗ stellen. Auch in formeller Beziehung ist der Etat ietzt ein durchaus reinlicher; sämmtliche Einnahmen und Ausgaben sind jetzt der Ver⸗ fassung gemäß eingestellt. Bezüglich der Besteuerung der Waaren⸗ häuser muß untersucht werden, ob die Regierungsvorlage auch den Schutz der kleinen Gewerbetreibenden erreicht und ob nicht die Offizier⸗ und Beamtenvereine mit den Waarenhäusern gleichmäßtg behandelt werden müssen. Auf die Regelung des Wahlrechts will ich nicht eingehen. Aber gegenüber dem allgemeinen Wahlrecht im Reich müssen wir dafür sorgen, daß im Landtagswahlrecht der Einfluß von Besitz und Bildung gesichert und die proletarische Entwicklung gehindert wird. Die größte Thorbeit beim Wahlrecht ist gemacht worden mit der Drittelung innerhalb der einzelnen Bezirke, und dafür ist allein das Zentrum verantwortlich. Bezüglich der Gehälter der Beamten sind wir wohl noch nicht zu einem Ruhepunkt gekommen, wie es der Finanz⸗Minister wünscht. Man könnte aber auf den Gedanken kommen, daß mit dem Abschluß der Besoldungs⸗ verbesserungen alle Bestimmungen in einem Beamtengesetz zusammen⸗ gefaßt werden könnten, damit Klarheit geschaffen wird. Die Ein⸗ fübrung eines variablen Faktors ist nicht ohne Bedeutung, denn die gleichmäßige Ordnung der Gehaltsverhältnisse für den ganzen Staat ist eigentlich verkehrt; man wird zur Gewährung von Stellenzulagen übergehen müssen, so schwer man auch daran gehen mag. Wir billigen es, daß für die Beamten durch Beschaffung von Wohnungen gesorgt wird. Wir möchten nur wünschen, daß diese Woh⸗ nungen nicht zu sehr im Kasernenstil angelegt werden. Wenn die Regierungs⸗ Assessoren nach zwei Jahren eine Remuneration erhalten sollen, so liegt darin eine Bevorzugung vor den Gerichts⸗Assessoren, die solche Bezüge nicht erhalten. Mit den Ausgaben zur Hebung des Deutschthums sind wir durchaus einverstanden. Darin liegt auch ein gutes Stück Sozial⸗ politik. Wenn es uns gelingt, durch die anderweitige Vertheilung des Bodens einen Mittelstand dort zu schaffen, wird das Deutschthum bessere Fortschritte machen können. Bezüglich der Domänen hat Herr Richter den Finanz⸗Minister wohl mißverstanden. Die Domänen sind da nothwendig, wo sie als Musterwirthschaften gelten sollen. Die Beibehaltung der kleinen Domänen in Hannover ist nicht nöthig. Die Domänen sollten namentlich nach dem Osten verlegt werden und zwar im Anschluß an den Grundgedanken des Ansiedelungs⸗ werkes. Wir werden für die landwirthschaftlichen Meliorationen eintreten, und dazu gehört in erster Linie der Bau von Eisenbahnen in den verkehrsarmen Bezirken und der Bau von Kanälen, die die Aufgabe zu erfüllen haben, welche die Eisenbahnen nicht leisten können. Ich freue mich, daß sich Herr Richter freundlicher als früher dem Mittellandkanal gegenüberstellt, dem auch Graf Limburg nicht vollständig ablehnend gegenübersteht. Ich wünsche, daß wir bald eine Vorlage über den. Bau eines dringend nothwendigen und auch rentablen Mittellandkanals erhalten. Für Unterrichtszwecke sind ja mehr Ausgaben bewilligt, aber für die Kunst hat der preußische Staat auch jetzt noch keine Mittel übrig. Für die Besoldung der Beamten und für die Versorgung ihrer Hinterbliebenen ist Manches geschehen. Aber befriedigt sind noch nicht alle Bedürfnisse. Die Versorgung der Relikten der Volksschullehrer wird ohne staatliche Hilfe nicht durch⸗ geführt werden können. Auch die Medizinalreform wird noch mehr Geld erfordern, und bei der Regelung der Schulunterhaltungspflicht wird man schließlich den Staatssäckel in Anspruch nehmen Wenn sich die Parteien über die Grundlagen der Schulunterhaltungspflicht verständigen, dann wird es leicht sein, die Frage ebenso zu regeln, wie die Lehrerbesoldungsfrage. Aber ich wünsche nicht, daß wieder die Gegen⸗ sätze ins Land getragen werden, welche bei dem allgemeinen Schulgesetz sich herausstellten. Daß Tarifermäßigungen zur Verkehrssteigerung führen, hat der Finanz⸗Minister bestritten, aber in vielen Fällen trifft dieser Satz doch zu; auch die preußische Staatsregierung hat

ja in letzter Zeit für einige Tarifermäßigungen ausgesprochen.

fäührungen kann kein Zweifel sein.

(Schluß aus der Zweiten Beilage)..

So günstig die Verhältnisse sind, eine Stabilität kommt doch nicht zu stande, solange nicht unser Verhältniß zum Reich geregelt ist und solange kein Eisenbahngarantiegesetz geschaffen ist. Wir wollen nicht alle Ueberschüsse der Eisenbahnen der allgemeinen Staatsverwaltung entzieben. Wir haben es erlebt, daß der Finanz⸗Minister sich gar nicht um die Eisenbahnverwaltung kümmerte; wir sind dadurch zu Fehlbeträgen herenn nen Wir haben es erlebt, daß in Zeiten hoher Preise erhebliche Bestellungen für Eisenbahnzwecke gemacht werden mußten, die man besser in stillerer Zeit hätte ausführen können. Ich bin für die Schaffung eines besonderen Bauten⸗Ministeriums eingetreten. Es ist wegen dieser Ressortverschiebung ein Streit zwischen Landwirthschaft und Industrie entstanden. Die Land⸗ wirthschaft will die Bauten nicht dem Handels⸗Ministerium über⸗ lassen. Unter diesen Umständen möchte es wohl am besten sein, es bei dem Bestehenden zu belassen. Der Eisenbahnverwaltung ist es in diesem Jahre besser als früher gelungen, den Wagenmangel zu ver⸗ hindern. Äber die Eisenbahnverwaltung hat auch in diesem Jahre besonderes Glück gehabt, und sie hat auch sehr viel Geld verbraucht. Ich war erstaunt, als ich in der Eisenbahnkarte eine doppelgleisige Bahn eingetragen fand, die wir nicht bewilligt hatten; das zeugt davon, daß die Eisenbahn nicht

genug mir ihren Forderungen hervortritt, daß sie

ohne Bewilligung schleunigst vorgehen muß Die Beaussichtigung der Bergwerke ist nothwendig; es r

aber fragen, ob nicht auch die Staatsbergwerke dieser Beaufsichtigung unterstellt werden müssen. Ueber die Verkehrtheit der Ausführungen des Herrn Delbrück, über die Unziemlichkeit des Tones seiner Aus⸗ Aber es ist eine schwierige Frage, Professoren die Aeußerung ihrer Privat⸗

ob und wie weit den nü; . Objektiv verdenke ich der Regierung

meinung gelassen werden muß.

die Einleitung des Disziplinarverfabrens nicht, aber ich halte sie für

Benurtheilung überlassen hätte.

inopportun, weil ich Herrn Delbrück als Politiker nicht ernst nehme, und die Fraktion, der er angehört hat, thut es erst recht nicht. Die Entrüstung über sein Verhalten würde vielfach in anderer Weise zum Ausvruck kommen, wenn die Regierung ihn der freien Bei der Polizei liegen ja diesmal nicht so viele Mißgriffe vor. Aber positive Erfolge in der Er⸗ miltelung von Missethaten liegen auch nicht in erheblicher Zahl vor. Wir wollen die Regierung gern unterstützen in der Polizeireform;

wir werden der Vermehrung der Polizisten und der Aufbesserung ihrer Gehälter zustimmen. Es giebt aber auch Leute, welche der Meinung

rlaß,

sprechen.

mäßitge wollte.

sind, daß die Gendarmen den Umgang mit Menschen mehr lernen önnten. Ich hätte gewünscht, daß der Minister des Innern vor mir esprochen hätte, denn er muß doch sehnlichst wünschen, sich über den betreffkendd den Gebrauch der Schußwaffe, auszu⸗ Ich nehme an, daß der Erlaß nicht die pflicht⸗ Erwägung der betheiligten Vorgefetzten verhindern Aber der Minister muß dies hier erklären. Warum ist

dieser Erlaß als vertraulich bezeichnet worden? Die Konservativen

baben einen Vorstoß gegen die

Nationalliberalen in der Provinz Hannover gemacht. Unter dem betreffenden Aufrufe stehen wiederum mehrere Beamte und zwar gerade sogenannte politische Beamte. Ist

das auf Anordnung des Ministers geschehen? Sind die Beamten, welche die Politik der Regierung zu vertreten berufen sind, auf⸗

1

Nationalliberalen vorzugehen? Hannoveraner sind für die Einheit Zugehörigkeit zu Preußen eingetreten. eingetreten, daß Agitatoren unterdrückt

gefordert worden, gegen die Die nationalliberalen Deutschlands, für die

Wir sind überall dafür

werden, welche die Losreißung eines Landtheiles von Deutschland oder

5

vpon der großen Schädigung, 3 niemals solche Schädigungen ermitteln können.

Preußen bezwecken oder den Gedanken erwecken, daß die Zugehörigkeit

zu Preußen keine definitive sei. Herr Richter hat über die Aus⸗ weisungen im Reichstage schon gesprochen Mir wurde das Wort durch einen Schlußantrag abgeschnitten. Deshalb will ich hier darüber reden. Als die polnischen Ausweisungen begannen, sprach man auch die eintreten würde Aber wir haben Die Ausweisungen,

die der Ober⸗Präsident von Köller vorgenommen hat, sind hart; sie

sollen auch nur vorgenommen

richtige Platz, nicht der Reichstag,

erst kennen lernen.

werden, wenn sie nothwendig sind. ist aber das Abgeordnetenhaus der vor dem Herr Richter vor sechs Wochen eingehend darüber gesprochen hat. Bei Streitigkeiten zwischen einem Deutschen und einem Ausländer nehme ich an, daß der Deutsche die besseren Gründe hat, jedenfalls will ich die Gründe überhaupt Aber freilich in gewissen Kreisen scheint man,

wenn es sich um einen deutschen Beamten handelt, diesem unbedingt Unrecht zu geben. Herr Richter hat gemeint, die Ausweisungspolitik schicke sich nicht. Ein Mann aus der Fraktion des Herrn Richter, der auch deutscher Reichstags⸗Abgeordneter sein will, wendet sich an

Zur Prüfung dieser Frage

die ausländischen Geschäftsfreunde, um das Verfahren der deutschen

89

8.

gekommen?

8

Zaauf diesem Gebiete gethan.

er nicht nationale Blößen aufgedeckt,

Regierung zu mißbilligen. Das erinnert an die Aeußerungen eines dänischen Blattes. Was thut der Deutsche nicht für Geld? Wo sind denn nun wirklich wirthschaftliche Schädigungen vor⸗ Aus Chemnitz und Brandenburg wird mir be⸗ richtet, daß keinerlei Schädigungen vorgekommen sind. Wie man als Deutscher sich verhalten soll, das hat die Handelskammer in Hamburg bewiesen. Das ist das würdige Verhalten eines deutschen Kaufmanns. Herr Richter und seine Freunde hätten sich doch bei ihren Landsleuten in Schleswig⸗Holstein erkundigen sollen. Mir ist von allen Seiten gesagt worden, es könne wirklich nicht mehr so weitergeben. Ganz Nord⸗ schleswig wurde mit einem Netz von dänischen Vereinen überzogen, welche den Glauben erweckten, daß die Zugehörigkeit zu Deutschland keine endgültige sei. Gegenüber dieser nationalen Gefahr mußte die Regierung eingreifen. Einzelne Härten können vielleicht gemildert werden, aber die Regierung hat nur ihre Pflicht und Schuldigkeit Wir werden die Regierung dabei unter⸗ stützen, nicht aber sie vor dem Auslande diskreditieren.

Auf eine persönliche Bemerkung des Abg. Richter, daß sondern daß er aus nationalen Gründen die Blößen bedeckt habe, daß er mit der

nationalen Gesinnung des Abg. Sattler, die Chauvinismus

seei, nichts zu thun haben wolle, wird um 5 Uhr die Weiter⸗ derathung bis Montag 11. Uhr vertagt. 1

8,

Fert2

Parlamentarische Nachrichten.

em Reichstage ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Bankgesetzes

vom 14. März 1875, zugegangen:

Artikel 1. Der § 23 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 177) wird durch folgende Bestimmung ersetzt:

Das Grundkapital der Reichsbank besteht aus einhundert und fünfzig Millionen Mark, getheilt in fünfzigtausend auf Namen lautende Antheile von je dreitausend Mark.

Die Antbeilseigner haften persönlich für die Verbindlichkeiten der Reichsbank nicht. 1 Artikel 2.

Der § 24 des Bankgesetzes enthält unter 8 S 8 M“

8

Aufhebung des

Dritte Beilage

Berlin, Montag, den

uschen Reichs⸗Anzriger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

23. Januar

ͥ—““ öi1“

Artikels 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 1889 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 201) nachstehende Fassung: 1 b

Aus dem beim Jahresabschluß sich ergebenden Reingewinne der Reichsbank wird: 8 *

1) zunächst den Antheilseignern eine ordentliche Dividende von dreiundeinhalb Prozent des Grundkapitals berechnet, sodann

2) von dem Mehrbetrag eine Quote von zwanzig Prozent dem Reservefonds zugeschrieben, so lange derselbe nicht zwei Fünftel des Grundkapitals beträgt, 8

3) der alsdann verbleibende Ueberrest zur Hälfte an die Antheils⸗ eigner und zur Hälfte an die Reichskasse gezahlt, soweit die Gesammt⸗ dividende der Antheilseigner nicht fünf Prozent übersteigt. Von dem weiter verbleibenden Reste erhalten die Antheilseigner ein Viertel, die Reichskasse drei Viertel. an .

Erreicht der Reingewinn nicht volle dreiundeinhalb Prozent des Grundkapitals, so ist das Fehlende aus dem Reservefonds zu ergänzen.

Das bei Begebung von Antheilsscheinen der Reichsbank etwa zu gewinnende Aufgeld fließt dem Reservefonds zu.

Dividendenrückstände verjähren binnen vier Jahren, von dem Tage ihrer Fälligkeit an gerechnet, zum Vortheile der Bank.

Artikel 3.

Der nach Maßgabe der Anlage zum § 9 des Bankgesetzes der Reichsbank zustehende Antheil an dem Gesammtbetrage des der Steuer nicht unterliegenden ungedeckten Notenumlaufs, einschließlich der ihr inzwischen zugewachsenen Antheile der unter Nr. 2 bis 11, 15 bis 21 bis 23 und 25 bis 33 bezeichneten Banken wird auf 400 000 000 festgesetzt, unter gleichzeitiger Erhöhung des Gesammtbetrages auf 491 600 000

Artikel 4.

Dem § 13 des Bankgesetzes Ziffer 3 wird unter b. nach den Worten „des Kurswerthes;“ folgender Satz beigefügt: diesen Pfandbriefen stehen gleich andere auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen der bezeichneten Institute und Banken, welche auf Grund von Darlehnen ausgestellt werden, die an inländische kommunale Korporationen oder gegen Uebernahme der Garantie durch eine solche Korporation gewährt sind. Artikel 5.

Der Bundesrath wird denjenigen Privatnotenbanken gegenüber, auf welche die beschränkenden Bestimmungen des § 43 des Bankgesetzes keine Anwendung finden, von dem vorbehaltenen Kündigungsrechte behufs Aufhebung der Befugniß zur Ausgabe von Banknoten zum 1. Januar 1901 Gebrauch machen, wenn diese Banken sich nicht bis zum 1. Dezember 1899 verpflichten, vom 1. Januar 1901 ab nicht unter dem Prozentsatz der Reichsbank zu diskontieren.

Handelt eine solche Bank dieser Verpflichtung entgegen, so wird die Entziehung der Befugniß zur Notenausgabe gemäß §§ 50 ff. des Bankgesetzes durch gerichtliches Urtbeil ausgesprochen.

Mitglieder des Vorstandes, Vorsteher einer Zweiganstalt, sonstige Angestellte oder Agenten einer solchen Bank, welche für Rechnung der Bank, der von ihr eingegangenen Verpflichtung entgegen, unter dem Prozentsatze der Reichsbank diskontieren, werden mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark bestraft

Artikel 6.

Den bisberigen Antheilseignern der Reichsbank ist der Erwerb der auf Grund des Artikels 1 dieses Gesetzes auszugebenden neuen Antheilsscheine mit der Maßgabe anzubieten, daß die Einreichung von je 8 alten Antheilsscheinen zum Bezuge eines neuen Antheilsscheins berechtigt.

Der Reichskanzler wird ermächtigt, diejenigen neuen Antheils⸗ scheine zu begeben, hinsichtlich deren das Bezugsrecht nicht ausgeübt wird.

Die Frist, innerhalb deren das Bezugsrecht geltend zu machen ist, die Höhe des bei dem Bezug oder bei der anderweiten Begebung der neuen Antheilsscheine zu entrichtenden Aufgeldes und die Fristen für die Einzahlung des Gegenwerths bestimmt der Reichskanzler.

S 8

Die Reichsbank zahlt am 1. Januar 1901 an die Reichskasse

einen Betrag, welcher dem Nennwerthe der dann noch im Umlaufe befindlichen Noten der vormaligen Preußischen Bank entspricht.

5 Das Reich erstattet der Reichsbank diejenigen Beträge, zu welchen sie vom 1. Januar 1901 ab Noten der im § 1 bezeichneten Art einlöst oder in Zahlung nimmt oder mit welchen sie für dieselben nach § 4 des Bankgesetzes Ersatz leistet.

3.

Vom 1. Januar 1901 ab werden die Noten der vormaligen Preußischen Bank bei Feststellung des Notenumlaufs der Reichsbank gemäß §§ 8, 9, 10 und 17 des Bankgesetzes außer Ansatz gelassen.

Artikel 8. 2

Die Artikel 1, 2, 3 und 4 dieses Gesetzes treten am 1. Januar

1901 in Kraft.

Dem Reichstage ist ferner der Entwurf eines Invaliden⸗ versicherungsgesetzes, mit dem Texte des Gesetzes, betreffend die Invaliditäts⸗ und Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 (Reichs⸗

Gesetzbl. S. 97), zugegangen. I b

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Ergebnisse der Einkommensteuer⸗Veranlagung für 1897 und 1898.

Dem Hause der Abgeordneten ist eine vergleichende Uebersicht der Ergebnisse der Einkommensteuer⸗Veranlagung für 1897 und 1898 nebst zugehörigen Erläuterungen zugegangen, der wir nachstehende Mittheilungen entnehmen.

1) Nicht physische und physische Personen zusammen. An Einkommensteuer ist in Preußen (mit Ausschluß von Hohen⸗ zollern und der Insel Helgoland) für das Steuerjahr 1898 (1897) bei 2 909 403 (2 765 996) Zensiten der Betrag von 146 738 875 (134 954 972) veranlagt worden, sodaß sich gegen das Vorjahr ei

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66 144

Mehr an Zensiten von 143 407 (111 552) und an Steuern von 11 783 903 (7 874 232) ergiebt. ,

Zu diesem Mehr tragen in dem laufenden Steuerjahre wie in dem Vorjahre beide Personengruppen bei: die physischen Personen sind bei 2 907 279 (2 763 995) Zensiten mehr 143 284 (111 480) mit 136 411 925 (126 901 359) ℳ, also mit einem Mehr von 9 510 566 (6 595 381) die iuristischen Personen 2124 (2001) Zensiten, mehr 123 (72) Zensiten mit 10 326 950 (8 053 613) ℳ, also mit einem Mehr von 2 273 337 (1 278 851) veranlagt.

2) Nicht physische Personen. Die nicht physischen Personen (Aktien esellschaften u. s. w.) sind (waren) nach ihren einzelnen Arten, wie folgt, veranlagt: 1517 (1417) Aktien⸗ und Aktien⸗Kommandit⸗ Steuer esellschaften mit . 9 693 800 (7 458 882) 104 (97) Beranewerkschaften mit . . 456 597 (436 133) 313 (300) eingetragene Genossenschaften mit 63 206 (60 706) 190 (187) Konsumvereine 1 Nr. 5 des Gesetzes) mit. Das dieser Veranlagung zu Grunde gelegte, nach dem Durch⸗ schnitte der letzten drei Geschäftsjahre und nach Vorschrift des § 17 des Gesetzes berechnete steuerpflichtige inkommen bat betragen

8 in Preußen steuerpflichtig:

248 371 226 (191 230 450) „S 11 802 489 (11 249 084)

2 224 527 (2 128 816)

3 260 912 (2 904 723)

bei den Aktien⸗ und Aktien⸗Kom⸗ manditgesellschaften ..368 212 536 (291 110 838)„

bei den Berggewerkschaften.. . 12 245 230 (11 254 204)

2 373 155 (2 237 453)

3 393 537 (2 922 296) 386 224 4598 s265 659 154 (307 524 791) ] (207 513 073) Das eingezahlte Aktienkapital bezw. bei den Berggewerkschaften

das Grundkapital und bei den eingetragenen Genossenschaften die Summe der eingezahlten Geschäftsantheile der Mitglieder hat sich belaufen vb bei den Aktien⸗ und Aktien⸗Kom⸗ 8

manditgesellschaften auf .4 422 975 224 (3 972 683 253) bei den Berggewerkschaften auf 327 547 667 ( 316 585 739) bei den eingetragenen Genossen⸗ 1 8

schaften auf . . . ... 22 697 957 (25 667 356) bei den Konsumvereinen 1 Nr. 5

des Gesetzes) auf. . 6 010 875 (5 799 643)

zusammen auf 1779 231723 (4 320 735 991)

Der von der Feststellung des steuerpflichtigen Einkommens als steuerfrei in Abzug zu bringende Betrag von 3 ½ ;% erreichte 167 358 675 (151 303 964) 8

.3) Physische Personen. a. Kopfzahl der einkommensteuerpflichtigen Bevölkerung und Zahl der Zensiten.

Die Bevölkerungsziffer hat sich bei der zum Zwecke der Ver⸗ anlagung stattgehabten Personenstandsaufnahme 1898 auf 32 348 765 (31 849 116) Köpfe gestellt. Einkommensteuerfrei sind hiervon ge blieben als Exterritoriale und dergl. 6572 (9058), als solche, deren Einkommen 900 nicht überstieg, 21 208 543 (21 195 738), zu⸗ sammen 21 215 115 (21 204 796), und zwar in den Städten 7 683 867 7 578 878) und auf dem Lande 13 531 248 (13 625 918). Hiervon sind

inzelnsteuernde und Haushaltungsvorstände in den Städten 3 921 362 (3 858 416), auf dem Lande 4 870 268 (4 880 111), zusammen also 8 791 630 (8 738 527), d. f. in den Städten 51,03 (50,91), auf dem Lande 35,99 (35,81) und überhaupt 41,44 (41,21) Hunderttheile der Einkommensteuerfreien.

Die einkommensteuerpflichtige Bevölkerung (einschl. gestellten und ihrer Angehörigen) betrug Iin den Städten. 5 824 069 (5 517 363) Köpfe Zhlaauf dem Lande. 5 309 581 (5 126 957)

zusammen 11 133 650 (10 644 320) Köpfe

darunter Einzelnsteuernde und Haushaltungsvorstände . in den Städten 1 860 078 (1 753 157) auf dem Lande 1 284 987 (1 231 773) zusammen. 3 145 065 (2 984 930)

Die veranlagten Zensiten ergeben 8,99 (8,68) Hunderttheile der Gesammtbevölkerung; von ihnen entfallen auf ddie Städte 1 752 240 (1 654 156) das Land. 1 155 039 (1 109 839) zusammen 2 907 279 (2 763 995) Die veranlagte Bevölkerung betrug in den Städten 5 246 537 (4 996 739) Köpfe hauf dem Lande. 4571 224 (4 442 191)9 zusammen .. 987 767 (138 930) Köpfe 8 oder auf einen Zensiten in den Städten 2,99 (3,02), auf dem Land 3,96 (4,00) und überhaupt 3,38 (3,41) Köpfe. Es kamen also durch schnittlich in den Städten noch 1,99 (2,02), auf dem Lande 2,96 (3,00) Angehörige auf einen Zensiten. 1 Mit einem Einkommen von mehr als 3000 sind veranlagt 369 384 (345 328) Zensiten (physische Personen), und zwar in den Städten 284 477 (263 453) in den Stadtkreisen insbesondere 187 287 (174 926) auf dem Lande 84 907 (81 875), mithin v. H. der Bevölkerung 2,11 (2,01) 2,60 (2,53)

bei den eingetragenen Genossen⸗ 114*“

bei den Konsumvereinen 1 Nr. 5 des Gesetze)..

zusammen..

der Frei⸗

v. H.

88 und aller Zensite in den Städten... 16,24 (15,93) in den Stadtkreisen insbesondere. 3 auf dem Lande 6“ 0,45 (0,44) b IgqqEqöTöqqPö1111“ 12,71 (12,499)

Gruppenweise nach dem Einkommen geordnet beträgt im Ver-⸗ anlagungsjahre 1898 die Anzahl der Zensiten

1“ 8 390 703) 1 027 96 8 (2 418 667) oder 87,29 (87,51) % der Gesammtzahl (163 040) (60 464) (223 504) (48 878) (11 439) (60 317 (51 33⁵) (9 972) (61 507)

8,20 (8,09) 2,23 (2,18)

2,28 (2,23)