1899 / 23 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jan 1899 18:00:01 GMT) scan diff

42.— ——— —ö

——

2

8 1— æ —,—V

8 8 BI E1ö. E 1 36 88 4 5 f 2. h 3 1 - 1 8 82 8 18 191 [ [1 I ¹ L1 1

öE 2 5 eeüen Sse e

mittel grt

Gejahlter Preis für 1 Doppeltentner

höchster

höchster niedrigster

Altenburg . .. Landsberg a. W.. Breslau. Neuß... Ueberlingen.

ilamn .. rankfurt a. D.. Stettin..

Greifenhagen Stargard. Köslim.. Rummelsburg i. P..

Krotoschin Militsch. Frankenstein i. Schl. Iübeh. . Schönau a. K. Halberstadt. Eilenburg

Marne

Goslar .. Duderstadt. Lüneburg 8 Limburg a. L.. Dinkelsbühl. Schweinfurt Giengen .. Biberach. Altenburg . . . . Landsberg a. d. W.. Breslau.. 1 Ueberlingen.

D9 b 1a896ba6bäeäaeeeeeee.

·95

2 2

8

Elbing. uckenwalde. e⸗ euruppin . . rankfurt a. O.. tettin .. Greifenhagen Pyritz.. Stargard. Greifenberg. Schivelbein IE116 Rummelsburg i. P. . 1;. uenburg i. P. . . 13,40

12,30 Iüeres; b1111.*“ 12,00 u11““ 12,40 E111.*“] 11A1A64*“ 11,75 Schönan a. ‧... . . .. 11,20 d111AA6A* 14,30 Eilenburg . e. 14,00 o14AX“ 13,60 Wö111.“*“*“ SPinset ..g6 12,67 111146“*“ 13,25 Paderborn . Veeh. e““ WA .—“ 14,20 öb4*““ J11111*“ 12,00 11144“*“ 12,60 Braunschweig. Altenburg . Landsberg a. d. W.. Breslau . 8 Neuß.. . Ueberlingen.

14,00 11,80 14,00

ͤee.“

9*

Noch: Roggen. 15,00 15,00 15,50

17,00 17,00 16,00 16,00 13,50 13,70 13,80 15,50 15,50 16,10 13,80 13,80 14,00 13,50 13,70 14,00 13,40 13,90 13,90 15,51 15,51 15,60

Gerste. 14,00 14,00 14,40 14,40 14,20 14,20 14,30 13,20 13,00 13,00 13,60

8 13,60 13,36 13,76 18.8 5 12,40 12,50 12,50 13,15 13,00 13,60 1 13,40 13,69 13,80 14,00 13,50 14,00 14,00 14,15 13,00 13,00 14,00 14,00 14,10 14,10 14,40 14,40 14,70 14,70 14,80 14,80 14,25 14,50 14,75 15,00 13,80 14,10 14,40 14,70 15,60 16,30 16,30 17,10 15,75 15,75 16,00 16,00 12,40 12,40 12,60 12,60 15,10 17,00 17,10 18,00 15,00 15,25 15,25 15,50 13,50 14,50 14,50 15,50 13,08 13,08 13,85 14,62 17,90 18,00 18,10 18,30 16,50 16,50 17,00 17,00 8 17,20 17,80 17,00 17,20 17,40 17,80 15,70 15,70 16.20 16,20

82 8* 15,00 15,00 13,60 13,90 14,50 15,60 15,82 16,82 17,10 17,10

Hafer. 12,00 12,00 12,80 13,20 12,60 12,80 14,25 14,25 14,50 14,50 14,60 14,60 13,70 13,70 nee 13,60 13,600 14,00 14,00 13,10 13,10 13,20 13,30 12,80 13,00 12,80 12,80 12,70 12,80 12,90 13,00 12,40 12,40 11,60 11,60 12,00 12,00 -— 12,20 12,20 11,20 12,00

12,80 12,90 12,90 13,30 11,60 11,60 12,00 12,00 13,60 18,35 12,50 1260 12,70 12,80 12,20 12.40 12,40 12,60 12,10 12,10 12,20 12,20 12,60 12,60 12,80 12,80 12,00 12,00 12,40 12,40 12,25 12,50 12,75 13,00 11,50 11,80 11,80 12,00 14,60 14,90 14.90 15,30 15,00 15,0 15,50 15,50 13,80 13,80 14,00 14,00 14,60 15,00 15,10 16,00 13,00 13,33 13,33 13,67 13,50 14,00 14,00 15,00 14,00 14,20 1118 14,40 ee116. 14,00 14,50 13,70 1470 14,90 13,00 13,00 13,50 13,50 68.. 14,20 14,00 14,20 14,40 14,90 8 8g 13,00 13,00 14,50 14,50 15,00 15,00 1440 14,40 15,00 15,00 1230 1280 183,00 13,00 12,30 12.60 12.330 13,00 13,00 14,00

SSiIr

1Sul

Ho —έ½

14,74 14,74 15,40 15,40

822

2 8 2 2 2 2 2 2* 2* 2 2⁴

11114141414141212*“

13,80 8 8

13,16 14,50 1414 14,24

13,40 14,50

13,62 14,10 V

12,96 28

13,40 I 25. 1.

—x 80 bo —ʒ 8 82 8 2. 2 EEEEE

—,— 289. 98

Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten

Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender

leider unserem wiederbolt nech nicht entsprochen. In der Uebersicht über seine Entschließungen

DSDeutscher Reichstag. 18. Sitzung vom 25. Januar 1899, 1 Uhr. Tagesordnung: Erste und eventuell zweite Berathung des

von den Abgg. Graf von Hompesch (Zentr.) und Genossen

eingebrachten Gesetzentwurfs wegen Aufhebung des Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu, in Verbindung mit der ersten und eventuell zweiten Berathung der von den Abgg. Graf zu Limburg⸗Stirum (d. kons.)

und Rickert (fr. 9 ) eingebrachten gleichlautenden Gesetz⸗

entwürfe, betreffend die Aufhebung des § 2 des genannten Gesetzes. G

Abg. Graf von Hompesch (Zentr.): Der Bundesrath hat gestellten und angenommenen Antrage

wird uns einfach mitgetheilt, die Beschlußfassung stehe noch aus. Das ist seit April 1897 bis Januar 1899 der Fall. Diese Verzögerung kann ich mir nur dadurch erklären, daß der Bundes⸗ rath vor ein ihm unbequemes Dilemma gestellt i Wie dem auch sei, wir müssen darauf dringen, da in dieser für uns so wichtigen Angelegenheit die Verschlexpung aufhört. Daher haben wir wiederum den Versuch gemacht, den Bundesrath aus E reservierten Stellung herauszudrängen. Für die Anträge ickert und Graf Limburg werden wir wieder stimmen, ob⸗ wohl sie eigentlich nur einen sehr geringen praktischen Werth haben, weil wir jeder Verbesserung, die uns von anderer Seite entgegengebracht wird, zustimmen, 2 aber wohlverstanden nur als eine Abschlagszahlung betrachten. Nur unser Antrag kann dazu

Führen, das einzige noch bestehende Ausnahmegesetz aus der Welt zu

schaffen. Unser katholisches Volk erfüllt es mit bitteren Empfindungen, zu sehen, daß ein solches Ausnahmegesetz noch vorhanden ist, gerichtet gegen den zwar vielverleumdeten, aber von uns um so mehr hoch⸗ geachteten, hochgeehrten und hochverdienten Orden. Wenn in einer Frage, so sind wir in der vorliegenden mit unseren Wählern einig. Wir sind einig in der Ueberzeugung von der Ungerechtigkeit des be⸗ stehenden Gesetzes, einig in dem Verlangen der Abschaffung und darin, daß endlich im Deutschen Reich gleiches Recht werde für alle Staatsbürger, welches Kleid sie auch tragen mögen. Möge der jetzige Reichstag an Gerechtigkeitsgefühl seinen Vorgängern nicht nachstehen und unserem Antrag ebenfalls zustimmen! .

Abg. Rickert (fr. Vag.): Wir haben schon früher die Gründe I weshalb wir dem Antrage Hompesch nicht zustimmen können. eser Standpunkt ist auch heute noch der unsrige. Wir legen aber Werth darauf, daß § 2 des Gesetzes aufgehoben wird, den auch Herr von Bennigsen im Namen der großen Mehrheit unserer verehrten Nachbarn für gehässig und verletzend erklärt hat. Fast einstimmig hat der Reichstag den Antrag des Grafen Limburg und den meinigen angenommen. Darin stimme ich dem Grafen Hompesch bei, daß der Bundesrath verpflichtet ist, endlich Farbe zu bekennen und eine Entscheidung zu treffen, mag sie ausfallen, wie sie will.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (d. kons.): Wir können dem Antrage des Zentrums nicht beistimmen, weil wir bei der Organisation des Jesuitenordens die Besorgniß haben, daß damit dem konfessionellen Frieden nicht gedient ist. Ich habe persönlich das Gefühl, daß keine großartigere Organisation in der Welt existiert hat, als die des Jesuiten⸗ ordens. In dieser großartigen eseene liegt es begründet, v. die Auffassung von Parität, die dieser Orden in seiner oberen

nicht ganz diejenige ist, die wir haben. Wir haben seit der Zeit des Kulturkampfes eine große Scheu,

daß dieser Kampf wiederkomme. Darum stimmen wir gegen den Antrag des Zentrums. Auf der anderen Seite halte ich es für unbillig und ungerecht, daß die einzelnen Mitglieder dieses Ordens wenn sie Deutsche sind, ausnahmsweise behandelt werden sollen. Ich kann es nicht als richtig anerkennen, daß man die Jesuiten auf gleichen

mit den Sozialdemokraten stellt, die jede Grundlage des

taats negieren. Das haben diese Männer ihrer Natur und ihrem ganzen Sein nach nicht verdient. Ich weiß wohl, unser Antrag be⸗ friedigt die Wünsche der Herren vom Zentrum nicht, obgleich ich auch das Gefühl habe, daß ihr Antrag mehr den Charakter eines Flaggen⸗ antrages hat als den eines sehr tief gefühlten Bedürfnisses.

Abg. Fürst Radziwill (Pole): Wir steben auf dem Boden des Antrags des Grafen Hompesch. Nicht Agitationsbedürfniß zur Unter⸗ haltung einer Kulturkampfstimmung hat zu diesem Antrage geführt, sondern das Gefühl der Ungerechtigkeit, die in diesem Ausnahmegesetz liegt. Das Volk versteht es nicht, daß dort, wo die Propaganda der That einer, euphemistisch gesagt, heiteren Weltanschauung durch Gestattung der unzüchtigsten Vorführungen unter polizeilicher Aegide gestattet wird, dem Gegenmittel dieser Weltanschauung, dem Jesuitenorden, in seinem eminent staatserhaltenden V eehen feslens angelegt werden. Für diesen Orden sprechen nicht orte, ondern jene Blutzeugen, die in überseeischen Ländern für ihre Ideale und ihren Beruf ihr Blut hinzugeben sich nicht gescheut haben. Das Volk versteht es nicht, daß solche Männer hier mit bureaukratischem Vorurtheil verfolgt und außer Thätigkeit gesetzt werden. 1

„Pr. Stockmann (Rp.): Ich habe im Namen meiner poli⸗ tischen Freunde die Erklärung abzugeben, daß für uns keinerlei That⸗ sachen eingetreten sind, die uns veranlassen könnten, von der Hal⸗ tung eegben. welche wir bisher zu dieser Frage eingenommen haben ir halten an dieser Auffassung fest, nicht etwa, weil die

8

epangellsche Kirche eines Schutzes gegenüber der Gesellschaft Jesu be⸗ ürfte. Die evangelische Kirche 8” selbst stark genug, sich aller Angriffe zu erwehren, die etwa von dieser ite kommen. Wir haben aber den aufrichtizen Wunsch, daß der iede zwischen den beiden großen Konfessionen, in we eider einmal unser deutsches Volk gespalten ist, aufrecht erhalten wird, und gerade deshalb wird von einer Zurückberufung der Jesuiten nicht die Rede sein können, denn dieser Orden betrachtet als eine seiner Hauptaufgaben die Bekämpfung der evangelischen Kirche. Wir werden in unserer überwiegenden Mehrheit aber auch nicht für die Anträge Rickert und Graf Limburg stimmen. Einige unserer reunde sind allerdings der Ansicht, daß sie sich hier nicht ganz ab⸗ ehnend verhalten sollen. Nehmen Sie den § 2 aus dem Jesuiten⸗ esetz heraus, so erhalten Sie einen Torso, dessen fernere Brauch⸗ rkeit außerordentlich fraglich erscheint. Ich verkenne nicht, daß die Zulassung von Niederlassungen des Jesuitenordens auch nach .. des 2 verhindert werden könnte, und daß auch ausländische Mitglieder des Ordens auf Grund der vorhandenen Bestimmungen aus dem Inlande ausgewiesen werden könnten, aber die übrige Thätigkeit des Ordens durch ftes inländischen Mitglieder würde nicht in ausreichendem Maße verhindert werden können, und die Anwendung polizeilicher Maßregeln würde in manchen ällen doch recht bedenklich erscheinen. Wer den § 1 aufrecht er⸗ lten will, der muß auch von einer Streichung des § 2 absehen, denn es ist bedenklich, den verbündeten Regierungen die Möglichkeit zu nehmen, auch für eine wirkliche Durchführung des Grundsatzes zu sorgen, der im § 1 aufgestellt ist.

Abg. Dr. Hieber (nl.): Die nationalliberale Partei wird sich dem Antrage des Grafen Hompesch gegenüber vollständig ablehnend ver⸗ halten, und wir wissen uns darin mit unseren Wählern auch 1 über der Einheit des katholischen und des protestantischen Volks steht die Einheit des deutschen Volks. Noch heute enthält sogar die schweizerische Bundesverfassung einen Artikel, der den Jesuiten⸗ orden ausweist. Auch entfalten die Katholiken in der Schweiz für die Aufhebung des Artikels keine Agitation, weil sie wissen, daß sie dann auf eine geradezu elementare Volksbewegung stoßen und nur Wasser auf die Mühle der Scozialdemokratie treiben würden. Das Gesetz ist im Jahre 1872 nicht aus Kulturkampf⸗ stimmung, sondern aus dem tiefen Gefübl dafür hervorgegangen, daß zwischen dem modernen nationalen Staat und dem Jesuitenorden eine unüberbrückbare Kluft besteht. Nicht nur die Katholiken haben im letzten Kriege ihr Blut für das Vaterland vergossen; wir wissen auch davon zu erzählen. Der Jesuitenorden strebt mit seiner Moral die Vernichtung aller bürgerlichen und sittlichen Freiheit an. (Stürmische Rufe im Zentrum: Beweise!¹) Ich weise auf den Bischof Wessen⸗ berg hin, auf eine Reihe päpstlicher Dekrete, so Alexander's VII. und Imnnocenz' XII., ganz zu schweigen von der Aufhebungsbulle von 1773. Ein Theil unserer Fraktion wird für, ein anderer gegen die Aufhebung des § 2 stimmen. Mit der Aufhebung des § 2 schaffen Sie in der That einen Torso, eine lex imperfecta. Die praktische Folg⸗ der Aufhebung des § 2 wird ja auch vom Zentrum nur als Abschlagszahlung betrachtet; die Agitation wäre also mit der An⸗ nahme des Antrages Rickert nicht beendet. Das Abbröckeln vom Gesetz hätte angefangen und würde nicht aufhören, bis das ganze Gesetz gefallen ist. Diese Gründe sind für die Gegner des § 2 ent⸗ scheidend. Aber einverstanden sind wir mit dem Zentrum in dem Wunsche, daß der Bundesrath endlich entschiedene Stellung zu den Anträgen nehme, und zwar im Sinne eines entschiedenen „Niemals!“

Abg. Delsor (b. k. F.): Die Elsässer stehen mit dem Zentrum auf demselben Boden und werden seinem Antrage zustimmen. Die Auf⸗ rechterhaltung dieses Ausnahmezustandes ist eine der Ursachen der so starken Mißstimmung in den Reichslanden; wir hoffen, daß diese Frage den Reichstag heute zum letzten Male beschäftigt hat.

Abg. Graf von Roon (d.kons.): Meine evangelisch⸗lutherische Ueberzeugung zwingt mich nach wie vor dazu, beide Anträge abzu⸗ lehnen; ich werde aus den Gründen, die Herr Stockmann entwickelt hat, mit einigen Freunden gegen beide Anträge stimmen.

Abg. Blos (Soz.): Meine Fraktion wird im ganzen Umfange wie immer für den Antrag Hompesch stimmen, weil sie keine Aus⸗ nahmegesetze will. Die anderen Anträge halte ich für ge enstandslos, weil wohl schon seit 20 Jahren kein Jesuit aus Deütschland aus⸗ gewiesen ist. Wir haben garnichts dagegen, wenn alle aus⸗ gewiesenen wieder nach Deutschland zurückkehren, weil wir uns davon nichts so Fürchterliches versprechen wie Andere. Die Auffassung, der Orden sei staatsgefährlich, ist antiquiert und trifft heute nicht mehr zu. Soll das Prinzip der politischen Freiheit ein Mal für alle anerkannt werden, dann darf mit den Jesuiten keine Ausnahme gemacht werden. Als Graf Hompesch vor fünf Jahren seinen Antrag motivierte, safte er ausdrücklich: Tausch⸗ geschäfte sind ausgeschlossen. Heute hat er das nicht gesagt. In einem Bundesstaate kann eine Priesterherrschaft auf die Dauer nicht gedeihen, deshalb braucht man sich auch vor den Jesuiten nicht zu fürchten. 8 1

Im Schlußwort spricht—

Abg. Dr. Lieber (Zentr.) dem letzten orredner und seiner Partei den Dank des Zentrums für ihre konsequente, freiheitliche Haltung in dieser Frage aus. Wenn der Satz: „Tauschgeschäfte sind aus⸗ geschlossen heute gefehlt hat, fährt Redner fort, so erklärt sich das aus der Entwickelung der letzten fünf Jahre. Damals hat man 8 das Zentrum solchen Verdacht geäußert. Die letzten fünf Jahre haben den unwiderleglichen Beweis er racht, daß wir nationale For⸗ derungen nicht nur bewilligt, sondern ausschlaggebend zum Siege geführt haben ohne jede Gegenleistung. Heute haben wir es nicht mehr nöthig, zu versichern: Tauschgeschäfte sind ausgeschlossen.

ch komme dann zu Herrn Dr. Hieber. Wer ihn hörte, sah sich in die Zeiten des Jahres 1872 zurückversetzt. Nur weil unsere An⸗ hänger draußen nicht verstehen würden, wenn wir völlig dazu schwiegen, befasse ich mich mit seinen Ausführungen. Die italienischen Staaten und das bourbonische Frankreich haben den Jesuitenorden f. Zt. aus⸗ weil sie mit der bürgerlichen auch die religiöse Freibeit ge⸗ nechtet haben. Aber der Hinweis auf die Schweiz ist doch ganz ver⸗ fehlt. Wenn wir nicht nach nationalen Rücksichten unsere Ver⸗ hältnisse regeln wollen, sind wir nicht werth, uns nationale Parteien zu nennen. Aber auch sonst war das Beispiel miß⸗ grifflich gewählt: ein Land, wo König⸗ und Frauenmörder sich frei herumtreiben können, ist kein Vorbild für das Deutsche Reich! Die jungen Redner, Herr Hieber und Herr Stockmann, führen uns den Orden vor als den Kampforden, der gegen die evangelische Kirche an⸗ geht. Ist der evangelische Bund etwa eine Friedensgesellschaft? In einem Athem erklärt man, die evangelische Kirche brauche sich nicht zu fürchten, und diesen Kampforden müsse man dem Lande fernhalten. Vor fünfundzwanzig und mehr Jahren wurden übrigens diese Lehren mit viel mehr Gelehrsamkert vorgetragen als heute. Wenn Herr Hieber nicht die Jesuitenlehren bezeichnen kann, welche die Päpste verdammt haben sollen, so fehlt mir der parlamentarische Ausdruck für ein Vorgehen mit solchen beweislos hergestellten Be⸗ hauptungen. Graf Paul von Hoensbroech nimmt in seiner Schrift: „Mein Austritt aus dem Jesuitenorden“ die Moral des Jesuiten⸗ ordens in bedingungsloser Weise in Schutz. Glaubt die Reichspartei ernstlich, daß es gelingen werde, den konfessionellen Frieden m erhalten, ohne daß man sich gegenseitig volles Recht und volle Freibeit in religiöser Beziehun gewährt? Dem Grafen Limburg⸗Stirum danken wir gleichfalls lebhaft für seinen Antrag und dessen Begründung. Wie weit haben wir uns doch genähert! Er will keinen Kulturkampf mehr, so rasch wie möglich will er die letzten Reste ausräumen. Aber glaubt er vielleicht, wenn wir aus Uebelwollen den Etat ablehnten und so die Auflösung herbeiführten, wir würden nicht mit fliegenden Fahnen als Sieger zurückkommen? Nein, wenn es sich um eine Flaggenfrage handelte, würden wir das leichteste Spiel haben. Befremden muß uns aber das Verhalten des Bundesraths gegenüber einem Antrage, der schon so oft den Reichstag beschäftigt hat und von seiner großen Mehrheit angenommen ist. A EAam 8

In der zweiten Berathung führt

Abg. Dr. Sattler (ul.) aus, die Nationalliberalen wollten keineswegs den Kulturkampf erneuern; aber die Rückberufung des Jefuitenordens würde den konfessionellen Frieden nicht fördern. Schon der Gedanke an diese Rückberufung rege das protestantische Volk auf. Um des Friedens willen müßte auch das Zentrum gegen die Rück⸗ berufung sein.

Abg. Dr. Stockmann: Herr Dr. Lieber hat mit gewandter Dialektik meine Worte verdreht (Präsident Graf von Ballestrem: Das Wort „verdreht“⸗ ist nicht parlamentarisch.) Wir wünschen die Rückberufung des Ordens nicht, weil dann der Kampf der beiden Konfessionen sofort wieder vorhanden sein würde; in diesen Kampf würde die evangelische Kirche mit Muth und Entschlossenheit eintreten. Daß der Jesuitenorden ein Kampforden ist, wird von allen unseren großen Geschichtsschreibern bezeugt. Graf Hoensbroech schreibt in der von Herrn Lieber zitierten Schrift, daß der Orden den Krieg gegen die Ketzerei wie Hannibal auf den Altar geschworen habe und daß der unbändige Haß gegen die Lutheraner und den Reformator noch bis zur Stunde im Orden umgehe.

Abg. Graf von Bernstorff⸗Uelzen (b. k. F.) tritt für die

Aufhebung des § 1 ein; der in Aussicht stehende Kampf werde lediglich zur Reinigung und Klärung dienen. „Abqa. Dr. Lieber: Die Kulturkampfzeiten sind für immer vor⸗ über. Wir wollen uns am Ende des 19. Jahrhunderts nicht in die Kampf⸗ und Sturmzeiten des 16. und 17. zurückschrauben. Im Interesse des konfessionellen Friedens und des modernen Staats ver⸗ zichte ich auf eine Erwiderung gegenüber Herrn Stockmann.

„Der Antrag des Grafen Hompesch wird gegen die Stimmen der Rechten, der Nationalliberalen und einiger Mit⸗ üe der Freisinnigen Vereinigung angenommen. Der Antrag Rickert⸗Graf Limburg wird gleichfalls angenommen. Bei der Abstimmung sind mindestens 250 Mitglieder des Reichstages anwesend.

Deas Haus setzt darauf die vor acht Tagen abgebrochene Diskussion über den sozialdemokratischen Antrag, betreffend die Einführung obligatorischer Schiedsgerichte, fort.

Abg. Jacobskötter (d. kons.) tritt dem Antrag insoweit ent⸗ gegen, als er die Beseitigung der bestehenden, segensreich wirkenden Innungs⸗Schiedsgerichte zur Folge haben würde. Auch zur Aus⸗ dehnung auf Landwirthschaft und Gesinde werde die konservative Partei nicht die Hand bieten. Der Antrag habe hauptsächlich agita⸗ torische Bedeutung. Die Anträge Hitze und Bassermann wegen Er⸗ richtung kaufmännischer Schiedsgerichte seien der Partei sympathisch. Gegen Kommissionsberathung habe er nichts einzuwenden. Beide Anträge seien geeignet, dem sozialen Frieden zu dienen; der sohzial⸗ demokratische Antrag dagegen würde geradezu den sozialen Krieg her⸗ aufbeschwören. 8 .

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) erklärt sich für Ausdehnung des bewährten Instituts, aber gegen die generelle und zwangsweise Durch⸗ führung desselben, wie sie der sozialdemokratische Antrag anstrebe, auch gegen die Ausdehnung auf Landwirthschaft und Gesinde. Diesen Kreisen würde namentlich in Ostelbien kein nützliches Geschenk damit gemacht werden. Die Ausstattung der Frauen mit dem Wahlrecht zu den Gewerbegerichten mache sich mehr und mehr als nothwendig fühlbar, zunächst freilich könne nur das aktive Wahlrecht verliehen werden. Für die Herabsetzung des wahlfähigen Alters auf 20 Jahre habe die Partei aber keine Neigung, diese Alters⸗ grenze sei zu niedrig. Das Wahlverfahren müsse vereinfacht werden. Auch der Ausdehnung der Befugnisse dieser Gerichte in der Funktion als Einigungsämter köͤnne man nur sympathisch gegenüberstehen. Redner beantragt Ueberweisung sämmtlicher Anträge an eine besondere Kom⸗ mission von 21 Mitgliedern.

Abg. Bassermann (nl.) bedauert, aus den früheren Erklärungen des Staatssekretärs entnehmen zu müssen, daß die prinzipielle Zustimmung der verbündeten Regierungen zur Errichtung kaufmännischer Schieds⸗ gerichte noch keineswegs sicher sei. Er führt aus, daß diese Spezial⸗ gerichte zweifellos eine Entlastung der ordentlichen Gerichte zur Folge haben würden. Den Freiherrn von Stumm mache er darauf aufmerksam, daß nicht nur die Soszialdemokraten, sondern auch die kaufmännischen Organisationen für die Schaffung solcher Gerichte eingetreten seien. Die Vermehrung der gewerb⸗ lichen Schiedsgerichte werde von Angestellten und Arbeitern in zahlreichen Industrieorten dringend befürwortet. Die Errichtung kaufmännischer Schiedsgerichte sei namentlich seit der Umgestaltung der Konkurrenzklausel dringend geworden. Durch den Ausbau der ge⸗ werblichen Schiedsgerichte im Sinne des Antrags Trimborn werde jedenfalls für keinen der Betheiligten ein Schaden angerichtet; auch durch die hie und da vorhandene kampflustige Stimmung, auf die der Abg. Möller hingewiesen habe, sollte man sich nicht von der vs n. dieser Reformideen abhalten lassen. Für die kaufmännischen Schieds⸗ gerichte bedürfe es der Kommissionsberathung nicht, im übrigen möchten 14 Mitglieder genügen.

Abg. Werner (Reformp.) spricht sich für obligatorische Gewerbe⸗ gerichte im Sinne des ersten Theils des Antrages Agster aus und empsiehlt gleichfalls Kommissionsberathung.

Abg. Zubeil (Soz.) führt gegen den Abg. Jacobskötter aus, daß die Arbeiterschaft heute, wo das Zwangsinnungsgesetz zur Durch⸗ fübrung gelange, auch mit den Innungsschiedsgerichten sich einzurichten wissen werde. 1

Abg. Jacobsen (fr. 5eer hat gegen die Ausdehnung der Kompetenz der Gewerbegerichte als Einigungsämter Bedenken, be⸗ sonders wenn sie auch schon (nach dem Antrage des Zentrums) auf Anrufen eines der streitenden Theile zuständig sein sollen. Viel zweck⸗ mäßiger in dieser Beziehung wäre die Schaffung von Arbeiteraus⸗ schüssen in den einzelnen Betrieben. 8

Abg. Dr. Roesicke (b. k. F.) polemisiert gegen den Abg. Frei⸗ herrn von Stumm, der den Werth der Gewerbegerichte geleugnet habe und lieber sehe, wenn sie wieder ganz abgeschafft würden. Bezüglich der geschäftlichen Behandlung schließe er sich den Anträgen des Abg. Bassermann anu.

Damit ist die Diskussion erschöpft.

Im Schlußwort konstatiert

Abg. Singer (So)z.), daß die Initiative der Sozialdemokraten erst die übrigen Parteien auf diesem Gebiet in dieser Session mobil gemacht habe. Dem abschwächenden Antrage Trimborn, der die letzte Entscheidung in die Hände der Einzelregierungen lege, der damit also die Vermehrung der Gewerbegerichte geradezu hintanhalte, vermöge die Partei nicht zuzustimmen. 8

Nachdem im Schlußwort für den 55- Trimborn der Abg. Dr. Hitze (Zentr.) sich gleich dem Abg. Singer für Kommissionsberathung ausgesprochen hat werden die Anträge, mit Ausnahme der auf die kaufmännischen Gerichte bezüglichen, welche einstimmig angenommen werden, einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen. 1

Schluß nach 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung: Donnerstag, 1 Uhr. (Etat.)

Preußzischer Landtag. 8 Haus der Abgeordneten. 6. Sitzung vom 25. Januar 1899.

Auf der Tagesordnung steht die Interpellation der Abgg. Dr. Barth (fr. Vgg.) u. Gen.: Der Ober⸗Präsident von Schleswig⸗Holstein hat na einem öffentlichen Zugeständniß in öfteren Fällen Ausweisungen dänischer Staatsangehöriger aus Nordschleswig nicht um deswillen angeordnet, weil diese Personen sich lästig gemacht haben, sondern nur zu dem Zwecke, um einen Druck auf die dänisch gesinnten Dienstherrschaften auszüben. Ist es zutreffend, daß Maß⸗ regeln dieser und ähnlicher Art aus der Initiative des Ober⸗ Präsi⸗ denten Herrn von Köller hervorgegangen sind, und ist die Staats⸗

regierung geneigt, die von dem Ober⸗Präsidenten angeordneten Maß⸗ regeln mit ihrer Verantwortung zu decken?

Der Minister des Innern Freiherr von der Recke er⸗ klärt sich zur sofortigen Beantworiung bereit.

Abg. Dr. Barth⸗Kiel: Eine Reihe von Maßregeln, die von der Verwaltung in Schleswig⸗Holstein getroffen sind, und noch mehr der Kommentar, welchen der Ober⸗Präsident diesen Maßregeln auf den Weg gegeben hat, haben zu großen Beunruhigungen Veranlassung gegeben, sodaß eine Klarstellung der Sache dringend nothwendig ist. In einer Frage, bei welcher nationale Leidenschaften mitspielen, ist es nicht leicht, objertiv zu urtheilen. Die Aufgabe einer Volksvertretung ist es nicht, sich blind auf den Parteistandpunkt des Volksgenossen zu stellen. Die Angehörigen der fremden Nationalität sind doch auch Staatsbürger. Die Dänen in Nordschleswig haben denselben Rechtsschutz Anspruch wie die Deutschen. Es handelt si um ein Stück Land, das endgültig zu reußen gehört. Für die praktische Politik spielt der Artikel V des Prager Friedens überhaupt keine Rolle. Ebenso wenig wie man daran denken kann, daß Elsaß⸗ Lothringen jemals von Deutschland abgetrennt wird, kann daran gedacht werden, daß Nordschleswig von Deutschland und Preußen ab⸗ getrennt wird. Davon würde doch nur nach einem unglücklichen Kriege die Rede sein können. Was bedeutet bei dieser Sachlage die ganze Asgitation? Fürchtet man, daß eine Revolution ausbrechen oder daß Dänemark mit uns deswegen Krieg an⸗ sangen wird? Man sagt vielleicht, daß binter Dänemark aadere Großmächte stehen. Aber bei einer großen europäischen einandersetzung wird Nordschleswig nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dieses Schreckgespenst kann keinen Eindruck machen. Diese Gefahr sieht wohl niemand, auch keiner der größten natisnalen Heiß⸗ sporne, als wirklich vorhanden an. Woran liegt es, daß die 100 000 Dänen in Nordschleswig sich mit den bestehenden Verhältnissen noch nicht versöhnt haben? Die „nationalen“ Elemente meinen, daß dies an den dänischen Agitatoren und der dänischen Presse liege. Ganz so schlecht ist die dänische Presse, die dänische Be⸗ völkerung nicht, wie sie von den Vertretern des Deutsch⸗ thums geschildert wird. Die dänische Bevölkerung ist eine durch⸗ aus konservativ gesinnte. Wie kommt es, daß die Agitatoren einen solchen Einfluß gewinnen konnten? Alle Bestimmungen des Strafgesetzbuchs sind seit vielen Jahren auch in Nordschleswig an⸗ gewandt worden, und eine Reihe von Verordnungen aus alter Zeit besteht auch noch zur Beschränkung der öffentlichen Aeußerungen, z. B. das Verbot des Singens dänischer Lieder, des Aushängens dänischer Flaggen ꝛc. Es fragt sich, ob der Fehler an dem System der Verwaltung liegt, ob dieses geeignet ist, eine Versöhnung herbei⸗ zuführen. Die dänische Sprache ist nach aus der Schule entfernt worden. Das hat nach der einung von Kennern des Landes sehr viel dazu beigetragen, die Dänen im nationalen Sinne sehr ungünstig zu beeinflussen. Ich berufe mich auf die Zuschrift eines Geistlichen, der augenblicklich noch in Nordschleswig amtiert und ausführt, daß durch die Schulordnung von 1888 das dänische Haus geradezu in einen Gegensatz zur Schule gedrängt worden sei. Es ist für die Deutschen in diesen Bezirken sehr wünschens⸗ werth, wenn sie des Dänischen mächtig sind, 8.59 wie der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums meinte, daß es für die Deutschen vortheilbaft ist, wenn sie des Polnischen mächtig sind. Der gegen⸗ wärtige Ober⸗Präsident fand vor 1 ½ Jahren diese Verbhältnisse vor; er sah, 1 die bisherigen Maßregeln keinen rechten Erfolg gehabt batten. r hätte prüfen sollen, ob die bestehenden Vorschriften nicht verbesserungsbedürftig sind. Die Maßregeln richten sich gegen politisch ganz unschuldige Personen. Man hat allerdings den Versuch gemacht, die ausgewiesenen Dienstboten als gefährlich hinzu⸗ stellen, weil sie mit ihrer dänischen Gesinnung und Staatsangehörigkeit demonstriert und dadurch die Versöhnung mit dem Deutschthum ver⸗ hindert hätten. Aber dem steht das ausdrückliche Zeugniß des Ober⸗Präsidenten gegenüber, der diese Leute als harmlos be⸗ zeichnet hat. Glaubt man durch diese Ausweisung von Dienstboten unter den dänisch gesinnten Herrschaften Schrecken zu erregen? Ich glaube, daß das nur dazu führen wird, die Leute zu ver⸗ stocken und sie von dem Anschluß an das Deutschthum abzu⸗ halten. Der deutsche Verein meint allerdings, die Ausweisungen hätten schon Einfluß ausgeübt; die Agitation sei zahmer geworden; die dänische Presse sei nicht mehr so provozierend. Dagegen sind die freisinnigen Elemente und namentlich die freisinnige Presse der Meinung, daß diese Ausweisungen dem Deutschthum nur Schaden gebracht haben. Man hat allerdings auch behauptet, daß einzelne Freisinnige sich für die Ausweisungen erklärt haben. Aber das sind nur vereinzelte Personen. Den Familienvätern, welche ihre Kinder zur weiteren Ausbildung auf dänische Hochschulen geschickt haben, ist mit Entziehung des Erziehungsrechts gedroht worden. Der Justiz⸗Minister meinte, daß es sich dabei um eine Maßregel der Rechtspflege handelt. Aber man wird den betroffenen Eltern nicht begreiflich machen können, da es sich nur um den Schutz der Interessen der Kinder handelt, da dabei politische Gesichtspunkte nicht mitspielen. Auch diese Maß⸗ regel muß sie verstockt machen. Wir gründen Schulvereine für die Deutschredenden im Auslande. Wir würden nicht mit Achtung von einem Deutschen im Auslande reden, der, einem Zwange folgend, seine Kinder nicht deutsch erziehen lassen würde. Bei einer Hochzeit, die in Privaträumen gefeiert wurde, wurden Lieder gesungen, darunter „Die Wacht am Rhein“ und auch einige dänische Lieder. Die Theilnehmer wurden angeklagt und bestraft wegen des Singens däni⸗ scher Lieder, obgleich doch auf der Hand liegt, daß sie keine Demonstration beabsichtigten. Gewisse Schädigungen sind als Folgen der Ausweisungen schon eingetreten; es entsteht eine im nationalen Interesse sehr wenig wünschenswerthe, ja geradezu beklagens⸗ werthe Spannung zwischen den Völkern. Die skandinvavischen Völker sind die natürlichen Bundesgenossen Deutschlands und wünschen eine engere Anlehnung an Deutschland. Wenn es sich dabei auch nur um 10 Millionen handelt, so ist diese Bundesgenossenschaft doch nicht zu verachten, zumal es sich durchweg um Leute von echtem Schrot und Korn handelt. Es wäre zu bedauern, wenn das Verhältniß zu ihnen eine Trübung erfahren würde. Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Miquel hat gesagt, daß er nur mit Scham die Kritik der Presse ge⸗ jesen habe. Hätte er sich über die Haltung der Presse informiert, so hätte er gefunden, daß das Urtheil des Auslandes feststand, als der Ober⸗Präsident seine Erklärung abgegeben hat. Das Urtheil richtet sich nicht gegen das Inhumane der Maßregeln, sondern gegen das Kleinliche. Diese Verschwendung der Staatsenergie, die wir bei solchen Maßregeln nicht bloß in Nordschleswig erleben, ist im höchsten Grade zu beklagen.

Hierauf nimmt der Minister des Innern Freiherr von der Recke das Wort, dessen Rede morgen nachgetragen werden wird.

Auf Antrag des Abg. Bachmann (nl.) tritt das Haus in die Besprechung der Interpellation ein.

Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ Angelegenheiten D. Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich habe vollständig das Bewußtsein, wie seltsam es Ihnen vorkommen muß, daß ich mir das Wort erbeten habe gleich nach Eröffnung der Besprechung über diese Interpellation. Ich bitte Sie aber um Verzeihung dafür, und ich hoffe, daß Sie mir dieselbe gewähren werden, wenn ich Ihnen mittheile, daß ich zur Erfüllung einer ganz unabweisbaren Pflicht eben telephonisch ab⸗ gerufen werde (Glocke des Präsidenten), während ich auf der anderen Seite doch die Empfindung habe, daß das hohe Haus einen be⸗ gründeten Anspruch darauf hat, von mir zu hören, wie wir uns zu der bekannten Ober⸗Präsidial⸗Verfügung vom Jahre 1888 stellen, eine Verfügung, die auch heute, wie ich höre, mehrfach erwähnt worden ist. Ich will versuchen, dieser Pflicht mit ganzen kurzen Worten zu genügen. 88

und Medizinal⸗