1“ Dusseldorf, 29. Januar. Nachdem Seine Majestät
er König die Zusammenberufung des Provinzial⸗Land⸗
ages der Rheinprovinzauf den heutigen Tag zugenehmigen
geruht hatte, eröffnete heute Mittag 12 Uhr, nach Beendigung des n der katholischen und in der evangelischen Kirche abgehaltenen Gottesdienstes, der Königliche Landtags⸗Kommissarius, Ober⸗ Präsident der Rheinprovinz, Wirkliche Geheime Rath Nasse m Ständehause den 41. Rheinischen Provinzial⸗Landtag mit
nachfolgender Ansprache:
Hochgeehrte Herren! Den von Seiner Majestät dem Kaiser und Könige hierher ent⸗
8 botenen 41. Provinzial-Landtag der Rheinprovinz als Vertreter der König⸗ lichen Staatsregierang herzlichst
begrüßen zu dürfen, gereicht mir zur hohen Ehre und Freude. In Ihren Reiben, meine Herren, werden Sie manche bochangesehene Männer vermissen, deren treuer Mitarbeit für as Wohl der Provinz heute dankbar zu gedenken uns Allen Pflicht nd Herzensbedürfniß ist. Die entstandenen Lücken sind durch Neu⸗ ahlen ausgefüllt, über welche Ihnen die Verhandlungen werden orgelegt werden.
Zahlreiche und bedeutsame Vorlagen auf dem Gebiete der staat⸗ lichen und provinziellen Verwaltung harren in der bevorstehenden Tagung Ihbrer sachkundigen Begutachtung und Entscheidung.
8 Die Königliche Staatsregierung nimmt Ihre Mitwirkung, ab⸗ esehen von den Ihnen obliegenden Wahlen für die Ober⸗Ersatz⸗ kommissionen, in sofern in Anspruch, als sie von Ihnen eine gutacht⸗ liche Aeußerung über den Entwurf eines Gesetzes erbittet, das die usdehnung verschiedener Bestimmungen des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 auf die Dachschiefer, Traß⸗ und Basaltlavabrüche n den linksrheinischen Landestheilen bezweckt.
Unter den Ihrer eigenen Verwaltung anvertrauten Gegenständen
wird der Haushaltsplan für die Etatsjahre 1899 und 1900 Ihnen in klar gezeichnetes, sorgfältig ausgearbeitetes Bild von der fort⸗ chreitenden Entwicklung der provinziellen Aufgaben vor Augen führen nd Ihnen Gelegenheit geben, die Mittel der Provinz in den Dienst emeinnütziger Bestrebungen, sowie von Kunst und Wissenschaft stellen. Von den sonstigen Vorlagen, welche seitens Provinzial⸗Ausschusses an Sie gelangen, bebe ich
die auf eine Verbesserung der Lage der Provinzial⸗
und der Wittwen und Waisen der Kommunal⸗
eamten der Rheinprovinz abzielenden Vorschläge sowie die Er⸗ gänzungen und Abänderungen, welche die für verschiedene Provinzial⸗
Anstalten bestebenden Reglements und Ordnungen erfahren sollen.
Ihr besonderes Interesse darf ferner der Bericht des Provinzial⸗Aus⸗
sscchusses über die Fürsorge für die Geisteskranken und Epileptiker der
Provinz und die nach dem Bericht in Aussicht genommene, weitere Bethätigung dieser Fürsorge beanspruchen. Von hervorragender Wichtigkeit für unsere Heimathprovinz wird sodann der Beschluß werden, der über den Bau einer Wasserstraße vom Dortmund⸗Ems⸗ Kanal nach dem Rhein von Ihnen zu fassen ist. Ich gebe mich der freudigen, durch Ihre bisherige Stellungnahme gefestigten Hoffnung hin, daß dieser Beschluß das hochbedeutsame Unternehmen zu fördern und seiner endgültigen Ausführung näher zu bringen geeignet sein möge. Dem besonderen Interesse der Landwirth⸗ chaft dient die geplante Errichtung einer zweiten Wein⸗ und Obstbauschule, bezüglich deren Ihre Entscheidung erbeten wird. Die Verbesserung des Arbeiterwohnungswesens und der Kampf gegen schweres, menschliches Siechthum sollen durch die über die Mündelsicherheit hinausgehende Beleihung von Arbeiter⸗Wohnungen und Lungen⸗Heilstätten aus Mitteln der Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungs⸗Anstalt „Rheinprovinz“ eine wirksame Unterstützung erfahren. Freudiger Zustimmung der ganzen Provinz darf der Ihnen unterbreitete Antrag des Provinzial⸗Ausschusses gewiß sein, der die Erhaltung des jedem rheinischen Herzen theuren Sieben⸗ gebirges in seiner bedrohten landschaftlichen Schönbeit sichern hilft. Erwähne ich dann noch die Wahlen, die Sie für den Vorsitz und einen Theil der Mitglieder des Provinzial⸗Ausschusses, sowie für die Stelle des Landeshauptmannes und des Leiters der Rheinischen Landesbank vorzunehmen haben, so darf ich wobl sagen, daß Ihrer Arbeitsfreudigkeit und Pflichttreue ein reiches Feld der Bethätigung harrt.
Mögen Sie mit bewährtem Eifer an die Lösung der gestellten Aufgaben herantreten, möge Gottes Segen allzeit auf Ihrer Arbeit ruhen!
Auf Allerhöchsten Befehl erkläre ich den 41. Rheinischen Provinzial⸗ Landtag für eröffnet.
Darauf fand die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial⸗ Landtages sowie eines Stellvertreters desselben statt. Zum
Vorsitzenden wurde der Fürst Wilhelm zu Wied, zum
Stellvertreter desselben der Königliche Kammerherr und Schloß⸗ hauptmann Graf von Fürstenberg⸗Stammheim gewählt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wie die „Wiener Abendpost“ meldet, wurde gestern Vormittag im Auftrage Seiner Maäjestät des Deutschen Kaisers am Sarge des Kronprinzen Rudolph ein prachtvoller Kranz niedergelegt. 114“
Großbritannien und Irland.
Der Erste Lord des Schatzamts Balfour gab, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern in einer Rede zu Manchester der Ueberzeugung Ausdruck, daß Großbritanniens Rüstungen die größten Sicherheiten für den allgemeinen Frieden gewährten. Vor wenigen Monaten sei man auf dem Kontinent der Meinung gewesen, Großbritannien müsse sich in alles fügen, jetzt glaube man, es suche mit Ungestüm einen Streit vom Zaune zu brechen. Beide Auffassungen seien durchaus un⸗ echtfertit Was immer aber für Mißverständnisse Groß⸗
tannien 2275 in Europa vorhanden sein möchten, er, Balfour, sei der festen Ueberzeugung, daß Großbritannien in den Vereinigten Staaten Verständniß finde, und dieses Ein⸗
verständniß sei die beste Sicherung des Weltfriedens.
Frankreich.
Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den von der Kammer angenommenen Gesetzentwurf über die Ab⸗ änderung der Weinzölle genehmigt.
In der Deputirtenkammer Rachie gestern der Justiz⸗ Minister Lebret den Gesetzentwurf ein, nach welchem Re⸗ visionssachen von den vereinigten Kammern des Kassationshofes entschieden werden sollen, und verlangte die Ueberweisung des Gesetzentwurfs an die Kammerkommission, die bereits mit der Prüfung ähnlicher Anträge betraut ist. Der Justiz⸗Minister verlas sodann unter lautloser Stille den Motiven⸗ bericht zum Gesetzentwurf, in welchem betont wird, daß es sich hier nicht um ein Gelegenheitsgesetz handele, sondern vielmehr um ein Gesetz, welches eine Nothwendigkeit ge⸗ worden sei und dazu bienen werde, eine allgemeine Be
ng im Lande herbeizuführen. Lebret befürwortete hließlich nochmals die Ueberweisung des Gesetzentwurfs an die bereits eingesetzte Kommission. Der Deputirte Berry be⸗ merkte, die Kammer kenne die Gründe nicht, welche die Regierung zur Einbri der Vorlage veranlaßt hätten, deshalb sei es nothwendig, die Eseevms der Präsidenten Mazeau veröffentlicht würden. Der Mi
“
Dupuy erwiderte, er wolle nicht, daß die Kammer in Unkenntniß der Sachlage ihre Entscheidung treffe, und werde deshalb der Kommission gleich in ihrer ersten Sitzung die ge⸗ ammten Akten der Untersuchung zustellen lassen. Der Minister⸗ räsident forderte sodann die Kammer auf, die Berathung des Budgets Der Deputierte Massabuau (Nationalist) äußerte seine Verwunderung darüber, daß die Kriminal⸗ kammer die Prüfung der Revision fortsetze. Der Deputierte Millerand warf der Regierung vor, daß sie den Gang der Justiz unterbreche. Daraus, daß die An⸗ gelegenheit in die Hand der Deputirtenkammer gelegt werde, folge, daß es künftig unmöglich sein werde, der Oeffent⸗ lichkeit etwas vorzuenthalten; man werde also alles veröffent⸗ lichen müssen. Die Mißhelligkeiten, welche, wie es geheißen abe, zwischen dem Justiz⸗Minister und der Kriminalkammer estanden hätten, könnten nicht mehr vorhanden sein. Der Minister⸗Präsident Dupuy erwiderte, die Kom⸗ mission werde unbeschränkte Vollmacht haben, die Veröffentlichung der Untersuchungsakten zu verlangen, die Regierung werde sich dem nicht widersetzen. Was die Mißhelligkeiten anlange, von denen der Deputirte Millerand gesprochen habe, so gebe es solche nicht. Wenn die Kammer die Vorlage annehme, werde es sich als nothwendig erweisen, allen Räthen des Kassationshofes die Untersuchungsakten mitzutheilen. Man werde später die Sache gründlich be⸗ sprechen, und die Regierung werde dann auf alle Einwendungen antworten. Der Deputirte Faure (Nationalist) forderte die Verweisung der Vorlage an eine besondere Kommission und sagte, die Mitglieder der Kriminalkammer des Kassations⸗ hofes, welche verdächtigt seien, dürften an der Entscheidung über die Revision nicht theilnehmen. Der Justiz⸗Minister Lebret erwiderte, die Schlußfolgerungen der Untersuchung berührten die Ehrenhaftigkeit und Aufrichtigkeit der Richter nicht. Der Antrag auf Verweisung der Vorlage an eine besondere Kommission wurde hierauf mit 346 gegen 189 Stimmen abgelehnt. Dieselbe ist demnach der be⸗ stehenden Kommission überwiesen. Hierauf schritt die Kammer zur Weiterberathung des Budgets, genehmigte das Budget des Innern und begann die Berathung des Kultusbudgets. Der Deputirte Allard verlangte dessen Streichung; der 8. Pelletan sprach sich dagegen aus, daß die Unterdrückung dieses Budgets bei Gelegenheit der Budgetberathung erfolge. Der Antrag Allard's wurde schließ⸗ lich mit 335 gegen 188 Stimmen abgelehnt und die Sitzung sodann aufgehoben.
Die Kommission der Deputirtenkammer, an welche die Vorläge, betreffend den Kassationshof, gestern ver⸗ wiesen wurde, wird heute zusammentreten, den Justiz⸗Minister Lebret hören und die Aktenstücke über die Enquste, betreffend die Kriminalkammer, in Empfang nehmen. Mehrere Mitaglieder der Kommission wollen verlangen, daß die beschuldigten Justiz⸗ beamten von der Kommission verhört werden.
Der ursprüngliche, von dem Ministerrath in seiner Sitzung am Sonnabend festgesetzte Gesetzentwurf, betreffend die Entscheidung über Revisionssachen, ist dahin ab⸗ geändert worden, daß an Stelle der Bestimmung, nach welcher die Entscheidung dem ganzen Kassationshofe nur in bestimmten Fällen übertragen werden solle, die Bestimmung tritt, daß sie in allen Fällen dem Kassationshofe zu übertragen sei. — Die Begründung des Gesetzentwurfs geht von langen juristischen Erwägungen aus und schließt: „Der neue Gesetzentwurf wird sofort auf eine Angelegenheit An⸗ wendung finden, welche eine tiefe Spaltung in allen Gemüthern hervorruft. Man wird ohne Zweifel einwenden, daß dies ein Gelegenheitsgesetz sei; es ist aber vor allem ein Gesetz der Nothwendigkeit und der Beruhigung. Wir meinen, der Beschluß, den der vollständige Kassationshof fassen wird, wird allen Geistern mit unwiderstehlicher Kraft als zwingend sich aufdrängen und den Spaltungen und der Agitation, die seit langer Zeit das Land beunruhigen, ein Ende. machen.“
In den Wandelgängen der Kammer verlautete, der Deputirte Poincaré sei entschlossen, den Gesetzentwurf über die Abänderung des Artikels 445 der Strafprozeßordnung zu be⸗ kämpfen, und Bourgeois habe erklärt, er werde allen seinen Freunden anrathen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, wenn nicht der Bericht Mazeau's die absolute Nothwendigkeit des⸗ selben erweise; aber in diesem Falle müsse man auf dem Wege der Umwälzung, den man zu beschreiten scheine, bis zum Ende gehen und Maßnahmen gegen die beschuldigten Justizbeamten ergreifen, welche die Regierungsvorlage nicht in sich schließe. b 8
Der Deputirte Millerand hat angekündigt, daß er bei der Berathung des Budgets einen Antrag auf Erhöhung des Etats der Nationaldruckerei einbringen werde, weil der Justiz⸗ Minister Lebret für die Ablehnung der von der Kriminal⸗ kammer verlangten Drucklegung aller in der Revisionsenquéte abgegebenen Zeugenaussagen Ersparnißrücksichten geltend ge⸗
macht habe. „Echo de Paris“
86 Das veröffentlicht einen Artikel Quesnay de Beaurepaire's, in welchem es heißt: Die von der Regierung eingebrachte Vorlage, betreffend die Re⸗ vision in Prozessen, sei nur ein Auskunftsmittel. Denn wenn die Richter verdächtig seien, wie durch die Vorlage anerkannt werde, so sei auch die von denselben geführte Untersuchung verdächtig. Diese Untersuchung sei geeignet, der Gerech⸗ tigkeit einen Stoß zu versetzen; denn sie sei planmäßig und in wohlüberlegter, tendenziöser Weise aufgebaut worden; Picquart sei der Punkt gewesen, um den sie sich gedreht habe, und alles sei geschehen, um zu verhindern, daß die Wahrheit an den Tag komme.
„Die „Liga zur Vertheidigung der Menschen⸗ und Bürgerrechte“ veröffentlicht ein Manifest, in welchem sie erklärt: Von der offenbaren Unschuld Dreyfus’ über⸗ zeugt, protestiere sie mit allen Kräften gegen die beabsichtigte Verletzung der Grundsätze der echtigkeit und des Rechts. Einer Gerichtsbehörde am Vorabend der Urtheilsfällung die Rechtsprechung aus den nehmen sei gleichbedeutend damit, daß man einen Bürger seinen gesetzmäßigen Richtern entziehe und einen wesentlichen Artikel der Menschen⸗ und Bürgerrechte sowie die Rechte der Vertheidigung verletze. Gerechtigkeit werde es dann nicht
IJFtalien.
Im Senat brachte gestern, wie „W. T. B.“ tet, der Finanz⸗Minister Carcano den Gesetzentwurf, end das italienisch⸗französische Handelsabkommen, ein und beantragte die Dringlichkeit der Berathung; dieselbe wurde genehmigt und der Gesetzentwurf der Kommission für Handels⸗ verträge überwiesen.
Minister des Auswärtigen Canevaro auf eine Anfrage des
Glücklicherweise ständen die Angelegenheiten in ichtigkeit der Haltung der Regierung bestätigt. De
Minister⸗Präsident und Minister des Innern Pellou
Prampolini, er werde im Laufe der Woche einen Gese
lungsrechts, vorlegen. Diese Erklärung wurde beifällig au
Deputirten Socci und Barzilai wegen einer in Pola seitens österreichisch⸗ ungarischer Marineoffiziere veranstal⸗ teten Vorführung von Episoden aus der bei Lissa dahin, daß es sich um absolut unbe⸗ deutende, politisch werthlose Thatsachen handle; zu reinen Erwerbszwecken seien photographische Projektionen von einzelnen Begebenheiten ausgestellt worden, welche als ehrenvoll für Oesterreich angesehen würden; diese Projektionen seien dan
worden, ohne daß dabei dem italienischen Patriotismus irgendwie nahegetreten worden wäre. Schweiz.
Der Direktor des Weltpostvereins
„W. T. B.“ t, gestern in Bern gestorben
1“
Die Fürstin von
worden.
die ihm angeboten worden sei, zu übernehmen. handele neuerdings wieder über die Bildung des Ministeriums.
.““ 1“ —
Schweden und Norwegen.
Der König ist, dem „W. T. B.“ zufolge, wieder soweit hergestellt, daß Allerhöchstderselbe gestern einen Spaziergang im Freien unternehmen konnte. Ende der Woche gedenkt Seine Majestät sich nach Saltsjöbaden zu begeben.
Asien. Aus Peking vom gestrigen Tage meldet das „Reuter'sche
Wittwe einen Thronfolger bestimmt. Verschiedene Mel⸗
herrschende; er habe auf die Kaiserin⸗Wittwe seine fremden feindlichen Vorurtheile übertragen. Der Staatsrath und da
sächlich ignoriert. — In Bezug auf die Verhandlungen mi dem Tsung⸗li⸗Jamen wegen der Zusammensetzung des Di⸗
Parlamentarische Nachrichtte.
tages und des Hauses der Abgeordne in der Ersten Beilage.
welcher der Staatssekretär des Innern,
der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts von Thielmann beiwohnten, stand ordnung die erste Berathung des Dr. Bachem (Zentr.) und Münch⸗Ferber (nl.) gebrachten Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abände rung des Zolltarifs (Herabsetzung des Zolles für un
spinners — Pongees — von 800 auf 300 ℳ).
verlangt. Dr. Bachem und von Kardorff (Rp.) das Wort.
eingebrachte Gesetzentwurf wurden darauf einstimmig an⸗ genommen.
der zweiten Berathung des Reichshaushalts⸗Etats
— Das (9.) Sitzung, Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Ferhe von stein zugegen waren, die zweite der landwirthschaftlichen Verwaltung fort.
Haus der
von Hammerstein, der SF Regierungs⸗Rath Mueller, der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rat
Präsident des Staats Ministeriums, Finan Miquel das Wort.
herausg mt des Innern, vom 27. Januar,
von Zivilstands⸗Akten; Ableben eines Konsuls; —
Deputirten Frascati, daß er es für rathsam halte, keine Dokumente über die erythräische Kolonie zu 1“ 1 frika gut⸗ und die Thatsachen hätten die Erwartungen und die
entwurf, betreffend die Regelung des Vereins⸗ und Versamm⸗
Bureau“: Chinesischen Berichten zufolge habe die Kaiserin⸗
Tsung⸗li⸗-Jamen würden von der Kaiserin⸗Wittwe jetzt that⸗
rektoriums der Nordbahn herrsche ein vollkommenes Einver⸗ ständniß zwischen der britischen und der deutschen Gesandtschaft.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ en befinden sich
n der Deputirtenkammer erwiderte gestern der
erklärte in Beantwortung einer Interpellation des Deputirten
Im weiteren Verlauf der Sitzung beantwortete er Minister des Auswärtigen Canevaro eine Anfrage der
88
Schlacht
zu wohlthätigen Zwecken in einigen Städten, auch in Pola von seiten österreichisch⸗ungarischer Marine⸗Offiziere, wiederholt
2
Höhn ist, wie
— n Bulgarien ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Sofia von einer Prinzessin entbunden
Das Wiener „Telegr.⸗Corresp.⸗Bureau“ meldet aus Sofia: Stoilow habe es abgelehnt, die Neubildung des Kabinets, Grekow unter⸗
8*
* 8 8
8
dungen stimmten darin überein, daß eine Palastrevolution bevor⸗ stehe. Der Kaiser sei noch immer streng von jedem Verkehr mit der Außenwelt abgeschlossen. Kang⸗yü's Einfluß sei der vor⸗
8
8 8
8
— In der heutigen (22.) b des Reichstages, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Staatssekretär des Reichs⸗ Marineamts, Staats⸗Minister, Kontre⸗Admiral Tirpitz, der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski und Dr. Freiherr auf der Tages⸗ von den Abgg. ein⸗
gemusterte, taffetbindige Gewebe aus Seide des Maulbeer⸗
In Verbindung damit wurde der Antrag des Abg. Münch⸗Ferber berathen, der in einer Resolution die Zu⸗ lassung des Veredelungsverkehrs für die bezeichneten Stoffe
Nach dem Abg. Münch⸗Ferber, der als erster Redner die Annahme beider Anträge befürwortete, nahmen die Abgg.
Die von dem Abg. Münch⸗Ferber vorgeschlagene Re⸗ solution sowie der von den Abgg. Dr. Bachem und Genossen
Bei Schluß des Blattes ging das Haus zur Fertsednne ür
geordneten setzte in der heutigen in welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ von Miquel und ammere⸗ erathung des Etats
Bis zum Schluß des Blatts nahmen der Abg. Gamp (fr. kons.), der Minister für Landwirthschaft ꝛc. 3]
Conrad, der Abg. von Mendel⸗Steinfels e. der Vize⸗ inister Dr. von
Ne. 4 des „Centralblatts für das Degtsce Reigh-, 1
egeben im Rei 1 folgenden Inhalt: 1) Sen 188, 13n Ermächtigung zur Vornahme Exequatur-
8 bedeutende Bereicherung erfahren.
theilung. — 2) Allgemeine Verwaltungs⸗Sachen: Erscheinen des Fetäelan für das Deutsche Reich auf das Jahr 1899. — 3) Finanz⸗ Pensbn⸗ Nachweisung der Einnahmen des Reichs für die Zeit vom 1. April 1898 bis Ende Dezember 1898. — 4) Zoll, und Steuer⸗ Wesen; Aenderung des Post⸗Zollregulativs. — 5) Polizei⸗Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Kunst und Wissenschaft.
Ausstellung der neuen Erwerbungen des Kunstgewerbe⸗ Museums.
Im Schlüter⸗Zimmer des Kunstgewerbe⸗Museums sind zur Zeit
die Erwerbungen des letzten Jahres ausgestellt. Die Jahresernte ist diesmal so reichlich ausgefallen, daß der zur Verfügung stehende
Raum kaum hinreicht, die Fen s Fes kah. zu bergen.
che Abtheilung des Museums eine An chinesischem Porzellan sind eine Anzahl Stücke ersten Ranges erworben worden, die theils der Blüthezeit der chinesischen Porzellankunst unter der Regierung des
Vor allen hat die kerami
Kaisers Kanghi (1662 — 1722), theils der Zeit der Kaiser Yung
tscheng (1723 — 35) und Kienlong (1736— 95) angehören. Zwei vier⸗ kantige große Flaschen zeigen auf dunkelgrünem, fast schwarzem Grunde
flaumenzweige mit ihren weißen Blüthen, bei den Chinesen das Symbol der neu erwachenden Natuvr im Frühling. Sie sind in einer der europäischen Porzellankunst unbekannten Technik gemalt, nämlich mit bleihaltigen farbigen Glasuren auf Biscuitgrund, eine in der Zeit der Ming⸗Dvnastie (1368— 1643) beliebte Art der Dekoration, die im 17. und 18. Jahrhundert nachgeahmt wurde. Nur die Sammlung Grandidier im Louvre zu Paris, die Sammlung Salting im Kensington⸗ Museum zu London, sowie einige amerikanische Privatsammlungen besitzen ähnliche Stücke, von denen aber keines sich mit Sicherheit in jene frühe Zeit schen läßt. In derselben Technik, aber auf gelbem Grunde, ist eine Konfektschale hergestellt. Sie besteht aus mehreren kleinen Schalen, die zusammengesetzt die Form einer stilisierten Lotosblüthe bilden. Unter den nur mit Blau unter der Glasur bemalten Gefäßen zeichnet sich besonders eine hohe zylindrische Flasche aus, bei der der Grund mit einem tiefen leuchtenden Blau bedeckt ist, das man durch ein vorn mit einer dünnen Gaze verschlossenes Bambusrohr aufgeblasen hat (bleu soufflé), sodaß die Oberfläche mit feinen Pünktchen besäet erscheint. In den beiden weiß ausge⸗ sparten Feldern sind Familienscenen dargestellt. Der Maler hat es verstanden, die eine Farbe in den verschiedensten Nüancen, vom hellsten bis zum tiefsten Ton, zu verwerthen, sodaß fast die Wirkung mehrerer Farben erzielt wird. Auch die zweite bei den Chinesen vorkommende Unterglasurfarbe, das schwierigere Kupferroth, ist bei einer langhalsigen Flasche, auf der Drachen zetsn stilisierten Wellen und Wolken er⸗ scheinen, gut gelungen. Unter den mit farbigen Emails auf der Glasur bemalten Gefäßen ist eine große Vase, vorherrschend mit Grün (famille verte) bemalt, mit phantastischen Vögeln auf Felsen in alterthüm⸗ licher Zeichnung. sowie ein stattlicher Kübel, der mit großen Päonienzweigen bedeckt ist, bemerkenswerth. Von der großen Fertigkeit der chinesischen
orzellankünstler in der Bebandlung der aus Kupferoxydul gewonnenen
lasur, die je nach der Regulierung der Feuers bald eine glänzend rothe Farbe, bald ein reizvolles Spiel von mannigfachen rothen, blauen, violetten und Farbtönen entwickelt, geben mehrere Vasen Zeugniß. Bei einem kleinen Gefäß ist es sogar gelungen, die Wirkung des unregelmäßig geäderten Marmors zu eriielen.
Unter den ausgestellten europäischen Porzellanen über⸗ wiegt die Plastik. Ein Tafelaufsatz von Meißen ist mit der Figur der Venus und Amoretten geziert. Einer ähnlichen Bestimmung als Tafelschmuck scheint auch ein kleiner Deckelnapf, neben dem eine
erserin sitzt, gedient zu haben. Von den übrigen Meißner Figuren ind ein kleiner Kavalier und eine Spitzenklöpplerin besonders reizvoll. An Arbeiten der Berliner Manufaktur sind unter anderem die alten Nachbildungen dreier Figuren erworben worden, Theile des Tafel⸗ aufsatzes, den Friedrich der Große 1772 für die Kaiserin Katharina II. anfertigen ließ. Sie stellen russische Unterthanen vor, die der thronenden Kaiserin ihre Huldigung darbringen. Eine Gruppe der drei Parzen gehört zu dem Besten, was überhaupt die Berliner Manufaktur an plastischen Arbeiten geliefert hat. Von den süddeutschen Fabriken ist Nymphenburg dunc zwei Figuren von hohem künstlerischen Werth vertreten: eine Dame, deren Kleid von einem Hund zerrissen wird, und einen Chinesen. Beide stammen aus der Sammlung Hirth. Sie zeigen jene effektvolle Darstellung der momentanen Bewegung und jene wundervolle Behandlung der Gewandmassen, die einen Theil der Nymphenburger Porzellanfiguren vor anderen ähnlichen Erzeugnissen auszeichnen. Auch von Höchst, wo der Bildhauer Melchior, der Freund Goethe's, eine fruchtbare Thätigkeit als Modelleur ausübte, sind mehrere Figuren vorhanden, die der Formen⸗ auffassung jenes Künstlers nahestehen. Eine Figur der trauernden Artemisia aus Ludwigsburger Porzellan läßt sich mit Bestimmtheit auf den Bildhauer Ludwig Beyer zurückführen; dieselbe Gestalt ist auch in Marmor für den Schönbrunner Park ausgeführt worden. Zu den besten Leistungen der Frankenthaler Fabrik darf man die allegorische Figur des Dezember rechnen, eine in Pelz gehüllte Gestalt, die mit vollen Backen in einen Kohlentopf bläst. Außergewöhnlich groß ist auch der Erwerb an französischem Porzellan: unter anderem ein Deckelnapf in chinesischer Art von Chantilly in Broncefassung, eine Kanne von Soͤvres mit königsblauem Grund, verziert durch Perlen farbiger Schmelze auf unterlegten Goldblättchen, reizende “ von Mädchen aus dem Jahre 1785 und eine große Vase in Marmor⸗Imitation mit Biscuitreliefs, die Thaten des Herkules darstellen. 1
Ein Majolikateller aus Gubbio mit prachtvollem Rubinlüster zeigt einen Wappenherold des Herzogs von Urbino. Eine Ente und ein Eberkopf in Lebensgröße, die ursprünglich als Pastetenbüchsen ge⸗ dient, stammen aus der Fayencefabrik zu Höchst, wo in der Mitte des vorigen Jahrbunderts ähnliche Gefäße in Gestalt von Thieren und Gemüsen in Menge hergestellt worden sind. Zwei ausgezeichnete türkische Fayenceteller werden gemeiniglich Damaskus als Fabrikations⸗ ort zugeschrieben. Die modernen dänischen und französischen Porzellan⸗ und Steinzeugarbeiten sind schon durch die keramische Ausstellung des vorigen Jahres bekannt. h
Auch die Goldschmiedekunst ist gut vertreten. Aus der Sammlung Heckscher sind eine gothische Silberkapsel mit Niello, die ein bemaltes Elfenbeinrelief birgt, ein Haufebecher vom Jahre 1532 mit eingravierten biblischen Scenen, sowie ein Riechbüchschen erworben worden. Eine Silberkapsel mit getriebener Darstellung zeigt ein Brautpaar, dessen Bund auf der einen Seite durch Amor, auf der anderen Seite durch Christus eingesegnet wird. Von kulturhistorischem Interesse sind zwei in Kupfer getriebene und vergoldete Attachen in Form eines Ackleybechers und eines Ringes, bezeichnet mit der Jahres⸗ zahl 1606. Sie wurden als Embleme der Nürnberger Goldschmiede⸗ zunft bei Todtenfeiern benutzt. Ackleybecher, Ring und Petschaft waren die Meisterstücke des Nürnberger Goldschmieds.
Unter den Bronze⸗ und Messingarbeiten gebührt der Ehren⸗ platz den großen Kaminböcken aus Bronze mit Jagdstücken, französische Arbeit aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Das große Vorlege⸗ messer mit Bernsteingriff in vergoldeter Bronzefassung stammt eben⸗ falls aus der Sammlung Heckscher. Durch vortreffliche Arbeit zeichnet sich ein aus Messing geschnittener Kesseluntersatz aus, etwa um 1540 in Deutschland gefertigt, der die Inschrift trägt: „Der uns den . hat besessen, der gesegne uns das Trincken und Essen.“ Eine n Blei gegossene Gruppe des Giovanni de Bologna stellt den Raub der Dejanira dar (1580 bis 90).
Ein dnledse ernes Oberlichtgitter in Rococoformen zeigt noch die Spuren alter Bemalung. Man ließ das Eisen in früherer Zeit selten ohne Farbe, man bemalte es oder gab ihm durch Ver⸗ goldung ein glänzenderes Aussehen. Beispiele vergoldeter Eisengeräthe bieten die beiden neben dem Fenster angebrachten Armleuchter und die Laterne, die mit Porzellanblumen verziert ist.
Von den ausgestellten Holzarbeiten verdienen eine Flügelthür
2
gearbeitet ist, und die Vorderwand eines französischen Stollenschrankes aus dem 15. Jahrhundert besondere Erwähnung. Eigenartig ist die Polsterung eines Lehnstuhls aus Mahagoniholz, einer französischen Arbeit aus der Empirezeit. Sie besteht aus grünem Leder, das in der Art der Bucheinbände mit Goldpressung verziert ist. Eine große Marmor⸗ tafel mit Mosaikeinlagen aus Venedig (16. Jahrh.) kann möglicher⸗ weise als Grabplatte gedient haben. Der darüber hängende Gobelin (Flandern 16. Jahrh.) mit Blumen und Vögeln ist von trefflicher dekorativer Wirkung. Schließlich sei noch auf die ausgestellten Buch⸗ einbände sowie zwei ältere chinesische Lacktafeln mit eingeschnittenen gefärbten Blumenzweigen auf schwarzem Grunde hingewiesen. Bg.
A. F. — Die außerordentliche Sitzung der Berliner Gesell⸗ schaft für Anthropologie am Sonnabend v. W. brachte zwei von Lichtbildern begleitete Vorträge. In dem ersten schilderte Sanitäts⸗Rath Dr. M. Bartels „die Grenzvölker des Kaukasus“. Der Redner sprach aus eigener Anschauung, die er bei Gelegenheit einer vor zwei Jahren ausgeführten Reise gewonnen und durch zahlreiche Augenblicks⸗Photographien festgehalten hatte. Seine Reise machte ihn mit der Krim, dem südlichen Rußland zwischen Asowschem und Kaspischem Meer, dem Kaukasus und mit dem russischen Armenien bekannt. Viele der aufgenommenen Volkstypen entstammen dem Straßen⸗ und Marktgewirr von Baku und Tiflis, das man sich nicht entfernt so vielgestaltig vorstellt, als es durch diese photographischen Aufnahmen veranschaulicht wird. Denn hier berühren sich mongolische, arische und semitische Elemente in buntem Durcheinander, in Baku Chinesen und Kalmücken mit den Wolga⸗Tartaren, den Bewohnern des Kaukasus und den Juden, in Tiflis Kirgisen mit Armeniern, Georgiern, Persern, Turkmenen, Teke⸗Turkmenen, Juden und Tscherkessen. Eine interessante Bemerkung war es, daß, während die Kirgisen Muhammedaner, die Kalmücken zumtheil Buddhisten sind und einem vom Kaiser von Rußland ernannten Groß⸗Lama geborchen. Als ein begabter Volksstamm erscheinen die Tartaren in den Gouvernements Samara und Saratow bis hinauf nach Kasan. Sie haben ihre nomadischen Gewohnheiten beinahe, die Tartaren der Krim sogar ganz aufgegeben. Hier, wo sie seit lange seßhaft sind und in Baktschi Serai die Hauptstadt des erst seit 150 Pahren von den Russen eroberten tartarischen Chanats mit dem im Anfang des 16. Jahrhunderts erbauten, vollständig erhaltenen Palast des Chans verehren, haben sie mit den bürgerlichen Hantierungen auch westliche Zivilisation angenommen. — Eine recht nachahmenswerthe Vorsicht übte Sanitäts⸗Rath Bartels bei seinen anthropologischen Aufnahmen, indem er stets zwei solcher, eine von vorn, eine im Profil, anfertigte. So erst gewinnen solche Photographien den Werth wissenschaftlichen Materials. — — Den zweiten Vortrag des Abends hielt Dr. Joachimsthal ‚über Zwergwuchs und verwandte Wachsthumsstörungen⸗ Die sehr interessanten Mittheilungen erbrachten durch eine Reihe als Lichtbilder ver⸗ größert vorgeführter Röntgen⸗Photographien an normalen, durchsichtigen Gliedmaßen in ibrer Entwickelung vom ersten bis zum zehnten Lebens⸗ jahre im Vergleich zu solchen von Zwergen den anschaulichen Beweis, daß die Zwergenhaftigkeit mit einem Stillstand der Knochenbildun im kindlichen Stadium zusammenhängt, aber doch sehr verschieden i von einer ähnlichen, als englische Krankheit bekannten Erscheinung. In beiden Fällen gelangt die Umbildung der im kindlichen Körper an den Ge⸗ lenken vorhandenen Knorpel⸗ in Knochenmasse zum Stillstand, im zweiten aber die Knorpelmasse zugleich zu krankhafter Wucherung. Die Anomalie des Zwergenwachsthums braucht desbalb keine dauernde zu sein, ja es sind eine Menge Fälle bekannt, wo sich viel später als beim normal entwickelten Menschen noch Wachsthum bis zu normaler Größe einstellte. So sind nach sorgfältigen Messungen sämmtliche Mitglieder der bekannten Liliputaner⸗Truppe trotz ihrer 30 bis 36 Jahre in langsamem Wachsthum. Die vorgeführte Durchleuchtung der Glied⸗ maßen rhachitischer Kinder ließ es als ein halbes Wunder erscheinen, wenn diese Krankheit zuvor noch geheilt wird. 1.“
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe hielt am Mitt⸗ woch voriger Woche Herr Direktor Schultz⸗Hencke einen inter⸗ essanten Vortrag über die „Photographie in den natürlichen Farben“. Nachdem Redner durch einige physikalische und physio⸗ logische Experimente das Wesen der Farben erläutert hatte, bezeichnete er zwei Wege als die bisher zur Erlangung von Photographien in natürlichen Farben beschrittenen, von denen der eine sich zu dem ogenannten Dreifarben⸗System, der andere zu einem sich an die Daguerreotypie anschließenden Verfahren gestaltet hat. Nachdem Redner der Ver⸗ dienste Zenker's um das besprochene Gebiet, sowie der wichtigen Ver⸗ besserungen durch den kürzlich verstorbenen Professor H. W. Vogel, den er als den Vater der farbenempfindlichen Photographie e⸗ zeichnete, gedacht hatte, ging er zu dem eigentlichen Drei⸗ farben⸗System über. Dieses System ist im Anschluß an die Poung⸗Helmholtz'sche Theorie, wonach im menschlichen Auge eine Art von Klaviatur vorhanden ist, welche je nach ihrer Empfindlichkeit für die drei Grundfarben Roth, Grün und Violett in drei Gruppen getheilt werden kann, auf diesen drei Grundfarben aufgebaut. Die Ein⸗ führung dieses Verfahrens geschah zuerst ebenfalls durch Professor H. W. Vogel mittels des Lichtdrucks. Dazu zeigte Redner einige Bilder, welche er im Verein mit Alb. Frisch im Jahre 1892 hergestellt hatte und die die Farben in vorzüglicher Weise wiedergaben. Die Herstellung geschieht dadurch, daß drei Aufnahmen emacht werden, und zwar jedesmal im Anschluß an eine Grundfarbe, odaß diese drei Aufnahmen, in Druckplatten angewendet, hintereinander und übereinander in drei Grundfarben abgedruckt werden. Dasselbe System liegt auch dem von der deutschen Chromoskop⸗Gesellschaft in den Verkehr gebrachten Eibisch'schen Chromoskop zu Grunde, dessen prächtige Farbenbilder zu bewundern Gelegenheit gegeben wurde. Nach dem Schluß der Experimente ging Redner zur Projektion mit Hilfe des Skioptikons über. Er zeigte eine Reihe von Dreifarben⸗ bildern von Dr. Selle in Brandenburg, die s. Zt. schon großes Auf⸗ sehen erregten. Dr. Selle hat das Verfahren nzwischen noch sehr vervollkommnet, was Redner an einigen durch Naturwahrheit ausgezeichneten neueren Bildern darzulegen vermochte. Das durch ein eigenthümliches Linien⸗System charakterisierte Selle'sche Verfahren elangte ebenfalls in einigen Projektionsbildern zur Vorführung. Den Schlu des Vortrages bildete die Erläuterung des Lippmann'schen Verfabrens, bei welchem in neuerer Zeit durch die mikrophoto⸗ graphische Forschung von Dr. Neuhaus die Zenker'sche Theorie der stehenden Wellen bestätigt wurde. “ v1““
Schulwesen.
i Aschersleben haben die städtischen Behörden die Einrichtung EEbETöö6 Realschule und deren Verbindung mit dem
Gymnasium beschlossen.
E“
Washington, 30. Janugr. (W. T. B.) Der Schlußbericht des Ackerbaubureaus giebt für die Schätzung der Ernteergeb⸗ nisse des Jahres 1898 folgende Zahlen: Weizen 675 149 000, Mais 1 924 185 000, Hafer 730 906 000, Roggen 25 658 000 Bushels. Die in diesem Jahre mit Winterweizen bestellte Fläche wird auf
29 954 000 Acres geschätzt. Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt am 29. Januar gemeldet worden vom Viehhofe zu Metz. 1 G
Verdingungen im Auslande.
Oesterreich⸗Ungarn. 9. Februar, 9 Uhr Vormittags. Direktion der
v111“ 86
städtischen
aus Nußholz mit Intarsien, die aus Gubbio stammt und um 1460 Bauten in Lemberg: Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für
städtische Wasserleitung. (Hydranten, Gebäude für 2 Pump stationen, Wasserbehälter aus Beton, Maschinenfundamente aus Bton für die Pumpstationen, Kesselschornsteine, mit den er- forderlichen Erdarbeiten.) Näheres bei der genannten Direktion.
1 Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die zweite englische Post über Ostende vom 30. Januar in Köln den vusclus an Zug 31 nicht erreicht. Grund: Zugverspätung in
ngland.
Die Süs uerha⸗ Wernigerode — Nordhausen sest ihrem Abschluß entgegen und soll am 1. Februar ganz dem Verkehr übergeben werden. Die Theilstrecke bis zum Brocken ist bereits landes⸗ polizeilich abgenommen.
Bremen, 30. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Wittekind“, v. La Plata kommend, 28. Jan. Las Palmas, „Elisabeth Rickmers“, n. Baltimore best., Dover passiert. „Prinz Heinrich“, von Ost⸗Asien kommend, 29. Jan. Reise v. Port Said n. Neapel fortges. „Willehad“ 29. Jan. v. Baltimore in Bremerhaven angek. „Barbarossa“ 29. Jan. v. Bremen in Adelaide angek. „Maria Rickmers“ 29. Jan. v. Fayal n. Baltimore abgeg.
29. Jan. v. Brasilien in Rotterdam angek. „Trier“
Santos n. Bremen abgeg. „Kaiser Wilhelm II.“
„Saale“ v. Bremen 28. Jan. in New PYork angek. „Trave“ 28. Jan v. Genua direkt n. Bremerhaven abgeg. „Arensburg“, von Brasilien kommend, 29. Jan. St. Vincent passiert. „Bremen“, v. Australien kommend, 28. Jan. in Aden eingetroffen.
— 31. Januar. (W. T. B.) Dampfer „Halle“, nach dem La Plata best., 30. Januar QOuessant passiert. „Heidelberg“ 30. Januar von Port Said abgeg. „Prinz⸗Regent Luitpold“ 30. Januar Reise von Suez nach Aden fPrtgesegr „Bayern“, nach Ost⸗Asien best., 30. Januar Beachy Head passiert. „Löwenburg“ 30. Januar Reise nach Oporto fortgesetzt.
Hamburg, 30. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika Linie. Dampfer „Syria“ Sonnabend in Colon, „Croatia“ gestern, „Hungaria“ heute, v. St. Thomas kommend, in Hamburg eingetr. „Pretoria“ gestern v. Hamburg n. New York, „Fürst Bismarck“ v. Gibraltar n. New York, „Bengalia“ v. Hamburg n. Baltimore, „Asturia“ Sonnabend v. Singapore, „Bulgaria“ v. New York abgeg. „Knight of St. George“ gestern v. Baltimore kommend, „Sardinia“, n. Westindien best., gestern Dover passiert.
London, 30. Januar. (W. T. B.) Castle⸗Linie. Dampfer „Braemar Castle“ Sonnabend auf Ausreise v Southampton abgeg. „Harlech Castle“ gestern auf Ausreise in Delagoa⸗Bay angekommen.
Union⸗Linie. Dampfer „German“ gestern auf Ausreise in Kapstadt angekommen. G
Rotterdam, 30. Januar. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Statendam“ Sonnabend Vorm. v. New York nach Rotterdam abgegangen.
Theater und Musik.
“ Deutsches Theater.
Gerbart Hauptmann'’s fünfaktiges Schauspiel „Fuhrmann Henschel“ wurde gestern bereits zum fünfzigsten Mal aufgeführt, und zwar in der gleichen Besetzung wie bei der Premidre. Dieses durch die Einfachheit der darin angewandten Kunstmittel, durch seine Tendenzlosigkeit und durch seinen klaren Aufbau tiefergreifende bürgerliche Trauerspiel übte sichtlich wieder einen starken Eindruck auf die das Haus in allen Theilen füllenden Zuschauer aus. Viel trug dazu auch das jetzt durch die mehrfachen Wiederholungen fast bis zur Vollkommenheit ausgebildete Zusammenspiel bei, welches zu Zeiten fast vergessen ließ, 8 man sich im Theater befinde. Die Leistungen der Damen Lehmann, Sarrow und Eberty, der Herren Rittner, Reicher, Sauer, Müller, Reinhardt, von Winterstein, Valentin u. A. waren von so absoluter Naturtreue, daß kaum ein Ei wand gegen sie erhoben werden könnte. Nur Herr Fischer ließ sich in der Rolle des sächselnden Kellners zuweilen in der Verfolgung komischer Wirkungen zu g peserthag verleiten, die sich trotz ihrer Geringfügigkeit bei der feinen künstlerischen Abtönung des Gesammt⸗ bildes doch fühlbar machten. Der äußere Erfolg des Schauspiels kam mehr in der tiefen Ergriffenheit des Publikums denn in lauten Beifallsäußerungen zum Ausdruck.
1b Konzerte.
Die Königliche Kapelle brachte gestern, an ihrem siebenten Symphonie⸗Abend, an erster Stelle Berlioz Ouvertüre zu „König Lear“ zur Aufführung,. In der Instrumentierung, wie im Aufbau und Zusammenhang der Melsdienführung tritt das Streben nach einfacher Größe, nach schlichtem, aber anmuthigem Ausdruck der musikalischen Gedanken hervor, durch welche der alte, grandiose Sagenstoff charakterisiert werden soll. Die Ouverture, welche vom Orchester mit allen Fein⸗ heiten und Schönheiten siegreich zur Wirkung gebracht wurde, rauschte so gleichsam wie ein alter Bardensang am Ohr vorüber. Der Ouverture folgte Liszt's Symphonie zu Dante's „Divina Gommedia“, deren erster Theil „Inferno“ mit feiner glanzvollen, zwar unruhigen, aber mächtigen oocchestralen Breite und Wuchtigkeit, mit seiner treffenden Tonmalerei und seinen eigenartigen elazawirkungen den musikalischen Hörer wohl zu fesseln vermag, ohne doch eine volle künstlerische Pefricdsgn zu gewähren; Aehnliches gilt auch von dem weitschweifigen, zuweilen öͤden zweiten Theil „Purgatorio“, der erst mit seinem Schlußchor, welcher von Fräulein Destinn und dem Sopran⸗ und Alt.Chor mit schönem Stimmklang vorgetragen wurde, das ungetheilte Interesse der Hörer gewann. Der zweite Theil des Abends brachte nur Werke von Richard S das Vorspiel zu den „Meister⸗ singern“, das „Siegfried⸗Idyll“ und den „Kaisermarsch“, die unter Kapellmeister Weingartner's Leitung glanzvoll und mit be⸗ geisternder Wärme und Eupfi dun; zu Gehör gebracht wurden. — In der Philharmonie fand gleichzeitig unter Mitwirkung der Kapelle des Hauses ein Russisches Konzert, unter der Leitung des Herrn Alexander Winogradsky, Direktors der Kaiserlich russischen Musikgesellschaft in Kiew, statt. Das Konzert begann mit einer Symphonie (G-moll) von Kalinnikow, die im ersten Satze originelle Motive und stilgerechte Durchführung erkennen läßt. Das Andante, im Pastoralstil gehalten, wiederholt einen eigenthümlich klingen⸗ den Kuckucksruf unausgesetzt bis zu Ende des Satzes. Das Scherzo ist ein munteres Capriccio und bildet mit dem Finale des Werkes ent⸗ schieden den Höhepunkt der ganzen Komposition. Es folgte hierauf eine Cavatine aus der Oper „Fürst Igor“ von Borodin die, von dem Hofopernsänger Herrn Kurt Sommer trefflich vorgetragen, Eierncgehlhas beifällig aufgenommen wurde. Ein gleiches Lob ge⸗ bührt der Phantasie „Kosatschok“ von Dargomijsly, die ein kosakisches Thema geschickt behandelte. Im zweiten Theil des Konzerts gelangte ein Tongemälde „Sadko“ von Rimsky⸗Korsakow zu Gehör. Der Inhalt schildert die Gefahren eines Schiffes, das dem Untergang nahe ist und nur durch das Saitenspiel Sadko's, das den Meerkoͤnig bewegt, gerettet wird. Die Tonmalerei giebt charakteristisch die beabsichtigte Stimmung wieder und läßt zugleich eine große Begabung in der Behandlung der Orchestereffekte erkennen. Diesem Werke schloß sich ein hier bereits bekanntes Intermezo von Tschaikowsky an, in welchem die na Art der. Instrumentierung besonders wirkungsvoll erscheint. Ein böchst origineller cirkassischer Tanz, „Lesghinka“ genannt, aus der Oper „Der Gefangene im Kaukasus“ von Cui, erinnert mehr an den h des Inhalts der Oper, als an eine Tanzweise. Eine Arie aus Rubinstein's hekannter Oper „Nero“, von Herrn Sommer vorgetragen, sowie „Ein Sonnen⸗ aufgang in Moskaus aus dem Vorspiel der Oper „Khorwantschina“ von Moussorgskyenthielten manche stimmungdvollen und poetischen Züge. Den Schluß bildete die Ouverture zu „Rußlan und Ludmila“ von Glinka, dessen Oper „Das Leben für den Jar⸗ ier noch in gutem Andenken steht. Allen Vortragenden, dem Philharmonischen Phe und dem Diri-
e
genten wurde wohlverdiente Anerkennung für ihre Leistungen zu theil. —
8 ““ 8. E““