1899 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

§ 18.

In jedem Arbeitsraume sowie in dem Ankleide⸗ und dem Speiseraume muß an einer in die Augen fallenden Stelle eine Tafel aushängen, die in deutlicher Schrift die Bestimmungen der §§ 1 bis 17 wiedergiebt.

1““ III. Schlußbestimmung.

Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. Juli 1899 in Kraft, soweit nicht ihr früheres Inkrafttreten für einzelne Theile des Reichsgebiets durch die Landes⸗Zentral⸗ behörde oder die höhere Verwaltungsbehörde angeordnet wird.

Berlin, den 28. Januar 1899.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers. Graf von Posadowsky.

heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 2 des „Reichs⸗Gesetzblatts“ enthält untr Nr. 2543 die Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Roßhaarspinnereien, Haar⸗ und Borsten⸗ zurichtereien sowie der Bürsten⸗ und Pinselmachereien, vom 28. Januar 1899. 8 Berlin W., den 1. Februar 1899. 6 gMaiserliches Post⸗Zeitungsamt. Weberstedt.

Königreich Preuße

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Ober-⸗Regierungs⸗Rath Müller zu Berlin, der von den zum thüringischen Zoll⸗ und Steuervereine gehörenden Staatsregierungen zum General⸗Direktor dieses Vereins berufen worden i⸗ zum Geheimen Finanz⸗Rath und

den bei der Provinzial⸗Steuer⸗Direktion in Magdeburg angestellten Regierungs⸗Rath Engelhardt zum Ober⸗Regie⸗ rungs⸗Rath zu ernennen, sowie

infolge der von der Stadtverordneten⸗Versammlung zu Stendal getroffenen Wahl den bisherigen Gerichts⸗Assessor Dr. Bernhard Schütze, zur Zeit Magistrats⸗Assessor daselbst, als besoldeten Beigeordneten (Zweiten Bürgermeister) der Stadt Stendal für die gesetzliche Amtsdauer von zwölf Jahren zu

6 8 Finanz⸗Ministerium.

Dem Ober⸗Regierungs⸗Rath Engelhardt ist die Stelle eines Ober⸗Regierungs⸗Raths bei der Provinzial⸗Steuer⸗ Direktion in Berlin verliehen und

der Regierungs⸗Rath Dr. Sczepansky zu Breslau als Mitglied an die Provinzial⸗Steuer⸗Direktion zu Magde⸗ burg versetzt worden.

Zu Steuer⸗Inspektoren sind ernannt: die Kataster⸗Sekretäre Bendermacher in Koblenz und Karl Götze in Arnsberg, owie die Kataster⸗Kontroleure Heye Becker in Schrimm,

urghard in Zielenzig, Falkenhain in Grottkau, Haller in Dorimund, Helmer in Lüdinghausen, Joens in Rheydt, Keienburg in Iserlohn, Kolb in Ortelsburg, Hermann Krüger in Neutomischel, Meding in Gerdauen, Paul Müller in Rastenburg, Ernst Reichardt in Andernach, Carl Ferdinand Voigt in Berlin und Wilmsen in Nauen.

Die infolge Ablebens ihres bisherigen Inhabers erledigte Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Tondern ist dem zur Verfügung stehenden Rentmeister, zeitigen kom⸗ missarischen Amtsvorsteher Petersen in Scherrebeck verliehen vnmmmseee— 8 1““ 8

Königliche General⸗Lotterie⸗Direktion.

. Bekanntmachung. Die Erneuerungsloose sowie die Freiloose zur 2. Klasse 200. Königlich preußischer Klassen⸗Lotterie find nach den §8 5, 6 und 13 des Lotterieplans, unter Vor⸗ legung der bezüglichen Loose aus der 1. Klasse, bis zum 6. Februar cr., Abends 6 Uhr, bei Verlust des An⸗ rechts, einzulösen. 8 Die Ziehung der 2. Kl 10. Februar, Morgens 8 Uhr, im 3 Gebäudes ihren Anfang nehmen. Berlin, beee“] .G.“ Königliche General⸗Lotterie⸗Direktion. nisterium der öffentlichen Arbeiten. Bei dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten ist der Willibald Raetzel zum Geheimen 1 1uö““

lasse dieser Lotterie wird am iehungssaale des Lotterie⸗

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen . und Forsten.

Die Oberförsterstelle Steegen im Regierungsbezirk zig ist 1. Mai d. J. anderweit zu besetzen.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗ S bekannt 1

Samml. S. 357) sind gemacht: 1) der Allerhöchste Erlaß vom 17, August 1898, betreffend die 1 des Entei an den Kreis Winsen zur Ent⸗ und zur dauernden Beschränkung des für den Bau einer zung der Landstraße en Hunden nach Oldershausen und von über Eichholz Niedermarschacht in Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums, durch das Amtsblatt der Königlichen ereen Lüneburg Nr. 39 S. 257, ausgegeben am 30. Sep⸗

tember 1898; 2) der Allerhöchste Erlaß vom 31. August 1898, betreffend die

gerbeiaes eines virras zu dem Statut der Deutschen

Berlin vom 31. Juli 1895, durch

das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt

Berlin, Jahrgang 1899 Nr. 1 S. 12, ausg 16 Jamn

3) das am 11. November 1898 Allerhöchst vollzogene Statut des Neu⸗Passarger Deichverbandes durch das Amtsblatt der König⸗ lichen Regierung zu Königsberg Nr. 50 S. 509, ausgegeben am 15. Dezember 1898;

4) der Allerhöchste Erlaß vom 25. November 1898, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Kottbus zum Erwerbe der zu den Rieselanlagen für die städtischen Kanalisations⸗ wässer noch erforderlichen Flächen in der Gemarkung Sandow, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O., Jahr⸗ gang 1899 Nr. 2 S. 5, ausgegeben am 11. Januar 1899;

5) der Allerhöchste Erlaß vom 7. Dezember 1898, durch welchen der Gemeinde Epterode im Kreise Witzenhausen das Recht verliehen worden ist, das zur Ausführung der geplanten, aus dem Roderich⸗ stollen in der Gemarkung Laudenbach zu speisenden Wasserleitung noch ersorderliche Grundeigenthum im Wege der Enteignung zu er⸗ werben, oder, soweit dies ausreichend ist, mit einer dauernden Be⸗ schränkung zu belasten, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Cassel, Jahrgang 1899 Nr. 2 S. 5, ausgegeben am 11. Ja⸗ nuar 1899;

6) der Allerhöchste Erlaß vom 12. Dezember 1898, betreffend die Verleihung des Rechts zur ꝛc. an die Ge⸗ meinde Hopsten im Kreise Tecklenburg für den von ihr als Chaussee ausgebauten Weg vom Dorfe Hopsten bis zur Gemeindegrenze in der Richtung auf Halverde, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster, Jahrgang 1899 Nr. 2 S. 7, ausgegeben am 12. Ja⸗ nuar 1899.

.GGG..

Die Personal⸗Veränderungen in der Armee be⸗ finden sich in der Dritten Beilage.

Aiicchtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 1. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag den Vortrag des Chefs des Zivilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Lucanus und nahmen Mittags die Rapporte der Leib⸗ Regimenter sowie militärische Meldungen entgeggen.

Der Bunde ich Plenarsitzung.

Der 71. Kommunal⸗Landtag der Kurmark entschied in seiner 5. Plenarsitzung über 4 Gutachten des I. und 9 solche des II. Ausschusses. Die ersteren betrafen den Verwaltungs⸗ bericht und die Rechnungen der Landfeuersozietät der Kurmark und der Niederlausitz, die Stempelpflicht der mit der Sozietät verbundenen Mobiliarversicherung sowie deren Er⸗ füllung und die Wiederbewilligung von 30 000 Bauprämien für die Umwandlung in feuersichere Dächer. Die letzteren betrafen die Rechnungen der Kurmärkischen Hilfskasse und acht Unterstützungsgesuche milder Stiftungen, von denen fünf bedacht, drei aber abgewiesen wurden, und zwar zwei deshalb, weil sie eine Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben nicht beigefügt hatten, und die dritte, weil die Stiftung sich in günstiger Vermögenslage befindet und zuerst die Stadt Berlin einzutreten hat. Seine nächste Sitzung wird der Landtag am Donnerstag, den 2. d. M., Vormittags 11 Uhr, halten.

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Nach einer telegraphischen Mittheilung an das Ober⸗ Kommando der Marine sind S. M. S. „Charlotte“, Kom⸗ mandant: Kapitän zur See Vüllers, und S. M. S. „Stosch“, Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Ehrlich, am 30. Januar in Oran angekommen und beabsichtigen, am 2. Februar nach Algier

in See zu gehen. 8 8 E““

In der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage zur heutigen

Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird ein Auszug aus den vom Kriegs⸗Departement in Washington unterm 17. Dezember 1898 erlassenen Zoll⸗Verordnungen für die von den Vereinigten Staaten von Amerika besetzten Häfen auf Cuba gebst Zolkkarif, versssesehhn

8

älisch rovinzial⸗ T. B.“ zufolge, beschlossen, die bean⸗

spruchte Garantie für den Mittellandkanal und für die

Kanalisierung der Weser von Minden bis Hameln zu

übernehmen.

Braunschweig.

In der gestrigen Sitzung des Landtages ist, nach einer

Meldung des „W. T. B.*, zwischen diesem und der Regierung

eine Vereinbarung über die Grundzüge des neuen Wahl⸗

gesetzes zu stande gekommen.

Oesterreich⸗Ungauarilrn.

Bei Beginn der gestrigen Sitzung des österreichische Abgeordnetenbauses erklärte, wie „W. T. B.“ meldet, der Präsident Dr. von Fuchs:

Wir Alle waren in der verflossenen Sitzung Zeugen von Vor⸗ kommnissen, die gewiß alle aufs tiesste bedauern, und die mir Ver⸗ anlassung en haben, die Sitzung rasch zu schließen. Den 82 bierzu gab ein Vertreter der Presse in der Journalistenloge dur

wischenrufe und Beifallsäußerungen. Zur Wahrung der Würde des uses, aber auch zur Wahrung der Autorität des Präfidenten sah ich mich veranlaßt, Erhebungen hierüber anzustellen, und habe ich auf Grund dieser Erhebungen mich nicht allein für berechtigt, sondern auch für verpflichtet erachtet, diesem Vertreter der Presse, der zu diesen Vortommnissen Anstoß gab, eine Rüge zu ertheilen und eine

Disziplinarftrafe über ih ängen. Ich habe dies

nach reiflicher Ueberlegung gethan und auf Grund ernster Ueberzeugung, Niemandem zu Liebe, Niemandem zu Leide. Ge⸗ statten Sie mir, daß ich an diese Mittheilung noch einige Worte knüpfe: Wenngleich ich diese Handlungsweise eines Vertreters der Presse verurtheile und mißbillige, so kann ich nicht umhin, mein tiefstes Bedauern darüber auszusprechen, daß einige Abgeordnete in die Prärogative des Präsidenten und der Ordner eingegriffen und sich Befugnisse angeeignet haben, zu denen sie nach den Bestimmungen der Hausordnung absolut nicht berechtigt waren. Ich hoffe, daß das Monitum genügen wird, um eine Wiederholung solcher Scenen zu

vermeiden.

Nach der dann folgenden, etwa zwei Stunden währenden wörtlichen Verlesung der eingebrachten Inter⸗ pellationen und Anträge schritt der Präsident zum Schluß der Sitzung. Ueber die Tagesordnung der näͤchsten Sitzung entspann sich eine lebhafte Debatte. Der Abg. Dr. Groß nahm den Antrag Daszynski wieder auf, wonach der dringliche Antrag der Sozialdemokraten, betreffend die Aufhebung des 8 14, sofort verhandelt werden solle. Die nachfolgenden

edner beschäftigten sich mit der Frage, wer an den gegen⸗ wärtigen parlamentarischen Zuständen schuld sei. Der Abg. Dr. Groß sagte, die Regierung sei daran schuld, ebenso die Czechen mit ihren maßlosen nationalen Forderungen. Der Abg. Dr. Kramarcz (mit großem Lärm von der Linken empfangen) meinte, die Deutschen seien schuld, weil sie in Oesterreich die erste Rolle spielen wollten und weil sie glaubten, daß Oesterreich nur unter ihrer Führung bestehen könne. Der Abg. Prade griff den Feudaladel an und sagte: es werde im Parlament keine Arbeit geben, so lange nicht das gegenwärtige feudal⸗klerikale System beseitigt sei. Die einzige Möglichkeit, aus der gegen⸗ wärtigen Krisis herauszukommen, sei die Schaffung eines Be⸗ amten⸗Ministeriums, welches zwischen den Völkern einen gesetz⸗ lichen Zustand schaffen müsse. Der Abg. Schönerer sprach sich gegen den Antrag Daszynski aus und stellte den Antrag auf Verhandlung über den dringlichen Antrag, betreffend die Ministeranklage. Der Präsident Dr. von Fuchs schlug die nächste Sitzung für den Abend vor, mit der Tagesordnung: Verhandlung über das Staatsdienergesetz. Der Abg. Schönerer erhob Einspruch und sagte, daß er denselben nur dann zurückziehen werde, wenn der Finanz⸗Minister üc verpflichte, das Staatsdienergesetz noch im Laufe des Februar sanktionieren zu lassen. Die Abgg. Kaiser und Dr. Groß erklärten namens ihrer Parteien, daß die Abstimmung über den Vor⸗ schlag des Präsidenten geschäftsordnungswidrig sei, weshalb sie nicht theilnehmen koͤnnten. Die deutsche Linke verließ darauf den Saal. Das Haus nahm den Vorschlag des Prä⸗ sidenten an, und die Siung wurde geschlossen.

Von dem Minister⸗Präsidenten Grafen Thun ist eine Zu⸗ schrift eingegangen, worin ersucht wird, die nach voraus⸗ gegangener Verhandlung zu stande gekommenen Verträge mit dem Deutschen b wegen Verlegung der Grenze in die Mitte des Przemszaflusses der verfassungmäßigen Behandlung zuzuführen.

In der Abendsitzung verhandelte das Haus über den Be⸗ schluß des Herrenhauses, nach welchem das Staatsdienergesetz mit dem Tage seiner Bekanntmachung in Kraft treten solle Nach längerer Debatte wurde der Antrag der Minorität, nach welchem 85 Gesetz mit rückwirkender Kraft vom 1. Januar 1899 an in Geltung treten solle, mit 150 gegen 149 Stimmen angenommen. Das Ergebniß der Abstimmung wurde von der Linken mit großem S aufgenommen.

In einer Zuschrift des Minister⸗Präsidenten Grafen Thun an die Präsidien der beiden Häuser des Reichsraths vom heutigen Tage wird die Vertagung des Reichsraths auf Grund Allerhöchsten Auftrages aus⸗ gesprochen.

Frankreich.

Der Senat berieth gestern das italienisch⸗französische andelsübereinkommen. Der Senator Fresnau sprach sich gegen den Gesetzentwurf aus; der Berichterstatter Lourties sowie der Minister des Auswärtigen Delcassé sprachen zu Gunsten desselben. Der Gesetzentwurf sei für Frankreich vortheilhaft und werde die Be⸗ ziehungen zwischen beiden Ländern verbessern. Unter Beifall von mehreren Seiten wurde die Vorlage mit 248 gegen 4 Stimmen angenommen. Der Senat genehmigte ferner den Gesetzentwurf, betreffend ein Uebereinkommen, durch welches mehrere Punkte des internationalen Privatrechts zwischen Frank⸗ reich, Deutschland, Rußland, Dänemark, Spanien, Portugal,

Rumänien, Schweden und der Schweiz geregelt werden.

Die Kommission der Deputirtenkammer, welche mit der Prüfung des von der Feenh eingebrachten Gesetz⸗ entwurfs, betreffend das Revisionsverfahren, betraut worden ist, trat gestern Nachmittag zusammen. Der Justiz⸗Minister Lebret übergab ihr die Akten der von dem Präsi⸗ denten des Kassationshofs Mazeau und den Räthen des Kassationshofs Dareste und Voisin vorgenommenen Unter⸗ suchung. Bevor die Kommission zur Prüfung derselben schritt, beschloß sie, über alle diese Untersuchung betreffenden Aktenstücke die strengste Diskretion zu bewahren, bis sie über den ihr vorgelegten Gesetzentwurf und die Veröffentlichung aller Einzelheiten jener Untersuchung einen Beschluß gefaßt haben werde. Die Kommission wird nach jeder Sitzung ein zur Veröffent⸗ lichung bestimmtes offizielles Protokoll a fassen. Nachdem sich der Justiz⸗Minister Lebret zurückgezogen hatte, begann die Kom⸗ mission sofort mit der Prüfung der Akten. Die Kommission wird, wie man annimmt, ihren Bericht nicht vor c—9 er⸗ die Berathung in der Kammer dürfte am Montag statt⸗

nden. Die Kriminalkammer des Kassationshofes hat

. den früheren Minister der auswärtigen Angelegenheiten 8*

anotaux vernommen. 8 Italien. Die Deputirtenkammer genehmigte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, einen Gesetzentwurf, nach welchem Silberscheidemünzen in Umlauf gesetzt und die kleinen Noten eingezogen werden sollen. Der Schatz⸗Minister Baccelli erklärte, es sei jede Gefahr ausgeschlossen, daß es an Silberscheidemünzen mangeln könne.

Blulgarien.

11n ZP1 . Ihre Königliche Hoheit die Fürstin Marie Louise

von Bulgarien ist gestern verschieden.

Die verewigte Fürstin war am 17. Januar 1870 zu Rom als die älteste Tochter des Herzogs Robert von Bourbon⸗Parma aus dessen erster Ebe mit der im November 1882 verstorbenen Prinzessin

aria Pia von Bourbon⸗Sizilien geboren. Höchstdieselbe vermählte sich am 20. April 1893 zu Villa Pianore mit dem besssen Fefdinzen von Sachsen⸗Coburg und Gotha, Fürsten von ulgarien.

ind vier Kinder entsprossen: der Prinz Boris, geb. zu 2 1894, rinz Kvrill, geb. zu Sofia am 17. November 1895, die Prämzessin Eudoxie⸗Augusta, geb. zu Sofia am 17. Januar 1898, unnd die jüngstgeborene Prinzessin, welche den Namen Nadeschda erhalten soll. 1 j 4

Ueber das Ableben der Fürstin meldet die „Agence Bulgare“: Die Hofärzte schöreiben den Tod der Influenza, zu pelcher sich eine Lungenerntzündung gesellt hatte, und der verfrühten Niederkunft zu- Die Nachricht von dem Hin⸗ scheiden der Fürstin rief AUnter der Bevölkerung von Sofia tiefste Bestürzung hervor. Sämmtliche äuser der Haupt⸗ stadt tragen Trauerschmuck. Das Palais ist seit gestern früh von einer großen Menschenmenge umlagert; überall

iebt sich die tiefste Theilnahme kund. Eine weitere Meldung

befagt⸗ Die Fürstin lag seit vorgestern Abend in Agonie; der Bevölkerung war ihr Zu stand nicht bekannt. Gestern früh empfing die Fürstin bei Bewußtsein die Sterbesakramente, dann nahm sie von ihren Fäindern Abschied. Der Fürst wich nicht vom Sterbebett. UebLer die Bestattung ist bisher noch keine Verfügung getroffen.

Das neue Kabinet ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, nunmehr, wie folgt, gebildet worden: Grekow Präsidium und Auswärtiges, RKadoslawo m Inneres, Ivantschow Unterricht, Tontschew öffentliche Arbeiten, Tenew Finanzen, Natscho⸗ witsch Handel und Ackerbau, Peschew Justiz, Oberst Paprikow Krieg. Dem neuen Kabinet gehören 4 Rados⸗ lawowisten und 4 Parteilose an. 1“ ““

Schwedem und Norwegen.

Die schwedische Flotte wird, wie dem „Hamb. Korresp.“ aus Stockholm berichtet wind, im Laufe des nächsten Monats Wum zwei Panzerschiffe mittlerer Größe (3300 t), „Njord“ und „Thor“, Vermehrt werden, welche je zwei 21 cm, sechs 12 cm schrꝛaellffeuernde, 14 Maschinenkanonen und einen Apparat zur Lancierung von Torpedos (45 cm) erhalten. Die Schiffe werden eine Fahrtgeschwindig⸗ keit von mehr als 16 Fnoten besitzen. Der Marine⸗

Minister hat außerdem beimReichstage um einen außer⸗

ordentlichen Kredit nachzgesucht, um drei der älteren, aber

sonst brauchbaren Panzersche iffe der Flotte modernisieren und mit stärkeren schnellfeuernden Geschützen versehen zu lassen.

Amerika.

Das Repräsentante nhaus hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, gestern die Bill, betreffend die Er⸗ höhung der Präsenzstär keder Armee, angenommen mit der Maßgabe, daß die Präsenzstärke im Minimum 57 000 und im Maximum 95 000 Mannn betragen soll.

Es ist der Befehl ertheilt worden, die Absendung von Verstärkungstruppen nach den Philippinen zu be⸗ schleunigen. Das Kriegsschiff „Philadelphia“ hat San Diego verlassen, um nach Samoa zu gehen. Robert Porter ist in besonderer Mission nach Cuba gegangen, um festzustellen, ob die cubanischhen Truppen bereit seien, sich auf⸗ zulösen, wenn sie einen Sold im Betrage von 3 Millionen Dollars empfingen. Die Gubaner verlangen 30 Millionen.

Das „Reuter'sche Buxeau“ meldet aus Peking vom gestrigen Tage, der britische Gesandte weigere sich, Hsu⸗ tsching⸗tschang als SLeiter des Eisenbahnwesens anzu⸗ erkennen, bevor nicht Beläge für die Anschuldigungen gegen Hu⸗yü⸗fen erbracht worden seien.

Der „Times“ wird aus Shanghai von gestern gemeldet, daß die dortigen einheimischen Blätter Telegramme über die Erhebung in der Provinz Agan⸗hwei enthielten, in denen es heiße, die Zahl der Aufrührer erhalte einen beträchtlichen aus den Provimzen Schantung und Honan; die

ewegung gehe in der Rich tung auf den Nana⸗tse⸗Kiang vor. Der Meldung wird hinzaugefügt, daß die Nachrichten der einheimischen Presse im Allgemeinen unbestimmt und unglaub⸗ seien.

Uus Hongkong berichtet das „Reuter'sche Bureau“, das Comité der Eingeborenen auf den Philippinen veröffentliche folgende Naachrichten aus Manila: Das Vol der Philippinen Protestiere gegen die Weigerung der amerikanischen Regierꝛung, den mit der Untersuchung der Lage auf den Philippinen betrauten amerikanischen Kommissaren Vertreter der Wö“ beizugesellen. Es sei unmöglich für die ausschließli in anila tagende Kommission, ohne die freundschaftliche Mitarbeit der Nationalregierung zu einenn richtigen Verständniß der gegen⸗ wärtigen Lage auf den Philippinen und der auf die Selbst⸗ verwaltung gerichteten Beftrebungen des gesammten Volks sn gelangen. In der vergangenen Woche sei in einer Vor⸗ tadt von Manila ein junm Zer Filipino von einem amerika⸗ nischen Soldaten durch einzten Flintenschuß getödtet worden, weil er auf dem Marktplatze mit einem Chinesen in Streit sei. Der Soldat sei nicht bestraft worden. Der

ater des getödteten jungen Filipino habe dann, um sich zu rächen, einen vorgesch obenen amerikanischen Wachtposten angegriffen und drei Ame rikaner durch Messerstiche getödtet, die anderen seien entflohen. Dem Filipino sei es gelungen, zu entkommen. Ein Offizier der Eingeborenen sei in Manila auf einem Spaziergange von einem amerkkanischen Soldaten getödtet und der Soldat nicht bestraft worden. Die amerikanischen Truppen forderten täglich zu Feindselig⸗ keiten heraus und begingen Akte des Vandalismus. In der Mittheilung des Comit Es werden auch die Ende Dezember vom „New 1-e derbreiteten Gerüchte betreffs einer Freibeuter⸗Expedition der Eingeborenen und der allgemein errschenden Anarchie dementierk. Das ganze Land gewähre 8 5* seine volle ei. Unterstützung, Alche Autorität überall anerkannt werde. Alle Provinzen des ipels seien auf dem Konngreß der Eingehorenen vertreten.

Afrika.

Wie das „Reuter’'sche Bureau“ aus Kairo meldet, haben seaeeee ce, hehe He daß die Wirks amkeit der t F 1 Jahr echangert werhen vom 1. Februar ab auf ein ie „Indspendance Belge“ veröffentlicht unter Vorbehalt folgende Kachrichten, die ir aus Matadi (am Congo) zuge⸗ sarge sind: Die Truppen Dothaire's sollen zu den aufständi⸗ 8* atetelas übergegangern sein. Der Leutnant Doorme und 1“ andere Beamte d es Congostaats seien getödtet vor en. Lothaire selbst sei gefangen und verwundet. Von Baron 8 sei man ohne Nachricht. Die Congo⸗Regi erklärte, daß sie von diesen Vorgängen nichts wisse.

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Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗

tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Dritten und Vierten Beilage.

In der heutigen (23.) Sitzung des Reichstages standen zur dritten Berathung der von den Abgg. Graf von Hompesch (Zentr.) und Genossen eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung des Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu, und die von den Abgg. Rickert (fr. Vgg.) und Graf zu Limburg⸗Stirum (d. kons.) ein⸗ gebrachten gleichlautenden Gesetzentwürfe, betreffend die Aufhebung des § 2 des genannten Gesetzes.

In der Generaldiskussion nahmen die Abgg. Dr. Schädler (Zentr), Rickert (fr. Vgg.), Dr. Lieber (Zentr.), Graf zu Limburg⸗Stirum (d. kons), Bebel (Soz.) und Dr. Sattler (nl.) bis zum Schluß des Blattes das Wort. vW A1X“

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen 10.) Sitzung, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗

inisteriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und der Minister für Landwirthschaft zꝛc. Freiherr von Hammer⸗ stein beiwohnten, die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1899 beim Etat der landwirth⸗ schaftlichen Verwaltung foort.

Bis zum Schluß des Blattes nahmen die Abgg. Pleß (Zentr. und Gothein (fr. Vgg.), sowie der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein das Wort.

*

Nr. 4 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 25. Januar hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krankheiten. Gesundheitsverhältnisse in Stuttgart, 1897. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen.) Impf⸗ und Lymph⸗ erzeugungsinstitute. (Berlin.) Müllabfuhr. (Waldeck.) Ziegeleien ꝛc. (Oesterreich. Nieder⸗Oesterreich.) Epidemiespitäler. (Böhmen.) Privat⸗Entbindungsanstalten. (Schlesien.) Desel. (Steier⸗ mark.) Hausapotheken. (Bulgarien.) Weine. Gang der Thierseuchen im Deutschen Reiche, 15. Januar. Desgl. in Ungarn, 4. Vierteljahr. Maul⸗ und Klauenseuche in Lissabon. Zeitweilise Maßregeln gegen Thierseuchen. (Be⸗ richtigung. Deutsches Reich, Oesterreich) Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Italien.) Lymphe, Heilserum ꝛc Vermischtes. Sterblichkeit in größeren Verwaltungsgebieten des In⸗ und Auslandes, 1897. (Preußen, Halle a. S.) Gemeinde⸗ verwaltung, 1897/98.— (Oesterreich.) Serumbehandlung bei Diphtherie, 1898/97. Wasseranlagen. (Ungarn, Budapest.) Sterblichkeit, 1886/90. (Britisch⸗Ostindien.) Lepraasyl in Mandalay. Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Grundwasser⸗ stand und Bodenwärme in Berlin und München, Dezember.

Aus Eupen wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben, daß die am 25. Januar vor dem Gewerbe⸗Inspektor in Aachen erfolgten Ver⸗ handlungen zur Beilegung des Weberausstandes in der Tuchfabrik Lejeune⸗Vincent wiederum zu keinem Ergebniß geführt haben.

Aus Düren wird demselben Blatt gemeldet: In der Drämann'schen Tuchfabrik zu Birkesdorf sind 94 Weber in den Ausstand ge⸗ treten, um eine Abänderung der Arbeitsbedingungen herbeizuführen.

In Rhbeydt sind der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ zufolge in der Färberei Gebrüder Erckens eine Anzahl Arbeiter ohne Kündigung aus⸗ ständig geworden. Sie verlangen Lohnerhöhung und Zehnstundenarbeit.

In Bramsche ist, wie demselben Blatt aus Osnabrück berichtet wird, ein Theilausstand der Weber bei der Firma Gebrüder Sanders ausgebrochen.

Aus Kopenhagen wird der „Köln. Ztg.“ telegraphiert, daß alle Metzgergesellen der Hauptstadt gestern Vormittag in den Ausstand eingetreten sind. 4 8* 8

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18 Kunst und Wissenschaft. 8

Die im Lichthofe des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums gegenwärtig ausgestellte, für die städtische höhere Webeschule bestimmte Stoffsammlung wird noch bis zum Donnerstag, den 9. Februar, verbleiben. Die Ausstellung der Neuerwerbungen, im Schlüter⸗Zimmer, bleibt bis zum März beisammen.

Der Kunsthandlung von B. und P. Cassirer (Victoria⸗ straße 35), die in ihrem Cyclus von Kollektivausstellungen das Berliner Publikum in diesem Winter bereits mit einer Reihe interessanter künstlerischer Erscheinungen des Auslandes, zuletzt mit den Werken der holländischen Naturalisten Israels, Maris Breitner und Mauve bekannt gemacht hat, ist es jetzt gelungen, eine stattliche Zahl von Arbeiten des bekannten Frankfurter Makers Hans Thoma zu einer Ausstellung zu vereinigen, die ein fesselndes Bild von der Entwickelung dieser selbständigen Künstlernatur entrollt. Auch wer der enthusiastischen Bewunderung, die dem lange Ver⸗ kannten neuerdings entgegengebracht wird, nicht ganz beipflichten kann, muß bekennen, daß das Schaffen Thoma's den Eindruck einer starken, einheitlichen und in sich abgeschlossenen Persönlichkeit erweckt. Die Bilder aus dem Anfang der siebziger Jahre, die frühesten der Ausstellung, die Thoma als Dreißigjähriger gemalt hat, nachdem er im Düsseldorfer Atelier Schirmer’'s und in Paris seine Studien ge⸗ macht, überraschen durch das dunkle, ins Grünliche fallende Kolorit und die feste, fast allzu bestimmte Formgebung, die der eines Trübner und Leibl verwandt erscheint. Die „balgenden Jungen“ aus dem Jahre 1872 sollen im Alkelier rübner's gemalt sein und haben viel von dessen strenger Naturauffassung, ebenso das „Hühner fütternde Mädchen“, das zwei Jahre früher entstanden ist. Aber schon in der „Engelswolke“ (1878) schlägt Thoma das Thema an, das er seitdem unzählige Male variiert hat. Reli⸗ giöse Stoffe, wie Christus und die Samariterin (1881) behandelt er in der gleichen treuherzigen, ja manchmal etwas spießbürgerlichen Manier, wie ganz phantastische Vorwürfe, z. B. den auf einer Fels⸗ klippe hockenden Meergreis. Dieses sich in sic selbst Versenken, das für die Bestrebungen anderer Kunstgenossen kein Auge hat, macht sich mehr und mehr in seinem Schaffen geltend. Trotzdem behalten auch diese späteren Arbeiten etwas Unfreies, Gequältes; dem Welt⸗ bild, das aus der Tiefe einer gans auf sich gestellten Natur zurückstrahlt, fehlt der Reiz der Unbefangenheit und des souveränen

umors, der den Schöpfungen Böcklin's so unvergängliche Jugend eiht. Einzig die Landschaften Thoma’'s gewähren einen ganz un⸗ getrübten Genuß. Eine tiefe, echt deutsche Poesie spricht z. B. aus dem ergreifenden Bild des Felsenthals, dessen hochgethürmte Stein⸗ massen in den abendlichen Himmel hineinragen, während am Fuß der Berge im kühlen Schatten mächtiger Baumriesen auf blumiger

Wiese ein träumerischer Wanderer rastet. Auch die Fernblicke auf weithin sich streckende, von silbernen Bächen durchströmte Thäler weiß Thoma mit dem ganzen sehnsuchtweckenden Reiz zu umkleiden, den unsere heimische Landschaft für jeden Naturfreund hat. So ist das 1897 gemalte „Taunusthal“ wohl zu den trefflichsten Arbeiten der letzten Schaffensperiode des Meisters zu zählen. Neben solchen Leistungen treten sowohl die älteren Genrebilder wie die recht steifleinene und trockene Marktscene aus dem Jahre 1889, ebenso die Bildnisse und mythologischen Darstellungen von seiner Hand erheblich zurück. Auch de eigenwillige, in Einzelheiten sehr charaktervolle „Kinderreigen“ reicht an die Landschaften und ihre einheitliche Stimmung bei weitem nicht heran. Bei aller Liebe und Intimität, die aus dem orträt seiner Gattin spricht, überwindet der Beschauer doch nicht den Eindruck einer geklügelten und unfreien Arbeit. „Apoll und Diana“ in An lehnung an Dürer's Kupferstich gemalt der „Wächter vor dem Liebesgarten“, die „Erika“ und andere Bilder, die als typische Thoma gelten können und von seinen Verehrern in den Vordergrund gerückt werden, sind sicherlich mit der gleichen Hingebung geschaffen wie sein Landschaften, ob sie aber der Nachwelt als die bedeutungsvollsten Aeußerungen seiner Kunst gelten werden, ist zu bezweifeln. Neben den Oelgemälden finden wir in der Ausstellung noch zahlreiche zum thei von dem Künstlerübermalte Steindrucke, unter denen die „Phantasie vögel“ am stärksten wirken, und eine Fülle von Studien und Zeich nungen. Ein vollständigeres Bild von Thoma's Wirken ist bishe wohl kaum in einer Ausstellung geboten worden, und das Verdienst zur Klärung des Urtheils über den Vielbewunderten und Viel geschmähten beigetragen zu haben, soll den rührigen Veranstaltern nicht vergessen werden. 1 In einer Atelier⸗Ausstellung hat Walter Leistikow seine Arbeiten aus den letzten Jahren vereinigt. Was ihn, neben Anderen die hier nur hin und wieder ein Motiv fanden, zum eigentlichen Maler der Mark macht, ist von früheren Jahren her bekannt. Er hat der märkischen Landschaft über die einzelne Vedute hinaus ihren Reiz abgewonnen, man könnte sagen, ihren Stil entdeckt. Wie in den stillen dunkeln Seen die kerzengraden Kiefern sich spiegeln, wie ei später Sonnenblick aus den schwarzgrünen Kronen das Roth der Stämme aufleuchten läst, wie zwischen den knorrigen und sturmverwehten Aesten der Blick auf eine weite, zurückliegende Landschaft sich öffnet darin hat Leistikow zuerst die Schönheit der einst als „des heiligen römischen Reiches Streusandbüchse verrufenen Mark zu finden gewußt. Zwei Sommer haben ihn dann nach Skandinavien ge führt, wo eine größere Natur ihm andere Aufgaben nahe legte. Das Hochplateau mit wogenden Kornfeldern und ziehenden Wolken die leichten Schwellungen eines weiten Geländes zwangen den Künstler der daheim mehr Linien und Farben gesucht hatte, auf die Form einzu gehen, und das energische Relief des Hochlandes zu modellieren. Darüber

hinaus haben ihn, der die scharfen Profile in der Landschaft liebt, die 1

Riesen des Hochgebirges angezogen mit ihren schneebedeckten Granit spitzen und den stillen Wasserspiegeln, die sie rings umschließen Zwei solche Motive ziehen diesmal das Auge immer wieder an; zunächst eine Hochgebirgsscenerie mit einem Gletschersee: in markigen Zügen sind die schroffen Zacken und Kanten gezeichnet, und der krystallklare Schmelz der in blau und lichtgrün gebrochenen Eismassen giebt die vornehmste koloristische Wirkung. Das andere Bild ist ein Blick vom Meer au eine majestätische Hochgebirgskette, die ihren dunkeln zackigen Kamm i die stille Luft streckt, während die trübe Sonnenscheibe fast geister haft dahinter aufsteigt. In Dänemark malte der Künstler dann noch mit großem Formgefühl einen welligen Gras⸗ plan vor einem leuchtenden Landhäuschen, das zwischen großen, dunkelfarbigen Baumkulissen hindurch sichtbar wird, und das dämmerige Innere eines Waldes mit schimmernden Stämmen, deren merkwürdig ornamentale Linien ihn besonders angezogen haben mögen. Ueberraschend wirkt die Aehnlichkeit mancher nordischen Motive mi denen unserer Heimath; der von bewaldeten Hügeln eingeschlossen See, der im dunkelsten Schatten liegt, während über die Kiefern bäume und die Wipfel des jungen Eichwalds ein später Sonnenbli sein glühendes Licht wirft, sieht ganz märkisch aus. Die Ausstellun zeigt, was für Gedanken in dem Künstler kreuzen; sein Könne weist ihn entschieden auf die schwierigsten Aufgaben. Wer einer Land schaft auch in ihrer Einfachheit und wenn sie scheinbar reizlos ist wie eine weithin schwellende Ebene, ihren großen Charakter so sicher abzuringen weiß, wie Leistikow, dessen Arbeiten bleibt alles Klein von selbst fern; der Künstler neigt aber dazu, die Vereinfachung der Linien zum Selbstzweck zu machen, das Dekorative, das jede groß gefaßte Landschaft in sich hat, gewaltsam in den Vordergrund zu drängen. Gar zu oft reizt ihn der scharfe Contour allein und di breite Farbenfläche. Es wäre schade, wenn seine große Kunst dadurch zum Kunstgewerbe werden sollte. 8

Aus Stuttgart meldet „W. T. B.“, daß im dortigen Museum für bildende Künste heute Vormittag in Anwesenheit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin die Ausstellung der Münchener Sezession eröffnet wurde.

Literatur.

fk. Publikationen aus den Königlich Staats⸗Archiven. 71. Band: F. Priebatsch, Po Korrespondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles. 1481 1486. (Schluß.) Leipzig, S. Hirzel. Preis 20 dem vorliegenden Bande, der bis zum Tode des Kurfürsten reicht, steht Albrecht Achilles nicht mehr so inmitten der Weltpolitik wie in den beiden ersten. Während er in seinen Mannesjahren ein enger Verbündeter des Kaisers war und dementsprechend in dessen burgundisch⸗französische und ungarisch⸗polnische Händel verwickelt wurde, lockerte sich dieses Verhältniß in seinen letzten Lebensjahren und erscheint der Kurfürst jetzt mehr als Hüter der ständischen Macht denn als Sachwalter des Kaisers. Ganz zum Bruch kam es freilich mit dem Kaiserhause nicht: Albrecht stellte sich der Wahl Maximilian's I. zum Nachfolger seines Vaters Friedrich III. weit freundlicher gegen⸗ über als die übrigen Kurfürsten. Diese Politik belohnte sich, denn bald nach seinem Tode traten die Habsburger wieder an die Seite der Hohenzollern gegen ihre alten Rivalen, die pfälzischen und bayerischen Wittelsbacher. Von besonderem Interesse in dem Bande ist die Lage der Mark Brandenburg, die Albrecht’s Sohn, Markgraf Johann, ziemlich selbständig regierte. Die Landesherrschaft 24 war hier noch nicht so festgestellt wie in Franken; wilde Fehden der Ritter untereinander und mit den benachbarten Fürsten erfüllten das Land, und der Markgraf mußte nicht selten zwischen den Parteien * vermitteln, anstatt den Landfrieden allmählich erzwingen zu können. 8 Es ist Johann'’s Verdienst, hier gründlich Wandel geüschaffen zu haben. Nach dem Tode Albrecht's beginnt ein neuer Abschnitt in der Ge⸗- schichte der Hohenzollern. Im 15. Jahrhundert hatte das Haupt der zugleich Brandenburg und einen Theil Frankens besessen; das us war dadurch gezwungen, nicht blos Territorial⸗, sondern Reichs⸗ politik zu treiben, was ihm ein großes Ansehen unter den Fürsten gab: seit 1486 scheidet sich das Haus definitiv in eine märkische und fränkische Linie, und seitdem sind die Kurfürsten von Brandenburg reine Territorialherren wie die Mehrzahl der übrigen Fürsten geworden, bis sie neue Erwerbungen am Rhein und bermal vor größere Aufgaben stellen. 88

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8 b“*“

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand und Getreidehandel in Rußland.

Rostoff am Don, den 25. Januar 1899. Der am 22. v. MN. eingetretene scharfe Frost ist bereits am 28. v. M. wieder in Thau- wetter umgeschlagen. Seitdem hat hier, abgesehen von einigen neuen, auch immer nur wenige Tage andauernden Anläufen zu winterlicher Witterung, ein ganz ungewöhnlich mildes, zuweilen fast frühlings⸗ mäßiges Wetter geherrscht, unter dessen Einfluß sich die Wintersaaten