1899 / 32 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

daß entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag. 55. Sitzung vom 4. Februar 1899, 1 Uhr.

Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1899 wird bei dem Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung, und zwar bei dem Titel „Ge⸗ halt des Staatssekretärs“ fortgesetzt.

Kierza liegt folgender Antrag der Abgg. Dr. Müller⸗

Sagan (fr. Volksp.) u. Gen. vor:

1) zu erklären, daß Disziplinarmaßregeln gegen Post⸗Unterbeamte wegen Abonnierens auf die Wochenschrift „Deutscher Postbote“ oder wegen Inserierens von Familien⸗ und Vereirsnachrichten in dieser Wochenschrift unzulässig sind, 2) den Reichskanzler zu ersuchen, jede Beschränkung der Postbeamten bezüglich ihrer außerdienstlichen Lektüre zu untersagen.

Ferner beantragt der Abg. Bassermann (nl.):

Die Erwartung auszusprechen, daß gegenüber dem an sich be⸗ rechtigten Gehaltsanspruche der Postbeamten von der Reichsverwaltung die Einrede der Verjährung nicht geltend gemacht wird. 1

Abg. Bassermann (nl.): Die Sozialdemokraten haben sich auf den republikanischen Standpunkt gestellt; da können Sie nicht ver⸗ langen, daß ihre Anhänger Diener der Monarchie sein sollen. Wenn die Sozialdemokraten sagen: „Glauben Sie, daß wir Leute, die in ihren Versammlungen ein Hoch auf den Kaiser ausbringen, in unseren Reiben dulden würden?“ so können Sie sich nicht wundern, daß die Reichsbehörde daraus die Konsequenzen zieht. In die Privat⸗ lektüre wird der Staatssekretär wohl nicht eindringen können; in großen Städten ist eine solche Beobachtung der Beamten in ibrer Privatbeschäftigung garnicht möglich. Es ist vom „Deutschen Postboten“ gesprochen worden. Neue Preßerzeugnisse pflegen immer etwas zu übertreiben, um sich einzuführen. Sind sie erst eingeführt, so werden sie ruhiger, und man sollte solche Dinge ohne Nervosität ertragen Geht man gegen sie vor, so erweitert man schließlich nur ihren Leserkreis, indem man das Interesse für sie erweckt. Die Lohnsteigerungen in den Industriebezirken erregen die Kritik der Beamten und fordern zum Vergleich mit ihren eigenen Gehältern heraus. Mit der Haltung der Postverwaltung gegenüber der Be⸗ schäftigung der Frauen können wir wohl zufrieden sein. So lange die Frauen in so ausgedehntem Maße in Fabriken ꝛc. beschäftigt werden, muß auch der Staat ihnen die leichteren Berufs⸗ arten öffnen. Da muß der Egoismus der Männer zurücktreten. Redner empfiehlt die von ihm eingebrachte Resolution, um die Post⸗ verwaltung in ihrer Stellung zu stärken und fährt dann fort: die Berufung auf die Verjährung würde schon im Privatleben nicht an⸗ ständig sein; der Staat sollte diese Berufung unter allen Umständen unterlassen. Wir haben den Eindruck, daß der Staatssekretär Oodnung in seiner Verwaltung hält und die Sozialdemokraten sich vom Halse halten will, wir haben auch den Eindruck, daß er ein warmes Herz für seine Untergebenen hat. Wir sind in eine Periode der Reformen eingetreten, und das sollte man willig anerkennen

Arg. Dr. Müller⸗Sagan: Den Beweis dafür, daß durch den „Deutschen Postboten“ sozialdemokratische Interessen vertreten werden, hat der Staatssekretär nicht erbracht und garnicht zu erbringen ver⸗ sucht. Er bat nur im allgemeinen über die schlechte Presse ge⸗ sarschen. Wäre die Presse so schlecht, dann müßte sich der Staats⸗

ekretär nicht bloß gegen den „Deutschen Postboten“, sondern auch gegen andere Blätter wenden. Der Staatssekretär sollte doch nicht den Spiegel zerschlagen, der ein ihm nicht gefallendes Bild zeigt. Der „Deutsche Postbote“ ist kein Vergrößerungsspiegel gewesen. Es giebt kein besseres Mittel, sich über Mißstände zu orientieren, als durch ein Fachblatt, dessen Mißgriffe von den Lesern selbst mit der Zeit korrigiert werden. Auch heute gilt der Satz noch, daß die „Gazetten nicht geniert werden“ sollen; sie sind eine Ergänzung des Parlamentariemus. Die Bekanntgabe des Dienst⸗ stundenplanes, die in Saalfeld zur Kündigung zweier Post⸗Assistenten geführt hat, kann man doch nicht als einen groben Vertrauensbruch betrachten; die Einzelheiten eines solchen Planes liegen ja offen vor Jedermanns Augen. Uebrigens hat der Unter⸗Staatssekretär Dr. Fischer früher einmal erklärt, daß die auf Kündigung angestellten Beamten nur ebenso im Wege des Disziplinarverfahrens entl ssen werden können, wie andere Beamten. Ist darnach auch in diesem Falle verfahren worden? Den Redakteur des „Postboten“ hat der Staatssekretär als eine wegen groben Vertrauensbruchs ent⸗ lassene Person bezeichnet. In seiner Redaktionsführung hat derselbe j denfalls gezeigt, daß er das Redaktionsgeheimniß zu wahren weiß. Das Vorgehen gegen dieses Blatt und gegen den Verband der Unterbeamten ist geradezu ein Mißgrff; dadurch werden die Unter⸗ beamten der Sozialdemokratie in die Arme geirieben Sozial⸗ demokraten sind diese Unterbeamten nicht. Der „Postbote“ hat noch lange nicht alle Forderungen vertreten, welche in der Beamtenschaft gestellt werden. Das Lesen des „Postboten“ ist in mehreren Fällen, so in Blesersdorf, Schreiberhau, Brieg ꝛc. direkt verboten worden. Ein Unterbeamter ist vernommen worden, weil seine Vermählung in dem „Postboten“ angezeigt war. Nach den Dienstvorschriften sollen Zeitungen nicht von der Post empfohlen werden. Die von Professor Albrecht redigierte „Neue Post“

aber von zahlreichen Postämtern vertheilt worden; sie haben zum Abonnieren aufgefordert und auf jede Weise den Vertrieb dieser Zeitung erleichtert. Man behauptet, daß die Abonnementslisten des „Deutschen Postboten“ dem Verlag der neuen Zeitung zugänglich gemacht worden sein müßten. Das wäre eine Verletzung des Amts⸗ gebeimnisses. Wir sind noch nicht⸗so weit wie in Frankreich, wo die Thätigkeit des schwarzen Kabinets sehr umfangreich ist; ich würde es lebhaft bedauern, wenn von der bisher bestehenden Sicherheit des Verkehrs auch nur der kleinste Theil abgebröckelt würde. Die Porto⸗ freiheit wird mißbraucht, das wird auch von konservativer Seite an⸗ erkannt; die „Deutsche Tageszeitung“ weist darauf hin, daß die Herzog⸗ liche Gartenverwaltung in Wörlitz die Portofreiheit für ihre Korrespondenz benutzt habe. Zum Schluß bemängelt Redner, daß in . Schwierigkeiten wegen der Telephonanlagen gemacht worden

eien.

Abg. Graf von Klinckowstroem (d. kons.): Meine Freunde werden für den Antrag Bassermann stimmen. Daß nach der gestrigen Debatte der Antrag Müller⸗Sagan eingebracht werden konnte, ist bedauerlich; denn dadurch wird die Disziplin gelockert werden. Die Konservativen werden gegen den Antrag stimmen. Die Sozial⸗ demokraten haben in der letzten Zeit Niederlagen auf Nieder⸗ lagen erlitten. Die Entscheidungen der Gerichte bezüglich der Ent⸗ lassung sozialdemokratisch gesinnter Beamten liegen vor. Diese Ent⸗ cheidungen werden die Sozialdemokraten nicht erfreuen. Redner ver⸗ liest ein Erkenntniß des Ober⸗Verwaltungsgerichts, das jedem Beamten klar mache, wessen er sich schuldig mache, wenn er sich mit den Sozialdemokraten einlasse: er werde meineidig, er verletze den Eid

r Treue, den er geschworen habe. Der Staatssekretär des Reichs⸗ Postamts, fährt Redner fort, hat gestern erklärt, daß diesem Ver⸗ rechen die Strafe auf dem Fuße folgt. Er will keinen Sozial⸗ emokraten in der Postverwaltung dulden. Er geht schwer an eine Beamtenentlassung heran. Wir danken dem Staatssekretär für eine männlichen und ernsten Worte. Die Situation ist geklärt, und wenn Sie (zu den Sozialdemokraten) es ehrlich mit den Beamten meinen, dann lassen Sie Ihre Hand von den Beamten, damit Sie die amilien nicht ins Elend stürzen. Sie wissen, daß die Zeit der chwäche Ihnen gegenüber vorüber ist; die Beamten wissen, daß die Verwaltung zielbewußt Ihnen gegenübertreten wird, und damit ist Ihr Einfluß auf die Beamten dahin. Abg. Franken (nl.): Herr Lingens hat verlangt, daß den

katholischen Postbeamten Morgens Freiheit zum Kirchgang gewährt

werden solle. Er sollte tolerant sein; die ebvangelischen Beamten gehen auch gern Sonntags Vormittags in die Kirche. Herr Singer

hat die Fachpresse vertbeidigt, aber es geht wirklich zu weit, was Redner will

z B. im „Deutschen Postboten“ zuweilen gestanden hat. zahlreiche Beispiele hierfür vorbringen. (Präsirent Graf von

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n vorzulefen.) bricht daher seine Verlesu

Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski:

Meine Herren! Ich möchte in erster Linie dem Herrn Abg. Müller antworten auf die verschiedenen Vorwürfe, die er heute erneut gegen mich gerichtet hat.

Was zunächst den „Postboten“ anlangt, so gestattet wohl der Herr Abg. Bassermann auch, daß ich darauf hinweise, daß es sich nicht um ein neues Blatt handelt, welches durch neue Sachen in seinem Leserkreise sich zu empfehlen sucht, sondern es erscheint schon im fünften Jahre, hat also bereits unter Excellenz von Stephan seine Thätigkeit entfaltet. Der Herr Vor⸗ redner hat ja auch eine kleine Blumenlese gegeben, und ich selbst habe gestern auch Einiges hervorgehoben. Aber das alles will ich bei Seite lassen und nur allein mich stützen auf ein Urtheil eines anderen, wahrlich nicht offiziösen, Blattes der Postverwaltung: „Die Deutsche Postzeitungt, das Blatt des Assistentenverbandes. Als der Erlaß im September berauskam, stand in diesem Blatte: Wahrlich, es war fortgesetzt eine Paprikakost. Aus dieser Bezeichnung eines wahrlich mir nicht nahe stehenden Blattes werden Sie wohl entnehmen, daß thatsächlich versteckt unter allen möglichen Formen Angriffe nicht allein gegen die Postverwaltung ge⸗ richtet wurden, sondern auch darauf gerichtet waren, immer und immer wieder in den Kreisen der Postunterbeamten Unzufriedenheit zu er⸗ regen, also ein Bestreben, welches ich gestern schon als das taktische Vorgehen der Sozialdemokratie bezeichnet habe. Ich möchte die Herren aus der Berliner Stadtverwaltung daran erinnern, daß sie ja in einer ähnlichen Situation den Lehrern gegenüber waren. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß der „Deutsche Postbote“ schlankweg für die Unterbeamten Gehälter fordert, dieweit hinausgehen über die Sätze der preußischen Elementarlehrer. Ja, daß die betreffenden Beamten ein solches Gehalt sich wünschen und ich als Chef es ihnen gönnte, wenn es möglich wäre, das ist gewiß. Aber es ist doch eine faktische Unmöglichkeit, unsere Unterbeamten so hoch zu bezahlen. Es liegt mir natürlich fern, auf die andere Presse auch nur im Scheine einwirken oder, wie mir Herr Dr. Müller unterstellt, sie dahin beeinflussen zu wollen, daß sie nicht Nachrichten von den Postunterbeamten bringe. Das liegt mir völlig fern; unsere große Presse kann sich mit solchen kleinen Gehässigkeiten vielleicht nur einen Tag befassen, auf die Dauer würde sie ihren Leserkreis nur abschwächen. Es ist nur möglich in einem Fachblatt, wo das gesammte Papier für diese Gehässigkeiten zur Verfügung steht. Die Gefahr wächst natürlich, wenn ein solches Fachblatt von jemandem geleitet wird, der infolge seines früheren Verhaltens aus der Postverwaltung entfernt und daher natürlich von Feindschaft gegen die Verwaltung erfüllt ist. Ich glaube, daß damit wohl die Situation, den „Postboten“ betreffend, geklärt ist.

Was nun den Fall in Saalfeld betrifft, so würde ich mir sehr schwere Vorwürfe machen wenn die Schilderung des Herrn Abg. Müller zuträfe. Es ist ja ganz naturgemäß; die Betroffenen schildern mit rosigen Farben und die kleinen schwarzen Striche, die daneben sitzen, bleiben dabei weg. Ich möchte darauf hinweisen, daß für die Assistenten und die oberen Beamten der Postverwaltung bei ihrem Eintritt ein Protokoll unterschrieben wird, in dem sie sich verpflichten,

alle Angelegenheiten, deren Geheimhaltung dem Beamten von seinem Vorgesetzten vorgeschrieben ist, geheim zu halten. Als geheim haben für den Post⸗ und Telegraphenbeamten alle amtlichen Verfügungen und dienstlichen Anordnungen zu gelten, deren Veröffentlichung oder weitere schriftliche Mittheilung an andere Personen einschließlich anderer Beamten der eigenen Verwaltung vom Vorgesetzten nicht ausdrücklich angeordnet oder gestattet ist.

Es ist daher garnicht zweifelhaft, was der betreffende Beamte zu thun hat. Also, meine Herren, wollte der Beamte den Plan ver⸗ öffentlichen, so stand ihm wahrlich nichts entgegen, und hätte man ihm Hindernisse bereitet, so hätte ich ihm unbedingt die Freiheit ge⸗ stattet, einen solchen Dienststundenplan zu veröffentlichen, nur mußte er vorher seinem Vorgesetzten Kenntniß davon geben.

Nun weiter! Der Herr Abg. Müller sagte, weil die beiden Assistenten kein Recht gefunden hätten, hätten sie sich an ihre Fach⸗ presse gewandt und den Dienststundenplan eingefandt. Nein, so liegt die Sache nicht, sondern die Redaktion der „Deutschen Postzeitung“ hatte an die Beamten, von denen sie glaubte, daß sie ihr zugänglich wären, geschrieben: „Sendet uns besonders ungünstige Dienststundenpläne ein.“ Also nicht aus dem Entschluß des Beamten heraus, sich sein Recht zu wahren, sondern den Einflüssen von anderer Seite, einen folchen Dienststundenplan einzusenden, sind sie gefolgt. Ich habe schon ausgefübrt, daß gegen den Willen der Ober⸗Postdirektion in Erfurt eine Abänderung des Dienststundenplanes erfolgt ist, daß ich die Handlung des Postamts⸗ Vorstehers für unrichtig halte und daß ich dagegen eingeschritten bin.

Ich suche die Schuldigen nicht immer bei den Untergebenen, sondern wie hier der Fall liegt, war ich auch verpflichtet, gegen die eigenmächtige Abänderung einer Instruktion einzuschreiten; aber hier handelt es sich zunächst um eine Beeinflussung von außen seitens der Zeitung.

Nun sagt weiter der Herr Abg. Dr. Müller: wie es zur Sprache kam, meldeten sich die Beamten. Nein, sie haben sich nicht gemeldet; hätten sie sich gemeldet, so wäre meine Beurtheilung eine andere gewesen. Mir ist es sehr unangenehm, eine Untersuchung einleiten zu müssen gegen „Unbekannt“. Ich bin gegen das Spitzelsystem; das kam von anderer Seite, die vom menschlichen Standpunkte aus vielleicht schlimmer gehandelt hat als die beiden Beamten. Jenen habe ich nicht entlassen, weil es kein Amtsvergehen war. Wären die beiden Beamten ehrlich hervorgetreten, so hätte ich ihnen vielleicht einen Verweis ertheilt, aber hier handelt es sich um eine Kette von Vorkommnissen hinter dem Rücken der Verwaltung, entgegen dem, was die Betreffenden unterschrieben haben.

Nun die Frage des Redakteurs der „Deutschen Postzeitung“, dessen Namen ich gestern nicht nannte. Man wirft mir jetzt vor, ich hätte diesen Mann, der nach jeder Richtung vorwurfsfrei dastehe, mit Ausnahme eines Verstoßes vor fünf Jahren, an den Pranger ge⸗ stellt; das muß ich bestreiten. Ich kann anerkennen, die „Postzeitung“ hat in neuerer Zeit das Bestreben gehabt, nicht zu hetzen, sondern klärend zu wirken, Sachen, wie den Stundenplan, vom vernünftigen Standpunkt zu besprechen. Ich habe selbst manche Anregung darin gelesen. Aber dieser Herr Hubrich war einer der schlimmsten Agitatoren; in einer Reihe von Versammlungen hat er

limmere Sachen gesagt, als vielleicht je in einer sozialdemo⸗

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kratischen Versammlung gesagt ist in nicht öffentlichen Versamm⸗ lungen natürlich. Vor Hunderten von Assistenten hielt Herr Hubrich diese zweifelhaften Reden. Ist das nicht ein Agitator der schlimmsten Sorte? Von dem Mann heißt es jetzt, er soll ganz harmlos sein und kein Wässerchen trüben! Nein, ich habe mich auchüber dessen Persönlichkeitunter⸗ richtet und kann nur sagen: meine Angaben entsprechen vollständig dem, was vorgegangen ist. Ich habe auch darüber möchte ich keinen Zweifel lassen in dem gestern zum theil verlesenen Schreiben und in einem früheren darauf hingewiesen, daß Herr Hubrich ein Agitator wäre, dessen Auftreten ich nicht dulden könnte. Ich habe nichts gegen eine freie Meinungsäußerung der Beamten, halte es aber für äußerst gefährlich, wenn sich Hunderte von Beamten zusammenfinden an Orten, wo dieser Mann, den ich nicht fassen kann, eine wüste Rede hält, das ist nach meiner Ansicht das allergefährlichste, was es geben kann! (Sehr richtig! rechts.) Dagegen habe ich mich verpflichtet gefühlt, einzu⸗ schreiten. In dem Moment, wo ich energisch gegen den „Postboten“ vorging, wo ich, nachdem ich das Amt ein Jahr geleitet hatte, meinen Beamten klar sagte, wie ich zu handeln gedenke, damit ein Jeder weiß, womit er zu rechnen hat, da bin ich mir wohl bewußt, daß in der besten Absicht auch untergeordnete Behörden über das Ziel hinausgeschossen, und daß manchmal Anordnungen getroffen sind, die ich nicht habe in vollem Umfange billigen können. Manchmal aber hat wirklich die harmloseste Sache zu Entstellungen Veranlassung gegeben. Ich greife hier nur den Fall Bring heraus. Der „Postbote“ war Sonntag morgens nach⸗ weislich nicht angekommen, der Assistent am Schalter, der die Zeitung den Leuten herausgeben soll, sagt: die Zeitung ist konfisziert. Sie war eben nicht da, sie kam erst den anderen Morgen. Ich bin nicht berechtigt, oder besser gesagt, die Postverwaltung ist nicht berechtigt, eine Sendung zurückzuhalten. Sie würde damit überall in die schlimmste Lage kommen. Nun wird aus einer so harmlosen Redens⸗ art am Schalter eine so lange Geschichte gemacht, als wenn hier die wunderbarsten Sachen gemacht werden, während es nur ein harmloser Scherz eines Assistenten gewesen ist. Wenn ich nun auch dem Herrn Abgeordneten Müller zugebe, daß man vielleicht in dem einen oder anderen der erwähnten Fälle über das Maß hinaus⸗ geschossen ist, so seien Sie überzeugt, ich werde auch da ruhig zufassen, und die Sache in diejenigen Bahnen bringen, die mir zweifellos durch das Gesetz vorgeschrieben sind.

Was nun die jüngeren Beamten anbetrifft, so ist diese Sache in der Budgetkommission bereits erörtert worden. Es handelt sich nicht um eine Schädigung der Beamten, als wenn sie entlassen werden müßten, sondern im ESEegentheil, dank der Zustimmung der Budgetkommission ist für diejenigen jüngeren Beamten, die aus anderen Gründen jetzt nicht angestellt werden können, eine höhere Gewährung der Tagegelder vorgesehen Eine Schädigung kann und wird also nicht eintreten. Es handelt sich da lediglich um andere Momente. Wegen Ueberschuß an Beamten habe ich seit zwei Jahren keine neuen angenommen.

Die Damenfrage betreffend, die neulich schon gestreift und gestern noch einmal von dem Herrn Abg. Werner betont wurde, muß ich wieder⸗ holen, daß gerade die Damen zum Fernsprechdienst besonders geeignet sind, weil ihre Stimmlage drei Töne höher liegt (Heiterkeit) und infolgedessen sie leichter verständlich sind als Männer. Das ist der Grund, weshalb nicht bloß bei uns, sondern auch in anderen Ländern beim Fernsprechwesen Damen angestellt sind.

So habe ich allen Vorwürfen begegnet, und ich hoffe nur eins, daß der Reichstag die Anträge des Herrn Abg. Dr. Müller nicht annehmen wird. Die Anträge werden, wie vorhin meiner Ansicht nach ganz richtig gesagt worden ist, nicht zum Segen, sondern zum Unsegen ausfallen. Wenn der Herr Abgeordnete sagt, ich wolle eine Paschawirthschaft, so glaube ich, liegt mir nichts fferner. Ich schrecke nicht zurück vor der persoͤnlichen Verantwortlichkeit und bin, wie ich schon gestern erklärt habe, zu jeder Zeit bereit, sie zu übernehmen und gegenüber dem Reichstage voll zum Ausdruck zu bringen. 8

Aber noch ein anderes Moment wollen Sie erwägen. Die Aus⸗ übung der Dienstzucht untersteht nicht dem Reichstage. In den Ländern, in denen die Beamten gewählt werden, mag auch dem Parlament die Kontrole der Ausübung der Dienstzucht zustehen. Ich bin, und darin ist der Antrag ganz korrekt, betreffs der Ausübung der Dienstzucht meinem direkten Vorgesetzten, dem Herrn Reichskanzler, verantwortlich; im weiteren aber Seiner Majestät, der mich an diese Stelle berufen hat. Ich muß es aber für einen äußerst gefährlichen Weg halten, wenn der Reichstag eingreifen wollte in die Ausübung der Dienstzucht, wie es diese Anträge bezwecken. würde jedenfalls nicht zum Segen der Beamten führen. (Bravo rechts.)

Abg. Stoecker (b. k. F.): Mag man die Postbeamten als Ar beiter oder Beamte ansehen, sie dürfen nicht sozialdemokratische Ge sinnungen hegen. Der Staat kann nicht Beamte dulden, die de Staat und seine Grundlagen nicht anerkennen. Ein Beamte kann nicht daran denken, die Betriebsleitung umzustürzen So lange die Sozialdemokraten die Monarchie verneinen können sie nicht in Staatsämtern sein. Einige Sozial demokraten versuchen allerdings jetzt, sich auf den nationalen Boden zu stellen. Es ist schwer, eine Schaar von 200 000 Beamten in Disziplin zu halten. Wenn die Leiter solcher Betriebe die Soztialdemokratie bekämpfen so thun sie vollkommen recht. Ob durch die Maßregeln der Zweck erreicht wird, kann ich nicht so bejahen, wie die Vorredner. Der Staatssekretär von Stepha bekämpfte den Postassistenten⸗Verband, der jetzige Staatssekretär ha sich freundlicher zu ihm gestellt, und damit ist der Zwist beseitigt. Es wäͤre vielleicht mehr erreicht worden, wenn gegenüber dem „Deutschen Postboten“ ähnlich verfahren wäre. Es handelt sich darum, die zweck mäßigste Art der Bekämpfung der Sozialdemokratie zu finden. Unse gegenwä tiger Monarch sprach in Seinen Februarerlassen von 1890 vo der Vertrekung, welche die Arbeiter sich schaffen müßten, und vo der Föhlung, welche die Arbeitgeber mit ihren Arbeitern suchen sollten Die Staatsbetriebe sollten Musteranstalten werden. Wenn der Staats⸗ sekretär mit den Beamten der verschiedenen Klassen die Lage durch⸗ sprechen würde, würde die Stimmung des gegenseitigen Wohlwollen und Vertrauens sich verstärken; dann würde die Fachpresse den Einflu garnicht gewinnen, den sie jetzt hat. Der Weg der Revpression ist nich der richtige. Es wird niemand sagen, daß die Lage der Postbeamte eine solche sei, an der nichts verbessert werden könnte. Die Sprache des „Postboten“ ist scharf und schroff in Vertretung der wirthschaftliche Interessen. Es wird aber überall eine scharfe Sprache geführt, und nu dieser eine Kreis von Beamten sollte still sein? Hält sich das Blatt in dem Kampfe mit der Verwaltung, dann ist es stärker als vorher Bezüglich der Sonntagsruhe befürwortet Redner die Beseitigung de Schalterstunden am Sonntag Nachmittag. Die Verlegung derselben auf die Zeit von 12 bis 1 Uhr würde sich empfehlen. Weil die Juder 1 am Sonnabend ihren Ruhetag haben wollten, müßten die Postbeamten sich ihren christlichen Sonntag stören lassen; man könnte jene rubig bis zum Montag warten lassen.

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