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der Petition aber, es wäre lediglich die zu enge Notengrenze daran schuld, trifft nicht zu. Jene Kölner Herren scheinen zu glauben, wenn man die Notengrenze auf 8 bis 9 Hundert Millionen heraufrückte, könnten wir den Diskont stets niedrig halten und doch beliebig viele Noten aus⸗ geben. Das kann ich nicht zugeben. Das ist es aber eigentlich nicht, worauf der Herr Abg. Gamp hinaus wollte. Er will daraus deduzieren, daß das Stammkapital noch viel höher, als im Entwurf vorgeschlagen ist, zu vermeoren sei; daß dies mit dem Diskont nicht zusammenhängt, glaube ich wohl dargethan zu haben. Was die Noten⸗ kontingentierung selbst anlangt, auf die die Kölner Adresse sich bezieht, so ist sie freilich von verschiedenen Seiten bekämpft worden; sie gehört ber immerhin zu den Grundlagen des Bankgesetzes, von denen man, nachdem die Probe fast 25 Jahre lang gemacht ist, doch nach meinen Erfahrungen nicht ohne weiteres zugeben kann, daß sie sich nicht bewährt haben. Für die Pricatbanken hat sie ihren Werth gebabt; sie hat sie genöthigt, sich innerhalb der Grenze zu halten; für die Reichsbank hatte sie auch einen gewissen Werth, denn sie war wenigstens eins der Momente, die bei Diskontverände⸗ rungen mit erwogen wurden. Wir haben uns freilich nicht daran ge⸗ bunden, wir sind bei 4, selbst bei 3 ½ % gelegentlich geblieben, obwohl wir die Notengrenze weit überschritten hatten. Die Verhältnisse lagen aber im übrigen so, daß eine Diskonterhöhung vermieden werden konnte. Aber die Verschiebung der Grenze ist doch stets eine Art Signal, ein Warnungsruf; die Geschäftswelt draußen sieht, wenn wir uns ihr nähern, sie hält de halb alsdann mit ihren geschäftlichen Unternehmungen zurück und versteht auch leichter nothwendige Diskont⸗ erhöhungen. Ein Hauptgrund dafür, daß der Diskont im letzten Winter so hoch stieg, ist ja der, daß die Geschäftswelt so kühn vor⸗ gegangen war, die Industrie sich weit ausgedehnt hat, zahlreiche Kapitalien in Erweiterungen ihrer Unternehmungen, in Maschinen u. s. w. festgelegt hat; darum ist das Geld theuer. Meine Herren, wir sind in der Kapitalbildung noch nicht so weit vorgeschritten, daß wir das ohne Geldvertheuerung können. Die Kontingentierung wollen die verbündeten Regierungen daher beibehalten, obgleich sie für die Reichsbank⸗Verwaltung selbst nicht die Bedeutung hat, wie für die Privatrentenbanken. Nur eine Erhöhung ist erforderlich nach Maßgabe des gestiegenen Bedürfnisses. Das Kontingent wäre von vornherein zu klein gewesen, wenn es nicht bald gelungen wäre, mit Hilfe des Giroverkehrs Hunderte von Millionen den Betriebsmitteln der Reichsbank zuzuführen. Und sie hat sich in den letzten Jahren als zu klein erwiesen durch die überaue häufigen und dauernden Ueber⸗ schreitungen der Grenze. Nun ist das keine Prinzipienfrage, ob 400 oder 450 oder selbst 500 Millionen; aber ich sollte meinen, daß 400 Mil⸗ lionen doch ausreichen Eine zu hohe Grenze hat leicht den Nachtheil, daß, wenn diese Grenze noch nicht erreicht ist, die Erwerbswelt glaubt, sie ist unter allen Umständen gegen Diskonterhöhung geschützt, sie verlangt vielleicht gar eine Herabsetzung des Diskonts, auch wenn die sonst gen Verbältnisse sie nicht rechtfertigen. Ich habe neulich in den „Hamburger Nachrichten“ einen anscheinend von sachverständiger Seite stammenden Artikel gelesen, wonach sogar jede Kontingenterhöhung verworfen wurde. Freilich wurde start dessen weitere beträchtliche Erhöhung des Stammkapitals empfohlen. Ich verlasse diesen Gegen⸗ stand. Weiter handelt es sich im Entwurf um eine betnächt⸗ liche Verkürzung der Rente der Antheilseigner, und dem⸗ gegenüber hat ihnen der Entwurf eine kleine Entschädigung dadurch bieten wollen, daß er ihnen das Bezugsrecht auf neue An⸗ theile zuweist, aber, wohlverstanden, nicht etwa zu einem besonders niedrigen Preise, sondern zu einem Preise, der sich nach den Ver⸗ hältnissen des Geldmarkts richten wird, nach Maßgabe des Kurses zur Zeit der Emission. Die Antheilseigner werden nicht weniger zu bezahlen haben, als jedermann sonst zu zahlen haben wäarde. Bei dem Uebergang der Preußischen Baͤnk auf das Reich war es anders: da bekamen die preußischen Bankantheilseigner das Recht, ihre Antheile ohne weiteres gegen Reichsbankantheile umzutauschen zum Nennwerth. Hier soll nur zu einem vom Reichskanzler zu bestimmenden Preise gekauft werden. Das ist ein großer Unterschied, aber ein Punkt, der von keiner wesentlichen Bedeutung ist. Es ist weiter noch von den Privat⸗Notenbanken ge⸗ sprochen worden, namentlich von dem Herrn Abg. Grafen von Kanitz. Es war in der That nicht recht vernändlich wie der Herr Abgeordnete, wenn er für die Wrstaatlichung der Reichsbank eintritt, sich dafür aussprechen kann, daß die Privat⸗Notenbanken weiter bestehen bleiben sollen; er mußte doch in Konsequenz seines Antrags alle Privat⸗Notenbanken, so zu sagen, auch verstaatlichen zu Gunsten des Reichs. Der Entwurf bescheidet sich aber dahei, die Einbeitlichk it des Notenwesens weiter dadurch zu fördern, daß alle Notenbanken an den leriglich im öffentlichen Interesse bestimmten Diskontsatz der Reichsbank gesetzlich gebunden werden, und ihnen, wenn sie dem zuwider handeln, vom Bundesrath gekündigt werden kann. Bei dem Heirn Abg. Gamp scheinen in dieser Hinsicht einige Verwechselungen unterzulaufen. Gerade um die Einheitlichkeit zu fördern also, soll die Praxis der Privat Notenbanken geändert werden. Rück chritte in der Einheitlichkeit zu machen, indem wir auch das Kontingent dieser Banken erhöhen, ist nicht einmal von den Partikular⸗ staaten, die an dem Gedeihen der Privat⸗Notenbanken ein Interesse haben, verlangt worden. Zu meinem Erstaunen hat der Herr Abg. Graf Kanitz, wenn ich recht verstanden habe, einer solchen Erweiterung der Privat⸗Notenbanken das Wort geredet. Was eine Abweichung der Privat⸗Notenbanken von dem etwaigen Privatdiskontsatz der Reichsbank anlangt, so gestatte ich mir noch einige Worte. Die verehrten Herren sind vielleicht über den sogenannten Privatdiskontsatz nicht genau orientiert; ich will das jetzt hier nicht eingehend erö tern — es ist eine außerordentlich schwierige, technische Frage die besser wohl in der Kommission besprochen wird. Ich möchte nur noch bemerken, daß der Privatsatz schon lange vor meiner Amtszeit bestanden hat: er ist Ende der 70 er Jabre eingeführt, um dem fortwäbrenden Unter⸗ bieten der Privat⸗Rotenbanken die Spitze zu bieten. Die Einrichtung wurde damals von den Abag. Sonnemann und Dr. Bamberger in außerordentlich lebhafter Weise angegriffen in zwei Reichet gs⸗ sitzungen der Jahre 1880 und 1881; mem Amtsvorgänger hat sich dagegen vertheisigt und so hat der Privatsatz zu Zeiten billigen Geldes fortbestanden. Seit dem Eintreten des tbeuren Geldstandes, also seit fast 3 Jahren, hat er bei der Reichsbank aufgebör’; es steht dahin, ob und wann er wieder aufgenommen wird. Sollte es aber gescheben, so braucht man nur telegraphisch diesseits die 6 Prwat⸗Notenbanken von jedem Wechsel darin zu unterrichten. Das ist nicht unausführdar. Es giebt noch eine ganze Reihe von F eagen, die sich an den Entwurf knüpfen, die man aber im Rahmen der Generaldebatte nicht erlerigen kann. Ich möchte also zum Schluß nur noch die Bitte an den hohen Reichstag richten, seinerseits dazu beizutragen, daß der deutschen Nation ein so vorzügliches Instrument des Verkehrslebens, wie es die gut organisierte Reichsbank bisher gewesen ist, nicht verkümmert werden möge. Darauf wird um 5 ½ Uhr die weitere Berathung bis Mittwoch 1 Uhr vertagt.
— Haus der Abgeordneten. 14. Sitzung vom 7. Februar 1899.
Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Antrags der Abzg. Mies (Zentr.) und Genossen auf An⸗
55 und 77 des Kommunalabgabengesetzes in Verbin⸗
Resolution wegen Vorlegung eines Gesetzentwurfs zur Avb⸗ änderung der §§ 54, 55 und 77 des Kommunalabgaben⸗ gesetzes. Beide Anträge bezwecken eine Abänderung der Be⸗ immungen über das Verhältniß der Gemeinde⸗Einkommen⸗
euer zu den Realsteuern im Sinne einer Erleichterung der
Realsteuern.
8 1 verschulrdet sind oder nicht. nahme eines Gesetentwurfs zur Abänderung der §§ 54,
Abg. Mies (Zentr.) weist zur Begründung seines Antrags darauf hin, daß seit dem vorigen Jahre die Klagen über ungerechte Verthei⸗ lung der Kommunallasten auf die Real⸗ und die Einkommensteuer noch zugenommen hätten, verzichtet indessen darauf, die behauptete hohe prozentuale Belastung des Grundbesitzes infolge der Besteuerung nach dem Bruttoertrage ziffermäßig zu belegen. Redner bleibt im einzelnen, obwobl seit gestern ein Vorhang an der Nische über dem Präsidialtisch an⸗ gebracht ist, der die Akustik verbessern sollte, auf der Journalisten⸗ tribüne schwer verständlich. Er führt aus, daß nur solche Aufwendungen der Gemeinde, die in überwiegendem Maße dem Grundzesitz und dem Gewerbebetriebe zum Vortheil ge⸗ reichen, durch die Realsteuern, Aufwendungen dagegen, die in über⸗ wiegendem Maße der Allgemeinheit zu gute kommen, durch Einkommen⸗ steuerzuschläge und Aufwendungen, bei denen ein überwiegender Vor⸗ theil nach der einen oder anderen Seite nicht erkennbar ist, durch gleiche Prozentsätze der Realsteuern und der Einkommensteuerzuschläge zu decken seien. Je nach dem verschiedenen Vortheil der Gemeinde⸗
aufwendungen dürfe die Grund⸗ und Gebäudesteuer höchstens dreimal
so stark herangezogen werden wie die Gewerbesteuer. Dadurch werde -ö Vertheilung der einzelnen Realsteuern herbeigeführt werden.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich glaube: es wird zur Erleichterung der Diskussion führen, wenn ich gleich jetzt die Stellung der Staats⸗ regierung zu diesen beiden Anträgen karz bezeichne.
Meine Herren, die Staatsregierung erkennt kein Bedürfniß einer Aenderung der bestehenden Gesetze und einer Revision der §§ 54 ff. an. Namentlich aber erkennt sie das nicht in dem Sinne der Herren Antragsteller an.
Meine Herren, da ja jetzt in diesem Hause viele Mitglieder der Berathung der ganzen staatlichen und kommunalen Besteuerung nicht beigewohnt haben, so möchte ich nur kurz an die Grundgedanken der damaligen Reform erinnern. Was die jetzt vorliegende Frage betrifft, so beruhen die Fundamente der Reform auf folgenden einfachen Gedanken: wir konnten auf der einen Seite, wenn wir die Real⸗ steuern preisgaben als Staatssteuern, im Interesse der Allgemeinheit nicht mehr dulden, daß wihkkürlich und namentlich nach lokalen Interessen die Gesammtbesteuerung der Gemeinden oder wenigstens in ganz überwiegendem Maße auf die dem Staat allein verbleibende Einkommensteuer geworfen wird. Wir haben gerade in Rheinland und W stfalen Beispiele, wo große Kommunen mit gemaltiger Industrie, mit wachsendem Werth des Grund und Bodens und Aus⸗ dehnung der Gewerbe lediglich ihre Kommunalsteuer durch Zuschläge zur Staatssteuer bis 3, 4, 5 % deckten. Dadurch mußte die Staats⸗ steuer, auf welche nun in Zukunft der Staat allein verwiesen war, vollständig degeneriert werden. Das war die eine Seite der Sache. (Sehr richtig!)
Die andere Seite war die Ungerechtigkeit, die in dieser Art von Besteuerung innerhalb der Kommunen lag, auch der mußten wir steuern. Meine Herren, das Wesen der Kommunen, dieser nachbar⸗ liche Verband läßt es geboten sein, nicht bloß nach der Leistungs⸗ fähigkeit wie beim Staat die Steuern umzulegen, sondern auch unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung. Grundbesitz und Gewerbebetriebe, welche den Kommunen wesentlich die Lasten zufügen und denen aus der Gesammtthätigkeit, aus dem Wachsen der Kom⸗ munen und den daraus hervorgehenden Ausgaben wesentlich höhere Vortheile entstehen — solche Objekte von der Besteuerung frei zu lassen oder nur gering zu besteuern, ist die offenbarste Ungerechtigkeit.
Aber weiter, diese Ungerechtigkeit wird auch zu einer großen Ge⸗ fahr für die Budgets der Kommunen selbst, ja für die Leistungs⸗ fähigkeit und den Bestand der Kommunalverbände; denn wenn die⸗ jenigen Obj kte, welche mit der Kommune auf Gedeih und Verderb verbunden sind, welche nicht fortgetragen werden können, welche man nicht in die Tasche stecken kann, um in eine andere Gemeinde zu gehen, in allzu geringem Maße herangezogen werden, so werden die Kommunen von den Zufälligkeiten, die in dem Besitz vielfach nur ganz weniger Steuerpflichtiger liegen, abhängen, und das ist eine kapi⸗ tale Gefahr für sichere Gemeindeeentwickelung.
Meine Herren, gerade in solchen Orten, die heute am meisten sich beschweren — ich nenne Barmen und Elberfeld —, lehrt jetzt schon die Erfahrung, daß die reich gewordenen Leute, die sich zur Ruhe setzen, vielfach hinausziehen und einen Wohnsitz etwa in Wies⸗ baden oder einem anderen angenehmen Ort vorziehen. Je höher Sie das Einkommen dieser Leute besteuern, die in der Kommune keine Geschäfte mehr haben, desto stärker wird di ses nach meiner Meinung im höchsten Grade beklagenswerthe Verhältniß. (Sehr richtig!)
Also vor allem vom Standpunkt der kommunalen Interessen ist eine solche Reform nothwendig gewesen und vom Standpu kt der Einkommen⸗ steuerpflichtigen und der Grundsteuer und Gewerbesteuer zahlenden Per⸗ sonen keine Ungerechtigkeit. Bei all den Rechnungen, die diese Be⸗ schwerdeführer namentlich aus dem Stande der Grundbesitzer und Häuserbesitzer anstellen, wird immer vergessen, daß sie 100 % der bis⸗ herigen Staats⸗Grund⸗ und Gebäudesteuer erlassen bekommen haben.
Meine Herren, wenn Sie Ihre Gesammtbelastung, die heute stattfindet, in der Kommunalsteuer, vergleichen mit der Gesammt⸗ belastung, die Sie vor der Reform hatten, so müssen Sie doch natür⸗ lich diese 100 % in Abzug bringen. (Sehr richtig! rechts.) Gewiß, Herr Bachem, darüber können Sie nicht lachen; das ist ein ganz ein⸗ faches Rechenerempel. Meine Herren, es ist nie die Absicht gewesen, als der Staat auf die Hebung der Realsteuer ver⸗ zichtete, diese den Grundbesitzern und Gewerbetreibenden ein⸗ fach zu schenken; eine solche Absicht hat nie bestanden, man wollte bloß den Ort, wo diese Objekte besteuert wurden, ver⸗ ändern. Das habe ich nicht einmal bei der Berathung des Kommunal⸗ steuergesetzes und beim Gesetz über den Verzicht auf die Hebung der Realsteuer gesagt, sondern unaufhörlich wiederholt. Man hielt eben die Realsteuer als Staatssteuer nicht geeignet, weil von den Real⸗ steuern ein Schuldenabzug nicht möglich ist und dabei eine Besteuerung des Reinertrags nicht stattfinden kann. Man hielt die Besteuerung derselben für geeigneter und ganz geeignet innerhalb der Kommunen, weil die Gesammtarbeit der Kommunen, die Gesammtausgaben und die Gesammtvortheile daraus diesen Objekten zu gute kommen, ob sie Wenn Sie einen Kanal vor einem Grundstück berziehen, dann wird das Haus, welches verschuldet ist,
dung mit der vom Abg. Weyerbusch (fr. konf.) beantragten dadurch ebensowohl im Werth steigen wie ein nicht verschuldetes Haus.
Da ist also das reine Prinzip der Besteuerung des Reinertrages
durchaus nicht angemessen.
Meine Herren, wenn die Sache an die Kommission verwiesen wird — und ich kann mir doch nicht denken, daß das hohe Haus einen so schwierigen und bedeutsamen Gesetzgebungepunkt einfach per plenum verhandeln könne ohne kommissarische Vertretung und ohne
genaue Kenntniß der Sachlage, der Thatsachen, der Statistik — wenn die Sachen dann weiter en détail berathen werden, werden wir seitens der Staatsregierung zeigen, wie die Beschwerden wegen Be⸗ lastung und Ueberbürdung des Grundbesitzes und der Gewerbe durch dieses Gesetz in keiner Weise begründet sind. Ja, trotz dieser Bestim⸗ mungen in dem Kommunalabgabengesetz geht die Richtung durch die Macht, die die Häuserbesitzer in den kommunalen Verhänden aus⸗ üben, doch schon wieder nach der Mehrbelastung der Einkommen⸗ steuer (sehr richtig!), und wir haben auch unsererseits das nicht ganz verhindern können. Die Staatsregierung wollte ja bei der Vorlage des Kommunalabgabengesetzes noch weiter gehen als dieser angefochtene Paragraph, wie er jetzt in diesem Gesetz steht, der durch ein lang und gründlich berathenes Kompromiß schließlich zu stande ge⸗ kommen ist; er entspricht der Auffassung der Staatsregierung nicht einmal vollständig.
Nun ist doch auffallend, daß zwar Beschwerden von Grundeigen⸗ thümern, d. h. von direkten Interessenten an uns gekommen sind, aber keine Beschwerden von den Kommunalbehörden selbst. (Hört! hört!) Wenn die Kommunalverwaltungen glaubten, diese Bestimmung führe zu den größten Ungerechtigkeiten und Unzuträglichkeiten, so wäre es doch deren Sache gewesen, sich zu beschweren. (Sehr richtig!) Spricht man aber privatim mit manchen Bürgermeistern oder anderen Mitgliedern der Kommunalverwaltung, so wird man oft vertraulich hören: um Gotteswillen, ändert doch nicht an diesem Gesetz! (Sehr richtig) So liegt die Sache.
Es hat der Herr Abg. Mies gemeint, die Staatsregierung hätte neuerdings eine noch schäcfere Handhabung des betr. Paragraphen angeordnet. Ich kann ihm darauf erwidern, daß mir wenigstens nicht das Geringste davon bekannt ist. Er hat sich scharf geäußert gegen die Bestimmung, daß eine Belastung der Einkommensteuer über 100 % der Genehmigung bedürfe. Wir haben m. W. in dem ganzen letzten Jahre nicht eine Genehmigung verweigert. Die Kommunal⸗ behörden und Provinzialbehörden fühlen aber ganz richtig, daß man in dieser Beziehung dem Andrängen der Inter⸗ essenten nicht allzusehr nachgeben darf. Wir haben trotzdem in manchen Fällen die Mehrbelastung der Einkommensteuer gestattet, wo die provinziellen Behörden davon abriethen. Also daß von unserer Seite besonders nach dieser Richtung hin übermäßig scharf vorgegangen wäre, ist gänzlich irrig.
Nun hat der Herr Abg. Mies gesagt — und das würde mich ja sehr berühren —, daß durch diese Besteuerung der Häuser die Ver⸗ besserung namentlich der Arbeiterwohnungen verhindert würde. Ganz und gar nicht. Die Kommunen sollen nur von ihrer Berechtigung der Autonomie den richtigen Gebrauch machen, so werden sie in der Beziehung bei mir und der Staatsregierung die lebhafteste Unter⸗ stützung finden. Aber ob die Hausbesitzer, die doch eine so hervor⸗ ragende Macht in den Kommunen haben, deswegen die Beschwerden erheben, weil ihnen der Bau von Arbeiterwohnungen eine stärkere Konkurrenz machen möchte, das muß ich doch bezweifeln. (Sehr richtig! links.) Ich glaube zwar nicht, daß in der Beziehung, wie das bisher auch ganz fruchtles geblieben ist, durch die Autonomie sehr viel geholfen werden wird, aber ich hoffe, daß die Hausbesitzer in Zukunft hier etwas weitherziger sein werden: sie würden, wie ich wiederholen kann, wenn derartige Bestimmungen getroffen würden, bei der Staatsregierung die lebhafteste Unterstützung finden. Es wird sogar der Staatsregierung nur sehr erwünscht sein, wenn noch in manchen anderen Punkten die Gemeinden in Bezug auf die zweckmäßige Umgestaltung der staatlichen Gebäude⸗ und Grundsteuer und Gewerbesteuer ihre Autonomie lebhafter in Bewegung setzten.
Ein Gesetz, welches erst 5 Jahre in Kraft ist, schon zu revidieren, ist an und für sich im allgemeinen bedentitch, cs müsson schon ganz schreiende Zustände eintreten, um dazu überzugehen. Wir können weder bei den Provinzialbehörden noch bei der Zentralregierung der⸗ artige Voraussetzungen einer Revision finden. Eine Revision, wie sie gewünscht wird, würde aber zugleich in die ganze Stellung des Grund⸗ besitzes zu der Gemeinde eingreifen, namentlich auch in das politische und kommunale Wahlrecht. Wenn, wie in Elberfeld, lediglich die Einkommensteuer herangezogen würde: womit wollen Sie das vorzugs⸗ weise Recht der Vertretung in der Stadtverordneten⸗Versammlung seitens der Grundbesitzer motivieren? (Sehr wahr! links.) Der Grundgedanke beruht doch darauf, daß diejenigen, welche das wesent⸗ lichste, dauerndste Interesse haben an der Gemeindeverwaltung, auch den wesentlichsten Einfluß haben sollen. Aber dieses dauernde Inter⸗ esse muß auch bethätigt werden, wenn das nichts kostet, ja, ein bloßes ideelles Interesse kann dabei nicht entscheidend sein. Wenn es gelänge, die Heranziehung von Grund⸗ und Gebäudesteuer so zu reduzieren, daß sie gegen die Belastung der Personalsteuer ganz zurückträte, so könnte man ja kaum — was ich sehr bedauern würde von meinem Stand⸗ punkte aus — dem Verlangen, die Vorrechte der Vertretung des Grundbesitzes fallen zu lassen, Widerstand leisten. Aber nicht bloß auf den Vortheilen, welche die Gewerbebetriebe und das Grundeigen⸗ thum, bebaut oder nicht bebaut, aus der Gemeinde ziehen, beruht das Recht, sie angemessen heranzuziehen. Ich will nebenbei bemerken, daß die Herren Antragsteller bloß von den Vortheilen sprechen, die die Gemeinden unmittelbar den Realobjekten zufügen, und ganz vergessen die Lasten, die sie den Gemeinden verursachen. Ein großer Gewerbebetrieb, der plötzlich in einer bäuer⸗ lichen Gemeinde sich niederläßt mit einen paar hundert Arbeitern, verursacht der Gemeinde durch Schul⸗ und Armenlasten u. s. w. ja so bedeutende Ausgaben, daß es die größte Ungerechtigkeit wäre, ihn nicht vorzugsweise angemessen zu besteuern durch Heranziehung zur Gewerbesteuer.
Aehnlich ist es aber auch bei dem Grundbesitz, obwohl es da nicht so klar und schroff hervortritt; die Gemeinden in Westfalen und Rheinland haben in der Beziehung auch vielfach das Richtige getroffen, indem sie mit unserer Zustimmung eine scharfe besondere Gewerbesteuer für diese großen Betriebe beschlossen haben. Aber ich, sage nicht bloß, das reine, schroffe Prinzip der
zahlenmäßigen Aufrechnung von Vortheil und Belastang, nicht blooy
dieses kommt in Betracht, sondern man kann auch sagen: die Werth⸗
steigerung, die der ganze Grundbesitz ohne eigene Thätigkeit bei einer sich gut entwickelnden Gemeinde erfährt, — diese Thatsache ermöglicht
es dem Grundbesitz, dementsprechend auch wieder an die Gemeinde z steuern, weil eben das Fortschreiten der Gemeindeentwickelung übera mit einer bedeutenden Wertherhöhung des Grundbesitzes, aber au einer Steigerung der Ausgaben verbunden ist. Das kann gar keinem Zweifel unterliegen. Meine Herren, wenn man di — ich möchte fast den Ausdruck gebrauchen — Milliarden zusammenrechnet,
(Sehr richtig! links.)
um die der Grundbesitz in den Städten und neben den Städten an Werth gewonnen hat allein durch die Entwickelung der Gemeinden, und welche Mehrausgaben den Gemeinden durch diese Entwickelung gwachsen sind, so wird es als billig erachtet werden können, daß die Gemeindeverwaltung dann zu diesen Grundbesitzern, deren Besitzthum zch eben durch die Entwickelung der Gemeinden so im Werth erhöht at, kommt und sagt: es ist doch billig, daß ihr dann in angemessener Weise auch der Gemeinde, die die großen Ausgaben von dieser Ent⸗ wickelung hat, entgegenkommt dadurch, daß ihr eine besondere Vorsteuer zahlt. Das ist ja natürlich etwas, was man nicht zahlenmäßig berechnen kann, aber es giebt viele Dinge, die man nicht auf Ziffern reduzieren lunn, die aber doch jeder anerkennt, die jeder sieht, wo kein Beweis erfforderlich ist; sie beruhen eben auf der Notorietät.
Meine Herren, auf die einzelnen Anträge will ich nicht eingehen, man könnte sie sehr scharf kritisieren; dazu würden aber in vielen Punkten zahlenmäßige Beweise erforderlich sein; wenn Sie die Sache überhaupt in eine Kommission verweisen, so können die thatsächlichen Vechältnisse dort ja geltend gemacht werden. Nur das eine möchte ich hervorheben: beide Anträge, aber namentlich der Antrag des Herrn Abg. Mies, führen nothwendig zu einem wahren Kriege innerhalb der Gemeinde (sehr richtig! linkse). Eine Grundsteuerbelastung, die sich oft ändert, ist b sonders bedenklich; die Steuer gleicht sich durch Verkauf, Tausch u. s. w., wobei die Gemeindegrundsteuer abgezogen wird vom Kaufpreis, allmählich aus. Aber eine permanente Aenderung, und zwar oöhne höhere Kontrole einer neutralen Staatsbehörde, wie das hier verlangt wird, das würde einen steten Kampf Aller gegen Alle ver⸗ utsachen; und noch mehr, dabei wäre die Mehrheit der Stadtver⸗ tretung fast überall lediglich ihr eigener Richter in eigener Sache.
Ich kann nur dringend bitten, daß Sie einen bestimmten Be⸗ schluß fassen, in dem Sie entweder das Bedürfniß der Revision direkt anerkennen — dann wird die Staatsregierung einem solchen Beschluß dabin stattgeben, daß sie die Sachlage noch einmal nach allen Richtungen hin prüft, obwohl eine solche Prü⸗ fung nach meiner Ueberzeugung nicht nothwendig ist, denn wir prüfen diese Frage an der Hand einer jeden Beschwerde, wir sind vollständig unterrichtet — oder durch einen ent⸗ gegengesetzten klaren Beschluß sagen: wir halten zur Zeit die be⸗ stehenden gesetzlichen Bestimmungen nicht für revisibel, wir lehnen also diese Anträge ab, damit endlich Ruhe in diese Dinge kommt. Es wäre im höchsten Grade erwünscht, wenn die Betheiligten sich selbst überzeugten, daß eine Ungerechtigkeit gegen sie nicht stattfindet, und daß — was ich nicht verkenne, und worüber ich noch ein Wort sagen will — da, wo besondere Härten in der jetzigen Kommunal⸗ besteuerung für einzelne Fälle vorkommen, die Gemeinden in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Gewiß, es kommen Fälle vor — und das sind ja die Zahlen für die einzelnen Fälle, die uns hier vor⸗ geführt sind —, wo die Verschuldung des einzelnen Grund⸗ besitzers neben einer daneben laufenden sonstigen Bedürftigkeit oder Leistungsunfähigkeit wohl dahin führt, daß im einzelnen Falle eine Erleichtrung geschaffen werden müßte. Das hat aber die Gemeinde in der Hand, und wir würden in dieser Beziehung einen G meinde⸗ beschluß, welcher solche Grundsätze aufstellt, durchaus nicht unbedingt ablehnen. Das sind aber Sachen, die auch in der Staat steuer vor⸗ kommen, wo man im einzelnen Fall mal helfen muß, wo zu helfen es auch billig ist. Das ändert aber nichts an dem Prinzip der Gesetz⸗ gebung und an der Regel, die im Kommunalabgabengesetz auf⸗ gestellt ist.
Es würde, wie gesagt, der Königlichen Staatsregierung nur er⸗ wünscht sein, wenn in dieser Beziehung nach der einen Seite oder nach der anderen Seite ein klarer und bestimmter Beschluß gefaßt würde. Don wus sollen wir von dem Standpunkt, auf dem die Staatsregierung steht, mit dem Antrog Wevyerbusch machen, der besagt, wir sollen eine neue gesetzliche Be⸗ stimmung erlasser, welche die Ueberbürdung verhindert? Wir be⸗
streiten, daß eine allgemeine Ueberbürdung stattfindet, aber wir hätten dann doch auch Fingerzeige erwarten müssen, wie die Ueberbürdung zu verhindern sei. Wenn der Herr Abg. Weyerbusch uns sagen kann, wie man das machen foll, ohne wieder nach der arderen Seite Un⸗ gerechtigkeiten zu begehen, so würde das sehr nützlich sein. 8
Die Königliche Staatsregierung muß zwar das Interesse an der nicht übermäßigen Belastung der staatlichen Einkommensteuer ver⸗ treten, aber für mich tritt dieses Interesse des Staats doch noch zurück gegenüber den Rücksichten und Sorgen für das wahre Wohl der Gemeinden. Bevor wir reformiert hatten, wurde allgemein über die große Noth in der Ge⸗ meindebesteuerung und über die unerträglichen Zastände geklagt. Wie diese sich ohne die Reform bei dem mächtigen Steigen der Aus⸗ gaben der Gemeinde entwickelt haben würden, brauche ich wohl nicht ausgeinanderzusetzen. Der damalige Zustand war absolut nicht mehr haltbar. Man kann sagen, der Mangel eines Gesetzes und fester Gesichts⸗ punkte führten auch in der Oberaufsichtsinstanz geradezu zu anormalen Zuständen. Auch die Staatsregierung selbst in der höchsten Aufsichts⸗ instanz hatte keine festen Grundsätze und Prinzivien, wonach verfahren werden sollte. Die ganze Kommunalbesteuerung war ein so bunt⸗
scheciges, von Zufälligkeiten, Majoritäten und subjekrioen Anschauungen der einzelnen Regierung abhängiges Wesen. Ich bitte, meine Herren, nicht Bestimmungen zuzulassen, die wieder zu ähnlichen Verhältnissen in dem Kommunalsteuerwesen führen würden. (Bravo!)
Abg. Weyerbusch (fr. kons.) führt aus, daß die Ausgestaltung seines Antrages ruhig der Regierung überlassen werden könne. Die Umufriedenhett mit den Realsteuern sei von Jahr zu Jahr ge⸗ stiegen. Das Ungerechte liege darin, daß die Grundsteuern vom Bruttoertrage erhoben würden und den reischaldeten Besitz mehr belasteten als den unverschuldeten. An Erfabrungen ber den Druck der Realsteuern fehle es nicht, obwohl das Gesetz erst kurze Zeit bestehe. In seiner Vaterstadt Elberfeld babe die Steuerkommission gefunden, daß eine Grund⸗ und Gebäudesteuer keine besonders hohen Erträge ergebe. Dasselbe sei auch von der Bauplatz⸗ und Umsatzsteuer zu erwarten. Allle diese Steuern, auch die Gewerbesteuer, könnten die ungerechte Belastung des Grundbesitzes nicht beseitigen. Die Absicht des Kommunalabgaben⸗
sesepes⸗ eine gerechte Vertheilung der Kommunallasten herbeizuführen, ei in Wirklichkeit geradezu in das Gegentheil verkehrt worden.
Abg. von Dallwitz (kons.): Aus der Begründung der Anträge habe ich kein Moment dafür entnehmen können, daß die Anträge ihren Zweck erreichen werden. Nach den Anträgen würden große Schwankungen in der Vertheilung der Steuern eintreten, urd die st im Gesetz liegenden Kautelen gegen eine einseitige Belastung
inzelner würden vermindert. Dem Antrage Weyerbusch könnte man noch eher zustimmen, als dem Antrage Mies, da er nicht so wesentliche Aenderungen, wie dieser, vorschlägt, son⸗
die Regierung zu Vorschlägen auffordert. Eine einseitige
Belastung der Realsteuern durch das Kommunalabgabengesetz kann nicht anerkannt werden, im Gegentheil, diese Belastung ist sogar geringer geworden. Dagegen würde eine weitere Erhöhung der Ein⸗ kommensteuer in den Landgemeinden die Entvölkerung des platten Landes noch mehr fördern. Der Steuerbedarf in vielen Gemeinden ist neuerdings so stark gewachsen, daß die direkte Besteuerung über⸗ haupt nicht mehr genügt, sondern die Einführung indirekter Steuern in den Kommunen ins Auge gefaßt werden muß. Um alle diese Verhältnisse genauer zu prüfen, beantrage ich die Ueberweisung der Anträge an eine Kommission von 14 Mitgliedern.
Abg. Hausmann (nl.) kann nicht zugeben, daß eine Ueber⸗ lastung des Grundbesitzes in allen Landestheilen vorhanden sei, wenn sie auch in manchen Gegenden vielleicht vorkomme. Aber das Kommunalabgabengesetz enthalte bei richtiger Ausführung bereits genügende Kautelen gegen einseitige Ueberlastung. Indessen sei er geneigt, für den Antrag Weyerbusch zu stimmen, damit die Verhält⸗ nisse einer eingehenden Untersuchang unterzogen werden könnten. Die Konsequenzen des Antrages Mies seien dagegen noch viel schlimmer als die Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzee. Dem Aatrag auf Kommissionsberathung schließt Redner sich an.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Dr. Strutz: Die Gründe gegen diese schon seit Jahren wiederholten Anträge haben sich in letzter Zeit eher noch vermehrt durch gewisse unliebsame Vorkommnisse. Der § 55 des Gesetzes läßt die nothwendige freie Bewegung in ge⸗ nügendem Maße zu. Die Bestimmungen des Antrags Mies über die Aufbringung der Lasten je nach dem Vortheil, den die Be⸗ treffenden von den Gemeindeeinrichtungen haben, können zu für den Antragsteller selbst sehr unerfreulichen Konsequenzen führen. Der Antrag Mies sieht auch vor, die Zustimmung der Regierung zu der Auf⸗ stellung der Gemeindehaushalte, wie sie das Kommunalabgabengesetz vor⸗ schreibe zu beseitigen. Diese Bestimmung ist aber absolut unentbehrlich. Die Hausbesitzer wissen ihre Vortheile schon selbst wahrzunehmen, das Kom munalabgabengesetz bietet ihnen in dieser Hinsicht vollkommenen Schutz. In der vorjährigen Kommissions sitzung hatten die Antrag⸗ steller kein ausreichendes Material vorgebracht, um die Anträge zu be⸗ gründen. Der Redner legt statistisches Material vor, welches die Be⸗ hauptung einer zu großen Belastung der Realsteuern widerlegt.⸗
Regierungs⸗Assessor Gerlach legt als Kommissar des Ministers des Innern die Gründe dar, welche dieses Ressort zur Ablehnung der Anträge veranlaßt habe. Ein Berürfniß zur Aenderung der Gesetz⸗ gebung liege nicht vor, und die Anträge beschränkten die Kontrole des Staates. Bei der Aufstellung der Steuerordnungen habe es die Re⸗ gierung niemals an Wohlwollen für den Grundbesitz fehlen lassen und die Ueberlastung des Grundbesitzes wiederholt verhindert. Die Aufhebung der staatlichen Kontrole nach dem Antrage Mies würde die Steuerordnungen in das Belieben der die Stadtverordneten⸗ Versammlungen beberrschenden Grundbesitzer stellen.
Abg. Wolff⸗Biebrich (nl.) spricht sich gegen die Anträge aus.
Abg. Schmitz⸗Düsseldorf (3 ntr.) führt aus, daß die so viel be⸗ wunderte Steuerreform ihren Zweck nicht erreicht habe; die Doppel⸗ besteuerung des Grundbesitzes habe sie nicht beseitigt. Seine Freunde hätten bei der Berathung des Kommunalabgabengesetzes den Antrag gestellt, daß in den Gemeinden böchstens 50 % Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer erhoben werden dürften der Finanz⸗Mmister habe aber das ab⸗ gelebnt, um nicht in das Selbstb stimmungsrecht der Gemeinde ein⸗ zugreifen. Daß das Kommunalabgabengesetz eine Entlastung des Grundbesitzes gebracht habe, treffe nicht zu, im Gegentheil, in manchen Gemeinden seien erst infolge des Gesetzes Real⸗ steuerzuschläge eingeführt worden, wo bis dahin solche nicht be⸗ standen hätten. Namentlich den verchuldeten Grundbesitz drücke die jetzige Besteuerung, und mindestens ⁄ des Grundbesitzes seien doch verschuldet. In den westlichen Landestheilen handle es sich bei den Hausbesitzern nicht um gewerbsmäßige Wohnungsvermiether, sondern zum großen Theil um Handwerker, welche ein eigenes Haus für ihre geschäftlichen Zwecke brauchen. Für alle Einrichtungen der Städte, welche dem Hausbesitz zu gute kommen, zahle dieser noch besondere Abgaben, ja. die Wasserleitungen Kanalisation, Gas u. s. w. seien in der Regel sogar so eingerichtet, daß die Städte daraus noch eine Ein⸗ nahme zögen. Nothwendine Verbesserungen könne die Kommission ja noch an dem Antrage Mies vornehmen.
Abg. Dr. Sattler (nl.) stimmt der Kommissionsberathung zu,
dem Antrage etwas freundlicher gegenüber, als sein Freund Wolff, wenn er auch in dem Grundgedanken der Steuerreform auf demselben Standpunkt stehe, wie der Finanz⸗Minister. Mit den Ausführungen der Regierungskommissare köane er sich leider nicht beschäftigen, da er davon nicht ein Wort habe verstehen können. Eine angemessene Vorbelastung des Grundbesi sei richtig und nothwendig, aber es stehe nicht fest, was eine angemessene Vorbelastung sei; das babe auch der Finanz⸗Minister nicht dar⸗ gelegt In vielen Fällen lege allendings eine zu große Belastung des Grundbesitzes vor Die Kommission müsse ernstlich prüfen, ob nicht die schematischen Bestimmungen des § 54 ersetzt werden können durch feste gesetzliche Vertheilung der Steuern.
General⸗Direktor der direkten Steuern Burghart: Daß eine solche Regelung nicht möglich ist, hat der Herr Finanz⸗Minister schon nachgewiesen. Eine Grenze für die Vorbelastung des Grundbesitzes liege im Gesetz allerdings nicht, wohl aber sei sie in den Ausführungs⸗ bestimmungen angegeben. Einzelne Fälle in denen eine Ueberlastung des Grundbesitzes vorliege, werde die Regierung mit Wohlwollen prüfen.
Abg. Freiherr von Dobeneck (kons.) erinnert daran, daß das Haus dem § 54 nur deshalb zugestimmt habe, weil er nicht zwingende Bestimmungen für die Gemeinden enthalte, sondern nur einen Anbalt geben solle. Nachdem aber der § 54 doch als zwingend angesehen worden sei, lasse die Regierung nirgends mehr als 100 % Einkommen⸗ steuer zu. Für den Antrag W verbusch werde ein Theil seiner Freunde stimmen. Die Kommission werde hoffentlich aus dem Antrage Weyer⸗ busch die ausführbaren Vorschläge herauszufinden wissen.
Regierungs⸗Assessor Gerlach legt nochmals dar, daß die Re⸗ gierung den speziellen Wünschen der Gemeinden in Bezug auf die Steueraufstellung immer wohlwollend entgegengekommen sei.
Abg. Ehlers (fr. Vgg) bält eine Kommissionsberathung der Ant äge für wünschenswerihd. Die Steuerreform sei allerdings ein großes Verdienst des Finanz⸗Ministers, aber er wolle leider nun auch nicht einen Fehler daran agerkennen. Der Verzicht des Staats auf die Realsteuern habe den gnn; rin nicht die erboffte Erleichte⸗ rung gebracht, sondern gerabe das Gegentheil. Daß man sich gegen Steuern sträube, sei doch nicht wunderbar; er habe allerdings einmal in einer Versammlung in Danzig den Gedanken ausgesprochen, daß das Steuerzahlen, wie die Militärpflicht, eine freudig erfüllte Ehrenpflicht werden müsse; der Erfolg war, daß mir die Versammlung ihr tiefes Mißfallen aussprach. Solange die Realsteuern Staatssteuern gewesen seien, hätten diese von der Einkommensteuer in Abzug gebracht werden können; nach der Steuerreform gehe das nicht mehr. Bei der Steuerreform seien die Gewerbetreibenden und die Grundbesitzer schlechter weg⸗ gekommen, als vorher. Die Anträge müßten endlich einmal in irgend einer Form erledigt werden; die Gemeinden seien jetzt in einer schlimmen Lage, weil die Frage der Erleichterung der Realsteuern so lange in der Schwebe bleibe. Mindestens solle man endlich untersuchen, ob nicht in einzelnen Fällen eine Entlastung der Realsteuern eintreten müsse. Man könne das nicht für den ganzen Staat behaupten, aber für manche Orte treffe das sicherlich zu. Die mechanische Ausführung der Bestimmungen des § 54 seien ja für die Behö den, sowohl Staatsbehörden wie Gemeindebehörden, sehr bequem; aber nach der Bequemlichkeit der Kämmerer dürsfe man doch nicht Gesetze machen. Mit der indirekten Besteuerung sei in den G meinden nicht viel an⸗ zufangen. Die Biersteuer sei in ihrer Höhe beschränkt, sie könne höchstens ½ ₰ für das halbe Liter betragen, d. h. die Brauereien müßten entweder die Steuer selbst tragen oder das halbe Liter gleich um 5 ₰ vertheuern. Das Beste sei, daß die Regierung nach dem Antrage Weyerbusch die Dinge noch einmal eingehend prüfe.
General⸗Direktor der direkten Steuern Burghart weist noch⸗
mals darauf hin, daß der Finanz⸗Minister nicht eine Revision des Gesetzes überhaupt abgelehnt, sondern nur gesagt habe, daß in den
warnt aber die Kommission vor allzu grundstürzenden Ideen. Er stehe
vier Jahren des Bestehens des Kommunalabgabengesetzes keine Um⸗ stände eingetreten seien, welche eine Abänderung des Gesetzes noth⸗ wendig machten. .
Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.) befürwortet den Antrag Mies. Die Entlastung des Grundbesitzes sei einer der leitenden Gesichtspunkte der Kommunalsteuerreform gewesen, sei in Wahrheit aber nicht ein⸗ setreten. 8 Abg. von Knapp (nl.) bemerkt, daß in seiner Heimathstadt Barmen die Schullasten immer unerträglicher würden, und bittet, diese steigenden Gemeindelasten in der Kommission darauf hin zu prüfen, ob sie nicht der Staat übernehmen müsse. 1
Die Diskussion wird geschlossen. 1
In seinem Schlußwort für den Antrag Mies führt
Abg. Dr. Bachem (Zentr.) aus, daß der Antrag durchweg eine günstige Aufnahme im Hause gefunden habe, der Finanz⸗Minister habe sich aber mit großer Schärfe gegen denselben erklärt. Die Antragsteller seien nicht Mitglieder von Haus⸗ und Grundbesitzervereinen und müßten es auch ablehnen, sich zum Sprachrohr ihrer Bestrebungen zu machen. Aber sozial⸗ politisch sei die Ueberbürdung des Grundbesitzes äußerst bedenklich, denn sie stelle in der That eine Vorbelastung dar. Die Ueberbürdung des Grundbesitzes sei ja der Aus⸗ angspunkt des ganzen Kommunalabgabengesetzes gewesen; das Ziel fe gewesen, diese zu beseitigen. In der größeren Pälfte der Städte sei aber keine Erleichterung, sondern theilweise sogar eine Mehr⸗ belastung des Haus⸗ und Grundbesitzes eingetreten. Die gänzliche Abschaffung der Realsteuern habe niémand im Hause verlangt. Ab⸗ gesehen von Berlin, sei in den Städten der Bürger, der ein Haus besitze, der normale Bürger, und mit diesem müsse die Gesetzgebung rechnen. Wegen einer Erhöhung der Einkommensteuer werde kein Bürger aus seiner Stadt fortziehen. In sozialer Beziehung sei es sehr wichtig, den Arbeitern eigene kleine Wohnhäuser zu beschaffen; diese würden aber genau so besteuert, wie andere Häuser. Er würde es mit großer Freude begrüßen, wenn in der Kommunalbesteuerung den Arbeiterwohnhäusern eine Erleichterung verschafft werden könnte Ueber die Anträge müsse diesmal entschieden ein endgültiger Beschluß des Hauses zu stande gebracht werden.
Beide Anträge werden einer Kommission von 14 M
gliedern überwiesen.
Schluß nach 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag
11 Uhr. (Antrag Langerhans; Interpellation Szmula, betr. den Arbeitermangel auf dem Lande.) 8
Handel und Gewerbe.
FTdägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 14 246, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 7. d. M. gestellt 5107, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. ““
Konkurse im Auslande. I“ Galizien. Konkurseröffnung Antoni Olszewski in Przemysl, Eigenthümers der Firma „Antoni Olszewski, Handlung von Kirchengeräthen, Silber, Chinasilber und Thee in Przemysl“, mittels Bescheides des K. K. Bezirksgerichts in Przemysl vom 27. Januar 1899 Nr. S. 1/99. Provisorischer Konkurs masseverwalter Advokat Dr. Angermann in Przemysl. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 15. Fe⸗ bruar 1899, Vormittags 10 Uhr. Die Forderungen sind bis zum 8. März 1899 bei dem genannten Gerichte anzumelden. Liqguidierungs tagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 10. April, Vor mittags 10 Uhr.
Konkurseröffnung über das Vermögen des nicht protokollierten Kaufmanns Josef Blitz in Podgörze mittels Bescheides des K. K. Landesgerichts in Krakau vom 28. Januar 1899. Provisorischer Konkursmasseverwalter Advokat Dr Isidor Feuereisen in Podgörze. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasse⸗ verwalters) 10. Februar 1899, Vormittags 10 Uhr. Die Forderungen sind bis zum 28. März 1899 bei dem genannten Gerichte anzumelden: in der Anmeldung ist ein in Podgörze wohnhafter Zustellungsbevoll⸗ mächtigter zu nennen. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 24. April 1899, Vormittags 10 Uhr.
Berlin, 7. Februar. Marktpreise nach Ermittelungen des Königlichen Polizei⸗Präsidiums. (Höchste und 8ebegr Preise.) Per Doppel⸗Ztr. für: Weizen 16 50 ℳ; 15,90 ℳ — Roggen 14,90 ℳ; 14,00 ℳ — Futtergerste 14,00 ℳ; 12,80 ℳ — „Hafer, gute Sorte, 15,40 ℳ; 14,90 ℳ — Mittel⸗Sorte 14,80 ℳ; 14,20 ℳ — geringe Sorte 14,10 ℳ; 13,50 ℳ — Richtstroh 4,16 ℳ; 3,50 ℳ — Heu 7,40 ℳ; 4,00 ℳ — *Erbsen, gelbe, zum Kochen 40,00 ℳ; 20,00 ℳ — “*Speisebohnen, weiße 50,00 ℳ; 25,00 ℳ — veLinsen 70,00 ℳ; 30,00 ℳ — Kartoffeln 6,00 ℳ; 4,00 ℳ — Rindfleisch von der Keule 1 kg 1,60 ℳ; 1,20 ℳ — dito Bauchfleisch 1 kg 1,20 ℳ; 0,90 ℳ — Schweinefleisch 1 kg 1,60 ℳ; 1,20 ℳ
— Kalbfleisch 1 kg 1,60 ℳ; 1,00 ℳ — Hammelfleisch 1 kg 1,60 ℳ%v ¶Ä — 1,00 ℳ — Butter 1 kg 2,60 ℳ; 2,00 ℳ — Cier 60 Stück
480 ℳ; 2,80 ℳ — Karpfen 1 kg 2,00 ℳ; 1,20 ℳ — Aale 1 kg 3 00 ℳ; 1,40 ℳ — Zander 1 kg 2,60 ℳ; 1,00 ℳ — Hechte 1 e 200 ℳ; 1,00 ℳ — Barsche 1 kg 1,80 ℳ; 1,00 ℳ — Schleie 1 2,80 ℳ; 1,20 ℳ — Bleie 1 kg 1,40 ℳ; 0,80 ℳ — Krebse 60 Stück 12,00 ℳ; 4,00 ℳ
* Ermittelt pro Tonne von der Zentralstelle der preußischen Land⸗ wirthschaftskammern — Notierungsstelle — und umgerechnet Polizei⸗Präsidium für den Doppelzentner.
„e Kleinhandelspreise. 2
— In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der National⸗ bank für Deutschland in Berlin wurde von der Direktion das Bilanz⸗ und das Gewinn⸗ und Verlust⸗Konto für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt, welches, nachdem vorweg eine entsprechend niedrige Bewerthung der Aktiven eingetreten 1 „ einen Brutto⸗ gewinn von 7 696 664 ℳ gleich 14,66 % auf das dividendenberech⸗ tigte Durchschnittskapital von 52 ½ Millionen ergiebt und sich aus folgenden Posten zusammensetzt: Gewinn auf Wechsel und Zinsen 3 575 389 (1897 3 197 239) ℳ, Gewinn auf Pro⸗ disions⸗Konto 1 752 495 (1897 1 474 646) ℳ, auf Effekten und Konsortial⸗Konto 1 931 120 (1897: 908 278) ℳ, auf Sorten und Kupons⸗Konto 33 991 (1897: 37 240) ℳ, Gewinn- vortrag aus dem Vorjahre 403 668 (1897: 364 363) ℳ Nach Abzug der Verwaltungskosten von 1 194 890 (1 064 418) ℳ und Steuern 319 170 (232 066) ℳ, ferner von Abschreibungen auf Konto⸗Korrent⸗Konto 30 037 (107 818) ℳ und auf Inventar⸗Konto 17 748 (18 897) ℳ verbkeibt ein verfügbarer Reingewinn von 6 134 817 ℳ = 11,69 %. Auf Antrag der Direktion wurde beschlossen, der für den 18. März 1899 einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 ½ % (wie 1897) vorzuschlagen, dem Konto⸗Korrent⸗Reservefonds zur Erhöhung auf 1 Million Mark den Betrag von 216 259 ℳ, sowie dem Beamten⸗Pensions⸗ und Unterstützungsfonds 50 000 ℳ zuzuweisen und den nach Abzug der statuten⸗ und vertragsmäßigen Tantiémen und Gratifikationen ver⸗ bleibenden Rest von 484 052 ℳ auf neue Rechnung vorzutragen. Die bilanzmäßigen Reserven belaufen sich demnach auf 12 000 000 ℳ = 20 % des Aktientapitals. Das Bilanz⸗Konto vom 31. Dezember 1898 stellt sich wie folgt: Aktiva: Kassa⸗Konto 4 880 219 (1897 6 588 630) ℳ, Gut⸗ haben bei Banken und Banquiers 7 042 457 (1897 4 602 416) ℳ, Sorten und Kupons⸗Konto 1 816 606 (1897 1 378 886) ℳ, Wechsel⸗ Konto 37 864 976 (1897 30 932 089) ℳ, Effekten⸗Konto (eigene) 6412 512 (1897 4680007) ℳ, do. in Prolongation genommene 31 863 320
80 0
(1897 30 215 428) ℳ, Konsortial⸗Konto 13 995 988 (1897 112 30) ℳ,
über das Vermögen des protokollierten Kaufmanns
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