—
2 “ egni hen eneesa Aarh, en. wenhct,
— —
Ich weiß nicht, was richtig ist. In dem Falle, wenn die Bank in größeren Beträgen französisches Gold hergiebt — also für Getreide und Baumwollbezüge — verlangt die Bank, daß man Wechsel bei ihr diskontiert auf 90 Tage, und in dem Diskont für die Wechsel, die ihr sonst nicht übergeben worden wären, hat sie ihr Entgelt. Nun erst kommt der Fall der Prämie, den die Herren mißverstanden haben. Mein Korrespondent fährt fort: La banque vend des monnaies d'or 6trangères et des lingots d'or avec une prime sur son prix d'achat, en prenant pour base le prix de por fin à Londres. Elle facilite ainsi des achats de denrées alimentaires telles que céréales etc. — Sie erleichtert auf diese Weise die Einfubr von Nahrungsmitteln, z. B. Getreide — La Banque décide chaque jour la somme qu'elle veut donner et la partage au prorata des demandes des banquiers. Ich kann in der Kommission, wenn die Herren es wünschen, noch mehr aus diesem Briefwechsel mittheilen, kurz und gut, das ist die eigentliche uns so oft angepriesene Prämienpolitik. Was geschieht aber weiter in Frankreich? wenn die Bank Schwierigkeit macht mit dem Gold und es muß doch Gold ins Ausland geschickt werden — mitunter bringt dies, wie Sie wissen, die Zahlungsbilanz des Landes mit sich —, dann geht man einfach in den Verkehr, — es giebt dort große Magazine —, und es gelingt dann dort, fremde Münzen oder meistens Napoleons in größeren Quantitäten zu sammeln gegen eine Sammel⸗ gebühr. Es ist eine alte Klage, daß sich die Valuta in Frankreich durch diese Praxis etwas verschlechtert hat, weil man die vollwichtigen Stücke zum Exvport verwendet; man sagt, es zirkulieren viele Gold⸗ münzen schlechten Gewichts neben den vollwichtigen. Nun haben aber alle diese Schwierigkeiten, die sog. Prämien von 6 bis 8 per Tausend und Aehnliches, durchaus nicht genügt, um den Goldvorrath Frank⸗ reichs zu schützen, denn in der Zeit, wo wir per Saldo mehr Gold bekommen als verloren haben, ist Gold aus Frankreich hinaus⸗ gegangen. Die Bank hat im letzten Jahre weit über 100 Millionen Francs verloren. Gegen gesteigerte Geldbedürfnisse im Inlande schütt die sog. Prämienpolitik überhaupt nicht, also auch nicht gegen erhöhten Diskont. Für deutsche Verhältnisse ist sie völlig ungeeignet. Wenn die Herren noch Näheres über diese Frage erfahren wollen, so bin ich bereit, in der Kommission weitere Erläuterungen zu geben. Herr Abg. Hahn verwies weiter auf die Erhöhung des Grundkapitals als ein Mittel zur Vermehrung des Goldvorraths. Aber das ist ein Irrthum, wie schon von dem Herrn Staatssekretär des Innern und auch von mir am ersten Sitzungstage auseinandergesetzt worden ist. Ich gehbe auf diesen Punkt nicht weiter ein. Es würde vielleicht zunächst nur eine Versteifung des Geldmarktes, also Erhöhung der Zinssätze herbeiführen, wenn man ein so großes Kapital einfordern wollte. Nun hat der Herr Abg. Hahn noch einige Spezialwünsche. Er sagte, wir möchten doch — das hat mich allerdings etwas komisch berührt — unsern Goldvorrath ausmünzen lassen. Herr Dr. Hahn ist nicht der Vater des Gedankens; ich erinnere mich, denselben schon irgendwo in einem der kleinen bimetallistischen Schriftchen gelesen zu haben. Wenn die Herren sich ansehen, welche Prägungen wir in den 10 Jahren 1888 bis 1897 be⸗ wirkt haben, so werden Sie zugeben, daß es recht erhebliche Summen sind. Wir haben ausprägen lassen 1146 Millionen, Frankreich in derselben Zeit 404 Millionen und England 691 Millionen Mark. Ich halte es für unwirthschaftlich, unsern ganzen Goldvorrath prägen zu lassen und einen erheblichen Theil, was nie zu vermeiden, in der bequemen Form von Doppelkronen in das Ausland ziehen zu lassen. Wir würden dabei ja nur die Prägunagskosten einbüßen. Wir halten immer ein gewisses Verhältniß zwischen Prägung und unge⸗ münztem Gold. Wir lassen weiter prägen, sobald der Bedarf sich zeigt; aber alles Gold auszuprägen halte ich für sinnlos. Keine Noten⸗ bank der Welt thut das. Dann sagte der Herr Abg. Hahn bezüglich der Ausweise, wir sollten mehr detaillieren. Wir können doch nicht immer eine ganze Broschüre veröffentlichen. Die ausführ⸗ lichsten Ausweise veröffentlicht die Bank von Rußland, die Reichsbank beschränkt sich darauf, wie die Privat⸗Rentenbanken, die gesetzlichen Vorschriften genau zu erfüllen, welche bei Berathung des Bankgesetzes nach reiflichster Prüfung aller einschläglichen Verhältnisse festgesetzt wurden. Ich glaube, daß diese Veroͤffentlichungen allen Ansprüchen genügen, denn das große Publikum hat kein be⸗
sonderes Interesse daran, jede Woche zu hören, wie viel Gold und
wie viel Silber in der Bank ist. (Widerspruch rechts.) — Ja, das
möchte ich doch für richtig halten. Veränderungen gehen hauptsächlich
nur im Golde vor sich, welches stets den bei weitem größten, immer
gestiegenen Theil unseres Metalls ausmacht, obgleich wir in der letzten
Zeit auch viel Silber verloren haben. Ob Gold ins Ausland gehen kann, sieht der Kaufmann an den Wechselkursen. Ich glaube, daß der Handelsstand nicht sehr großen Werth auf die wöchentliche Veröffentlichung der Zahlen von Gold und Silber legt. Uebrigens machen wir aus unserem Goldvorrath durchaus kein Geheimniß. In den achtziger Jahren lag die Sache allerdings etwas anders, da war unser Goldvorrath etwas schwach, er wurde unter Umständen ganz klein, der Kredit der Bank konnte erschüttert werden, wenn man sagte, daß nur wenig Gold vorhanden ist. Aber jetzt hat sich das Ver⸗ hältniß so günstig gestaltet, seit 1887 ist die Golddeckung unserer Noten stärker als die der Bank von Frankreich, sodaß wir ebenso, wie ich vorhin eine Angabe über unseren Gold⸗ vorrath gemacht habe, wir jeder Zeit bereit sind anzugeben, soviel emünztes Gold und soviel ungemünztes ist vorhanden, was jetzt schon eis in unseren Jahresberichten und ⸗Bilanzen geschieht. Ob nun nach alledem das Verdikt des Herrn Abg. Hahn gerechtfertigt ist, die Reichsbank habe sich nicht bewährt, das muß ich dem Urtheil des hohen Hauses überlassen. Ich gehe weiter zu den Ausführungen des Herrn Abg. von Kardorff über. Er hat schon immer eine Art Spahn auf mich gehabt; ich habe öfter das Unglück gehabt, hier mit ihm in Kollision zu gerathen. Daher fürchte ich, im Hinter⸗ grunde seiner Angriffe liegen gewisse währungspolitische Gegensätze, die zwischen uns bestehen. Ich glaube, Herr von Kardorff verargt es mir, daß ich niemals dazu gesprochen habe, den Uebergang zur Doppelwährung, wie Professor Lexis es nennt, den tollkühnen Sprung ins Dunkle, mitzumachen. Das ist das Ganze, was er mir Schuld giebt. Obgleich er sich gegen den Zusammenhang zwischen Reichsbank und Währung verwahrt hat, so spielt das doch wohl ein
wenig mit; denn Herr von Kardorff würde sonst viel⸗
leicht nicht so start in seinen Ausdrücken gewesen sein. Sein Vorwurf gegen mich, den ich für den stärksten halte, den man einem Reichebankleiter machen kann, gipfelte darin, daß er sagfe, meine Leitung der Bank — es ist aber nicht meine Leitung allein 1 denn ich bin in allen wichtigen Fragen mit meinen sieben Kollegen immer einverstanden gewesen — sei eine verhängnißvolle. Mit anderen Worten, sie ist so, daß sie die Bank und das Vaterland in Gefahren bringt. Der Vorwurf ist stark; die Gründe sind außerordentlich schwach; sie sind leicht zu widerlegen. Zunächst kam Herr von Kardorff darauf zu sprechen, es sei richtig, die Bank dürfe keme Wohlthätigkeitsanstalt sein — aver auch nicht füt einzelne Banquiers. Nun ist wirklich kein Ausdruck unberechtigter als der, wir seien eine Wohlthätigkeitsanstalt für einzelne Banken. Die großen Bankfirmen brauchen die Reichsbank fast garnicht, sie diskontieren sehr wenig bei der Reichsbank. Der — der Banken und Banquiers unter allen kreditberechtigten irmen ist nur 3,9 %, und dieser ist gewiß kein unberechtigt hoher, wenn man bedenkt, in welchem Umfange jene die Geschäftsum sätze in Deutschland vermitteln. Wie man da noch von einer Wohl⸗ tbätigkeitsanstalt sprechen kann, das weiß ich nicht — bei der Industrie ist der Prezentsatz viel höher, ebenso bei den Kauf⸗ leuten. — Ich werde in der Kommission noch weitere Details
darüber mittheilen. Nun warf Herr von Kardorff uns weiter vor, wir hielten nicht auf Stetigkeit der Wechselkurse.
verständlich geblieben, was er damit gemeint kat. Stetigkeit der
Wechselkurse ist völlige Stetigkeit der Zahlungsbilanz von Land zu Land. Ja, wenn eine Bank dazu im stande wäre, diese Stetigkeit zu erhalten, so hätte sie den Stein der Weisen erfunden. Das ist un-⸗ möglich. Wir können gegen das Hinaufgehen der Wechselkurse wirken,
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indem wir fremde Goldmünzen verkauten, oder namentlich, indem wir
den Diskont erhöhen und hiermit das Einströmen fremden Ge befördern, das Ausströmen unseres Goldes verhindern. Ich Herr von Kardorff sich das voll überlegt, nimmt er den Vorwurf zurück. Dann kam er auf die dritte Unterschrift zu sprechen, die sei für den Diskont in öö gleichgültig Ganz das Gegentheil ist der Fall. Die dritte Unterschrift ist im französischen Parlament einer lebhaften Debatte gewesen bei der schon früher von mir er⸗ wähnten Erneuerung des Bankprivilegs. Es ist eigenthümlich, daß die Herren das französische Beispiel immer gelten lassen, sobald sie uns “ etwas Unangenehmes daraus ableiten wollen, berufen wir uns aber auf Freankreich, dann beißt es gleich: dort sind die Verhältnisse andere. Nun besteht in Frankreich die Vorschrift, daß drei Unterschriften vor⸗ handen sein müssen, wenn ein Wechsel von der Bank diskontiert wird, bei uns in der Regel drei, mindestens zwei. (Zuruf rechts.) — Ja, das ist gesprochen, ich habe es mir sofort notiert und bleibe dabei; ich nehme also an, daß Sie es zurücknehmen. Auf alle Fälle möchte ich aber die eine einschlagende Aeußerung des französischen Kommissionsberichts anführen. Es heißt dort: „Der von den Banquters als Mittelinstanz berechnete Diskontsatz richtet sich nach dem Kredit des Darlehnsnehmers und der Zuschtag zum offiziellen Diskontsatz bildet eine regelrechte Risikoprämie.“ Und in der Sitzung vom 17. Juni 1897 sagte der Finanz⸗Minister Herr Cochéry: „Die dritte Unterschrift ist auch die Ursache billigen Diskonts; denn wenn die Bank Wechsel mit zwei Unterschriften kaufen wollte, so würde sie eben danach trachten, in einem höheren Diskont die Entschädigung für erhöhte Verlustgefahr zu erhalten.“ (Zuruf rechts.) — Ja, Herr von Kardorff scheint diesen Punkt seiner Vorwürfe jetzt zurückzunehmen; ich bin darüber sehr beruhigt. (Heiterkeit. — Er⸗ neuter Zuruf rechts.) Nun, wenn Sie es nicht gesagt haben wollen, desto besser! Jedenfalls mindert das Erforderniß der dritten Unter⸗ schrift die gepriesene Billigkeit des französischen Diskonts. Dann kam Herr von Kardorff auf den Goldbestand von 1894 und stellte dem⸗ gegenüber unsere jetzige Lage als schwach dar — wenn die Sache nicht so völlig unbegründet wäre, so könnte man bei solchen Aeußerungen wirklich bedenklich werden; was macht das dem Ausland gegen⸗ über für einen Eindruck, wenn ein Abgeordneter hier die Reichs⸗ bank, die Säule des deutschen Kredits, als schwach hinstellt! Frankreich hat ja etwas mehr Gold als Deutschland und die französische Bank sogar erheblich mehr; aber darauf kommt es allein doch nicht an, sondern auf das Verhältniß des Notenumlaufs zum Goldvorrath, auf die Deckung, und diese ist in Frankreich schlechter. Das will ich den Herren sofort beweisen: Unsere Notendeckung durch Gold ist seit 1887 im Durchschnitt eines jeden Jahres immer eine bessere gewesen als die der Bank von Frankreich, sie hat sich fort und fort gebessert. Die Golddeckung hat sich von 27,9 % i. J. 1881 schrittweise gehoben bis auf 61,9 % i. J. 1894; sie betrug selbst 8. J. 1898 noch durchschnittlich 51,9 %; in diesem Augenblick 56 % Bei der Bank von Frankreich beträgt die Golddeckung 1898 durch⸗ schnittlich nur 50,7 %, gegenwärtig ist sie 47,5 %, also ein Minus von 85 % gegen die Reichsbank. Wo ist da unsere Schwäche? Bei der Bank von England sind bekanntlich kolossale Mengen fremden Geldes deponiert; für die Noten hat sie Ueberdeckung, für Noten aus fremden Geldern nur eine Deckung von 45,96 % —. weniger als wir. Also die Lage unserer Reichsbank ist eine durch⸗ aus zufriedenstellende; sie flößt der Bankverwaltung keine Besorg⸗ nisse ein; sie ist etwas schlechter geworden im Winter im Zusammenhang mit den großen Ansprüchen, hat sich aber in diesem Augenblick schon wieder etwas gebessert; der Diskont ist ja noch hoch — 5 % —, aber ich wiederhole: er wird wahrscheinlich bald 4 % sein und vielleicht noch weiter zurückgehen. Ueber die Prämien⸗ politik habe ich bereits das Nöthige gesagt. Als Mittel zur Diskontherab⸗ setzung ist sie für uns ebenso untauglich, wie als Mittel zur Erhaltung des Goldvorraths. Ich weiß nicht, ob Herr von Kardorff noch andere besondere Mittel zu empfehlen hat, den Goldwerth zu stärken; ich würde begierig darauf sein, in der Beziehung andere Mittel zu hören als das von Herrn Dr. Hahn empfohlene der Erhöhung des Kapitals der Reichsbank nicht um 30, sondern um 80 Millionen. Ich sagte schon, daß dieses Mittel unzureichend ist, um den Zweck zu erfüllen. Dann kam Herr von Kardorff auf die Kontingentierung und erwähnte — in der Beziehung hat er sich eines groben Mißverständnisses schuldig gemacht —, der neulich von mir mit Recht gerühmte Schrift⸗ steller Helfferich habe ein bestimmtes gesetzliches Verhältniß der un⸗ gedeckten Noten zu dem Metallschatz empfohlen. Aber Helfferich hat bei seiner geläuterten Kenntniß der Volkswirthschaft nie daran gedacht, der Vorschlag ist, wie Herr von Kardorff früher selbst gesagt bat, von einem anderen ausgegangen, einem Bimetallisten Herrn Seyd. Aber wir haben ja neben der Kontingentierung der ungedeckten Noten noch die Dritteldeckung für alle Noten. Jener Vorschlag des Abg. von Kardorff würde nur dazu führen, die Diskontpolitik mehr als bisber einzuengen und zu erschweren. Hauptsache ist stets die Drittel⸗ deckung, die Kontingentierung ist für uns nicht von so unmittelbar zwingender Bedeutung, wie das schon der Herr Staatssekretär und ich dargelegt haben. Endlich war noch von dem Privatdiskont die Rede. Dieses urtechnische Tbema, welches sich mehr für die Kom⸗ mission eignet, habe ich schon vorgestern behandelt. Ich will hier nicht darauf zurückkommen, sondern hiermit schließen.
Abg. Broemel (fr. Vgg.): Ich habe weder Talent noch Neigung, für die Regierungsvorlage gegen die Angriffe des Dr. Hahn anzu⸗ kämpfen. Mir liegt daran, die Ausführungen desselben zu ergänzen. Er meinte, daß es der Wirthschaftspolitik der Hebecens zu danken sei, daß auf dem mageren Boden ein so reiches blühendes Wirth⸗ schaftsleben enistanden sei. Wenn die Ausschließurs fremder Waaren für Herrn Hahn als Hohenzollernpolitik gilt, so gilt die Handels⸗ vertragspolittit auch als eine Hohenzollernpolitik. In den vierziger Jahren galt die Schutzzollpolitik, von 1862 an die Freihandelspolitik, und die Handelsvertragspolitik von 1891 trägt den Stempel Hohenzollernscher Politik wie nur irgend eine andere. Die Frage der Zentral⸗Genossenschaftskasse bat einen Umfang in der Debante angenommen, der nur dadurch veranlaßt ist, daß ein Mit⸗ glied dieses Hauses, der Direktor der Zenrralkasse ist, diese Tribüne dazu benutzt hat. Herr Dr. Heiligenstadt hat sich auf diese seine Stellung berufen, indem er per „wir“ sprach, also im Namen des Direktoriums dieser Kasse. Die Art der Oeffentlichkeit, daß man auf die Direktion kommen und sich dort alles ansehen soll, ist gar keine Oeffentlichkeit. Die Veröffentlichungen müssen alle gleichmäßig ohne be⸗ sondere Beschwerlichkeit zugänglich sein. Wie sieht denn der Geschäftsbericht der preußischen Zentralkasse aus? Die Mitglieder des preußischen Land⸗ tages erthalten im Ganzen nur zwanzig Geschäftsberichte. Die Lieferung von mehr Exemplaren wurde abgelehnt. Die Bilanz der Reichsbank könnte etwas detaillierter sein; man könnte dabei über die Anforderungen des Bankgesetzes wohl eiwas hinausgehen. Ich wü de zufrieden sein, wenn die preußische Zentralkasse nur so weit geben würde wie die Reichsbank. (Vize⸗Präsident Dr. von Frege: Das geht über die Angriffe des Herrn Heiligenstadt hinaus und gehört deoch wohl mehr vor den Preußischen Landtag) Herr Heiligenstadt hat aber hier über die Zenkralkasse gesprochen. Er hätte doch selbst im Abgeordnetenhause sprechen können (Zuruf: Ist nicht Mitglied!); rdann hätte ein anderer der Direktoren, der Mitglied des Hauses ist, sprechen können Herr Heiligenstadt hat einem Redner des Handelstages, Herrn Bankdirektor Schinkel, frivole Angriffe auf die Zentralkasse vorgeworfen. Ich wäre selbst als Delegirter zum Handelstage solchen Angriffen entgegen⸗ getreten. Aber ich bestreite vollständig, daß solche Vorwürfe erhoben worden sind. Es sind ehrenrührige Angriffe hier vorgebracht worden, und dagegen muß ich im Interesse der Würde des Hauses einen außerhalb des Hauses Stehenden in Schutz nehmen. Herr Heiligen⸗
Mir ist un⸗
stadt bat angeführt, daß Herr Schinkel gesagt hätte, daß, wenn die Reichsbank so verwaltet würde, wie die Zentral⸗Genossenschaftskasse, das Vertrauen zu ihr erschüttert werden würde. Er hat aber den Satz weggelassen: „Wenn alljährlich auch für die Reichsbank neues Kapital beantragt und eingezahlt werden müßte.“ Dieser Satz durfte nicht unterschlagen werden. Ich überlasse das Urtheil über das Ver⸗ fahren des Herrn Heiligenstadt diesem Hause lund der größeren
Abg. Dr. Heiligenstadt (nl.): Ich kann nur mei dafür aussprechen, daß man meinen Worten ein so 8888 beilegt. Herr Schinkel ist allerdings nicht im Hause, um sich zu ver theidigen; aber es war auch keiner von uns bei den Verhandlun 8 des Handelstages, als die Zentralkasse angegriffen wurde. Ich ben gern zu. daß es ein kleiner Lapsus meinerseits war, wenn ich die paar Worte weggelassen habe. Sie ändern an dem Ton der Vorwürfe gegen die preußische Zentral⸗Genossenschaftskasse nichte Ich bin zum Reden veranlaßt worden durch den Ausdruck des Herrn Schönlank. daß die Zentralkasse eine „Zentralpumpstation“ sei (Zuruf: Der Finanz⸗Minister!) Der Finanz⸗Minister hat gesprochen von den Pumpgenossenschaften, die sich die Zentralkasse vom Halse halte. Treibhausartige Gründungen von Genofsenschaften haben nicht stattgefunden. Die preußische Zentralkasse ist jetzt die einzige Käuferin von Privpatdiskonten. Wir haben garnicht nöthig, der Reichsbank —— “ b 88 .e 89 zum Wortführer der
g „welche in den Blättern für Genossen
laut ““ sind, also auf freisinniger Seite.
bg. Liebermann von Sonnenberg (Reformp.): i unschuldig an diesem Streit, denn 18b 8. vzen Ihhanhtt hat einen Theil der Zeit in Anspruch genommen, der mir noch zur Verfügung gestellt war. Ich kann den Bankver⸗ ständigen nichts Ebenbürtiges an die Seite setzen; ich kann nur n großen Zügen das sagen, was im Lande von der Bankvorlage gehalten wird von den Kreisen, die sich durch die Vorlage sehr enttäuscht fühlen. Danach ist die Vorlage eine verfehlte, weil sie nur der Plutokratie dient und die Er⸗ wartung der erwerbsthätigen Volkekreise täuscht, nämlich die Erwartung, daß die Reichsbank aufhören sollte, eine Bank der Reichen zu sein, und sie anfangen würde, eine Bank für das arbeitsame deutsche Velk zu sein. Es wäre zweckmäßig, wie für die Vorbereitung der Handelsverträge, auch eine Kommission ein⸗ zusetzen für die Vorbereitung eines neuen Bankgesetzes, in der alle Erwerbskreise vertreten sind. Unverhofft haben sich die Freisinnigen und die Sozialdemokraten, die letzteren hoffentlich auch unerwünscht, als Anhänger der Vorlage bekannt. Im Jabre 1889 haben sich die Sozialdemokraten gegen die damalige Bankvorlage und für die Verstaatlichung erklärt. Damals vertrat die Sozial⸗ demokratie noch Prinzipien, die heute über Bord ge⸗ worfen sind, aus Opportunitätsgründen, aus Haß gegen die äe und den Mittelstand. Die Sozialdemotratie leistet also dem Kapitalismus, Beistand. Dafür unterstützen ja auch die Kapitalisten die Sozialdemokraten. Es soll mich freuen, wenn Sie mich eines Besseren belehren. Die Reichsbank hat den Goldabfluß zur Erhöhung des Diskonts und damit zur Ver⸗ theuerung des Geldes benutzt; sie ist den Genossenschaften lange nicht so entgegengekommen, wie man es im Lande erwartet hatte. Die Befriedigung des Kredits ist allerdings nach dem Gesetz keine Auf⸗ gabe der Reichsbank; aber man wird gerade bei diesem Punkt einseten müssen, um die Leistungen der Bank nutzbar zu maben für das wirthschaftliche Leben. Die Redner, welche der Reichsbank ihr Lob gespendet haben, Herr Siemens, Herr Büsing und Herr Müller⸗Fulda, stehen den Banktreisen nahe. Herr von Stumm und Herr Krupp wollen sich durch die Diskontoerhöhung nicht beschwert gefühlt haben. Es giebt aber außer ihnen und den Großindustriellen und Großbanquiers noch die Handwerker, Landwirthe ꝛc., ohne die der Staat nicht bestehen kann. Die Reichsbank denken wir uns als einen gothischen Bau, aber die Ornamente derselben haben mehr einen orienta⸗ lischen Typus. Im. Zentralausschuß ist das Judenthum mehr vertreten als in unserem Volke; auch die großen Kommissionsbanken sind zu stark ver⸗ treten: Rothschild, Diskontogesellschaft, Bleichröder, Deutsche Bank, Berliner Handelsgesellschaft, Warschauer, Mendelssohn, Darmstädter Bank zc. sitzen im Zentralausschuß. Die Portugiesen wurden von der Darmstädter Bank, die Griechen von der Nationalbank, die Argentinier von der Diskontogesellschaft und der Deutschen Bank eingeführt, das sind die Papiere, mit deren Zinsen wir die Getreideeinfuhr bezahlen sollen. Warum müssen die Bankantheilseigner 7 v. H. beziehen, während die preußischen Anleihen nur 3 ½ v. H. bringen. Man sollte die Dividende auf 4 v. H. festsetzen und darüber hinaus nichts weiter gewähren. Es geht ohnehin zu viel von dieser Dividende ins Ausland, und es ist keine Vorsorge getroffen, daß nicht schließlich alle Antheil⸗ scheine ins Ausland wandern. Gegen die Verstaatlichung der Reichs⸗ bank hat Graf Posadowskgy geltend gemacht, daß damit die Bureaukratie in die Bank einziehen würde. Graf Posadowsky hat einen so klaren Blick für die Interessen des Mittelstandes und der erwerbenden Volkskreise überhaupt, daß er auch die Reichsbank richtig leiten wird. Im Kriegsfall wird man die Reichsbank als Reichsinstitut betrachten, und schließlich wird im Kriegsfall der Mittelstand sein Gut und Blut dem Vaterland eher opfern als die haute finance. Nicht bloß vor der Französischen Bank, sondern auch vor den Rothschild'schen Kassen machten die Communards Halt; dahinter steckte der geheimnißvolle Einfluß des internationalen Juden⸗ thums. Rothschild hat sich mit der Kommune abgefunden. Wenn der Feind erst in Berlin ist, dann wünsche ich, daß die Milliarden der haute finance auch mit in die Hände des Feindes übergehen. Wird die Verstaatlichung der Rei sbank nicht erreicht, dann .een; gn deteaen, b ü Aufrechterhaltung der Privat⸗ Notenbanken. enigstens sollte man die Kapitaler das Reich übernehmen.
G Abg. Freiherr von Wangenheim (d.kons.): Sämmtliche pro⸗ duktive Stände haben das Interesse, daß die Reichsbank unabhängig und sicher dasteht, denn sie hat einen entscheidenden Einfluß auf den ganzen Geldumlauf im Lande. Wir wünschen deshalb, die Bank un⸗ abbängig zu machen vom Privatkapital und die Ueberschüsse dem Reiche selbst zuzuführen. Bei der sonstigen Zähigkeit in Geld⸗ bewilligung begreife ich die Stellung mancher Parteien nicht, die so leichthin viele Millionen dem großen Kapital, den Bankantheilseignern zuwenden wollen. Die Vorlage wird aus der Kommission ja ziemlich unverändert hervorgehen, aber ich glaube, diesmal zum letzten Mal.
„Abg. Dr. Schönlank: Wir werden nicht gratis den Millionären Geschenke machen, das überlassen wir den Freunden der Liebesgaben. Die Mittelstandepolitik, die das Volk entrechten will durch die Ver⸗ schlechterung des Stimmrechts und durch den Zuchthauskurs, unter⸗ stützen wir nicht; wir werden versuchen, diese Zustände, die bloß ein Präservativ sind für das Junkerthum, zu verbessern. Wir sind An⸗ hänger der Verstaatlichung, aber die Verstaatlichung der Reichsbank hieße dem Junkerthum die besten Waffen ausliefern.
Nach einigen persönlichen Bemerkungen wird die Vorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Interpellation Kanitz, betr. die handelspolitischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika.)
I 8 8 H
en Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußische
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordnete
16. Sitzung vom 10. Februar
Die Besprechung der
Szmula (
Gesinde und landwirthschaftlichen
der
bgg. Gamp Das Haus der Abgeordneten woll
fortgesetzt und mit der Berathung des f 8 ffr. kons.) und Genossen verbunden:
e beschließen, die Königliche
Staatsregierung zu ersuchen: 1 mit Rücksicht auf die in der Landwirth
den landwirthschaftlichen Kleinbetrieben, herrschende, den rationellen Betrieb der Landwirthschaft ernstlich gefährdende Arbeiternoth un⸗ esäumt die zur Milderung derselben geeigneten gesetzgeberischen und
Verwaltungsmaßregeln in die Wege zu leiten insbesondere in Aussicht zu nehmen: 1) die Einführung der Konzessionspflich
Arbeitsvermittler und ähnliche Gewerbetreibende und das Verbot
des Betriebes dieser Gewerbe im Umherziehen;
2) die Erschwerung des Kontraktbruchs Verleitung zu demselben seitens der Arbeitgeb
und Arbeitsvermittler und die Regelung der Ersatzpflicht für den dem beschädigten Arbeitgeber entstandenen S
3) di
Lande unter voller Aufrechterhaltung der Ziele des Volksschul⸗ unterrichts (Halbtagsunterricht, Dispensation von der Sommer⸗
zunehmende Verrohung und
schule);
Arbeitern
4) Mahnghwnen gegen 8 stetig vänehs vbur den sittlichen Niedergang der Minderjährigen sowie zur räftigung — 1 he ü1 und Ulchen, der rlerlichen Bewolt denselben “ 8 8 auch die Arbeit, welche erfordert wird vom Staat, von den Kom⸗
5) die möglichste Verminderung der Beschäftigung von
e anderweite Festsetzung der Schulz
seitens der Staatsbetriebe während
6) die Aenderung der Armengesetzgebun
Wittwen⸗ und Waisenfürsorge größeren Verbänden übertragen wird;
7) die planmäßige Ansiedelung von m Landwirthen sowie von landwirthschaftlichen wendung von Staatsmitteln;
8) bis zur Wirkung der vorerwähnten weiterte und erleichterte Zulassung ausländi Abg. von Glasenapp (kons.): Ich vertrete einen Wahlkreis mit b 1 3 veaeeesen kleinbäuerlichen, tüchtigen, königstreuen Besitzern. Die genau im Kopf, und zwar alles Arbeiter, die sonst Landarbeiter
Frage des Arbeitermangels berührt gleichmäßi und den Kleingrundbesitz, und zwar sowohl im unseres Vaterlandes. Es ist zu befürchten, da
im nächsten
Westpreußen 33 000 Arbeiter a einwanderten; 1898 wanderten 20 Rußland herein. Nach ihrer Heimat aus de provinzen erst dann wieder zurück, wenn sie nicht mehr arbeitsfähig sind. Früher bildeten die Arbeiter mit den Bauern zusammen einen Stand; der seßbafte Landarbeiterstand Ust aber infolge der historischen Entwickelung ganz verschwunden. Niedrige Löhne tragen nicht die Schuld an dem Arbeitermangel; denn die Löhne sind so gestiegen,
Jahre noch größer werden wird.
daß die Lohnfrage schon die größten Schwier
wirthschaft wird noch wie es den
Agenten locken durch falsche Vorspiegelungen die Arbeiter fort. Vor der Körnerbau wieder rentabel gemacht werden, damit hohen Löhne zahlen kann. 1
Antrag einbringen, der mit dem Antrag Gamp wesentlich übereinstimmt, ihn aber in einigen Punkten noch ergänzt. So wollen wir ges Gamp binzufügen, daß vor allem auch die Hebung der Landwirthschaft überhaupt in Aussicht genommen Wie wichtig die Kontrole der Gesindevermittler ist,
allem muß
die Landwirthschaft die
wird einen
der Einleitung des Antra
werden muß. geht daraus bervor, daß bei einer Enquste 41 % der Agenten wegen Vergehen zum theil mit Zuchthaus, bestraft waren. das Augenmerk auf die sogenannten „Rübenunter⸗ werden, die die Sachsengängeret fördern.
thum ꝛc, lich muß
nehmer“
bietet. Der Mangel an landwirthschaftlichen Arbeitern durch gewissenlose Agenten in einer Weise gesteigert,
Interessen der Landwirthschaft di
gerichtet
Besonderes Gewicht legen wir auf Maßregeln der jugendlichen Arbeiter, die wir schon im
Wohls der
jangen Leute verhindern müssen. In
machung der ländlichen Arbeiter stimmen w
Gamp überein; diese Seßhaftmachu
die Agrarbehörden gefördert werden. Die d
ländischer
denklich, u hängigkeit Beziebung
sorgung mit Brot und Fleisch. den Ostmarken darf nicht gestört werden.
Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
gierung in
Dr. von
Meine Herren! Die Frage, die heute zur Diskussion steht — —
Vize⸗Präsident des
Arbeiter wäre eine nationale Gefahr, wir dürfen die fremden Arbeiter nur für die Zeit vom 1. März bis 15. Dezember zulassen. Der unbeschränkte Zustrom dieser auf niedrigerer Kulturstufe stehenden aus ländischen Arbeiter wäre aus kulturellen Gründen äußerst be⸗
nd wir würden auch durch einen sol von Rußland gerathen. Wir woll
ebenso unabhängig vom Ausland sein wie in unserer Ver⸗ Die nationale Politik unserer Re⸗
Miquel:
(Rufe links: Lauter!) — die Frage, die heu steht, wird gegenwärtig in fast allen Kulturlä
Ich denke
mehr oder
schaft geführt hat; selbst in Frankreich,
einem Lan
beginnt die Klage immer stärker zu werden über die Entvölkerung des Landes und das Drängen in die Städ
nicht bloß an England, wo die Flucht vom Lande schon
weniger zu einem vollständigen Rü
de mit den günstigsten klimatischen
Man’spricht dort schon von terre morte.
Nun,
stellation der wirthschaf
regierung
sagt hat, den großen Nothstand, der auf dem Lande verbunden ist, voll an und welche nicht durch nothwendig zu nehmende höbere, nationale
ergreifen,
meine Herren, warum ist die Frage in der heutigen Kon⸗ tlichen Bewegung besonders akut? Die Staats⸗
erkennt, wie der Herr landwirthscha
und politische Rücksichten ausgeschlossen sind. Meine Herren, ich sage: gegenwärtig ist
aber die Gefahr besteht wohl
dieser Höhe bleibt. Wir sehen heute einen
fast vermeinen sollte, f des wirthschaftlichen Lebens, mit Vortheil für Arbeitge
könnte, (Sehr auch in
richtigl!) Nicht bloß auf der Industrie treten ähnliche
Interpellation Zentr.), betreffend den Mangel an ländlichem
chaden; entbehren. Soviel ständige Arbeiter kann überhaupt kein Gut dauernd
scher Arbeiter.
b, während nur 6000 aus Rußland 000 fort, und nur 10000 kamen aus h kommen die Arbeiter aus den Ost⸗
gegen fremdes Eigen⸗
ng muß durch die Regierung und
einem Lande mit Kleinbesitz,
te und in die Industriebezirke.
mit dem Mangel an Arbeitskräften ist bereit, alle Mittel zu
nicht, daß dieser akute Nothstand in
ür die Summe von Arbeit auf allen Gebieten welche gegenwärtig gefordert wird, und ber und Arbeitnehmer geleistet werden reicht zur Zeit die deutsche Bevölkerung kaum aus.
Zweite Beilage
Berlin, Sonnabend, den 11. Februar
Es ist schon an und für sich unwahrscheinlich, daß ein solcher Zustand ein dauernder sein wird. Ich glaube, aus verschiedenen Grün⸗ den annehmen zu können, daß wenigstens in dieser Schärfe der gegen⸗ 1899. wärtige Zustand, allen Erfahrungen der Vergangenheit entsprechend, des Abg.] nicht fortdauern wird.
Bei uns kommt noch hinzu, daß nicht hloß der Bedarf an Arbeitskräften im Gewerbe und in der Industrie so stark und plötzlich gewachsen ist, sondern — der Herr Vorredner hat das ganz richtig hervorgehoben — die Nothwendigkeit für die Landwirthschaft, zu einem intensiveren Betrieb überzugehen, die ja jedem bekannt ist, und in deren Entwickelung wir uns in vollem Maße befinden, erfor⸗ dert nicht nur die bisherigen, sondern viel mehr Arbeitskräfte als früher. (Sehr richtig!) Ich habe bei einigen Gütern persönlich konstatiert, wie sich der Bedarf an Arbeitskräften gegen die letzten 20 Jahre vermehrt hat. Ganz anders liegt es heute, wo wir keine Schafe mehr haben, eine intensive Hackfrucht betreiben, die Viehzucht mehr und mehr in den Vordergrund tritt. Diese beiden Umstände kommen also zusammen. Es kommt aber weiter in Betracht, daß die neuere Entwickelung in der Landwirthschaft einen viel größeren Bedarf an Saisonarbeitern erfordert als früher. Die Zuckerindustrie kann Saisonarbeiter garnicht
8 vI 8ee
8 1A4A“
Arbeitern, wird olgenden Antrags
schaft, insbesondere in
und zu diesem Zweck t für Gesindemakler,
durch Ahndung der er sowie der Gesinde⸗
eiten auf dem platten das ganze Jahr hindurch beschäftigen. (Sehr richtig!) Auch wo kein
Zuckerrübenbau vorhanden ist, ist während der Erntezeit ein viel größerer Bedarf an Händen als früher vorhanden. Das führt eben⸗ falls zur Verstärkung der Saisonarbeiter. Dazu kommt noch, daß
munen und Provinzen, gerade in dieser Zeit sehr groß ist. Das ja durchaus berechtigte Drängen nach Verstärkung und Beschleunigung des Eisenbahnbaues, nach Vermehrung der Sekundär⸗ und Tertiärbahnen, ittleren und kleineren nimmt ja viele Arbeitskräfte in Anspruch, zumal es noch nicht gelungen Arbeitern unter Auf⸗ ist, wie ich immer gehofft habe, die große Zahl der Streckenarbeiter durch anderweitige technische Einrichtungen auf den Eisenbahnen zu ver⸗ mindern. (Hört, hört! sehr richtig! rechts.) Das sind hundert⸗ tausend und mehr Arbeiter; ich habe die Zahlen augenblicklich nicht
der Erntezeit; b g dergestalt, daß die
Maßnahmen die er⸗
sein würden. (Sehr richtig! rechts.) Einer der Herren Redner hat gesagt, man könne ja Eisenbahnbauten vielleicht etwas weniger be⸗ schleunigen, Arbeiten hier und da etwas unterlassen, namentlich während der Ernte. Das letztere läßt sich gewiß in Erwägung ziehen, aber mit dem ersteren würden wir sehr wenig Glück haben (sehr richtig!); denn da drängt alles vorwärts, und die Interessenten kümmern sich nicht um die allgemeine Noth und diese allgemeinen Erwägungen; sie wollen so schnell wie möglich ihre Eisenbahn haben. Das sind alles Dinge, die sich schwer oder garnicht bekämpfen lassen. Meine Herren, zu diesem Allen kommt allerdings mehr als in anderen Ländern die deutsche Wanderlust, die Sucht nach Ungebunden⸗ heit und Vergnügungen, im Osten — ich muß das aussprechen — auch die geringere Anhänglichkeit an die Heimath als im Westen (sehr richtig! rechts), wo stärker ausgebildete, meistens mit Vermögen versehene Gemeinden vorhanden sind. In dieser Gemüthsfrage, der Anhänglichkeit an die Heimath, liegt auch viel. Dann läßt sich ferner nicht leugnen, daß zu dieser ganzen Ent⸗ wickelung in hohem Grade die Verwahrlosung und auch der Mangel an genügender Beschäftigung in Stadt und Land der Jugend von 14 bis 18 Jahren hinzukommt. (Sehr richtig! rechts) Das ist eine der schwierigsten und bedeutendsten Fragen, die wir nicht bloß fürs Land, sondern auch für die Stadt nach und nach zu lösen uns be⸗ streben müssen. (Sehr richtig!) Die Frage liegt keineswegs bloß in der Freizügigkeit, sondern sie liegt in unserer ganzen gewerblichen Organisation. Der Uebelstand ist in der Stadt vielleicht noch schlimmer als auf dem Lande; denn in der Stadt können so junge Leute, wenn sie mit 14 Jahren aus der Schule kommen, namentlich aber Mädchen, thatsächlich vielfach noch keine Beschäftigung finden; — in den späteren Jahren, von 16 bis 18, ist das in den Städten meist schon möglich. Es kommt dann das Gefühl der Un⸗ abhängigkeit in die unreife Jugend; sie kümmert sich nicht mal mehr um ihre Eltern. Vielfach sind sie auch den Eltern unentbehrlich in Be⸗ ziehung auf den Mitverdienst in der Familie, und wenn es ihnen in der Familie nicht mehr gefällt, haben sie das Gefühl, sich selbst er⸗ halten zu können, sie brauchen sich dann nicht mehr um die Eltern zu bekümmern. (Sehr richtig!) Diese hierin liegende drohende Auf⸗ lösung der Familienbeziehungen und der Familienzucht ist eine große Gefahr für unsere ganzen sozialen Zustände. (Sehr richtig!) Ich möchte Ihnen ein Beispiel erzählen aus meinem eigenen Hause. Ich habe eine Wittwe als Putzfrau, eine sehr ordentliche Frau. Ich sage zu ihr: Sie werden doch Ihre Mädchen nicht Nähmädchen werden lassen, sondern sie in den Dienst geben. Sie antwortet: Wollen Sie mir für meine vierzehn⸗ und fünfzehnjährigen Mädchen einen Dienst in Berlin verschaffen? einen solchen giebt es nicht; solche jungen Kinder werden nicht genommen, und ich kann die Kinder doch nicht bis zum achtzehnten Jahre bei mir ernähren durch meiner eigenen Hände Arbeit. — In den Städten liegt hierin das Drängen in die gewerb⸗ liche Thätigkeit und die wachsende Scheu, unter einer angemessenen Zucht als Dienstbote in die Familien zu gehen. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich gehe auf die Fragen, die das Reich betreffen, weil ich auch dazu vom Staats⸗Ministerium nicht ermächtigt bin, nicht ein. Aber wenn man verzichten muß auf jede Beschränkung der Freizügigkeit, wie das namentlich auch von den Herren Vorrednern im allgemeinen anerkannt ist, so muß allerdings erwogen werden, um den sittlichen Stand unserer ganzen zukünftigen Generation zu heben, ob man auf anderen Gebieten, namentlich auf dem Gebiete der Schule und des väterlichen und vormundschaftlichen Rechts, in dieser Be⸗ ziehung nicht weiter kommen könne. (Sehr richtig! rechts.) Man wird das Ganze vielleicht nicht erreichen, aber in vielen Fällen wird man, glaube ich, doch damit nützliche Wirkungen erzielen. Die Aus⸗ wanderung vom Lande zu verhindern, sei es auf diese oder jene
g, den Großgrundbesitz
—
Osten wie im Westen ß der Arbeitermangel 1893 wanderten von
igkeiten für die Land⸗ rekt zuwiderläuft; die
Meine Fraktion
sich gezeigt hat, daß
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gegen die Abwanderung Interesse des sittlichen Bezug auf die Seßbaft⸗ ir nicht ganz mit Herrn
auernde Zulassung aus⸗
chen in eine gewisse Ab⸗ en jedoch auch in dieser
te hier zur Diskussion ndern Europas erörtert.
ckgange der Landwirth⸗
und Bodenverhältnissen,
ftliche Minister schon ge⸗
(Bravo! rechts) die Noth besonders akut,
Zustand, bei dem man
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Staats⸗Anz
eiger.
“ EEEEE1I11“ 1899.
Der junge Mensch wird nicht sagen können: ich werde in meinem Erwerbe geschädigt, wenn er etwas länger auf dem Lande bleibt. Er wird da immer genug lohnende Arbeit finden und wird den Vortheil haben in seiner eigenen Charakterbildung und in seiner
festeren Sittlichkeit. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, nun ist gefragt worden: was kann man sonst
thun, um diesen Mißständen des Auswanderns in die Industriebezirke und die Städte einigermaßen Einhalt zu thun? Ja, meine Herren, solchen großen sozialen Problemen kann man allerdings auch hier nicht mit einem Mittel beikommen, es muß eine Summe von Einzel⸗ mitteln zusammenwirken, um nach und nach den Uebelständen mit Er⸗ folg entgegentreten zu können. Es sind eine Reihe von Mitteln zu meiner Freude hier in konkreten Vorschlägen vorgelegt. Ich bin er⸗ freut, und sage dem Herrn Vorredner meinen Dank, daß, wie das auch die Herren vom Bunde der Landwirthe nie vergessen haben, neben der besonderen Vertretung der wirthschaftlichen Interessen zugleich und vor allem die nationalen undgroßen politischen Interessen Preußens ge⸗ wahrt werden müssen (sehr richtig! rechts), daß man letztere nicht einseitig vernachlässigen kann, lediglich wegen einer hoffentlich mehr oder weniger vorübergehenden Schwierigkeit. Die Staatsregierung steht
au auf demselben Standpunkt: wir wollen ausländische Arbeiter
s weit zulassen, als nationale Interessen, die über allem stehen, die Aufrechterhaltung der deutschen Bevölkerung im Osten, die Ver⸗ hinderung einer slavischen Ueberfluthung unseres Ostens, es irgendwie zulassen.
Meine Herren, wenn der Herr Interpellant sagt, die Regierung
möge doch den Landwirthen es überlassen, wo sie ihre Arbeiter suchen wollen und woher sie sie nehmen wollen, so muß die Staatsregierung mit Rücksicht auf diesen Gesichtspunkt zu ihrem Bedauern eine solche Forderung ablehnen (Sehr richtig! rechts); wir können sie nicht erfüllen, und die schließlichen dauernden Schäden, die daraus entständen, würden viel größer sein als die augenblickliche Erleichterung, die daraus hervor⸗
gehen kann. (Sehr richtig! rechts.) Wir haben ja schon den Zuzug russischer und galizischer Arbeitskräfte zugelassen für acht Monate im Jahre, und zwar bis zum 1. Dezember, und wir würden selbst gar kein Bedenken haben, dem Wunsch des Herrn von Glasenapp und der konservativen Partei entsprechend, diese Frist auf den 15. Dezember auszudehnen, wenn nicht bisher ein Hinderniß entgegenstände, nämlich, daß wenigstens die russischen Pässe bis zum 1. Dezember ablaufen und dadurch große Schwierigkeiten für die Rückkehr der Leute ent⸗ stehen würden. Ob es vielleicht gelingen wird — ich werde darüber mal mit dem Chef des Auswärtigen Amts in Verbindung treten — in dieser Beziehung eine anderweite Einrichtung in Rußland zu er⸗ reichen, kann ich nicht sagen; erwägenswerth bleibt die Sache ja immer, und bei der heutigen Wirthschaft ist uns ja sehr wohl bekannt, daß auch häufig die Wintermonate jetzt schon noch volle Beschäftigung für die Leute bieten (sehr richtig! rechts), wie es früher kaum der Fall war. Ich werde diesen Punkt also mit in Betracht ziehen. Aber ständige unverheirathete Knechte und Mägde hereinzulassen, die den ganzen Winter hindurch bleiben, wenn auch vorläufig versuchsweise und auf ein Jahr beschränkt, diese Frage ist im Staats⸗Ministerium erörtert, ist jedoch auf die schwersten Bedenken gestoßen; das kann ich den Herren nicht verhehlen. Bis dahin haben wir nur verheirathete und nicht verheirathete Leute, die ihren Wohnsitz im Auslande behielten, zeitweilig zur Arbeit hier zugelassen. Diese Leute finden gar keine Härte darin, demnächst, wenn die Frist abgelaufen ist, zurückzugehen. Ihre ganzen Heimathsverhältnisse bleiben unberührt; sie haben dort ihre Wohnungen und Familien, da können Härten kaum vorkommen. Die Leute selbst behalten das Gefühl: sie sind nur zeitweilig hier, es ist natürlich, daß sie wieder zurückkehren. Die einheimische Bevölkerung betrachtet diese Personen als Fremdlinge, die ihr nicht dauernd an die Seite oder an die Stelle gesetzt werden. Es ist viel Arbeit da, die Einheimischen finden es natürlich, daß man die Arbeitskräfte für gewisse Zeiten vermehrt.
Da treten längst nicht diese Gefahren ein, welche bei dauernder Zulassung von Gesinde entstehen, welches obendrein eine ganz andere Stellung hat wie diese Landarbeiter, die ausschließlich auf dem Felde oder in den Ställen arbeiten. (Sehr richtig!)
Da entsteht naturgemäß das Gefühl: ja, wir sind einmal auf ein Jahr als Gesinde zugelassen, aber wir nehmen an, daß die Zeit demnächst aus denselben Gründen auch verlängert, immer weiter verlängert wird; die Leute gewöhnen sich an die Anschauung: daß sie nun definitiv in Deutschland bleiben werden. Will man verlangen, daß, wenn sie sich verheirathen, wenn sie eine Familie bilden wollen, sie dann unser Land verlassen, so kommen wir leicht in die Gefahr von Konflikten — ich will das hier nicht näher ausführen — mit anderen Staaten. Würde die Gefahr so eminent werden, wie sie zur Zeit der Aus⸗ weisungen unter dem Fürsten Bismarck aus den Prooinzen Posen und Westpreußen vorhanden war, und wir würden massenhafte Aus⸗ weisungen vornehmen, so würden diese Konflikte noch viel schwerer ins Gewicht fallen. (Sehr richtig!) Aber ich möchte auch die Herren darauf hinweisen, ob es, um einen momentanen Rothstand zu be⸗ seitigen, nicht für die Landwirthschaft selbst die größten Gefahren herbeiführt, durch den starken Zuzug solcher Leute als Gesinde die einheimischen Arbeiter nach und nach zu verdrängen, Deutsche sowohl wie preußische Polen. Es ist vollständig richtig gesagt, die höher gebildeten Deutschen und einheimischen polnischen Arbeiter haben keine besondere Neigung, mit solchen auf einer geringeren Kulturstufe stehenden Personen an einem Wagen zu ziehen. (Sehr richtig!)
Wenn dann aber die Ausländer schließlich mal aus irgend einem Grunde wieder fortgehen, wie sieht es dann auf dem Lande aus?! (Sehr wahr!) Ich meine, das Hauptbestreben der Landwirthe müßte sein — die große Schwierigkeit erkenne ich ja an — die einheimische Bevölkerung bei sich zu behalten (sehr richtig! links), und nicht sie allmählich durch ein ungeregeltes Heranziehen aus⸗ ländischer Elemente weiter nach Westen zu schieben. Also das Staats⸗Ministerium hält diese Frage für sehr bedenklich. Gs
Weise, ist ganz unbedenklich, denn gerade auf dem Lande ist junge Leute immer nützliche Arbeit. (Sehr richt rechts.) 11AXAX“ 8
dem Lande, sondern ig!
Erscheinungen hervor.
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hat zwar noch keinen definitiven Beschluß gefaßt, aber aus den Ver⸗
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