1899 / 46 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

8 erböbt Bauplans allermindestens um ein, vielleicht um zwei Jahre verzögert 6 Jahren von 1800 auf 2700 erhö

ird. würde eine ganz wesentliche Umarbeitung des Bauprojekts der Bau würde auch nicht unerheblich vertheuert werden, und ich glaube nicht, daß die Stadt Posen bereit wäre, die Mehrkosten, die der Justizverwaltung entstehen würden, zu tragen. Der Justizverwaltung werden also in jeder Beziehung Opfer zu⸗ gemuthet, in geschäftlicher und in finanzieller Beziehung. Das alles kommt im letzten Augenblick. Ich glaube doch, daß ich berechtigt bin und niemand mir daraus einen Vorwurf machen kann, wenn ich namens der Justizverwaltung erkläre: von hier aus muß ein Ent⸗ gegenkommen gegenüber diesem Vorschlage nunmehr abgelehnt werden. Ich bedaure, daß die Betheiligten nicht früher in der Lage ge⸗ wesen sind, ihre Wünsche energischer zu fördern; damals war der Justizverwaltung die Möglichkeit der Berücksichtigung gegeben. Jetzt ist die Justizverwaltung nicht mehr in der Lage, die Konzession zu machen, die ihr zugemuthet wird. Die Herren, die gegenwärtig hier das Projekt vertreten, habe ich gestern flüchtig bei mir gesehen; sie haben mir auch heute noch nähere Aufklärungen geben wollen, es hat mir leider aber absolut an Zeit gefehlt, die Herren anzuhören. Es würden aber über Einzelheiten, falls solche hier noch Gegenstand weiterer Besprechung werden möchten, mein Kommissar und der Herr Kommissar der Bauverwaltung in der Lage sein, nähere Auskunft zu geben, auch über die Schwierigkeiten, die sich für die Justizverwaltung aus der Umarbeitung des Projekts ergeben würden. 1 Meinerseits kann ich nur die Bitte an das hohe Haus richten, daß Sie sowohl dem Prinzipalantrage auf Zurückverweisung an die Kommission, wie dem Eventualantrag auf Ablehnung der Forderung nicht zustimmen mögen.

Abg. Dr. Mizerski (Pole) empfiehlt ebenfalls eine Aenderung des Bauprosekts und eine Hinausschiebung des Beschlusses bis zur dritten

Lesang. von Staudy (kons.) tritt dem Wunsche einer nochmaligen

Prüfung in der Kommission bei.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich glaube, eine solche Berathung in der Kommission wird kaum zu einem befriedigenden Ergebniß führen können. Es wird da mit ganz unsicheren Faktoren zu rechnen sein. Es ist niemand, der sich für die Durchlegung der Straße stark macht. Es ist nur ein allgemeiner Wunsch; man sagt: es wird zur Verschönerung der Stadt, zur Erleichterung des Verkehrs beitragen, wenn diese Straße durchgelegt wird. Aber niemand will die Kosten tragen; niemand

daß die schönen Räume, die sich in dem Hause befinden, s Dormitorium, welches einen nicht zu unterschätzenden Kunstwerth hat, einer anderen Bestimmung gewidmet würden als seiner jetzigen. Aber es ist nicht möglich gewesen, eine Ueberein⸗ stimmung aller maßgebenden Ressorts dahin zu erreichen, daß für einen

Ersatz, also für ein neues Gefängniß die Mittel geschaffen würden.

überzeugen, daß bei der Wahl in allen Bezirken des Kreises, zu welchen er gehört, richtig verfahren werde. Aber auch die noch weiter gehende Auslegung, welche der Berufungsrichter dem § 9 des Wahlgesetzes dahin giebt, daß allen Wählern im Deutschen Reich der Zutritt zu jeder Wahlhandlung gestattet sei, kann für rechtsirrthümlich nicht erachtet werden. Denn das Interesse an einer richtigen Leitung des Wahlverfahrens in jedem einzelnen Bezirk ist ein allgemeines. Für die gedachte weitere Aus⸗ legung sprechen auch entschieden die über den Entwurf zum Wahl⸗ gesetz vom 31. Mai 1869 gepflogenen Reichtstagsverhandlungen. Im Sinne derselben hat sich der Bundeskommissar von Puttkamer unter still⸗ schweigender Zustimmung des Reichstages nicht nur in der Reichs⸗ tagssitzung vom 20. März 1869 dem Antrage des Abg. Lasker gegenüber, sondern noch deutlicher bei der dritten Lesung des Wahl⸗ gesetzes in der Reichstagssitzung vom 13. Mai 1869 dem Abg. Försterling gegenüber ausgesprochen. Dieser in Dresden, also in einem Dresdener Wahlkreise domizilierte Abgeordnete beschwerte sich darüber, daß ihm bei der letzten Wahl in dem zu einem anderen Wahlkreise gehörigen Freiberger Wahl⸗ bezirke die Zulassung zur Wahlhandlung mit dem Bemerken ver⸗ weigert worden sei, daß die Oeffentlichkeit nur für die Wahl⸗ berechtigten des Ortes gelte, während er den Begriff der Oeffent⸗ lichkeit dahin auffasse, daß der Zutritt zu jeder Wahlhandlung allen auf Grund des Wahlgesetzes im Norddeutschen Bunde überhaupt Wahl⸗ berechtigten gestattet sei. Er frage deshalb, wie dies künftig gehalten werden solle, ob die Wahlhandlung überhaupt öffentlich sei, sodaß jeder ihr beiwohnen könne, der auf Grund des Wahlgesetzes Wähler im Nord⸗ deutschen Bunde sei, oder nur Wähler des Orts. Hierauf erwiderte nach den stenographischen Berichten Band II Seite 978 der Bundeskommissar von Puttkamer wörtlich: „Ich glaube es als ganz selbstverständlich betrachten zu dürfen, daß alle Wahlberechtigten bei dem Wahlakt gegenwärtig sein dürfen, und daß keine Beschränkung stattzufinden hat auf diejenigen Wähler, welche innerhalb des betreffenden Wahlbezirks wohnen.“ Dieser Auffassung des Begriffs der Oeffentlichkeit im Sinne des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 ist von keiner Seite! ider⸗ sprochen worden. Unter Zugrundelegung derselben war der Wahl⸗ vorsteher bei der am 1. März 1890 in Trebbin stattgehabten

Freiherr von Manteuffel: Die Verabschiedung in einmaliger Schlußberathung hätte, wie man jetzt erkennt, die Vorlage viellescht als das Gegentheil eines Friedensgesetzes, wenigstens bei unseren katholischen Mitbürgern erscheinen lassen; Kommissionsberathung ist also nothwendig. Sie wird uns sicher auch die ersehnte Verständigung bringen, zu der ja Fürstbischof Kopp ebenfalls bereit ist. Ich schlage vor, die Kommission schon heute im Plenum zu wählen.

Damit schließt die Diskussion.

Der Antrag auf Einsetzung einer Kommission von 15 Mit⸗ S wird angenommen und die Kommission nach dem Vorschlage des Herrn von Levetzow sofort gewählt; sie ist, wie folgt, zusammengesetzt: Präsident des Evangelischen Ober⸗ Kirchenraths D. Barkhausen, Kardinal⸗Fürstbischof Kopp, Herr von Wedel, Graf von Zieten⸗Schwerin, Freiherr von Man⸗ teuffel, Graf von der Schulenburg⸗Emden, Mreihfer von Landsberg, Freiherr von Solemacher⸗Antweiler, Professor Dr. Loersch, Herzog von Ratibor, die Ober⸗Bürgermeister Becker, Veltman, Büchtemann, Delbrück und Geheimer Kommerzien⸗

Rath Schlutow. Nächste Sitzung Mittwoch

Ausübung der Wahl zu ermöglichen, dürfen die n u W. . darat ober das Wabll gaf selost mcht barse negefchte egban mehalr. üxe . In Bezug auf die Berechnung des Dienstalters stehen die Unter Unbefugten verstehe ich als langsähriger Wahlvorsteher nicht Militäranwärter nicht schlechter al⸗ Filstt (nl.) tbeilt Wahlberechtigte. Jeder Wahlberechtigte darf allerdings auch da. wo er Auf eine Anregung des Abg. von Sanden⸗Ki Ob Landes⸗ nicht wählen darf, anwesend sein, und ich darf ihn nicht hinausweisen. eheimer Ober⸗ Justiz Rath Sers ans der benn sta ken 58 1.n Festeag, in loyaler Weise wiedergegeben, FS. e,antgeere ö C“ wie es gestern aussprach. e „Freisiani seitung“ hat die drang der Anwärter her 3 Wo * Loyalität nicht gehabt, sondern mir bätte . gars sreiber dadurch versucht werden solle, daß den Aktuaren der Uebertrit Wann die einer solchen Lösung sich entgegenstellenden 8-8g sich legitimiert, das Wahllokal verbieten wollen. Die Entscheidungen in andere Bezirke empfohlen werde. 8 überwunden werden können darüber bin ich heut nicht in der Lag des Reichstags oder der Wahlprüfungskommission sind wegen der Abg. Rickert fragt den öabs ob Session ein Urtheil abzugeben —, aber ich glaube, wir werden uns noch etwas wechselnden Majorität nicht maßgebend; Gott sei Dank ist der eine Vorlage über die Gerichtsvollzieher zu erwar 1 dedulden mäüssen, so bevauerlich es sein mag.

Reichstag kein Gerichtshof. Auch hier im Hause hat die Wahl⸗ Justiz⸗Minister Schönstedt: Abg. Dr. Göschen spricht die Hoffaung aus, daß diese Ent⸗

prüfungskommission über denselben Gegenstand verschiedene Entschei⸗ ; b jelleicht i t icht 1 dung getroffen. Was der Reichstag nnh der Wesschüehen ist scer Ich habe mich in dieser Richtung vielleicht insoweit gestern nich scheidung recht bald fallen möge.

Sache; was wir Amtsvorsteher nach Gesetz und Verordnung thun, ist unsere Sache. Die G Presse bezeichnet es als einen Ein⸗ griff in die Volksrechte, wenn ich eine Legitimation verlange. Wie soll ich aber feststellen, ob ein Anwesender wahlberechtigt ist oder das wahlfähige Alter hat? Wenn das nicht durch Legitimation festgestellt wirid, wird das Wahllokal zum Tummelplatz aller möglichen Elemente, die da ihren Unfug treiben wollen, und das kann unmöglich die richtige Interpretation der ge⸗ setzlichen Bestimmungen sein. Wie geht die Sache zu? Es werden die Namen der anderen Kandidaten durchstrichen. Die Kontro⸗ leure kontrolieren die Handschrift jedes Stimmzettels. Ist das noch geheime Wahl? Ich bin mit dem, was ich gestern gesagt habe, vollständig im Recht und danach berechtigt, jeden, der sich in einem Wahllokal aufhält, nach seiner Legitimation zu fragen und so zu ver⸗ fahren, bis ein Gesetz es anders bestimmt. 18 8

Justiz⸗Minister Schönstedt: ich will die Diskussion nicht

anz genau ausgedrückt, als es sich nicht um eine Vorlage an den Land⸗ a. Vhandeln wird. Die Dienst⸗ und Geschäftsverhältnisse der Gerichts⸗ vollzieher werden im Verwaltungswege bestimmt, aber die neue Regelung selbst wird, wie ich hoffe, im Laufe dieses Jahres und noch vor Schluß der Landtagssession zum Abschluß kommen. . Auf eine Anregung des Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) erklärt der Justiz⸗Minister Schönstedt: 1 Meine Herren! Ich habe auf die wiederholten Anfragen über iesen Punkt absichtlich deshalb nicht geantwortet, weil es absolut un⸗ möglich ist, generelle Grundsätze aufzustellen, wie den Richtern die Ein⸗ arbeitung ins Bürgerliche Gesetzbuch ermöglicht oder erleichtert werden soll. Ich habe bereits wiederholt erklärt und kann das wieder er⸗ klären, daß die Justizverwaltung durchaus wohlwollend und entgegen⸗ ommend allen Anträgen der Gerichte auf Bewilligung von Hilfsrichtern aus diesem Anlaß gegenübersteht, vorausgesetzt, daß im einzelnen Fall das Bedürfniß, die Nothwendigkeit klargelegt wird. Darauf aber muß bestanden werden, weil die Verhältnisse durchaus verschieden sind. Ich habe schon gestern beiläufig bemerkt, daß es neben den überbürdeten Gerichten eine große Zahl theilweise sehr mäßig beschäftigter Gerichte ziebt. Allen gleichmäßig Hilfsarbeiter zur Verfügung zu stellen, ist vollkommen ausgeschlossen; ich kann auch nicht von Amtswegen jedem Gericht auch da, wo ich glaube, es sei überbürdet, einen Hilfsarbeiter zusenden, sondern ich muß abwarten, bis die Anträge von den Pro⸗ vinzialbehörden an mich gelangen. Diese Anträge werden wohlwollend geprüft und, wo es irgend möglich ist, wo nur einigermaßen erwiesen ist, daß ohne eine Aushilfe die Herren nicht die Muße finden, sich in das Bürgerliche Gesetzbuch einzuarbeiten, da wird uad ist Sh überall die Aushilfe gegeben worden. Es sind allerdings auch An⸗ träge zurückgewiesen worden, das waren aber solche, denen eine ge⸗

est des Ordinariums wird bewilligt. 8 öö’ werden als erste Rate zum Neubau eines Amtsgerichtsgebäudes in Posen 350 000 gefordert. Abg. Kindler (fr. Volksp.) wendet sich gegen das in Aussicht genommene Projekt und beantragt die Zurückweisung der Position an die Budgetkommission. Justiz⸗Minister Schönsted::t:t: Meine Herren! Ich kann nur mei lebhaftes Bedauern au . sprechen, daß die Wünsche, zu deren Organ der Herr Abg. Kindler sich eben gemacht hat, erst in letzter Stunde hervorgetreten sind, und daß damit der Versuch gemacht wird, die Ausführung eines Plans in Frage zu stellen, der seit Jahren betrieben ist, der, nachdem die ihm entgegenstehenden großen Schwierigkeiten endlich überwunden sind, in letzter Stunde noch wieder zum Scheitern gebracht werden soll. Meine Herren, die Zustände des Amtsgerichts in Posen sind im höchsten Grade unbefriedigende. Es genügt in keiner Weise den Bedürfnissen, es ist nach allen Richtungen hin zu eng, unwürdig, theilweise kaum angemessen benutzbar. Seit einer ganzen Reibe von Jahren ist die Justizverwaltung bemüht gewesen, für Abhilfe zu sorgen und die Mittel für ein neues Gerichtsgebäude zu erlangen. Endlich ist es ihr gelungen, der Plan liegt vollständig vor, alle betheiligten Faktoren haben sich einverstanden erklärt. Nun kommen in allerletzter Stunde Interessentengruppen, um das Projekt zu Fall zu bringen. Meine Herren, die Justizverwaltung hat es ihrerseits nicht daran fehlen lassen, rechtzeitig die Vertreter der Stadt Posen von ihrem Plan in Kenntniß zu setzen. Es baben eingehende Verhandlungen darüber stattgefunden. In den Akten, die mir hier vorliegen, findet sich ein Schreiben des Magistrats von Posen vom 13. Mai 1898. Auch die Idee der Durchlegung der Straße, von der der Herr Abg.

1b Schluß gegen 4 ½ Uhr. 12 Uhr. (Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung des Gemeindebeamtengesetzes und der Ausführungsgesetze 8 Bürgerlichen Gesetzbuch; C“ betreffend die Fluß⸗ egulierungen in Schlesien, Gesetzentwurf wegen Regelung der Snnagogengemeinde⸗Verhältnisse in Frankfurt a. M.)

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Haus der Abgeordneten. 25. Sitzung vom 21. Februar 1899. Das Haus setzt die zweite Berathung des Etats der Justizverwaltun . Zu den Ausgaben für die Landgerichte und Amtsgerichte bemerkt auf eine Anregung des Abg. Peltasohn (fr. Vgg.) der Justiz⸗Minister Schönstedt: b Meine Herren! Ich würde mich nicht für berechtigt halten, die in dieser Etatsposition vorgesehenen Zulagen für Richter, welche der polnischen Sprache mächtig sind, auch Referendarien und Assessoren zu verleihen. Die Zulage ist ausdrücklich nach einer Allerhöchsten Kabinetsordre vom Jahre 1867 für Richter deutscher Zunge bestimmt. Darüber kann nicht hinausgegangen werden. Der innere Zweck dieser ulagebewilligung ist der, deutsche Richter in der Provinz Posen zu esseln, und auch über diesen Zweck kann nicht hinausgegangen werden. Uebrigens ist es nicht ganz richtig, daß dieser Fonds nicht vollständig verwendet werde. Es mag ja mal vorgekommen sein, daß ein kleiner

Meine Herren! Nur zwei Worte,

weiter aufhalten. Bezüglich des Irrthums, der mir untergelaufen ist, daß ich eine Entscheidung des Kammergerichts mit einer Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts verwechselt habe, möchte ich bemerken, daß doch die Möglichkeit eines Urtheils des Ober⸗Verwaltungsgerichts in dieser Frage keineswegs ausgeschlossen ist; es braucht nur gegen eine einschlagende polizeiliche Verfügung Einspruch erhoben oder in einem Strafverfahren gegen einen Beamten wegen angeblicher Amts⸗ überschreitung durch unbefugte Hinausweisung aus dem Wahllokal der Konflikt erhoben zu werden, dann würde diese Frage zur Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts gelangen. Ich weiß auch nicht, ob meine Behauptung, daß eine Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts in dieser Beziehung bestehe, thatsächlich unrichtig ist; ich kann sie nur nicht nachweisen. Aehnliche Entschei⸗ dungen sind jedenfalls vorhanden.

Rest übrig geblieben ist. In der Regel ist der Fonds aber seinem ganzen Umfang nach zur Verwendung gekommen. Es sind für 30 Richter Zulagen von je 300 ausgeworfen, und es findet sich glücklicherweise in der Regel die nöthige Zahl von Richtern, die der polnischen Sprache mächtig sind, und deshalb auf diese Zulage An⸗ spruch erheben können.

Zu dem Titel „Ausgaben für die Staatsanwalte“ führt der Justiz⸗Minister Schönstedt aus:

Bei dem Titel von der Staatsanwaltschaft sehe ich mich ver⸗ anlaßt, noch einmal auf den Vorwurf zurückzukommen, den gestern der Herr Abg. Brütt den Beamten der Staatsanwaltschaft gemacht hat bezüglich der Auslegung des Begriffs der Oeffentlichkeit bei den Reichstagswahlen. Der Herr Abg. Brütt hat behauptet, daß der Begriff der Oeffentlichkeit von der Staatsanwaltschaft zu weit ausgelegt würde und daß deshalb die Staatsanwaltschaft zu Unrecht, gegen Recht und Gesetz auch das Wort ist gefallen sich geweigert habe, einzuschreiten gegen Personen, die sich bei einer Reichstagswahl in einem Wahllokal außerhalb ihres Wahlbezirks aufgehalten und den Aufforderungen, sich zu entfernen, nicht Folge geleistet haben. Ich habe demgegenüber Bezug genommen einmal auf Beschlüsse des Reichs⸗ tages, zweitens auf ein angebliches Erkenntniß des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts, das diese Frage im Sinne der von der Staatsanwaltschaft getroffenen Entscheidung bereits entschieden habe. Herr von Erffa hat die Vermuthung ausgesprochen, daß ich mich in Bezug auf die Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts geirrt haben müsse, und ich bekenne hiermit, daß allerdings dieser Irrthum meinerseits vorgelegen hat. Eine solche Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts besteht nicht; ich habe die Sache verwechselt mit einer Entscheidung des Kammergerichts, und diese Entscheidung, die die Frage eingehend erörtert, muß ich mir erlauben, Ihnen vorzutragen.

Die Entscheidung ist ergangen seitens des Revisionssenats des Kammergerichts unterm 3. November 1890. Es war damals ein Arbeiter Müller des Hausfriedensbruchs und des Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt, weil er sich zu Trebbin in einem Wahllokal, in dem er selbst zu wählen nicht berechtigt war, aufgehalten habe, weil er der Aufforderung des Wahlvorstehers, sich zu entfernen, nicht Folge geleistet und demnächst einem Polizeibeamten, der ihn aus dem Wahllokal hinausbringen wollte, gewaltsam Wider⸗ stand geleistet habe. Er wurde freigesprochen seitens des Berufungs⸗ gerichts, und die dagegen eingelegte Revision ist vom Kammergericht verworfen. Ich muß Ihnen die ganze Begründung des Urtheils vor⸗ lesen mit Rücksicht auf die Bedeutung, die die Frage in der gestrigen Verhandlung gewonnen hat; es heißt da:

8 „Die Revision .. . macht dem Berufungsrichter zum Vorwurf, daß er dem Begriff der „Oeffentlichkeit“ im Sinne des § 9 des Gesetzes vom 31. Mai 1869 insofern eine zu weite Ausdehnung gegeben habe, als er alle wahlberechtigten Deutschen für befugt erkläre, der die Wahl eines Reichstagsabgeordneten bezweckenden Wahlhandlung beaufsichtigend beizuwohnen. Dieser Vorwurf kann für begründet nicht erachtet werden.

Der § 9 des Wahlgesetzes bestimmt:

Die Wahlhandlung sowie die Ermittelung des Wahlergebnisses sind „öffentlich“.

Ueber den Begriff dieser „Oeffentlichkeit“ hat der Gesetzgeber

selbst sich nicht näher ausgesprochen. Aus dem § 26 Absatz 3 in

Verbindung mit den §§ 15 und 16 des Wahlreglements vom

28. Mai 1870 läßt sich zwar mit dem ersten Richter vielleicht

folgern, daß dieses Reglement beabsichtigt hat, die Zutrittsberechti⸗ gung zu dem für die Ermittelung des Wahlergebnisses be⸗ stimmten Lokale auf die Wähler des betreffenden Wahlkreises zu beschränken. Anders verhält es sich jedoch mit der durch das Wahl⸗ gesetz vom 31. Mai 1869 garantierten Oeffentlichkeit der „Wahl⸗

handlung“. Unrichtig und dem Sinne des Gesetzes nicht entsprechend ist es jedenfalls, wenn der Wahlvorsteher in Trebbin dem Angeklagten gegenüber die Ansicht vertreten hat, daß nur die Wähler des be⸗ treffenden Wahlbezirks befugt seien, der Wahlhandlung beauf⸗ ssichtigend beizuwohnen. Denn mindestens hat doch jeder Wähler des

engeren Wahl eines Abgeordneten zum Reichstage nicht befugt, dem Angeklagten, vorausgesetzt, daß derselbe, was nicht bestritten ist, nach den §§ 1 und 3 des gedachten Wahlgesetzes überhaupt wahl⸗ berechtigt war, den Zutritt zum Wahllokale zu untersagen oder ihn, seines Widerspruchs ungeachtet, aus demselben wegzuweisen. Noch weniger war der Polizeisergeant Hoff befugt, den Angeklagten, als dieser der Aufforderung des Wahlvorstehers, das Wahllokal zu verlassen, nicht gutwillig Folge geleistet, aus eigener Initiative gewaltsam zu entfernen.

Ohne ersichtlichen Rechtsirrthum hat der Berufungsrichter deshalb den Angeklagten sowohl von dem Vergehen des Haus⸗ friedensbruchs, weil derselbe im Wahllokale nicht ohne Befugniß verweilte, als auch bezüglich des von ihm seiner gewaltsamen Ent⸗ fernung aus dem Wahllokal entgegengesetzten Widerstandes von dem durch den § 113 Strafgesetzbuchs vorgesehenen Vergehen freigesprochen. Denn sowohl der Ausweisungs⸗ wie der Ent⸗ fernungsgrund war ein gesetzwidriger. Beide Beamte befanden sich deshalb nicht in der rechtmäßigen Ausübung ihres Amtes.“

Mit dieser Entscheidung steht die Praxis des Reichstages selbst im Einklang. Es liegt mir vor ein Bericht der Wahlprüfungs⸗ kommission über die Ergebnisse der Wahlprüfungen in der 9. Legis⸗ laturperiode, also 1893 98. Im Eingang derselben heißt es:

Bei der Prüfung der Wahlakten sind Verstöße gegen die nach⸗ bezeichneten Paragraphen des Wahlgesetzes für den Reichstag vom 31. Mai 1869 und des zu dessen Ausführung erlassenen Reglements vom 28. Mai 1870 wiederholt wahrgenommen worden, aus deren übereinstimmenden Beurtheilung zwischen Kommission und Reichstag folgende Grundsätze abgeleitet worden sind. . . . . .

§ 9. „Die Oeffentlichkeit gestattet jedermann den Zutritt zum Wahllokal und die Anwesenheit in demselben während der ganzen Dauer der Wahl einschließlich der Ermittelungen des Wahlergebnisses; sie findet ihre Schranke in dem Raummangel des Wahl⸗ lokals und in ähnlichen zwingenden Gründen sowie im un⸗ gebührlichen Benehmen der Anwesenden. Eine Ausweisung ist nicht deshalb zuläfsig, weil der Anwensende nicht im Wahlbezirk wahl⸗ berechtigt ist, oder weil er sich nicht legitimieren kann, dder weil er sich dem Wahlvorstand dadurch lästig macht, daß er ihn auf bei ihm vorgekommene Verstöße gegen die Wahlvorschriften aufmerksam macht.“

Meine Herren, in der Sache selbst bestätigen diese Mittheilungen

die Richtigkeit der Grundsätze, die ich gestern Ihnen gegenüber ver⸗ treten habe, und ich muß deshalb nochmals den Vorwurf, den der Herr Abg. Brütt erhoben hat, daß in dieser Angelegenheit die Beamten der Staatsanwaltschaft nicht ihre Schuldigkeit gethan, nicht nach Recht und Gesetz verfahren hätten, als unbegründet zurück⸗ weisen. (Bravol links.) Abg. Rickert (fr. Vgg.): Der Reichstag hat sich immer für die Oeffentlichkeit der Wahlhandlungen ausgesprochen. Der Minister des Innern Herrfurth und später auch sein Ministerial⸗Direktor Haase haben Zirkulare an die Regierungs⸗Präsidenten erlassen, zugleich mit Verfügungen an sämmtliche Amtsvorsteher, worin es heißt, daß allen Wahlberechtigten der Zutritt freisteht ohne Rücksicht auf die Wahlbezirke, denen sie angehören. Herr von Erffa will die Wahlberechtigten zulassen, verlangt aber eine Legitimation. Dazu ist er nach den Entscheidungen des Reichstages nicht berechtigt. Die Wahlprüfungskommission hat erklärt, 888 eine Ausweisung aus dem Wahllokal aus dem Grunde, weil der Betreffende nicht dem Wahlbezirk angehört oder sich nicht legitimieren kann, nicht zulässig ist. Der Reichstag ist allein kompetent, diese Sache zu entscheiden; er bestimmt, ob ein Wahlakt, bei dem sich dergleichen begiebt, gültig ist oder nicht, und der Reichstag hat da, wo die Oeffentlichkeit durch die Zurückweisung eines Einzelnen ausge⸗ schlossen war, den Wahlakt kassiert. Ich würde Herrn von Erffa als Wahlvorsteher doch einige Vorsicht empfehlen. Wenn die Sozial⸗ demokraten ihm Kontroleure zuschickten bei der Wahl und sich dann im Reichsag über eine Ausweisung beschwerten, würde die Wahl kassiert werden. Ich danke dem Justiz⸗Minister, daß er die Sache so ausführlich behandelt hat, und hoffe, die Wahlvorsteher werden an⸗ gewiefen werden, zu thun, was allein gesetzlich ist.

düth echen von Erffa (kons.): Nach den Ausführungen des Justiz⸗Ministers hatte ich recht, daß es unbegreiflich ist, wie sich das Ober⸗Verwaltungsgericht damit beschäftigen konnte. Ich habe gestern

betreffenden Wahlkreises das dringendste Interesse, sich davon zu

Im übrigen bemerke ich, daß ich mich in keiner Weise darüber verbreiten will, was die Wahlvorsteher zu thun haben; für mich hat es sich nur darum gehandelt, was die Staatsanwalte zu thun haben Abg. von Brockhausen kkonf.) schließt sich den Ausführungen des Abg. von Erffa an und bittet den Minister, die Ersten Staats⸗ anwalte anzuweisen, den einzuberufenden Geschworenen die Dauer der

Schwurgerichtsperiode mitzutheilen, damit sie sich darauf einrichten können. Die Periode könnte vielleicht abgekürzt werden.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Was die Dauer der Schwurgerichte angeht, so besteht schon seit Jahren eine allgemeine Verfügung dahin, daß die⸗ selbe nicht über einen Zeitraum von 14 Tagen abgesehen von be⸗ sonderen zwingenden Ausnahmen ausgedehnt werden soll. Darüber hinaus zu gehen und den Zeitraum auf 6 Tage in maximo zu verkürzen, das werde ich doch mil den Iuteressen der Geschäfte nicht vereinbaren können, und kann eine dahin gehende Verfügung nicht in Aussicht stellen. Dagegen bin ich gern bereit, eine Anweisung dahin ergehen zu lassen, daß bei Beginn der Schwurgerichtsperiode, soweit sich die Sache übersehen läßt, den Geschworenen die voraus⸗ sichtliche Dauer der Session mitgetheilt wird. Thatsächlich geschieht das übrigens jetzt schon, und es würde ganz gewiß keinem Geschworenen die Antwort versagt werden, wenn er nur eine Anfrage an den Vor⸗ sitzenden stellen wollte. Ich glaube, der würde sofort bereit sein, die nöthige Auskunft ihm zu ertheilen.

Auf den Fall Dramburg darf ich nach der eben gehörten Bemer⸗ kung des Herrn Präsidenten hier wohl nicht eingehen.

Weiter bemerkt zu demselben Gegenstande der Justiz⸗ Minister Schönstedt:

Dann nur zwei Worte! Es wird grundsätzlich seitens der Justiz⸗ verwaltung für wünschenswerth erachtet und ich glaube, daß das hohe Haus dem beipflichtet —, daß als Hilfsrichter bei den Land⸗ gerichten nach Möglichkeit etatsmäßige Richter einberufen werden also nicht Assessoren. Das führt dahin, daß dann Vertretungen bei den Amtsgerichten durch Assessoren sich als unvermeidlich ergeben. Wenn nun in Dramburg dieser Zustand schon seit 1 ½ Jahren besteht, dann ist es allerdings nicht erfreulich. Aber ich weiß nicht, ob ich dem ohne Weiteres abhelfen kann. Eine Versetzung des betreffenden Herrn nach Stettin würde nur auf seinen eigenen Antrag oder Wunsch zulässig sein. Wenn er einen solchen Autrag stellt, dann wird derselbe zweifellos geprüft werden. Vielleicht hatte der Herr ja eine gewisse Aussicht, weil er schon seit 1 ½ Jahren dort thätig ist. Darüber hinaus bin ich nicht imstande, den Wunsch des Herrn Abgeordneten zu erfüllen.

Abg. Brütt (nl.): Ich habe gestern gesagt, daß nur Reichstags⸗ wähler an der Wahlhandlung theil nehmen können. Das Kammer⸗ gerichtserkenntniß bestätigt meine Auffassung. Ich habe den Minister gestern nur gebeten, daß er die Ersten Staatsanwalte anweisen möchte, daß sie überall da, wo gegen die Sozialdemokratie vorgegangen werden soll, die Sache selbst prüfen sollen.

Abg. Rickert: Wir werden uns an kompetenter Stelle und das ist der Reichstag über die Oeffentlichkeit der Wahl weiter unterhalten. 8

Abg. Freiherr von Erffa: Ich habe die Kompetenz des Reichs⸗ tags in den einzelnen Fällen, die der Wahlprüfungskommission unter⸗ liegen, gar nicht bestritten.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (f. kons.): Der Reichstag hat das Recht, zu entscheiden, ob eine Wahl gültig ist oder nicht. Ueber den einzelnen Fall hinaus hat dieser Beschluß keine Tragweite. Der Reichstag kann sich allerdings gewisse Grund⸗ sätze bilden, an die seine Kommission sich halten wird. Aber eine authentische Auslegung des Wahlgesetzes, durch welche die Justiz gebunden würde, liegt in einer solchen Reichstagspraxis nicht. Die Gerichte werden sich an das Präjudiz der anderen Gerichte, nicht des Reichstages zu halten haben. Das Erkenntniß des Kammer⸗ gerichts z. B. steht nicht im Einklang mit dem Beschluß des Reichs⸗ tages, wonach alle wahlberechtigten Heutschen an der Wahlhandlung

theil nehmen können.

Abg. Rickert: Das Kammergericht spricht sich über die Wöö der Theilnehmer an der Wahlhandlung überhaupt nicht aus.

Abg. Dr. Göschen (nl.) weist auf die ungünstige Berechnung des Dienstalters der Militäranwärter hin und empfiehlt eine Erhöhung

des Maximalgehalts der Gerichtsschreibergehilfen.

nicht gesagt, daß ich wahlberechtigten Personen den Zutritt verbiete resp. Legitimation von ihnen verlange. Ich habe nur gesagt, um die

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Vierhaus: Diese Frage ist 1896 sehr eingehend erwogen worden. Das Maximalgehalt der Gerichts⸗

aan ein den heutigen Auffassungen entsprechendes Gefängniß stellt, nur

ũ sachliche Begründung fehlte. Sen. in een Etat nur 53 000 für diese Zwecke aus⸗ geworfen sind, so bin ich gleichfalls der Unsicht, daß diese Summe nicht reichen wird. Seitens des Finanz⸗Ministeriums wird das auch anerkannt und es besteht auf allen Seiten die Absicht, diesen Fonds nach Bedarf zu überschreiten, wie es bei u“ 8 8” 18 ntr.): Nicht bloß die Richter, au Aamalg. Dc zih gnt das .] Gesetzbuch einrichten. Die Gerichtsferien reichen dafür nicht aus, und es wird darum het 8* deres übrig bleiben, als daß die Geschäfte etwas langsamer erledig werden, wenn auch das Recht suchende Publikum darunter zu leiden hat. Die Termine könnten verkürzt werden. ustiz⸗Minister Schönstedt: e“ Der ö des Herrn Abgeordneten Dr. Porsch scheint mir voch recht bedenklich zu sein, und zwar unter dem Gesichts⸗ punkte, den er selbst am Schlusse seiner Ausführungen hervorgehoben hat. Das Bestreben der Justizverwaltung ist immer darauf gerichtet gewesen, einen möglichst raschen und prompten Geschäftsgang herbei⸗ zuführen, und wenn ihr nunmehr der Rath gegeben wird, in dem vor⸗ liegenden Fall das umgekehrte System einzuschlagen und die Gerichte dahin zu bestimmen, daß sie den Geschäftsgang verlangsamen, so würde das auf Kosten des Publikums geschehen, und es würde das recht bedenklich sein. Thatsächlich mögen die Sachen von selbst so eintreten, daß bei stark beschäftigten Gerichten ein gewisses Maß gehalten wird in der Ansetzung der Termine, in der Besetzung der einzelnen Sitzungen; aber darauf im Wege der Justizverwaltung hinzuwirken, das glaube ich antworten zu können. darf bei 8 Gelegenheit bemerken: ich bekomme außer⸗ ordentlich viel Besuch, allwöchentlich, von Herren aus den Provinzen, aus allen Bezirken, und ich versäume keine Gelegenheit, mich zu informieren, wie es bei den Gerichten mit der Vorbereitung für das Bürgerliche Gesetzbuch steht, inwieweit die Herren ausreichend Muße finden, sich einzuarbeiten oder aber ob sie außerordentliche Unterstützung für nothwendig halten, und da kann ich konstatieren, daß mir von einer großen Zahl von Herren gesagt worden ist, sie halten es durch⸗ aus nicht für geboten, daß ihnen noch durch außerordentliche Maß⸗ regeln zu Hilfe gekommen werde; sie würden sich schon allein durch⸗ 8 peieass Schmidt⸗Warburg: Die heutige Erklärung des Ministers über die Hilfsrichter wird hoffentlich ihre guten Früchte tragen und die betreffenden Richter veranlassen, sich an den Minister zu wenden. Eine Hinausschiebung der Geschäfte halie ich nicht für thunlich. g. Dr. Lotichius (nl.) bittet den Minister, dafür zu sorgen, daß das architektonisch schöne Klostergebäude in Eberbach nicht mehr

als Gefängniß benutzt wird.

IJustiz⸗Minister Schönstedt: Meine Herren! Man kann es gewiß bedauern, und ich bedaure es mit, daß ein Gebäude von der historischen und architektonischen Be⸗ 8 deutung wie das Kloster Eberbach zu einem erheblichen Theile jettzt für Zwecke verwendet wird, die seiner Vergangenheit und seiner Schön⸗ heit so wenig entsprechen. Meinerseits würde ich sehr gern bereit sein, em Wunsch, den der Herr Abgeordnete Dr. Lotichius hier zum Aus⸗ druck gebracht hat, Folge zu leisten, wenn ich dazu in der Lage wäre. Ich würde dazu umsomehr bereit sein, als dieses Gebäude für die Zwecke, für die es die Justizverwaltung verwenden muß, nämlich als Gefängniß, sich recht wenig eignet und den Anforderungen, die man

in sehr unzureichendem Maße genügt. Aber, meine Herren, ich befinde mich in der Zwangslage, daß ich nicht weiß, wo ich Ersatz finden soll. Eine Ueberführung der Gefangenen in eine gndere Gefangenenanstalt ist ausgeschlossen, weil die Anstalt, die dabei zunächst in Frage kommen würde, das Zentralgefängniß zu Preungesheim, für den Oberlandes⸗ gerichtsbezirk Frankfurt selbst überfüllt ist und schon lange nicht mehr

ausreicht für die Bedürfnisse, die es zunächst befriedigen soll. Der Neu⸗ bau eines Gefängnisses würde mir in hohem Grade erwünscht sein, wenn ich dazu die Mittel hätte, aber die Mittel habe ich nicht. Die Verhandlungen über die Freigabe des alten Klosters Eberbach vpon der Verwendung zu Gefängnißzwecken haben seit Jahren geschwebt.

Kindler gesprochen hat, war Gegenstand der Erörterung gewesen. rieb der Magistrat: E Magistrat beabsichtigt im gegenwärtigen Augenblick nicht, die fragliche Straße freizulegen, da derselbe mit anderweitigen großen Aufgaben, auch finanziell, zu stark belastet ist. Hingegen erscheint es naheliegend, daß die Freilegung von den sehr inter⸗ essierten Adjazenten erfolgt. Eine Gewähr dafür, daß diese Frei⸗ legung von privater Seite erfolgt, vermag die Verwaltung freilich nicht zu übernehmen. Jedenfalls ist die geplante Straße wünschens⸗ werth und nothwendig, und wäre es sehr zu bedauern, wenn sie verbaut werden sollte.“ 1 Am 28. Mai des vorigen Jahres hat eine kommissarische Ver⸗ handlung zwischen dem Vertreter des Ober⸗Landesgerichts und dem Ober⸗Bürgermeister Witting stattgefunden und wurde folgende Er⸗ klärung von dem Ober⸗Bürgermeister Witting abgegeben: „Der Magistrat hiesiger Stadt ist nicht in der Lage, bindende Erklärungen irgend welcher Art über die in Rede stehende Straßen⸗ anlegung abzugeben. Ich kann in dieser Beziehung nur das in dem Schreiben des Magistrats vom 13. d. Mts. Gesagte wiederholen, die städtischen Behörden planen für absehbare Zeit keine Durch⸗ legung der Straße. Der Verlauf der Angelegenheit war vielmehr der, daß eine Deputation unter Führung des Kaufmanns Ribbeck an mich herantrat mit dem Ansuchen, die Stadt möge die Verlängerung der Naumannstraße und die Durchführung zur Friedrichsstraße in die Hand nehmen. Der Magistrat hat dies, nachdem er die Sache er⸗ wogen hatte, abgelehnt, sich aber bereit erklärt, die geltend gemachten Wünsche der Justizverwaltung mitzutheilen und sie zu befürworten. Ich bin nach wie vor der Ansicht, daß das Projekt ein solches ist, dessen Realisierung im Interesse der Stadt und der späteren Ver⸗ kehrsentwickelung dringend zu wünschen ist, überzeuge mich aber, daß die Durchführbarkeit desselben für die spätere Zukunft nicht wesent⸗ lich in Frage gestellt wird, wenn der Bau des Amtsgerichts bis an die Grenze des justizfiskalischen Grundstücks herangerückt wird. Die Straße könnte und müßte dann etwas weiter hinüber gerückt werden, etwa in die mit Blaustift angedeute Linie. Von einem bereits gebildeten Betheiligten⸗Konsortium ist mir nichts bekannt.“ So hat also damals die Vertretung der Stadt Posen sich durch⸗ aus ablehnend verhalten gegenüber diesem Projekt der Straßendurch⸗ legung. Auf dieser Grundlage ist die Justizverwaltung und die Bau⸗ verwaltung weiter vorgegangen, und es ist nun das Bauprojekt so ausgearbeitet, wie es heute Ihrer Genehmigung unterbreitet wird. Nun kommt in aller letzter Stunde eine Agitation, die das Projekt wieder zu Fall bringen will. In der vorigen Woche hat eine Stadt⸗ verordnetensitzung in Posen stattgefunden, über die mir ein Zeitungs⸗ bericht vorgelegen hat; ich habe ihn leider nicht mehr zur Hand. Da sind die Interessenten und ihre Vertreter sehr lebhaft für das neue Straßenprojekt eingetreten. Aber auch in dieser Sitzung hat Ober⸗ Bürgermeister Witting erklärt, daß für die Stadt als solche ein großes Interesse an der Durchlegung dieser Straße nicht vorliege, daß auch dem Bauprojekt die spätere Durchlegung der Straße nicht un⸗ bedingt entgegenstehe, daß die Ausführung des Projekts sehr erhebliche Kosten verursachen werde, zu denen die Stadt in erheblichem Maße kaum beitragen könne, und daß aus dem Kreise der Interessenten eine große Opferwilligkeit für die Durchführung des Planes sich nicht gezeigt habe. Einer der Herren ist in dieser Sitzung aufgetreten und hat erklärt, er sei bereit, 3000 für die Durchführung des Projekts zu geben. (Heiterkeit.) Damit wird wohl nicht viel gemacht werden können. (Heiterkeit.) Meine Herren, so liegt die Sache. Der Ober⸗Bürgermeister hat außerdem erklärt, daß er dieser neuen Straße keine so große Zukunft prognostizieren könne; er glaube nicht, daß die Verkehrsverhältnisse solche seien, daß damit einem großen Bedürfniß entsprochen werde. Auf der anderen Seite steht es für die Justizverwaltung so, daß, wenn jetzt für diese Straßendurchlegung, die noch keineswegs beschlossen ist, der Bebauungsplan, der diese Straße aufnimmt, ist noch nicht der zuständigen Behörde vorgelegt, ist noch nicht genehmigt

will sie bauen bis jetzt. Das Schreiben, dessen Konzept der Abg. von Staudy erwähnte, ist mir bisher nicht zugegangen. Es ist der Herr Stadtbaurath der Stadt Posen gestern mit dem Herrn Abg. Kindler bei mir gewesen, um mir Pläne vorzulegen, aber, wie gesagt: ich habe davon keine Einsicht nehmen können; diese Pläne sind auch nur Projekte. Das einzige greifbare Resultat, wenn die Sache noch einmal in die Kommission zurückverwiesen wird, besteht in der Gefahr, daß die unerträglichen Zustände des Amtsgerichts in Posen noch ein bis zwei Jahre weiter bestehen. Nicht nur die Beamten, sondern die gesammte Bevölkerung baben seit Jahren eine Besserung erstrebt, und das Gedicht vom Juristentag, das der Herr Abg. Dr. Mizerski vor⸗ gelesen hat, läßt ja auch erkennen, wie die bestehenden Zustände in allen Kreisen beurtheilt werden; es könnte beinahe die Motive ersetzen, die der Vorlage beigegeben sind.

Meine Herren, ich meine, es muß grundsätzlich abgelehnt werden, daß Pläne, die jahrelang erörtert und erwogen worden sind, zu denen Stellung zu nehmen, alle Betheiligten jahrelang Zeit und Gelegen⸗ heit gehabt haben, daß die im allerletzten Augenblick, an dem Tage, wo sie im Landtage zur Verhandlung und Abstimmung gebracht werden sollen, von den Betheiligten in Frage gestellt werden. Ich muß deshalb an meinem ablehnenden Standpunkt festhalten.

Der Titel wird dem Antrage Kindler gemäß an die Budget⸗ kommission zurückverwiesen. Zum Neubau von Dienstwohngebäuden für Amtsrichter in mehreren posenschen Städten werden Mittel gefordert. Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) bestreitet die Nothwendigkeit des Baues solcher Dienstwohnungen für die Richter. Justiz⸗Minister Schönstedt: v11““ Meine Herren! In den sämmtlichen 6 Orten fehlt es nach den von den Ortsbehörden ausgestellten Zeugnissen an angemessenen, passenden Wohnungen für die Amtsrichter. Von der Baulust, die der Herr Dr. von Jaëdzewski erwähnt hat, ist der Justizverwaltung bis jetzt nichts bekannt geworden. Jedenfalls sind keine Bauunternehmer auf⸗ getreten, die Wohnungen, wie sie für die Justizverwaltung noth⸗ 8 wendig sind zur angemessenen Unterbringung der Amtsrichter, zu bauen 8 bereit gewesen wären. Es haben umfassende Ermittelungen darüber stattgefunden, ob in anderer Weise, als durch den Bau von Dienst⸗ wohnungen, dem Wohnungsbedürfniß der Amtsrichter genügt werden könne, und diese Ermittelungen haben in den sämmtlichen Orten zu einem verneinenden Ergebniß geführt. Darauf bhat die Justizver⸗ waltung unter wohlwollendem Entgegenkommen des Herrn Finanz⸗ 8 Ministers sich für den Bau von Dienstwohnungen entschieden Soweit ich die Stimmung des Hauses übersehe, ist das von allen Seiten freudig begrüßt worden, und ich glaube, man hat es allgemein als sehr erwünscht betrachtet, daß den Amtsrichtern in diesen kleinen Städten ein festes Heim geschaffen werde, daß sie nicht abhängig sind von der Willkür und den Interessen der Bauunternehmer, die vielleich Häuser hinstellen, nachher aber ihre Bedingungen stellen, unter denen sie an die Amtsrichter vermiethen wollen, und die unter Umständen recht unbequem werden können. Es ist gerade in den kleinen polnischen Städten, wo das Leben für deutsche Beamte viele Unannehmlichkeite bietet, ein besonders dringendes Bedürfniß, daß den Herren das Dasein einigermaßen erleichtert wird. Es ist außerordentlich schwer, di deutschen Beamten in diesen kleinen Städten dauernd zu erhalten und die Justizverwaltung hat es als ihre Pflicht betrachtet, soweit e in ihren Kräften steht, dafür zu sorgen, daß für angenehmere Lebens⸗ bedingungen für diese Herren gesorgt werde, damit sie längere Zeit i ihren Stellen bleiben, mit den Interessen der Bevölkerung mehr ver wachsen und ihren Platz so ausfüllen, wie es von einem idealen Amts⸗ richter erwünscht und erwartet wird. 1 Ich möchte deshalb bitten, daß Sie durch die Bemerkungen des Herrn Abg. Dr. von Jasdzewski sich nicht bestimmen lassen, dieser Forderung der Staatsregierung, mit der sie glaubt, allgemei empfundenen Bedürfnissen entgegenzukommen, Ihre Zustimmung zu ver⸗ sagen. (Bravo!)

Abg. Reichardt (nl.) wünscht d chtsgebã

Es ist noch im Vorjahre zwischen den betheiligten Ressorts darüber

1 verhandelt worden. Der Herr hatte den 1

erst die Vorarbeiten gemacht werden, daß dann die Ausführung des

neuer G ““

in Magdeburg.