etheilt worden, daß, während ich draußen war, Herr von Manteuffel
einige Bemerkungen gemacht hat. Ja, meine Herren, ich bedauere,
Ich bitte zu beachten, „von den Besitzern der angrenzenden
Grundstücke in Stichgräben abzuleiten und, wo dazu Gelegenheit ge⸗
boten ist, in Gruben aufzufangen“. Und dann heißt es weiter:
8 Ebenso hat auch die Anlage von Stichgräben zur seitlichen Ableitung des in Einfaltungen der Gebirgshänge abfließenden Wassers zu erfolgen.
Da ist ganz klar ausgesprochen, daß dies in beiden Fällen von den esitzern auszuführen ist. Wenn Sie nunmehr den Antrag, wie er hnen vorliegt und soeben von dem Herrn Antragsteller begründet
vorden ist, durchlesen, so läßt er nach meiner Meinung Zweifel arüber entstehen, ob, wie das bisher in § 6 vorgesehen war, die erpflichtung den Besitzern auferlegt werden soll. Denn während
das zweite Alinea des jetzigen § 6 sagt, nachdem vorher die Besitzer genannt sind, „ebenso hat auch die Anlage von Stichgräben zur itlichen Ableitung des in Einfaltungen der Gebirgshänge abfließenden
Wassers zu erfolgen“, soll nunmehr der § 6 lauten:
„Das auf zu Thal führenden Wegen abfließende Wasser ist, soweit Res nach den örtlichen Verhältnissen ohne wirthschaftliche Nachtheile geschehen kann, in mit den Höhenlinien des Gebirges parallel lau⸗ fende Horizontalgräben abzuleiten und so terrassenförmig aufzu⸗ fangen.“
Das hat nicht mehr Zusammenhang mit dem ersten Alinea. Wollte man dasselbe sagen, was der bisherige § 6 sagte, so würde edenfalls in dem Antrage hinzuzufügen sein ein Zusatz bezüglich der
Besitzer, entsprechend dem Alinea 1 des jetzigen § 6. Daneben scheint
es mir, als wenn der Herr Antragsteller den Sinn des bisherigen § 6
doch nicht vollständig erfaßt hat. Es heißt dort:
G Ebenso hat auch die Anlage von Stichgräben zur seitlichen Ableitung des in Einfaltungen der Gebirgshänge abfließenden Wassers zu erfolgen.
Ja, meine Herren, was unter Stichgräben zu verstehen ist, ist ach meiner Meinung nach der Fassung des Gesetzentwurfs dasselbe, was, wie ich glaube, der Herr Antragsteller in sehr gekünstelter Fassung
ier ausführte. Es ist ja selbstverständlich, daß die Stichgräben nicht ertikal von dem Gebirge direkt ins Thal heruntergeführt werden sollen, ondern sie sollen dazu dienen, unter möglichster Ausnutzung des Ge⸗ älles, ohne Gefährdung des Geländes, das Wasser nach dem Thal inzuleiten. Also nach der Richtung, glaube ich, sagt der § 6 schon asselbe, was der Antragsteller will, sagt es allgemeiner und zweck⸗ äßiger, während die Fassung des Antrags zum § 6 zu sehr spezia⸗ siert ist. Dann giebt der Antrag aber zu Zweifeln Anlaß, weil der afsus von den Besitzern hier fortgelassen ist. Ich bitte also das ohe Haus, den Antrag aus den angeführten Gründen abzulehnen.
Graf von Schlieben tritt für die Kommissionsfassung ein.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ ein:
Meine Herren! Ich muß doch bitten, daß Sie den Antrag des
rafen von der Recke zu § 6 ablehnen. Der § 6 handelt ausschließlich on den zu Thal führenden Wegen und trifft darüber weitere Bestim⸗ ungen. Wenn Herr Graf von der Recke das will, was er in seinem
Antrage ausdrückt, dann gehört der Antrag jedenfalls nicht zu diesem
5 6, der nur von demjenigen Wasser redet und über dessen Abführung
estimmung trifft, das auf zu Thal führenden Wegen abfließt. Also er Antrag in der jetzigen Begründung enthält etwas ganz Anderes, als der Herr Antragsteller erreichen würde, wenn der Antrag in diesen Para⸗ graphen einbezogen würde. Meine Herren, ich benutze die Gelegenheit: mir ist eben mit⸗
daß Herr von Manteuffel gesagt hat, es sei das Prinzip, was ich ver⸗ reten habe, daß die Provinz ein Drittel, die Betheiligten, also hier ie Gemeinde, ein Drittel und ein Drittel der Staat zahlen soll — etwas otal Neues. Ich glaube, Herr von Manteuffel wird sich selbst erinnern, aß dieser Grundsatz bei allen Landesmeliorationen schon seit Jahr und Tag zur strikten Durchführung gelangt, und die Frage, um die es
sich hier handelt, wie das Gebirgswasser abzuführen, ist erst recht
und
daß seit Jahren
Nach
zar' *E&oxv Landesmelioration, also einmal nach der Richtung, um die Gefahren, die dadurch herbeigeführt werden, zu verhüten, andererseits,
m das Wasser so abzuführen, daß es für Wald, Wiese und Feld
utzbar gemacht wird. Also auch das Prinzip der Drittelung für Staat, Gemeinde und Betheiligte wird auch hier zur Anwendung gebracht, wie es seit Jahr und Tag für alle Meliorationen der Königlichen Staatsregierung gilt, und ich fürchte, ich habe das auch bestimmt zuerst zum Ausdruck gebracht, daß, wenn Sie glauben, in diesem Fall etwas Abweichendes
bei der Königlichen Staatsregierung durchsetzen zu können, die Staats⸗
regierung wegen der Konsequenzen, die damit verbunden sind. dies ab⸗
lehnen muß. Dann wurde von dem Herrn von Manteuffel darauf
hingewiesen, daß die Königliche Staatsregierung rücksichtlich der Ver⸗
nachlässigung dieser Gebirgsflüsse eine Schuld trifft. Meine Herren,
auch in dieser Beziehung glaube ich den Vorwurf des Herrn von Manteuffel zurückweisen zu müssen. Ich erinnere daran, im Jahre 1888 und, wenn ich mich recht entsinne, wiederholt seitens der Königlichen Staats⸗ regierung Versuche gemacht worden sind, im Wege der Gesetzgebung
und Verwaltung die Mißstände, die nicht bloß in Schlesien, sondern
in einem großen Theile der Monarchie rücksichtlich dieser Verhältnisse bestehen, abzuändern, und die Herren, die im Jahre 1888 betheiligt gewesen sind bei diesen Verhandlungen über Gesetzentwürfe u. s. w,
wissen genau, aus welchem Grunde die Vorlage der Königlichen Staatsregierung damals abgelehnt worden ist. Ohne Aenderung der
Gesetzgebung ist aber die Königliche Staatsregierung nicht in der Lage gewesen, die vorliegenden Uebelstände zu beseitigen, und ich muß also die der Königlichen Staatsregierung nach dieser Richtung hin
gemachten Vorwürfe zurückweisen.
Graf von der Recke⸗Volmerstein befürwortet nochmals trotz der geltend gemachten technischen Gegengründe seinen Antrag. Freiherr von Manteuffel: Wenn diese Maxime auch seit mehreren Jahren von der Regierung vertreten wird, so habe ich sie doch immer bekämpft und werde sie weiter bekämpfen. Nicht die heutige Staatsregierung trägt die Schuld, vielmehr ist seit Friedrich dem Großen, seit 872 als hundert Jahren für Schlesien in dieser Beziehung nichts geschehen. 6 wird in der Fassung der Kommission angenommen. 7 kann der Regierungs⸗Präsident: 1) die Entwässerung von Moorflächen, 2) die Beackerung und die Beweidung von Grundstücken auf Hochlagen oder an Geüfirgeengn untersagen oder einschränken, 3) die Verlegung oder Beseitigung vor⸗ handener Gräben fordern. Die Enischädigung dafür soll nach der Fassung der Kommission zu h von der Gemeinde, zu 1 vom
Staat, nach dem Antrag Intze zu je ½1 vom Staat, Provinz und Gemeinde getragen werden. Ein Antrag der Herren Graf von Pfeil⸗Hausdorf und von Tschammer will eventuell auch den Abbau von oorflächen anordnen lassen und fordert für den Regierungs⸗ Präsidenten ferner die Befugniß, für Moore das Enteignungs⸗ verfahren zu beantragen.
Freiherr von Tschammer empfiehlt diesen Antrag und be⸗ fürwortet eingehend die von der Kommission beschlossene Regulierung der Entschädigungsfrage. Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ tein:
Meine Herren! Ich kann mit dem geehrten Herrn Vorredner in gewissen Punkten mich einverstanden erklären. Ich erkenne mit ihm an, daß die Erhaltung der Wälder, die pflegliche Behandlung der Wälder und die Neuschaffung von Wald, da, wo er in unrichtiger Weise entfernt ist, ein sehr wichtiges Miltel ist, um die Hochwasser⸗ gefahr im Gebirge zu beseitigen. Aber ich möchte doch glauben, daß der Herr Vorredner insofern weiter geht als ich, als er annimmt, daß er im Großen und Ganzen mit dieser Maßnahme schon die Gefahren des Hochwassers im Gebirge beseitigen kann, während ich der Meinung bin, daß sie dazu allein nicht ausreicht. Ich will beispielsweise nur darauf hin⸗ weisen, daß in der Zeit, wo im Frühjahr die Schneeschmelze ein⸗ tritt, im Hochgebirge der Boden noch hart gefroren zu sein pflegt, und daß das sämmtliche Wasser, welches dann durch rasches Auftauen in Fluß gebracht wird, weder durch den Boden, vielfach auch nicht durch die Sickergräben, auch nicht durch den Humus des Bodens, Moos u. s. w. aufgesogen wird, und daß dann der Absturz des Wassers sich gleich bleibt, mag das Gelände bewaldet sein oder nicht. Dagegen erkenne ich an, daß im Sommer die Absorption durch den Humus, durch die Beschirmung des Waldbodens, welche die rasche Ausdunstung verhindert, durch die allmähliche Einsickerung des Wassers, durch die allmähliche Ableitung ganz wesentlich ge⸗ steigert wird.
Dann möchte ich aber glauben, daß der Herr Vorredner in der Ziffer 1 seines Antrages wohl nicht von einer vollständig richtigen Beurtheilung der Bestimmungen der Staatsregierung ausgegangen ist. Er schlägt vor zu sagen: „die Entwässerung und den Abbau von Moo flächen“, und ich möchte glauben, daß die neu eingeschobenen Worte „und den Abbau“ vollständig überflüssig sind, daß die Staats⸗ regierung mit dem, was sie vorgeschlagen hat, schon vollständig das⸗ selbe getroffen hat. Darüber wird der Herr Vorredner mit uns doch einverstanden sein, daß Moorgebiete nur dann ausgetorft und aus⸗ genutzt werden können, wenn vorher eine geeignete Entwässerung bis zu einem gewissen Grade vorgenommen ist. Wenn ich nun in der Lage bin, die Entwässerung dieses Moorgebiets zu hindern, dann bin ich auch in der Lage, den Abbau des Moor⸗ gebiets zu hindern. Aber darin stimme ich mit dem Herrn Vor⸗ redner überein, daß es immer viel erwünschter ist, das unangeschnittene Moor zu erhalten. Das ist ein Schwamm, der alles in sich aufsaugt und in der Sommerzeit durch seine Ausdünstung austrocknet, aber das Wasser im Winter, zur Regenzeit, wieder in sich aufnehmen kann, während, wenn das Moor ausgegraben ist, nur ein Teich übrig bleibt, der überfließt, und das halte ich für sehr bedenklich.
Ich möchte also glauben, daß das, was der Herr Vorredner will, schon jetzt in der Vorlage enthalten ist. Denn, wenn der Herr Regierungs⸗Präsident in der Lage ist, die Entwässerung des Moor⸗ gebiets zu hindern, dann ist er auch in der Lage, den Abbau zu hindern.
Die Ziffer 4, die eingeschoben ist, giebt mir eigentlich zu wefent⸗ lichen Bemerkungen um deswillen keinen Anlaß, weil ich glaube, daß das, was darin gesagt ist, der Regierungs⸗Präsident schon nach der bis⸗ herigen Fassung des Gesetzes thun kann. Bedeutung hat die Ziffer 4 nach meiner Auffassung nur in Verbindung mit der nachfolgenden Ziffer II, worin der § 8a beantragt wird. Nun will ich schon jetzt im vorhinein, ehe der Antrag zu 8a eingehender begründet ist, um dem Heren Begründer Gelegenheit zu geben, mich möͤglicherweise zu widerlegen, darauf hinweisen, daß vielleicht die Königliche Staatsregierung am ehesten diese Be⸗ stimmung acceptieren könnte; denn es heißt am Schluß von § 8 a, der eingeschoben werden soll: „über die Nothwendigkeit dieser, sowie der auf Grund des § 7 Nr. 4 beantragten Erwerbungen und An⸗ forstungen entscheidet nach Anhörung des Ober⸗Präsidenten der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten“. Also, wenn Sie den § 8a einschieben, so liegt die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfange ich von dieser Bestimmung Ge⸗ brauch machen will, in der Hand des Landwirthschafts⸗Ministers. Aber die Sache hat doch eine große finanzielle Bedeutung, und ich fürchte, daß mein verehrter Herr Kollege, der Herr Finanz⸗Minister, nicht bereit sein wird, dem Landwirthschafts⸗Minister eine so weit⸗ gehende Vollmacht zu ertheilen, daß er rücksichtlich großer Wald⸗ gebiete — und es handelt sich um große Waldgebiete, das wird späterhin darzulegen sein — dem Landwirthschafts⸗Minister die Möglich⸗ keit gewährt, diese Gebiete im Wege des Enteignungsverfahrens zu erwerben und aufzuforsten. Dann aber möchte ich darauf hinweisen, daß Sie ursprünglich in Aussicht genommen hatten, über den Höhe⸗ niveaupunkt von 600 m hinaus alles im Wege der Expropriation all⸗ mählich der staatlichen Aufforstung auf Kosten des Staates zu unter⸗ werfen. Nun, meine Herren, haben wir festgestellt, daß eine ganz große Anzahl von Gebirgsdörfern dadurch absolut ihrer Existenn⸗ fähigkeit beraubt werden würde, weil diesen dann dasjenige Gelände, welches ihrer landwirthschaftlichen Kultur dient, voll⸗ ständig entzogen wird. Jetzt ist der Herr Antragsteller über die Ziffer von 600 auf die Höhenlage von 700 m gegangen. Wir haben uns nun vorher erst auf der Karte zu vergewissern gesucht, wie groß denn das Gebiet noch bleiben würde, wenn auf diesem Wege expropriiert würde, und ob dieselben Bedenken dagegen vorliegen würden. Da hat sich denn herausgestellt, daß vielleicht 1 ½ 0 weniger expropriiert würde, daß im Großen und Ganzen die in Gebirgshängen und Thälern eingeschnittenen langgestreckten Gebirgsdörfer sammt und sonders mehr oder weniger des Geländes beraubt würden, was sie bis jetzt für den Kartoffelbau, landwirthschaftliche Nutzung und Garten⸗ kultur benutzen. Machen Sie sich einmal klar, wenn man soweit ein⸗ schritte gegen die Lebensfähigkeit dieser Gebirgsdörfer, so ist die weitere Konsequenz gegen den Staat garnicht abzulehnen, daß, wenn die Bewohner dieser Dörfer im wesentlichen ihre Existenzfähigkeit verlieren, dann die ganzen Dörfer vom Staate expropriiert und die Bewohner der Dörfer, soweit sie in ihrer Existenzfähigkeit eingeschränkt sind, verstühlt und anderweitig wieder angesiedelt werden müssen. Ich
erinnere daran, daß der Staat ähnliche Aufgaben gelöst hat. Nach.
dem der Weichselbruch bei Siedlersfähre stattgefunden hat, waren ver⸗ schiedene Fischerdörfer ihrer Existenz beraubt, und damals hat der Staat einschreiten müssen. Die Sache ist nach meiner Auffassung um so mehr bedenklich, weil das Vorhandensein dieser Gebirgsbevölkerung
für die Waldkultur eine gewisse große Bedeutung hat. Es sind das
fast alles Bewohner, die für und mit den Wäldern bis jetzt leben und die darin zu erhalten recht wünschenswerth ist.
Also ich möchte glauben, daß die Tragweite dieser Ziffer II § 8a doch vielleicht von den Herren Antragstellern nicht genügend ge⸗ würdigt ist, und möchte das hohe Haus bitten, wenn Sie den Antrag nicht a limine abweisen wollen, unter allen Umständen dann auf den Ausweg einzugehen, diese Frage nochmals in die Kommission zurückzuverweisen, wo dann ergiebige Gelegenheit sein wird, diese, wie ich glaube, sehr wesentlichen wirthschaftlichen Bedenken gegen den Antrag näher zu begründen und darzulegen.
Endlich möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Wenn vielleicht das hohe Haus auch das Vertrauen haben würde und sagte: „Wir sind erbötig, dem Landwirthschafts⸗Minister und dem Finanz⸗Minister diese Machtvollkommenheit zu geben im Wege der Expropriation auf Kosten des Staats große Enteignungen und Aufforstungen vorzu⸗ nehmen, und haben das Vertrauen, daß die landwirthschaftliche Verwaltung in dieser Beziehung nicht zu weit gehen wird,“ — darüber können Sie sich nicht täuschen, meine Herren, daß die Annahme eines solchen Antrages die Aussicht auf Annahme dieses meines Dafürhaltens nothwendigen Gesetzes für Schlesien im Abgeordnetenhause ganz wesentlich erschweren würde; denn ob man dort geneigt ist, der Landwirthschaftsverwaltung — der Königlichen Staats⸗ regierung mit anderen Worten — ein solches plein pouvoir zu geben, erscheint mir persönlich außerordentlich zweifelhaft.
Ober⸗Bürgermeister Bender⸗Breslau bekämpft die Drittelung. Die Provinz werde bei diesen Meliorationen gar nicht gefragt, habe auch dafür gar keine Organisation und solle gleichwohl bezahlen. Eine solche allgemeine Verpflichtung der Provinz bestehe nicht; bisher habe der Staat diese Verpflichtung einwandsfrei als die seinige anerkannt. Es 8 dann auch die Steuerverfassung der Provinz geändert werden.
Referent von Klitzing bittet, im Interesse des Zustande⸗ kommens des Gesetzes den Antrag des Grafen Pfeil abzulehnen, aber auch den Antrag Intze. Wolle die Regierung das Gesetz an dem Geldpunkt scheitern lassen, so möge sie es offen sagen.
Der Antrag des Grafen Pfeil wird, soweit er sich auf den Abbau von Moorflächen bezieht, zurückgezogen.
Der Antrag desselben zu § 7 und der Antrag Intze werden gegen geringe Minderheiten abgelehnt; § 7 wird nach
der Kommissionsfassung mit großer Mehrheit angenommen,
ebenso § 8.
Den neu beantragten § 8a befürwortet hierauf in längerer Ausführung
Graf von Pfeil⸗Hausdorf: Zwangsaufforstungen seien das Hauptbeilmittel für die entstandenen Schäden; ü- seien aber auch keine Neuerung, sondern u. a. in Oesterreich in Uebung. Es sei da⸗ mit auch die höchste Zeit; denn die Abschweifung des Bodens in jenen Höhenlagen mache reißende Fortschritte. Die Abflüsse vog diesen lägen gerade an den für die unterliegenden Gelände E Stellen, sie bildeten natürliche Schluchten. Die Antragsteller hätten alle Kautelen in ihren Antrag hineingebracht. Zwangsaufforstung habe auszugehen von einer vom Regierungs⸗ Präsidenten zu berufenden Kommission, dann müsse der Ober⸗Präsident gehört werden, die Entscheidung treffe der Minister.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗
stein:
Ich kann Ihnen ausdrücklich erklären, daß ich den Anschauungen, die Herr Graf Pfeil hier vorgetragen hat, vollständig beipflichte und auch das Bedürfniß, mit Aufforstungen auf diesem Gebiete ernstlich vorzugehen und der zunehmenden Entwaldung, wie auch der De⸗ vastierung vorhandener Wälder zu steuern, durchaus anerkenne. Solange ich die Ehre habe, Landwirthschafts⸗Minister zu sein,
werde ich, wie bisher, bemüht sein, diesem Uebelstande abzuhelfen. Zch bin bereit, auf jede Erwägung einzugehen, die geeignet ist, durch gesetz⸗ “ liche oder administrative Maßnahmen der zunehmenden Devastation der Privatwaldungen zu steuern. Aber darin kann ich dem Grafen Pfeil nicht folgen, daß das gegenwärtige Gesetz den geeigneten Anlaßs von so weittragender Be-⸗ deutung zu entscheiden, wie sie in seinem Antrage enthalten ist. Ich will nur daran erinnern, daß man am weitesten mit Zwangs⸗ 88 maßregeln in der Herstellung entwaldeter Landesgebiete in Frankreich
bietet, um eine prinzipielle Frage
vorgegangen ist. Das französische Gesetz geht, soviel mir erinnerlich, lange nicht so weit, wie der Vorschlag des Grafen Pfeil. Nach dem
französischen Gesetz konnte in den Gebieten, wo man es für noth⸗ wendig bielt, den Wald wieder herzustellen, der Staat die Nach erfolgter Auf. forstung wurde mit dem Grundeigenthümer verhandelt, ob er demn Zinsen er- statten und den Wald unter gewissen Kautelen erhalten wolle. Daan trat er in den Besitz des ganzen aufgewaldeten Terrains. Der Grund “ und Boden wurde also vom Staate gar nicht für sich in Anspruh genommen und von der erwähnten Befugniß konnten die Grund⸗ . eigenthümer in einer längeren Reihe von Jahren Gebrauch machen, sie konnten es gewissermaßen abwarten, ob die unter staatlicher 8 Leitung aufgeforsteten Flächen Aussicht auf nachhaltige Renta- in zwanzig
Aufforstung auf seine Kosten vornehmen.
Staat die erwachsenen Aufforstungskosten ohne
bilität und Erfolg boten, sie konnten also z. B. Jahren dem Staat die Aufforstungskosten ohne Zinsen zurückerstatten, wenn ich nicht irre, mit einer
geben, da, wo sie es für nothwendig hält — und in dieser Beziehung sind die Ansichten oft recht wandelbar —, den Wald herzustellen, den Grundeigenthümer einfach zu enteignen und Staatswald aus seinem Eigenthum zu machen. Dies soll, wenn ich dem Herrn Grafen richtig ge
folgt bin, so weit gehen, daß beispielsweise die Gxistenz ganzer Gebirgsdörfe
in Schlesien dadurch zunichte gemacht wird. Denn wenn ich den Herrn Grafe
richtig verstanden habe, so sagt er: diese Gebirgsdörfer liegen in Ei 8— 8
schnitten der Thäler, wo die Gefahr des Wassers am allergrößten i wo es garnicht zweckmäßig ist, daß die Einwohner sich angeba haben, und der Herr Graf sagte auch noch, daß das Gelände, v dort angebaut wird, der Landwirthschaft nichts nütze, denn weit 1 Oktober, wenn der Schnee schon anderwärts liegt, find die Leute in der Lage, den dürftig gewachsenen Hafer einzubringen.
Ich bin erbötig, dieser Frage sehr ernst näher zu treten, wie der Zun der Entwaldung zu steuern ist. Es giebt eine ganze Reihe von
Der Vosschlag der
gewissen Zuwachsentschädigung, und wurden dann wieder volle Eigenthümer, mußten sich allerdings gewissen Vorschriften wegen Erhaltung und Bewirthschaftung des Waldes unterwerfen. Das ist aber ganz etwas Anderes, als was Graf Pfeil will. Er will der Staatsregierung rücksichtslos die Gewalt b- 8
*
Ich möch aber glauben, daß die Anknüpfung eines so
weittragenden Prinzips nebensächlich an dieses Gesetz doch groß⸗ Bedenken hat. Es giebt auch noch andere Wege, und Deutschland, wo uns in vielen Beziehungen die Behandlung der Gebirgswasser⸗ gefahr mit der Gefahr der zunehmenden Entwaldung entgegentritt, hat eine ganze Reihe Maßnahmen, die sehr beachtens⸗ und nachahmungs⸗ werth sind. Ich will z. B. nur erinnern, daß irgendwo — ich glaube, es ist noch geltendes Recht — eine Bestimmung besteht, wonach über eine gewisse Gebirgszone hinaus der Wald absolut nur unter staat⸗ licher Aufsicht behandelt werden darf. Der Privateigenthümer darf keinen Stock schlagen, keine Handlung in dieser höchsten Zone vor⸗ nehmen, ohne sich die staatliche, forstlich technische Genehmigung dafür erwirkt zu haben. Dann kommt eine zweite Zone, die mittlere Zone des Gebirges, wo die staatliche Aufsicht, obwohl sie auch besteht, laxer durch das Gesetz festgelegt ist und auch laxer gehandhabt wird, und unten in den Thälern kann jeder Privatbesitzer mit seiner Forst machen, was er will. Was hat das zur Folge? Wenn Sie durch dieses Gebirgsland fahren, so sehen Sie, daß die schönsten Waldbestände, umgekehrt wie das bei uns in Westfalen und dem Sauerland der Fall ist, auf der Höhe des Gebirges sich befinden, erträgliche Zustände in der mittleren Zone bestehen, und daß, wenn Sie devastierte Privatwaldungen finden, diese unten in den Thälern liegen. Das ist aber eine sehr weise Gesetzgebung, denn unten in den Thälern ist immer der Schaden wieder gut zu machen, aber oben auf der Höhe ist es, wenn dort einmal Unheil angerichtet ist, fast immer unmöglich, das wieder gut zu machen, oder doch nur mit großen Schwierigkeiten und immensen Kosten.
Also, es giebt eine ganze Reihe von derartigen Maßregeln; ich bin auch erbötig, der Frage näher zu treten. Ich habe das auch wiederholt in der landwirthschaftlichen Verwaltung zu erkennen ge⸗ gegeben; wir werden uns der Mühe nicht entziehen, ein solches Gesetz auszuarbeiten, — vorausgesetzt allerdings, daß man mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf rechnen kann, daß in der Landesvertretung ein solches Gesetz Aussicht auf Annahme hat. Und bisher habe ich wohl geglaubt, daß ein solches Gesetz Aussicht auf Annahme im Herrenhause hat, aber alle Versuche, die Staatsaufsicht einzuführen und dafür zu sorgen, daß mindestens Devastierungen nicht vorkommen, sind wenigstens bei einem großen Theil des anderen Hauses stets auf den allerentschiedensten Wider⸗ spruch gestoßen. Und eine Arbeit pro nihilo ist zwecklos, das regt nur die Menschen und Sachen in unnöthiger Weise auf.
Sobald ich die Ueberzeugung gewinne, daß die Landesvertretung im Großen und Ganzen die Gefahr, die in dieser Sache liegt, an⸗ erkennt und gewillt ist, durch Maßnahmen zu ihrer Beseitigung bei⸗ zutragen, wird, glaube ich, mit mir die Königliche Staatsregierung bereit sein, die Frage ernstlich in die Hand zu nehmen.
Aber ein so weittragendes Prinzip in Verbindung mit diesem Gesetz zu bringen, kann ich dem hohen Hause nicht empfehlen. Ich glaube auch kaum, daß, wenn das Herrenhaus nun bei diesem Anlaß den Antrag des Grafen Pfeil ablehnt, damit, wie Herr Graf von Pfeil fürchtet, vom Herrenhause zu erkennen gegeben wird, daß es für die Erhaltung unseres deutschen Waldes, für die Wiederherstellung unserer devastierten Wälder Sinn und Geschmack und Neigung ver⸗ loren hätte. Diese Konsequenz kann man, glaube ich, aus dem heutigen Beschluß des Herrenhauses nicht ziehen.
Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf steht dem An⸗ trage zwar sympathisch gegenüber, stellt aber nach den Ausführungen des Ministers die Ablehnung anheim.
Der Antrag auf Einschaltung des § 8a wird abgelehnt. Dem Rest des Gesetzes stimmt das Haus ohne Debatte zu und genehmigt darauf einstimmig auch den Entwurf im Ganzen.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Synagogen⸗ gemeinde⸗Verhältnisse in Frankfurt a. M., wird in der Fassung des anderen Hauses auf Antrag des Bericht⸗ erstatters Adickes unverändert ohne Debatte angenommen.
Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildet die all⸗ n Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die
nstellung und Versorgung der Kommunalbeamten.
Ober⸗Bürgermeister Becker⸗Köln begrüßt die Vorlage als einen Ausweg aus sich häufenden Schwierigkeiten, die sich aus der Recht⸗ sprechung für die Gemeinden gegenüber ihren Beamten und An⸗ ergeben haben. Bei ihrer Wichtigkeit müsse die Vorlage
ommissarisch vorberathen werden. Mit dem Grundsatze der lebens⸗ länglichen Anstellung der Beamten sei er durchaus einverstanden, die Aus⸗ nahmen davon im §9 und an anderen Orten würden von den östlichen Provinzen zwar mit Freuden angenommen werden, gingen aber für das Rheinland nicht weit genug, wo die lebenslängliche Anstellung nur fakultativ sei. Die einschränkenden Bestimmungen des § 9 müßten erheblich ausgedehnt werden. In § 11, betreffend die Be⸗ soldungsverhältnisse, liege eine ganz unerwartete Ausdehnung des Auf⸗ sichtsrechts und der Eingriffsberechtigung der Behörden gegenüber der Selbstwerwaltung. Auch ein Bedürfniß nach eventuell zwangsweiser Einführung von Reglements über die Reisekosten und Tagegelder für Dienstreisen von Kommunalbeamten in staatlichem Auftrag könne nicht anerkannt werden. Redner beantragt, die Vorlage der verstärkten Gemeindekommission zu überweisen.
Freiherr von Manteuffel ist damit einverstanden und be⸗ antragt, zur Verstärkung der Kommission die Herren Adickes, Delbrück, von Hanstein, Oertel und von Schöning durch Zuruf zu wählen
Das Haus beschließt gemäß diesen Anträgen. Schluß 4 ¼ Uhr. Nächste Sitzung unbestimmt, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Maͤrz. 1
““ 88 Haus der Abgeordneten. 26. Sitzung vom 22. Februar 1899.
Zur ersten Berathung steht zunächst der Gesetzentwurf wegen Ankaufs der Bernsteinwerke der Firma Stantien u. Becker zu Königsberg in Preußen.
In der allgemeinen Besprechung bemerkt
Abg. Dr. Friedberg (nl.) unter großer Unruhe des Hauses, daß der Staat sich in einer Zwangslage befunden habe. Er könne das Bernsteinregal nur verwerthen, indem er den fremden Grund und Boden erwerbe. Teh. erfreulich werde für den Staat der kauf⸗ männische Betrieb des Geschäfts sein; immerhin werde die Rente, wenn auch keine übermäßig große, so 8 eine ausreichende bets Man habe also alle Ursache, der Vorlage sympathisch gegenüberzustehen. Einzelne Bedenken könnten in der Budgetkommission ausgerlart werden, der † 1, Iihge. zu See; asgesntä
g. Dr. Krieger (fr. Volksp.) hält es für verwunderlich, da der Ankauf sich noch so rstn gestaltet, wenn er auch nicht cda daß eine Rente von 7 ½ % herauskommen werde. Es würden Be⸗ schränkungen gemacht und die Löhne erhöht werden müssen. Außerdem werde unter staatlicher Regie die Schichtdauer verkürzt werden müssen und auf diese Weise eine Beschränkung der Produktion zu erfolgen haben, nicht durch Entlassung von Arbeitern. Der kaufmännischen Thätigkeit werde die staatliche Regie nicht entbehren können; darüber werde man sich in der Kommission verständigen koͤnnen. “
Abg. Arendt⸗Lablau (kons.) erklärt, daß seine Freunde Vorlage sympathisch gegenüberstehen. Es sei zu erwarten, daß unter staatlicher Regie die Klagen verstummen würden, die bisher gegen die Firma Stantlen u. Becker wegen Unkulanz erhoben worden sind.
Abg. Dr. Lohmann (nl.) ist ebenfalls der Meinung, daß die Löhne würden erhöht werden müssen; er wird für die Vorlage
stimmen. Abg. Rickert (fr. Vas.): Ich beneide den Handels⸗Minister
nicht um die Last, die ihm diese Vorlage auferlegen wird. Die Ren⸗ tabilität des Unternehmens ist eine offene Frage. Gelingt es nicht, neben der bureaukratischen Leitung eine kaufmännische Kapazität zu gewinnen, so sehe ich sehr schwarz in die Zukunft. Vielleicht äußert sich die Regierung über ihre Absichten in dieser Beziehung. Die Er⸗ höhung der Löhne halte ich für eine selbstverständliche Konsequenz der Verstaatlichung. Ohne Grund darf den Arbeitern nicht gekündigt werden. Namentlich möchte ich die Aufmerksamkeit des Handels⸗ Ministers auf die Prokuristen und Lageristen lenken.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Ich gehe von der Voraussetzung aus, daß diese Vorlage zunächst einer Kommission, sei es nun der Budgetkommission oder irgend einer anderen zur Vorberathung überwiesen wird, weil ich der Meinung bin, daß in der That eine so schwierige Vorlage unbedingt einer solchen Vorberathung bedarf. Das hohe Haus wird nicht in der Lage sein, sich für oder gegen eine solche Vorlage schlüssig zu machen, ohne daß eine solche gründliche Vorprüfung stattfindet. Ich kann mich auch namens der Staatsregierung nur bereit erklären, in der Kommission die eingehende Auskunft zu geben, die von uns gefordert werden mag. Ich habe mich auch bemüht, schon durch die Denkschrift, die dem Gesetzentwurf beigefügt ist, dafür Sorge zu tragen, daß in möglichst eingehender Weise alle hierbei in Betracht kommenden Fragen, namentlich auch die Bedenken, die gegen eine solche Erwerbung in Betracht kommen können, erörtert werden. Es soll nicht eine einzige Seite des ganzen Geschäfts dem hohen Hause verborgen bleiben; das Haus soll selbst prüfen und sich überzeugen können, wie wir uns überzeugt haben, daß eine andere Lösung als die⸗ jenige, die wir hier vorgeschlagen haben, thatsächlich nicht in Frage kommen kann. Ich will mich nun darauf beschränken, nur einige Bemerkungen zu machen zu den Ausführungen der Herren Vor⸗ redner.
Von denselben ist namentlich darauf hingewiesen, daß der Staat sich mit der Uebernahme dieses Unternehmens eine außerordentlich schwierige Aufgabe zumuthet, und es ist das Bedenken ausgesprochen, ob der Staat dieser Aufgabe wohl gewachsen sei. Ich muß in vollem Maße anerkennen, daß die Aufgabe für den Staat eine schwierige sein wird, und zwar gerade wegen der vorzugsweise kaufmännischen Leitung. Es handelt sich hier nicht um eine Verstaatlichung in dem Sinne, wie seiner Zeit die Privateisenbahnen in den Besitz des Staats übergegangen sind. Das ist deshalb geschehen, weil man der Meinung war, daß der Staat mehr berufen sei als ein Privatunter⸗ nehmen, die Eisenbahnen zu verwalten. Das behaupten wir im vor⸗ liegenden Falle durchaus nicht. Wir sind durchaus der Meinung, daß ein Privatunternehmer an sich viel geeigneter ist, das Bernsteingeschäft leiten und verwalten zu können als der Staat. Aber, meine Herren, es fehlt uns an einem solchen Unternehmer; der bisherige Pächter hat gekündigt, ein anderer Pächter ist nicht da und kann auch nicht gefunden werden, denn die Ausbeutung des Regals kann nur derjenige übernehmen, der sich im Besitze der Grundstücke befindet, unter deren Oberfläche die bernsteinhaltige Erde gefunden wird. Es kann also gar kein Anderer als Herr Becker oder ein Rechtsnachfolger von Becker, dem er seinerseits den Besitz seiner Grundstücke über⸗ tragen würde. Es bleibt daher vorläufig, wie Herr Abg. Rickert richtig ausgeführt hat, keine andere Lösung übrig, als daß der Staat selbst den Betrieb übernimmt. Nun sind die Herren in Sorge, daß er dazu gänzlich unfähig wäre. Das möchte ich doch bezweifeln. Ich will nicht behaupten, daß wir klüger sind als Privatunternehmer, aber absolut dumm sind wir auch nicht. (Heiterkeit) Das, glaube ich, haben wir in den bisherigen Verstaatlichungen doch be⸗ wiesen. Man hat seiner Zeit große Bedenken gehabt, daß der Staat so große Eisenbahnbetriebe übernehmen wollte; man hat gesagt: das kann er nicht, er wird sich bis auf die Knochen blamieren. Das ist doch nicht der Fall gewesen. Es ist doch recht gut gegangen, sowohl der finanzielle wie der wirthschaftliche Effekt hat im allgemeinen dem Lande genügt. Nun, was bei den Eisen⸗ bahnen möglich gewesen ist, das wird auch in einem gewissen Grade hier möglich sein. Nun möchte ich außerdem noch darauf hinweisen, daß wir eine ähnliche Aufgabe auch bei der Bergverwaltung haben; wir betreiben da einen großen Handel mit unseren Bergbauprodukten, mit unseren Kohlen und Salzen, und das sind sehr große Ge⸗ schäfte. (Zuruf.) Gewiß! — Sie sind einfacher, das läßt sich nicht in Abrede stellen, aber doch nicht so sehr einfach. Bei den Kohlen und Salzen handelt es sich doch auch um eine ganze Reihe verschiedener Arten, bei denen man auch dafür Sorge tragen muß, daß sie im Inland und Ausland an die richtigen Stellen ge⸗ bracht werden. Man muß auch hier die Preisstellung genau über⸗ wachen. Die Aufgabe der Handelsbureaux bei den Ober⸗Bergämtern ist in der That nicht so einfach. Nun hatten wir aus diesen Handels⸗ bureaux eine zweifellos sehr geeignete Persönlichkeit für die Leitung des Betriebes in Aussicht genommen. Das war der leider vor kurzem verstorbene Ober⸗Bergrath Pringsheim. Es wurde all⸗ gemein in den Kreisen derjenigen, die seine Persönlichkeit kannten, angenommen, daß er vorzüglich geeignet war, dies Unter⸗ nehmen zu verwalten. Leider ist er, wie gesagt, uns durch den Tod entrissen. Wir müssen uns nun nach einem Anderen umsehen, und ich will den Gedanken, den Herr Rickert angedeutet hat, nicht abweisen, daß wir vielleicht eine kaufmännische Kraft heranziehen und als Ver⸗ waltungsbeamten neben einem technischen Direktor bei der Leitung dieses Unternehmens betheiligen. Wir haben eine ähnliche Einrichtung beispielsweise schon jetzt in unserem Betriebe der Porzellan⸗ manufaktur; da haben wir 3 Direktoren, einen kaufmännischen, einen chemischen und einen artistischen Direktor, die zu⸗ sammen die Verwaltung führen. So können wir auch hier einen technischen und einen kaufmännischen Direktor einsetzen; wir haben uns aber über diese Frage noch nicht schlüssig machen können, weil der Tod des Ober⸗Bergraths Pringsheim erst vor kurzem erfolgt ist und die Frage der Personalbesetzung noch eine offene ist.
Nun ist die Frage gestellt worden von dem Herrn Abg. Friedberg, wie es denn mit den Filialen gehalten werden soll in Wien und in London. Ja, diese Filialen sind Abnehmer gerade so, wie die verschiedenen Abnehmer, die in der Denkschrift aufgeführt sind, und die in den übrigen Staaten, in Konstantinopel, Amsterdam u. s. w. sich befinden, — diese beiden Filialen bleiben im Besitz von H. Becker;
er betreibt sie nach wie vor und fabriziert dort Bernsteinwaaren. Er hat in Wien eine große Fabrik, in der er Rauch⸗ und Schmuckrequi⸗ siten anfertigt, und er wird auch das Rohmaterial für diese Fabrikation in der Folge aus unserem Betrieb beziehen. Er steht also genau ebenso da, wie die übrigen Abnehmer, die in der Denkschrift ausdrück⸗ lich Seite 54 und 55 aufgeführt sind.
Sodann ist noch die Frage gestellt, wie es mit den Beamten ge⸗ halten werden soll. Ja, ich kann die Versicherung geben, wir werden zunächst die Verträge mit den Beamten fortsetzen. Es liegt durchaus nicht in der Absicht, irgendwie von dem Kündigungsrecht den Beamten gegenüber Gebrauch zu machen, wenn dazu nicht ein besonders dring⸗ licher Grund vorliegt. (Bravol links.) 1
Was weiter mit den Beamten geschehen wird, muß natürlich der näheren Erwägung vorbehalten bleiben; jedenfalls können die Beamten zu der Regierung das volle Vertrauen haben, daß sie mindestens ebenso gut behandelt werden, wie sie bisher behandelt worden sind.
Nun möchte ich noch eines anführen zum Schluß. Meine Herren, ob wir die Verwaltung und den Betrieb des Unternehmens dauernd behalten werden, das ist eine Frage, über die ich mich hier zur Zeit noch nicht äußern kann. Ich betrachte es meinerseits keineswegs als ausgeschlossen, daß, sobald wir einen geeigneten Pächter in der Folge für das Unternehmen finden werden, wir die Pacht und den Betrieb des Unternehmens ihm über⸗ tragen. Aber, meine Herren, die Frage ist eine ganz ausnehmend schwierige; einmal sind wir mit unseren bisherigen Vertragsverhält⸗ nissen zu einem nicht sehr günstigen Ergebniß gelangt, zu dem Er⸗ gebniß, daß der Pächter in den Besitz eines so ausgedehnten Lagers gekommen ist, daß er thatsächlich dadurch, wenn der Betrieb sistiert würde, den ganzen Bernsteinmarkt in der Hand haben würde. Das ist ein Ergebniß, das uns zu der unangenehmen Konsequenz geführt hat, jetzt dahin zu streben, selbst in den Besitz des ganzen Unternehmens zu kommen. Wir werden aber, wenn wir längere Zeit hindurch die Verwaltung und den Betrieb geführt haben, die Einsicht gewinnen, auf welcher Grundlage eventuell ein solcher Pachtvertrag abgeschlossen werden müßte, und wir werden vielleicht auch Gelegenheit haben, eine geeignete Persönlichkeit zu finden, die auf einer solchen rationellere Basis, auf den Staatsinteressen günstigerer Grundlage bereit wäre, die Pachtung zu übernehmen, sodaß ich in der That glaube, Besorgnisse brauchen Sie im allgemeinen gegen den Vertragsentwurf nicht zu haben.
Was speziell die Preisstellung betrifft, so, glaube ich, wird das hoͤhe Haus damit einverstanden sein, daß, wenn wir dieselben Erträge erzielen, die als möglich nach dem bisherigen Verwaltungsergebniß in der Denkschrift berechnet sind, dann das Geschäft ein sehr günstiges sein würde. Wir würden dann ja über die bisherige Rente hinaus unsern Kaufpreis verzinsen mit 7 ¼ %. Das Geschäft wäre also dann zweifellos ein recht günstiges, aber ich nehme allerdings an, daß es sehr schwer möglich sein wird, wenigstens in der nächsten Zeit, eine so hohe Rentabilität zu erzielen; das wird aber auch nicht noth⸗ wendig sein, denn die Hauptsache ist doch nicht, ein Geschäft zu machen, sondern nur: erstens dem Staat die Rente zu erhalten, die er bisher gehabt hat und die er sonst verlieren würde, zweitens aber im Interesse unserer heimischen Industrie dafür zu sorgen, daß ein so bedeutsames Unternehmen wie dieses nicht zum Stillstand kommt, und endlich allen denjenigen, die bisher in ihrem Gewerbebetrieb auf dieses Unternehmen angewiesen gewesen sind, die Möglichkeit der Erhaltung ihres bisberigen Erwerbes zu gewähren. In dieser unserer Auffassung und in diesen unseren Zielen wird, glaube ich, das hohe Haus mit uns einverstanden sein. (Bravo!)
s. Pleß (Zentr.) spricht die Erwartung aus, daß das private Bernsteindrechslergewerbe unter der staatlichen Leitung keine Einbuße erleiden wird.
Abg Dr. Dittrich (Zentr.) will nicht untersuchen, ob nicht die Reden im Hause seiner Zeit dazu beigetragen haben, den Staat in eine Zwangslage zu bringen. Der Preis von 9 750 000 ℳ sei sehr hoch, sodaß keine übermäßig große Rente herauskommen werde. Becker werde dem Staat eine große Konkurrenz machen durch seine Filialen im Ausland und sein großes Lager in Königsbrrg, daß auf 4 Millionen geschätzt werde. an nül aber die Sache nehmen, wie sie sei, und die Vorlage annehmen vorbehaltlich der kommissarischen Prüfung.
Abg. von Sanden⸗Tilsit (nl.) spricht sich ebenfalls für die Vorlage aus.
Abg. Gamp (fr. kons.): Es hätte erwogen werden können, oh nicht der Staat im armen Osten auf das Regal verzichten und es auf die Provinz übertragen dürfe. Sehr zu wünschen wäre es, daß das Bernstein⸗Museum des Herrn Becker der Provinz erhalten bliebe. Mer dürfen hier wohl auf das Entgegenkommen des Herrn Becker rechnen.
Miinister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Ich möchte nur auf die Bemerkung des Herrn Vorredners mit ein paar Worten eingehen. Bezüglich des Museums haben ja ein⸗ gehende Verhandlungen stattgefunden, Herrn Becker zu bestimmen, das Museum dauernd dem Staat zu überweisen und es an der Stelle zu belassen, wo es vorzugsweise nützlich zu wirken bestimmt und geeignet ist. Becker hat sich auch bereit gefunden, vorläufig das Museum an dieser Stelle zu belassen, wo es nach ausdrücklicher Bestimmung in dem Vertrage bis zum Jahre 1904 miethfrei untergebracht werden soll. Verpflichtungen hat er bisher nicht übernommen. Aber es wird noch immer mit ihm verhandelt, und es ist die Hoffnung nicht aus⸗ geschlossen, ihn noch damm zu bestimmen. Daß im übrigen das In⸗ teresse des Herrn Becker auf dieses Museum gerichtet ist, dürfen Sie ihm nicht übelnehmen. Es ist gewissermaßen ein Denkstein, den er für seine bisherige, zweifellos verdienstlichen Leistungen sich er⸗ richtet hat.
Was die Frage betrifft, ob das Regal freizugeben sei, so kann ich dem Gedanken unmöglich zustimmen. Ich würde der Meinung sein, daß ein so werthvolles Recht nicht ohne weiteres preisgegeben werden kann, und ich würde das um so weniger empfehlen, weil den Hauptvortheil davon Herr Becker haben würde, denn er würde auf seinen Grundstücken Bernstein ohne Entgelt gewinnen koͤnnen, wofür er bisher eine große Pacht bezahlt.
Die Vorlage wird der Budgetkommission überwiesen.
Hierauf wird die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats forigesetzt, und zwar beim Etat des Finanz⸗Ministeriums.
Zu den Einnahmen liegt folgender Antrag der Abgg. Arendt (Labiau), von Arnim und Genossen vor:
Die Staatsregierung aufzufordern, mit der Stadt Berlin wegen der Betheiligung an den Kosten des Berliner Thier⸗
gartens in Verhandlungen zu treten. Abg. von Arnim Conl. begründet diesen Antrag. Die Be⸗
theiligung der Stadt Berlin an den Unterhaltungskosten des Thier⸗ gartens 2 mit Rücksicht auf die großen Vortheile der Stadt aus dem Thier⸗