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8 farten durchaus gerechtfertigt. Die Verminderung des Baumbestandes
nsthwendig, weil eine Anzahl von Bäumen abgestorben sei oder
dem Absterben nabe sei. Die Thiergartenverwaltung habe durchaus
das Ri tig⸗ getroffen.
Abg. Knörcke (fr. Volksp., auf der Journalistentribüne schwer verständlich) weist darauf hin, daß die Stadt Berlin bereits für den Thiergarten Mittel in ihren Etat eingestellt habe, andererseits komme das Gros der Bürgerschaft selten in den Thiergarten. Berlin thue zur Verschönerung der Stadt außerordentlich viel. Man habe aber bei dem Antrag die Empfindung, daß man Berlin bei jeder Gelegen⸗ heit, z. B. auch beim Lehrerbesoldungsgesetz, alles Mögliche aufhalsen
wolle. Er bitte, den Antrag für jetzt abzulehnen.
Unter⸗Staatssekretär Meinecke: Eine Verpflichtung zu einem Zuschuß besteht für Berlin nicht, wohl aber hat die Stadt 30 000 ℳ zur Verschönerung des Thiergartens ausgeworfen. Diese 30 000 ℳ sind nach Vereinbarung mit der Stadt verwendet worden. Allerdings kam es dabei zu Meinungsverschiedenheiten. Der Thiergarten wird nicht etwa bloß von der Bevölkerung des Westens, sondern auch von den niederen Klassen der Berliner Bevölkerung aus anderen Stadt⸗ theilen besucht. Es soll jetzt aus dem Thiergarten ein wirklicher Park gemacht werden, und mit den Jahren werden die Kosten steigen, während die Einnahmen aus dem Thiergarten zurückgehen werden. So gut nun die Stadt für die anderen Stadttheile Parks geschaffen hat, so würde sie sich auch für den Westen dazu entschließen müssen. Sie bat also die moralische Verpflichtung, zu den Unterhaltungskosten des Thiergartens beizutragen.
Abg. Im Walle (Zentr.): Wir haben in der Kommission gegen diesen Antrag gestimmt, nicht aus prinzipiellen, sondern aus praktischen Gründen. Sollen bloß Verhandlungen mit Berlin gepflogen werden, so wird die Regierung das ohne unsere Anregung thun. Der Antrag enthält aber zugleich die Auffassung, daß die Stadt Berlin zur Bei⸗ tragsleistung verpflichtet sei; eine solche Verpflichtung besteht aber nicht, da der Thiergarten siskalisches Eigenthum ist. Wenn Berlin zu den Unterhaltungskosten beitragen soll, dann muß ihm auch ein Antheil an der Verwaltung eingeräumt werden. Der Thiergarten dient aber nicht bloß Berlinern, sondern auch Fremden.
Abg. Schulz (fr. Volksp.): Wir möchten auch den Botanischen Garten und die Hasenhaide als Park erhalten; darin kommt man uns aber nicht entgegen. Merkwürdigerweise verlangt man gerade jetzt einen großen Zuschuß von der Stadt Berlin, wo der Thiergarten mit Foben Kosten zu einem Park umgewandelt werden soll. Ueber den
th einer solchen Umwandlung kann man aber verschiedener Meinung sein. Die Stadt Berlin verdient das Mißtrauen nicht, das in diesem Antrage liegt. Der Zuschuß wäre höchstens als Kompensationsobjekt für andere Leistungen des Staats zu betrachten.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
Dr. von Miquel:
Ich möchte dem Herrn Vorredner doch bemerken, daß die von ihm hier vorgetragenen Deduktionen das hohe Haus wahrscheinlich nicht in die Stimmung bringen werden, den Antrag abzulehnen. (Sehr richtig! rechts.) Das kann ich ihm wenigstens versichern, daß ein doch immerhin nur mäßiger Zuschuß der Stadt Berlin, wenn er als Kompensationsmittel dienen soll, um andere Forde⸗ rungen bei der Staatsregierung „durchzudrücken“, von der Staatsregierung nicht würde angenommen werden können. Der⸗ artige Durchdrückungen oder Forderungen von Kompensationen für lediglich lokale Wünsche Berlins würde die Staatsregierung einfach ablehnen. (Bravo!l rechts.) Es ist hier nicht die Gelegenheit und die Aufgabe, die bedeutenden Vorzüge, welche Berlin aus Auf⸗ wendungen des Staats im Gegensatz zu sämmtlichen Provinzialstädten der Monarchie genießt, noch besonders zu betonen. (Sehr richtig! rechts.) Aber sich außerdem noch zu beklagen, wie es der Herr Vor⸗ redner thut, dazu liegt kein Grund vor, und das möchte ich wenigstens bei dieser Gelegenheit zurückweisen.
Die Sache liegt doch heute so, daß das, was die Stadt Berlin mit den 30 000 ℳ leistet, wesentlich ihre Aufgabe ist als Inhaberin und zur Unterhaltung der Wege Verpflichteter, die jetzt gebessert werden sollen. Die frühere Leistung für die Verschönerung des Thiergartens ist in⸗ soweit weggefallen. Allerdings ist zuzugeben, daß die Verbesserung der Wege auch im Interesse des Thiergartens liegt; aber der eigent⸗ liche Grund dieser Ausgaben liegt in der Stellung von Berlin als Inhaberin der betreffenden Wegestrecken.
Nun steigen unzweifelhaft bei der theilweisen Verwandlung der jetzigen Thiergartenwaldung — kann man fast sagen — in einen Park die Unterhaltungskosten für den Staat sehr erheblich, und es könnte daher wohl sein, daß auch im Schoße der städtischen Ver⸗ waltung von Berlin ein Billigkeitsgefühl erwüchse, daß sie bei der bedeutenden Verschönerung der Anlage und den steigenden Unter⸗ haltungskosten des Staats geneigt wäre, auch ihrerseits etwas mehr zu leisten. Rechtlich verpflichtet dazu ist Berlin nicht; davon kann keine Rede sein.
Wir haben zwar in Betreff der 30 000 ℳ, die nicht bloß für die Fremden bestimmt sind, sondern beispielsweise zur Herstellung von Kinderspielplätzen — das ist doch wesentlich im Interesse der Berliner Bürgerschaft (sehr richtig! rechts) — ausgegeben sind, uns immer bestrebt, mit der Stadt Berlin in freundschaftlicher Ver⸗ ständigung über die Verwendung zu berathen, und es ist schon von dem Herrn Unter⸗Staatssekretär hervorgehoben, daß eine solche Ver⸗ ständigung fast immer gelungen ist.
Weiter würde aber die Staatsregierung nicht gehen können. Wenn auch ein neuer mäßiger Zuschuß geleistet würde, so würde doch die Staatsregierung auf das Recht, allein den Thiergarten zu verwalten, nicht verzichten, und wenn die Herren aus Berlin auch selbst zugestehen, daß hier ein größeres Interesse vorliegt als ledig⸗ lich das Berliner Lokalinteresse, so würde die Staatsregierung, glaube ich, hier im Hause nicht auf Zustimmung rechnen können, wenn sie ihre freie Disposition über die Verwaltung des Thiergartens aufgäbe. (Bravo! rechts.)
Abg. von Evnern (nl.) hält eine speijelle Aufforderung an den Finanz⸗Minister für überflüssig. Die Stadt Berlin habe nicht nur von dem Thiergarien einen großen Nutzen, sondern auch von den Königlichen Museen, Theatern ꝛc., es werde aber wohl kaum jemand verlangen, 55 sie auch zu diesen Kosten beitragen solle. Erst dann, wenn Berlin sich überhaupt weigere, etwas für den Thiergarten zu thun, würde man an einen solchen Antrag denken können. Er werde gegen den Antrag stimmen.
Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp., auf der Journalistentribüne schwer verständlich) weist darauf hin, daß Berlin 85 von anderen Städten, wie Paris, in der Förderung öffentlicher Zwecke nicht über⸗ treffen lasse. Die Stadt Kölln habe im 16. Jahrhundert einen großen Theil des Thiergartens dem damaligen Kurfürsten und später einen großen Theil von Moabit dem Großen Kurfürsten geschenkt. Das Geschenk sei zwar angenommen worden, aber eine Gegenleistung aus⸗
eblieben; es sei sogar ein Antrag abgelehnt worden, daß der Kleine Thiergarien als Park erhalten bleiben solle.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich habe immer anerkannt bei den verschiedensten Gelegenheiten, daß die Kommunalverwaltung von Berlin als solche
eine vorzügliche ist. Aber darum handelt es sich hier garnicht. Eine andere Frage ist ja auch die — darüber kann man verschiedener Meinung sein —, ob die Stadtverwaltung bei manchen Gelegenheiten in genügender Weise sich ihrer Stellung als Königliche Residenzstadt bewußt ist. Darauf will ich aber garnicht eingehen.
Wenn der Herr Vorredner sich bezogen hat auf eine Schenkung, ich weiß nicht an welchen Fürsten, von seiten der Stadt Berlin, und daraus gewissermaßen hergeleitet hat, was die Stadt Berlin für die Krone leistete, so, glaube ich, würde die Stadt ein sehr schlechtes Geschäft machen, wenn eine Aufrechnung der Verwendungen der Krone zu Gunsten der Stadt Berlin mit den Verwendungen der Stadt Berlin stattfinden sollte. (Sehr richtig! rechts.) Darauf brauche ich garnicht einzugehen.
Einer der Herren Vorredner, auch ein Berliner Stadtverordneter oder Stadtrath, hat sich auch darüber ungehalten geäußert, daß es nicht gelungen fei, wegen des aufzuhebenden Botanischen Gartens mit der Stadt Berlin eine Einigung zu erlangen. Meine Herren, wir werden ja später, da diese Frage gesetzlich dahin geregelt ist, daß aus den Einnahmen aus dem Botanischen Garten nach dem von dem hohen Hause genehmigten Gesetz eine Tilgungsquote einzustellen ist für die Anleihen, die wir für die großartigen Bauten der Charité machen, und für die Herstellung eines neuen großen Botanischen Gartens in der nächsten Nähe von Berlin, auf die Frage noch zurück⸗ kommen. Hier möchte ich bloß bemerken, daß die Staatsregierung, wenn ich nicht irre, für 2 ½ Millionen Mark der Stadt Berlin von dem alten Botanischen Garten einen Platz überlassen wollte, viermal so groß als der Dönhofsplatz (hört! hört! rechts), und daß sie für dieses nach unserer Auffassung eminent billige Angebot keine Zustim⸗ mung, ich glaube sogar, nicht einmal eine Antwort von der Stadt erhalten hat. (Hört! hört! rechts.) Ich wollte das, damit keine Legende entsteht, einfach hier bemerken. Wir werden aber diese Frage noch weiter zu erörtern bei anderer Gelegenheit Anlaß haben.
Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Nachdem die Stadt bisher allen berechtigten Wünschen entgegengekommen ist, muß sie in einem solchen Antrag, wenn er die Mehrheit des Hauses findet, ein Mißtrauens⸗ votum erblicken und wird auf eine solche Drohung überhaupt nicht reagieren. Darum ist der Antrag unzweckmäßig. Soll Berlin zu den Kosten beitragen, so müssen ihm auch gleichzeitig erweiterte Ver⸗ waltungsrechte an dem Thiergarten zugestanden werden. Ich erlaube mir, ein solches Amendement zu stellen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Wenn dieses Amendement ernst gemeint ist, so möchte ich schon jetzt bemerken, daß dann jedenfalls der Antrag überhaupt keine Wirkung haben kann, weil die Staatsregierung für einige Tausend Mark — um die es sich hier handeln würde — ihr freies alleiniges Verwaltungs⸗ recht in Bezug auf den Thiergarten in keiner Weise preisgeben würde. (Zuruf des Abg. Dr. Barth (Kiel). — Heiterkeit.)
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Von einer Feind⸗ seligkeit gegen die Stadt Berlin ist hier keine Rede. Die Stadt wird gut verwaltet; ich verdenke es ihr auch nicht, daß sie möglicost billig fahren will. Wir meinen aber, daß die Stadt ganz enorme Vortheile aus den Einrichtungen des Staates hat und mit ihren Gegenleistungen sehr zurückhaltend ist. Sie erinnern sich, wie früher der Thiergarten war, daß man nicht gern hinging. Jetzt ist es ein angenehmer Ort zum Spazierengehen, und deshalb wäͤre es sehr ge⸗ rechtfertigt, daß Berlin auch etwas für den Thiergarten bezahlte, auch schon deshalb, weil es für die Museen ꝛc. nichts beiträgt.
Abg. Im Walle hebt hervor, daß zu einem solchen Antrage jeder Rechtsboden fehle.
Abg. Schulz: Die Erleuchtung des Thiergartens kostet der Stadt ungeheure Summen. Neuerdings ist noch die elektrische Be⸗ leuchtung der Kurfürsten⸗Allee hinzugekommen. Wenn der Magistrat bisher auf den Vorschlag des Finanz⸗Ministers bezüglich des Thier⸗ gartens nicht geantwortet hat, so liegt das vielleicht daran, daß die Stadt ohne Ober⸗Bürgermeister ist.
Abg. von Eynern erklärt sich gegen das Amendement Barth.
Abg. Kreitling (fr. Volksp.): Der Thiergarten ist erst schöner geworden, nachdem mit Stadtmitteln die Wege angelegt worden sind.
Der Antrag Arendt wird mit den Stimmen der Frei⸗ sinnigen, Nationalliberalen und des Zentrums abgelehnt, ebenso das Amendement Barth gegen die Stimmen der Freisinnigen. Die Einnahmen aus der Verwaltung des Thiergartens bei Berlin werden bewilligt.
Zu den Ausgaben für das Gehalt des Ministers führt
Abg. von Bülow⸗Bossee (fr. kons.) aus, daß die Regierung die Verpflichtung habe, der Stadt Wandsbek für die ihr entzogene Zoll⸗ freiheit eine Entschädigung zu zahlen. Redner giebt ferner zu er⸗ wägen, ob nicht den Mitgliedern der Voreinschätzungskommission Versäumnißgebühren in Finee Umfange gewährt werden könnten. Es kämen hierbei die ländlichen Distrikte in Betracht.
4 des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Es wäre mir lieber gewesen, wenn der Herr Vorredner diese Frage bei Gelegenheit der Berathung des Etats der direkten Steuern zur Sprache gebracht hätte. Aber ich glaube doch, auf diese letzten Bemerkungen aus meiner Erinnerung antworten zu können.
Das Amt eines Kommissionsmitgliedes bei der Steuerveranlagung ist ein Ehrenamt; als solches wird es im Gesetz bezeichnet, und für die Wahrnehmung von Ehrenämtern werden besondere Vergütungen nicht gegeben. Wir haben Ehrenämter in allen Verwaltungszweigen. Es wird ja vielfach über die schwere Belastung der Laien — wenn ich so mal sagen darf — geklagt, daß diese Uebertragung von Ehren⸗ ämtern nach und nach zu weit ginge, und daß man das möglichst zu vermeiden habe. Aber ein Ehrenamt kann an und für sich auf eine Vergütung für seine Erfüllung nicht einen Anspruch erheben. Infolge dessen wurden nun ursprünglich Vergütungen auch in vereinigten Bezirken nicht gewährt, und es war mir immer sehr zweifelhaft, ob wir dazu befugt wären, auch nur in diesen Fällen eine solche Vergütung zu geben, wo eine Reise von einem Ort zum andern in einem vereinigten Bezirke stattfinden muß. Das war schon rechtlich etwas zweifelhaft: wir sind aber schließlich darüber hinweggegangen, weil es doch ein be⸗ sonderes Verhältniß ist, wenn jemand von einem Ort zum andern in einem Bezirk, der für diese Thätigkeit als einheitlicher konstituiert ist, sich begeben muß, aber wir haben uns nicht berechtigt gehalten, innerhalb einer bestimmten Ortschaft für die Versehung eines Ehrenamtes noch be⸗ sondere Vergütung für Versäumniß zu gewähren. Ich glaube, darauf wird man auch in Zukunft nicht eingehen. In Berlin sind Tausende und Abertausende bei der Steuerveranlagung betheiligt; denken Sie nur einmal, was das bedeuten würde, wenn wir da anfingen, als Pauschale mehr oder weniger willkürlich festgesetzte Versäumnißbeträge zu geben. Mit dem einzelnen Betheiligten können wir doch nicht ein förmliches Verfahren über die Höhe seines Versäumnisses anstellen; das würde ja zu ganz unmöglichen Resultaten führen. Ich glaube daher, daß es für mich nicht nothwendig sein wird, deswegen eine
Reise zu machen, um mich anderswo iu überzeugen, wie es in dieser Beziehung gehalten wird. Wenn ich das für nöthig hielte, so könnte ich mich in Berlin selbst genug von der Lage der Sache über⸗ zeugen.
Was die andere Frage, nämlich den Entschädigungsanspruch von Wandsbek betrifft, so kann ich mich darüber jetzt nicht erklären; ich bin aber bereit, dem Wunsch des Herrn Vorredners zu folgen und mich noch näher über die Sache zu orientieren. Es kann sein, daß die Akten nicht einmal im Finanz⸗Ministerium sind, sondern sich im Ministerium der öffentlichen Arbeiten besinden. Ich werde aber aus den Erörterungen des Herrn Abg. von Bülow gern Anlaß nehmen, mich persönlich über die Sache genau zu orientieren. Ich kann mich auch nicht erinnern, daß irgend welche Eingaben oder Anforde⸗ rungen von Wandsbek in dieser Beziehung an uns gelangt wären. Ich habe vielleicht noch im Laufe der Etatsberathung Gelegenheit, auch mündlich auf diesen Fall zurückzukommen.
„Abg. von Bülow⸗Bosser weist darauf hin, daß für die Städte Versäumnißgebühren nicht nöthig seien.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich möchte dem Herrn Vorredner nur erwidern, wir haben diese Vergütung in dem Fall, wo ein Mitglied einer Kommission von einem Ort zum andern gehen muß, zwar Versäumniß⸗ gebühr genannt, es war aber eigentlich nur die Gewährung einer ge⸗ wissen Vergünstigung für Mehrkosten an solche Personen, die vielleicht auswärts essen müssen oder Fuhrwerke brauchen u. f. w. Ich habe schon hervorgehoben, daß rechtlich nach dem Gesetz die Frage mir zweifelhaft war. Eine eigentliche Versäumnißgebühr für die Versehung eines Ehrenamts ist in keinem anderen und auch in diesem Fall zulässig. Dadurch hört der Charakter des Ehrenamts auf; es werden gewissermaßen Diäten gegeben. Ehrenamt heißt, im öffentlichen Interesse Dienste leisten, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten, in Ausübung einer allgemeinen Staatsbürgerpflicht. So ist
es auch hier. Innerhalb einer Ortschaft willkürlich festgesetzte Ver⸗
säumnißgebühren zu gewähren, würde ich mich rechtlich garnicht ver⸗ pflichtet halten. Das würde thatsächlich auch zum allergrößten Unrecht führen. Die Gebühr, die der eine mit Recht als Versäumniß berechnen kann, reicht bei dem anderen vielleicht auch nicht zum hun⸗ dertsten Theil aus. Wie ist ein solches System durchzuführen? Ich glaube daher, daß auch nicht zweckmäßig den Wünschen des Herrn
† Vorredners bei einer möglichen Aenderung des Gesetzes entsprochen
werden kann. 8 Das Gehalt des Ministers wird bewilligt. 8
Bei den Ausgaben für einen Dispositionsfonds zur
Förderung des Deutschthums in Posen, West⸗ preußen, Oppeln und Nordschleswig berührt
Abg. Jebsen (nl) die Ausweisungen in Nordschleswig und wendet sich gegen die Aeußerungen des Abg. Johannsen im Reichs⸗ tage. Der Fonds sei erfreulicherweise erhöht worden, aber nur um 20 000 ℳ. Das genüge nicht. Man sollte an den gewerblichen und sanwift “ Schulen Nordschleswigs möglichst viele Frei⸗
ellen en.
Abg. Dr. Mizerski (Pole): Dieser Fonds verletzt die Parität und widerspricht dem Geiste der Verfassung. Der Staat darf sich in den Streit der Nationalitäten ebenso wenig hineinmischen, wie in den Kampf der Konfessionen. Dazu ist dieser Kampf ein für die Polen ungünstiger, und so hat die polnische Bevölkerung gegen die Ver⸗ wendung dieses Fonds dasselbe Mißtrauen wie gegen den früheren Welfenfonds.
Abg. Dr. Barth: Es ist eine verkehrte Welt, daß von hier aus zu Mehrausgaben angereizt wird, wie es von Herrn Jebsen geschehen ist. Besonders bedenklich ist die Vermehrung von Dispositionsfonds. In diesem Falle ist die Nothwendigkeit einer solchen Vermehrung nicht nachgewiesen worden. Mit 20 000 ℳ kann man das Deutsch⸗ thum nicht befestigen. Der Ober⸗Präsident von Schleswig erfreut sich ja einer solchen Sympathie, daß er auch ohne die 20 000 ℳ das Deutschthum befestigen kann. Freisinnige Wähler freilich hat er nicht auf seine Seite gezogen. Diese materielle Beihilfe hat überhaupt⸗ nichts Schönes an sich. Nationale Eroberungen macht man doch mit idealen Mitteln. Will man aber dafür Geld ausgeben, so sollte man nicht Fackelzüge veranstalten, sondern diese 20 000 ℳ durch freiwillige Beiträge aufbringen. Das wäre für die Bewohner Nordschleswigs die reine Bagatelle. Ich hätte nichts dagegen, 9 für die Gründung von Volksbibliotheken und Schaffung von Schulfreistellen besondere Mittel in den Etat eingestellt werden. Für die Erhöhung dieses Fonds kann ich nicht stimmen.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Der Staat hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zum Schutze des Deutschthums. Hier handelt es sich nicht um einen Geheimfonds wie beim Welfenfonds, sondern um einen Dispositionsfonds, über dessen Verwendung wir jederzeit Rechenschaft fordern können. Solche sind nun einmal nicht aus der Welt zu schaffen. Erscheinen Herrn Barth 20 000 ℳ zu wenig, so wollen wir sie eben erhöhen. Der Verein zum Schutze des Deutschthums hat schon viel gethan. Hoffentlich tritt Here Barth dem Verein bei und unterstützt ihn durch einen recht namhaften Beitrag.
Abg. von Glebocki (Pole) glaubt, daß der Dispositionsfonds thatsächlich ein geheimer sei, denn es werde für die Verwendung des -5 keine Rechenschaft gegeben. Der Vize⸗Präsident des Staats⸗
inisteriums habe den Ministerialerlaß als einen Friedenserlaß be⸗ zeichnet, während doch die Beamten durch diesen Fonds angereizt würden, das Polenthum zu unterdrücken. Die milden Worte des. Ministers täuschten die Polen nicht.
Abg. Dr. Sattler verweist den Abg. Glembocki auf die Rech⸗ nungskommission, in der er Auskunft über die Verwendung des Fonds erhalten könne.
Abg. Dr. Barth: Ein klares Bild über die Verwendung des Fenn⸗ haben wir bisher jedenfalls nicht erhalten. Wenn ich auf die
rivatthätigkeit hingewiesen habe, so versteht es sich von selbst, daß ich mich davon nicht ausschließen will. 3
Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) betont auch seinerseits, daß in der Budgetkommission die Verwendung dieses Fonds niemals auf⸗ geklärt worden sei.
Abg. Neubauer (Pole) macht darauf aufmerksam, daß ein een 8 .eeg auf Klarstellung der Verwendung abgelehnt worden 3
Die Ausgabe für den Dispositionsfonds wird angenommen.
Zu Diensteinkommensverbesserungen für Unter⸗ beamte und eee Kategorien von mittleren Beamten sind 9 832 000 ℳ in den Etat eingestellt.
Zur Diskussion werden damit zugleich gestellt: der Bericht der Budgetkommission über die Denkschrift, betreffend die Diensteinkommensverbesserungen, und ein Antrag des Abg⸗ Gothein, das Gehalt der unteren Werksbeamten I. Klasse der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung auf 1200 bis 1600 ℳ in vier Stufen, von 4 zu 4 Jahren steigend, festzusetzen.
Abf. Cahensly (Zentr.) tritt für eine Gehaltsaufbesserung der Bahntelegraphisten und der Bahnsteigschaffner ein. “
Dr. von
(Schluß aus der Dritten Beilage.)
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. 83 Auch wir hätten noch weitere Gehaltsverbesserungen gewünscht, stellen aber keine Anträge, da wir glauben, daß den dringendsten Wünschen Ge⸗ nüge geschehen ist. Kritisieren ist leichter, als besser machen. Die Unterbeamten können mit diesem Abschluß der Gehaltsreform wohl zufrieden sein. b 1
Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp): Wir glauben nicht, daß mit dieser Denkschrift allen Wünschen der Beamten Rechnung getragen ist. Deshalb ist uns der Plan der Regierung nichts Unabänderliches. Wir wollen die Wünsche der Beamten auf ihre Berechtigung prüfen und entsprechende Anträge stellen. Stellenzulagen sind im Interesse der Ausgleichung nothwendig; aber sie sollten als Theuerungszulagen verwendet werden.
Abg. Rickert: Wir müssen uns hier auf ein Kompromiß beschränken und weitergehende Wünsche möglichst zurückstellen. Geschieht das nicht, so müssen auch wir mit Anträgen hervortreten. Einen absoluten Abschluß der Gehälterreform sehe ich in dieser Vor⸗ lage nicht, ich würde aber eine Ablehnung einzelner Anträge für einen Schaden für die betreffenden Beamten halten. 8 .
Abg. Möller (nl.): Wenn auch diese Reform im wesentlichen abgeschlossen ist, so bleibt doch noch eine Reihe von Wünschen übrig, z. . die Wünsche der Eisenbahn⸗Telegraphisten, die sich zurückgesetzt fühlen, weil sie schlechter behandelt werden als die Telegraphisten der Reichs⸗Telegraphenverwaltung. Anträge will ich nicht stellen, möchte aber betonen, daß die Mittel zur Befriedigung dieser Wünsche vorhanden sind. Die Stellenzulagen sollten den Charakter von Orts⸗ oder Theuerungszulagen tragen. Ich hätte gewünscht, daß sstatt der gleichmäßigen Heraufsetzung der Ge⸗ hälter diese Theuerungszulagen erhöht worden wären. Die Theuerungs⸗ zulagen könnten nach Analogie des ortsüblichen Tagelohns bemessen werden. In den westlichen Industriebezirken erscheinen die Gehälter der Unterbeamten zu niedrig, in anderen Gegenden wiederum zu hoch. Es müßte hier noch mit einigen Millionen nachgebolfen werden.
Abg. Dr. Opfergelt (Zentr.) hält feste Grundsätze für noth⸗ wendig, nach denen die Stellenzulagen gegeben werden. Die politische oder sonstige Gesinnung der Beamten dürfe für die Zulagen nicht maßgebend sein.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister
iquel: Mieeine Herren! Ich möchte mit zwei Worten auf die Bemerkung des Herrn Vorredners erwidern, aber zuvörderst allgemein voraus⸗ schicken, daß die Herren doch nicht, namentlich nicht dieijenigen Herren, die glanben, man hätte einen zu geringen Betrag für Stellenzulagen eingesetzt — nicht übersehen möchten, daß gegenwärtig schon in unserem Etat der gleiche Betrag an Stellenzulagen verausgabt wird, sodaß wir in Zukunft einen Gesammtbetrag von 5 Millionen für Stellen⸗ zulagen haben werden und zwar für Unterbeamte. Das ist doch schon ein recht erheblicher Betrag.
Infolge einer mißverstandenen Zeitungsnotiz wurde ich bei der Vorberathung dieser Gehaltsaufbesserungsfrage in verschiedenen Zei⸗ tungen heftig angegriffen, daß ich beabsichtige, die Beamten völlig abhängig zu machen von dem Belieben der vorgesetzten Behörden, in⸗ dem ich die Gehaltsaufbesserung wesentlich auf Stellenzulagen redu⸗ zieren wollte. Die Vorlage hat bewiesen, wie unbegründet der Vor⸗ wurf war.
Ich finde es ganz natürlich, daß die Herren aus den theuren Gegenden des Landes den Wunsch hegen, es möchte in dieser Beziehung noch mehr geschehen können; wir glauben aller⸗ dings, die Ungleichheiten, die sich aus den Lebensverhältnissen in den einzelnen Provinzen ergeben, im großen Ganzen mit diesem Betrag ausgleichen zu können. Diese Stellenzulagen, wie der Herr Abg. Dr. Opfergelt ganz richtig gesagt hat, sind eigentlich integrierende Theile dieser ganzen Aufbesserungsvorlage. Sie sollen die Verschieden⸗ heiten, die sich trotz der Erhöhung der Beamtengehälter ergeben, und
die zu Härten in einzelnen Provinzen und zu Schwierigkeiten für die
Beamten führen können, ausgleichen, natürlich mit Rücksicht auf die Gesammteinnahmen, die die Beamten infolge dieser Vorlage erhalten; sie stehen also in einem organischen Zusammenhang mit der ganzen Vorlage, indem sie mit der Erhöhung der festen Gehälter ein Ganzes bilden.
Wenn nun der Herr Vorredner gefragt hat, ob bei solchen Ver⸗ wendungen, die allerdings mehr oder weniger in das diskretionäre Ermessen der Verwaltung gestellt sind, irgend welche politischen Rücksichten in Frage kommen können, so kann ich das nur in der allerentschiedensten Weise verneinen. Aus politischen Rücksichten können größere, geringere oder gar keine Stellenzulagen in keiner Weise bemessen werden.
Ebensowenig kann die besondere Tüchtigkeit eines einzelnen Beamten bei den Stellenzulagen in Frage kommen; solche besondere Tüchtigkeit und besondere Leistungen sind im Ganzen zu ver⸗ güten durch Remuneration, aber nicht durch Stellenzulagen. Die Remunerationen sind namentlich bei einem Aufrücken der Beamten nach Altersstufen nicht zu entbehren. Man würde sonst vielfach den Anreiz zu tüchtigen und eifrigen Dlienst⸗ leistungen entbehren; aber mit den Stellenzulagen hat das nichts zu thun. Die Stellenzulagen sollen gegeben werden aus zwei besonderen Gründen, die nebeneinander oder einzeln bestehen können. Einmal sollen die Rücksichten auf die theuren Lebensverhältnisse in einzelnen Landestheilen oder Orten entscheidend sein, und zweitens soll allerdings die besondere Schwierigkeit oder Gefährlichkeit der Er⸗ füllung der Aufgabe der Stellen oder derartige Rück⸗ sichten auch in Betracht kommen. Das hat bisher auch schon stattgefunden; in dieser Beziehung ist nichts Neues eingeführt, und es sind darüber keine Beschwerden entstanden. Ich glaube auch nicht, daß irgend Jemand nachweisen kann, daß aus sonstigen Rück⸗ sichten, besonderer Beliebtheit des Beamten, politischer Gesinnung u. s. w., bisher jemals die Stellenzulagen ertheilt sind.
Meine Herren, die Stellenzulagen sind in einem Lande, wie Preußen, nicht zu entbehren, weil vom äußersten Osten bis zum äußersten Westen die Verhältnisse in Bezug auf die Lebenshaltung der Beamten so verschieden sind, daß man durch eine gleiche Regel die Beamtengehaltssätze in ihren Verschiedenheiten nicht ausgleichen kann. Einen anderen Modus aber, der auf bestimmten festen Grund⸗ sätzen beruht und das verständige unparteitlsche Ermessen der vor⸗
gesetzten Behörden ausschlösse, haben wir trotz aller Bemühungen in dieser Beziehung nicht finden können, und ich bin überzeugt: wenn wir den Versuch gemacht hätten, wären wir auf dieselben großen Ver⸗ schiedenheiten und Ungleichheiten gekommen, wie sie heute schon, ohne daß man in dieser Beziehung Wandel schaffen kann, bei den Woh⸗ nungsgeldzuschüssen bestehen.
So viel über die Stellenzulagen. Meine Herren, ich habe meine Stellung in Bezug auf die Frage, ob wir es hier mit dem definitiven Abschluß der allgemeinen Gehaltsaufbesserungen zu thun haben oder nicht, früher schon genügend dargelegt. Die Staatsregierung betrachtet die im Jahre 1890 begonnene Erhöhung der Beamtengehalte mit dieser Vorlage abgeschlossen. Aber natürlich kann niemand veränderten Verhältnissen in der Zukunft gewissermaßen die Thür verschließen wollen, noch weniger kann die Staatsregierung Anträgen aus dem
gar nicht möglich. Wohl aber allerdings hat die Staatsregierung den dringenden Wunsch, daß Sie nun anerkennen, daß das, was man dem preußischen Volk — denn darum handelt es sich — an Leistungen für die Beamten des Staates, an Opfern, auferlegt hat, auch in abseh⸗ barer Zeit im Großen und Ganzen hiermit erledigt ist.
Wollen wir fortfahren, die Petitionen der Beamten aus einer Zeit, wo wirklich, wie wir jetzt ja anerkennen durch diese Vorlage, vielfach die Gehaltssätze nicht genügend bemessen waren, noch weiter in Zukunft in gleicher Weise zu behandeln, so würde die Staatsregierung hierauf nicht eingehen, und der einzige Erfolg wäre: gesteigerte Unzufriedenheit der betreffenden Beamtenklassen selbst. (Sehr richtig!) Ich meine, die Volksvertretung hat in dieser Beziehung genau das gleiche Interesse wie die Staatsregierung.
Ich möchte daher bitten, daß die Einzelwünsche nicht bloß gegen⸗ über dieser Vorlage, sondern, wenn das Petitionieren und Drängen und Treiben und Agitieren in der Presse noch fortgeht, daß die Volks⸗ vertretung in dieser Beziehung in der Zukunft dieselbe Reserve sich auflegt, die im Interesse der Sache die Staatsregierung sich auf⸗ legen muß.
Meine Herren, der Herr Abg. Möller hat gemeint, die Aus⸗ gleichung mit diesen 2 ½ Millionen an Stellenzulagen genüge nicht. Das kann ich von seinem Standpunkt als eines Mannes des Westens ja verstehen. Aber gewisse Dinge können überhaupt nicht ganz ausgeglichen werden; und ich meine, der Herr Abg. Möller selbst hat bei der Wahlagitation mit großem Recht gesagt: die hohen Löhne, die im Westen gezahlt werden, können für diejenigen Arbeiter, die nun etatsmäßig angestellt werden wollen, naturgemäß nach der ganzen Organisation des Staates nicht voll ausgeglichen werden; und es ist daher garnicht ein so großes Interesse, überall neue etatsmäßige Stellen zu kreiren; es ist für sie vielleicht besser, wenn die Arbeiter die höheren Löhne, welche sich richten nach den Lebensverhältnissen in Rheinland und Westfalen, dort genießen. Ich habe gehört, daß diese Rede von den dortigen Arbeitern gut aufgenommen ist, aber trotzdem, wenn das der Fall wäre, erleben wir doch nicht, daß bei unseren Gehaltssätzen und sonstigen Vortheilen der Beamtenstellung eine Abneigung vor⸗ handen wäre, Beamter zu werden; im Gegentheil, meine Herren, ein wachsendes Gedränge (sehr richtig!), an die Staatskrippe zu kommen, ist überall vorhanden. Das liegt in der außerordentlichen Sicherheit der Beamtenstellen, in den Vortheilen für Wittwen und Waisen u. s. w.; ich will das nicht weiter aufzählen. Mangel an Arbeitskräften haben wir bei unseren Beamtengehalten selbst nicht vor dieser Gehaltsaufbesserung gefühlt. Das ist ein Beweis, daß auch schon vorher ein so großer Abstand zwischen dem Verdienst im freien Verkehr und den Vortheilen der Beamtenstellung nicht vorhanden war. Wir haben in Preußen und in Deutschland gar keinen Grund, dieses Drängen in die Beamtenstellungen noch weiter zu vermehren und dadurch die guten Kräfte abzuhalten von der Arbeit im freien Verkehr, welche auf dem Vertrauen auf die eigene Leistungsfähigkeit beruht. Ich fürchte allerdings, daß diese Beamtenaufbesserungen schon jetzt diese Wirkung haben werden; aber die Neigung fortwährend zu steigern dadurch, daß man jedem Wunsch irgend einer Beamten⸗ klasse, der, ganz aus dem Zusammenhang gerissen, garnicht zu erfüllen ist, ohne andere Klassen wieder zurückzusetzen, wohlwollend entgegen⸗ kommt, dazu liegt kein Anlaß vor.
Meine Herren, ich lege ja dem hohen Hause keine Schranken auf; selbstverständlich ist es verfassungsmäßig berechtigt, zu thun, was ihm gut scheint. Ich möchte nur dringend wünschen, daß wir uns in diesen eben bezeichneten Gesichtspunkten für die Zukunft ver⸗ ständigen und einig zusammengehen; das wird das beste Mittel sein, um wirklich Ruhe, Zufriedenheit und verständige Selbstbeschränkung in unsere Beamtenschaft zu bringen. (Bravo!)
Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Für so wünschenswerth wir auch die Erhöhung der Gehälter der Gendarmen halten, so werden wir doch einen darauf abzielenden Antrag im Interesse des Zustande⸗ kommens der Vorlage nicht einbringen. Dagegen halten wir fest an der von der Kommission beschlossenen Erhöhung der Gehälter der Gendarmerie⸗Wachtmeister. —
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) will auf weitergehende Anträge nicht verzichten. 1 —
Um 4 ⁴ͥ Uhr wird die weitere Berathung auf Donnerstag 12 Uhr vertagt. (Vorher Vereidigung von Mitgliedern des
Hauses.)
8 XXVII. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftoraths.
II.
Beim Beginn der gestrigen dritten Sitzung, welcher wiederum zahlreiche Vertreter der Regierungen des Reichs und der Bundes⸗ staaten beiwohnten, theilte der erste stellvertretende Vorsitzende Reichs⸗ rath Freiherr von Soden⸗Fraunhofen mit, daß das Kaiserliche Ge⸗ sundheitsamt dem Deutschen Landwirthschaftsrath eine Denkschrift über das Färben der Wurst sowie des Hack⸗ und Schabefleisches in
50 Exemplaren zur Verfügung gestellt welche zur Ve eilung
gelangen sollten.
Hause die rechtliche Zulässigkeit bestreiten. Das Haus braucht sich in dieser Beziehung nicht formell zu verpflichten; das ist ja auch
EEö
taats
S899.
Hierauf berichteten die Herren Wirklicher Geheimer Admiralitäts⸗ Rath, Professor Dr. Neumayer⸗Hamburg und General⸗Sekretär Dr. Dade⸗Berlin über folgenden gemeinsamen Antrag, betreffend die Einführung eines wettertelegraphischen Dienstes für die deutsche Landwirthschaft:
„Der Heutsche Landwirthschaftsrath beschließt: bei dem Herrn Reichskanzler zu beantragen, daß zum Zwecke der Einführung eines wettertelegraphischen Dienstes für die deutsche Landwirthschaft thun⸗ lichst bald eine Konferenz aus den Direktoren der meteorologischen Zentralstellen im Deutschen Reich, aus Kommissaren der Reichs⸗ regierung und der größeren Staatsregierungen und aus Vertretern der Landwirthschaft einberufen werde; dem Perrn Reichskanzler als den Ort der Konferenz Hamburg, den Sitz der deutschen Seewarte, zu empfehlen.“ 1“
Dieser Antrag gelangte einstimmig zur Annahme.
Der nächste Gegenstand, „Entwurf eines Schlachtvieh⸗ und Fleisch⸗ schaugesetzes“, wurde auf die heutige Tagesordnung verschoben und sofort in die Berathung des Entwurfs eines Reichsgesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen cingetreten. Ueber denselben referierte Geheimer O. konomie⸗ Rath, rofessor von Langsdorff⸗Dresden. Nach längerer Diskussion, in welcher u. A. der Vertreter des Reichsamts des Innern, Geheime T“ Rath Grunert wiederholt das Wort nahm und eine Reihe von Ab⸗ änderungs⸗ und Zusatzanträgen gestellt wurden, gelangte der Antrag des Referenten in folgender Fassung zur Annahme:
„I. Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt im allgemeinen sein Einverständniß mit den Grundzügen des bekannt gegebenen Ent⸗ wurfs eines Reichsgesetzes über die privaten Versicherungsunter⸗ nehmungen. 1 3
II. Der Deutsche Landwirthschaftsrath billigt die von dem Ent⸗ wurfe in Aussicht genommene Einrichtung einer Reichsbehörde für die Ertheilung der Geschäftserlaubniß und für die Beaufsichtigung der Reichs⸗Versicherungsanstalten.
III. Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt, an die Reichs⸗ regierung das Ansuchen zu stellen, die Abänderung des §7 in folgender Weise in Erwägung ziehen zu wollen:
§ 7. Die Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb darf nur versagt werden, wenn in die Versicherungsbedingungen unzulässige Verwir⸗ kungsklauseln aufgenommen sind, und wenn die dauernde Erfüllbarkeit der aus den Versicherungen sich ergebenden Verpflichtungen nicht ge⸗ nügend gewährleistet erscheint oder vom Standpunkt des Gemeinwohls Bedenken gegen den Zweck oder die Einrichtung des Unternehmens bder Fee der persönlichen Zuverlässigkeit des Unternehmers zu er⸗
eben sind.
IV. Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt, folgende Punkte II, 4 bis 21 des Antrages dem Vorstande zu geeigneter Ver⸗ werthung zu überlassen:
4) Als § 7a einzuschalten: 16 8 6
EZSö aller Art dürfen sich mit der Versicherung jener Gebäude und Gebäudebestandtheile nicht be⸗ fassen, deren Versicherung gegen Feuerschaden durch die Landesgesetz⸗ gebung ausschließlich einer öffentlichen Anstalt vorbehalten ist.
Ebenso ist solchen Unternehmungen untersagt, Gegenstände, die bereits bei einer öffentlichen oder Privatfeuerversicherungs⸗Anstalt ver⸗ sichert sind, gegen Feuerschaden zu versichern. 1
Thiere, die auf Grund reichs⸗, landes⸗ oder orts esetzlicher Be⸗ stimmungen versichert sind, dürfen private Vieh⸗Versicherungs⸗Gesell⸗ schaften nur insoweit zur Versicherung annehmen, als diese sich auf Verluste erstreckt, deren Ersatz durch die erwähnten gesetzlichen Be⸗ stimmungen nicht vorgesehen ist. “
5) Zu § 9. Versicherungs⸗Gesellschaften auf Gegenseitigkeit dürfen einzelnen Versicherten oder Gruppen von solchen besondere Vergünstigungen nicht einräumen, ausgenommen den Wezfall oder die Verminderung von Agenturgebühren. Die Höhe gewährter Rabatte darf die Höhe der von den Agenturgebühren gemachten Ersparnisse nicht überschreiten. 1
6) Zu 10. Die maßgebenden allgemeinen Versicherungsbedin⸗ gungen müssen in dem dem Versicherungsnehmer zu behändigenden Exemplar in deutlichem Druck wiedergezeben sein.
7) Zu § 11. Der Geschäftsplan einer Lebensversicherungsanstalt muß die von ihr angenommenen Tarife sowie die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven und für die Vertheilung des etwaigen Jahresgewinns enthalten. 1
8) Zu §§ 22 Abs. 2. Insoweit der Gründungsfonds nicht voll eingezahlt, sondern durch Wechsel gedeckt wird, ist die Sicherheit der hinterlegten Wechsel nachzuweisen. 1
9) Zu § 22 Abs. 5. Eine Tilgung des Gründungsfonds darf nur aus den Jahreseinnahmen und nur insoweit erfolgen, als die der Tilgung entsprechenden Summen der nach § 36 zu bildenden Rücklage hinzugeschrieben sind. 8
10) Zu § 42 Absatz 4. Die zwischen den Mitgliedern und dem Vereine bestehenden Versicherungsverhältnisse erlöschen mit dem in dem Auflösungsbeschlusse zu bestimmenden Zeitpunkte, frühestens jedoch mit dem Ablaufe von acht Wochen. 8
11) Zu § 45 Absatz 1, dritter Satz. Für die — und Abberufung von Liquidatoren dürfte die Zuständigkeit der Aufsichts⸗ behörden in Frage kommen.
12) Die Vorschriften der §§ 45 und 46 haben auch auf die Gesellschaften Anwendung zu finden, welche zur Zeit des Inkraft⸗ tretens des Gesetzes sich in Liquidation oder im Konkurse definden; die entgegenstehende Bestimmung in § 99 ist aufzuheben.
13) In § 52 empfiehlt es sich, an die Stelle der Hinweisungen auf die betreffenden Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Gesetzes, betreffend die Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften, die angezogenen Bestimmungen dieser Gesetze thunlichst seldst zu setzen.
14) Zu § 52 hinzuzufügen: 8
Die einer staatlichen Landes⸗Versicherungsanstalt angeschlossenen 58 Versicherungsvereine fallen nicht unter die Bestimmungen
es § 52.
15) Zu § 70 Als Mitglieder des Sachverständigen⸗Beiraths bei dem Privat⸗Versicherungsamt möchten auch Vertreter der öffent⸗ lichen oder staatlichen Versicherungsanstalten, sowie Vertreter der Landwirthschaft aus den Kreisen der Versicherten hinzuzuziehen sein.
16) Zu § 92. Bereits verfallene Kautionen sind bei — der Aufsicht von einer Landesbehörde auf das Prrvatversicheru zu Gunsten der Landesbehörde vorzubehalten.
17) Zu § 97. Die Aufsichtsbehörde muß das Recht, eine bereits zugelassene Versicherungsanstalt aufzufordern, binnen st ihren Gesellschaftsvertrag oder ihre Satzungen mit den dieses Gesetzes in Einklang zu bringen, auch dann haben, wenn einer der beiden in § 97 bezeichneten Gruppen angehört; § 97 daher entsprechend abzuändern oder ganz aufzu
18) In das Gesetz ist eine Bestimmung einzufügen, durch welche dem Versicherten auferlegte Versicherungsdedingungen, die in 8 lichen Punkten zu Ungunsten des Versicherten don den durch die Auf⸗ sichtsbehörde zugelassenen Bedingungen abweichen, hu Gunsten des Versicherten für nichtig erklärt werden.
19) Nach § 103 ist anzufügen;
§ 103a. Agenten oder sonstige Vertreter der — unternehmungen, die der Vorschrist in § 10 Ads. 1 mwie verfallen der in § 103 Abs. 1 bestimmten Strafre.
20) Zu § 109. Den — ist die n cinzu⸗ räumen, die privatrechtlichen Beztehungen privaten