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maßen befriedigenden, zwar nicht alle Parteien gleichbefriedigenden, aber doch den Interessen des Landes nützlichen Lösung gelangen kann⸗
Run, die verbündeten Regierungen unternehmen es, aus den Erwägungen heraus, die ich mir erlaubte, Ihnen vorzutragen, nochmal an das hohe Haus zu appellieren. In den Verhandlungen der Kom⸗ mission des vorigen Jahres ist übereinstimmend, und sogar von den⸗ jenigen Herren, die sehr extreme Forderungen vertraten, anerkannt worden, daß auf diesem Gebiet durch Mittel der Gesetzgebung nicht allerwege Einrichtungen geschaffen werden können, die den strengen Anforderungen der Sittlichkeit entsprechen. Wir haben es hier mit Verhältnissen zu thun, die zum theil sich ganz dem Zwange des Gesetzes entziehen. Während dies aber für einzelne Fragen praktisch anerkannt wurde, indem man in den damaligen Be⸗
1 schlüssen der Kommission die Strasvorschriften entsprechend einengte
und den Verhältnissen des Lebens Rechnung trug, ist das in anderen Punkten leider nicht geschehen: man hat dort in einer rigorosen Auf⸗ fassung der Verhältnisse Beschlüsse gefaßt, die, wenn man unbefangen die Dinge im Leben ansieht, thatsächlich undurchführbar er⸗ scheinen müssen. Hierdurch ist ein unverkennbarer Zwiespalt in die Beschlüsse der Kommission hineingekommen. Die
verbündeten Regierungen wünschen mit Ihnen zusammen den Versuch zu machen, ob sich dieser Zwiespalt nicht beseitigen läßt; sie haben Ihnen deshalb in ihrer Vorlage einen Entwurf gebracht, der sich, nicht in allem, aber doch in vielem demjenigen anschließt, was die Kommission der vorigen Session beschlossen hat. Sie haben aller⸗ dings in wichtigen Punkten die damaligen Beschlüsse nur als unan⸗ nehmbar bezeichnen können, und ich darf hier von vornherein erklären, daß die verbündeten Regierungen auf Bestimmungen wie die in dem
bekannten Arbeitgeberparagraphen sich unter keinen Umständen ein⸗
lassen werden. So ernsthaft und mit dem besten Willen des Ent⸗
gegenkommens die Regierungen die Kommissionsbeschlüsse auch geprüft
baben, so sind sie doch der Ueberzeugung geworden, daß sie nicht alle den unerbittlichen Verhältnissen des Lebens genügend, so wie es eine praktische Gesetzgebung thun muß, Rechnung tragen. Die
Regierungen hoffen, daß Sie, meine Herren, auch Ihrerseits bei wiederholter Prüfung der Dinge dieser Auffassung sich an⸗ schließen werden. Sollten die Regierungen in dieser Hoffnung sich täuschen, so werden sie auf einen weiteren gesetzgeberischen Versuch, eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen, zu ihrem lebhaften Bedauern verzichten, sie werden sich mit dem Bewußtsein trösten müssen, daß sie, wenn auch vergeblich, das Ihrige gethan haben, um schweren Uebelständen entgegenzuwirken.
Nun, meine Herren, liegt neben der Vorlage der Regierungen Ihnen auch ein Antrag vor, dessen Berathung mit unserer Vorlage verknüpft werden soll: das ist der Antrag der Herren Abg. Prinz von Arenberg und Genossen. Die verbündeten Regierungen haben, wie das den Gepflogenheiten entspricht, formell zu diesem Antrag eine Stellung nicht genommen; aber ihre Vorlage und meine Aus⸗ führungen ergeben zur Genüge, daß die Vorschläge, die in diesem Antrag gemacht sind, den verbündeten Regierungen unannehmbarerscheinen. Nach ihrer Ansicht liegt diesen Vorschlägen eine Ueberschätzung der Wirkungen der Gesetzgebung auf dem Gebiete des sittlichen Lebens zu Grunde, und
auf der anderen Seite eine Unterschätzung der Interessen auf gesell⸗
schaftlichem, gewerblichem, künstlerischem, literarischem Gebiete, welche das ganze Leben unseres Volkes durchziehen, welche von diesen Be⸗ stimmungen zum theil tief berührt werden, ja in einer Weise verletzt werden würden, daß ein größerer Schaden daraus sich ergeben müßte, als mit dem vielfach doch nur scheinbaren Erfolg, der von den Be⸗ ftimmungen des Antrags zu erwarten sein würde, sich rechtfertigen lassen könnte.
Im Namen der verbündeten Regierungen kann ich Ihnen daher nur empfehlen: Machen Sie nicht diesen Antrag zum Ausgangspunkt Idrer Verhandlungen, stellen Sie sich im Prinzip auf den Standpunkt, den die Vorlage der Regierungen enthält; und was die Einzel⸗ heiten dieser Vorlage enthält, so möchte ich Sie zum Schluß im Interesse der Sache bitten, prüfen Sie die Einzelheiten mit der weisen Mäßigung, die der Reichstag doch so oft bewiesen hat, wenn es sich darum handelte, in Fragen, in denen die Anschauungen und Tendenzen auseinandergingen, gleichwohl zu einem Ausgleich zu ge⸗ langen, zu einem Ausgleich, der wenigstens in gewissen Grenzen ein praktisch brauchbares und segensreiches Ergebniß für das Leben unseres Volkes bedeutet.
Namens der Antragsteller aus dem Zentrum begründet den Antrag der
Abg. Roeren: Die erste Vorlage wurde von der Regierung infolge der Aufregung gemacht, welche ein Schwurgerichtsprozeß in Berlin hervorgerufen hatte. Die Sache hat eine Weile geruht, nachdem die erste Vorlage unerledigt geblieben war. Das Zentrum hat aber die Frage nicht fallen lassen und schließlich seinerseits einen Entwurf eingebracht, der jetzt wiederholt wird in der Fassung, wie ihn die Kommission angenommen hat. Man hätte erwarten können, daß die jetzige Regierungsvorlage sich an diese Beschlüfse der Kom⸗ mission, die sich auf das Nothdürftigste beschränkten, angeschlossen hätte. Der Entwurf weicht aber sogar von der ersten Regierungs⸗ vorlage ab, z. B. bezüglich des § 184a, sodaß man wünschen möchte, ꝙ die bestehende Fassung aufrechterhalten würde. Der Barrison⸗ Skandal, lediglich Nacktheiten mit wenig Tricot und ohne jede Kunst, und ähnliche Vorkommnisse von schamlosen Schaustellungen müssen schließlich das Scham⸗ und Sittlichkeitsgefühl des Volkes schwächen; wir können deshalb auf unseren Antrag nicht ver⸗ zichten. Wir können uns nicht damit begnügen, die Unsittlichkeit in Druckschriften zu bekämpfen, wir müssen sie auch bei theatralischen Vorstellungen bekämpfen. Ebenso liegt es bezüglich der Bestimmungen gegen die Kuppelei und gegen das Zuhälterwesen. Besonders aber muß für den Schutz der heranwachsenden Jugend vor sitt⸗ licher Gefährdung gesorgt werden; die bestehenden Vor⸗ schriften bezüglich der unzüchtigen Schriften und Bilder reichen, namentlich bei der jetzigen Auslegung durch die Ge⸗ richte, die die schamlosesten Nuditäten ungestraft aukstellen lassen, nicht aus. Dadurch wird die Phantasie der Jugend aufgeregt; es folgt die geheime Sünde und nachher das grobe Laster. Von einer Einschränkung der Kunst und Wissenschaft ist keine Rede; die Verfasser der Zeitungsartikel, die darüber sprechen, haben unseren Antrag nicht gelesen. Derselbe ist durchaus nicht dehnbar, er giebt ganz bestimmte Merkmale an; das allgemeine Schamgefühl muß gröblich verletzt sein, wenn das Gesetz in Anwendung kommen soll. Redner weist auf die früheren Kommissionsverhandlungen hin und fährt dann fort: Unbegründete Anzeigen können schließlich auf Grund jeder Strafvorschrift erfolgen; darnach könnte man schließlich alle Strafvorschriften abschaffen. Derartige Bedenken könnten auch gegen die Fassung des § 182a nicht mehr geltend gemacht werden. Die Entwürfe werden ja wohl einer Kommission überwiesen. Ich hoffe, daß dieselben ebenso fachlich und ruhig in der Kommission berathen werden, wie in der vorjährigen Kommission, daß die Beschlüsse mit großer Majorität gefaßt werden. 8 Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Ich schließe mich der
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Foffnung an, daß endlich eine Verständigung herbeigeführt wird. ber dazu gehört, daß jeder der beiden Theile von seinen Ansichten etwas opfert. Wenn sowohl die verbündeten Regierungen wie das Zentrum auf ihrem Schein bestehen, dann wird man pro nihilo gearbeitet haben. Es lassen sich Fälle denken, wo die besten Kunst⸗ werke unter das Gesetz fallen. Das Königliche Museum könnte be⸗ straft werden, weil es die „Leda“ des Correggio ausstellt. Die Museen in Rom würden noch viel mehr den Strafen ausge⸗ setzt sein. Ich will damit nicht der Tendenz entgegentreten, sondern nur zeigen, daß man zwischen Kunst und Unsittlichkeit nicht leicht eine Grenze finden kann. Die Kommission wird sich den Grundsatz zur Richtschnur nehmen müssen, daß das Bessere des Guten Feind ist. Es handelt sich um Unsittlichkeiten, die mehr oder weniger freiwillig begangen sind. Ich möchte deshalb gerade die eigentlichen Ver⸗ brechen treffen, deren Konsequenzen viel schlimmer sind als die Konsequenzen der Unzuchtsvergehen. Da, wo es sich darum handelt, die Vergiftung der jugendlichen Seelen zu verhindern, ist unser Strafgesetzbuch und unsere Rechtsprechung viel zu lax, weil man diese Vergehen und Verbrechen als Antragsvergehen oder ⸗Verbrechen behandelt. Es handelt sich dabei weniger um das Verbrechen gegen die einzelne Person, als um das allgemeine Interesse. Die Antrags⸗ vergehen führen dahin, daß die armen Leute bestraft werden, während die wohlhabenden sich mit einer Geldbuße freikaufen. Von den Eltern der verletzten Personen werden diese Vergehen oft als Mittel zu Erpressungsversuchen benutzt. Die Zahl dieser Verbrechen und Ver⸗ gehen hat zugenommen, aber die Strafen dafür haben erbeblich ab⸗ eenommen, sodaß der schwere Diebstahl im Durchschnitt strenger estraft wird als ein Sittlichkeitsverbrechen. Redner weist auf eine ganze Reihe von Fällen hin, deren Einzelheiten er in der Kommission vortragen wolle, in denen verhältnißmäßig niedrige Strafen verhängt worden seien, und fährt dann fort: Nothzucht wird milder bestraft als Mord, Raub und Erpressung, selbst wenn infolge der Nothzucht der Tod eintritt. Im Falle des Rückfalls müßte auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt werden und bei Lustmorden vielleicht auf Todesstrafe. Für Nothzucht an Kindern fehlt es an jeder besonderen Strafe, ebenso sind die Strafen für die jungen Leute unter 18 Jahren oft nicht ausreichend. Es müßten die Strafminima überall erhöht werden, mindestens da, wo keine mildernden Umstände vorhanden sind. Die Trunkenheit sollte nicht als Milderungsgrund angesehen werden. Die Strafvollstreckung müßte strenger sein. Die Prügel⸗ strafe will ich nicht überall anwenden; denn durch die Prügelstrafe wird der Mensch entwürdigt. Aber, wenn ein Mensch eine Nothzucht an einem Kinde von 12 Jahren verübt, so ist er ein Thier und muß dementsprechend behandelt werden. In England war das Garrottieren garnicht auszurotten. Als die ein⸗ geführt wurde, war es binnen drei Monaten verschwunden. Die Einzelheiten müssen der Kommission überlassen werden. Für die Bestien in Menschengestalt müssen entsprechende Strafen gefunden werden, das ist eine Pflicht gegen Gott.
Abg. Himburg (d. kons.) schließt sich dem Antrage an, die Vor⸗ lage einer Kommission zu überweisen. Er weist zur Begründung der Nothwendigkeit eines gesetzgeberischen Vorgehens auf die statistischen Zahlen hin, die der Staatssekretär gegeben, und auf die bei der früheren Berathung gehaltenen eingehenden Reden der Abg Schall, Spahn, Pieschel ꝛc. uns erklärt, seine Freunde würden dem Regie⸗ rungsentwurf zustimmen; sie befürchteten von dem Zentrumsantrage eine Gefährdung des Zustandekommens der Vorlage Reoner befürwortet ferner namens seiner Freunde einige Aenderungen der §§ 181, 181 a und 184. Von verschiedenen Seiten sei die Aufbebund des § 175 beantragt worden; die Eingaben trügen sogar die Unterschriften hoch⸗ angesehener Persönlichkeiten. Die Eingaben sprächen von einer Ver⸗ anlagung. Das werde in jedem einzelnen Falle geprüft werden können; aber die Aufhebung der Strafbestimmung würde das Volk im allgemeinen nicht versteben. Der Antrag es Freiherrn von Stumm werde die Zustimmung der Konservativen finden. Hoffentlich komme die lex Heinze“ endlich zu stande und trage dazu bet, die Sittlichkeit des Volkes zu heben.
Abg. Dr. Endemann (nl): Ueber die Aufhebung der in § 175 angedrohten Strafe läßt sich streiten. Die Forderungen des Herrn von Stumm, die Strafminima zu erhöhen, und seine freimüthige Kritik richterlicher Urtheile, bei der ihm der Reichstag nicht folgen kann, haben mich in großes Erstaunen versetzt. Die Vorlage und die Anträge steben nicht in allen Punkten in f stem Zusammenhang. Die
„lex Heinze’ sollte doch endlich einmal aus der Welt geschafft werden Die
Vor age besitzt eine sanitäre, eine jaristische und eine ethische S ite. Werden die §§ 180 und 181 angenommen, so kann sich daran eine Regle⸗ men’i rung der Prostitution anschließen. Die geschlechtlichen Krank⸗ heiten werden als geheime Krankheiten bezeichnet; wenn wir ein Reichs⸗Seuchengesetz für Menschen bekämen, würden diese Krank⸗ heiten nicht darunter fallen. Diese Fragen werden in Berlin und in den Seestädten sehr verschieden behandelt, und namentlich mit Räcksicht auf die letzteren wird man sagen müssen: die Prostituton ist ein unzusrottbares und auch sozusagen ein noth⸗ wendiges Uebel. Die Vorlage spricht immer von „unsittlich“ und „unzüchtig“. Was ist Zucht, was ist Sitte? Man braucht nur die Sittengeschichte zu studieren. Denken Sie an die Anschauungen der höchsten Stände im Anfange des Jahrhunderts, an die Verschieden⸗ artigkeit der Auffassung von Scham bei den deutschen und den romanischen Völkern. Auf Grund des § 184 ist es nicht leicht, die Grenzen festzustellen. Wir sollten nicht eine übermäßige Prüderie zur Schau tragen. Es giebt überhaupt keinen Maßstab für die Sittlichk it. Auch die beseligende Kraft der Kirche kann ich als eine solche nicht anerkennen. Der Protestantismus ist die Religion des Individualismus, sein Wesen ist der Indivi⸗ dualismus. Für meine politischen Freunde muß ich in Anspruch nehmen, daß wir auch moralische Christen sins, und die christliche Moral ist das Höchste, was wir befolgen können, daß wir nämlich unsere Mitmenschen lieben. Dieser Grundsatz wird nicht aus unserem Herzen verschwinden. Man kann aber auch recht gut moralisch sein, ohne daß man christl ch⸗religiös ist. Wollen Sie denn alle Menschen des Alterthums als unmoralisch verdammen? Man kann in der ersten Berathung nicht auf alle Einzelhe ten ein⸗ gehen. Ich beantrage daher, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgltedern zu überweisen.
Abg. Bargmann (fr. Volksp.): Wir verhalten uns nicht grund⸗ sätzlich ablehnend zu dieser gesetzgeberischen Anregung, sondern sind zur Mitarbeit bereit auf einem begrenzten Gebiete, wo Erscheinungen unerfreulichster Natur, die sich gezeigt haben, ein Eingreifen der Gesetz⸗ gebung erforderlich machen. Es ist das ja auch unpolltisches Gebiet, wo alle Parteien zur Besserung der Verhältnisse mitwirken können. Die Vorlage, die wir bekommen haben, hat da⸗ von abgesehen, diejenigen Beschlüsse der vorjährigen Kom⸗ mission aufzunehmen, die im Hause Anfechtung erfahren haben. Redner wendet sich gegen die Vorschläge, die in dem Antrage des Zentrums über die Vorlage hinaus enthalten seien, namentlich be⸗ züglich des § 182 ꝛc., und fährt fort: die Bedenken desselben sind in den früheren Verhandlungen klargelegt worden, namentlich besteht ein Zweifel darüber, ob man das Vergehen als Antragsvergehen bebandeln soll oder als Offizialvergehen. Bei dem letzteren Verfahren könnten sich dritte, eigentlich unbetheiligte Personen in die Sache einmischen. Wenn also der Gedanke an sich auch Sympathie verdient, so kann man doch nicht alles, was Symrathie verdient, in die Form eines Gesetzes kleiden. Auch bezüglich der theatralischen Vorstellungen sollte man nicht zu 85 sein. Die Polizei schreitet doch in diesen Fällen oft genug ein. it den §§ 181, 181 a und 181 b können wir im Großen und Ganzen einverstanden sein, dagegen gehen die Vorschläge der §§ 184 und 184 a über das Maß des Nothbwendigen hinaus. Wenn eine Verschlechterung der Sittlichkeit eingetreten sein sollte, so muß die Reaktion dagegen von innen heraus erfolgen. Redner schließt mit dem Antrage, die Vorlage einer Kommission zu überweisen, der es gelingen möge, diese Angelegenheit endlich aus der Welt zu schaffen.
Abg Bebel (Soz.): Die Prostitution entspringe meist aus der materiellen Noth der Frauen; das beweise die Statistik des französischen Mediziners Parent⸗Duchatelet und die des Berliner Febesvfrfüreh Die Hebung der unteren Volksklassen werde die
rostitution beseitigen; dazu gehöre eine umfassende Sozialreform.
Die niedrigen Löhne der Arbeiterinnen zwängen sie fast zum unsüttt Lebenswandel. Zur Verbesserung der Lebenshaltung der A besttncte sei eine Ausdehnung des Koalitionsrechts und der Gewerbe⸗Inspektion nothwendig, die Schaffung von Unterkunftsräumen für dieselben, damit sie sich in gesitteter Weise in der arbeitsfreien Zeit unterhalten könnten. Die Vorlage würde die Einführung von Bordellen, von Toleranzhäusern gestatten. Die Sozialdemokraten würden aber unter allen Uaständen dagegen lebhaften Widerspruch erheben müssen; denn darunter würde die Sittlichkeit leiden, weil man den Besuch staatlich genehmigter Toleranzhäuser nicht als unsittlich betrachten würde Die Regierung habe erklärt, daß sie von dem Arbeitgeber⸗Paragraphen nichts wissen wolle; Freiherr von Stumm habe auch gegen denselben lebhaft polemisiert. Die Mißstände, die dadurch beseitigt werden sollten, beständen aber thatsächlich in großem Umfange, und die Be⸗ strafungen der Arbeitgeber hielten sich in sehr beschränkten Grenzen So werde es auch in Zukunft bleiben. Dem § 184 könnten vite Sozialdemokraten nicht zustimmen; es würde davon nicht nur der Verkäufer und der Käufer von unzüchtigen Schriften betroffen, sondern auch das Dienstversonal, das 8 solche Bücher aus Leihbibliotheken abhole, das Personal der Kunst⸗ häͤndler ꝛc. Bei Theaterauffütrungen, Tingeltangeln sei die Polizei sehr weitherzig. Die Aufhebung des § 175 ba. Widerspruch ge⸗ funden. Die Thatsachen, die er (Redner) in der Kommission an⸗ geführt habe, habe man aber nicht bestreiten können. Be⸗ züglich der Geschlechtskranken müsse die Gesetzgebung endlich einschreiten, um die Gesundheit des Volkes zu verbessern. Freiberr von Situmm sei für die Prügelstrafe und für die Ver⸗ schärfung der anderen Strafen eingetreten Je härter und grausamer aber die Strafen seien, desto weniger wirkten sie. In den Schulen mache man deshalb auch von der Prügelstrafe keinen Gebrauch mehr. Ob die Richter bei Sittlichkeitsverbr chen gegen Kinder besonders leichte Strafen verhängten, wisse er nicht. Hier in Berlin würden aber notorisch Kinder unter 14 Jahren zur Unzucht verwendet; die Polizei kenne die Kinder und schreite nicht ein. Auch die Sittlichkeitsver⸗ brecher würden oft begnadigt, wenn sie den höheren Ständen ange⸗ hörten. Redner führt einen Fall aus Bayern an. (Präsident Graf von Ballestrem: Ich bitte, die Begnadigungsrechte der deutschen Fürsten nicht in die Debatte zu ziehen.) Redner führt zum Schluß weitere Begnadigungsfälle an.
Abg. Gaulke (fr. Vag.) erklärt sich mit einem Tbeil der Vor⸗ lage einverstanden, hat aber Bedenken gegen die Erhöhung des Mindeststrafmaßes im § 180 und macht überhaupt spezielle juristisch⸗ technische Bedenken gegen die §§ 184 und 184a geltend; die endgültige Entscheidung würden seine Freunde davon abhängig machen, ob ihnen durch die Statistik das Bedürfniß für eine Aenderung der Gesetz⸗ gebung nachgewiesen werde. Redner wendet sich dann gegen die Vor⸗ schriften, die der Antrag des Zentrums noch über die Regierungs⸗ vorlage hinaus enthalte. Bezüglich des Antrags des Abg. Freiherrn von Stumm lehnt Redner die Rückkehr zur Prügelstrafe ab.
Damit schließt die erste Berathung. Persönlich bemerkt
Abg. Freiherr von Stumm, daß er gegen den § 182 a durchaus nicht lebhaft polemisiert habe.
Abg. Lenzmann will bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung gegen den Ang. Freiherrn von Stumm machen in Bezug auf einen früheren Fall. Da der Präsident dies nicht zuläßt, beruft er sich auf eine ihm gemachte Zusage, infolge deren er auf das Wort zur Sache verzichtet habe.
Präsident Graf von Ballestrem: Eine solche Zusage habe ich gemacht, weil sie der Geschäftsordnung widersprechen würde.
Die Vorlage wird darauf einer Kommission von 21 Mit⸗ gliedern überwiesen.
„Das Haus erledigt darauf noch einige Wahl⸗ prüfungen. Die Wahlen der Abgg. Rickert (fr. Vgg.), Zeidler (d. koas.), Depken (nl.), von Winterfeldt (o. kons.) und Dr. Sattler (nl.) werden für gültig erklärt, die des Abg. Stoecker (b. k. F.) beanstandet.
„ Schluß 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Etats der Kolonien und des Auswärtigen Amts.)
“
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
39. Sitzung vom 9. März 189.
Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗ Etats für 1899 wird bei dem Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗An⸗ gelegenheiten fortgesetzt in Verbindung mit der Berathung des zweiten Nachtrags zum Normal⸗Etat vom 4. Mai 1892, betreffend die Besoldungen der Leiter und Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten, und der Berathung der Uebersicht über die Durchführung der neuen Besoldungsordnung für die Universitäts⸗Professoren.
Zu dem Titel „Einnahmen aus dem Kultus und Unter⸗ richt gemeinsam“ bemerkt
Abg. Dauzenberg (Zentr.): Der Kultus⸗Minister hat mir zwar soeben großes Entgegenkommen gezeigt (der Minister hatte dem Redner unter großer Heiterkeit des Hauses die ,g. gereicht), aber eine volle Berücksichtigung unserer Beschwerden hat er immer wieder abgelehnt. Es ist natürlich nicht angenehm, unsere Beschwerden zu wiederholen und uns den Vorwurf zuzuziehen, daß wir den konfessio⸗ nellen Frieden stören. Auch wir schätzen den konfessionellen Frieden als kostbares Gut, aber die Grundlage eines wirklichen Frie⸗ dens ist, daß wir Katholiken nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Der Minister hat selbst anerkaunnt, daß von den Kirchen⸗ Pseten noch manches stehen geblieben sei, was für die katholische
irche hart, unbequem und lästig sei, und er wollte mit der Zeit die Härten beseitigen. Seit seiner Zusage sind fünf Jahre verflossen, und es ist bis j tzt nichts geschehen, trotzdem im Reichstage die wich⸗ tigsten Gesetze, wie das Bürgerliche Gesetzbuch, mit Hilfe des Zen⸗ trums zu stande gekommen sind. Die kat olische Kirche sowohl wie die evangelische Kirche muß selbständig gestellt werden. Wozu die Staatshoheit über die katholische Kirche? Der Staat kennt die katho⸗ lische Kirche: sie leitet die Gläubigen zu Treue und Geborsam gegen die Obrigkeit an. Ein dauernder Friede ist nur möglich, wenn die Kirche ihre Einrichtungen selbständig ordnet. Wir wollen die Wieder⸗ herstellung der katholischen Abtheilung im Kultus ⸗Ministerium nicht beantragen. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß diese Ab⸗ theilung nicht nothwendig wäre. Gegenüber der evangelischen Ab⸗ theilung in Oesterreich ist die katholische Abtheilung in Preußen der reine Schatten. Ich habe bereits im vorigen Jahre die Gesetze be⸗ zeichnet, die wir beseitigt sehen möchten. Das Gesetz über die Ver⸗ mögensverwaltung der katholischen Kirche ist revisionsbedürftig. In Bezug auf die Ordensgesetzgebung müssen wir eine größere Parität verlangen. Kein Gesetz verletzt so sehr das Gefühl der katholischen Bevölkerung als das Ordensgesetz, weil es unsere Ordensniederlassungen von der staatlichen Genehmigung abhängig macht, die den entsprechenden evangelischen Niederlassungen nicht auferlegt ist. Nicht minder empfindlich ist es für uns, daß die Altkatholiken unser Kircheneigenthum antasten dürfen. Auch hin⸗ sichtlich der Schulaufsicht sind unsere Beschwerden nicht berücksichtigt. Die Schule ist nicht bloß eine Bildungs⸗, sondern auch eine Er⸗ ziehungsanstalt, und der Lehrer muß den Kindern in der Pflege des religiösen Sinnes mit gutem Beispiel vorangehen. Die Schule muß eine christliche sein. Wohin die liberale Doktrin in der Schule führt, zeigt das Beisviel anderer Staaten, wie Frankreich, wo in der Schule nichn einmal der Name Gottes genannt werden darf. Die Folge ist natürlich die Verrohung der Jugend. Der Staat kann die Hilfe der christlichen Kirche nicht entbehren. 8
Bildern und
8⸗Anzeiger und Königlich Preußischen S
1
ats⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 10. März
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗
Angelegenheiten D. Dr. Bosse:
Meine Herren! Als ich dem geehrten Herrn Vorredner vorhin die Hand reichte, war das der Ausdruck meiner aufrichtigen und auf jahrelangem Verkehr hier im Hause beruhenden Hochachtung vor ihm und zugleich auch der Ausdruck dafür, daß ich beim Wiederdurchlesen der vorjährigen Etatsverhandlungen allerdings den Eindruck empfangen hatte, daß unsere gegenseitige Aussprache wenigstens in der Form milder, sachlicher, ruhiger geworden war. Der Herr Abg. Dauzenberg scheint nicht ganz dieser Meinung zu sein, denn er sagte, ich hätte die Ablehnung der von ihm aufgestellten Forderungen im vorigen Jahre entschiedener als je betont. Ich weiß nicht, ob das richtig ist; meinte er aber: ebenso entschieden wie je, so ist das richtig. Das kann ich auch nicht anders, und ich mag alles in der Welt sein, aber ein muthiger Kultus⸗Minister wäre ich nicht, wenn ich meine Ueberzeugung hier nicht mit derjenigen Ent⸗ schiedenheit betonen und geltend machen wollte, wie ich sie in meinem Amte zu vertreten und zur Geltung zu bringen suche. (Bravo!)
Meine Herren, ich erkenne völlig an, daß der Herr Abg. Dauzenberg auch heute gegen mich persönlich in freund⸗ licher Form gesprochen und sich bemüht hat, unrnöthige Schärfen der Form aus seiner Rede fernzuhalten. Ich heiße das durchaus willkommen, und ich werde mich bemühen, das Gleiche zu thun. Aber, meine Herren, darüber gebe ich mich keiner Illusion hin, daß unter dieser milden Form die Angriffe wieder dieselbe Schärfe und vielleicht noch eine größere gehabt haben (sehr richtig! links), wie früher. Und deshalb wollen mir die geehrten Herren es auch nicht übel nehmen, wenn ich zwar mit Vermeidung unnöthiger Schärfen, aber doch mit der vollsten sachlichen Deutlichkeit meinen Standpunkt den Forderungen des Herrn Abgeordneten gegenüber dar⸗ lege. Ich hatte es auf der Zunge, die Anwendung auf den „christ⸗ lichen Kultus⸗Minister“ zu machen; ich will es aber unterlassen, viel⸗
leicht kommt dadurch ein Moment der Persönlichkeit in die Diskussion,
das besser vermieden wird.
Herr Abg. Dauzenberg hat seine Ausführungen begonnen mit einer alten Forderung. Er hat gesagt, er und seine Freunde müßten von der Regierung verlangen, daß sie ihrerseits die Initiative zur Beseitigung der Reste in der Kulturkampfgesetzgebung ergriffe. Ich habe zu dieser Forderung schon früher ganz bestimmte Stellung genommen; ich habe, wie der Abg. Dauzenberg richtig her⸗ vorgehoben hat, anerkannt: es ist wohl möglich — und ich will es nicht bestreiten —, daß in diesen Resten der Kulturkampfgesetzgebung noch einzelne Punkte sind, welche für die katholische Kirche unbequem sind und auch gewisse Härten enthalten (hört, hört! im Zentrum), welche wenigstens so empfunden werden. Aber, meine Herren, daran muß ich doch auch jetzt festhalten, was ich hier so oft ausgeführt habe: Als in den 80 er Jahren die Regierung erkannt hatte, daß es auch für den Staat wünschenswerth sei, dem Kulturkampf ein Ende zu machen, hat sie ohne jeden Zweifel das damals Konzedierte als die äußerste Grenze desjenigen betrachtet, was der Staat ohne Aufgabe seiner Rechte konzedieren könnte, und deshalb ist damals der Abschluß als ein Friede angesehen und nicht bloß als ein Zugang zum Frieden. (Bravo!) Lesen Sie die Verhandlungen des Herrenhauses, in dem diese Dinge sehr ausführlich behandelt sind, unbefangen durch, und dann werden Sie mir zugeben, daß damals diese Auffassung bestanden hat. Ist das aber richtig, so frage ich Sie: kann man billigerweise von der Regierung verlangen, daß sie nun ihrerseits Abänderungsvorschläge macht in diesen feinen, zarten Dingen, die eigentlich nur von katholischer Seite in ihrer Tiefe recht definiert und dargestellt werden können? Das ist doch Sache der Herren, die eine Aenderung verlangen. Ich würde mich dazu nur veranlaßt sehen, wenn ich auf sehr kriante Ungerechtigkeiten stieße. Darauf bin ich aber bis jetzt nicht gestoßen. Ich habe bis jetzt den Ein⸗ druck gehabt: bei gutem Willen von beiden Seiten ist in Frieden zu leben. (Sehr gut! rechts.) Das ist der Grund, weshalb ich es nicht auf mich nehmen kann, die Initiative zu einer Aenderung dieser Gesetze zu ergreifen.
Der Abg. Dauzenberg hat gemeint, die Herren hätten nicht einmal das Material; das hätten wir viel reichlicher. Wenn es ihm darauf ankommt, so sind wir noch niemals ängstlich damit gewesen, Herren aus diesem Hause das Material, das wir besitzen, zur Disposition zu stellen; das wollen wir Ihnen gern gewähren.
Der Herr Abg. Dauzenberg hat weiter behauptet, die Regierung stände so, daß sie noch immer glaube, den Katholiken gegenüber thun zu dürfen, was ihr beliebt. Nein, Herr Abg. Dauzenberg, das ist nicht gerecht geurtheilt. Parität, die Sie hier immer betonen, beruht auf Ge⸗ rechtigkeit. Sie thun uns ein schreiendes Unrecht, wenn Sie sagen, wir glaubten der katholischen Bevölkerung gegenüber thun zu können, was uns beliebt. Das wollen wir nicht. Wir wollen die katholische Be⸗ völkerung behandeln, wie es ihr auf Grund der Gesetze zukommt, mit voller Gerechtigkeit, und zwar gleichmäßig mit jeder anderen Kon⸗ fefsion. (Bravo! rechts.) Das ist unser Begriff der Parität. Nach dem habe ich gehandelt, und nach dem handle ich und werde ich handeln, so lange ich Minister bin.
Herr Dauzenberg hat anerkannt — und ich will wenigstens dieses kleine Anerkenntniß hier konstatiren —, daß die Ordnung der äußeren Ver⸗ hältnisse der Katholiken in Preußen im allgemeinen ein ganz befriedigendes Bild gäbe. Dieses Zugeständniß nehme ich gern an. Mir ist auf Grund sehr sorgfältiger Informationen unzweifelhaft, daß die katholische Kirche in Preußen so gut steht, wie in irgend einem andern Staate, die sogenannten katholischen Staaten nicht ausgenommen; und wenn Sie uns die Hand bieten, so können wir ganz gut in Frieden leben. Aber Sie dürfen freilich nicht vergessen, daß in dem Staate auch zwei Drittel der Bevölkerung protestantisch sind, und daß man nicht die Protestanten so behandeln kann, als wenn sie über⸗
h aupt nicht existierten (sehr richtig! rechts. Zuruf im Zentrum: Ver⸗ nicht richtig, daß ich die Schule g e. wollte; das ist
nicht meine Tendenz. So hat sich wohl auch der Herr Abg. Dauzen⸗ berg nicht ausgedrückt. Aber er hat doch gemeint, die Tendenz der Regierung ginge wenigstens dahin, die Schule ganz zur Staatsschule Kriege sei die Stellung der preußischen Regierung gegenüber der zu machen. Meine Herren, das ist ein Mißverständniß. Da frage katholischen Kirche eine geradezu feindselige geworden. Ich habe das ich zuerst: was ist Staatsschule? Wenn Sie darunter nicht zu vertreten. Ich bin kein Freund des Kulturkampfes gewesen, verstehen, daß die Schule weder die Rechte der Eltern, vom ersten Anfang an nicht. Ich bin der Meinung gewesen, daß da noch der Gemeinden, noch der Kinder an der Schule auch politische Fehler vorliegen. Hervorheben aber möchte ich: die respektiert, dann haben wir keine Staatsschule und wollen sie auch preußische Regierung ist doch nicht im Anschluß an den Krieg und nicht haben. Aber das muß ich allerdings sagen: in erster Linie muß an den Sieg in diese schweren Kämpfe hineingegangen, der Staat dominus negotii in der Schule sein — das ist eine alte sondern diese Kämpfe hatten ihren Anlaß in dem vatikanischen preußische Schulpolitik —, und es ist unmöglich, daß der Staat sich Konzil. (Sehr richtig! rechts, lebhafte Unruhe, Oho! im Zentrum.) in die Herrschaft über die Schule mit der Kirche oder Das ist doch eine Thatsache. Ob es berechtigt war, aus dem Konzil mit der Gemeinde theilt. Er soll die Rechte der Ge⸗ den Anlaß zu entnehmen, will ich dahingestellt sein lassen. Aber meinde, die Rechte der Kirche, die Rechte der Eltern an Sie können doch nicht sagen: der Krieg ist der Anlaß gewesen. Viel⸗ der Schule anerkennen, und dies geschieht auch — ob in vollstem mehr war die Auffassung, welche die preußische Regierung von der Umfange, will ich jetzt dahingestellt sein lassen; es mag Ihnen ja die Tragweite jener Beschlüsse hatte, der Grund, weshalb sie in diesen thbatsächliche Anerkennung dieser Rechte nicht genügen; nach meiner Kampf eintrat, in einen Kampf, den ich, wie gesagt, so wie er geführt Ansicht werden sie in den allererheblichsten Beziehungen anerkannt. worden ist, nicht billige. Aber dominus negotii in der Schule ist und bleibt der Staat, Nun sagt Herr Abg. Dauzenberg, die preußische Regierung müsse und solange das Schulaufsichtsgesetz besteht, meine Herren, doch die Hand dazu bieten, reinen Tisch zu machen, die Selbst⸗ werden Sie nichts daran ändern. Das bestreite ich jedoch ständigkeit der Konfessionskirchen in der Ordnung ihrer Angelegen⸗ auf das entschiedenste, daß die katholische Kirche 1 bei heiten herbeizuführen. Ich behaupte — ganz abgesehen von dem Ver⸗ der Wahrnehmung der Volksschulangelegenheiten unwürdig fassungssatz —: die Konfessionskirchen sind in der Ordnung ihrer An⸗ behandelt wird. Nein, meine Herren, ich bemühe mich auf das sorg⸗ gelegenheiten selbständig, und namentlich die katholische Kirche. Die fältigste, der katholischen Kirche wie der evangelischen Kirche hier ihr evangelische Kirche steht nach ihrer ganzen historischen Entwickelung, Recht zu theil werden zu lassen, und ich mache gar kein Hehl daraus: nach ihrer Organisation, nach der bekannten Uebertragung landes⸗ ich bedarf ihrer und nehme den selbstlosen Dienst, den die kirchlichen kirchenregimentlicher Befugnisse, ja des ganzen wesentlichen Kirchen⸗ Organe auf beiden Seiten der Schule leisten, da, wo keine Bedenken regiments auf den Landesherrn völlig anders zum Staate, wie gegen die Person bestehen, mit Dank und mit großem Respekt an. die katholische. Aber das kommt Ihnen ja zu statten; Sie sind Wir können diese Dienste garnicht entbehren, weder aus finanziellen ja absolut frei nach dieser Seite hin, und da, wo der Staat noch noch aus technischen Gründen. einen Einfluß hat, sind es staatliche Interessen, die mit den kirchlichen In dem, was der Herr Abg. Dauzenberg über die Schultechnik konkurrieren. Daß es ein solches Grenzgebiet giebt, auf welchem Staat gesagt hat, war sehr viel Wahres, und ich stimme ihm darin ganz und Kirche gemeinsam betheiligt sind, wo möglicherweise ein Ueber⸗ bei: mit der bloßen Schultechnik ohne richtige Erziehung, ohne den griff der Kirche für den Staat außerordentlich schwer oder garnicht tiefsten Grund aller Erziehung, die Religion, ist uns garnicht ge⸗ ertragen werden kann, und umgekehrt, wo ein falscher Eingriff des holfen; das ist ein leeres Geklingel. (Bravo! im Zentrum.) Darin Staats in das kirchliche Gebiet die Kirche an ihrem Lebensnerv treffen sind wir ganz einverstanden. Die rechte Schultechnik muß vor allen kann, — das erkenne ich durchaus an. Zur Regelung dieses Dingen auf der religiösen Erziehung der Jugend be⸗ Grenzgebiets dienen aber gerade die kirchenpolitischen Gesetze, ruhen. In diesem Sinne, meine Herren, — ich hoffe, daß wie wir sie noch haben, und die, wie ich glaube, mit darin der Herr Abg. Dauzenberg mit mir einverstanden ist — ist der Milde und Gerechtigkeit gehandhabt werden. Nein, meine Herren, sozialdemokratische Satz: Religion ist Privatsache — eine große Lüge bei uns beansprucht die Staatsregierung nicht die absolute Staats⸗ und Unwahrheit. Religion ist Volkssache, im eminentesten Sinne omnipotenz. . Volkssache! (Bravoy! im Zentrum und rechts.) Das ist die wahre Der Herr Abg. Dauzenberg hat gemeint, es wäre hier mal die Stellung der Religion. Diese Stellung muß sie auch in der Schule Aeußerung gefallen, der Staat dürfe nicht stille stehen vor dem Dogma haben (Bravo! rechts und im Zentrum), und ich werde der Kirche. Ich unterschreibe diese Aeußerung nicht. Vor dem Dogma der mich bemühen, soweit es an mir ist, dahin zu wirken, Kirche muß der Staat stille stehen, sobald es sich um die Gewissensfreiheit daß ihr diese Stellung erhalten bleibt. Das soll nicht eine handelt. Sobald es sich um einen Eingriff in die Gewissen handelt, Einschränkung unserer Schulziele sein und am allerwenigsten kann der Staat nicht über das Dogma der Kirche hinweggehen. Wenn eine Rückkehr zu einem Verdummungssystem. (Bravo! rechts und im er darüber hinweggeht, thut er etwas Falsches. (Sehr richtig! im Zentrum.) Im Gegentheil, ich erkenne die Leistungen der Schule an Zentrum.) Die Gewissensfreiheit ist das höchste Kleinod. Darüber und freue mich, daß auch Herr Abg. Dauzenberg sie anerkennt. Man kann der Staat, auch wenn es gegen sein Interesse geht, nicht hinweg⸗ braucht nur ein offenes Auge zu haben, rings herum zu sehen, daß schreiten; hier muß er stille stehen. Das Gewissen muß er frei lassen die preußische Schule, mag sie auch Mängel haben, doch noch etwas und ihm Raum schaffen, daß es seine Befriedigung bekommt. In diesem bedeutet; denn sie ist das Vorbild für die Volksschule aller Kultur⸗ Punkte bin ich mit Herrn Dauzenberg ganz einverstanden. Wir staaten. Meine Herren, wir haben allen Grund, darauf stolz zu sein, haben uns darüber, glaube ich, früher wiederholt ausgesprochen. aber auch allen Grund, die Augen aufzumachen und Hand anzulegen, Was nun die Einzelbeschwerden anlangt, so kommt in erster um die Dinge nicht versumpfen zu lassen, sondern sie auf die rechte Linie wieder der alte Bekannte, die katholische Abtheilung im Kultus⸗ Basis zu stellen und zu bessern, wo es zu bessern giebt; und wo es Ministerium. Ich kann nur wiederholen, ich bedauere den völligen irgend zu bessern giebt, wo Sie mir Mängel zeigen, denen abzuhelfen Irrthum, in dem sich die Herren über die Bedeutung und die Wirkung ist, da werden Sie jederzeit meine hilfsbereite Hand finden. (Bravo!) dieser Abtheilung befinden. Wenn Sie jetzt die katholische Abtheilung Abg. Dr. Friedberg (nl.): Es widerstrebt mir, längst wider⸗ bei mir wiederherstellen wollten, so wäre das für die katholische Kirche legte Dinge immer wieder von neuem zu widerlegen. Die Worte des zweifellos ein Schaden. Es hieße das geradezu, den Streit der Kon⸗ Herrn Dauzenberg würden für mich eine größere Autorität haben,
F 1 „ wenn nicht der Fürstbischof Kopp im Herrenhause gesagt hätte, daß -— 5 und Dasbach Sescgen tet⸗ Vertreter des katholischen Klerus
sation hineintragen (sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen), seien. Allerdings gebe ich zu, daß die Anschauungen des und das will ich nicht. In dem Moment, wo ich das thue, störe ich Herrn Dauzenberg im Kreise der Katholiken weit verbreitet das jetzige gute, auf gegenseitiger Achtung lund Toleranz beruhende sind. Die römische Kurie soll, wie gesagt 8 b38 Verhältniß der Abtheilungen des Ministeriums untereinander, Fhei den nit üen. Frenischn etaate, 8 885 Hintsledacen in dem Moment wird ein Gegensatz zwischen den ver⸗ gemacht haben, daß sie 9
4 8 Staat hat aber allein die Grenze zu bestimmen in der Staatsgesetz⸗ schiedenen Abtheilungen des Ministeriums geschaffen, wie es auch gebung und im Staatskirchenrechte. Der Minister hätte nicht staats⸗ früher der Fall gewesen ist. Und meine Herren, das
männisch klug gehandelt, wenn er in der Beseitigung der Härten di ist auch ein Satz der Heiligen Schrift: „Wie kann ein Reich bestehen, Brücke des Zentrums betreten hätte. Die Haltung des Zentrums i wenn es mit sich selbst uneins ist?“ (Sehr richtig! rechts und bei
Reichstage erklärt sich doch wohl aus seiner Pflicht. Fuͤr das, wa
1 Reichstege ernla thut, braucht man aber 82* Entschädigung, und den Nationalliberalenl.) Das kann kein Reich und auch kein Ministerium. Im Interesse der katholischen Kirche selbst
darum ist es nicht richtig, wenn man hier, wenn auch versteckt, eine kann ich eine organisierte katholische Abtheilung nicht zulassen.
do ut des-⸗Politik treibt. Wir Nationalliberalen lassen uns von der pflichtmäßigen Unterstützung der Gesetzgebung auch dadurch nicht ab⸗ Das wäre ein ganz falscher und verkehrter Schritt. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)
halten, daß wir von hohen Staatsbeamten bei den Wahlen u. s. Was nun das Gesetz über die Vermögensverwaltung der katholischen
langen wir nicht!); das geht nicht an; Gerechtigkeit müssen wir üben, und das wollen wir auch. Nun sagt der Herr Abg. Dauzenberg, nach dem französischen
schlecht behandelt worden sind. Ich muß dagegen protestieren, da wir während der Zeit 19 Feea. e 86 vasshe gezeigt hätten, uns in die inneren Angelegenheiten der katholische v t ischen. Die evangelische Kirche hat den Kampf mit de Kirchengemeinden anbetrifft, so haben wir uns hierüber oft unterhalten. Fürche zn misch 7. , eb nne vülche ö11 Ganz gerecht, Herr Abg. Dauzenberg, haben Sie uns auch in diesem Stück wickelung nach nicht dieselbe Bewegungsfreiheit wie die katholisch nicht behandelt. Ich habe im vorigen Jahre dargelegt, wie früher und darum Fürfen die öcfer nichtt ung . 8 85 8 i öglichkeit v t, es wenn jede Kirche sich auf ihre göttliche Institution heriefe und je E ö6 LHeer vvxEn, erneA. hennh ed gercse sich lahmlegte. In Oesterreich, Bayern und in de da, wo es unnöthig ist, und eine unnöthige Erschwerung hervorruft 5 8 1 b 8 ; „romanischen Ländern hat die katholische Kirche viel weniger Freihei zu beseitigen. Das haben wir im großen Umfange in der Rheinpro⸗ als in Preußen. Das Zentrum wünscht ein Konkordat mit Preußen vinz gethan. Ich habe die Herren Ober⸗Präsidenten angewiesen, sich Das ist aber niemals me glich, ohne die Protestanten aufs tiefste mit den Herren Bischöfen ins Benehmen zu setzen. scha ges. Püthensche nbtheilumg. zat ehe nnb icvoll Maecsane. 1 ischöf eit ausgeübt. er nister kann a dur n EW Haben 1“““ L ; jad Räthe saorgejeren. Wir würden an dem Ordensgesetz gern Aende⸗ wir haben in einer Anzahl von kleinen Gemeinden rungen machen, wenn nicht die katholische selbst im den hier unnöthigen Apparat vereinfacht. Es besteht hier voller Großen und Ganzen mit diesem Gesetz zufrieden wäre. Auch Windt Friede und volle Einigkeit. Also, meine Herren, ich begreife garnicht, horst hat sich mit demselben einverstanden erklärt. Mit Herrn Dauzen erg ist ein Frieden überhaupt nicht zu eßen. 9. mesbalb Ciis vir . Rese 8 g ch die Ordensniederlassungen verdoppelt. (Zuruf im Zentrum Ich stehe zur Zeit auf der ganzen Linie mit den Herren Bischöfen as geht Sie das an?) Erkennt die katholische Kirche die Alt in durchaus friedlichem Einvernehmen, ein Zeichen, daß es doch möglich b nigt 5 vnß sie vö Zürn vns ist, die katholischen Angelegenheiten so zu verwalten, daß ein modus msgensrecht auseinandersetzen. ee intolerant das Zentrum ist, 8 iedli „ beweist die Absetzung von 6000 ℳ bei den Zuschüssen für alt vivendi, ein friedliches Verhältniß zwischen den beiden großen Kon beme 9 82 Gad „ 7 derche00 cs die Cchuls 1chse, sü dönan fessionen hergestellt werden kann. 8 Sie doch nicht verlangen, daß der Staat schultechnisch unzureichende Auf die Schule will ich jetzt nicht näher eingehen. Aber das ist BGeistliche mit der Schulaufsicht beauftragt. Man beweise uns erst. daß unsere jetzigen Schuldirektoren und die Lehrer nicht religiöse Leut