1899 / 73 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

ee der warmen Zonen zurücksteht, aber trotzdem uns oft in ohem Maße überraschte. Der Zuwachs unserer Kenntnisse an neuen, oft prächtigen Lebewesen, welche den antarktischen Ge⸗ bieten eigenthümlich sind, ist ein sehr beträchtlicher: er war insofern zu erwarten, als gerade diese Seite biologischer Unter⸗ suchungen unserer Expedition im Verglei zu jenen, welche rüher die antarktische Region berührten, eigenthümlich ist. Ein spezieller Werth wurde darauf gelegt, durch die Schließ⸗ netze einen Aufschluß über die Schichtung der flottierenden Organismen nach Tiefenregionen zu gewinnen. Wir haben systematisch von der Oberfläche bis zu 5000 m Tiefe Schließ⸗ netzzüge ausgeführt und sind in der Lage, ein anschauliches Bild von den in einzelnen Zonen häufiger vorkommenden Organismen zu geben. Im allgemeinen kann nur gesagt werden, daß die Zahl flottierender Organismen bis etwa 2000 m Tiefe eine ziemlich beträchtliche ist, dann aber nach dem Grunde zu rasch abnimmt. Indessen haben wir in einem Schließnetz⸗ uge, welcher die Region von 5000 bis 4400 m durchfischte F. 12. Dezember unter dem 59. Breitengrad) noch 4 Gat⸗ tungen lebender Copepoden mit zahlreichen lebhaft sich bewegenden Larven derselben, einen lebenden Ostrakoden und mehrere Radio⸗ larien mit wohlerhaltenem Inhalt nachweisen können. Daneben fanden sich zahlreiche leere oder mit zersetztem Inhalt erfüllte Schalen von Globigerinen, Radiolarien und Flügelschnecken. Auf Grund der Ergebnisse können wir positiv behaupten, daß ozoische Wasserschichten zwischen Oberflaͤche und Meeres⸗ rund nicht existieren. Eigenthümlich ist der Umstand, daß die ertreter mancher Ordnungen bald mehr die oberflächlichen, bald die tieferen Schichten bevorzugen. So trafen wir z. B. unter den Radiolarien die Challengeriden nahe der Oberfläche (hauptsächlich zwischen 40 und 300 m Tiefe) an, während die prächtigen Tuscaroriden niemals oberhalb 1000 m Tiefe in den Schließnetzen nachgewiesen wurden. Um indessen an einem speziellen Beispiel etwas eingehender den Werth derartiger Untersuchungen für das Verständniß biologischer Fragen darzulegen, sei es gestattet, die Resultate, welche der Botaniker der Expedition über die antarktische Plankton⸗Vegetation gewann, kurz zu skizzieren. Sie sind insofern auch von allgemeinem Interesse, als sie einerseits über die untere Grenze pflanzlichen Lebens, andererseits über die Betheiligung der Diatomeen an dem Aufbau des Meeres⸗ bodens Aufschluß geben. Betrachtet man als charakteristische Merkmale des ant⸗ arktischen Plankton im Gegensatz zu den wärmeren Meeren die massenhafte Entwickelung der Diatomeen und das Auf⸗ treten einer Anzahl von eigenthümlichen Formen derselben, so liegt die Nordgrenze derselben auf der Route der Tiefsee⸗ Expedition im Atlantik und Indik bei ca. 400 S. Br. und entsprach einer plötzlichen Temperaturabnahme (17. November bezw. 31. Dezember). Bis ca. 500 S. waren dem Plankton einige auch in wärmeren Meeren vorkommende Formen bei⸗ gemengt (z. B. Halosphaera, Ceratium-Arten), welche weiter südlich verschwanden. Die erwähnten Grenzen entsprachen ungefähr den Jahresisothermen der Meeresoberfläche von 12 bis 13 C. bezw. 40 C. (Berghaus, Atlas der Hydrographie). Die antarktische Planktonvegetation ist weit massenhafter entwickelt als diejenige warmer Meere und besitzt eine braun⸗ gelbe, durch die Chromatophoren der Diatomeen bedingte Gesammtfärbung. ie herrschenden Formen sind durchweg Diatomeen und zwar gehören sie in erster Linie den Gattungen Chaetoceras, Rhizosolenia und Synedra an, die alle drei durch mehrere Arten vertreten sind. Sehr häufig zeigt die eine oder die andere der herrschenden Gattungen ein beträcht⸗ liches Uebergewicht, sodaß man von einem Chaetoceras-, einem Rhizosolenia-, einem Synedra- ausnahmsweise von einem Corethron-Plankton sprechen kann. In den hoöchsten Breiten bei großen Mengen Packeis war Chaetoceras stets über⸗ wiegend. 8 Gewöhnlich ist jede der herrschenden drei Gattungen gleichzeitig durch zwei oder mehrere Arten vertreten, z. B. Rhizosolenia durch R. semispina, alata und inermis: Synedra durch S. thalassotrix var. antarctica oder var. spothulata Schimp. zusammen mit S. Holsatiae; Chaetoceras durch eine Mehrzahl von zur Zeit meist noch unbestimmten Arten. Die herrschenden Formen sind stets von Arten anderer

Gattungen begleitet, haͤufige Nebenbestandtheile sind in erster

Linie Corethron criophilum (ausnahmsweise vorherrschend), Fragitaria-Arten, Dactyliosolen antarcticum, während Arten von Coscinodiscus, Asteromphalus, Thalassiosira. Biddul- phia, Bacteriastrum weniger zahlreich zu sein pflegen, aber doch selten fehlen.

Die Flogellaten treten neben den Diatomeen ganz zurück, doch fand sich ein neues Peridinium, P. antarcticum Schimp., in jedem Fange und in ziemlicher Anzahl; dadurch, sowie durch seine leichte Kenntlichkeit stellt es eine der besten Leitformen des antarktischen Planktons dar, dem es ganz ausschließlich gehört. Außerdem werden gewöhnlich Formen von Peridinium divergens, P. Michaélis, Distephanus sp. sowie einige sehr einfache, ungepanzerte, zur Zeit unbestimmte Flagellaten beob⸗ achtet. Bei ca. 50 ° und nördlich davon treten im Atlantik Ceratium fusus forma brevis, im Indik C. candelabroides auf. Eine einzellige, schleimige Kolonien bildende Alge war in vielen Fängen vorhanden.

Ueber die Verbreitung der antarktischen Planktongewächse außerhalb des Gebietes läßt sich zur Zeit nur wenig Sicheres angeben. Nach den bisherigen Befunden fehlen in den warmen Meeren Rhizosolenia inermis, die meisten, wenn nicht alle antarktischen Chaetoceras-Arten. Die beiden Formen der Synedra thalassotria und S. Holsatiae, die Fragilarien, Dactyliosolen (2) Corethron, Peridinium antarcticum, Distephanus und die anderen einfachen Flagellaten, während Peridinium divergens, Rhizosolenia alata und semispina auch in wärmeren Meeren vorkommen. Ueber Coscinodiscus, Asteromphalus, Thalassiosira läßt sich wegen der Schwierig⸗ keit der Bestimmung noch nichts sagen.

Die Beziehungen des antarktischen Planktons zum ark⸗ tischen werden sich erst nach Erscheinen der Diatomeen⸗ und Piridineen⸗Monographien der Plankton⸗Expedition feststellen lassen. Unterschiede sind bestimmt vorhanden: so fehlen dem Antarktik die im Arktik massenhaft auftretenden Ceratien, was wohl auf die größere Sommerwärme des letzteren zurück⸗

uführen ist. Mehrere Arten und Formen lassen sich jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit als im Arktik fehlend be⸗ nämlich Corothron criophilum, Rhizosolenia inermis, ynedra thalassotrix var. antarctica und var. spathnlata, Peridinium antarcticum und wahrscheinlich eine Anzahl Chaetoceras und Coscinodiscus-Arten.

Assimilierende Organismen sind natürlich, da für ihre Existenz an die Anwesenheit von Licht gebunden, auf die durch⸗ leuchtete Oberfläche des Meeres beschränkt und zwar hat sich

die für die A

ssimilation nöthige Lichtmasse als größer erwiesen, als für einzelne andere physiologische Vorgänge (Chlorophyll- Bildung, Heliotropismus), oder für die Schwärzung der photographischen Platte. Die Mächtigkeit dieser Schicht wurde durch Schließnetzzüge zu ermitteln versucht; ihre untere Ahae⸗ erwies sich durchweg als zwischen 300 und 400 m liegend, doch ist die assimilierende Vegetation unterhalb 200 m (bei sehr reicher Entwickelung des oberflächlichen Plankton und ent⸗ sprechender Verminderung der Durchsichtigkeit schon unterhalb 100 m) äußerst dünn gesät.

In den unterhalb 400 m ausgeführten Fängen zeigten sich neben zahlreichen leeren oder abgestorbene Reste führenden Schalen nur ganz vereinzelt lebende Exemplare, die in der großen Mehrzahl Veränderungen ihres Inhalts aufwiesen, wie ie anhaltende Dunkelheit hervorruft, sodaß mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie von mehr oberflächlichen Schichten herabgefallen und in der jetzigen Tiefe nicht existenzfähig waren. Bezeichnend ist es in letzterer Hinsicht auch, daß die in den oberen Schichten lange Ketten bildenden Formen (Chaetoceras, Rhizosolenia, Fragilaria) nur in kurzen Bruch⸗ stücken vorhanden waren, an deren Enden sich vielfach noch Ueberreste der benachbarten Zellen befanden, wodurch ihre Natur als Trümmer aus ursprünglich längeren Ketten ohne weiteres ersichtlich war. Das Herunterfallen solcher kurzen Fragmente ist leicht begreiflich, da die Verbindung zu langen Ketten die Schwebefähigkeit wesentlich erhöht.

Die Planktonvegetation ist in der von ihr eingenommenen oberflächlichen Schicht keineswegs gleichmäßig vertheilt, sondern zeigt eine ausgeprägte horizontale Differenzierung. Die Masse derselben ist bis ca. 20 m Tiefe eine sehr geringe und nimmt bis 40 m oder auch bis in noch etwas größere Tiefen zu, bis sie ihr Maximum erreicht, welches sie bis 80 m Tiefe bei⸗ behält; dann findet eine plötzliche sehr starke Abnahme statt, auf welche bis zur unteren absoluten Grenze ein langsames Abnehmen folgt.

Die horizontale Differenzierung ist nicht bloß eine quan-⸗ titative, sondern auch eine qualitative, welche letztere jedoch weit weniger ausgeprägt ist als in wärmeren Meeren. Corethron und die nackten Flagellaten scheinen unter 80 m. ganz zu fehlen. Chaetoceras wird auch da, wo es in geringen Tiefen massenhaft auftritt, äußerst spärlich; Rhizosolenia, Fragilaria, Synedra nehmen ebenfalls stark, jedoch in nicht so hohem Grade wie Chaetoceras ab, dagegen scheint die Anzahl der Eremplare von Coscinodiscus Asteromphalus bis gegen 200 m unverändert zu bleiben oder sogar zu⸗ zunehmen, sodaß die im reichen oberen Plankton untergeordnet auftretenden Formen im spärlichen unteren Plankton oft vor⸗ herrschend werden. Von nicht assimilierenden Pflanzen scheint Peridininm divergens in der Nähe der Oberfläche zu fehlen oder selten zu sein, auch da, wo es in größeren Tiefen, etwa von 40 m an sehr häufig wird.

Die Ursache der Abnahme des Plankton in der Tiefe ist nur in derjenigen der Beleuchtung zu suchen, da die Unter⸗ schiede der Temperatur gering sind und den tieferen Schichten zu gute kommen. Warum die oberflächlichste Schicht so arm ist, läßt sich zur Zeit nicht angeben; die Untersuchung der frag⸗ lichen Verhältnisse in den Tropen wird helfen, diese Frage zu lösen. Daß dicht unter der Oberfläche die Existenzbedingungen für die Vegetation nicht günstig sind, geht nicht bloß aus der geringen Masse, sondern auch aus der Inhaltsbeschaffenheit der einzelnen Zellen hervor. Bis 40 m ist das Cytoplasma oft kontrahiert, namentlich aber zeigen die Chromatophoren die Gruppierung in Haufen (Systrophe), welche als Wirkung ungünstiger Bedingungen, wie zu intensiver oder zu schwacher Beleuchtung, Kälte, starker Erschütterung, eintritt. Beim Aufbewahren an einer schwach beleuchteten Stelle stellten sich normale Verhältnisse ein, während sie im vollen Lichte er⸗ halten blieben; doch kann nicht das Licht allein, sondern es muß wahrscheinlich eine Konstellation ungünstiger äußerer Be⸗ dingungen diesen Erscheinungen zu Grunde liegen, da die⸗ selben nördlich vom 50. Grade spärlicher wurden und in der warmen Zone verschwanden.

Die Zusammensetzung des Plankton weicht von derjenigen des den Boden des antarktischen Ozeans bedeckenden Diatomeen⸗ Schlammes wesentlich ab, indem die im ersteren stets massen⸗ haft vorhandenen Chaetoceras-Arten im letzteren fehlen, während umgekehrt die im Plankton nur als Nebenbestand⸗ theile auftretenden Coscinodiscus-Arten Hauptbestandtheile des Schlammes bilden. Beiden gemeinsam ist hingegen der Reichthum an Fragilarien, Synedren und Rhizosolenien. Das Fehlen von Chaetoceras dürfte auf Auflösung der zarten Schalen durch das Seewasser zurückzuführen sein. Leere Skelette von Arten dieser Gattung zeigen sich nur in geringen Mengen schwebend in den oberflächlichen Schichten und fehlen bei 600 bis 700 m Tiese bereits gänzlich, während leere Schalen von Coscinodiscus oft sehr zahlreich in der Tiefe schweben, sogar da, wo lebende Individuen im Plankton selten sind.

Herrenhaus. 7. Sitzung vom 23. März 1899.

1b Nachtrag.

Die Rede, welche der Minister des Innern Freiherr von der Recke in Erxwiderung auf die Ausführungen der Grafen von Mirbach und von Klinckowstroem in der Generaldiskussion über den Staatshaushalts⸗Etat für 1899 gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Nach der ausführlichen Entgegnung des Herrn Justiz⸗Ministers glaube ich, meinerseits mich kurz fassen zu können. Ich kann mich aber doch nicht ganz entschlagen, den Ausführungen des Herrn Justiz⸗Ministers einige Worte hinzuzufügen, weil aus dem Vortrage des Herrn Grafen Klinckowstroem auch ein Vorwurf gegen die mir unterstellten Beamten, nämlich gegen die Polizei⸗ beamten, mic bervorzuleuchten schien. Vorausschicken mschte ich jedoch, meine Herren, daß ich mich mit einem großen Theil der Ausführungen des Herrn Grafen Klinckowstroem nur einverstanden erklären kann (Bravo!), insbesondere nach der Richtung hin, daß alle Behörden im Einverständniß und im Einvernehmen mit den staatserhaltenden Parteien und mit der staats⸗ erhaltenden Bevölkerung es für eine ihrer vornehmlichsten Pflichten halten müssen, den verderblichen Bestrebungen der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Ich habe es meinerseits in dieser Beziehung an Weisungen an die mir unterstellten Behörden nicht fehlen lassen, und

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ich kann dem Herrn Grafen von Klinckowstroem versichern, daß ich dabei bis an die äußerste Grenze der mir zustehenden Befugnisse ge⸗ gangen bin. (Bravo!)

Leider sind manche an sich zweckmäßige Maßregeln nach Lage der Gesetzgebung ausgeschlossen. Zum Beispiel würde es nicht zulässig sein, wie Herr Graf Klinckowstroem wünscht, eine allgemeine Weisfung dahin zu erlassen, daß kein Sozialdemokrat zu Ehrenämtern, namentlich in der Kommunalverwaltung, zugelassen werden dürfe. Denn wo weder ein Bestätigungsrecht, noch die Möglichkeit einer Entfernung auf dem Disziplinarwege vorliegt, ist es ist dies, wie ich voll⸗ ständig zugebe, sehr bedauerlich ein Einfluß der Staatsregierung nach dieser Richtung hin nicht möglich.

Meine Herren, Herr Graf von Klinckowstroem hat nun, wenn ich ihn recht verstanden habe, gegen die Polizei einen Vorwurf des⸗ halb erhoben, weil sie nicht schnell genug gegen gewisse verderbliche Preßerzeugnisse vorgegangen sei, gegen Flugblätter und gegen den sozialdemokratischen Kalender „Der ostpreußische Landbote“. Ich be⸗ dauere es auf das äußerste, daß es der Pollizei nicht gelungen ist, der Verbreitung dieser Preßerzeugnisse wirksam entgegenzutreten; aber nach Lage der Gesetzgebung kann man den Polizeibehörden daraus keinen Vorwurf machen. Herr Graf von Klinckowstroem irrt, wenn er meint, daß die Poltzeibehörden die Möglich⸗ keit hätten, vor der Verbreitung von derartigen Druckschriften Kenntniß zu nehmen. Nach § 9 des Preßgesetzes besteht überhaupt nur bei periodischen Druckschriften die Pflicht der Einreichung eines Pflichtexemplars bei der Polizeibehörde, und diese hat auch nicht vorher, sondern erst bei Beginn des Austheilens oder der Versendung zu erfolgen. Nun sind aber weder diese fraglichen Flugblätter, noch der sozialdemokratische Kalender periodische Druckschriften; also konnte die Polizei von diesen Druckschriften vor dem Erscheinen keine Kenntniß haben. Sie war infolge dessen auch nicht in der Lage, sie vorher durchzulesen und sich vor der Verbreitung schlüssig zu machen, ob si

etwa zu beschlagnahmen seien. Also mit diesen nichtperiodischen Druck⸗ 8

schriften steht die Sache doch anders, als Herr Graf von Klinckow⸗ stroem anzunehmen scheint. Sie wissen ja selbst, meine Herren, mit welcher, ich möchte sagen infernalischen Geschicklichkeit die Sozial⸗ demokratie bei der Verbreitung derartiger Druckschriften vorgeht, und es ist deshalb garnicht zu verwundern, daß eine große Partie von

Exemplaren dieses, wie ich allerdings zugebe, in hohem Maße gefähr⸗ lichen Kalenders verbreitet worden ist, ehe überhaupt nur ein Exemplar

davon in die Hände der Polizei gelangte. Ich muß daher feststellen, 1 daß man in Bezug hierauf der Polizeibehörde einen durchaus ungerecht⸗ fertigten Vorwurf gemacht hat.

8. Sitzung vom 23. März 1899.

Das Haus setzt die Berathung des Staatshaushalts⸗ Etats für 1899 beim Etat der Eisenbahnverwaltung

fort.

Freiherr von Tschammer empfiehlt der Eisenbahnverwaltung, während der Erntezeit von den Streckenarbeitern ein Drittel zu be⸗ urlauben, damit sie sich an den Erntearbeiten betheiligen können. Damit würde den Grundbesitzern ein wesentlicher Dienst geleistet werden; sie würden dann weniger auf ausländische Arbeiter zurückzu⸗ greifen haben. Redner bittet ferner, mehr gedruckte 8 vor⸗ räthig zu halten; die schriftliche Ausfertigung der Fahrscheine nehme zu viel Zeit in Anspruch.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: 1

Meine Herren! Dem ersten der beiden von Herrn von Tschamme geäußerten Wünsche habe ich bereits entsprochen. Es ist vor etniger Zeit von mir eine Weisung an die Direktionen ergangen, die übrigens auch früher schon bestanden bat, erstens dahin gehend, unter allen Um⸗ ständen keine Arbeiter anzunehmen, die aus einem Kontraktbruch kommen, und zweitens während der Erntezeit thunlichst die Arbeiten

einzuschränken, soweit das irgendwie mit dem Dienst und der Sicher⸗

heit des Betriebs vereinbar ist. Es ist auch eine Kontrole von mir angeordnet worden, daß namentlich das letztere fortlaufend geschieht. Ich hoffe, daß damit auch der Erfolg erreicht wird, den Herr von Tschammer von dieser Maßregel erwartet.

Was den zweiten Wunsch anbetrifft, so ist überall da, wo⸗sich durch mehrfache Forderung von Fahrkarten ein Bedürfniß heraus⸗ gestellt hat, auch den Direktionen gesagt worden, sie möchten gedruckte Fahrkarten vorräthig halten. Es geht das aber doch, glaube ich, zu weit, wenn das auch nur fär einzelne Fälle geschehen möchte; es wird dadurch die Menge an einzelnen Sorten von Fahrkarten außerordent⸗ lich vermehrt. Auf den kleinen Stationen hat das ja keine große Be⸗ deutung; aber wenn man eine einzelne Fahrkarte von einer kleinen Station nach einer großen giebt, so muß eine solche auch umgekehrt von der großen nach der kleinen Station gegeben werden, und, meine Herren, wenn Sie nun einmal in ein Fahrkartenbureau irgend einer größeren Station hineinsehen wollen, so werden Sie sich davon überzeugen, daß das kaum noch von dem Fahrkartenbeamten zu übersehen ist. Es ist das ja mit ein Hauptgrund, weshalb wir seit Jahren anstreben, eine Vereinfachung überhaupt des ganzen Fahrkartensystems herbei⸗ zuführen, die ja leider noch nicht gelungen ist, die aber augenblicklich wieder auf der Tagesordnung steht. Bekanntlich ist vom Reichs⸗ Eisenbahnamt eine Kommission dieserhalb berufen worden, die jetzt an der Arbeit ist. Ich werde aber gern allen Wünschen auf Ver⸗ mehrung der Fahrkarten entsprechen dort, wo sich das Bedürfniß dazu herausgestellt hat.

Fürst zu Putbus befürwortet eine bessere Verbindung von Breslau mit Posen über Polnisch⸗Lissa; man müsse jetzt dort mehrere Stunden zubringen, ehe man weiterfahren könne.

Freiberr von Tschammer dankt dem Minister für sein Entgegen⸗ kommen und bittet, nur solche Arbeiter zu beurlauben, welche nach⸗ weisen, daß sie zu Erntearbeiten angenommen siad.

Graf von Hutten⸗Czapski: Am 1. April tritt der neue

Militärtarif in Krast, welcher der Eisenbahnverwaltung wohl keinen Ausfall bringen wird. Sie sollte die Einnahmen der verschiedenen

Tarifpositionen getrennt feststellen lassen, je nachdem die Fahrkarte 1

vom Reiche oder von den Militärpersonen selbst bezahlt werden.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

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Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich darf wohl zunächst dem Herrn Fürsten zu

Putbus antworten, daß wir gern geneigt sind, wo sich ein Bedürfniß

herausstellt, Züge an einander anschließen zu lassen. Manchmal ist das aber auch beim besten Willen nicht möglich, ohne andererseits große Unzuträglichkeiten hervorzurufen. Ob das nun in dem Falle, den der Herr Fürst angeführt hat, zutrifft, kann ich hier nicht beurtheilen.

Dem Herrn Grafen von Hutten⸗Czapeki möchte ich antworten, daß schon jetzt Fürsorge getroffen ist, daß die Einnahmen aus denjenigen Fahrkarten, welche ven Reichswegen bezahlt werden, und denjenigen, welchen die Mannschaften selber bezahlen das ist also Nr. 2 und 3 des Militärtarifs —, getrennt gehalten werden. Die Verhältnisse, die zu einer Disparität in diesen beiden Klassen geführt haben, hat ja Herr Graf von Hutten⸗Czapski nicht weiter auseinandergesetzt. Ich kann mich deshalb auch dessen wohl enthalten.

Der Etat der Eisenbahnverwaltung wird genehmigt.

8 Beim Etat der Bauverwaltung führt

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Graf von Mirbach aus, daß durch seine Besitzung eine Eisen⸗ bahn und eine Chaussee führe und beide mit Telegraphenleitungen versehen seien, während es doch zweckmäßiger sei, die Telegraphen⸗ leitung nur an der Eisenbahn entlang zu führen. Redner befürwortet ferner eine Ausdehnung der Frachttarife für Nutzholz über Berlin hinaus, gegen die bisber immer die Holzinteressenten des Westens Widerspruch erhoben hätten. Dem Landwirthschafts⸗Minister gebühre der wärmste Dank der Landwirthschaft für sein Auftreten bei Berathung der Arbeiterfrage im Abgeordnetenhause. Aber er habe in der Be⸗ ziehung geirrt, daß er meinte, zu Eisenbahnbauten würden nicht die einheimischen Arbeiter heranzezogen, sondern die mit Unternehmern mitziehenden Arbeiter. Das sei nicht überall der Fall, jedenfalls jetzt nicht mehr. Beim Bau der Bahn Rothfließ —-Rudczanny seien gerade die einheimischen Arbeiter herangezogen worden. Der Eisenbahn⸗ Minister solle in dieser Beziehung auf die Wünsche der Landwirth⸗ schaft Rücksicht nehmen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meeine Herren! Wenn ich kurz Antwort geben darf auf die von dem Herrn Grafen von Mirbach hervorgehobenen drei Punkte, so möchte ich bezüglich der Telegraphenleitung bemerken, daß im wesent⸗ lichen die Reichs⸗Telegraphenverwaltung daran betheiligt ist. Sie wird in erster Linie gehört, wo die Telegraphenlinien hingestellt werden sollen. Denn sie ist diejenige, die den Betrieb auf den Linien, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, zu übernehmen hat. Wir sind bei dem Gestänge nur die Geduldeten. Aber ich bin sehr gern bereit, für die einzelnen Fälle die Direktionen dahin zu instruieren, mit möglichster Schonung der Waldbestände da vorzugehen, wo wir die Leitungen ausführen. Denn ich kann mir wohl denken, daß der Waldbesitzer mit schwerem Herzen sieht, wie gerade an der Lisibre seines Waldes die Bäume zugestutzt werden, um die Telegraphenleitung unterzubringen.

„Was dann zweitens den Staffeltarif für Holz anbetrifft, so nehme ich an, daß der Herr Graf meint das Nutzholz (Graf von Mirbach: Jawohl, Bretter!), Bretter u. s. w., da ja bekanntlich für die gröberen Sorten der Staffeltarif schon besteht. Ich bin bereit, auch in eine Prüfung dieser Frage einzutreten. Die Frage, die Herr Graf Mirbach angeregt hat, hat ja jetzt ein anderes Gesicht be⸗ kommen, da glücklicherweise die Preise sür Holz außerordentlich ge⸗ stiegen sind.

Was schließlich die ländlichen Arbeiter anbetrifft, so sind schon seit geraumer Zeit, seitdem sich die Anzeichen mehrten, daß die Arbeiter⸗ noth auf dem Lande immer stärkere Dimensionen annähme, In⸗ struktionen von mir hinausgegangen, bei den größeren Arbeitsunter⸗ nehmen mit der allerpeinlichsten Vorsicht vorzugehen, und die Direktionen sind darauf aufmerksam gemacht, womöglich solchen Unternehmern den Vorzug zu geben, wenn die Preise es zulassen, die in der Lage sind, einen Arbeiterstamm schon mitzubringen, oder auswärtige Arbeiter heranzuziehen. Leider stoßen wir sehr häufig auf den aller⸗ energischsten Widerstand der Gemeinden und auch der Lokalaufsichts⸗ behörden, die sich dagegen sträuben, fremde Arbeiter in ihre Gemein⸗ den hereinzubringen. Das sind widersprechende Interessen, die im einzelnen Falle bestmöglichst ausgeglichen werden müssen. Ich gebe aber zu, daß, wie die Dinge sich gestaltet haben, doch die Rücksicht auf die Aufrechterhaltung der Landwirthschaft wohl eine stärkere Betonung verdient. Ich würde also nach wie vor bereit sein, in der Beziehung schonend vorzugehen und ein wachsames Auge zu baben, daß das geschieht. Ich habe um so mehr Veranlassung dazu, da es in der Absicht der Königlichen Staatsregierung liegt, in den nächsten Jahren ganz erhebliche Staatsbauten auszuführen, sodaß wohl ganz besondere Vorsichtsmaßregeln getroffen werden müssen, daß nicht durch die Ausführung dieser Bauten der Arbeitsmarkt auf dem Lande geschwächt wird.

Herr von Klitzing: Werden wir Anwohner der Ostbahn nicht bald eine bessere Tagesverbindung mit Berlin bekommen? Durch die jetzigen Verhältnisse wird der Verkehr vermindert. Wer um 9 Uhr

in Berlin ankommen will, muß um 3, 4 Uhr Morgens aufbrechen. Nachmittags gehen zwei Züge kurz hintereinander.

Zu den einmaligen Ausgaben für das Geschäfts⸗ gebäude des Herrenhauses bemerkt

Freiherr Lucius von Ballhausen, daß diese Forderung die erste Baurate für das Herrenhaus sei. Man müsse sich die Er⸗ fabrungen beim anderen Hause nutzbar machen. Im Abgeordneten⸗ hause solle eine mangelhafte Akustik und Beleuchtung vorhanden sein. Der Grund liege wohl darin, daß man den Raum größer, als nothwendig sei, ausgestaltet habe. Es wäre zweckmäßig, wenn sich die Architekten über ähnliche Bauten im Auslande unterrichteten. Man scheine die viereckigen Säle für nothwendig zu halten, während in anderen Ländern die Säle halbrund seien. In beiden Pariser Parlamentshäusern sei die Akustik gut; man könne gut sehen, die Luft ei auch bei längeren Sitzungen gut. Mit dem Bau solle man nicht Prade übertrieben eilen. Aber man sehe in Berlin doch in zwei

ahren monumentale Bauten entstehen.

s-Arzeiger und Königlich Preußischen St

Ministerial⸗Direktor Schultz: Der Präsident des Abgeordneten⸗ hauses hat sich dahin ausgesprochen, daß die Akustik gut sei; wenn Ruhe im Hause herrsche, könne er den Verhandlungen folgen. Ebenso sprach sich Graf Limburg⸗Stirum aus, weniger günstig lauteten die Urtheile der Herren von Heereman und Sattler. Die Urtheile werden ja auch nach der Hörschärfe verschieden aus⸗ fallen. Daß die Redner sich mehr anstrengen müssen, ist bei den größeren Dimensionen selbstverständlich. Die Grundfläche des Saales, in welchem wir uns befinden, beträgt 488, die des Reichstagssaales 612 und die des neuen Abgeordnetenhauses 652 qm. Der Rauminhalt des hiesigen Saales beträgt 7000, der des Reichs⸗ tagssaales 9000, der des neuen Abgeordnetenhaussaales fast 13 000 cbm. Die Bauzeit für das Herrenhaus ist auf zwei Jahre sodaß die Sitzungen des Herrenhauses von 1901 ab im neuen Haufe statt⸗ finden können.

Der Etat der Bauverwaltung wird genehmigt, ebenso der Etat des Justiz⸗Ministeriums.

Es folgt der Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Berichterstatter ist Freiherr von Durant, welcher am Schlusse seines Referats seiner Befriedigung darüber Ausdruck verleiht, daß es möglich gewesen sei, im vergangenen Jahre in Anwesenheit des Erlauchten Kaiserpaares die Erlöser⸗Kirche in Jerusalem einzuweihen.

Freiherr von Solemacher⸗Antweiler spricht im Namen aller Katholiken Seiner Majestät dem Kaiser und König den Dank für die hochberzige Gesinnung aus, die Allerhöchstderselbe durch die Schenkung der „Dormition“ bewiesen habe. Er sei hocherfreut, dieser Dankbarkeit haben Ausdruck geben zu können.

Bei den Ausgaben für die Universitäten geht

Professor Dr. Bierling⸗Greifswald auf die neue Besoldungs⸗ ordnung für die Universitäts⸗Professoren ein, die ihm viele Maͤngel

zu enthalten scheine.

Professor Dr. Küster⸗Marburg mißbilligt, daß die Mediziner, welche eine Praxis treiben, von der Besoldungsordnung ausgeschlossen sein sollen. Die Verwaltung sehe die Privatpraxis der Universitäts⸗ lehrer nicht gern. Aber die Mediziner könnten die Privatpraxis nicht entbehren.

Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Elster: Nur die Mediziner, welche eine Privatpraxis treiben, aber nicht die Kliniker sind von der Besoldungsordnung ausgeschlossen. Würden Professoren der anderen Fakultäten eine der medizinischen Praxis ähnliche Erwerbs⸗ thätigkeit treiben, so würden sie ebenfalls von der Besoldungsordnung ausgeschlossen werden. Wenn die Professoren ausgeschlossen werden, welche ein besonderes Gehalt im Nebenamte erhalten, so müssen auch diejenigen ausgeschlossen werden, welche eine Remuneration be⸗ ziehen. Das Grundgehalt wird davon aber nicht berührt, sondern nur die Alterszulagen. Das Grundgehalt behält unter allen Umständen jeder Professor. Die Dekanats⸗ und Rektoratsgebühren können nicht zur Anrechnung kommen; denn das sind keine fortdauernden Einnahmen, da Rektor und Dekan nach Jahresfrist ihr Amt wieder abgeben. Die Promotionsgebühren fallen aber unter die anzurechnen⸗ den Nebeneinnahmen. Die Besoldungsordnung findet immer mehr allgemeine Zustimmung, nachdem die Mißverständnisse mehr und mehr beseitigt sind.

Professor Dr. Bierling: Gehört das Präzipuum des Dekans an den Promotionsgebühren zu den anzurechnenden Gebühren?

Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Elster: Das Präzipuum des Dekans ist keine dauernde Einnahme. Die Promotionsgebühren er⸗ reichen nur bei zwei medizinischen Fakultäten den Satz von 1800 ℳ, bei welchen überhaupt eine Anrechnung erfolgen würde.

Die Ausgaben für die Universitäten und die neue Be⸗ soldungsordnung für die Professoren werden darauf genehmigt. Alsdann wird der Etat im Ganzen einstimmig an⸗ genommen.

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Schon wiederholt ist die deutsche Geschäftswelt gewarnt worden, mit Willem Siehl in Amsterdam in Verbindung zu treten und ihm Waaren zu liefern. Siehl, der unter wechselnden Firmen, wie W. Siehl, W. Zoon (Wzn), Guillaume Siehl fils, F. W. Zwitzer u. s. w., aund außer von Amsterdam auch von Rotterdam, Brüssel und anderen niederländischen und belgischen Plätzen aus Waarenbestellungen an deutsche Geschäftsleute richtet, bedient sich in neuerer Zeit mit Vorliebe der Firma „Maison Switzer, American, English, French and Austrian Goods.“ Es kann nur erneut empfohlen werden, ihm gegenüber die größte Vorsicht zu beobachten. 1 1

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 8 An der Ruhr 28⸗ am 24. d. M. gestellt 15 649, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 24. d. M. gestellt 5424, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine W 1“

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9 Galizien. onkurseröffnung über das Vermögen des Vorschuß⸗ und Handels⸗Vereins zur Fnehfüang des Schankwirth⸗ schaftsgewerbes, eingetragener Genossenschaft mit, beschränkter Haft⸗ pflicht, in Lemberg, Sykstuska⸗Gasse Nr. 17, mittels Bescheides des K. K. Landgerichts in Lemberg vom 18 März 1899 Nr. S. 4/99. eeee Konkursmasseverwalter Advokat Dr. Leo Jekeles in emberg. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkurs⸗ masseverwalters) 29. März 1899, Vormittags 10 Uhr. Die Forde⸗ rungen sind bis zum 15. Mai 1899 bei dem genannten Gerichte anzumelden. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der An⸗ sprüche) 15. Juni 1899, Vormittags 9 Uhr.

Konkurseröffnung über das Vermögen des nicht protokollierten Kaufmanns Hirsch Koß in Ropeczyce mittels Bescheides des K. K. Kreisgerichts, Abtheilung IV, in Tarnow vom 20. März 1899 Nr. S. 2/99. Provisorischer Konkursmasseverwalter: Advokat Moritz Affe in Ropczyce. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 5 April 1899, Vormittags 10 Uhr. Die Forderungen sind bis zum 28. Aprill 899 bei dem genannten Gerichte anzumelden. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der An⸗ sprüche) 26. Mai 1899, Vormittags 10 Uhr.

Jahre 1897

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aats⸗Anzeiger.

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““ 88 9 8 8 1899.

Berlin, 24. März. Marktpreise nach Ermittelungen des Königlichen Polizei⸗Präsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Per Doppel⸗Ztr. für: Weizen 16,00 ℳ; 15,00 Roggen 14,20 ℳ; 13,40 Futtergerste 13,40 ℳ; 12,90 Hafer, gute Sorte, 15,30 ℳ; 14,80 Mittel⸗Sorte 14,70 ℳ; 14,10 ℳ; geringe Sorte 14,00 ℳ; 13,50 Richtstroh 4,32 ℳ; 3,66 Heu 6,90 ℳ; 4 60 “‧„‧Erbsen, gelbe, zum Kochen 40,00 ℳ; 25,00 **Speisebohnen, weiße 50,00 ℳ; 25,00 *Linsen 70,00 ℳ; 30,00 Kartoffeln 6,00 ℳ; 4,00 Rindfleisch von der Keule 1 kg 1,60 ℳ; 1,20 dito Bauchfleisch 1 88 1,20 ℳ; 1,00 Schweinefleisch 1 kg 1,60 ℳ; 1,20 Kalbfleisch 1 kg 1,80 ℳ; 1,00 Hammelfleisch 1 kg 1,60 ℳ; 1,00 Butter 1 kg 2,60 ℳ; 2,00 Eier 60 Stück 4,00 ℳ; 2,40 Karpfen 1 kg 2,20 ℳ; 1,20 Aale 1 kg 3,00 ℳ; 1,80 Zander 1 kg 2,60 ℳ; 1,00 Hechte 1 kg 2,00 ℳ; 1,00 % Barsche 1 kg 1,60 ℳ; 0,80 Schleie 1 kg 3,00 ℳ; 1,40 Bleie 1 kg 1,40 ℳ; 0,80 Krebse 60 Stück 12,00 ℳ; 4,00

* Ermittelt pro Tonne von der Ferhalfära. der preußischen Land⸗ wirthschaftskammern Notierungsstelle und umgerechnet vom Polizei⸗Präsidium für den Doppelzentner. 2e Kleinhandelspreise. 88

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Berlin, 24. März. (Bericht über Speisefette von Gebr. 8' Butter: Der Konsum am hiesigen Platze war auch in dieser Woche noch nicht genügend, um die recht großen Zufuhren in feiner Butter aufzunehmen. Nach der Provinz ist ein sehr schwacher Absatz, da die hiesigen Preise gegen andere Märkte zu hoch sind, auch beeinträchtigt die kalte Witterung den Konsum sehr. Die Preise werden nur in der Erwartung gehalten, daß die nächste Woche noch ein leb⸗ haftes Festgeschäft bringen wird. Landbutter ist etwas mehr zugeführt und der Bedarf darin gedeckt. Die heutigen Notierungen sind: Hof⸗ und Genossenschaftsbutter ILa. Qualität 102 ℳ, dito II a. Qualität 99 ℳ, Landbutter 85 bis 95 Schmalz: Die Feschäftsstille wo⸗ runter der Handel schon seit Wochen zu leiden büt, ist noch immer nicht gewichen. Der geringe Absatz zwang geldbedürftige kleine Händler, zu Schleuderpreisen abzugeben, wodurch der Handel im allgemeinen stark geschädigt wird. Augenblicklich sind die hiesigen Verkaufspreise für Schmalz so niedrig, daß man bei Verkäufen in Amerika höhere Preise er⸗ zielen würde. Die heutigen Notierungen sind: Choice Western Steam 33,50 ℳ, amerikanisches Tafelschmalz 36 ℳ, Berliner Stadtschmalz 37 ℳ, Berliner Bratenschmalz 38 ℳ, Fairbank⸗Kunstspeisefett 32 Speck: Das Geschäft zeigt noch keine Besserung.

In der heutigen Aufsichtsrathssitzung der Deutschen Waffen⸗

und Munitionsfabriken in Berlin wurde beschlossen, der zum 22. April einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung einer

Dividende von 25 %, wie im Vorjahre, vorzuschlagen. 400 000

sollen dem gesetzlichen und Sppezialzeservefonds 774 893,82 zu Abschreibungen verwendet werden.

zugeführt und Für Neu⸗

investitionen sind seit Uebernahme der Waffenfabriken 7 ¼ Millionen

verwendet, die zum theil aus den Abschreibungen der letzten Jahr

befriedigt wurden. Zur Deckung des Restes und zur Stärkung der Betriebsmittel wurde eine Kapitalsvermehrung von nom. 3 000 000

Aktien beschlossen, welche den alten Aktionären angeboten werden sollen.

die „Schl. Ztg.“”: Auf dem Eisenmarkt nichts geändert. Die Verkaufsthätigkeit actenö ftc bei sämmtlichen oberschlesischen Werken immer noch o groß ist, daß an einer R üh der Arbeitsverbindlichkeiten bis auf weiteres kein Werk im Revier ein Interesse hat. Aber auch ab⸗ gesehen hiervon sind die Werke

zum Kurse von 200 Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt schreibt hat sich gegen die Vorwoche ruht weiter, weil der Ver.

bei der mehr und mehr fühlbar

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werdenden Knappheit an Rohmaterial und den steigenden Preisen für

dasselbe gezwungen, mit neuen Verkäufen von Fertigeisen vorsichtig zu sein, damit sie später nicht in Verlegenheit kommen, liche Rohmaterial in genügender Menge zu beschaffen. Nachfrage nach Fertigeisen in steter Zunahme. Schiffsbaumaterial, Baueisen, Nieten⸗ und Schraubeneisen wird mehr verlangt, als im Revier überhaupt hergestellt werden kann. Aeußerst rege ist auch das Geschäft in Kesselblechen, Grobblechen und namentlich in —— blechen, die vom Inland und Ausland bei anziehenden Preisen stark begehrt sind. Die Eingänge an Spezifikationen waren in der Berichtswoche ebenso umfangreich wie in den Vorwochen, und der Beschäftigungsgrad der Werke hat daher keine Verringerung erfahren. Für Sppezifikationen, zu deren nahme die Werke geneigt sind, wird fast jeder Preis bewilligt, wenn nur die Lieferung in der gewünschten Weise erfolgt. Im Auslands⸗ geschäft hat sich die Lage gegen die Vorwoche ebenfalls nicht geändert; die Kauflust ist dort anhaltend größer als die Möglichkeit, sie zu be⸗ friedigen. Daher spielt auch bei der Abgabe von Walzwerksprodukten nach dem Auslande die Preisfrage gegenwärtig so gut wie gar keine Rolle. Rohzink. Die Woche verging, ohne daß sich das Ge⸗ schäft belebte, da die Hütten aus ihrer abwartenden Stellung nicht herausgingen. Im Zinkblechgeschäft trat gegen die Vorwoche keine Veränderung ein.

Zu den Aktien und Genußscheinen der Vereinigten Fabriken photographischer Papiere werden neue Divi⸗ dendenscheine Nr. 11 bis 20 für die Jahre 1899 bis 1908) aus⸗ gegeben. Die Aktionäre werden demgemäß aufgefordert, die alten Talons mit doppeltem Nummernverzeichniß bei der Kasse der Gesell⸗ schaft in Dresden⸗A., Blumenstraße 80, oder bei den Bankhäusern Günther und Rudolph in Dresden und Eduard Rocksch Nachf. in Dresden baldigst einzureichen.

Die Süddeutsche Bodenkreditbank in München ge nehmigte in ihrer am 18. d. M. abgehaltenen Generalversammlun die vorgelegte Bilanz, die Verwendung des Reingewinns 89. den Vorschlägen des Aufsichtsraths und die Ertheilung der Ent⸗ lastung für den Aufsichtsrath und die Direktion. Es hat danach die Vertheilung einer Dividende von 7 % des Aktienkapitals von 24 000 000 an die Aktionäre und die Verwendung von 151 038,50 zur Bestreitung der vertrags⸗ und statutmäßigen Tantiomen stattzu⸗ finden; ferner sind 200 000 der Spezialreserve zu überweisen und 150 000 zur Verstärkung der Baureserve zu bestimmen, schließlich 30 000 der Pensionskasse der Angestellten des Instituts zuzuweisen und 165 988,83 auf neue Rechnung vorzutragen.

2 —— Wie sich aus dem Jahresbericht der Württembergischen Bankanstalt vorm. Pflaum u. Co. in Stuttgart ergiebt, betrug der Bruttogewinn im Jahre 1898 (ausschließlich des Vortrags vom Jahre 1897) 797 9657 = 13,30 % des Aktienkapitals gegen 762 158 = 12,70 % in 1897, wovon nach Abzug der Unkosten ein Nettogewinn von 617 733 = 10,29 % gegen 582 911 = 9,71 % in 1897 verbleibt. Die Aktionäre sollen hiervon wieder eine Dividende von 7 % mit 420 000 erhalten.

Aus dem Geschäftsbericht der Direktion der Mecklen⸗ burgischen Bank für das Verwaltungsjahr 1898 ergiebt sich, daß der nach Abzug aller Unkosten sowie der statutengemäßen Vergütung an den Aufsichtzrath verbleibende Gesammt⸗ Reingewinn 186 882,74 lim Vorjahre 153 491,64) und zuzüglich des Vortrags aus dem

von 6496,86 (t. V. 13 633,71) 193 379,60 beträgt

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das erforder⸗ Dabei ist die

freihändiger Ueber⸗