1899 / 90 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Apr 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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erlaubt, in den einleitenden Worten für die erste Lesung bereits darauf hinzuweisen, daß diese Ausführung eine irrthümliche ist. Auch hat Herr Graf Strachwitz in Zweifel gezogen und ebenso ist das von einigen früheren Rednern geschehen daß die Garantien, wenn es nun wirklich mit dem Kanal schief gehen sollte, realisiert würden. Meine Herren, in der Beziehung bestehen bei der Staatsregierung gar keine Zweifel; es sind bündige, rechtkräftige Verträge mit leistungs⸗ fähigen Garanten abgeschlossen worden, und es ist gar nicht einzusehen, warum wir in dieser Beziehung anders verfahren sollten, als wir z. B. verfahren, wenn die Kreise für den Eisenbahnbau den Grund⸗ erwerb versprechen. Dann bestehen wir auf unserm Schein und wir werden auch in diesem Fall auf unserm Schein bestehen. Wir haben den Garanten klar und deutlich gesagt, daß sie sich selber überzeugen müssen, ob sie die Garantie übernehmen wollen. Wir lieferten ihnen das Material, aber unsererseits eine Garantie für das Material zu übernehmen, seien wir außer stande; sie müssen selbst prüfen und sich schlüssig machen über die zu erwartenden Erträge. Das ist dann auch geschehen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß der Staat Bremen ja wahrlich im Verhältniß zu seiner Einwohnerzahl, zu seiner Leistungsfähigkeit ein kolossales Risiko übernimmt, wenn er die Kosten für die Kanalisierung der Weser von Hameln bis Bremen mit 42 Millionen übernimmt. Die klugen und scharf rechnenden Bremer Kaufleute und Rheder haben sich nicht umsonst zu diesem Opfer entschlossen, sondern in dem vollen Bewußtsein, daß sie nicht nur direkt Reinerträge von dem Kanal haben würden, die die Verzinsung und Amortisation der hohen Summe decken, sondern daß der indirekte Vortheil noch größer sein wird.

Der Herr Graf Strachwitz hat gemeint, daß von Eisenbahn⸗ Autoritäten und vielen anderen Leuten bestritten würde ich glaube, er hat sich zu den andern ebenfalls gerechnet (Heiterkeit), erstens, daß es noth⸗ wendig sei, die Eisenbahnen zu entlasten, und zweitens, daß dieses Mittel, welches die Staatsregierung in Aussicht genommen habe, geeignet sei, den Erfolg herbeizuführen. Die Entlastung der Eifenbahnen solle in erster Linie bewirkt werden im sogenannten niederrheinisch⸗westfälischen Industriegebiet. Diejenigen Herren, welche mit den dortigen Verhält⸗ nissen näher bekannt sind, wie z. B. der Herr Abg. Schwarze, der heute die Verhältnisse näher geschildert hat, oder der Herr Abg. Schmieding und auch viele andere von den Herren hier, können gar⸗ nicht darüber zweifelhaft sein, daß unfehlbar eine Zeit kommen wird in dem niederrheinisch⸗westfälischen Industriegebiet, wo die Eisenbahnen nicht mehr im stande sein werden. den Verkehr allein zu bewältigen. (Sehr richtig!) Wer das bestreitet, den möchte ich bitten, sich mit den Verbältnissen etwas näher vertraut zu machen. Ich bedauere sehr, daß ich nicht das ganze hohe Haus mal auf einen Tag in das Kohlen⸗ revier hinfahren kann (Heiterkeit), um ihm zu zeigen, in welcher Be⸗ drängniß wir dort sind. Von den Herren, die das bestreiten, behaupte ich, sie wissen überhaupt gar nicht, worin diese Bedrängniß eigentlich besteht; sie haben keine Ahnung davon, wie der Betrieb sich dort vollzieht; wenn sie das wüßten, könnten sie die Bedrängniß absolut nicht bestreiten. Wie es uns geht in den Sturm⸗ und Drangperioden des Spätherbstes, in welcher Noth und Sorge wir von Tag zu Tag dann leben, will ich nicht weiter ausführen. Und wie wird es kommen, wenn der Verkehr weiter wächst? Daß das nicht ewig in dem Ver⸗ hältniß der letzten Jahre so weitergeht, davon bin ich ja auch über⸗ zeugt. In allen wirthschaftlichen Verhältnissen wechselt Ebbe und Fluth, aber es kommt nach der Ebbe immer wieder eine Fluth, und zwar meist eine starke Welle. Vor der Hand ist noch gar nicht abzusehen, ob wir auf den Punkt gekommen sind, wo die Tiden wechseln; einstweilen sogar, glaube ich, müssen wir annehmen, daß wir für die nächsten Jahre noch mit einem sehr viel höheren Verkehrs⸗ zuwachs prozentual zu rechnen haben, als das in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Man spricht jetzt schon von Roheisennoth; es wird nicht lange dauern, dann spricht man auch von Kohlen⸗ noth, und daß man davon spricht, ist ja im allge⸗ meinen als ein Zeichen aufzufassen dafür, daß unser wirth⸗ schaftliches Leben in einem Aufblühen und in einer Erstarkung be⸗ griffen ist, wie wir es früher niemals gekannt haben.

Herr Graf Strachwitz glaubt also nicht nur, daß die Entlastung nicht nothwendig sei, sondern er glaubt ferner, daß die Entlastung wirksam auch nicht durch den Kanal herbeigeführt werden kann. Ich nehme an er hat es zwar nicht ausgesprochen, aber es ist ja die nothwendige Ergänzung —, daß er glaubt, die Ent⸗ lastung würde viel zweckmäßiger durch Eisenbahnanlagen ausge⸗ führt werden können. Er hat offenbar immer nur den großen Durch⸗ schnittsverkehr im Lande im Auge gehabt, aber nicht den speziellen Verkehr im Industrierevier. Im Durchschnitt können wir noch sehr viel mehr leisten ich will mal sagen von Dortmund oder von Hamm nach Hannover oder nach Magdeburg, und wenn der Verkehr mit den vorhandenen Geleisen einmal nicht mehr geleistet werden kann, dann legen wir noch zwei Geleise daneben, dann werden wir ungefähr das Doppelte noch leisten. Ob das einschließlich der Ausrüstung viel weniger kosten wird als der Kanal, ist mir zweifelhaft. Aber darum geht es bei diesem Motive für den Bau der Kanäle nicht, sondern es geht um die Entlastung des eng begrenzten Reviers.

Wenn uns da vorgeworfen wird: ihr müßt mit eurem Eisenbahn⸗ betriebe dasselbe leisten können, was die Engländer und Amerikaner können, so antworte ich: zeigt uns doch in England oder Amerika ein Gebiet, das auch nur annähernd den Verkehr hat. In England existiert es nicht und in Amerika noch viel weniger. Die Dichtigkeit ist eben viel größer in diesem enzbegrenzten Gebiet als in irgend einem der anderen Länder, und darum ist dort die Bedrängniß so groß geworden.

Die Gefahr, daß durch den Kanal die Industrie bis zum Ab⸗ schluß der neuen Handelsverträge so groß würde, daß der Abschluß dadurch ungünstig beeinflußt werden würde, ist, glaube ich, nicht sehr nahe liegend. Es ist dem Herrn Grafen Strachwitz wohl im Augen⸗ blick nicht erinnerlich gewesen, daß wir ja den Kanal erst nach zehn Jahren haben, daß wir aber an die Handelsverträge fast möchte ich sagen, Gott sei Dank! in viel kürzerer Zeit herantreten werden. Also die durch den Kanal hervorgerufene Vermehrung der Industriestätten kann auf den Ab⸗ schluß neuer Handelsverträge noch nicht einwirken.

Dann sind von dem Herrn Grafen Strachwitz noch mehrere Be⸗ merkungen gemacht worden, die sich im großen Ganzen aber wohl besser zur Erörterung in der Kommission eignen. Er hat namentlich auf schlesische landwirthschaftliche Verhältnisse hin⸗ gewiesen, auf die Gefahren, die für die schlesische Gerste und für das schlesische Malz aus dem Kanal sich ergeben würden.

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Diese Artikel gingen in großen Mengen nach Süddeutschland und nach Sachsen. Gerste und Malz sind allerdings auf kurze Zeit in ziemlich großer Menge nach diesen Gegenden gegangen, und zwar als wir die Staffeltarife hatten; nachdem die aufgehoben sind, ist der Versand von schlesischer Gerste nach diesen Gegenden fast ganz ver⸗ schwunden, und der Versand von schlesischem Malz ist ebenfalls sehr viel geringer geworden. Ueberdies eignet sich Malz zum Wasser⸗ transport nur sehr wenig; Malz wird der Hauptsache nach immer auf den Eisenbahnen bleiben, ist auch ein Artikel von so hohem Werth, daß man das Risiko der verlängerten Fahrt und der klimatischen Ein⸗ flüsse nicht laufen darf. Also auf diese Artikel wird der Kanal, glaube ich, einen Einfluß nicht haben.

Meine Herren, die Einnahmeausfälle, die berechnet worden sind, bilden jedenfalls einen der Hauptfaktoren, die in der Kommisston erörtert werden müssen. Die Staatsregierung muß eingehendste Aus⸗ kunft ertheilen, welches Bild sie sich von den Verkehrsverhältnissen auf der Eisenbahn macht, nachdem der Kanal eröffnet worden ist, und inwiefern sie glaubt, daß durch den Kanal in Zukunft der Eisenbahn⸗ bau in engeren Grenzen gehalten werden kann. In letzterer Beziehung kann ich nur wiederholen, was ich schon bei der Lesung des Eisenbahn⸗ Etats gesagt habe: es kann nur parallel vorgegangen werden, wir bedürfen des Zusammenschlusses der Wasserstraßen und des weiteren Ausbaues der Eisenbahnen, und ich bin überzeugt, daß Sie nach dieser Richtung hin der Staatsregierung die Mittel nie versagen werden. (Bravo!l links.)

Ober⸗Baudirektor Kummer geht auf die wasserbautechnischen Einzelheiten ein, die von den Rednern berührt worden sind, nament⸗ bezeichnet er die Befürchtung, daß die Wasserentnahme aus der Weser u. s. w. für die Anlieger der betreffenden Flüsse und für die Landes⸗ meliorationen im allgemeinen bedenklich sein könne, als völlig unbe⸗ gründet. Der Kanal, führt der Redner aus, wird gerade die Möglich⸗ keit geben, den Segen, den der Regen an verschiedenen Stellen ver⸗ schieden bringt, richtig zu vertheilen. Von dem Bergbau wird der Kanal nicht beeinträchtigt werden. Die starke Mergelschicht über den Kohlenlagern wird eine solche Beeinträchtigung fern⸗ halten. Bezüglich der Zahl der Frosttage, die von Herrn Gothein bemängelt worden ist, muß alles aufrecht erhalten werden, was in der Denkschrift von Sympher behauptet worden ist; die Angaben beruben auf amtlichen Quellen. Die Kosten des Kanals sind richtig veranschlagt, und es liegt durchaus kein Grund vor, den Wasserbavtechnikern nach dieser Richtung hin irgendwelchen allgemeinen Vorwurf zu machen. Die Kosten für diesen Kanal sind so veranschlagt, daß in keiner Weise eine Ueberschreitung derselben zu erwarten ist. Wenn auf den Dortmund⸗Ems⸗Kanal verwiesen wird, der immer noch ein Dutchsickern des Wassers zeige, so sind das eben Kinderkrankheiten Die lokale Schiffahrt auf dem Dortmund⸗Ems⸗ Kanal ist schon länast eröffnet; die durchgehende Schiffahrt wird wohl auch demnächst eröffnet werden können.

Abg. Dr. van der Borcht (nl.): Es geschehen in diesem Hause Zeichen und Wunder: Graf Strachwitz hbält eine lange Rede gegen den Kanal und schließt mit Ausführungen, die eigentlich für den Kanal sprechen; Herr Herold spricht für den Kanal, und man fragt sich nach seinen Ausfübrungen erstaunt, welchen Standpunkt er eigent⸗ lich einnimmt. Auch der Finanz⸗Minister hat sich so ausgesprochen, daß man fragen muß, ob er im Grunde seines Herzens für den Kanal ist. Es ist von der militärischen Bedeutung des Kanals nur kurz die Rede gewesen. Wenn der Kanal nur während eines Krieges dem privaten Gütertransvort und dem Transport der Verwundeten diente, so würde damit schon etwas Bedeutendes geleistet sein. Man glaubt sich in die Zeiten zurückversetzt, in denen man alles von den Eisenbahnen und von den Wasserstraßen nichts erwartete. Die Wasserstraßen sind ein Geschenk der Natur, mit dem wir rechnen müssen. Es hat noch niemals ein Land seine Wasserstraßen un⸗ gestraft vernachlässigt. Da unsere Küste keine tiefen Einbuchtungen hat, müssen wir durch Binnenwasserverbindungen nachhelfea, denn die Eisenbahnen können den Verkehr nicht allein be⸗ wältigen. Wir baben den Telegraphen und das Telephon ein⸗ geführt, aber wir können trotzdem den Briesverkehr nicht entbehren, ebenso wenig wie wir trotz der Eisenbahnen die Landstraßen entbehren können. Wir müssen die ältere Form des Ver⸗ kehrs in modernisterter Form wieder nutzbar machen. Als Friedrich List für ein nationales Eisenbahnsystem eintrat. wurde er ausgelacht, und zwei Jahrzehnte später hatte man sein Syst m bereits ausgeführt. So geht es jetzt mit dem System nationaler Wasserstraßen. welches hier verlangt wird. Graf Kanitz hat durchaus Unrecht, wenn er be⸗ hauptet, daß in Frankreich der Verkehr auf den Wasserstraßen nicht so gewachsen sei, wie auf den französischen Ersenbahnen. Gerade in den letzten 20 Jahren hat auf den französischen Wasserstraßen eine Verdoppelung des Verkehrs stattgefunden, und namentlich hat sich die Zahl der Tonnenktlometec auf den Kanälen schneller vermehrt, als auf den Eisenbahnen. Unsere Vorfahren haben die Bedeutung der Wasserstraßen richtig erkannt; sie haben die Wasserverbindung zwischen Elbe unz Havel, zwischen Havel und Spree, zwischen Spree und Oder und zwischen Oder und Weichsel schon frühzeitig ausgebaut. Westlich der Elbe liegen die Dinge allerdings schwieriger, weil die Landstrecken, welche zu überwinden sind, größer sind als östlich der Elbe. Aber diese Hindernisse köͤnnen jetzt von der modernen Technik leicht über⸗ wunden werden. Die Landwirthe verlangen eine Verbilligung ihrer Produktion, ebenso wie alle anderen Erwerbskreise, und dazu gehört in allererster Linie die Erleichterung des Verkehrs. Wir stehen in dieser Beziehung hinter England und Belgien noch erheblich zurück in Bezug auf Eisenbahnen und Kanäle. Wir haben nicht einen so bequemen Seeverkehr wie England; es fiaden sich bei uns nicht, wie in England, Kohlen und Eisen bei emander. Ich bin überzeugt, daß wir durch die Eisenbahnen nicht das erreichen können, was durch den Kanal erreicht werden soll. Ich bedauere wirklich, daß der Minister nicht in der Lage ist, den Extrazug gehen zu lassen; das wäre für sehr viele Herren aus dem Osten, die den Westen nicht kennen, sehr instruktiv. Wir befinden uns bezüglich des Rhein⸗Elbe⸗ Kanals in günstiger Lage. Der Kanal schneidet eine ganze Reihe von kleineren Flüssen, die von Norden nach Süden gehen und ihn ergänzen und mit Wasser versorgen. Die Deckung der Anlagekosten ist zum theil von den betheiligten Pro⸗ vinzen garantiert, der Staat legt das Geld also zum ktheil nur aus und erhält es zurück; ebenso liegt es mit den Verwaltungs⸗ und Unterhaltungskosten. Man macht gegen den Kanal geltend, daß er nur einem kleinen Gebietstheile zu gute komme. Das ist nicht richtig; denn wenn er Kohle und Eisen verbilligt, so kommt das schließlich dem ganzen Verkehr zu gute, und wenn man bedenkt, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung im Ruhrrevier und der Verkehr dort viel grözer sind als sonst im Durchschnitt des Landes, so kommt der Kanal immerhin noch einem sehr großen Theile der Bevölkerung zu ute, wenn der Bezirk auch nur fehr klein ist. Man sagt, daß die

rachtermäßigung nur für das Kohlensyndikat von Nutzen sei, welches schon bestehe, und für das Eisensyndikat, welches noch nicht bestehe. Die Svndikate haben nicht auf hohe Preise gehalten, sondern nur auf regelmäßige Preise; und daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, dafür sorgt schon die benachbarte ausländische Konkurrenz. Wegen eines noch nicht bestehenden Eisensyndikats braucht man aber wohl den Kanalbau nicht zu unterlassen. Es macht sich ein förmlicher Eisenbahnfanatismus bemerkbar, der Kanal wird als Luxus bezeichnet. Glauben Sie denn, daß die betheiligten Provinzen für einen Luxusgegenstand sich zu solchen Opfern bereit erklärt hätten? Die Tarifermäßigungen, die man für die Eisenbahnen in Aussicht nehmen möchte, kommen nur einzelnen Bezirken zu gute; sie schädigen andere Bezirke; ebenso wie bei den Kanälen, giebt es auch bei den Eisenbahnen Adjazenten, die den Hauptvortheil von einer Eisenbahn⸗

linie haben. Der Kanal wird nicht zum Schaden der Landwirthschaft

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8 111““] 8 dienen. Für die Importe ausländischer landwirthschaftlicher Pro⸗

dukte benutzt man hauptsächlich die Donau und den Rhein, weil in den dortigen Gegenden die Landwirthschaft nicht genügend Getreide bauen kann. Wenn die Landwirthe durch Anlage von Korn⸗ häusern ꝛc. darauf hinarbeiten, daß die Preise steigen, so müssen sie gerade Werth darauf legen, daß sie billige Ver⸗ kehrsmittel erbalten, um sich im Inland einen weiteren Markt zu schaffen. Die Landwirthe schädigen sich selbst, wenn sie die Vorlage ablehnen. Wenn jede Vorlage abgelehnt werden müßte, die den einen oder anderen Bezirk seeist. wenn immer sofort Kompensationen ge⸗ schaffen werden müßten, dann würde schließlich gar keine Vorlage mehr zu stande kommen. Vorläufig sind aber die Schädigungen gar⸗ nicht sicher festzustellen; treten die Nachtheile ein, so wird es Aufgabe der Regierung sein, Abbilfe zu schaffen. .

Um 4 ½ Uhr wird die weitere Berathung bis Montag

11 Uhr vertagt.

Verdingungen im Auslande. 8

10 Mai, 12 ½ Uhr. Arsenal Ferrol: Lieferung des bis zum

30. Juni 1901 für das Arsenal benöthigten Hanftauwerks u. dgl.

Kaution vorläufig 1500 Pesetas, endgültig 5000 Pesetas. Ze⸗

dingungen liegen aus im Sekretariat des General⸗Kommandos des

Arsenals in Ferrol und im Marine⸗Ministerium in Madrid. Niederlande.

28. April, Vormittags 11 Uhr. Provinzial⸗Verwaltungsgebäude in Middelburg: Oe ffentliche Vergebung der Lieferung von drei eisernen schwimmenden Anlegeplätzen mit Zuleitungsbrücken, ferner von vier eisernen Laternenpfählen zum Gebrauch für die Pferdebahndepots an der Zype, in Verbindung mit der im Bau begriffenen Dampfstraßenbahn von Zype nach Brouwershaven und von dem Willempolder nach Steenbergen. Anschlagl 44 700 Fl. Verdingungsheft Nr. 59 liegt nach dem 14. April 1899 zur Einsicht im Ministerium für Wasserbau, Handel und Gewerbe und im Provinzialgebäude und ist ferner auf Franko⸗Anfrage und Einsendung des Preises von den Buchhändlern Gebrüder van Cleef, Haag, Spui Nr. 28a, zu beziehen. Am 21. April 1899 erfolgt Anweisung an Ort und Stelle; ferner sind nähere Auf⸗ schlüsse beim Haupt⸗Ingenieur des 11. Distrikts zu Middelburg, dem Arrondissements⸗Ingenieur zu Gons und dem Ingenieur⸗Adjunkten Ravenek in Zierikzen erhältlich.

8. Mai, Vormittags 11 ½ Uhr. Provinzial⸗Verwaltungsgebäude im Haag: Oeffentliche Vergebung der Lieferung von Steinkohlen für 1899 zum Gebrauch der Dampfwassermühlen am Arkelschendam und zu Ameide. Verdingungsheft Nr. 69 liegt nach dem 24. April zur Einsicht im Ministerium für Wasserbau, Handel und Gewerbe und im Provinzialgebäubde und ist ferner auf Franko⸗ anfrage und Einsendung des Preises von den Buchhändlern Gebrüder van Cleef, Haag, Spul Nr. 28a, zu beziehen. Am 1. Mai 1899 erfolgt Anweisung an Ort und Stelle; ferner sind nähere Auf⸗ schlüsse beim Haupt⸗Ingenieur des 10. Distrikts im Haag, bei dem Ingenieur des nördlichen Arrondissements des 10. Distrikts und dem Aufseher la Fontyn, beide in Gorinchem, sowie bei dem betreffenden Reichs⸗Maschinisten zu Nessclcee Fan und zu Ameide erhältlich.

Belgien.

24. April, 4 Uhr. St. Peter⸗Hospital in Löwen, Rue de Kleidungsstücke, Halbstiefel, Schuhe, Holzschuhe und Mützen, 34 Loose.

26. April, 12 Uhr. Börse in Brüssel: Materialien für die Unterhaltung der Haupt⸗ und Nebengebäude des Eisenbahnnetzes Brüssel Nord (Kalk, Zement, Steinfliesen, Ziegelsteine, Glas, Glas⸗ ziegel, Farben, Pinsel, Schiefer, Röhren, Dachziegel, Bleiweiß, Bürsten, Kitt, Quadersteine). 15 Loose. Kaution: 4770 Fr. Kosten⸗ anschlag: 47 738,82 Fr. Sppeziallastenheft Nr. 52. Eingeschriebene Angebote bis zum 22. April.

26. April, 11 Uhr. Bureau der Société Nationale des chemins de fer vicinaux in Brüssel, rue de la Science No. 26: Fpelenc von 20 Eisenbahn⸗Hochwagen mit einer Tragfähigkeit von je 8.

15. September, 10 Uhr. Bureau der Société anonyme du canal et des installations maritimes in Brüssel, rue du Canal 47: Ausführung der Arbeiten vom Kai Quenast bis zur Höhe der Avenue Van Praet. Kaution: 700 000 Fr., Speziallastenheft Nr. 4. Ein⸗ geschriebene Angebote bis zum 12. September. Kostenanschlag etwa 14 Milltonen Francs. Verkehrs⸗Anstalten.

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Der Fahrplan des Eisenbahn⸗Direktionsbezirks

Magdeburg vom 1. Mai d. J. enthält außer den Sommer⸗ änderungen folgende erheblichen Abweichungen gegen den Winter⸗ Fahrplan: Zug 84, bisher 1,10 ab Magdeburg, 3,52 in Uelzen, wird, um in Hamburg Anschluß an einen Schnellzug nach Kiel zu erreichen, 8 Min. früher von Magdeburg abgelassen und 14 Min. früher in Uelzen angebracht. Zug 436, Masdeburg —Wittenberge, bisher 6,22 ab Magdeburg, wird 7 Min. später abgelassen, um den Anschluß des Sommer⸗Schnellzuges 37 von Thale, welcher gegen das Vorjahr 25 Min. früher in Magdeburg eintreffen wird, aufzunehmen. Hierdurch wird für die Dauer des Sommer⸗Fahrplans eine neue Ver⸗ bindung von den Harzstationen Thale, Ballenstedt, Ilsenburg ꝛc. nach Hamburg geschaffen. Der Sommer⸗Schnellzug 101 (Bremen) —Uelzen Stendal— (Berlin), bisher 5,25 ab Uelzen, wird eine Stunde später verkehren. Wu

Der Fahrplan der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Erfurt vom 1. Mai d. J. enthält gegenüber dem ge enwärtigen Winter⸗Fahrplan folgende wesentlicheren Aenderungen: teue Züge: Züge 308, 311 und 312 zwischen Erfurt und Neudietendorf, Zuͤge 9 und 184 zwischen Eisenach und Bebra, Züge 213 und 214 zwischen Korbetha und Eisenach, Zug 36 Erfurt— Neudietendorf (— Kissingen) vom 1. Juni bis 31. August, Zug 35 (Kissingen —) Ritschenhausen Halle (— Berlin) vom 1. Juli bis 15. September, Züge 94 Korbetha— Bebra, 13 Erfurt Leipzig und 93 Bebra Erfurt vom 15 Juni bis 15 Sep⸗ tember. Zug 36 (Erfurt —) Neudietendorf —Ritschenhausen (Kissingen) vom 1. Juni bis 31. August. Zug 35 (Kissingen —)Ritschenhausen Neudietendorf(— Berlin) vom 1.5 Juli bis 15. September. Andere Aenderungen: Zug D 2 hält in Apolda nicht mehr. Zug D 6 hält in Neudietendorf. Zug 461 verkehrt ab Eisenach 24 Minuten, an Lichtenfels 21 Minuten später zur Sicherung des Anschlusses vom Schnellzuge 189 aus Aachen. Zug 470 fährt deshalb 30 Minuten früher ab Meiningen, trifft 40 Minuten früher in Eisenach ein und erreicht dort Anschluß an den Zug 211 nach Richtung Erfurt.

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Bremen, 15. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd.

Dampfer „Mainz“ 14. April Reise v. Antwerpen n. Brasilien fortges. „Preußen“, n. Ost⸗Asien best., 14. April in Aden angek. „Trave“ 14 April v. New York in Bremerhaven angek. „Ems“, v. New York kommend, 14. April v. Neapel n. Genua abgeg. „Gera“, n. Australien best., 14. April Gibraltar passiert. 1 G

16. April. (W. T. B.) Dampfer „Kaiser Wilhelm II. 15. April v. Genua n. New York abheg. „Babelsberg“ 14. April in Hiogo angek. „Stolberg“ 14 April in Tientsin angek. Nürn⸗ berg“ 15. April Reise v. Hongkong n. Singapore fortges. „München“, nach Baltimore bestimmt, 15. April Lizard passiert. ZI

Hamburg, 15. April. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗Linie. Dampfer „Valdlvia“ gestern in Porr Said, „Saoola“ in Yokohama, „Serbia“ in Shanghat angekommen. „Auguste Victoria“ gestern Dover passiert. „Graf Waldersee“ heute in New York aagek. „Auguste Victoria“ heute in Cuxhaven angekommen.

London, 15. April. (W. T. B. nion⸗Linie. Dampfer „Gascon“ heute auf Heimreise in Southampton angekommen.

Castle⸗Linie. 1.effte. „Pembroke Castle“ heute auf Heim⸗ reise Canarische Inseln passiert.

Rotterdam, 15. April. (W. T. B.) Holland⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Spaarndam“, von Rotterdam nach New York, heute Vorm. Scilly passier ö“

zu 90.

Dritte Beilage Anzeiger und Königlich Pr

Berlin, Montag, den 17. April

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Sttatistik und Volkswirthschaft.

Die deutsche äberseeische Auswanderung im März 1899 8 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat März über 1899 1898 Bremtkt . . .8698 953 amhrg ... .1714 647 Steitin. —“ 79 deutsche Häfen zusammen . 1407 1679 fremde Häfen (soweit ermittelt) 287 313 8 überhaupt 1694 1992 1“ Aus deutschen Häfen wurden im März 1899 neben den 1694 deutschen Auswanderern noch 11 360 Angehörige fremder Staaten be⸗ fördert. Davon gingen über Bremen 6622, Hamburg 4738.

EE1““ 18 Die Geisteskranken in den Irrenanstalten

Preußens 1897. 1“

(Stat. Korr.) Seit 1875 wird die Irrenstatistik in den preußischen

Irrenbeil⸗ und Pflegeanstalten mittels Zählkarten erhoben. Während dem Königlichen Statistischen Bureau nun im genannten Jahre Nach⸗ richten aus 118 Anstalten zugingen, war deren Zahl 1897 auf 231 gestiegen, von welchen sich 4 (die Irrenkliniken zu Berlin, Greifswald und Halle a. d. S. sowie die Irrenabtheilung in der Köalglichen Strafanstalt Moabit) im Besitze des Staats befanden. Die Pro⸗ vinzial⸗, Bezirks⸗ und Kreisverbände unterhielten 60 selbständige Irren⸗ anstalten und 4 Anstalten als Abtheilungen von Kranken, und Armenhäusern; 15 Städte besaßen gleichfalls selbständige Irren⸗ anstalten, und 14 Städte brachten ihre Geisteskranken in Abtheilungen von Kranken⸗, Siechen⸗ oder Armenhäusern unter. Außerdem nahmen 38 Wohlthätigkeitsanstalten im Besitze von Orden und Vereinen Geisteskranke, und zwar vorzugsweise Idioten auf. Auch zum Er⸗ werbe wurden zahlreiche Irrenanstalten errichtet; im Berichte jahre gab es 96 Privat⸗Irrenanstalten, von denen nur 40 Aerzte zu Besitzern vengeh. während die übrigen 56 Anstalten anderen Privatpersonen ehörten. 8 Entsprechend der Steigerung der Zahl der Anstalten ist seit 1875 auch die Anzahl der Insassen derselven erbeblich gewachsen. Wäh⸗ rend damals 18 761 Fälle von Geisteskrankheit in den Irrenanstalten zur Behandlung gelangten, waren es 1897 deren bereits 66 888.

Die Zahl der Fälle von Geisteskrankheit ist indeß nicht gleich mit der Anzahl der Personen, welche den Irrenanstalten behufs Heilung und Pflege übergeben werden, weil es häufig vorkommt, daß die Geisteskrankheiten innerhalb eines Jahres die Anstalten wechseln. So befanden sich im Jahre 1875 unter den Aufgenommenen 7,84 v. H. männliche und 8,87 v. H. weibliche Jere, welche bereits in anderen Anstalten gewesen waren; im Berichtsjahre stieg dieses Antheil⸗ verhältniß auf 25,24 für männliche und 25,29 für weibliche Geistes⸗ krante. Unter Berücksichtigung des Wechsels der Anstalten belief sich demnach die Anzahl der Geisteskranken in den Irrenanstalten Preußens 1897 auf 61 482 (33 312 männliche und 28 170 weibliche), während 1875 nur 18 267 (9856 männliche und 8411 weibliche) Geisteskranke in Irrenanstalten sich befanden. Der Zugang allein ist von 5479 Personen im Jahre 1875 auf 21 402 im Jahre 1897 gestiegen.

Unter 100 Geisteskranken, welche 1897 in den preußischen Irren⸗ anstalten Aufnahme gefunden hatten, befanden sich wie 1875 538 Männer und 42 Frauen.

Welche Krankheitsformen es endlich sind, die vorzugsweise bei den Männern oder den Frauen die Aufnahme in die Irren⸗ anstalten veranlassen, zeigt folgende Zusammenstellung. Unter je 100 in den Jahren 1875 bezw. 1897 Aufgenommenen

1875 1897 litten an m. w. m. w. einfacher Seelenstörung. 51,93 80,54 48,33 72,39 paralytischer Seelenstörung . . . . . 15,34 3,88 17,21 6,85 Seelenstörung mit Epilepsfie . . . . 6,40 5,80 11,72 9,04 Imbecillität, Idiotie, Kretinismus . 8,97 8,55 10,27 9,25 Säuferwahnsinn . . . . . . . .17,20 1,18 10,32 1,30 waren zur Beobachtung überwiesen. 0,16 0,05 2,15 1,17 888. Zus 1A“”

In Frankfurt a. M. sind, der „Frankf. Ztg.“ zufolge, die Maler, Weißbinder und Lackierer in eine Lohnbewegung ein⸗ getreten. In vier am Sonnabend abgehaltenen Versammlungen wurde beschlossen, am heutigen Montag früh auf allen Werlstellen die Arbeit niederzulegen. Auch bie Zimmerer Frankfurts haben den Meistern eine Reihe von Forderungen unterbreilet und erwarten bis zum 1. Mai Antwort darauf.

4 Zum Ausstand der Maurer in Braunschweig (vgl. Nr. 85 d. Bl.) wird dem „Hann. Cour.“ unter dem 15. d. M. von dort gemeldet:

Die Maurermeister haben beschlossen, den Maurern daburch entgegen⸗

zukommen, daß sie den Stundenlohn auf 43 statt der beanspruchten

. 45 erhöhen, aber nur unter der Bedingung, daß bis Mittwoch aalle Arbeiten wieder aufgenommen sind, sonst wollen die hiesigen

Maurermeister die Sperre über sämmtliche Baustellen verhängen.

In Paris beschlossen heute, wie „W. T. B.“ nach dem „Journal du Peuple“ mittheilt, die Arbeiter der „Compagnie générale de construction des wagons-lits“, deren Anzahl 1200 berrägt, in den Ausstand zu treten.

Aus Charleroi wird dem „W. T. B.“ vom gestrigen Tage emeldet: Die nationale Vereinigung der Grubenarbeiter beschloß, heute einen allgemeinen Ausstand in den vier Kohlenbecken Belgiens ür morgen zu proklamieren. Der Verein der Gruben von Charleroi hatte beschlossen, am 1. Mai in den Ausstand zu treten. Die Gruben⸗ arbeiter verlangen eine 20 prozentige Lohnerhöhung. Trotz der Pro⸗ lamierung eines allgemeinen Ausstandes ist aber, einer neueren Nachricht ufolge, in den Gruben im Zentrum nirgends die Arbeit eingestellt worden. Unbedeutend sind die Arbeitseinstellungen im Steinkohlen⸗

bezirke Borinage, erheblicher in Lüttich, wo gegen 3000 Gruben⸗

rbeiter ausständig sind. Ueberall herrscht Ruhe.

Zu den Arbeiterunruhen in Böhmen (vgl. Nr. 89 d. Bl.) rfährt „W. T. B.“ vom Sonnabend aus Prag, der Statthalter habe mit der Leitung der politisch⸗administrativen Aktion in den

Strikeangelegenheiten in den Gerichtsbezirken Eipel, Politz und

Nachod sowie eventuell in den Nachbarbezirken den Bezirkshaupt⸗ mann von Trautenau Herget, betraut, welcher bis auf weiteres in Nachod seinen Amtesitz nimmt. Der Bezirkshauptmann von Neustadt

ga. d. Mettau meldet, in Hronop und Nachod herrsche vollständige Rube, obwohl die mit den Arbeitern auf Intervention des

Gewerbe Inspektors gepflogenen Uaterhandlungen erfolglos geblieben seien. Von dem reauirierten Militär befinden sich

drei Kompagnien in Nachod, eine in Hronov. Die Zahl der bisher

Verhasteten beträgt 103. In Hronov sind 1700 Arbeiter ausständig; in Rothkosteletz herrscht vollkommene Ruhe; die Arbeit wurde da⸗

selbst nicht eingestellt. In Budweis ruhen die Arbeiten auf den

Bauten vollstä

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ff. Forschungen zur Brandenburgischen und Preußi⸗ schen Geschichte. Herausgegeben von Otto Hintze. 12. Band, erste Hälfte. Leipzig, Duncker u. Humblot, 1899. Dieses Heft wird er⸗ öffnet durch vier Briefe Gustav Schmoller's über des Fürsten Bismarck volkswirthschaftliche und sozialpolitische Stellung und Bedeutung. Der Verfasser geht aus von der Persönlichkeit des ersten Reichskanzlers. Er erkennt als die hervorstechendsten Eigenschaften Bismarch's seine ungebeure Willenskraft und einen impulsiven Drang zum praktischen Handeln, ferner den scharfen Verstand, der ihn überall in politischen Fragen den wesentlichen Punkt herausfinden ließ, auf den er dann seine ganze Kraft konzentrierte. Es ist natürlich, daß ihm bei seinem allein auf das Praktische und Thatsächliche gerichteten Geist die Erfahrung die beste Lehrmeisterin war und damit seine Anschauungen auf allen Gebieten wiederholt wechseln mußten; gerade in dieser Voraussetzungslosigkeit des Beobachtens und Erkennens sieht Schmoller Bismarck's Größe, da sie ihn von anerzogenen und angeborenen Vorurtheilen frei machte und nie unter die Herrschaft einer einseitigen Doktrin fallen ließ. Hiermit hängt zusammen, daß er auf volkswirthschaftlichem und sozialem Gebiet den verschiedenen Tbeorien und Systemen fern stand und sie oft enug unterschätzte: es zeigt sich hier der natürliche Gegensatz zwischen den Fer fretern der abstrakten Wissenschaft und der praktischen Thätigkeit, der in keiner geistig bewegten Zeit ausbleiben darf, da beide Theile aus diesem Kampf die belebendsten Impulse und befruchtendsten Ideen schöpfen. Die materiellen Resultate der Bismarck'schen Sozialpolitik nennt Schmoller die größten Thaten des 19. Jahrhunderts in dieser Richtung, Leistungen, wie sie eben nur in einer festgefugten legitimen Monarchie möglich sind, wo die Krone den Klassen⸗Egoismus innerhalb der Bevölkerung überwinden und einen Ausgleich der sich gegenüberstehenden Klasseninteressen schaffen kann. Unter dem Titel „Analekten zur Geschichte des Großen Kurfürsten“ veröffentlicht sodann Hans Prutz einige Studien, die vornehmlich auf Hariser Archivalien beruhen. Mit Recht betont er, daß zum Ver⸗ ändniß der brandenburgischen Politik der Schlüssel vielfach in der französischen liegt, da Brandenburg bei seiner militäarischen Schwöche und exponierten europäischen Stellung in hohem Grade abhängig war ven Ludwig XIV. und stets auf dessen politische Wandlungen Rücksicht nehmen mußte. Manche Handlung Friedrich Wilhelm's, die man als aus selbständigem Entschluß entstanden aufge aßt hat, erscheint so bei näherem Zusehen hervoecgerufen durch einen Anstoß von außen, mitunter sogar im Interesse einer aukwärtigen Macht. Ein Vorspiel aus der Ge⸗ schichte des Siebentährigen Krieges behandelt G. Küntzel mit der Ent⸗ sendung des Herzogs von Nivernais an den preußischen Hof im Jahre 1755. Es geht daraus hervor, daß Frankreich, das damals im Bunde mit Preußen stand, sich Oesterreich zuwandte, weil Friedrich der Große mit Frankreichs Rivalen England anknüpfte. Friedrich glaubte, durch tin gutes Fessah zu England auch Rußland, das als abhängig von den englischen Subsidien galt, zum Stillsitzen zwingen zu können. Diese Hoffnung trog ihn nachher. Auf Grund der Materialien des Ge⸗ heimen Staats⸗Archivs bespricht endlich Ernst Friedländer den Aus⸗ tritt Blücher's aus dem preußischen Heere, an den sich mannigfache Legenden geknüpft haben. Friedrich der v war mit dem Husaren⸗ Regiment, dem Blücher angehörte, unzufrieden und benachtheiligte seine Offiziere im Avancement, weshalb Blücher seinen Abschied forderte und erhielt. Der Groll des Königs gegen Blücher blieb unüberwindlich; mehrere andere Offiziere, die ebenfalls den Abschied erhalten hatten, wurden wieder angestellt, allein Blücher’'s Gesuche wurden abgelehnt, und erst nach Friedrich's Tode fand er wieder Auf⸗ nahme. Wodurch sich Blücher den besonderen Zorn des Königs zugezogen hatte, ist nicht zu erkennen. Außer den üblichen Bücher⸗ besprechungen enthält dieses Heft noch Mittheilungen über die Statuten⸗ reform des Märkischen Geschichtsvereins.

Klaus Groth, sein Leben und seine Werke. Ein deutsches Vollsbuch von H. Siercks. 8⁰°, XII, 452 Seiten. Mit einem Kupferdruck. Kiel, Lipsius u. Tischer. Preis geh. 4 Am 24. April d. J. feiert Klaus Groth seinen achtzigsten Geburtstag. Je lebhafter und allgemeiner in dem letzten Jahrzehnt die Werth⸗ schätzung seiner Dichtungen geworden ist und je mehr die bevor⸗ stehende Feier die Aufmerksamkeit auf ihn lenkt, desto lebhafter wird der Manael einer bis auf die heutige Zeit reichenden Biographie des Dichters empfunden. Die seiner Zeit von Müllenhoff gelieferte Skizie ist längst in Vergessenheit gerathen, und die plämische Lebensbeschreibung des Dichters von Dr. J. C. Hansen in Antwerpen ist dem deutschen Volke unbekannt geblieben. Auch die 1891 von Professor E. Wolff herausgegebenen „Lebenserinnerungen“, so ver⸗ dienstooll sie seiner Zeit waren, können dem Bedürfniß nicht mehr genügen, da sie im wesentlichen sich darauf beschränken, die Skizze von Müllenboff um ein Jahrzehnt weiter zu führen. Gerade zu rechter Zeit erscheint daher diese Biographie, die, von einem Lands⸗ mann und intimen Freunde des Dichters geschrieben, wie keine zweite geeignet ist, das Interesse an dem Jubilar und seinen Dichtungen neu zu beleben und zu fördern. Getragen von begeisterter Verehrung für die Schöpfungen des Dichters, die ihm von Jugend auf vertraut sind, hat der Verfasser uns ein getreues Bild vom Leben und Wirken des Jubilars gegeben. Eingehend und charakteristisch ist namentlich der Entwickelungsgang des Dichters geschildert. Wir sehen ihn im Elternhause und auf der Schule, in der Schreibstube beim Kirchspiel⸗ vogt, auf dem Seminar und in seiner Thatigkeit als Lehrer; wir begleiten ihn nach Fehmarn, nach Kiel und auf seinen Reisen, durch Tage stillen Glücks und schweren Kummers, bis zu seinem trauten Heim am „Swanenweg“. Ueberall zeigt uns der Verfasser auch die Personen, die auf den Dichter eingewirkt haben, und schildert die Art ihrer Einwirkung. Nach dieser Seite bin sind die mehr erzählenden Lebenserinnerungen vertieft und der Nährboden des dichterischen Talents und die zarten Fasern, durch die es aus diesem Boden Kraft und Saft gesogen hat, aufgedeckt. Einen besonderen Schmuck des Buchs bildet ein wohlgelungenes Porträt des Dichters in Heliogravure. Im übrigen schließt sich das Werk in Format und Druck genau an „Klaus Groth's Gesammelte Werke“ an und bildet somit eine willkommene und unentbehrliche Ergänzung derselben.

Ein neues illustriertes Lieferungewerk für Haus und Familie, welches Technik, Reisen und Naturbetrachtung zum Programm hat, erscheint unter dem Titel „Mutter Erde“ seit dem 1. Oktober 1898 im Verlage von W. Spemann in Berlin und Stuttgarr. Der vorliegende erste Halbjahrsband giebt mit seinem überaus mannig⸗ faltigen Inhalt ein buntes, fesselndes Bild von dem regen Leben auf allen Gedieten der Technik und Naturwissenschaft, der Chemie, Phvysik, Meteorclogie, Astronomie, der Zoologte, Botanik, Mineralogte und Geologie. Alle hervorragenden neuen Erfindungen und Entdeckungen, die neuesten Errungenschaften auf wissenschaftlichem Gebiet werden in unterhaltend und klar verständlich abgefaßten, durch gute Abbildungen erläuterten Aufsätzen dem Leser vorgesührt. Geographie und Völker⸗ kunde sind in anzlehend geschriehsnen, mit vielen Original⸗Aufnahmen ausgestatteten Reisebeschreibungen berücksichtigt; besonders interessieren in dem ersten Bande die Schilderungen Dr. Georg Wegner's über seine Reisen von Ceylon nach dem Himalaya, sowie Woldemar Jochelson's Beschreibungen der wenig bekannten Völker der Polargegenden. Auch Land⸗ und Forstwirthschaft und Fischerei, allgemeine und häusliche Gesundheitspflege sind durch Artikel über

jeue Erfindungen, Verbesserungen ꝛc. auf diesen Ge

reten. Der

speziellen Bestimmung für Haus und Familie dienen die als Lektür für die Jugend werthvollen Biographien vorbildlicher großer Mäͤnne der wissenschaftlichen Forschung und Technik. So findet man in de vorliegenden Bande die Lebensabrisse nebst Porträt von Adolf Bastian, Ferdinand Cohn, Charles Darwin, Michael Faraday, Hermann Gruson, Ernst Häckel, Hermann Helmholtz, Heinrich Hertz, Alexander von Humboldt, Werner von Siemens u. A. Vielerlei Anregendes der mannigfachsten Art, Winke und Rathschläge für den Haushalt enthalten endlich die Rubriken „Kleine Erfindungen“, „Neue Entdeckungen“, „Allerlei Nuͤtzlichkeiten“, „Interessante Experimente und Beobachtungen“ und „Schnitzel und Spähne“. Die illustrative und typographische Aus⸗ stattung ist sorgfältig und gediegen. In Anbetracht dieses Umstandes sowie des reichen, belehrenden Inhalts ist der Preis von 30 für die wöchentliche Lieferung ein sehr mäßiger zu nennen und dem Unter⸗ nehmen guter Erfolg zu wünschen.

Die Reihe der im Verlage des Bibliographischen Instituts zu Leipzig und Wien erschienenen zoologischen Bilder⸗Atlanten ist jetzt durch einen „Bilder⸗Atlas zur Zoologie der niederen Thiere“ mit Beschreibung von Professor Dr. William Marshall (Preis, in Leinwand gebunden, 2 50 ₰) erweitert worden. Er bietet mit seinen 292 Holzschnitten, die durch vier Bogen Text erläutert sind, einen interessanten Einblick in die Welt dieser zum großen Theil dem Einzelnen niemals lebend zu Gesicht kommenden niederen Thiere. Da unter dieser Bezeichnung nicht nur die Weichthiere, Schnecken, Schwämme, Würmer ꝛc, sondern auch die Schmetterl inge und Käfer zu verstehen sind, so wird auch mancher junge Sammler darin willkommene Belehrung finden. Vorher er⸗ schienen bereits die drei Bilder⸗Atlanten zur Zoologie der Säuge⸗ thiere, der Vögel, der Fische, Lurche und Kriechthiere, die in der Schule wie im Hause eine gute Aufnahme und weite Verbreitung gefunden haben, und auf welche Freunde der Thierwelt hiermit noch⸗ mals hingewiesen seien. 1

Katechismus der Freimaurerei von Dr. Willem Smitt. Zweite, verbesserte Auflage. Verlag von J. J. Weber in Leipzia. In Originalleinenband Pr. 2 ℳ. Dieser Katechismus ist zunächst für das nichtmaurerische Publikum bestimmt, dem er einen Einblick in die Geschichte, die äußere Organisation und die Zwecke des Freimaurerbundes eröffnen will. Auch dem Freimaurer selbst aber wird die Schrift sich als Leitfaden nützlich erweisen. 1

Der Türmer. Monatsschrift für Gemüth und Geist. Herausgeber: J. E. Freiberr von Grotthuß. Preis vierteljährlich 4 (Stuttgart, Greiner u. Pfeiffer.) Aus dem reichen Inhalt des Aprilheftes seien folgende Beiträge hervorgehoben: „Frühlings⸗ Symphonie“ von Jeannot Emil Freiherrn von Grotthuß; „Das Recht der Persönlichkeit“ von Peter Rosegger; „Anton van Dyck“ von Professor Pol de Mont (Antwerpen); „Genrebilder der Welt⸗ geschichte“ von Felix Poppenberg; „Peter Unt's Brautwerbung, Bild aus dem esthnischen Volksleben“ von L. von Rehren. Krit k: „Theatersvekulanten“ von Erich Schlaikjer; „Vom jungen Eichen⸗ dorff“ von Karl Berger; Deutsche Lieder in polnischem Gewande; Gerhardt (Amyntor), Das Skizzenbuch meines Lebens; Rogge, Bismarck als Redner. Rundschau: „Brevpe und Index, ein Stimmungsbild aus dem katholischen Leben“ von Siegfried Zeitlers; „Rudyard Kipling“ von C. M. Capper; „Allerlei Musik“ von Oskar Bie; „Tam⸗Tam (Von den Berliner Bühnen)“ von Rudolf Presber. Stimmen des In⸗ und Auslandes: „Ein Modephilosoph aus der römischen Kaiserzeit“ von G.; „Das Zeichen des Kreuzes“; „Verbrechen und Wahnsinn im Drama und im modernen Roman“ von E. Gagliardi Türmer'’s Togebuch: Goethe als „Festredner“ und sein Honorar; Von Denk⸗ mälern im allgemeinen; Freudiges Christenthum; Gedanken einer Greisin; Künstlerstelz vor Laienurtheilen. Gedichte, Erzählung ꝛc. Als Kunstbeilage ist dem Hefte das Selbstbildniß Anton van Dyck's (Photogravüre) beigegeben.

„Die Romanwelt“, Zeitschrift für die erzählende Literatur aller Völker, herausgegeben von Felix Heinemann (Deutsches Verlaashaus „Vita“, Berlin), verspricht auch für das soeben begonnene Vierteljahr eine Fülle fesselnder Unterhaltung. So wird sh u. a. Beiträge aus Rudyard Kipling's zweitem „Dschungelbuch“ und einem letzten Werk „Phe day's work“, ferner Hans von Kahlen⸗ berg's Roman „Die Sembritzty's“ und eine Erzählang von Annie Neumann⸗Hofer „Gräfin Sophie“ bringen. Erwähnt seien von weiteren Beiträgen bekannter Autoren noch Olga Wohlbrück's Novelle „Briefe an einen Todten“, Militär⸗Humoresken von von Oppeln⸗Broni⸗ kowski, Schilderungen aus dem türkisch⸗mohamedanischen Orient von Sierra, Skizzen des bekannten Afrikaforschers Paul Reichard und eine Reihe ausländischer Romane und Novellen. Der Bezugspreis der Wochenschrift beträgt nach wie vor 3,75 für das Vierteljahr, oder 30 für das einzelne Heft.

„Nerthus“, Wochenschrift für Pflanzen⸗ und Blumen⸗ freunde, Aquarien⸗, Terrarien⸗ und Vogelliebhaber, ist der Titel einer neuen illustrierten Zeitschrift, welche seit dem 1. April in Altona⸗ Hamburg (Kommissionsverlog der F. L. Mattig'schen Buchhandlung in Altona) erscheint. Ihr Zweck ist, in allen Kreisen die Liebe zur Natur zu wecken und anzuregen. Dieses Ziel will sie erreichen durch Aufsätze und Beiträge, welche auf wissenschaftlicher Grundlage beruhend, doch allgemein verständlich gehalten sind. Der Inhalt der ersten Nummer wird die Ziele der Zeitschrift am Besten kennzeichnen; er lautet: Unser Programm; Freunde und Förderer der Blumenpflege; Ein Spaziergang im März; Ueber das Begießen; Unsere besten Zimmer⸗ pflanzen; Einfache Heizvorrichtung für Zimmertreibhäuschen; Blühender Aprikosenbaum im Februar; Behandlung der Sämereien während und nach der Aussaat; Behandlung der Rosen im Garten; Zweck⸗ mäßige Verwendung der Rosenreiser im Frühjahr; Behandlung der Faulstellen bei Dracaenen ꝛc.; Rytow'sche Zimmergurke; Fort mit dem Goldfischglas; Für unsere kleinen Naturfreunde; Vogelleben im Monat März; Jedes Jahr ein neucs Nest; Wie muß ein Staaren⸗ kasten hängen? Die „Nerthus“ erscheint wöchentlich, an jedem Sonn⸗ tage, und kostet bei allen Kaiserlichen Postanstalten und Buchhand⸗ lungen bis zum 1. Juli d. J. vierteljährlich 1,50 ℳ, später jährlich 6 oder halbjährlich 3 G

Handel und Gewerbe.

sũKonkurse im Auslande.

Galizien. ö“

Konkurseröffnung über das Vermögen des Händlers Abraham Wiedermann in Strussow mittels Bescheides des K. K. Kreisgerichts in Tarnopol vom 10. April 1899 S. 1/99. Provi⸗ sorischer Konkursmasseverwalter Landesadvokat Dr. Josef Blauftein in Trembowla. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 24. April 1899. Die Forderungen sind bis zum 15. Mai 1899 bei dem genannten Gerichte anzumelden; in der Anmeldung ist ein in Tarnopol oder Treembowla wohnhafter Zu⸗ stellungsbevollmächtigter namhaft zu machen. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 12. Juni 1899, Vormittags

10 Uhr. Finland.

In dem Konkurse der Firma Heinrich Kröger zu Helsing⸗ fors ist der gerichtliche Prüfungstermin, welcher vor dem Rathhaus⸗ gericht zu Helsingfors stattfindet, auf Dienstag, den 11. Juli d. Js., 11 Uhr Vormittags, festgesetzt worden. 86